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i^grP^ STAATSANWALTSCHAFT DES KANTONS ZUG BRIEFADRESSE PAKETADRESSE UND DOMIZIL Telefon: 041 728 50 00, Telefax: 041 728 50 09 POSTFACH 760 AABACHSTRASSE1 6301 ZUG 6300 ZUG Strafgericht nrn;tAr-GER:c-""•• "ANZLEI ZUG des Kantons Zug Postfach 760 U'^GANG: 2 0. FEB, 2007 6301 Zug rOGTAUrGADC: trie£ Zug, 19. Februar2007 (STA 2005/41) Sehr geehrte Frau Strafgerichtsprasidentin Sehr geehrte Mitglieder des Strafgerichts In Sachen Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Aabachstrasse 1, Postfach 760, 6301 Zug, vertreten durch Staatsanwalt Marc von Dach, gegen Daniel B. , betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug und Bevorzugung eines Giaubigers Christoph M., betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug, Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung und Bevorzugung eines Giaubigers Hans-Jürg S. , betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug, Unwahre Angaben uber kaufmannische Gewerbe, Betrugerischer Konkurs, Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung, Bevor zugung eines Giaubigers, Urkundenfaischung und Erschleichung einer falschen Beurkundung Heinz S.., betreffend Veruntreuung (ev. Betrug) und Bevorzugung eines Giaubigers Hans-Peter JEAN-MARIE W., 1

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i^grP^ STAATSANWALTSCHAFT DES KANTONS ZUG

BRIEFADRESSE PAKETADRESSE UND DOMIZIL Telefon: 041 728 50 00, Telefax: 041 728 50 09 POSTFACH 760 AABACHSTRASSE1 6301 ZUG 6300 ZUG

Strafgericht

nrn;tAr-GER:c-""•• "ANZLEI ZUG des Kantons Zug Postfach 760

U'^GANG: 2 0. FEB, 2007 6301 Zug

rOGTAUrGADC:

trie£ Zug, 19. Februar2007 (STA 2005/41)

Sehr geehrte Frau Strafgerichtsprasidentin Sehr geehrte Mitglieder des Strafgerichts

In Sachen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Aabachstrasse 1, Postfach 760, 6301 Zug, vertreten durch Staatsanwalt

Marc von Dach,

gegen

Daniel B. ,

betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug und Bevorzugung eines Giaubigers

Christoph M.,

betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug, Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung

und Bevorzugung eines Giaubigers

Hans-Jürg S. ,

betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug, Unwahre Angaben uber kaufmannische

Gewerbe, Betrugerischer Konkurs, Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung, Bevor

zugung eines Giaubigers, Urkundenfaischung und Erschleichung einer falschen Beurkundung

Heinz S..,

betreffend Veruntreuung (ev. Betrug) und Bevorzugung eines Giaubigers

Hans-Peter JEAN-MARIE W.,

betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Unwahre Angaben iiber kaufmannische Gewerbe, Betru

gerischer Konkurs, Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung, Bevorzugung eines

Giaubigers, Urkundenfaischung und Erschleichung einer falschen Beurkundung

1

Jean-Marie JEAN-MARIE W., ,

betreffend Veruntreuung (ev. Betrug), Betrug, Unwahre Angaben uber kaufmannische

Gewerbe, Betrugerischer Konkurs, Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung, Bevor

zugung eines Giaubigers, Urkundenfaischung und Erschleichung einer falschen Beurkundung

erhebe ich gemass § 37 der Strafprozessordnung (StPO)

ANKLAGE

und stelle folgende ANTRAG E:

1. Daniel B.

1.1 Daniel B. sei schuldiq zu sprechen: a) Der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu), eventualiter

des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Globo Komplex);

b) der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Dentsu Komplex);

c) des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der Dentsu Inc.; d) der mehrfachen Bevorzugung eines Giaubigers gemass Art. 167 StGB (Dentsu Inc., UBS AG).

1.2 Er sei dafiir zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten.

1 Es seien dem Beschuldigten 1/6 der Verfahrenskosten aufzuerlegen. 2 Christoph M.

2.1 Christoph M. sei schuldiq zu sprechen: a) Der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der FIFA (Globo Komplex); b) der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der FIFA (Dentsu Komplex); c) des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der Dentsu Inc. (ev. der Gehilfenschaft hierzu); d) der mehrfachen Bevorzugung eines Giaubigers gemass Art. 167 StGB (Dentsu Inc., UBS AG);

e) der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensverminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex), ev. der Gehilfenschaft hierzu.

2

2.2 Er sei dafur zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 3 Tagen.

1 Es seien dem Beschuldigten 1/6 der Verfahrenskosten aufzuerlegen. 2 Hans-Jura S.

3.1 Hans-Jürg S. sei vom Vorwurf der Falschbeurkundung gemass Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB hinsichtlich der Depositenbescheinigung betreffend die ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG freizusprechen.

3.2 Hans-Jürg S. sei schuldiq zu sprechen: a) Der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der FIFA (Globo Komplex); b) der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der FIFA (Dentsu Komplex); c) des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der Dentsu Inc.; d) der mehrfachen Bevorzugung eines Giaubigers gemass Art. 167 StGB (Dentsu Inc., UBS AG); e) der mehrfachen Erschleichung einer Falschbeurkundung Art. 253 Abs. 1 StGB und der mehrfachen unwahren Angaben iiber kaufmannische Gewerbe gemass Art. 152 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG; f) der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensverminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex);

g) des betriigerischen Konkurses gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex).

3.3 Er sei dafur zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von einem Tag.

1 Es seien dem Beschuldigten 1/6 der Verfahrenskosten aufzuerlegen. 2 Heinz Schurtenberqer

4.1 Heinz S.. sei schuldiq zu sprechen: a) Der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Globo Komplex);

b) der Bevorzugung eines Giaubigers gemass Art. 167 StGB (UBS AG).

4.2 Er sei dafur zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei im Umfang von 2 Jahren aufzuschieben und die Probezeit auf 2 Jahre festzusetzen. Im Ubrigen (ein Jahr abzuglich der Untersuchungshaft von 4 Tagen) sei die Freiheitsstrafe zu vollziehen.

1 Es seien dem Beschuldigten 1/12 der Verfahrenskosten aufzuerlegen. 2 Hans-Peter JEAN-MARIE W.

5.1 Hans-Peter JEAN-MARIE W. sei vom Vorwurf der Falschbeurkundung gemass Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB hinsichtlich der Depositenbescheinigung betreffend die ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG freizusprechen.

3

5.2 Hans-Peter JEAN-MARIE W. sei schuldiq zu sprechen: a) Der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Globo Komplex); b) der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Dentsu Komplex), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Dentsu Komplex); c) der Bevorzugung eines Giaubigers gemass Art. 167 StGB (UBS AG); d) der mehrfachen Erschleichung einer Falschbeurkundung gemass Art. 253 Abs. 1 StGB und der mehrfachen unwahren Angaben uber kaufmannische Gewerbe gemass Art. 152 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG; e) der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensverminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB, ev. der Gehilfenschaft hierzu (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex);

f) des betrugerischen Konkurses gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB, ev. der Gehilfenschaft hierzu (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex).

5.3 Er sei dafiir zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei im Umfang von 2 Jahren aufzuschieben und die Probezeit auf 2 Jahre festzusetzen. Im Ubrigen (ein Jahr abzuglich der Untersuchungshaft von einem Tag) sei die Freiheitsstrafe zu vollziehen.

1 Es seien dem Beschuldigten 1/6 der Verfahrenskosten sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung aufzuerlegen. 2 Jean Marie W.

6.1 Jean Marie W. sei vom Vorwurf der Falschbeurkundung gemass Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB hinsichtlich der Depositenbescheinigung betreffend die ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG freizusprechen.

6.2 Jean Marie W. sei schuldiq zu sprechen: a) Der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) z.N. der FIFA (Globo Komplex); b) der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB z.N. der FIFA (Dentsu Komplex), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der FIFA (Dentsu Komplex); c) des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB z.N. der Dentsu Inc.; d) der mehrfachen Bevorzugung eines Giaubigers gemass Art. 167 StGB (Dentsu Inc., UBS AG); e) der mehrfachen Erschleichung einer Falschbeurkundung gemass Art. 253 Abs. 1 StGB und der mehrfachen unwahren Angaben iiber kaufmannische Gewerbe gemass Art. 152 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG; f) der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensverminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex);

g) des betrugerischen Konkurses gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex); h) der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex).

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6.3 Er sei dafiir zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 8 Tagen.

1 Es seien dem Beschuldigten 1/6 der Verfahrenskosten aufzuerlegen. 2 Weiter

7.1 Ubliche Urteilsmitteilung.

BEGRUNDUNG:

I. EINLEITUNG / PROZESSGESCHICHTE

1. Strafanzeiqen der FIFA

1.1 Mit Eingabe vom 28. Mai 2001 erstatteten die Rechtsanwalte Dr. Thomas Sprecher und Nina J. Frei namens

und im Auftrag der Federation Internationale de Football Association (im Folgenden FIFA) Strafanzeige

gegen Dr. Hans-Jürg S., Hans-Peter JEAN-MARIE W. und Unbekannt wegen des Verdachts auf Betrug und

Veruntreuung. Mit der Anzeige wurden verschiedene Unterlagen hinterlegt (HD 2/2-HD 2/12), und es wurde

zur Begrundung im Wesentlichen u. sinngemass Folgendes ausgefuhrt (HD 2/1):

1.2. Am 26. Mai 1998 habe die FIFA mit der Sporis Holding AG (ISMM AG), einer international tatigen Sportvermarktungsagentur, einen Lizenzvertrag (..License Agreement") abgeschlossen, in welchem der ISMM AG die weltweiten Radio- und Fernsehubertragungsrechte der Fussballweltmeisterschaften 2002 u. 2006 mit Ausnahme von Europa und den USA ubertragen worden seien. Danach habe die ISMM AG der FIFA als Minimalentgelt fur die Verwertungsrechte der Fussballweltmeisterschaft 2002 CHF 650'000'000.-- und fiir die Fussballweltmeisterschaft 2006 CHF 750'000'000.-- zahlen mussen. Die ISMM AG sei verpflichtet gewesen, samtliche Einnahmen, die bei der Verwertung der Radio- und Femsehubertragungsrechte anfallen wurden, auf ein so genanntes Special-Account bei der Bank Nationale de Paris (BNP) in Basel einzahlen zu lassen. Von diesem Konto hatte in der Folge ein Anteil der entsprechenden Betrage zeitlich in Abschnitten von mehreren Monaten an die FIFA weitergeleitet werden mussen. Um die Zahlungsflusse kontrollieren zu konnen, habe sich die Anzeigerin ausbedungen, dass ihr BNP von alien Transaktionsbelegen eine Kopie zustelle. Die Einrichtung dieses Special Account, was ein zentraler Punkt bei den Verhandlungen gewesen sei, habe gewahrleistet, dass die FIFA taglich alle Sublizenzeinnahmen als Gutschriften und alle Belastungen habe verfolgen konnen (HD 2/1, S. 3-5).

