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IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrieunternehmen

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IFRS 9 Finanz instrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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Inhaltsverzeichnis

1 KlassifizierungundBewertungvonFinanzaktiven 61.1 Klassifizierung und Bewertung von Schuldinstrumenten 7

1.1.1 Allgemeiner Überblick 71.1.2 Anwendung bei Industrieunternehmen 8

1.1.2.1 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 8

1.1.2.2 Bankguthaben 9

1.1.2.3 Obligationen 9

1.2 Klassifizierung und Bewertung von Eigenkapitalinstrumenten 101.2.1 Allgemeiner Überblick 101.2.2 Anwendung bei Industrieunternehmen 10

1.3 Zusammenfassung 11

2 KlassifizierungvonFinanzverbindlichkeiten 122.1 Allgemeiner Überblick 13

2.2 Anwendung bei Industrieunternehmen 13

3 Wertminderungen 143.1 Allgemeiner Überblick 15

3.1.1 Anwendungsbereich 153.1.2 Modell des erwarteten Verlustes 15

3.1.2.1 Generelles Wertminderungsmodell (Dreistufenmodell) 16

3.1.2.2 Vereinfachtes Verfahren (Simplified Approach) 17

3.1.3 Ansätze zur Berechnung der Wertminderung 18

3.2 Anwendung bei Industrieunternehmen 193.2.1 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 193.2.2 Bankguthaben 203.2.3 Obligationen 20

4 Hedge-Accounting 224.1 Allgemeiner Überblick 23

4.2 Anwendung bei Industrieunternehmen 244.2.1 Fair-Value-Option für Eigenverbrauchsverträge 244.2.2 Risikokomponente 254.2.3 Wirksamkeitstest 254.2.4 Anhangangaben 27

5 Fazit 28

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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Vorwort

IFRS 9 Finanzinstrumente tritt für Geschäftsjahre beginnend am 1. Januar 2018 in Kraft. Im Juni 2016 veröffentlichte das Global Public Policy Committee (GPPC), welches aus Ver-tretern der sechs grossen Revisionsgesellschaften besteht, ein Papier1, adressiert an die Auditkomitees von Banken. Im Papier wird auf die Dringlichkeit der Implementierung von IFRS 9 Finanzinstrumente bei Banken, insbesondere auf die Dringlichkeit der neuen und herausfordernden Anforderungen bei der Fest legung der Wertminderungen, hingewiesen. Das Papier stellt fest, dass die Einführung von IFRS 9 Finanzinstru-mente für viele Banken die bedeutendste Rechnungslegungs-änderung ist, sogar bedeutender als die eigentliche Um -stellung auf IFRS.2

Bei Industrieunternehmen scheint IFRS 9 Finanzinstrumente kein Meilenstein der Rechnungslegung zu sein. Eine Inter-netrecherche hat ungleich weniger Fachartikel zu IFRS 9 Finanzinstrumente im Bereich Industrieunternehmen an den Tag gebracht als im Bereich Banken. Trotzdem ist die Zahl der frühzeitigen Einführungen von IFRS 9 Finanzinstrumente bei Industrieunternehmen grösser als im Bankenbereich bzw. bei Finanzinstituten.

In dieser Broschüre soll ein Überblick, fokussiert auf Industrieunternehmen über die drei Phasen des Standards (Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten, Wert minderungen und Hedge-Accounting) und dessen Anforderungen, gegeben werden. Im Weiteren werden die Auswirkungen mit spezifischem Fokus auf Industrieunter-nehmen dargestellt und mögliche Vorteile der Einführung von IFRS 9 Finanzinstrumente beleuchtet.

1 The Implementation of IFRS 9 impairment requirements by banks – Considerations for those charged with governance of systemically important banks.

2 The Implementation of IFRS 9 impairment requirements by banks, Seite 4.

Erscheint in: Jahrbuch Finanz- und Rechnungswesen 2017, Hrsg.: Reto Eberle, David Oesch und Dieter Pfaff, WEKA Verlag 2017

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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1 Klassifizierung undBewertungvonFinanzaktiven

IFRS 9 Finanzinstrumente unter­

scheidet bei der Klassifizierung und

Bewertung von Finanzaktiven zwischen

Schuldinstrumenten, Eigen ­

kapital instrumenten und Derivaten.

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1.1 KlassifizierungundBewertungvon Schuldinstrumenten

Marktwert, Marktwertveränderungen

im übrigen Gesamter-gebnis (kein Recycling)

Marktwert,erfolgswirksame

Erfassung der Marktwertveränderungen

Marktwert, Marktwertveränderungen

im übrigen Gesamt-ergebnis (mit Recyling)

FortgeführteAnschaffungskosten

Marktwert, erfolgswirksame

Erfassung der Marktwertveränderungen

Eigenkapitalinstrumente Derivate Schuldinstrumente

Halten Halten und Verkauf

IPPSSPPI-Kriterium

Fair-Value-Option

SPPI-

Kriterium Handel

Fair-Value-OptionFair-Value-

Option

Handel

Nein

Nein

Ja

Nein Ja

Nein Nein

Ja

Ja Ja

Grafik 1: Klassifizierung und Bewertung von Finanzaktiven nach IFRS 9 Finanzinstrumente

1.1.1 Allgemeiner Überblick IFRS 9 Finanzinstrumente führt für die Klassifizierung von Schuldinstrumenten ein neues Modell ein. Die Klassifizie-rung der Schuldinstrumente ist einerseits an das Geschäfts-modell des Unternehmens, welches die Schuldinstrumente hält, gekoppelt, andererseits werden die Charakteristika der mit dem Schuldinstrument einhergehenden Cashflows einbezogen. Der Standard unterscheidet zwischen drei Geschäftsmodellen:

• Halten (Hold-to-collect): Die Zielsetzung des Geschäfts-modells besteht darin, die Schuldinstrumente zu halten und die vertraglichen Cashflows (d. h. Zinserträge) zu erwirtschaften und bei Fälligkeit den Nominalwert zu vereinnahmen. Die Folgebewertung der diesem Geschäftsmodell zugeteilten Schuldinstrumente erfolgt zu fortgeführten Anschaffungskosten.

• Halten und Verkauf (Hold-to-collect and Sale): Die Schuld-instrumente werden im Rahmen eines Geschäftsmodells

gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, die ver-traglichen Cashflows zu vereinnahmen oder die Schuld-instrumente zu veräussern. Die Schuldinstrumente werden zu Marktwerten bewertet, Marktwertschwankun-gen werden im Eigenkapital erfasst.

• Handel: Die Schuldinstrumente, welche vorwiegend zur kurzfristigen Realisierung von Kursgewinnen gehalten werden, sind diesem Geschäftsmodell zuzuordnen. Im Weiteren werden diesem Geschäftsmodell auch Vermö-genswerte zugeteilt, die nicht den Anforderungen der beiden oben genannten Geschäftsmodelle entsprechen. Die Schuldinstrumente werden erfolgswirksam zu Markt-werten bewertet.

Neben dem Geschäftsmodell sind auch die Charakteristika der vertraglichen Cashflows massgebend. Das IASB hat der Aufforderung zur Vereinfachung von IAS 39 Rechnung getragen und die Separierung von eingebetteten Derivaten bei Schuldinstrumenten ausgeschlossen.

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für das Liquiditätsrisiko sowie Verwaltungskosten dürfen ebenfalls enthalten sein. Der Principal ist der Marktwert des Schuldinstrumentes bei Ersterfassung. Erfüllen Schuldinst-rumente den SPPI-Test nicht, sollen diese dem Geschäfts-modell Handel zugeteilt und erfolgswirksam zum Marktwert bewertet werden.

Der Test der Charakteristika der vertraglichen Cashflows (im Englischen auch Solely-Payment-of-Principal-and-Inte rest (SPPI)-Test) wurde entwickelt, um Schuldinstrumente her-auszufiltern, welche einen Leverage-Effekt bei Zins- und / oder Nennwertrückzahlung beinhalten. Die Zinszahlung soll lediglich den Zeitwert des Geldes sowie das Kreditrisiko der Gegenpartei widerspiegeln. Eine Gewinnmarge und Prämie

Grafik 2: SPPI-Test3

1.1.2 Anwendung bei IndustrieunternehmenEine Analyse der im SMI enthaltenen Industrieunternehmen zeigt, dass Unternehmen im Durchschnitt rund 20 Prozent der Bilanzsumme als Bankguthaben (flüssige Mittel) oder Forderungen aus Lieferungen und Leistungen halten. Verein-zelte Unternehmen halten langfristige Darlehen oder ein Obligationen-Portfolio als Liquiditätsanlage.

1.1.2.1 Forderungen aus Lieferungen und LeistungenBei Industrieunternehmen, welche IFRS 9 Finanzinstru-mente frühzeitig eingeführt haben (z. B. Syngenta, Barry Callebaut, Air New Zealand, Qantas), ist zu beobachten, dass die Klassifizierung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen keine signifikanten Anpassungen erfahren hat. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen werden

Zins

Die vertraglich vereinbarten Cashflows dürfen nur Zins und Tilgung umfassen

Tilgung

Zinszahlungen dürfen nur eine Kompensation für die folgenden Komponenten darstellen (IFRS 9 4.1.3):• Zeitwert des Geldes• Übernommenes Kreditrisiko• Gewinnmarge• Liquiditätsrisiko• Verwaltungskosten

Die Bezugsgrösse ist dabei der ausstehende Nominalbetrag in der jeweiligen Periode.

