Hollywood erzählt Mythen - ReadingSample · Geschichten, und wie vielfältig man sie erzählen...

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Hollywood erzählt Mythen Teil 1: Das Geheimnis erfolgreicher Liebesgeschichten Bearbeitet von Jürgen Mohring 1. Auflage 2017. Taschenbuch. 216 S. Paperback ISBN 978 3 7345 8847 1 Format (B x L): 14,8 x 21 cm Gewicht: 318 g Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Transcript of Hollywood erzählt Mythen - ReadingSample · Geschichten, und wie vielfältig man sie erzählen...

Hollywood erzählt Mythen

Teil 1: Das Geheimnis erfolgreicher Liebesgeschichten

Bearbeitet vonJürgen Mohring

1. Auflage 2017. Taschenbuch. 216 S. PaperbackISBN 978 3 7345 8847 1

Format (B x L): 14,8 x 21 cmGewicht: 318 g

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

als 8 Millionen Produkte.

Hollywood

erzählt Mythen

Über das Buch:

Mythen bilden die Grundlage des erfolgreichen Hollywood-

Kinos. Autoren in Hollywood haben die Kraft alter Mythen ent-

schlüsselt und auf moderne Geschichten übertragen. Erst mit

Hilfe von Mythen verstehen Sie eine Geschichte auf ihrer tiefen

Ebene. Dadurch können Sie das Potenzial Ihres Romans oder

Filmdrehbuchs voll ausschöpfen und zur idealen Entfaltung

bringen. „Hollywood erzählt Mythen“ liefert Ihnen in diesem

Band den erzählerischen Kern des Liebesfilms. Dieses Buch ist

einerseits ein Nachschlagewerk, andererseits kann es Ihnen wert-

volle Hilfe leisten, eine Geschichte zu gestalten.

Über den Autor:

Jürgen Mohring arbeitete als Lektor für eine große Filmprodukti-

onsfirma und gibt Seminare über das Drehbuch-Schreiben. Seine

wichtigsten Fachbücher beschäftigen sich mit der Erzähltheorie

und damit, wie Geschichten über ihre Tiefenstruktur besser ver-

standen werden. Es geht bei Erzählungen immer auch um My-

then und um wiederkehrende Muster, die Jürgen Mohring in

seinen Büchern ausführlich beschreibt. Der Autor studierte zuerst

Literaturwissenschaft und diplomierte an der Filmhochschule

Babelsberg im Fach „Film- und Fernseh-Dramaturgie“.

Jürgen Mohring

Hollywood

erzählt Mythen

Teil 1: Das Geheimnis

erfolgreicher Liebesgeschichten

Copyright © 2017 Jürgen Mohring

Cover-Foto © „serhiibobyk“/Fotolia.com

Lektorat und Korrektorat: V. Lavrynovska

2. erweiterte und verbesserte Auflage

Verlag: tredition, Hamburg

ISBN 978-3-7345-8847-1 (Paperback)

ISBN 978-3-7345-8848-8 (Hardcover)

Inhaltsverzeichnis

Einführung ....................................................................................................... 9

Grundlegende Gedanken über Liebesgeschichten ......................................... 12

A. Mythische Themen .............................................................................. 18

1. Verbotene Liebe ......................................................................................... 33

2. Liebe & Eifersucht ...................................................................................... 40

3. Die heimliche Liebesbeziehung .................................................................. 45

4. Liebe auf Umwegen ................................................................................... 51

5. Die Liebesintrige ........................................................................................ 56

6. Liebeslügen ................................................................................................ 62

7. Obsession ................................................................................................... 69

8. Liebesentdeckungen .................................................................................. 74

9. Rache nach Trennung ................................................................................ 79

10. Trennungsduell ........................................................................................ 84

11. Liebe wird belastet................................................................................... 90

12. Die zweite Chance .................................................................................... 95

13. Der heimliche Verehrer .......................................................................... 101

14. Aufstieg oder Abstieg durch Liebe ......................................................... 107

15. Käufliche Liebe ....................................................................................... 113

16. Schwierige Partnerwahl ......................................................................... 119

17. Verwandlung ......................................................................................... 125

18. Den Geliebten in Not retten ................................................................... 131

19. Wachgeküsst werden ............................................................................ 136

20. (Lieben) lernen durch Verwechslung ..................................................... 143