1.3 Am 29. Juni 1998 habe die ISMM Investments AG, eine 100%ige Tochter der ISMM AG, mit der Globo Overseas Investments B.V. und der TV Globo LTDA (nachstehend Globo) einen Unterlizenzvertrag (..Agreement") geschiossen, in welchem sie die ihr seitens der FIFA ubertragenen Rechte auf Globo ubertragen habe. Im Anhang dieses Unterlizenzvertrages seien die Teilzahlungen der Lizenzgebuhren aufgefuhrt worden, die in zeitlich gestaffelten Tranchen auf das zwischen der FIFA und ISMM AG vereinbarte Special-Account zu iiberweisen gewesen waren (HD 2/1, S. 5).

1.4 Am 13. Marz 2000 sei in einer zwischen der FIFA und der ISMM AG geschlossenen Zusatzvereinbarung eine Beschleunigung der Zahlungen vereinbart worden. In Abanderung des Ursprungsvertrages sei nunmehr festgelegt worden, dass 75% der Einkunfte, welche die ISMM AG der FIFA aus der Verwertung der Radio- und Femsehubertragungsrechte schulde, direkt und ohne Verzug an die FIFA weitergeleitet und jede fallige Zahlung angezeigt werden mussten. Des Weiteren sei ein neues Special-Account bei der UBS AG Luzern vereinbart worden, auf das alle Unterlizenzzahlungen hatten erfolgen mussen (HD 2/1, S. 6).

1.5 Gemass dem Unterlizenzvertrag mit Globo habe diese am 1. Juli 2001 als Lizenzgebuhr eine weitere Tranche von US$ 66'000'000.~ auf das Special-Account einzahlen mussen, wobei 75% dieses Betrages, mithin ca. CHF 75'000'000.--, an die FIFA hatten weitergeleitet werden mussen. Tatsachlich aber habe die ISMM AG von Globo bereits im September 2000 eine Vorauszahlung des fraglichen Betrages, abzuglich eines Diskontes von US$ 6792'500.- erhalten. Grundlage dieser Zahlung sei die von Dr. S. Hans-Jürg iibersandte Rechnung der ISMM AG vom 13. September 2000 iiber US$ 59'207'500.-- gewesen. Die Rechnung habe ausdrucklich erwahnt, dass es sich bei der Zahlung um eine Vorauszahlung fiir die per 1. Juli 2001 geschuldeten US$ 66'000'000.-handle, und habe als Kontoverbindung nicht das mit der FIFA vereinbarte Special-Account, sondern ein anderes Konto bei der UBS Luzern genannt. Mit Schreiben vom

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15. September 2000 hatten S. Hans-Jürg und W. Hans-Peter Globo namens der ISMM AG erneut bestatigt, dass es sich bei der fraglichen Zahlung um eine Vorauszahlung gehandelt habe (HD 2/1, S. 6+7).

1.6 Indem ISMM AG die fraglichen US$ 59'207'500.-- nicht auf das Special-Account habe einzahlen und von diesem Betrag nicht 75% an die FIFA habe abfiihren lassen, sondern vielmehr zur Stopfung eigener Locher verwendet habe, hatten sich die Verantwortlichen der ISMM AG, vorrangig S. Hans-Jürg und W. Hans-Peter, moglicherweise des Betruges und der Veruntreuung schuldig gemacht (HD 2/1, S. 8+9).

1.7. Mit Erganzung vom 30. Mai 2001 fiihrten die Rechtsanwalte Dr. Thomas Sprecher und Nina J. Frei aus, da

die ISMM AG fixe Ausgaben in Hohe von monatlich CHF 7'000'000.~ gehabt und iiber keine Liquiditat mehr

verfiigt habe, sei sie zahlungsunfahig gewesen. Mit dem Einbehalt der der FIFA geschuldeten US$

59'207'500.-- und deren Verwendung zur Tilgung von Forderungen anderer Giaubiger hatten sich neben S.

Hans-Jürg und W. Hans-Peter auch die Mitglieder des Verwaltungsrates der ISMM, die iiber deren

Zahlungsunfahigkeit im Herbst 2000 orientiert gewesen seien, einer Glaubigerbevorzugung strafbar gemacht

(HD 2/13).

1.8 Mit Schreiben vom 27. Juni 2001 erganzten die Rechtsanwalte Dr. Thomas Sprecher und Nina J. Frei die

Strafanzeige erneut und fiihrten zur Begrundung im Wesentlichen und sinngemass folgendes aus:

1.9 Am 5. November 1999 habe die ISMM Investments AG (welche spater mit der Sporis Holding fusioniert habe und spater in ISMM AG umfirmiert worden sei) einen Unterlizenzvertrag mit der Fa. Dentsu Inc. abgeschlossen, mit welchem sie dieser gegen eine Lizenzgebuhr von mindestens CHF 220'000'000.-- die Radio- und Femsehubertragungsrechte der Fussballweltmeisterschaft 2002 fur Japan ubertragen habe (HD 2/14, S. 5).

1.10 Bereits am 10. respektive 18. November 1999 sei in zwei Zusatzvertragen vereinbart worden, dass Dentsu den Minimalbetrag von CHF 220'000'000.-- abzuglich einer Pauschale von CHF 400'000.- spatestens bis zum 30. November 1999 an die ISMM AG zu iiberweisen habe. Die erste Zusatzvereinbarung sei von B. Daniel, die zweite von B. Daniel und Schiller David unterzeichnet worden (HD 2/14, S. 5).

1.11 Am 17. November 1999 habe die ISMM AG Dentsu eine Rechnung iiber CHF 219'600'000.- mit der Bitte um Uberweisung dieses Betrages auf ein nicht mit dem Special-Account identischen Konto bei der BNP ubersandt, wobei der der FIFA aus dieser Zahlung zustehende Anteil an diese weitergeleitet worden sei, weshalb sie damals nichts Weiteres gegen die ISMM AG unternommen habe (HD 2/14, S. 6).

1.12 Am 15. September 2000 sei zwischen ISMM und Dentsu in einer von W. Jean-Marie und B. Daniel unterzeichneten Vereinbarung („Memorandum of Understanding") die Zahlungsverpflichtung von Dentsu dergestalt abgeandert worden, dass diese der ISMM AG Lizenzgebuhren von total CHF 259'600'000.- hatte bezahlen sollen, sodass abzuglich der bereits bezahlten CHF 219'600'000.- noch ein Betrag von CHF 40'000'000.~ often gewesen ware. Diese Vereinbarung sei der FIFA ebenso wenig mitgeteilt worden, wie der Umstand, dass die durch Dentsu zu leistende Zahlung nicht nur den Minimalbetrag von CHF 220'000'000.-, sondern insgesamt CHF 259'600'000.-- umfasst habe.

Die erste Tranche von CHF 15'000'000.-- habe Dentsu am 20. Oktober 2000 iiberweisen mussen; die ISMM AG habe jedoch mit Datum vom 27. September 2000 Dentsu eine Rechnung mit der Bitte um Uberweisung dieses Betrages auf ein Konto bei der UBS Luzern ubersandt, welches nicht mit dem Special-Account identisch gewesen sei. Da 75% der erhaltenen CHF 15'000'000.~ nach der zwischen der ISMM AG und der FIFA vereinbarten Zusatzvereinbarung vom 13. Marz 2000 sofort nach Zahlungseingang an die FIFA hatten weitergeleitet werden miissen, die ISMM AG die Gelder jedoch zur Tilgung sonstiger Schulden gebraucht habe, habe sie diese zweckfremd verwendet (HD 2/14, S. 7+8).

1.13 Bis zu diesem Zeitpunkt habe Dentsu somit bereits Lizenzzahlungen in Hohe von insgesamt CHF 234'600'000.~ erbracht, so dass noch ein Restbetrag von CHF 25'000'000.-- often gewesen sei.

Per 15. Dezember 2000 sei die ISL Worldwide, eine Tochtergesellschaft der ISMM, verpflichtet gewesen, der FIFA eine Bankgarantie iiber US$ 66'000'000.-- auszustellen. Da sie hierzu infolge eines Liquiditatsengpasses nicht in der Lage gewesen sei, habe sich Dentsu am 17. Januar 2001 in einem zwischen Dentsu, der ISL Worldwide und ISMM abgeschlossenen Memorandum of Understanding bereit erklart, die Erbringung dieser Bankgarantie zu ubernehmen. Um Dentsu im Falle der Inanspruchnahme der Bankgarantie schadlos zu halten, habe die ISMM AG im Gegenzug ihre noch offenen Forderungen gegen

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Dentsu in Hohe von CHF 25'000'000.- an diese verpfandet. Diese Vereinbarung sowie ein weiteres Scheiben vom 17. Januar 2001 seien auf Seiten der ISMM AG von W. Jean-Marie und M. Christoph sowie auf Seiten der ISL Worldwide von W. Jean-Marie sowie Brunner Urs unterzeichnet worden. Die Sicherheit, welche die ISMM AG gegenuber Dentsu bestellt habe, sei erfolgt, als erstere bereits zahlungsunfahig gewesen sei (HD 2/14, S. 8+9).

1.14 Mit Eingabe vom 29. Juni 2004 erklarte RA Dr. Peter C. Honegger im Namen der FIFA „in Kenntnis der

heutigen Sach- und Aktenlage das Desinteresse an einer weiteren Strafverfolgung" (HD 2/251). Mit

Verfugung vom 27. Juli 2004 verpflichtete der Untersuchungsrichter die FIFA, im Einzelnen und konkret die

Griinde fiir die Desinteresseerklarung mitzuteilen und die Ausfuhrungen schlussig zu belegen (HD 2/252).

Am 6. August 2004 erklarte RA Dr. Peter C. Honegger, dass sich die FIFA entschlossen habe, auf eine

Parteistellung im Strafverfahren zu verzichten. Sie wolle sich auf die zivilrechtlichen Fragen konzentrieren

und in diesem Rahmen ihre Schadenersatzanspruche verfolgen (HD 2/253). Nachdem der

Untersuchungsrichter hierauf dem Rechtsvertreter mitgeteilt hatte, dass die Darlegungen ungeniigend seien,

und um entsprechende Erganzung und Untermauerung der Ausfuhrungen ersucht werde (HD 2/254), teilte

der Rechtsvertreter der FIFA am 3. September 2004 sinngemass und zusammengefasst mit, dass sich die

mit Schreiben vom 29. Juni 2004 gewahlte Formulierung „in Kenntnis der heutigen Sach- und Aktenlage"

grundsatzlich nicht auf Umstande beziehe, welche fiir das Strafverfahren relevant seien. Relevant seien

vielmehr die neuen Kenntnisse der FIFA hinsichtlich der Rolle der Banken im Vorfeld des Konkurses der

ISMM/ISL Gruppe; die UBS AG sei durch die inkriminierten Vorauszahlungen massgeblich begunstigt

bzJean-Marie W. besser gestellt worden. Die Konkursmassen ISMM/ISL sowie Infront - in eigenem Recht

und als Zessionarin der FIFA - hatten deshalb eine Riickforderungsklage gegen die UBS AG vor dem

Handelsgericht Zurich angestrengt. Das Interesse der FIFA an diesem Zivilprozess sei heute hoher als das

Interesse am Strafprozess. Dies gelte umso mehr, als seit Einreichung der Strafanzeige mehr als drei Jahre

vergangen seien (HD 2/255).