Tilgungszahlungen umfassen:• Reguläre Tilgungen• In der Regel Sondertilgungen• In der Regel Pflichtsondertilgungen

Die Beurteilung ist dabei in der Währung vorzunehmen, in der das Finanzinstrument geführt wird (B4.1.8).

Cashflows = Zins und Tilgung Cashflows ≠ Zins und Tilgung

Fortgeführte Anschaffungskosten

Marktwert, Marktwertveränderungen im

übrigen Gesamtergebnis

Marktwert, erfolgswirksame Erfassung der Marktwertveränderungen

primär mit der Zielsetzung gehalten, den Nominalwert der Forderung zu vereinnahmen, und werden somit dem Geschäftsmodell Halten zugeordnet. Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen werden zu fortgeführten Anschaffungskosten (was bei kurzfristigen Forderungen dem Nominalwert entspricht) bilanziert.

Unternehmen können Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Rahmen eines Factoring-Programms an eine Bank oder eine Factoring-Gesellschaft verkaufen. Hier stellt sich die Frage, ob eine Factoring-Transaktion als Veräusse-rung angesehen werden soll und somit das Geschäftsmodell Halten für betroffene Forderungen ausgeschlossen ist. Der Standard IFRS 9 Finanzinstrumente nimmt dazu nicht direkt Stellung. In diesem Kontext verweisen wir auf das Beispiel 3

3 KPMG AG, Deutschland (DPP-Update): IFRS 9.

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in IFRS 9 Finanzinstrumente Paragraph B4.1.4. Dieses Beispiel behandelt einen ähnlichen Fall: Ein Unternehmen gewährt Darlehen an Kunden, und diese Darlehen werden durch das Unternehmen an eine Zweckgesellschaft (Special-Purpose-Vehicle) im Rahmen einer Verbriefung verkauft. Das Unternehmen konsolidiert die Zweckgesell-schaft, d. h., in der konsolidierten Jahresrechnung bleiben die Darlehen bestehen, im Einzelabschluss hingegen wer-den die Forderungen ausgebucht. Gemäss dem Beispiel kann das Unternehmen im Einzelabschluss die in der nächs-ten Verbriefungsrunde zur Veräusserung vorgesehenen Darlehen nicht dem Geschäftsmodell Halten zuordnen, da für das Unternehmen die Veräusserung im Vordergrund steht. Zur Behandlung in der konsolidierten Jahresrechnung macht der Standard keine Aussage.

Massgebend für die Festlegung des Geschäftsmodells ist somit die Ausbuchung (Derecognition) der Forderung. Führt ein Factoring zur Ausbuchung der Forderung, so sind alle für das Factoring vorgesehenen Forderungen zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung dem Geschäftsmodell Handel zuzuteilen und erfolgswirksam zum Marktwert zu bewerten. Der Marktwert entspricht in etwa dem Verkaufspreis der Forderung an die Factoring-Gesellschaft.

Wenn das Factoring zu keiner Ausbuchung der Forderung führt, so können verschiedene Argumente angeführt wer-den, wieso das Geschäftsmodell Handel oder Halten zur Anwendung kommen kann. Der Einzelfall sollte analysiert werden. Jedoch sollte ein Unternehmen im Rahmen einer Rechnungslegungswahl einmalig das künftige Vorgehen festlegen.4

In einem zweiten Schritt sind die Charakteristika der Forde-rungen auf ihr Bestehen des SPPI-Tests zu überprüfen. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind in der Regel nicht zinstragend, da sie kurzfristig fällig sind. Die Effektivzinsrate wird somit als null betrachtet. Der Principal entspricht dem Forderungsbetrag, resultierend aus einer Transaktion im Anwendungsbereich von IFRS 15 Umsatz- erlöse aus Kundenverträgen bzw. IAS 18 Umsatzerlöse.

Ein Verkaufskontrakt, der in einer anderen Währung als der Funktionalwährung des Verkäufers bzw. Käufers abgeschlos-sen wurde, enthält ein eingebettetes Derivat.5 Wie oben bereits erwähnt, schliesst IFRS 9 Finanzinstrumente die Beurteilung von eingebetteten Derivaten für Schuldinstru-mente aus. Die Klassifizierungskriterien werden folglich auf den hybriden Kontrakt aus Schuldinstrument und eingebet-tetem Derivat angewandt. Der nichtbilanzierte Verkaufs-kontrakt («non-financial forward purchase or sale contract»)

ist aber nicht im Anwendungsbereich von IFRS 9 Finanzinst-rumente und gilt somit nicht als Finanzaktivum. Für diesen Fall hat IFRS 9 Finanzinstrumente die Definition sowie die dazugehörenden Regeln aus IAS 39 übernommen6, und eingebettete Derivate müssen bei Nichterfüllen der Kriterien separiert werden.

1.1.2.2 BankguthabenBankguthaben werden dem Geschäftsmodell Halten zuge-ordnet. Die Forderung gegenüber der Bank besteht in der Regel den SPPI-Test, auch wenn die Bankguthaben mit Zinssatz null oder nahe null aufgrund ihrer Kurzfristigkeit verzinst werden.

Das IASB hat auch festgehalten, dass ein Bankguthaben mit einem negativen Zinssatz den SPPI-Test besteht, wenn der Gläubiger eine Fee für die Anlage seines Geldes zahlen muss.7

1.1.2.3 Obligationen Unternehmen halten oft langfristige Obligationen zur Anlage der überschüssigen Liquidität. Diese Anlagen können jeder-zeit bei Liquiditätsbedarf oder zur Realisierung von Kapital-gewinnen veräussert werden. Diese Veräusserungen finden nicht nur in seltenen Fällen oder in einem unwesentlichen Umfang statt. Ein Obligationen-Portfolio mit dieser Zielset-zung entspricht dem Geschäftsmodell Halten und Verkauf.

Häufig argumentieren Unternehmen, dass die Zielsetzung des Obligationen-Portfolios das Halten der Obligationen bis zum Endverfall ist und die Erwirtschaftung von Zinserträgen im Vordergrund steht. Obligationen werden nur im Einzelfall verkauft, so z. B. bei einem unvorhergesehenen Liquiditäts-bedarf («stress», «worst case scenario») oder wenn die Kreditwürdigkeit der Gegenpartei sinkt und somit ein Ausfall droht. Bei der Festlegung des Geschäftsmodells gilt es, diese nach eigenem Ermessen im Einklang mit der Unter-nehmensführungsstrategie umzusetzen. Der Standard definiert keine genauen Abgrenzungskriterien zwischen den Geschäftsmodellen. Das Unternehmen sollte dabei die Zielsetzung des IFRS 9 Finanzinstrumente im Auge behal-ten, welches dem Bilanzleser Informationen zu den zukünfti-gen Cashflows aus Finanzinstrumenten geben soll. Grund-sätzlich ist die Zuteilung des oben genannten Portfolios zum Geschäftsmodell Halten möglich, wenn Verkäufe selten oder unwesentlich sind. Verkäufe sind auch aus Kreditrisikoüber-legungen heraus möglich. Jedoch würde es dem Geschäfts-modell Halten widersprechen, wenn der Geschäftsleitung regelmässig die Marktwertentwicklungen des Obligatio-nen-Portfolios berichtet werden oder diese in die Performance-messung der Treasury-Abteilung einfliessen.8

4 Insights into IFRS, KPMG’s practical guide to International Financial Reporting Standards, 12th Edition 2015/16, Volume 2, 7A.4.110.80 f.

5 Insights into IFRS, 7A.2.260.30.6 IFRS 9 B.4.3.1–8.7 IFRS 9 B4.1.7A.8 IFRS 9 B4.1.4, Bsp. 1.

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass Plain-Vanilla-Obligationen den SPPI-Test bestehen. Zinszah-lungen sind fixiert über die gesamte Laufzeit oder werden quartalsweise, halbjährlich oder jährlich aufgrund des ent-sprechenden Zinssatzes neu festgelegt. Die Rückzahlung erfolgt in der Regel zum Nominalwert. Häufig sind aber in den als Plain Vanilla erscheinenden Obligationen Klauseln enthalten, die den SPPI-Test in Frage stellen können, z. B. Call- oder Put-Optionen, Make-whole-Klauseln oder Zins-

anpassungen infolge von bestimmten auftretenden Vorfäl-len. Wenn die Obligation den SPPI-Test besteht, so kann die Obligation dem Geschäftsmodell Halten oder Halten und Verkauf zugeteilt werden. Die Bewertung erfolgt zu fortge-führten Anschaffungskosten oder zu Marktwerten mit im Eigenkapital erfassten Marktwertschwankungen. Besteht die Obligation den SPPI-Test nicht, so ist die Obligation dem Geschäftsmodell Handel zuzuteilen und die Bewertung erfolgt erfolgswirksam zu Marktwerten.