B. Mythische Figuren ............................................................................. 150

Der Protagonist ........................................................................................... 152

Die Hauptfiguren ......................................................................................... 153

Die Nebenfiguren ........................................................................................ 154

C. Motivationsmythen ........................................................................... 156

Das Want-und Need-Modell ....................................................................... 158

D. Mythische Eigenschaften ................................................................. 161

Mit dualen Paaren einen Charakter finden ................................................. 164

E. Mythische Handlungen .................................................................... 168

Figuren positionieren über Handlung ......................................................... 170

Wendepunkte .............................................................................................. 173

F. Mythische Gegenstände ................................................................... 175

Gegenstände fördern Liebe oder wirken trennend ..................................... 177

Erinnerungen wecken.................................................................................. 178

Gegenstände charakterisieren Figuren ....................................................... 178

G. Mythische Orte .................................................................................. 180

Mit Orten Figuren charakterisieren ............................................................ 182

Orte erzeugen Nähe oder Ferne .................................................................. 182

H. Das mythische Erzählmodell .......................................................... 184

Das 3-Akt-Schema ....................................................................................... 186

Das Modell der zehn dramatischen Teile .................................................... 187

Plots erschaffen .......................................................................................... 195

Zusammenfassung Liebesgeschichten ......................................................... 201

Mythen und ihre praktische Anwendung..................................................... 204

Schlusswort: Über Mythos und Wahrheit .................................................... 206

Film-Index .................................................................................................... 209

Literaturangaben ......................................................................................... 213

Quellenangaben .......................................................................................... 214

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Einführung

Schon Tausende Autoren vor Ihnen haben die Kraft der Mythen

erkannt und in ihren Geschichten eingesetzt. Über das Verständ-

nis von Mythen gelangt ein Autor auf die tiefere Ebene einer Ge-

schichte. Dort findet er den Kern der Story. Wenn Sie als Autor

wissen, worum es geht, können Sie viel gezielter Ihre Geschichte

gestalten.

Dieses Buch macht Ihnen die wichtigste Aufgabe des Schrei-

bens leichter: Sie lernen, wie Sie den essentiellen Kern Ihrer Ge-

schichte finden. Mythen gibt es nicht wie Sand am Meer. Mögli-

che Mythen zu erkennen und richtig einzusetzen, ist wichtig, um

eine Geschichte erfolgreich zu gestalten.

Nur wenige Erzählungen überdauern Jahrhunderte oder gar

Jahrtausende. Nur diejenigen Erzählungen haben eine Chance

Zeiten zu überdauern, die einem Mythos folgen. Ich möchte

Ihnen mit diesem Buch zeigen, wie Sie die Mythen hinter einer

Geschichte erkennen können. Das soll Ihr kreatives Wissen um

Geschichten, und wie vielfältig man sie erzählen kann, erweitern.

In diesem Buch werden Sie außerdem erkennen, dass es viele

Varianten gibt, eine Geschichte zu erzählen. Sie sollen aber auch

verstehen, dass es nicht unendlich viele Wege und Möglichkeiten

gibt, Menschen mit Geschichten emotional anzusprechen und zu

berühren.

Hollywood hat es erkannt, dass man mit Mythen nicht nur Mil-

lionen von Menschen erreichen, sondern auch Geld verdienen

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kann. Mythen sind die Grundlage des Hollywood-Kinos und

bilden den Mythos „Hollywood“.

Hollywoods Autoren haben die Kraft alter Mythen und Arche-

typen entschlüsselt und auf moderne Geschichten übertragen.

Mythen und Archetypen sind es, die kulturübergreifend von

allen Menschen dieser Welt verstanden werden.