1 Auf Grund zusatzlicher Erkenntnisse dehnte das Untesuchungsrichteramt das Verfahren von Amtes wegen auf weitere Sachverhalte aus (vgl. nachstehend Ziffer II. Sachverhalt, Ziffer 10-15). 2 Verfahrensqana

Die Strafuntersuchung wurde auf Grund der erwahnten Anzeige am 29. Mai 2001 gegen Hans-Jürg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. eroffnet und Untersuchungsrichterin S. Anlauf zugeteilt. Nachdem erste Erhebungen und Einvernahmen durchgefuhrt waren, wurde Th. Hildbrand zum ausserordentlichen Untersuchungsrichter ernannt und im April 2002 mit dem Verfahren betraut. Nach der Abnahme von weiteren Beweisen musste die Unter

^ suchung auf Daniel B., Christoph M., Heinz S.. und Jean-Marie JEAN-MARIE W. ausgedehnt werden. Die drei

Letztgenannten wurden im November 2002 vorubergehend in Haft genommen (D 2/B/1, D 2/B/3, D

2/B/5). Auf Grund eines Ausstandsbegehrens von Jean-Marie JEAN-MARIE W. ruhte das

Verfahren von Dezember 2002 bis Marz 2003 (D 2/L/2/1 ff.).

Wahrend der Untersuchung wurden den Beschuldigtenvertretern verschiedentlich Aktenstiicke in Kopie zugestellt (D 2/A/1/6, D 2/A/1/8, D 2/A/1/14, D 2/A/1/41, D 2/A/1/42, D 2/A/1/49), mehrmals unter Hinweis auf den Untersuchungsgegenstand Teilakteneinsicht gewahrt und jeweils - wie auch im Anschluss an die durchgefuhrten Schlusseinvernahmen - die Moglichkeit zur Stellung von Aktenerganzungsbegehren gegeben (D 2/A/1/26, D 2/A/1/44, D 2/A/1/66). Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Rechtsanwalte die Moglichkeit hatten, in samtliche Akten, welche der Uberweisungsverfugung zu Grunde gelegt sind, Einsicht zu nehmen (betreffend Nachgang zu dieser Verfugung

£ vgl. nachfolgende Ziff. 4). Das Gesuch von Hans-Peter JEAN-MARIE W. um nochmalige Einsicht in einen Teil

der Akten, welche wahrend des Verfahrens often standen, wurde rechtskraftig abgewiesen (D

2/A/5).

7

3. Untersuchunqshandlunqen

3.1 Beschlaanahmunaen

Bei alien Beschuldigten (mit Ausnahme von Daniel B.) wurden im Rahmen von Hausdurchsuchungen Unterlagen beschlagnahmt (D 2/C und 2 D). Christoph M., bei welchem lediglich ein Lohnausweis sichergestellt werden konnte, stellte der Untersuchungsbehorde nach seiner Haftentlassung verschiedene Unterlagen zur Einsicht zur Verfugung (D 2/A/2/8), welche teilweise zu den Akten genommen wurden (D 16/3 und D 16/4). Alle Beschlagnahmungsverfiigungen blieben unangefochten.

3.2 Editionen

Die Bankunterlagen wurden mehrheitlich im Rahmen von Editionsverfahren zur Untersuchung

genommen (D 5). Die UBS AG hinterlegte zusatzlich und unaufgefordert verschiedene Dokumente (D

5/124/17 ff.). Ebenfalls im Rahmen von Herausgabeverfahren wurden von der Revisionsstelle der ISMM

Gruppe (KPMG Fides Luzern) Unterlagen zu den Akten gereicht oder durch die Untersuchungsbehorde

bei ihr erhoben (D 6). Editionsverfahren wurden auch gegeniiber der PriceWaterhouse Coopers AG (D

19) und der KPMG Fides im Zusammenhang mit der Wahmehmung der Kontrollrechte durch die FIFA (D

20) sowie der Infront WM AG (D 21) im Zusammenhang mit den Nachfolgevertragen durchgefuhrt. Alle

Editionsverfiigungen blieben unangefochten.

3.3 Geschaftsakten betreffend Gesellschaften der ISMM Gruppe

3.3.1 Im Zeitpunkt der Eroffnung des Strafverfahrens war der Konkurs uber die ISMM AG und der ISL Worldwide bereits eroffnet. Die Geschaftsakten der konkursiten Gesellschaften befanden sich im Gewahrsam des Konkursamtes bzJean-Marie W. der ausseramtlichen Konkursverwaltung (Ernst&Young AG, Basel), weshalb auf eine Beschlagnahme dieser Akten verzichtet werden musste1 (vgl. auch D 2/F/15). Diesbeziigliche Unterlagen wurden im Rahmen von Ersuchen entweder im Original oder in Kopie zu den Untersuchungsakten genommen (exemplarisch: D 2/F/15). Die ausseramtliche Konkursverwaltung wurde mit Schreiben vom 24. Mai 2002 ersucht, ohne das Einverstandnis der Untersuchungsbehorde keine Akten an Dritte auszuhandigen. Bei einer allfalligen Akteneinsicht durch Dritte hat sie zudem sicherzustellen, dass keine Akten abhanden kommen. Die Ernst&Young AG wurde in diesem Zusammenhang auf den Tatbestand der Begiinstigung hingewiesen (D 2/F/2: Ziffer 1 und 3).

Die Gesellschaftsakten der ISMM Gruppe wurden im Rahmen des Konkursverfahrens in

Archivschachtein abgelegt und inventarisiert. Der Ausdruck der Archiv Datenbank (fiinf Ordner) wurde am

11. Juni 2003 zu den Akten genommen (D 2/F/39, 8/A/1-8/A/2284). Dadurch wurde der gezielte Zugriff

auf die in 2284 Schachteln abgelegten Ordner und zum Teil losen Unterlagen erleichtert. Die

Inventarisierung der Akten konnte jedoch nicht daruber hinwegtauschen, dass die urspriingliche Ablage

der Unterlagen durch die fur die jeweilige Gesellschaft tatigen Personen mit wenig System und

dementsprechend unubersichtlich erfolgte.

3.3.2 Die Privatklagerin, welche auf Grund der Teilrevision der Zuger StPO ab 2003 die Stellung einer Auskunftsperson hatte, wurde in der Regel mittels Ersuchen (exemplarisch: HD 2/56), jedoch auch mit Editionsverfiigungen zur Mitwirkung aufgefordert (exemplarisch: HD 2/132). Auf Grund ihrer Desinteresseerklarung hatte sie ab dem 29. Juni 2004 die prozessuale Stellung einer Anzeigerin (HD 2/251).

8

1

Robert Hauser/Erhard Schweri, Schweizerisches Strafprozessrecht, 5. A., Basel 2002, 316, N 15

3.4 Einvemahmen

Die Beschuldigten hatten die Moglichkeit, an alien Einvemahmen teilzunehmen (vgl. die nachfolgenden Einschrankungen: Ziffer 3.5).

3.5 Rechtshilfeverfahren

3.5.1 Die Zeugen Harayuki Takahashi und Tsuruda Tomoharu (Dentsu Inc.) sowie Marcelo Campos Pinto

(Globo Ltd.) wurden am 26. August und 2. September 2002 einvernommen (D 3/25 - 27), mithin bevor das

Verfahren auf Daniel B., Christoph M., Heinz S.. und Jean-Marie JEAN-MARIE W. ausgedehnt werden

musste. In Beachtung der sich aus Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ergebenden Garantien wurde die nochmalige

Einvernahme der Zeugen Marcelo Campos Pinto und Harayuki Takahashi in der Schweiz ins Auge gefasst.

Da die Einvemahmetermine nicht innert nutzlicher Frist vereinbart werden konnten (D 2/K/12 ff. und insb. D

2/K/25, D 2/K/29), wurden entsprechende Rechtshilfeverfahren angestrengt (D 2/G/14 ff. und D 2/G/51ff.:

Brasilien und Japan). Auf eine nochmalige Einvernahme von Tsuruda Tomoharu wurde verzichtet. Indes

wurde von Amtes wegen die rechtshilfeweise Einvernahme des Zeugen Fernando Viegas in die Wege

geleitet (D 2/G/14 ff.: Brasilien). Die Fragen, welche den Rechtshilfebehorden zugestellt wurden, gingen

vorgangig mit der Moglichkeit zur Einreichung von Erganzungsfragen an die Vertreter der Beschuldigten (D

2/A/1/15). Innert den gesetzten Fristen gingen keine Erganzungsfragen ein (D 2/A/1-2/A/6).

3.5.2 Mit Entscheid vom 9. April 2004 entsprach die 15. Strafkammer des Landgerichtes Tokyo dem

Rechtshilfeersuchen um Vernehmung des Zeugen Harayuki Takahashi. Das mit der Sache befasste Gericht

gestattete die Anwesenheit des Untersuchungsrichters und der Verteidiger der Beschuldigten. Der Antrag

des Untersuchungsrichters, auch die Beschuldigten zur Einvernahme zuzulassen, wurde abgewiesen (D

2/G/202: Deutsche Ubersetzung des Entscheides). Die Einzelheiten betreffend den Ablauf der Einvernahme

wurden den Rechtsanwalten am 24. Juni 2004 schriftlich mitgeteilt (D 2/A/1/53). Die Vernehmung wurde am

20. Juli 2004 durch die ersuchte Behorde in Anwesenheit von Rechtsanwalt Dr. Hans Baumgartner

(Rechtsanwalt von Jean-Marie JEAN-MARIE W.) und Untersuchungsrichter Th. Hildbrand sowie der von der

schweizerischen Untersuchungsbehorde bestellten Dolmetscherin Ikuko Soeshima-Anders durchgefuhrt (D

3/63: Deutsche Ubersetzung des Einvemahmeprotokolls). Die ubrigen Beschuldigtenvertreter verzichteten

ausdriicklich auf die Teilnahme an der Zeugeneinvernahme (D 2/A//1/51, D 2/A/2/87, D 2/A/3/58, D 2/A/4/72,

D 2/A/5/75). RA Baumgartner stellte keine Erganzungsfragen.