1.2 KlassifizierungundBewertungvon Eigenkapitalinstrumenten

1.2.1 Allgemeiner ÜberblickAls Eigenkapitalinstrumente gelten Aktien und unter gewis-sen Voraussetzungen auch Anteilscheine von Fonds. Unter IAS 39 haben Unternehmen häufig Anteilscheine als Aktien klassifiziert, mit der Begründung, dass die Anteilscheine vergleichbar seien mit Aktien bei einer Aktiengesellschaft. IFRS 9 Finanzinstrumente hat diese Frage nun geklärt und verweist in der Definition von Eigenkapitalinstrumenten auf die Definition in IAS 32 und verlangt hierzu, dass die Sicht-weise des Herausgebers eingenommen wird. Dies bedeu-tet: Wenn ein Anteilschein dem Investor das Recht ein-räumt, den Anteilschein dem Fonds zur Rückzahlung zurückzugeben, und der Fonds somit eine vertragliche Verpflichtung hat, dem Anteilscheininhaber den Net-Asset-Value in bar auszuzahlen, dann handelt es sich beim Anteil-schein um ein Schuldinstrument, auch wenn dieser im Anlagefonds als Eigenkapital ausgewiesen wird.9 Fondsan-teile können folglich je nach Ausgestaltung der Anteilklassen als Schuld- oder Eigenkapitalinstrument klassifiziert werden. Voraussetzung für die abschliessende Klassifizierung als Schuldinstrument ist jedoch das Bestehen des SPPI-Tests.

Grundsätzlich werden Eigenkapitalinstrumente bzw. Aktien zu Marktwerten bewertet. Das Unternehmen hat die Mög-lichkeit, Marktwertschwankungen entweder erfolgswirksam oder optional direkt im Eigenkapital zu erfassen. Das IASB wollte ursprünglich der Diskussion um Wertminderungen bei Aktien aus dem Weg gehen und hat demzufolge nur die Variante der erfolgswirksamen Marktwertbewertung vorge-sehen. Aufgrund des Feedbacks der Anwender im Jahr 2009 wurde die Variante der Erfassung von Marktwertschwankun-gen direkt im Eigenkapital eingeführt.

Da es aber die unbeliebtere Variante des IASB ist, wurde diese Variante mit einigen unvorteilhaften Anforderungen versehen:

• Marktwertgewinne und -verluste bleiben im Eigenkapital stehen. Sie werden auch bei einem Verkauf nicht in die Erfolgsrechnung übertragen. Es besteht einzig die Möglich-keit, die Marktwertgewinne und -verluste von den Neu-bewertungsreserven in die Gewinnreserven zu übertragen.

• Bei Aktien, welche zum Marktwert bewertet werden und bei denen die Marktwertschwankungen im Eigenkapital erfasst werden, gelten höhere Offenlegungsvorschriften als für erfolgswirksam zum Marktwert bewertete Aktien. So muss beispielsweise pro Aktienposition der Grund für die Zuordnung offengelegt werden. Dasselbe gilt für den Marktwert, die im Eigenkapital erfasste Marktwertanpas-sung, den Dividendenertrag, den Grund für den Verkauf, den Marktwert zum Verkaufszeitpunkt usw.

1.2.2 Anwendung bei IndustrieunternehmenUnsere Analyse der SMI-Gesellschaften zeigt, dass die Mehrheit der Industrieunternehmen ihre Liquiditätsreserve nicht in Aktien anlegt. Bedeutendere Aktienportfolios besit-zen Novartis, Nestlé und Roche.

Unsere Diskussionen mit Unternehmen im Industriebereich sowie mit Finanzinstituten zeigen, dass trotz erwarteter grösserer Ergebnisvolatilität die Variante der erfolgswirksamen Bewertung zum Marktwert bevorzugt wird, um einerseits den immensen Offenlegungsanforderungen aus dem Weg zu gehen und andererseits die Gewinnrealisierungen (Verluste) aus dem Verkauf in der Erfolgsrechnung zeigen zu können.

9 IFRS 9 BC 5.21.

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1.3 Zusammenfassung

AnlagenIAS 39 IFRS 9

Kategorie Bewertung Geschäftsmodell Bewertung

Flüssige Mittel Loans & ReceivablesFortgeführte Anschaffungskosten

HaltenFortgeführte Anschaffungskosten

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Loans & ReceivablesFortgeführte Anschaffungskosten

HaltenFortgeführte Anschaffungskosten

Aktien

TradingMarktwert, erfolgswirk - same Erfassung der Marktwertveränderung

HandelMarktwert, erfolgswirk - same Erfassung der Marktwertveränderung

Available-for-SaleMarktwert, Marktwert-veränderung im übrigen Gesamtergebnis

Halten und Verkauf

Marktwert, Marktwert-veränderung im übrigen Gesamtergebnis (kein Recycling)

Obligationen

TradingMarktwert, erfolgswirk - same Erfassung der Marktwertveränderung

HandelMarktwert, erfolgswirk- same Erfassung der Marktwert veränderung

Available-for-SaleMarktwert, Marktwert-veränderung im übrigen Gesamtergebnis

Halten und Verkauf

Marktwert, Marktwert-veränderung im übrigen Gesamtergebnis (mit Rezyklierung)

Held-to-MaturityFortgeführte Anschaffungskosten

HaltenFortgeführte Anschaffungskosten

Die nachfolgende Tabelle zeigt für die unterschiedlichen Anlagekategorien die möglichen Kategorisierungen bzw. die möglichen Geschäftsmodelle sowie daraus resultierende Folgebewertungen. Die einzelnen Zeilen zeigen die IAS-39-Kategorien mit dem bewertungstechnisch ähnlichs-ten Geschäftsmodell unter IFRS 9 Finanzinstrumente auf

einer Zeile. Dies ist nicht als automatische Zuordnung der IAS-39-Kategorien zu IFRS-9-Finanzinstrumente-Geschäfts-modellen zu verstehen. Beispielsweise können Available- for-Sale-Obligationen unter IAS 39 durchaus auch im Geschäfts modell Halten unter IFRS 9 Finanzinstrumente geführt werden.

Grafik 3: Zusammenfassung: Bewertungskategorien unter IAS 39 im Vergleich mit Geschäftsmodellen unter IFRS 9 Finanzinstrumente

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2 Klassifizierung vonFinanz-verbindlichkeiten

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2.1 AllgemeinerÜberblickIFRS 9 Finanzinstrumente beinhaltet fast alle Regelungen zur Klassifizierung von Finanzverbindlichkeiten. Der Standard verlangt weiterhin die Separierung von eingebetteten Deri-vaten in Finanzverbindlichkeiten, wenn diese nicht zum Marktwert bewertet werden. Finanzverbindlichkeiten wer-den in der Regel zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert.

Unter IFRS 9 Finanzinstrumente können Unternehmen weiterhin die Fair-Value-Option zur Bewertung von Finanz-verbindlichkeiten anwenden. Die Fair-Value-Option wird vor allem eingesetzt, um einen Accounting-Mismatch zu vermei-den. Marktwertschwankungen werden erfolgswirksam erfasst.

In der Vergangenheit hat die Fair-Value-Option häufig zu Kritik geführt. Der Marktwert einer Finanzverbindlichkeit wird direkt durch die Kreditwürdigkeit des eigenen Unter-

nehmens beeinflusst. Dies bedeutet, dass ein Unterneh-men erfolgswirksame Gewinne aus sinkenden Marktwerten der Finanzverbindlichkeit erzielt hat, obwohl die Unterneh-mung in Schieflage geraten ist oder wiederum Verluste aufgrund steigender Marktwerte verzeichnen musste, als es dem Unternehmen wieder besser ging. Um dieser Kritik gerecht zu werden, wurde IFRS 9 Finanzinstrumente inso-weit angepasst, dass bei Nutzung der Fair-Value-Option oder Fair-Value-Bewertung eines hybriden Vertrags, einschliesslich eingebetteten Derivats, Marktwertschwankungen aufgrund der Veränderung der eigenen Kreditwürdigkeit ins Eigenkapi-tal gebucht werden und erfolgswirksam nur jene Effekte aus den Marktzinsschwankungen erfasst werden. Führt die Verbuchung im Eigenkapital allerdings zu einem Accoun-ting-Mismatch oder wird dieses vergrössert, werden auch die auf die eigene Kreditwürdigkeit zurückgeführten Markt-wertschwankungen in der Erfolgsrechnung verbucht.