Es gibt verschiedene Arten von Mythen, die dieses Buch be-

handeln wird. Es gibt geschichtliche oder erzählerische Mythen,

wie Sagen, Legenden und Märchen. Daraus leitet dieses Buch

sogenannte „mythische Themen“ ab. Mythische Themen sind

etwa „Rache nach Trennung“, „Die Liebesintrige“ oder „verbote-

ne Liebe“. Mythische Themen zeichnen sich dadurch aus, dass sie

immer wieder und über Jahrhunderte hinweg in Erzählungen

vorkommen.

Wenn Sie die mythischen Themen verstehen, dann erkennen

Sie leichter, woraus viele Erzählungen in ihrem Inneren aufge-

baut sind. Doch es gibt noch weitere Bausteine, aus denen Erzäh-

lungen bestehen. Es gibt Gegenstände, die von großer Bedeutung

sind, wie zum Beispiel ein Schatz, um den gekämpft wird. Im

Bereich der Liebesgeschichten sind diese wichtigen Gegenstände

Botschaften der Liebe, wie etwa Briefe, Geschenke für den Gelieb-

ten oder ein Ring, der für ein Versprechen steht.

Es gibt seit Tausenden Jahren bestimmte Gegenstände, die in

Sagen, Märchen und Erzählungen immer wieder eingesetzt wer-

den und eine bestimmte Funktion besitzen. Diese Gegenstände

können auch als „mythische Gegenstände“ bezeichnet werden.

Geschichten sind aus weiteren Komponenten aufgebaut. Es gibt

zum Beispiel mythische Orte, wie Höhlen, Berge, Schlösser und

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Schatzkammern. Orte können - wie Gegenstände auch - einen

mythischen Charakter besitzen. Ich werde Ihnen in diesem Buch

mehrere mythische Elemente vorstellen, aus denen Geschichten

aufgebaut sind. Mythische Elemente sind die bereits erwähnten

„Themen“, aber auch „Handlungen“, „Orte“, „Figuren“ und

noch vieles mehr. Mythische Elemente sind Grundbestandteile

oder wesentlichen Essenzen von erfolgreichen Erzählungen, Ro-

manen und Kino-Filmen.

Dabei sind mythische Elemente nichts Abstraktes. Sie sind

meistens ganz konkret: ein Liebesbrief, ein Blick in die Augen, ein

Kuss auf den Mund. Mit Hilfe dieser Elemente können Sie Ihre

Erzählung aufbauen und erschließen. Sie lernen in diesem Buch,

welche mythischen Elemente Liebesfilme und Liebesgeschichten

besitzen.

Mythen können Sie einsetzen, wie Bausteine aus einem Baukas-

ten. Geschichtenerzählen ist Handwerk. Für jedes Handwerk gibt

es Werkzeuge und Materialien. Auch für den Bau von Liebesge-

schichten.

Das Ihnen vorliegende Buch ist einerseits ein Nachschlagewerk.

Andererseits kann Ihnen dieses Buch als praktische Hilfe zur

Gestaltung Ihrer Geschichten dienen. Sie können die Erkenntnis-

se nicht nur für Filmdrehbücher, sondern auch für Romane, Er-

zählungen und Theaterstücke verwenden.

Mit diesem Buch lernen Sie die erfolgreichsten Bestandteile von

Love-Storys kennen. Mythische Elemente sind die Grundlagen

der erfolgreichsten Geschichten dieser Welt. Lernen Sie, damit

umzugehen, zu variieren und zu spielen. Und Ihre Geschichte

wird in Zukunft eins besitzen: Die Kraft eines Mythos.

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Grundlegende Gedanken

über Liebesgeschichten

Bevor wir uns mit dem Hauptteil des Buches näher beschäfti-

gen werden, möchte ich vorab verschiedene Aspekte und Gedan-

ken darstellen, die zum Liebesfilm beziehungsweise zu einer

Love-Story gehören.

Im Liebesfilm geht es um Nähe und um Gefühle zwischen zwei

Menschen. Liebesgeschichten handeln aber auch davon, dass sich

das Leben völlig verändert, sobald sich einer in einen anderen

verliebt. Mit dem Verliebt-Sein öffnet sich eine neue Welt. Ein

Mensch beginnt anders wahrzunehmen, anders zu handeln, zu

denken und zu fühlen.