3.5.3 Marcelo Campos Pinto wurde am 14. Dezember 2004 in Rio de Janeiro einvernommen, wobei zur

Verfahrensabwicklung auf das bereits unter Ziff. 2.5.2 Gesagte verwiesen werden kann. Beizufugen ist

allerdings, dass die brasilianischen Behorden die Anwesenheit der Beschuldigten gestatteten. Das

diesbeziigliche Recht wurde aber nicht ausgeiibt. Den bei der Vernehmung nicht anwaltlich vertretenen

Beschuldigten wurde zu ihrer Interessenwahrung eine ortliche Verbeistandung bestellt. Die Vernehmung

wurde in Anwesenheit von Rechtsanwalt Dr. Hans Baumgartner (Rechtsanwalt von Jean-Marie JEAN-

MARIE W.) und Untersuchungsrichter Th. Hildbrand sowie der von einer durch die brasilianischen Behorden

bestellten Dolmetscherin durchgefuhrt. Dasselbe gilt mit Bezug auf den Zeugen Fernando Viegas, welcher

gleichentags und im Anschluss an die Einvernahme von Marcelo Campos Pinto unter Anwesenheit

derselben Personen befragt wurde. Zum Zeitpunkt der Uberweisung der Strafsache an die

Staatsanwaltschaft lagen die diesbeziiglichen Einvernahmeprotokolle noch nicht vor (vgl. hierzu die

nachfolgende Ziff. 4.2).

9

3.5.4 Mit Bezug auf die von der Aktionarsschaft geplanten IPO und ABS wurde der federfiihrenden

Gesellschaft (UBS Warburg London) auf dem Rechtshilfeweg ein Fragenkatalog zur schriftlichen

Beantwortung vorgelegt (D 2/G/5 ff.). Die Fragen wurden im Rahmen einer Zeugeneinvernahme beantwortet

(D 3/41 und D 3/42) und die im Rechtshilfeersuchen angeforderten Dokumente hinterlegt (D 22). Die

Beschuldigten reichten weder Erganzungsbegehren ein, noch wurden Einwande vorgebracht.

3.5.5 Im Zusammenhang mit dem Nunca /Sunbow Komplex wurden die liechtensteinischen Behorden um

Rechtshilfe ersucht, welche gewahrt und vollzogen wurde (D 25/1/125/1/14). Die Beschuldigten reichten

weder Erganzungsbegehren ein, noch wurden Einwande vorgebracht.

3.6 Gutachten

Am 21. Oktober 2002 wurde ein buchhalterisches Gutachten in Auftrag gegeben (D 7/A/2). Gegen die Ernennung des Experten Pascal Petrucelli gingen mehrere Beschwerden ein (D 2/L/6/1). Letztlich teilte dieser mit, dass er das Gutachten nicht erstellen wiirde, weshalb der Auftrag am 8. Juli 2003 widerrufen wurde (D 7/A/24).

Mit Verfugung vom 26. August 2003 wurde Stefan Tobler, dipl. Wirtschaftsprufer, zum Gutachter ernannt (D 7/C/13). Diese blieb unangefochten. Am 15. September 2003 wurde ihm ein detaillierter Auftrag erteilt (D 7/C/14), welcher den Beschuldigtenvertretem mit der Moglichkeit, Erganzungsfragen einzubringen, zugestellt wurde (D 2/A/1/28). Innert der gesetzten Frist gingen keine Zusatzfragen ein. Das der Untersuchungsbehorde mit Schreiben vom 30. Dezember 2003 zugestellte Gutachten (D 7/C/38) wurde den Beschuldigtenvertretem am 2. Marz 2004 mit der Moglichkeit der Einreichung allfalliger Erganzungsfragen zugestellt (D 2/A/1/42). Einzig der Verteidiger des Beschuldigten Heinz S.. unterbreitete der Untersuchungsbehorde mit Schreiben vom 23. Marz 2004 Erganzungsfragen (D 2/A/4/62). Der Antrag wurde mit Verfugung vom 6. April 2004 abgewiesen (D 2/A/4/66). Sie blieb unangefochten. Mit Schreiben vom 18. Mai 2004 wurden dem Experten von Amtes wegen verschiedene Erganzungsfragen unterbreitet (D 7/C/40), welche mit Eingabe vom 20. August 2004 beantwortet wurden (D 7/C/44). Im Rahmen der Schlussakteneinsicht wurden den Anwalten der Beschuldigten die erganzenden Ausfiihrungen des Gutachters offen gelegt und die Moglichkeit zur Stellung von Erganzungsbegehren eingeraumt (D 7/A/1/66). Davon wurde nicht Gebrauch gemacht. Die Unterlagen, welche dem Gutachten zu Grunde gelegt wurden, stammen aus den von der ausseramtlichen Konkursverwaltung archivierten Geschaftsunterlagen und den Akten der Revisionsstelle der ISMM Gruppe. Die diesbezuglichen Schriftstucke sind dem Gutachten beigelegt (D 7/D). Die Buchhaltungsunterlagen als solche bleiben bis zur Beendigung der Konkursverfahren als Sekundarakten im Gewahrsam der ausseramtlichen Konkursverwaltung. Diese wurde mit Schreiben vom 15. Januar 2004 iiber das diesbeziigliche Prozedere und unter Nennung der einschlagigen Archivkisten sowie unter Hinweis auf den Tatbestand der Begiinstigung (Art. 305 StGB) orientiert (D 7/C/39).

4. Weiteres

4.1 Am 18. Marz 2005 schloss das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug (Untersuchungsrichter lic.iur.

Thomas Hildbrand) die Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten ab und iiberwies die Akten der

Staatsanwaltschaft. Der Untersuchungsabschluss erfolgte unter dem ausdriicklichen Vorbehalt, dass

Unterlagen, welche nach Erlass der Uberweisungsverfiigung beim Untersuchungsrichteramt Zug eingehen,

der Staatsanwaltschaft nachtraglich zugestellt werden. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass allfallige damit

verbundene Untersuchungshandlungen vom Untersuchungsrichteramt Zug vorgenommen und den Parteien

in einer erganzenden Verfugung zur Kenntnis gebracht werden (vgl. Ziff. 12 der Uberweisungsverfiigung).

10

4.2 Mit Verfugung vom 7. November 2005 ubermittelte der Untersuchungsrichter im Nachgang zur

Uberweisungsverfiigung folgende Unterlagen der Staatsanwaltschaft:

Erganzte Kostennote vom 30. Juni 2005 betreffend alle Beschuldigten (HD 1/5 f.)

Unterlagen aus Rechtshilfeverfahren mit Brasilien betr. alle Beschuldigten (D 2/G/245 ff.)

Anfrage der ausseramtlichen Konkursverwaltung vom 25. Oktobewr 2005 und Folgekorrespondenz betr. alle

Beschuldigten (D 2/H/168 ff.)

Medienmitteilung mit diesbezuglicher Korrespondenz betr. alle Beschuldigten (D 2/I3 ff.)

Beschwerdeverfahren JS 2005/7, JS 2005/9, JS 2005/10 betr. alle Beschuldigten (D 2/L)

Nachfolgekorrespondenz mit Beilagen zur Editionsverfugung vom 4. November 2004 an die Credit Suisse

betr. alle Beschuldigten (D 26/119 ff.)

Editionsverfugung vom 24. August 2004 an Dr. Peter Nobel betr. alle Beschuldigten; vollstandige Unterlagen

betreffend das Beschwerdeverfahren JS 2004 73 / JS 2005/50; vollstandige Unterlagen betreffend das

Beschwerdeverfahren 1P.32/2005 (D 26/127 ff.);

Verfugung vom 14. Februar 2005 an Dr. Thomas Bauer, Basel, betr. den Beschuldigten J.M. W.; an die

Verfugung anschliessende Korrespondenz (D 27/11/1 ff.)

Da diese Unterlagen (gesammelt in einem Ordner) den Verteidigern noch nicht zur Einsicht aufgelegt wurden, verzichtet die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die vom Strafgerichtsprasidium noch zu verfiigende Akteneinsicht (§ 2 Abs. 2 Ziff. 2 StPO) auf die Einordnung in die vorbereiteten, einzelnen Dossiers. Der entsprechende Ordner wird daher separat nebst den Untersuchungsakten dem Strafgericht ubergeben.

4.3 Mit Datum vom 4. Mai 2006 ubermittelte das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug der Staatsanwaltschaft eine Aktennotiz des Untersuchungsrichters vom 1. Dezember 2005 betreffend Korrespondenz mit Herm Andrew Jennings sowie Unterlagen, welche von diesem beim Untersuchungsrichteramt Zug im Dezember 2005 / Januar 2006 eingereicht worden waren. Diese Unterlagen, in welche die Verteidiger noch keine Einsicht hatten, sind - zusammen mit einzelnen bis zur Anklageerhebung angefallenen Verfahrensakten - in einem separaten Dossier samt Verzeichnis abgelegt ("Akten Staatsanwaltschaft").

4.4 Anzumerken bleibt schliesslich, dass die Staatsanwaltschaft der grossen Auslastung wegen mit den Arbeiten im vorliegenden Fall erst anfangs 2006 beginnen konnte; die Arbeiten dauerten mit grosseren Unterbruchen rund zehn Monate.

II. SACHVERHALT

1. Einleitung

Die nachfolgende Rubrik dient als ersten Uberblick uber die zur Diskussion stehenden Vorwurfe, ohne bereits eine Schuldfeststellung zu treffen und ohne schon eine Zuordnung der Sachverhalte zu den Beschuldigten vorzunehmen. Soweit der Begriff "Verantwortliche" verwendet wird, handelt es sich um eine vereinfachte Umschreibung der Personen, die fiir die Gesellschaften tatig waren; einen Verantwortlichkeitsvorwurf beinhaltet die Umschreibung fur sich noch nicht. Der nachfolgende Text ist identisch mit demjenigen in der Uberweisungsverfiigung.

2. Vorgaben

Die ISMM (ISL) Gruppe (International Sports Media und Marketing) gehorte Ende 2000 auf dem Gebiet des Sports zu den bedeutendsten Medien- und Marketingunternehmen. Sie hatte ihre Wurzeln in der 1982 von

11

Horst Dassler gegrundeten Marketing Agentur ISL. Die Gruppe "kaufte" von den intemationalen Sportverbanden Veranstaltungsrechte ("rigths-in") und "verkaufte" diese an Sponsoren, Fernsehsender oder Lizenznehmer weiter ("rigths-out). Die verschiedenen Aktivitaten wurden unter der Dachgesellschaft ISMM AG und ihrer Tochtergesellschaften strukturiert und weltweit mittels selbstandiger Medien-, Marketing- und Dienstleistungsgesellschaften abgewickelt. Im Jahre 2000 wurde insbesondere die Spitze des Konzerns um strukturiert (Fusionen, Umfirmierungen), ohne dass das Grundkonzept der Aktivitaten verandert wurde. Die ISMM AG (vormals Sporis Holding AG) war weiterhin als Holdinggesellschaft konzipiert, welche insbesondere Beteiligungen, aber auch Rechte hielt und hauptsachlich fur die strategische Gesamtfuhrung des Unternehmens bzJean-Marie W. des Konzerns und die Wahrnehmung der Kontrollfunktionen uber samtliche Gruppengesellschaften zustandig war. Der Hauptteil des operativen Geschaftes wurde uber die ISL Worldwide abgewickelt, die insbesondere als Dienstleistungsgesellschaft vertragliche Leistungen fiir Tochtergesellschaften erbrachte.