2.2AnwendungbeiIndustrieunternehmenIndustrieunternehmen, insbesondere neu an die Börse gebrachte Gesellschaften, haben häufig Wandelobligationen oder Optionsanleihen ausstehend. Auch unter IFRS 9 Finanz-instrumente müssen die Wandel- bzw. Optionsrechte von der Finanzverbindlichkeit getrennt und separiert werden, wenn das Unternehmen die Finanzverbindlichkeit zu fortge-führten Anschaffungskosten ansetzen möchte. Grundsätzlich gilt, dass bei Finanzverbindlichkeiten, die ohne Anwendung der Fair-Value-Option aufgrund einer Anforde-rung im Standard erfolgswirksam zum Marktwert bewertet werden10, sämtliche Marktwertschwankungen in der Erfolgsrechnung erfasst werden, ohne Aufteilung der Markt-wertschwankung, verursacht durch die Veränderung des eigenen Kreditrisikos oder des Marktzinssatzes. Darunter fallen derivative Finanzverbindlichkeiten sowie bedingte Kaufpreisverpflichtungen, resultierend aus einer Akquisition einer neuen Gesellschaft.

10 IFRS 9.4.2.1.

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3Wertminderungen

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3.1 AllgemeinerÜberblick3.1.1 AnwendungsbereichDas Wertminderungsmodell unter IFRS 9 Finanzinstrumente ist anwendbar bei:

• Schuldinstrumenten, welche nach IFRS 9 Finanzinstru-mente zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden und somit dem Geschäftsmodell Halten zugeord-net sind (z. B. Bankguthaben, Obligationen)

• Schuldinstrumenten, welche zum Marktwert bewertet werden und deren Marktwertveränderungen im Eigenka-pital erfasst werden und somit dem Geschäftsmodell Halten und Verkauf entsprechen (z. B. Obligationen)

• bilanzierten Leasingforderungen im Anwendungsbereich von IAS 17 Leasingverhältnis

• aktiven Vertragspositionen im Anwendungsbereich von IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden (z. B. Forderun-gen aus Lieferungen und Leistungen)

• geleisteten Finanzgarantien im Anwendungsbereich von IFRS 9 Finanzinstrumente (z. B. Letters-of-Credit des Unternehmens an einen Dritten, Kreditgarantien usw.)

• unwiderruflichen Kreditzusagen.

Schuldinstrumente, welche erfolgswirksam zum Marktwert bewertet werden, fallen nicht in den Anwendungsbereich des neuen Wertminderungsmodells.

Das IASB hat auch auf ein Wertminderungsmodell für Eigenkapitalinstrumente verzichtet. Eigenkapitalinstrumente sind grundsätzlich erfolgswirksam zum Marktwert bewertet. Das Unternehmen hat jedoch weiterhin die Option, Eigenka-pitalinstrumente zum Marktwert zu bewerten, mit Erfas-sung von Marktwertschwankungen im Eigenkapital. Um erfolgswirksame Wertminderungsdiskussionen zu vermei-den, bleiben Marktwertgewinne bzw. -verluste im Eigenka-pital stehen. Es gibt keine Überführung in die Erfolgsrech-nung, auch nicht beim Verkauf des Eigenkapitalinstruments.

11 IFRS 9 B5.5.12.

«Forward Lifetime-PD steigen mehr als 20 %»

t0t1

t2

0,3 %

0.9 %

Cumulative PD

«Kein Stufentransfer, solang Investment-Grade per Bilanzstichtag»

«2 S&P-Ratings-Herabstufungen»«iTraxx-Senior- Financials-Index steigt mehr als 60 Basispunkte innerhalb von 1 Monat»

Grafik 5: Transferkriterien

3.1.2 Modell des erwarteten VerlustesIFRS 9 Finanzinstrumente sieht neu vor, dass für alle Finanzin-strumente im Anwendungsbereich des neuen Wertminderungs-modells ein erwarteter Verlust (Expected Credit-Loss) bereits bei der Einbuchung des Finanzaktivums zu erfassen ist. Dies steht im Gegensatz zu IAS 39. Unter IAS 39 wurde eine Wert-minderung erfasst, wenn ein objektiver Indikator bestand, z. B. wenn eine Forderung bereits überfällig war (Incurred-Loss- Modell).

Der Erfassungszeitpunkt für Wertminderungen unter IAS 39 war somit um einiges später als unter dem neuen Standard. Die späte, im Krisenjahr 2008 gar zu späte Erfassung hatte zu einiger Kritik am IASB geführt. IFRS 9 Finanzinstrumente stellt die Antwort auf diese Kritik dar. Es bleibt aber noch zu sehen, ob das neue Wertminderungsmodell allen Ansprü-chen gerecht wird.

IFRS 9 Finanzinstrumente sieht bei der Ermittlung des erwarteten Verlust ein generelles Wertminderungsmodell (Dreistufenmodell) sowie eine vereinfachte Methode vor.

TransferkriterienFür die Umsetzung des generellen Wertminderungsmodells ist die Festlegung der Transferkriterien massgebend. Der Begriff «signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos» ist in IFRS 9 Finanzinstrumente nicht definiert. Jedes Unterneh-men muss für sich festlegen, wann eine signifikante Erhö-hung des Ausfallrisikos eingetreten ist. Dabei kann für jede Klasse von Finanzinstrumenten ein anderes Kriterium fest-gelegt werden, d. h., das Transferkriterium für Bankguthaben kann sich vom Transferkriterium für Forderungen aus Lea-singverhältnissen unterscheiden.11

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Grafik 4: generelles Wertminderungsmodell (Dreistufenmodell)12

Unter dem generellen Wertminderungsmodell unterscheidet der Standard zwischen drei Stufen; die Höhe der Wertmin-derung hängt dabei von der Zuordnung des Finanzinstru-ments in einer der folgenden Stufe ab:

Stufe 1: Alle Finanzinstrumente werden bei der Ersterfas-sung der Stufe 1 zugeordnet. Der erwartete Verlust entspricht dem Wert, der aus möglichen Ausfaller-eignissen innerhalb der nächsten 12 Monate («12-month expected credit loss») nach dem Bilanzstichtag entstehen kann.

Stufe 2: Wenn seit der Ersterfassung eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos der Gegenpartei verzeichnet wurde, so ist das Finanzinstrument von Stufe 1 zu Stufe 2 zu transferieren. Die Wertminde-rung entspricht dem Wert, der aus möglichen Ausfallereignissen während der Restlaufzeit des Instruments («lifetime expected credit loss») entstehen kann.

Stufe 3: Liegt ein objektiver Hinweis vor, dass eine Wert-minderung bei einem Finanzaktivum vorliegt, so ist das Finanzaktivum in Stufe 3 zu transferieren. Die als Indikator für den Transfer vorliegenden objekti-ven Hinweise entsprechen den in IAS 39 enthalte-nen Hinweisen, welche zu einer Erfassung eines eingetretenen Verlusts («incurred loss») auf Einzel-positionsebene geführt haben.

Obwohl es grundsätzlich den Unternehmen überlassen bleibt, die Transferkriterien festzulegen, enthält IFRS 9 Finanz-instrumente die folgenden vereinfachenden Annahmen dahingehend, wann eine signifikante Erhöhung des Ausfallri-sikos vorliegt. Diese stellen widerlegbare Vermutungen dar:

• Ein Transfer von Stufe 1 zu Stufe 2 hat spätestens dann zu erfolgen, wenn die vertraglichen Zahlungen (z. B. Nomi-nalwertzahlung, Zinszahlung) seit mehr als 30 Tagen überfällig sind. Sind die vertraglichen Zahlungen seit mehr als 90 Tagen überfällig, so besteht die widerlegbare Vermutung, dass ein objektiver Hinweis auf einen Kredit-ausfall besteht und somit das Finanzinstrument nach Stufe 3 transferiert werden muss. Diese vereinfachenden Annahmen können auch als Richtwerte verstanden wer-den. Es bleibt dem Unternehmen überlassen, nachzuwei-sen, dass bei Überschreitung der 30- bzw. 90-Tage-Über-fälligkeitslimite das Ausfallrisiko nicht signifikant

12 KPMG (Matthias Degen), IFRS Update for Financial Service, Oktober 2014.13 IFRS 9.5.5.11, B5.5.20.

EL

Lifetime

1yr

EL

Lifetime

1yr

Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

EL

Lifetime

1yr

IAS 39

Transfer aufgrund signifikanter Erhöhung des Ausfallrisikos

Objektiver Hinweis

Transfer zurück,wenn Erhöhung

nicht mehr gegeben ist

3.1.2.1 Generelles Wertminderungsmodell (Dreistufenmodell)

16

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angestiegen ist oder ein Ausfall vorliegt und somit kein Transfer notwendig ist.13

• Ein Unternehmen kann auch annehmen, dass keine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos seit Ersterfas-sung des Finanzaktivums stattgefunden hat, wenn das Finanzaktivum am Bilanzstichtag ein niedriges Ausfallri-siko («low credit risk») hat. Diese Vereinfachung kann auf das einzelne Instrument angewandt werden.