Das Gefühl, „Schmetterlinge im Bauch“ zu haben, ist nicht ein-

fach darzustellen. Eine Person kann bei der Arbeit abwesend sein

und Fehler machen. Sobald die Person jedoch mit ihrem Gelieb-

ten zusammen ist, hat sie nur noch Augen und Ohren für den

anderen. Ein Liebender vergisst alles andere auf der Welt – er

lebt allein für seine Liebe.

Von der Liebe geht eine Kraft aus, die Menschen vollkommen

verändern kann. Was tun Menschen nicht alles aus Liebe? Für

den Ehepartner und die geliebten Kinder allein leben viele Men-

schen. Und viele Menschen setzen sogar ihr Leben für ihre Fami-

lie aufs Spiel, sobald diese in Not gerät.

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Vermutlich ist die Liebe die stärkste Antriebskraft für Lebewe-

sen auf diesem Planeten. Folgender Leitgedanke könnte Sie des-

halb als Autor eines Liebesfilms leiten oder führen…

Ein möglicher Leitgedanke

von Liebesfilmen

Die Macht der Liebe kann das Leben eines Menschen

vollkommen verändern.

Die Zuschauer wollen in einem Liebesfilm das Wirken der Lie-

be sehen. Alle Menschen glauben bewusst oder unbewusst an die

Kraft und an die Macht der Liebe. Wie stark diese Liebe belastbar

ist oder wie weit sie gehen kann, das sollten Sie als Autor mit

Ihren Figuren erkunden.

Natürlich können Sie auch ohne einen Leitgedanken und ohne

ein Leitmotiv auskommen oder sich einen eigenen Leitgedanken

vornehmen. Letztendlich kommen Sie weniger vom Weg und

von Ihrer Geschichte ab, wenn Sie sich einer solchen Idee ver-

pflichten.

Verstehen Sie diese Vorschläge über Gedanken und Aspekte

des Films nicht als „Muss“ oder als Notwendigkeiten, sondern

als „Kann“ und als Möglichkeiten, sich einem Thema zu nähern.

Ein guter Liebesfilm beinhaltet außerdem zwei Aspekte der

Liebe: Er zeigt, wie eine Liebe entsteht und eine Beziehung ver-

geht oder umgekehrt.

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Die zwei Aspekte des Liebesfilms

Eine Liebe entsteht und eine Liebe vergeht.

Diese simple Erkenntnis, dass Liebe entsteht und Liebe vergeht,

ist die zentrale Handlungsanweisung für alle Liebesfilme. Als

Autor sollte man nicht nur eine wachsende und entstehende Lie-

be darstellen und wie die Liebenden füreinander kämpfen. Ab

einem bestimmten Punkt sollte die Liebe brüchig werden, belas-

tet werden oder vergehen. Erst wenn eine Liebe auch das Verge-

hen aushält, wird sie zu etwas Großem und Einzigartigem. Der

Zuschauer will Liebesbeziehungen sehen, die Hindernisse bewäl-

tigen und Raum und Zeit überdauern.

In den meisten Liebesfilmen wird zuerst eine entstehende Be-

ziehung gezeigt, die am Ende eine Bewährungsprobe mit einer

Trennung durchläuft. Sie können aber auch eine vergehende Lie-

be am Anfang zeigen und dann in eine entstehende neue Liebes-

beziehung überleiten.

Liebesgeschichten erzählen von der Macht der Liebe. In ihrem

Zentrum geht es um zwei Menschen, die sich entweder näher

kommen oder sich voneinander entfernen. So funktioniert in gro-

ben Zügen eine Love-Story.

Am Anfang einer jeden Geschichte steht immer eine spannende

Situation, aus der sich eine Frage ergibt. Wie erschafft man derar-

tige Situationen? Aristoteles hat ein Konzept dafür in seiner „Poe-

tik“ bereits vor über 2000 Jahren beschrieben: Man lässt eine Situ-

ation vom Glück ins Unglück kippen. Dadurch erhält man eine

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spannungsvolle Ausgangslage, die man weiter ausbauen und

gestalten kann.