3. Veruntreuung z.N. der FIFA (Globo Komplex)

Mit Vertrag vom 26. Mai 1998 gewahrte die Federation Internationale de Football Association (FIFA) der Sporis Holding AG mit Ausnahme von Europa und den USA das weltweite Exklusivrecht fiir die Nutzung / Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertra-gungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 und 2006. Gemass dieser Vereinbarung war die Sporis Holding AG verpflichtet, alle Entschadigungen im Zusammenhang mit den UnterlizenzvertrSgen auf ein Spezialkonto zu uberweisen bzJean-Marie W. uberweisen zu lassen. Laut Zusatzvereinbarung vom 13. Marz 2000 war der FIFA von jedem Eingang Mitteilung zu machen, damit diese die Moglichkeit hatte, die ihr zustehenden 75 % einzufordern. Sie war verpflichtet, der FIFA alle Unterlizenzvertrage vollumfanglich bekannt zu geben und ihr spatestens zwanzig Tage nach Unterzeichnung eines Unterlizenzvertrags eine Kopie davon zu ubergeben.

Am 29. Juni 1998 schloss die ISMM Investment AG, eine Tochtergesellschaft der Sporis Holding AG, mit der Globo Overseas Investment B.V. und der TV Globo LTDA einen Unterlizenzvertrag, mit welchem diesen die Rechte fur die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 fiir das Territorium Brasilien ubertragen wurden. Das Entgelt fur die Rechte betrug USD 221'000'000.- und war nach einem bestimmten Zeitplan zu uberweisen. Gemass dem Zusatz vom 17. Dezember 1998 war Globo verpflichtet, am 1. Juli 2001 einen Teil der Lizenzgebuhr, namlich USD 66'000'000.- an ihren Vertragspartner zu bezahlen.

Im Verlaufe des Sommers 2000 vereinbarten die Verantwortlichen der ISMM Gruppe mit Globo eine Zahlung, welche in der Hohe der am 1. Juli 2001 falligen Lizenzgebuhr entsprach, wobei Globo ein Diskont von USD 6'792'500.~ gewahrt wurde. Ober die Restsumme von USD 59'207'500.stellte die ISMM AG am 13. September 2000 Rechnung. Der darin als Vorauszahlung umschriebene Betrag war nicht auf das mit der FIFA vereinbarte Special-Account, sondern das Konto Nr. 248-594050.60J bei der UBS Luzern, lautend auf ISL Worldwide, zu uberweisen. Er wurde mit Valuta 18. September 2000 diesem Konto gutgeschrieben.

Entgegen den vertraglichen Bestimmungen wurde die FIFA weder iiber diesen Eingang informiert, noch wurde der Betrag in das Special-Account iiberwiesen. Der gesamte Betrag wurde innerhalb der ISMM Gruppe verwendet. Die Bereicherung entsprach 75 % des Einganges d.h. USD 44'405'625.-.

Der Schaden bestand im Zeitpunkt der vertraglichen Mitteilungspflicht in der Hohe des der FIFA aus dem Unterlizenzvertrag zustehenden Anteils, d.h. 75 % von USD 66'000'000.- bzJean-Marie W. USD 49'500'000.-. Die ISMM AG und die ISL Worldwide waren per 30. September 2000 unter Beriicksichtigung notwendiger Abschreibungen, Ruckstellungen und Wertberichtigungen uberschuldet u. illiquid. Vor diesem Hintergrund war die Vermogensposition in jedem Fall gefahrdet.

Die Beschuldigten hatten weder die Absicht, im Zeitpunkt des Zahlungseinganges den vertraglichen Verpflichtungen gegenuber der FIFA nachzukommen, noch waren sie personlich oder die ISMM AG und die ISL Worldwide in der Lage, fiir den der FIFA zustehenden Anteil Ersatz zu leisten.

Betrug z.N. der FIFA (Globo Komplex) (Eventualvorwurf)

Durch die Unterdruckung der gemass Vertragsverhaltnis von der ISMM AG offen zu legenden und vorstehend unter Ziffer 3 beschriebenen Tatsachen wurde die FIFA uber einen Umstand irregefiihrt, bei dessen Kenntnis sie die ihr zustehende Forderung hatte geltend machen konnen. Dies musste infolge Unkenntnis der Verabredung zwischen der ISMM AG bzJean-Marie W. ISL Worldwide und Globo Overseas Investment B.V. und der TV Globo LTDA unterbleiben und fuhrte vorweg bei der ISL Worldwide im Umfang des ihr auf Grund des Vertragsverhaltnisses nicht zustehenden Betrages zu einer Bereicherung von 75 % des Einganges d.h. USD 44'405'625.-.

12

Die FIFA wurde durch das Verhalten der ISMM AG im Zeitpunkt der vertraglichen Mitteilungspflicht in der Hohe des ihr zustehenden Anteils im Umfange des ihr entgangenen, vertraglich zustehenden Betrages geschadigt d.h. 75 % von USD 66'000'000.- bzJean-Marie W. USD 49'500'000.~. Die ISMM AG und die ISL Worldwide waren per 30. September 2000 unter Beriicksichtigung notwendiger Abschreibungen, Ruckstellungen und Wertberichtigungen uberschuldet und illiquid. Vor diesem Hintergrund war die Vermogensposition in jedem Fall gefahrdet. Die Beschuldigten waren sich des vorstehend beschriebenen Sachverhaltes bewusst und handelten mit der Absicht, mit den der ISMM AG bzJean-Marie W. ISL Worldwide nicht zustehenden Geldern Forderungen von Glaubigern der ISMM Gruppe zu begleichen bzJean-Marie W. begleichen zu lassen. Die FIFA hatte im Rahmen des ihr vertraglich zustehenden und ausgeubten Kontrollrechtes das ihr zumutbare unternommen, um den Irrtum zu vermeiden. Veruntreuung z.N. der FIFA (Dentsu Komplex)

Am 5. November 1999 schlossen die ISMM Investment AG, eine Tochtergesellschaft der Sporis Holding AG und die Dentsu Inc. einen Unterlizenzvertrag, mit welchem Dentsu Inc. gegen eine am 20. Dezember 1999 fallige Lizenzgebuhr im Betrage von CHF 220'000'000.~ die Radio- und Fernsehiibertragungsrechte der Fussballweltmeisterschaft 2002 fiir Japan ubertragen wurden. Dentsu Inc. war berechtigt, die Rechte in Japan zu verkaufen. Sie durfte Betrage, welche die Vertragssumme in Hohe von CHF 220'000'000.-- tiberstiegen, bis zu CHF 250'000'000.~ und somit maximal CHF 30'000'000.-- einbehalten. Die daruber hinausgehenden Betrage sollten zwischen den Parteien halftig aufgeteilt werden. Der Anteil der ISMM AG war ihr 30 Tage nach dem Endspiel der Weltmeisterschaft 2002 zu uberweisen. Am 10./18. November 1999 wurde mit zwei Zusatzen vereinbart, dass Dentsu den Minimalbetrag in Hohe von CHF 220'000'000.~ abzuglich einer Pauschale von CHF 400'000.-- spatestens bis zum 30. November 1999 an die ISMM AG zu uberweisen habe. Am 17. November 1999 ubersandte die ISMM AG Dentsu Inc. eine Rechnung uber CHF 219'600'000.~ mit dem Ersuchen um Uberweisung dieses Betrages auf ein nicht mit dem Special-Account identischen Konto. Den Verhandlungen im Anschluss an die Unterzeichnung des Vertrages vom 5. November 1999 Rechnung tragend, wurde am 15. Dezember 1999 ein weiterer Vertrag ausgefertigt, welcher im Wesentlichen mit jenem vom 5. November 1999 identisch war. Die Lizenzgebuhr wurde jedoch auf CHF 219'600'000.- festgesetzt.

Mit einer vom 15. September 2000 datierten Zusatzvereinbarung zwischen der ISMM AG und Dentsu Inc. wurde die Zahlungsverpflichtung von Dentsu Inc. dergestalt abgeandert, dass diese der ISMM AG Lizenzgebuhren von insgesamt CHF 259'600'000.- zu bezahlen hatte, sodass abzuglich der bereits bezahlten CHF 219'600'000.~ noch ein Betrag von CHF 40'000'000.~ offen war. Mit dieser Regelung wurde das variable Profitsharing durch einen fixen Betrag ersetzt. Diese Vereinbarung wurde der FIFA entgegen den vertraglichen Bestimmungen nicht zugestellt.

Gemass Vereinbarung vom 15. September 2000 war der erste Betrag von CHF 15'000'000.~ am 20. Oktober 2000 fallig. Am 27. September 2000 stellte die ISMM AG Dentsu Inc. iiber diese Summe Rechnung. Dies mit dem Ersuchen um Uberweisung auf das Konto Nr. 248-594050.01, lautend auf ISL Worldwide, bei der UBS Luzern, welches nicht mit dem Special-Account identisch war. Die Rechnung nahm Bezug auf die Ubertragungsrechte fur die FIFA Weltmeisterschaften 2002, sowie zusatzliche FIFA Veranstaltungen. Mit Valuta 16. Oktober 2000 wurde diesem Konto ein Betrag von CHF 15'000'000.- gutgeschrieben. Entgegen den vertraglichen Bestimmungen wurde die FIFA weder uber diesen Eingang informiert, noch wurde der Betrag in das Special-Account iiberwiesen.

Der gesamte Betrag wurde innerhalb der ISMM Gruppe verwendet. Die Bereicherung entsprach 75 % des Einganges d.h. CHF 11'250'000.--. Der Schaden bestand im Zeitpunkt der vertraglichen Mitteilungspflicht in der Hohe des der FIFA aus dem Unterlizenzvertrag zustehenden Anteils, welcher 75 % des Einganges d.h. CHF 11'250'000.-- entsprach. Die ISMM AG und die ISL Worldwide waren per 16. Oktober 2000 unter Berucksichtigung notwendiger Abschreibungen, Ruckstellungen und Wertberichtigungen uberschuldet und illiquid. Vor diesem Hintergrund war die Vermogensposition bzJean-Marie W. 75 % des Einganges in jedem Fall gefahrdet.