• Es besteht die Annahme, dass ein Finanzinstrument ein niedriges Ausfallrisiko hat, wenn dessen externes Kredit-rating einem Investment-Grade entspricht. Unter Invest-ment-Grade werden in der Regel Ratings von AAA bis BBB von Standard & Poor’s oder gleichwertige Ratings verstanden. Ein Finanzinstrument muss nicht unbedingt

extern geratet sein, damit diese Vereinfachung anwendbar ist. Es können auch äquivalente interne Ratings herange-zogen werden.14

Der Festlegung der Transferkriterien kommt eine gewisse Brisanz zu, da eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos zu einem Transfer von Stufe 1 zu Stufe 2 oder 3 führt. Fallen aber die Kriterien für die signifikante Erhöhung des Ausfall-risikos wieder weg, so kann es auch zu einer Rückführung von Stufe 3 zu Stufe 2 oder 1 kommen. Erhöhungen und Verminderungen von Wertminderungen werden dabei erfolgswirksam erfasst. Ein häufiger Transfer zwischen den Stufen kann zu erhöhter Ergebnisvolatilität führen, weshalb die Transferkriterien durchdacht gewählt werden sollten.

Grafik 6: erwarteter Verlustmultiplikator bei einem Transfer von Stufe 1 zu Stufe 215

0

10

20

30

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Erw

arte

ter

Ver

lust

mu

ltip

likat

or

Jahre

AA A BB B IG Non-IG

Die Grafik veranschaulicht die Veränderung des erwarteten Verlusts bei einem Transfer von Stufe 1 zu Stufe 2. Bei einer BB-gerateten Obligation mit einer Restlaufzeit von 7 Jahren würde bei einem Transfer von einem über 12 Monate erwar-teten Verlust (Stufe 1) zu einem erwarteten Verlust über die verbleibende Restlaufzeit (Stufe 2) die Wertminderung um ungefähr den Multiplikator 10 zunehmen.

3.1.2.2 Vereinfachtes Verfahren (Simplified Approach)Das vereinfachte Verfahren stellt vor allem für Industrieun-ternehmen für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ein valables Verfahren dar. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind in der Regel kurzfristiger Natur und enthal-ten demzufolge keine wesentliche Zinskomponente. Die

Kurzfristigkeit der Forderungen (in der Regel sind Forderun-gen in weniger als 12 Monaten fällig) führt dazu, dass der erwartete Verlust für die nächsten 12 Monate dem erwarte-ten Verlust der Restlaufzeit der Forderung entspricht und somit ein Transfer von Stufe 1 zu Stufe 2 nicht relevant ist. Für alle nicht überfälligen Forderungen ohne wesentliche Finanzierungskomponente wird somit der erwartete Verlust für die Restlaufzeit der Forderung berechnet.16 Für Forderun-gen aus Lieferung und Leistung und sonstigen Vermögens-werten aus Transaktionen im Regelungsbereich von IFRS 15, welche eine wesentliche Finanzierungskomponente aufwei-sen, sowie für Leasingforderungen kann ein Unternehmen das vereinfachte oder das generelle Verfahren in den Rech-nungslegungsgrundsätzen festlegen.

14 IFRS 9 B5.5.23.15 KPMG (Matthias Degen), IFRS Update for Financial Service, Oktober 2014.16 IFRS 9.BC5.222.

Dies soll am unten stehenden Beispiel erläutert werden:

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

17

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3.1.3 Ansätze zur Berechnung der Wertminderung IFRS 9 Finanzinstrumente gibt keine konkrete Berechnungs-methode zur Festlegung des erwarteten Verlusts vor. Die Berechnungsmethode kann auch je nach Finanzinstrumenttyp unterschiedlich sein. Der Standard stellt gewisse Anforderun-gen an die Berechnung des erwarteten Verlusts. Dieser soll:

• ein unvoreingenommener, wahrscheinlichkeitsgewichteter Betrag sein,

• welcher den Zeitwert des Geldes reflektiert und, • basierend auf allen verfügbaren Daten über vergangene

Ausfallereignisse, aktuelle wirtschaftliche Gegebenheiten sowie Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Verhältnisse und Ereignisse, welche ohne unangemessenen Kosten- und Zeitaufwand beschafft werden können, berechnet wird.17

Zur Verdeutlichung der oben genannten Anforderungen dient das folgende Beispiel: Unternehmen A hat eine Forderung im Betrag von CHF 1000 ausstehend, welche in 3 Monaten zur Zahlung fällig wird. Unternehmen A erwartet, dass:

• eine 1%ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Forde-rung nicht beglichen wird,

• eine 99%ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Forde-rung in vollem Umfang beglichen wird.

Unternehmen A setzt demzufolge eine Wertberichtigung an im Umfang des erwarteten Verlusts von: CHF 1000 × 1 % + CHF 0 × 99 % = CHF 10

Der Zeitwert des Geldes wird hier vernachlässigt, da es sich um eine kurzfristige Forderung handelt.

Wahrscheinlichkeitsgewichtete Summe der erwarteten Verluste.

Wahrscheinlichkeitsgewichtete Summe erwarteter Cashflowausfälle.

Jahr i: zukünftige Ausfallwahr-scheinlichkeit

Jahr i-1: kumulierte Ausfallwahrschein-lichkeit

GefährdeterCashflow in Jahr i

Jahr i: zukünftiger erwarteter Verlust

Erwarteter Verlust: Näherungswertmittels geschätzter (Portfolio-)Ausfallraten.

Jahr T: kumulierte Ausfallrate

Durchschnittlich gefährdete Positionen

Ansatz 1 – «Ausfallrate» Ansatz 2 – «Erwarteter Verlust» Ansatz 3 – «Cashflow»

Grafik 7: Berechnungsmethoden18

WobeiEL = Expected Loss der erwartete Verlust istLR = Loss-Rate die Ausfallrate istPD = Probability-of-Default die Ausfallwahrscheinlichkeit istLGD = Loss-given Default die Verlustquote bei einem Ausfall istEAD = Exposure-at-Default die erwartete Kredithöhe zum Zeitpunkt des Ausfalls ist

17 IFRS 9.5.5.17.18 KPMG (Matthias Degen), IFRS Update for Financial Service, Oktober 2014.

Basierend auf Diskussionen mit Kreditrisikospezialisten, sind unter anderem folgende Formeln und Berechnungsmethoden denkbar:

18

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Grafik 8: Berechnung: Wertminderung anhand einer Wertberichtigungstabelle19

Der Standard erlaubt in der Implementation-Guidance als Vereinfachung die Anwendung einer Wertberichtigungsta-belle (Provision-Matrix) für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (siehe Ansatz 1 oben). Bei der Wertberichti-gungstabelle wird am Bilanzstichtag der erwartete Verlust

über die Restlaufzeit als pauschaler Prozentsatz in Abhängig-keit von der Dauer der Überfälligkeit bestimmt, z. B. 0,3 % Ausfallwahrscheinlichkeit bei nichtüberfälligen Forderungen, 1,6 % bei zwischen 1 und 30 Tagen über-fälligen Forderungen usw.

Die Ausfallwahrscheinlichkeiten werden aufgrund histori-scher Daten ermittelt, müssen aber am Bilanzstichtag anhand von aktuellen Informationen und Erwartungen angepasst werden.

Buchwert(A)

Erwartete Verlustrate für die Restlaufzeit der Forderungen (B)

Wertminderung(A × B)

Nicht überfällig CHF 15’000’000 0,30 % CHF 45’000

Seit 1 bis 30 Tagen überfällig CHF 7’500’000 1,60 % CHF 120’000

Seit 31 bis 60 Tagen überfällig CHF 4’000’000 3,60 % CHF 144’000

Seit 61 bis 90 Tagen überfällig CHF 2’500’000 6,60 % CHF 165’000

> 90 Tage überfällig CHF 1’000’000 10,60 % CHF 106’000

CHF 30’000’000 CHF 580’000

3.2AnwendungbeiIndustrieunternehmenEs könnte zwar aufgrund der Komplexität des neuen Wert-minderungsmodells der Verdacht aufkommen, dass nur Banken bzw. Finanzinstitute, welche bereits über ein kom-plexes Credit-Loss-Modell mit PD, LGD und EAD verfügen, vom neuen Wertminderungsmodell betroffen sind. Industrie-unternehmen sind jedoch vom neuen Wertminderungsmo-dell ebenfalls betroffen. Neben Forderungen aus Lieferun-gen und Leistungen sind auch Bankguthaben, langfristige Darlehen oder Obligationenanlagen tangiert. Es gilt aber, den richtigen Umfang an Aufwand für die Implementierung zu betreiben. Der Standard erwartet nicht, dass ein Industrie unternehmen trotz der geringeren Komplexität im Kreditrisikobereich ein Credit-Loss-Modell ähnlich dem der Banken einführt.

3.2.1 Forderungen aus Lieferungen und LeistungenBei der Umsetzung des neuen Wertminderungsmodells wird bei Industrieunternehmen das vereinfachte Verfahren intensiv diskutiert. In diesem Zusammenhang wird auch die Wertberichtigungstabelle als valabler Ansatz erachtet. Mit der Einführung von IFRS 9 Finanzinstrumente muss aber bereits eine Wertminderung zum Zeitpunkt der Einbu-chung der Forderung erfasst werden, und es wird nicht bis zum Zeitpunkt gewartet, bei dem die Forderung überfällig

ist. Die Berechnung des erwarteten Verlusts stellt Industrie-unternehmen vor einige Herausforderungen. Dabei sind insbesondere die nachfolgenden Themen zu beachten.