Aristoteles bezog sich allerdings nur auf Tragödien. Natürlich

kann man auch eine Situation vom Unglück ins Glück kippen

lassen. Beide Varianten sind gleichermaßen möglich. Immer ist es

jedoch ein wesentlicher Handlungsumschwung, der den Anlass

oder den Anfang einer Geschichte markiert.

Der Anfang einer Liebesgeschichte

Eine Situation kippt vom Glück ins Unglück

oder vom Unglück ins Glück.

Es gibt verschiedene Bezeichnungen für den ersten Hand-

lungsumschwung einer Story. Der amerikanische Drehbuchleh-

rer Syd Field bezeichnet den Punkt als „Plot Point 1“. Andere

bezeichnen diese Stelle als „erregendes Moment“ (Gustav

Freytag) oder als „ersten Wendepunkt“ (Linda Seger).

Ich möchte Ihnen den ersten Wendepunkt anhand des Films

„Titanic“ (1997) erklären. Rose will sich das Leben nehmen und

trifft dabei auf Jack. Das ist noch kein Umschwung oder Wende-

punkt. Es ist die Ausgangslage. Erst nachdem sie Jack in die feine

Gesellschaft einführt und sie sich in ihn zu verlieben beginnt,

kippt die Lage und die Mutter von Rose sagt: „Du wirst diesen

Jungen nicht wiedersehen!“ Hier beginnt der zentrale Konflikt

und man fragt sich als Zuschauer: Kommen die beiden Lieben-

den zusammen? Die Situation kippt hier vom Unglück (der An-

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fangslage) zum Glück, das Rose in den nächsten Stunden mit Jack

erleben wird.

Kommen wir zu einem weiteren Punkt, der Erzählperspektive.

Filme werden in den allermeisten Fällen von einer Art „allwis-

sendem Erzähler“ erzählt. Das heißt, Filme können in der Per-

spektive von einer Handlung zu einer anderen und von einer

Person zur nächsten springen. Warum ist das für einen Autor

eine wichtige Information?

Die Erzählperspektive

Bleiben Sie immer nah an den Liebenden.

Als Autor können Sie zwischen den einzelnen Figuren eines

Films hin und her springen. Dadurch können Sie Spannung

durch Wissensvorsprünge erzeugen. Ich möchte Ihnen das wie-

der anhand des Films „Titanic“ erläutern. Hockley, der Verlobte

von Rose, beabsichtigt Jack, als Dieb zu entlarven. Der Film

springt weg von der Handlung zwischen den beiden Liebenden

und hin zum Antagonisten1 Hockley und seinem Helfer, dem

Butler. Dadurch erst wird die Handlung für den Zuschauer

spannend. Denn Hockley und der Butler planen eine Intrige. Der

Zuschauer weiß bald mehr als Jack und Rose. Jack ahnt über-

haupt nicht, dass ihm ein Diebstahl untergeschoben werden soll

und er das Opfer einer Intrige werden wird.

1 Antagonist = der mögliche Gegner in einer Geschichte

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Der Zuschauer befindet sich mit Hockley und dem Butler in ei-

nem Informations- oder Wissensvorsprung. Die Erzählperspekti-

ve kann also gezielt dazu verwendet werden Spannung zu er-

zeugen.

Sie wissen jetzt, dass Sie eine Erzählung aus den verschiedens-

ten Perspektiven beleuchten können. Sie können eine Liebesge-

schichte aber auch ganz privat und nur zwischen den beiden

Liebenden erzählen, und das sollten Sie vorwiegend auch tun.

Zu Beginn dieses Buches haben Sie einen kurzen Überblick

über Bestandteile von Liebesgeschichten bekommen. Wir werden

dies im weiteren Verlauf noch vertiefen. Im ersten Kapitel lernen

Sie „mythische Themen“ kennen. Je intensiver Sie sich mit Ge-

schichten beschäftigen, umso mehr werden Sie feststellen, dass es

nur ein paar wenige wirklich publikumswirksame Themen gibt.