Die Beschuldigten hatten weder die Absicht im Zeitpunkt des Zahlungseinganges den vertraglichen Verpflichtungen gegenuber der FIFA nachzukommen, noch waren sie personlich oder die ISMM AG und die ISL Worldwide in der Lage, fur den der FIFA zustehenden Anteil Ersatz zu leisten.

Betrug z.N. der FIFA (Dentsu Komplex) (Eventualvorwurf)

Durch die Unterdruckung der gemass Vertragsverhaltnis von der ISMM AG offen zu legenden und vorstehend unter Ziffer 2 beschriebenen Tatsachen wurde die FIFA iiber einen Umstand irregefiihrt, bei dessen Kenntnis sie die ihr zustehende Forderung hatte geltend machen konnen. Dies musste infolge Unkenntnis der Verabredung zwischen der ISMM AG und Dentsu Inc. unterbleiben und fCihrte vorweg bei der ISL Worldwide im Umfang des ihr auf Grund des Vertragsverhaltnisses nicht zustehenden Betrages zu einer Bereicherung von CHF 11'250'000.~.

Die FIFA wurde durch das Verhalten der ISMM AG im Zeitpunkt der vertraglichen Mitteilungspflicht in der Hohe des ihr zustehenden Anteils bzJean-Marie W. im Umfange des ihr entgangenen, vertraglich zustehenden Betrages geschadigt, d.h. 75 % des Einganges bzJean-Marie W. CHF

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H'250'000.-. Die ISMM AG und die ISL Worldwide waren per 16. Oktober 2000 unter Beriicksichtigung notwendiger Abschreibungen, Ruckstellungen und Wertberichtigungen uberschuldet und illiquid. Vor diesem Hintergrund war die Vermogensposition der FIFA in jedem Fall gefahrdet. Die Beschuldigten waren sich des vorstehend beschriebenen Sachverhaltes bewusst und handelten mit der Absicht, mit den der ISMM AG bzJean-Marie W. ISL Worldwide nicht zustehenden Geldern Forderungen von Glaubigern der ISMM Gruppe zu begleichen. Die FIFA hatte im Rahmen des ihr vertraglich zustehenden und ausgeubten Kontrollrechtes das ihr zumutbare unternommen, um den Irrtum zu vermeiden.

7. Betrug z.N. der Dentsu Inc.

Mit Vertrag vom 12. Dezember 1997 ubertrug die FIFA der ISL Marketing AG die Nutzung ihrer Marketinginteressen im Zusammenhang mit den Fussballweltmeisterschaften 2002 und 2006, sowie betreffend zusatzlicher Events. Die am 15. Dezember 2001 aus diesem Vertrag falligen CHF 60'000'000.- und CHF 6'000'000.~ waren per 15. Dezember 2000 mit einer Bankgarantie abzusichern. Die ISL Worldwide, welche zu diesem Zeitpunkt uberschuldet und illiquid war, konnte dieser Verpflichtung nicht nachkommen, weshalb sie sich zwecks einer allfalligen Ubernahme der Verpflichtung an die Dentsu Inc. wandte. Seit vielen Jahren eine enge geschaftliche Beziehung zur ISMM Gruppe unterhaltend, besass sie schon 1987 49 % der ISL Marketing Aktien. Mit Verein-barung vom 29. November 1995 verkaufte Dentsu Inc. 39 % der Aktien an die ISMM Gruppe zuruck, womit sie letztlich eine Beteiligung von 10 % an der ISL Worldwide, der LOFA Establishment und der Sri Ltd. London hielt.

Die Verhandlungen zwischen der ISMM Gruppe und der Dentsu Inc. betreffend das Stellen einer Bankgarantie fanden in einem engen Zeitfenster statt, da die FIFA mit Bezug auf die Stellung der Garantie lediglich eine Fristverlangerung bis zum 17. Januar 2001 gewahrt hatte. Zwei der Be-dingungen der Dentsu Inc. zur Stellung der Bankgarantie waren eine Garantieerklarung der ISMM AG im Sinne einer Haftungserklarung und der allfallige Verzicht auf die Geltendmachung der Restforderung von CHF 25'000'000.- aus dem zwischen der ISMM AG und der Dentsu Inc. am 15. September 2000 abgeschlossenen Memorandum of Understanding. Die ISMM AG, welche nicht nur die Garantierklarung, sondern auch die Verpfandung von Forderungen aus Vertragen mit wie-teren Lizenznehmern anbot, legte zwar auf Anfrage von Dentsu Inc. offen, dass sie mit Bezug auf diese Vertrage nur einen Anspruch von 25 % der Vertragssumme hatte, verschwieg jedoch dieses Faktum mit Bezug auf den Restbetrag aus dem Memorandum of Understanding vom 15. September 2000.

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Mit Vereinbarung vom 17. Januar 2001 erklarte sich Dentsu Inc. bereit, die Garantie zu stellen. Zur Absicherung der Forderungen, welche Dentsu aus der Vereinbarung vom 17. Januar 2001 ent-stehen konnten, wurde ihr durch die ISMM AG eine Haftungserklarung abgegeben und eine Sicherheit im Sinne eines bedingten Forderungsverzichts bzJean-Marie W. einer Forderungsverpfandung gewahrt.

Auf der Grundlage des Vertrages vom 26. Mai 1998 standen der FIFA CHF 30'000'000.~ und der ISMM AG CHF 10'000'000.- der insgesamt CHF 40'000'000.- zu. Die ISMM AG war im Zeitpunkt der Haftungserklarung uberschuldet und illiquid. Es war der ISMM AG untersagt, Leistungen und Anspriiche aus den Unterlizenzvertragen zu verpfanden, ausgenommen zum Zwecke der Finanzierung der ausstehenden Bankgarantie. Dentsu Inc. bzJean-Marie W. ."The Dai-ichi Kangyo Bank" leistete am 17. Januar 2001 in Unkenntnis dieser Umstande die Bankgarantie fiber CHF 66'000'000.~, wodurch die ISL Worldwide in diesem Umfang bereichert wurde. Die Bankgarantie wurde von der FIFA in Anspruch genommen. Dentsu Inc. machte im Rahmen des Konkurs-verfahrens betreffend die ISL Worldwide und die ISMM AG einen Schaden bzJean-Marie W. Betrag von CHF 71'016'000.- geltend. Die Beschuldigten waren sich des vorstehend beschriebenen Sachverhaltes bewusst. Ebenso, dass die Haftungserklarung vor dem Hintergrund der finanziellen Situation bedeutungslos war und dass nicht iiber die Restforderung verfugt werden durfte. Dentsu Inc. hatte durch das Anfordem von Informationen und Unterlagen gegenuber ihrem langjahrigen Geschaftspartner das ihr zumutbare unternommen, um den Irrtum zu vermeiden.

8. Bevorzugung eines Giaubigers (Dentsu Inc.)

Mit Vertrag vom 12. Dezember 1997 iibertrug die FIFA der ISL Marketing AG die Nutzung ihrer Marketinginteressen im Zusammenhang mit den Fussballweltmeisterschaften 2002 und 2006, sowie betreffend zusatzlicher Events. Die am 15. Dezember 2001 aus diesem Vertrag falligen CHF 60'000'000.- und CHF 6'000'000.~ waren per 15. Dezember 2000 mit einer Bankgarantie abzusichern. Die ISL Worldwide konnte dieser Verpflichtung nicht nachkommen, weshalb sie mit Dentsu Inc. Verhandlungen iiber die Stellung einer solchen Garantie aufnahm. Mit Vereinbarung vom 17. Januar 2001 erklarte sich die Dentsu Inc. bereit, die Garantie zu stellen. Zur Absicherung der Forderungen, welche Dentsu aus der Vereinbarung vom 17. Januar 2001 entstehen konnten und letztlich auch entstanden, wurde ihr durch die ISMM AG und die ISL

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Worldwide eine Sicherheit im Sinne eines bedingten Forderungsverzichts bzJean-Marie W. einer Forderungsverpfandung gewahrt. Bei der Forderung handelte es sich um eine Restforderung im Betrage von CHF 25'000'000.~ aus der Vereinbarung vom 15. September 2000, gemass welcher Dentsu Inc. verpflichtet war, der ISMM AG noch folgende Betrage zu bezahlen:

1 September 2001 CHF 15'000'000.2 Juli 2002 CHF 1O'OOO'OOO.-

Es war der ISMM AG untersagt, Leistungen und Anspruche aus den Unterlizenzvertragen zu verpfanden, ausgenommen zum Zwecke der Finanzierung der ausstehenden Bankgarantie. Die ISMM AG war am 17. Januar 2001 und somit im Zeitpunkt der "Pfandbestellung" uberschuldet und illiquid. Durch die vertraglich unzulassige und ohne Pflicht erfolgte "Pfandbestellung" wurde die Chance der Befriedigung von Dentsu Inc. erhoht und jene der anderen Giaubiger der ISMM AG und ISL Worldwide vermindert. Die Beschuldigten nahmen dies mindestens in Kauf und hatten Kenntnis davon, dass sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide nicht in der Lage waren, in diesem Zeitpunkt alle Glaubigerforderungen begleichen zu konnen. Am 21. Mai 2001 wurde iiber die ISMM AG und die ISL Worldwide der Konkurs eroffnet.

9. Bevorzugung eines Giaubigers (UBS AG)

Die Sporis Holding AG, ISMM Investments AG, ISL Marketing AG und die ISL Tennis Marketing AG schlossen am 13. Juli 1999 mit der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA [heute: BNP Paribas Private Bank (Switzerland) SA] einen Kreditvertrag uber CHF 277'000'000.-. Im Rahmen dieses Kontokorrentkredites war es der Kreditnehmerin erlaubt, fur laufende Bedurfnisse kurzfristig iiber eine Limite von CHF 20'000'000.~ zu verfugen. Diese Kreditlimite war am 31. Dezember 2002 fallig.