Ermittlung bzw. Erhebung historischer Ausfalldaten:IFRS 9 Finanzinstrumente verlangt, dass zur Ermittlung des erwarteten Verlusts zuverlässige, belegbare und überprüf-bare Informationen über historische Ausfallereignisse, aktuelle wirtschaftliche Verhältnisse sowie Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Verhältnisse und Ereignisse herangezogen werden. Die unternehmenseigenen histori-schen Ausfalldaten bilden die primäre Informationsquelle und die Grundlage zur Ermittlung des erwarteten Verlusts. Bei der Erhebung der Ausfalldaten teilt das Unternehmen die Forderung in geeignete Portfolios auf, sodass die Forde-rungen innerhalb des Portfolios die gleichen oder ähnliche Kreditcharakteristiken aufweisen. Als Ausgangspunkt kann hierzu die bereits in IFRS 720 geforderte Offenlegung der Kreditkonzentration der Forderungen dienen. Dabei werden Forderungen häufig nach Geografie, Industrie oder Kreditra-ting der Gegenpartei aufgeteilt.

19 IFRS 9 IE74 ff.20 IFRS 7 (2007) IG 18.

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

19

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Wenn das Unternehmen nur ungenügende eigene Informa-tionen zu Ausfallereignissen hat, so können externe Infor-mationen herangezogen werden, beispielsweise Marktaus-falldaten eines externen Providers. Weitere Möglichkeiten wären die Verwendung eines externen Ratings der Gegen-partei der Forderungen, implizierte historische Ausfallraten für die Ratingkategorie oder die Anwendung von vorhande-nen Credit-Default-Spread-Informationen.

Die historischen Ausfalldaten sind durch Informationen zu aktuellen Gegebenheiten sowie durch Prognosen zukünfti-ger wirtschaftlicher Verhältnisse anzureichern.

Einbeziehung von Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Verhältnisse (Forward-looking Information)In die Prognose zukünftiger wirtschaftlicher Verhältnisse sind makroökonomische Informationen miteinzubeziehen, inso-fern diese einen Einfluss auf die wirtschaftlichen Verhält-nisse haben. Als makroökonomische Daten gelten beispiels-weise die Arbeitslosenquote, das Zinsniveau, Rohstoffpreise etc. Diese stellen unseres Erachtens die grösste Herausfor-derung für Industrieunternehmen dar. Industrieunternehmen verfügen in der Regel über keine eigene volkswirtschaftliche Abteilung, und auch hier gilt es, Kosten-Nutzen-Überlegun-gen bei der Implementierung einfliessen zu lassen.

3.2.2 BankguthabenIn Diskussionen mit Unternehmen bezüglich der Ermittlung der Wertminderung auf Bankguthaben ist die am häufigsten genannte Antwort, dass das Unternehmen nur mit Invest-ment-Grade-Banken eine Bankbeziehung unterhält und dass kein Ausfall erwartet werden muss. Leider besteht auch hier keine Ausnahme im Standard, und für Bankguthaben ist das generelle Wertminderungsmodell anzuwenden. Es wird aber angenommen, dass die Wertminderung auf Bankguthaben gering ist, da Bankguthaben in der Regel auf Sicht kündbar sind.

Da für Bankguthaben das generelle Wertminderungsmodell anzuwenden ist, muss ein Industrieunternehmen trotzdem die Kreditwürdigkeit seines Bankenpartners verfolgen, um bei einer signifikanten Erhöhung des Ausfallrisikos die notwendigen Offenlegungen machen zu können.

3.2.3 ObligationenFür börsenkotierte Obligationen besteht in der Regel ein externes, durch Ratingagenturen vergebenes Kreditrating. Es gilt zu beachten, dass die relativ einfach zu ermittelnden historischen Ausfallwahrscheinlichkeiten, welche diesen externen Ratings zugeordnet werden, signifikant von den aktuellen Credit-Default-Spreads oder Bond-Spreads abwei-chen können. Eine wohl aussagekräftigere, aber auch aufwandintensivere Variante zur Ermittlung der Ausfallwahr-scheinlichkeit wäre die Anwendung von Credit-Default- Spreads oder Bond-Spreads. Im Weiteren müsste dann noch der Ausfall (z. B. 40 % des Nominalwertes) bei einem Default für den einzelnen Titel oder pro Portfolio festgelegt werden.

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IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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4Hedge- Accounting

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4.1 AllgemeinerÜberblick• Cash-Instrumente können als Sicherungsinstrumente

eingesetzt werden.• Der Zeitwert einer Option sowie die Terminkomponente

eines Forwards können aus der Hedge-Beziehung ausge-schlossen und als Kosten der Absicherung bilanziert werden. Dies bedeutet, dass diese Komponenten vorübergehend im sonstigen Gesamtergebnis (Eigenkapi-tal) erfasst werden und entweder zum Zeitpunkt der Transaktion oder über die Laufzeit der Absicherung in die Erfolgsrechnung überführt werden.

Wirksamkeitstest (Hedge-Effectiveness-Test)Der Wirksamkeitstest gemäss IAS 39 wurde in der Vergan-genheit heftig kritisiert. Aufgrund dieser Kritik wurden die folgenden Anpassungen vorgenommen:

• Der Wirksamkeitstest wird nur noch prospektiv vorge-nommen und qualitativ erfolgen, wenn die hohe Wirksam-keit ohne quantitative Berechnung nachgewiesen werden kann.

• Die in IAS 39 bestehende Bandbreite von 80 bis 125 % für den Nachweis der Mindestwirksamkeit wird durch einen qualitativen Test ersetzt. Der qualitative Test soll den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem abgesi-cherten Grundgeschäft und dem Sicherungsinstrument prüfen sowie sicherstellen, dass die Auswirkungen der Veränderung des Kreditrisikos nicht so signifikant sind, dass sie die Wertänderung des Grundgeschäfts oder des Sicherungsinstruments dominieren.

Fortführung und Beendigung von Sicherungsbeziehungen:

• Wird bei der Beurteilung der prospektiven Wirksamkeit, welche fortlaufend, mindestens aber am Bilanzstichtag durchgeführt wird, festgestellt, dass sich das Grundge-schäft und das Sicherungsinstrument nicht mehr in der erwarteten Relation entwickeln, so kann eine Verbesserung (Rebalancing) des Absicherungsverhältnisses erfolgen, ohne dass die Sicherungsbeziehung beendet werden muss.

• Unter IAS 39 war es möglich, Hedge-Accounting jeder-zeit freiwillig und unabhängig vom Risk Management aus rein bilanziellen Gründen zu beenden. Dies ist unter IFRS 9 Finanzinstrumente nicht mehr zulässig, obwohl Hedge-Accounting selbst optional ist. Eine Beendigung von Hedge-Accounting ist nur vorgesehen, wenn sich die Zielsetzung des Risikomanagements geändert hat oder wenn das Unternehmen feststellt, dass zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungsinstrument kein wirtschaftlicher Zusammenhang mehr besteht.

Die Vorschriften zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehun-gen unter IAS 39 wurden in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, da diese von den Anwendern als zu kom-plex und zu regelbasiert erachtet wurden. Mit der Überarbei-tung des Standards wurde nun ein prinzipienbasierter Standard geschaffen, der die buchhalterische Behandlung (Hedge-Accounting) mit den Risikomanagementaktivitäten eines Unternehmens besser in Zusammenhang bringt. Damit soll künftig die Buchhaltung abbilden, was effektiv im Risikomanagement gemacht wird – und nicht wie bis anhin das Risikomanagement aufgrund der Vorgaben der Buchhal-tung versuchen, die Risiken zu minimieren.

Die grundlegenden Anforderungen für die buchhalterische Behandlung von Sicherungsbeziehungen bleiben im IFRS 9 Finanzinstrumente unverändert bestehen. Es wird weiterhin drei Hedge-Accounting-Modelle geben:

• Fair-Value-Hedge:die Absicherung des Marktwertes von in der Bilanz bereits erfassten Finanzaktiven bzw. Finanzver-bindlichkeiten

• Cashflow-Hedge: die Absicherung von nicht in der Bilanz erfassten hochwahrscheinlichen zukünftigen Cashflows

• Netto-Investment-Hedge: die Absicherung des Netto-investments in einen Geschäftsbetrieb in Fremdwährung.

IFRS 9 Finanzinstrumente sieht insbesondere die folgenden Verbesserungen im Rahmen des Hedge-Accounting vor:

Grundgeschäft (Hedged Item)Für zusätzliche Risikoexposures kann Hedge-Accounting angewandt werden:

• Die Designation einzelner Risikokomponenten als abgesi-chertes Grundgeschäft ist unter IFRS 9 Finanzinstrumente insofern zulässig, als die Risikokomponente eigenständig identifiziert und zuverlässig bewertet werden kann.

• Nettopositionen, z. B. aus Umsatz und Kosten, können künftig abgesichert werden.

• Die Absicherung von aggregierten Risiken ist mit IFRS 9 Finanzinstrumente künftig möglich.