Für mich ist das Kapitel über „mythische Themen“ das Wichtigs-

te des Buches, denn es hilft Autoren, ihre Ideen einzugrenzen

und zu finden. In den weiteren Kapiteln geht es darum, Ideen zu

gestalten und zu strukturieren. Der Aufbau des Buches folgt dem

System, dass man an eine Idee zuerst allgemein herangeht und

dann immer konkreter wird.

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A. Mythische Themen

I. Was sind „mythische Themen“?

„Rache nach Trennung“, „Liebesduell“, „Intrige“ und

„verbotene Liebe“ sind dramatische Themen.

Wenn ein Thema in der Erzählgeschichte über

Hunderte von Jahren immer wieder auftaucht und

von Autoren häufig verwendet wird, erhält das Thema

eine mythische Wirkung und wird zu einem

„mythischen Thema“.

II. Welche psychologische Funktion erfüllen

mythische Themen?

Ein Filmdrehbuch oder ein Roman hat in seinem

Zentrum ein einziges Thema. Doch es gibt noch weite-

ren Themen. Wenn ein Film zum Beispiel im Zentrum

eine „Liebesintrige“ besitzt, handelt er meist auch da-

von, dass sich zwei Menschen ineinander „verlieben“,

einer den anderen belügt und schließlich eine „Tren-

nung“ stattfindet. Mehrere Themen dienen immer

dazu, dass eine Geschichte mehrdimensional und

abwechslungsreich erscheint.

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III. Welche dramaturgische Funktion erfüllen

mythische Themen?

Mythische Themen helfen Ihnen dabei, ein Thema von

einem anderen Thema abzugrenzen.

Mythische Themen helfen außerdem, Ideen zu

konkretisieren. Dadurch lässt sich der Kern einer

Geschichte leichter finden.

IV. Welche Funktion in Bezug auf die Figuren

erfüllen mythische Themen?

Da in einer Geschichte immer mehrere Themen behan-

delt werden (Zusammenfinden, Trennung, usw.),

beleuchten Themen eine Figur von verschiedenen

Seiten. Welche Themen Sie als Autor wählen, führt also

auch dazu, in welchem Licht eine Figur erscheint.

V. Welche tiefere Bedeutung können

mythische Themen besitzen?

Ein bestimmtes Thema sollte immer auch eine Heraus-

forderung für einen der Liebenden sein.

Wenn einer die Wahrheit liebt und sich in einen

Lügner verliebt, dann muss sich der Liebende

extrem überwinden, um seine Liebe gegenüber

dem Lügner zu bewahren.

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Mythische Themen und Strukturen

Eine kurze Einführung

Je öfter Sie Filme betrachten, umso mehr werden Sie feststellen,

dass es zwischen ihnen Gemeinsamkeiten gibt. Die meisten Men-

schen haben nur ein Gefühl dafür, dass sich Filme einander äh-

neln. Sie können aber nicht sagen, was der Grund hierfür ist.

Liegt es vielleicht am Genre, weshalb Filme Ähnlichkeiten vor-

weisen? Genres sind etwa „Western“, „Abenteuerfilm“ oder

„Liebesfilm“. Sicherlich mag das ein Grund sein, denn das Genre

gibt Auskunft über den Inhalt.

Das Genre des Liebesfilms handelt von Liebe. Liebesfilme gibt

es zwar Tausende, doch es gibt Liebesfilme, die sich einander

und auf einer tieferen Ebene gleichen. Manche Liebesfilme besit-

zen zum Beispiel das Thema von „Cinderella“. Das ist das Mär-

chen von Aschenputtel, in dem die eifersüchtige Stiefmutter die

Liebe zwischen Cinderella und dem Prinzen zu verhindern ver-

sucht. Es gibt viele Filme, die genau dieses Thema erzählen, wie

zum Beispiel „Cinderella Story“ (2004) und „Auf immer und

ewig“ (1998).

Wenn man das Cinderella-Thema noch genauer betrachtet,

dann erkennt man, dass sich auf einer noch tieferen Ebene ein

noch größeres Thema verbirgt. Es handelt sich um das Thema

„Liebe & Eifersucht“.

Bei „Liebe & Eifersucht“ geht es darum, dass sich zwei verlie-

ben und ein eifersüchtiger Dritter im Weg steht. Diese Figuren-