Das Konto Nr. 248-594050.60 J bei der UBS AG Luzern, lautend auf ISL Worldwide, wies am 14. September 2000 einen Negativsaldo von USD 38'578'164.06 auf. Mit Valuta 18. September 2000 wurden dem Konto auf Grund einer Uberweisung der Globo Overseas Investment B.V. USD 59'207'500.~ gutgeschrieben. Per 18. September 2000 d.h. nach Eingang der Globo Uberweisung, bestand mit Bezug auf die Swing Line von CHF 20'000'000.- eine Nettoposition bzJean-Marie W. ein Haben-Saldo von 9'494'138.-, womit vollumfanglich uber die Kreditlimite verfiigt werden konnte. Die Nettoposition beriicksichtigte samtliche Konten der am Pool angeschlossenen Gesellschaften der ISMM Gruppe. Das Konto Nr. 248-594050.01 P bei der UBS AG Luzern, lautend auf ISL Worldwide, wies am 13. Oktober 2000 einen Negativsaldo von CHF 23'925'967.77 auf. Mit Valuta 16. Oktober 2000 wurden dem Konto auf Grund einer Uberweisung der Dentsu Inc. CHF 15'000'000.- gutgeschrieben. Per 16. Oktober 2000, d.h. nach Eingang der Dentsu Uberweisung, konnte im Rahmen der Swing Line von CHF 20'000'000.~ netto uber CHF 6'540'798.73 verfiigt werden. Die ISMM AG und die ISL Worldwide waren sowohl im September als auch im Oktober 2000 uberschuldet und illiquid. Durch die Zufliisse von USD 59'207'500.- und CHF 15'000'000.~ wurde eine nicht fallige Forderung der UBS AG beglichen und diese bevorzugt befriedigt, bzJean-Marie W. wurden die Chancen der Befriedigung der anderen Giaubiger der ISMM AG und ISL Worldwide vermindert. Zwar bestand vorweg die Absicht, die Swing Line wieder benutzen zu konnen, es wurde jedoch mindestens die Bevorzugung der UBS AG in Kauf genommen. Die Bechuldigten hatten Kenntnis davon, dass sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide nicht in der Lage waren, in diesem Zeitpunkt alle Glaubigerforderungen begleichen zu konnen. Am 21. Mai 2001 wurde uber die ISMM AG und die ISL Worldwide der Konkurs eroffnet.

10. Falschbeurkundung hinsichtlich der Depositenbescheinigungen betreffend die ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG

Durch die Depositenbescheinigungen der UBS AG Luzern vom 26. und 28. Februar 2001 wurde im Rahmen der Grundung der ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG tatsachenwidrig zum Ausdruck gebracht, dass das Aktienkapital in Hohe von je CHF 100'000.~ den Gesellschaften als Eigenmittelzufluss zur freien Verfugung stehe. Das Aktienkapital wurde am 26. und 27. Februar 2001 von der ISL Worldwide an die Gesellschaften in Grundung iiberwiesen. Die Grundungen erfolgten am 27. Februar (ISL Hospitality AG) und 6. Marz 2001 [ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG]. Das Kapital floss am 21. Marz 2001 wieder an die ISL Worldwide zuruck. Sowohl die ISMM AG und die ISL Worldwide, als auch die ISL International AG waren bereits per 31. Dezember 2000 und im Zeitpunkt der Grundung d.h. am 27. Februar und 6. Marz 2001 uberschuldet. Die neu gegrundeten Gesellschaften waren nie operativ tatig. Am 22. Juni 2001 wurde uber sie der Konkurs eroffnet und das Verfahren mangels Aktiven eingestellt.

Die Beschuldigten wussten im Zeitpunkt der Grundung der Gesellschaften bzJean-Marie W. im Zeitpunkt des Erstellens der Bescheinigung, dass das Aktienkapital den Gesellschaften nur zum Schein, d.h. zur formellen Grundung zur Verfugung stand und danach wieder an die ISL Worldwide

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zuruck fliessen wiirde, um damit Verbindlichkeiten der ISL Worldwide und anderer Gruppengesellschaften zu decken. Sie wussten, dass der als Darlehen deklarierte Riickfluss ungesichert erfolgte, die Darlehensforderungen vor dem Hintergrund der finanziellen Rahmenbedingungen der Darlehensgeberin als Nonvaleur betrachtet werden mussten und somit gar nicht die Absicht haben konnten, das Aktienkapital gemass den Bescheinigungen der UBS den zeichnungsberechtigten Organen zur freien Verfugung zu iiberlassen. Der unrechtmassige Vorteil bestand darin, gegenuber Dritten vorgeben zu konnen, dass die Gesellschaften frei iiber das Aktienkapital verftigen konnten bzJean-Marie W. dass das Aktienkapital zu 100 % liberiert sei.

11. Unwahre Angaben iiber kaufmannische Gewerbe, Erschleichung von Falschbe-urkundungen im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG

Durch die Beibringung der Depositenbescheinigung der UBS AG Luzern vom 26. und 28. Februar 2001 und den Erklarungen vor dem offentlichen Notaren Urs Neuenschwander wurde im Rahmen der Grundung der ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG, tatsachenwidrig zum Ausdruck gebracht, dass das Aktienkapital in Hohe von je CHF 100'000.~ als Eigenmittelzufluss zur freien Verfugung der Gesellschaften stehe. Der Notar, welcher davon keine Kenntnis hatte, wurde somit uber den wahren Sachverhalt getauscht. Als Folge der Tauschung verurkundete er eine falsche Tatsache.

Durch die nachfolgenden Eintragungen in das Handelsregister wurden falsche Registereintrage erwirkt, womit weitere Falschbeurkundungen erschlichen wurden und durch die nachfolgenden amtlichen Publikationen wurden die unwahren Angaben offentlich bekannt gemacht.

12. Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung (ISMM AG/Nunca Stiftung /Sunbow S.A. Komplex)

Am 17. Dezember 1998 errichtete die Shelter Trust Anstalt Vaduz unter dem Namen Nunca eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht. Das Stiftungskapital betrug CHF50'000.~ und als Mitglieder des Stiftungsrats mit Kollektivzeichnungsrecht zu zweien wurden Veit Frommelt, Christoph P. M., Pierre L., Woog und Hans-Jürg S. bestellt. Statutarischer Zweck der Stiftung war die Anlage und Verwaltung des Stiftungsvermogens sowie die Verteilung der Reinertrage und des Stiftungsvermogens an bestimmte oder bestimmbare Begiinstigte. Gemass den Beistatuten vom 18. Dezember 1998 waren Suzanne Dassler, Adolphe Dassler und die Greenvale Limited, Nassau/Bahamas die Erstbegunstigten der Stiftung. Die Verwaltung der Stiftung und ihre Vertretung wurden vom Stiftungsrat wahrgenommen. Am 17. November 2003 wurde die Stiftung aufgehoben und ihre Rechtspersonlichkeit als erloschen erklart. Bereits am 1. Dezember 1997 war

auf den British Virgin Islands die Sunbow S.A. gegrundet worden. Ihr Aktienkapital betrug USD 1000.--, war in 100 Aktien eingeteilt und wurden vorerst von Hans-Jürg S. gehalten. Am 8. Februar 1999 iibertrug er samtliche Aktien auf die Nunca Stiftung, welche von Veit Frommelt und Christoph M. vertreten wurde. Obwohl weder die Nunca Stiftung noch die Sunbow S.A. in den Organigrammen der ISMM Gruppe aufgefiihrt wurden, noch in die konsolidierten Bilanzen Eingang fanden, handelte es sich bei der Nunca Stiftung um eine "Tochtergesellschaft" der ISMM AG - in jedem Fall um eine wirtschaftliche Geschaftseinheit der ISMM Gruppe bzJean-Marie W. der ISMM AG.

Am 3. Mai 1999 erteilte die Sporis Holding AG, vertreten durch Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. der BNP Banque Nationale de Paris (Suisse) S.A. einen Vergutungsauftrag uber CHF 36'130'220.05. Der Betrag wurde dem Konto Nr. 68,528-8.0001, lautend auf Sporis Holding AG, mit Valuta 27. Mai 1999 belastet und mit gleicher Valuta dem CHF Konto Nr. 193.223.31, lautend auf Sunbow S.A., bei der LGT Bank in Liechtenstein gutgeschrieben. Diese Transaktion wurde sowohl bei der Sporis Holding AG als auch bei der Sunbow S.A. unter Rechteerwerbskosten verbucht. Zwischen dem 23. Juni 1999 und dem 15. Januar 2001 wurde der von der Sporis Holding AG uberwiesene Betrag zuzuglich aufgelaufene Zinsen und abzuglich Bankspesen bis auf einen Betrag von CHF 2'134.90 folgendermassen verwendet:

Gewahrung eines Darlehens der Sunbow S.A. an die ISMM AG uber CHF 18'000'000.--: Die Sunbow S.A. iiberwies am 6. Juni 2000 CHF 15'000'000.~ an die ISL Marketing AG und am 27. Juli 2000 CHF 3'000'000.- an die ISL Worldwide.

Nachdem das Darlehen von der Sunbow S.A. auf die Nunca Stiftung ubertragen war, verzich tete diese am 18. Januar 2001 auf ihre Darlehensforderung in Hohe von CHF 17'000'000.--.

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Am 11. Oktober 2000 uberwiesen die ISMM AG und am 8. Januar 2001 die ISL Worldwide je CHF 50O000.-- auf das Konto der Sunbow S.A.. Es handelte sich dabei um die Riickzahlung des nicht vom Forderungsverzicht betroffenen Darlehens.

Am 15. Dezember 1999 wurden CHF 10O'OOO.-- und am 28. November 2000 CHF 90'000.- an Jean-Marie JEAN-MARIE W., am 19. Januar 2000 CHF 799750.-- an Merrill Lynch, am 29. Marz 2000 CHF 125'035.-- an die Sporis Holding AG und am 27. und 31. Juli 2000 CHF 33'600.~ und CHF 33'532.~ an die ISL Worldwide uberwiesen.

Fur die Verwaltung der Sunbow S.A. wurden CHF 18'887.05 verwendet.

CHF 18'198'310.-- wurden an Personen uberwiesen, die direkt oder indirekt mit Vertragen, welche die ISMM Gruppe abschloss, in Zusammenhang standen.

Bei diesen als Aufwand unter Rechteerwerbskosten gebuchten Betragen handelt es sich um Vergiinstigungen bzJean-Marie W. Schmiergelder. Die Abmachungen, welche den Schmiergeldzahlungen zu Grunde liegen, sind unsittlich, die diesbeziiglichen Vertrage und Leistungen nichtig bzJean-Marie W. als nicht erbracht zu qualifizieren, womit die Vermogenswerte im Umfang von CHF 18'198'310.-unentgeltlich veraussert wurden.

In den Zeitpunkten der Uberweisung des Betrages von CHF 36'130'220.05 und der nachfolgenden Ausschiittungen drohte der ISMM AG auf Grund ihrer fixen Verpflichtungen wie beispielsweise jenen aus den ATP Vertragen und den unsicheren Einnahmen der Verfall des Vermogens und trat zunehmend bis zum Zeitpunkt der Konkurseroffnung am 21. Mai 2001 auch ein.

Die Beschuldigten waren sich der heiklen finanziellen Situation der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG bewusst und nahmen mindestens in Kauf, dass den Glaubigern durch ihr Verhalten ein Vermogensschaden zugefugt werden konnte. Am 21. Mai 2001 wurde iiber die ISMM AG der Konkurs eroffnet. 13. Bevorzugung eines Giaubigers (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex)

(Eventualvorwurf)

Im Sommer 2000 gewahrte die Sunbow S.A. der ISMM AG ein Darlehen von CHF 18'000'000.--. Dieses wurde der ISMM AG durch die Uberweisungen vom 6. Juni 2000 uber CHF 15'000'000.- an die ISL Marketing AG und vom 27. Juli 2000 iiber CHF 3'000'000.- an die ISL Worldwide zur Verfugung gestellt. Die Darlehensforderung wurde letztlich von der Sunbow S.A. auf die Nunca Stiftung ubertragen.