• Der Standard stellt klar, dass Eigenkapitalinstrumente, welche zum Marktwert bewertet werden, mit Marktwert-schwankungen im Eigenkapital als Grundgeschäft abgesichert werden können, auch wenn Marktwert-schwankungen nie in die Erfolgsrechnung überführt werden.

Sicherungsinstrumente (Hedging Instruments)Im Wesentlichen sind die folgenden Anpassungen im Standard erfolgt:

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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OffenlegungsanforderungenDie Offenlegungsanforderungen wurden ausgeweitet. Die Offenlegungen erfolgen entweder in einer separaten Anhangsangabe (Note) oder in einem separaten Teil der Jahresrechnung.21

Alternativen zu Hedge-AccountingMit IFRS 9 Finanzinstrumente werden neue Möglichkeiten zur buchhalterischen Erfassung von Absicherungen einge-führt, wofür kein Hedge-Accounting angewandt wird. Diese neuen Alternativen dienen dazu, den hohen Verwaltungsauf-

wand von Hedge-Accounting zu reduzieren bzw. zu minimie-ren, sodass Absicherungen künftig auch für (kleinere) Indust-rieunternehmen attraktiv werden. Insbesondere sind dabei die folgenden Alternativen zu Hedge-Accounting zu erwäh-nen:

• Fair-Value-Option für Eigenverbrauchsverträge• Absicherung des Kreditrisikos durch die Möglichkeit der

Designation von Darlehen oder Forderung zu erfolgswirk-sam zum Marktwert bewertet, wenn gleichzeitig ein Credit-Default-Swap auf den identischen Emittenten abgeschlossen wurde.

Unsere Analyse der Finanzberichte von Unternehmen, welche IFRS 9 Finanzinstrumente oder Teile davon frühzeitig anwenden, zeigt, dass wohl der Hauptgrund für die frühzei-tige Anwendung und damit die wesentlichste Veränderung die Verbesserungen der Vorschriften rund um Hedge- Accounting sind. Die Finanzberichte der Fluggesellschaften Qantas22 und Air New Zealand23 zeigen, dass die Unterneh-men neu die Risikokomponenten absichern. Barry Callebaut sichert unter IFRS 9 Finanzinstrumente ebenfalls die Risiko-komponente des Kakaopreises in Halb- und Fertigfabrikaten sowie in Schokoladeverkaufskontrakten ab. Barry Callebaut wendet auch die Fair-Value-Option für Eigenverbrauchsver-träge (Own-Use-Exemption) an.

4.2.1 Fair-Value-Option für EigenverbrauchsverträgeEigenverbrauchsverträge umfassen Verträge über den Kauf oder Verkauf nichtfinanzieller Objekte oder Posten, welche in bar beglichen werden können. Bei den nichtfinanziellen Objekten oder Posten handelt es sich in der Regel um Rohstoffe, wie z. B. Gold, Öl, Weizen, Kakaobohnen etc. Viele Eigenverbrauchsverträge erfüllen die Anforderungen für den Nettoausgleich in bar (Net-Cash-Settlement), da die unterliegenden Rohstoffe jederzeit verkauft und somit in Geld umgewandelt werden können. IFRS 9 Finanzinstru-mente schliesst aber diese von seinem Anwendungsbereich aus, wenn die Unternehmen solche Verträge für ihren eigenen Gebrauch abschliessen, d. h. zum Zweck des physi-schen Empfangs oder der Lieferung des Rohstoffes. Diese Verträge werden in der Regel nicht bilanziert.

Unternehmen schliessen im Rahmen ihres Risikomanage-ments Derivate ab, um den Einkaufs- bzw. den Verkaufs-preis der im Unternehmen benötigten Rohstoffe abzusi-

chern. Zum Zweck des Risikomanagements werden die Rohstoffderivate sowie die Eigenverbrauchsverträge zusam-men verwaltet, und aus der Sicht des Risikomanagements besteht kein Risikoexposure mehr, bzw. die Risiken sind ausgeglichen. Aus bilanzieller Sicht besteht jedoch ein Accounting-Mismatch, denn die Rohstoffderivate sind in der Bilanz erfasst und Marktwertschwankungen werden in der Erfolgsrechnung verbucht. Die Eigenverbrauchsverträge führen erst bei Empfang oder Lieferung des Rohstoffs zu einer buchhalterischen Erfassung. Unter IAS 39 mussten die Unternehmen Hedge-Accounting anwenden, um diesen Accounting-Mismatch zu beseitigen.

Mit IFRS 9 Finanzinstrumente führt das IASB die Fair-Value-Option für Eigenverbrauchsverträge ein. Beim Abschluss des Eigenverbrauchsvertrages kann das Unternehmen die unwiderrufliche Entscheidung treffen, den Eigenverbrauchs-vertrag in der Bilanz zu erfassen und über die Laufzeit erfolgswirksam zum Marktwert zu bewerten. Diese Option steht aber nur zur Verfügung, wenn dadurch ein Accoun-ting-Mismatch beseitigt oder wesentlich verringert wird (wenn gleichzeitig mit dem Abschluss des Eigenverbrauchs-vertrags ein Rohstoffderivat zur Absicherung abgeschlossen wird).

Auf den ersten Blick scheint dies eine attraktive Verbesse-rung des Standards zu sein. Unternehmen, welche Roh-stoffe kurzfristig ein- und verkaufen, erhalten so eine Option, um das mit hohen Verwaltungskosten verbundene Hedge-Accounting zu vermeiden.

In Branchen mit langfristigen Einkaufs- und Verkaufsverträ-gen allerdings, z. B. in der Energiebranche oder auch im Gasbereich mit Verträgen von bis zu 10 oder 15 Jahren, sind oftmals keine Derivate mit ähnlich langen Laufzeiten vorhan-den. An der EEX, der Energiebörse in Leipzig, können Energiederivate mit einer Laufzeit von bis zu 3 Jahren

4.2AnwendungbeiIndustrieunternehmen

21 IFRS 7 (2014) Para. 21 B.22 Qantas, Annual Report 2015, Sydney 2015, Seite 85.23 Air New Zealand, Annual Report 2015, Auckland 2015, Seite 34.

24

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gehandelt werden. Da die Fair-Value-Option nur zu Beginn des Vertrages für die gesamte Laufzeit zur Verfügung steht, scheint dies keine Option für langfristige Eigenverbrauchs-verträge.

4.2.2 RisikokomponenteUnter IAS 39 war es für Industrieunternehmen nicht möglich, einzelne Preiskomponenten eines nichtfinanziellen Objekts oder Postens abzusichern. Preise eines nichtfinanziellen Objekts oder Postens konnten nur in ihrer Gesamtheit oder hinsichtlich des Fremdwährungsrisikos abgesichert werden. Dies führte zu erheblichen Accounting-Mismatches oder Hedge-Accounting konnte nur mit sehr grossem Aufwand betrieben werden.

Diese neue Möglichkeit der Absicherung von Risikokompo-nenten wird insbesondere auch von der Airlineindustrie24 begrüsst. Die Airlineindustrie sichert in der Regel Flugzeug-treibstoff (Jet-Fuel) mit Rohöl (Crude Oil) ab. Rohöl ist ein separat identifizierbarer Bestandteil des Flugzeugtreibstoffs.

Die verbesserten Vorschriften in IFRS 9 Finanzinstrumente gestattet es nun Industrieunternehmen, separat identifizier-bare und zuverlässig bewertbare Risikokomponenten abzusi-chern. Voraussetzung ist jedoch, dass sich die Risikokompo-nente direkt im Marktwert des nichtfinanziellen Objekts oder Postens niederschlägt und somit die Marktwert-schwankung der Risikokomponente den Cashflow des nicht finanziellen Objekts oder Postens beeinflusst.

4.2.3 WirksamkeitstestEs wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass der Wirk-samkeitstest («hedge effectiveness») künftig einfacher wird. Folgende Vereinfachungen sind neu in IFRS 9 Finanzinstru-mente vorgesehen:

• Der Wirksamkeitstest ist nur noch prospektiv durchzuführen. • Die Bandbreite von 80 bis 125 % für die Wirksamkeits-

beurteilung ist nicht mehr massgebend. • Es ist fortlaufend eine Beurteilung der Wirksamkeit vorzu-

nehmen, mindestens jedoch zum Bilanzstichtag. • Der Wirksamkeitstest kann auch qualitativ durchgeführt

werden. Dabei sind die folgenden Tests durchzuführen:25 a) Entspricht die Sicherungsbeziehung noch der Zielset-

zung des Risikomanagements? b) Besteht noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang

zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungsin-strument?

c) Dominiert das Kreditrisiko (des Grundgeschäfts bzw. des Sicherungsinstruments) die Sicherungsbeziehung?

Sollte der Wirksamkeitstest ergeben, dass (a) die Zielset-zung des Risikomanagements mit der Sicherungsbeziehung nicht mehr erreicht werden kann, so ist Hedge-Accounting zu beenden.

Stellt das Unternehmen im Rahmen des Wirksamkeitstests fest, dass (b) der Marktwert des Sicherungsinstruments sich nicht mehr in der gleichen Weise wie der Marktwert des Grundgeschäfts in Bezug auf das Sicherungsverhältnis (Hedge-Ratio) verändert, so ist ein Rebalancing durchzufüh-ren. Dies bedeutet nicht, dass das Absicherungsverhältnis beendet wird, sondern dass es lediglich zu einer Anpassung der Hedge-Ratio kommt. Ein weiterer Grund für eine unwirk-same Absicherungsbeziehung kann in (c) der Veränderung der Kreditwürdigkeit einer der Absicherungsparteien liegen. Sollte die Marktwertveränderung vorwiegend auf die Verän-derung der Kreditwürdigkeit zurückzuführen sein, so müsste die Absicherungsbeziehung aufgelöst werden.

24 IATA, Airline Disclosure Guide, Hedge accounting under IFRS 9, Montreal, Quebec, Canada, 2016, Seite 6.

25 IFRS 9.6.4.1 (c).

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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Retrospektive Messung der Ineffektivität und Erfassung in Erfolgsrechnung

Veränderung der Risikomanagementziel­setzung für designierte Sicherungsbezie­hung?

1) Fortbestehen des ökonomischen Zusammenhangs zwischen Grund- geschäft und Sicherungsinstrument?

2) Werden die Wertänderungen der Sicherungsbeziehung durch das Kreditrisiko dominiert?

3) Spiegelt die Hedge-Ratio ein Ungleich-gewicht wider, aus dem Ineffektivitä-ten resultieren?

Auflösung

Effektiver Hedge

Definition der Risikomanagement­ strategie und ­zielsetzung

Identifizierung geeigneter Grund­ geschäfte und Sicherungsinstrumente

1) Besteht ein ökonomischer Zusammen-hang zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungsinstrument?

2) Werden die Wertänderungen der Sicherungsbeziehung durch das Kreditrisiko dominiert?

Basiert das Absicherungsverhältnis (Hedge­Ratio) auf den tatsächlich im Risikomanagement eingesetzten Mengen?

3) Spiegelt die Hedge-Ratio ein Ungleich-gewicht wider, aus dem Ineffektivitäten resultieren?

Formale Designation und Dokumentation

Zur Vermei­dung von Ineffektivitä­ten kann es erforderlich sein, eine andere Hedge­Ratio zu verwen­den als im Risikoma­nagement

Designationszeitpunkt Folgeperioden

Nein

Ja

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

Ja

Nein

JaNein

Grafik 9: Wirksamkeitstest26

Im Schweizer Umfeld von Industrieunternehmen stellt diese Änderung eine willkommene Verbesserung dar. In den meisten Fällen hat ein Schweizer Unternehmen Sicherungs-beziehungen, bei denen die Bedingungen des Sicherungsin-struments identisch mit denen des Grundgeschäfts sind (Critical-Terms-Match), z. B. wenn das Fremdwährungsexpo-sure des prognostizierten Verkaufs genau mit der Währung des Sicherungsinstruments sowie dem Nominalbetrag und der Fälligkeit übereinstimmt. In der Schweiz werden in der Regel Sicherungsbeziehungen mit Banken eingegangen, die ein gutes Kreditrating haben. Sollte sich die Kreditwürdigkeit einer Partei verändern, so werden Sicherheiten wie z. B. eine Depotzahlung verlangt.

26 KPMG AG, Deutschland (DPP-Update): IFRS 9.

Rebalancing

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4.2.4 AnhangangabenMit IFRS 9 Finanzinstrumente wurden die Anhangangaben zu Hedge-Accounting bedeutend ausgeweitet:

Anhangangaben IAS 39 IFRS 9

Anhangangaben

Beschreibung der eingesetzten Hedge-Arten

Beschreibung der Sicherungsinstrumente und deren Fair Values

Art des gesicherten Risikos

Besondere Angaben für Cashflow-Hedges

Ausweis der Ineffektivität, getrennt nach Hedge-Arten

Informationen über die Risikomanagementstrategie des Unternehmens und deren Umsetzung zur Steuerung von Risiken

Informationen dazu, inwiefern die angewandten Sicherungsaktivitäten die Höhe, den zeitlichen Anfall sowie die Unsicherheit zukünftiger Zahlungsströme beeinflussen

Informationen zu den Auswirkungen des Hedge-Accounting auf Bilanz, Erfolgsrechnung sowie Eigenkapitalveränderungsrechnung

Grafik 10: Anhangangaben zu Hedge-Accounting27

Besonders auffällig bei den Offenlegungsanforderungen ist die Pflicht, Informationen dazu offenzulegen, inwiefern die angewandten Siche-rungsaktivitäten die Höhe, den zeitlichen Anfall sowie die Unsicherhei-ten zukünftiger Zahlungsströme beeinflussen. Im Detail bedeutet dies, dass ein Unternehmen aufgefordert wird, das zeitliche Profil des Nominalbetrags des Sicherungsinstruments sowie den durchschnittli-chen Ausübungspreis oder Zinssatz des Sicherungsinstruments darzu-stellen. Bei Industrieunternehmen stösst diese Anforderung auf wenig Gegenliebe, stellt sie doch bei einigen Unternehmen ein Geschäftsge-heimnis dar.

27 KPMG AG, Deutschland (DPP-Update): IFRS 9.

IFRS 9 Finanzinstrumente aus der Sicht von Industrie unternehmen

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FazitIFRS 9 Finanzinstrumente ist kein industriespezifischer Standard, sondern ist sowohl von Finanzinstituten als auch von Industrieunternehmen anzuwenden. Im Fokus des IASB bei der Anpassung des Standards waren die grossen Hypo-theken- und Darlehensportfolios der Banken. Der Bereich Klassifizierung und Bewertung der Finanzinstrumente scheint gegenüber IAS 39 keine grossen Veränderungen zu bringen. Trotzdem sind Analysen des Geschäftsmodells notwendig, z. B. sollte dokumentiert werden, wie Obligatio-nen-Portfolios verwaltet und überwacht werden und wie die Performance-Messung erfolgt. Im Weiteren sollte auch identifiziert werden, welche Forderungen aus Lieferungen und Leistungen dem Factoring unterliegen und wie diese zu klassifizieren und zu bewerten sind.

Eine grössere Hürde scheint das neue Wertminderungsmo-dell zu sein. Obwohl das IASB einige Erleichterungen einge-führt hat, fehlen in Industrieunternehmen häufig die Infor-mationen zu historischen Ausfallereignissen bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, und die Anforderung, Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Verhält-nisse in die Berechnung der Wertminderung miteinzubezie-hen, führt zu Unverständnis. Dies gilt ebenso für die Auffor-derung, bei Bankguthaben gegenüber Schweizer Grossbanken und Kantonalbanken eine Wertminderung zu bestimmen.

Im Bereich Hedge-Accounting sind einige nennenswerte Neuerungen zu verzeichnen, die durchaus auch zu positiven Gefühlen gegenüber dem neuen Standard führen können. Hedge-Accounting wird endlich mit dem Risikomanagement abgestimmt. Einige der bisherigen Accounting-Mismatches können künftig mit der Absicherung von Risikokomponenten und der Fair-Value-Option für Eigenverbrauchsverträge vermieden werden. Im Schweizer Industrieumfeld sollte Hedge-Accounting auch durch die Reduktion der Verwal-tungskosten an Attraktivität gewonnen haben. Es sollte in Zukunft möglich sein, einen qualitativen Wirksamkeitstest durchzuführen, da in der Regel alle Bedingungen und Kondi-tionen zwischen dem Grundgeschäft und dem Sicherungs-instrument identisch sind.

IFRS 9 Finanzinstrumente tritt für Geschäftsjahre, beginnend am oder nach dem 1. Januar 2018, ein. Es lohnt sich bei der Einführung, Kosten-Nutzen-Überlegungen immer mit einem Blick auf eine mögliche resultierende Ergebnisvolatilität zu machen. Vorteile sollten genutzt werden, auch wenn dies im ersten Moment bedeutet, dass Anpassungen im Rech-nungswesen gemacht werden müssen, die nicht absolut notwendig sind.

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LiteraturAir New Zealand (2015): Annual Report 2015, Auckland, 2015.

Global Public Policy Committee (GPPC) (2016): The implementation of IFRS 9 impairment requirement by banks, Considerations for those charged with governance of systemically important banks, 17 Juni 2016.

IASB (2014): IFRS 9 Financial Instruments, London, Juli 2014.

IASB (2007): IFRS 7 Financial Instruments, London, Juli 2007.

IASB (2014): IFRS 7 Financial Instruments, London, Juli 2014.

IATA (2016): Airline Disclosure Guide, Hedge accounting under IFRS 9, Montreal, Quebec, Canada, 2016.

KPMG (2015/16): Insights into IFRS, KPMG’s practical guide to International Financial Reporting Standards, Volume 2, 12th Edition 2015/16, London, 2015.

KPMG AG Schweiz (Patricia Bielmann, Matthias Degen), IFRS Update for Financial Services, Oktober 2014.

KPMG AG Deutschland (DPP-Update): IFRS 9, 2014.

Qantas (2015): Annual Report 2015, Sydney, 2015.

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