Am 11. Oktober 2000 uberwiesen die ISMM AG und am 8. Januar 2001 die ISL Worldwide je CHF 500'000.- auf das Konto der Sunbow S.A.. Es handelte sich dabei um Teilruckzahlungen des im Sommer 2000 gewahrten Darlehens. Die Ruckfiihrung eines Teils des Darlehens hatte von der Darlehensglaubigerin in den jeweiligen Zeitpunkten nicht beansprucht bzJean-Marie W. nicht durchgesetzt werden konnen, da die Darlehensforderung nicht fallig war und somit fiir die Zahlungen kein durchsetzbarer Rechtsgrund vorlag.

Durch die Zufliisse von je CHF 500'000.- wurde die Sunbow S.A. bzJean-Marie W. die Nunca Stiftung bevorzugt befriedigt, bzJean-Marie W. wurden die Chancen der Befriedigung der anderen Giaubiger der ISMM AG vermindert.

Die ISMM AG war per 30. September 2000 zahlungsunfahig. Die Beschuldigten wussten insbesondere auf Grund der regelmassig erstellten Cash Flow Plane und den weekly cash forecasts der Gruppe, dass die ISMM AG nicht in der Lage war, ab diesem Zeitpunkt alle Glaubigerforderungen begleichen zu konnen. Sie waren sich der Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG bewusst. Am 21. Mai 2001 wurde iiber die ISMM AG der Konkurs eroffnet.

14. Betrugerischer Konkurs (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex)

Die Sporis Holding AG uberwies am 27. Mai 1999 ab ihrem Konto Nr. 68,528-8.0001 CHF 36'130'220.05 auf das Konto Nr. 193.223.31 der Sunbow S.A.. Zwischen dem 23. Juni 1999 und dem 15. Januar 2001 wurde der von der Sporis Holding AG iiberwiesene Betrag zuzuglich aufgelaufene Zinsen und abzuglich Bankspesen bis auf einen Betrag von CHF 2'134.90 ausgeschiittet. Im Zeitpunkt der Konkurseroffnung uber die ISMM AG war auf dem Kontokorrent Nr. 193.223.31, lautend auf Sunbow S.A., noch ein Haben-Saldo von CHF 1'878.50 und auf dem Konto Nr. 01506649AA, lautend auf die Nunca Stiftung, ein solcher von CHF 36'966.-.

Weder die Nunca Stiftung noch die Sunbow S.A. wurden in den Organigrammen der ISMM Gruppe aufgefuhrt. Sie fanden auch nicht Eingang in die konsolidierten Bilanzen. Die Nunca Stiftung bzJean-Marie W. die Sunbow S.A. als Beteiligungen der ISMM AG fanden nicht Eingang in das Giiterverzeichnis, welches

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im Rahmen des Konkursverfahrens am 19. April 2001 aufgenommen wurde. Deren Vermogenswerte von insgesamt CHF 38'844.50 wurden somit verheimlicht. Am 21. Mai 2001 wurde iiber die ISMM AG der Konkurs eroffnet.

15. Veruntreuung (ISMM AG/Nunca Stiftung/Sunbow S.A. Komplex)

Die Sporis Holding uberwies am 27. Mai 1999 ab ihrem Konto Nr. 68,528-8.0001 CHF 36'130220.05 auf das Konto Nr. 193.223.31 der Sunbow S.A. Es bestand bei der Sporis Holding AG die Absicht, diese Gelder fur Schmierzahlungen an Dritte zu verwenden. Jean-Marie JEAN-MARIE W. war auf dem Konto der Sunbow S.A. zeichnungsberechtigt und liess sich am 26. November 2000 CHF 90'000.~ auf sein Privatkonto bei der UBS AG uberweisen. Diesen Betrag verwendete der Beschuldigte nicht zweckentsprechend. Der Schaden, welcher deckungsgleich mit der Bereicherung ist, besteht in der Hohe des zweckentfremdeten Betrages bzJean-Marie W. betragt CHF 90'000.~. Der Beschuldigte hatte im Zeitpunkt des Zahlungseinganges bzJean-Marie W. der Auszahlung der Gelder nicht die Absicht, diese zweckentsprechend zu verwenden.

III. UNTERSUCHUNGSERGEBNIS UND RECHTLICHE WURDIGUNG

Unabhangig des Umstandes, dass hier nachfolgend die Ermittlungsresultate teilweise verkiirzt wiedergegeben werden (um die Anklageschrift nicht unnotig zu verlangem), bezieht sich die Staatsanwaltschaft in Hinblick auf den ermittelten Sachverhalt vollumfanglich auf die Uberweisungsverfiigung vom 18. Marz 2005, die hiermit zum integrierenden Bestandteil der Anklage gemacht wird. Erganzend zur Uberweisungsverfiigung werden die Ergebnisse aus den rechtshilfeweise in Brasilien erfolgten Zeugenbefragungen kurz darzustellen sein.

A. Aspekte von aemeinsamer Bedeutung

1. ISMM (ISL) Gruppe: Struktur / Organisation / Stellung der Beschuldigten

1.1 Einleitung

Die ISMM (ISL) Gruppe (International Sports Media und Marketing) gehorte Ende 2000 auf dem Gebiet des Sports zu den bedeutendsten Medien- und Marketinguntemehmen. Sie hatte ihre Wurzeln in der 1982 von Horst Dassler gegriindeten Marketing Agentur ISL (D 8/1/7, S. 28, zu H. Dassler: D 16/4/1)2.

Nach eigenen Angaben verkaufte die Gruppe fiir die wichtigsten Sportverbande3 oder einzelne Sportvereine Medien und Marketingrechte an Grossveranstaltungen: Rundfunk-, Video- und Verwertungsrechte fiir andere elektronische Medien, Sponsoring-, Lizenz- und Merchandisingrechte sowie alle damit verbundenen Dienstleistungen. Die verschiedenen Aktivitaten wurden unter der Dachgesellschaft ISMM AG und ihrer Tochtergesellschaften strukturiert und weltweit mittels selbstandiger Medien-, Marketing- und Dienstleistungsgesellschaften abgewickelt.

Im Endeffekt kaufte die Gruppe von den internationalen Sportverbanden Veranstaltungsrechte als Generallizenz oder auf Agenturbasis („rigths-in"), entwickelte diese zu integrierten Sportmarketingkonzepten und verkaufte diese an Sponsoren, Fernsehsender oder Lizenznehmer („rigths-out) (vgl. Broschiire ..Einfiihrung in die ISMM Gruppe": D 17/1/3, zudem D 6/3/1/31, S. 1+2, und auch die diesbeziiglichen Ausfuhrungen von Jean-Marie JEAN-MARIE W.: D 3/30, Ziffer 23 / zur Auflistung der einzelnen Vertrage: D 8/3/2-8/3/70).

Die „ISL" war von der FIFA zunachst 1982 fiir die Vermarktung der Fussballweltmeisterschaft 1986 in Mexiko beauftragt worden, entwickelte sich jedoch kontinuierlich

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Bei der ISL handelt es sich um die ISL Athletics and Culture AG, welche in ISL Marketing AG und

spater in ISL Worldwide umbenannt wurde (D 4/A/2/1 ff.) / vgl. im Einzelnen die nachstehenden

Ausfuhrungen zur ISL Worldwide AG

FIFA: Internationaler Fussballverband, UEFA: Europaischer Fussballverband, ATP:

Tennisprofiverband, ITF: Internationaler Tennisverband, OCA: Olympic Council of Asia, IAAF:

Internationaler Leichtathletikverband, FIBA: Internationaler Basketballverband, CART: Championship

Auto Racing Teams und baute ihre Aktivitaten aus (D 17/1/3, S. 6). Laut Revisionsbericht vom 9. Mai 2000 beschaftigte die Gruppe 1997 weltweit 292 Leute, 1998 bereits 315 und ein Jahr spater 479 (D 6/1/19, S. 9). Gemass dem im Rahmen der Bilanzdeponierung am 28. Marz 2001 beim Kantonsgericht Zug eingereichten Sanierungsplan waren in diesem Zeitpunkt in 18 Landern rund 600 Personen fur die ISMM Gruppe tatig (D 6/3/1/31, S. 1).

Bis 1999 hatte sie vor allem in den Sportarten Leichtathletik, Tennis, Basketball, Schwimmen, Volleyball, Motorsport, US Sports verschiedene „Projekte erworben bzJean-Marie W. Rechte an bestehenden Projekten verlangert" (D 17/1/3, S. 10). Im Bereich Fussball handelte es sich um folgende Ereignisse:

FIFA Weltmeisterschaft 2002-06: TV (ausgenommen Europa) FIFA Weltmeisterschaft 2002-06: Marketing UEFA Europameisterschaften 2000 Marketing und TV und Option 2004: (ausgenommen Europa) Spanische / andere Fussball Ligen: Marketing und TV

Im Jahre 2000 wurde zwar insbesondere die Spitze der Gruppe umstrukturiert (Fusionen, Umfirmierungen), ohne dass jedoch das vorstehend umschriebene Grundkonzept der Gruppenaktivitaten verandert wurde.

Gliederunq und Darstellung einzelner verfahrensrelevanter Gesellschaften

1.2.1. Die Einordnung der Gesellschaften in das Gruppengefiige ergibt sich beispielsweise aus den Organigrammen vom 30. Juni 2000 (D 8/2/1), 31. Marz 2001 (D 4/A/1/1) und 21. Mai 2001 (Datum der Konkurseroffnung uber die ISMM AG und die ISL Worldwide / D 4/A/1/2). Die nachfolgende Darstellung orientiert sich an D 4/A/1/1.

Gruppenorqaniaramm

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Leaende zu vorstehender Darstellung

I ISMM Participations BV, Amsterdam3 ISMM Communications Irland Ltd, Dublin5 Host Broadcast Services AG (HBS) Zug7 SRI Ltd, London9 CPG Schweiz AGI I Orad HiTech Systems Ltd, Tel Aviv13 CP Brasil, Rio de Janeiro15 HBS France SAS, Paris17 ISL Football AG, Zug19 Coopyright Promotions Group (CPG),

London21 HBS Japan AG, Zug

2 IVS Holding BV, Amsterdam 4 ISMM Interactive AG, Zug 6 LOFA Establishment, Vaduz 8 ISMM Investments (UK) pic, London 10 ISMM Communications BV, Amsterdam

12

CPP Copyright Promotions Partner, Hongkong

14 HBS Asia AG, Zug

16

En Linea LLC, Santa Monica

18 Sri S.A., Brussels

20

HBS Korea, Seoul

22 ISL Holding UK Ltd., London

23 Sports Interactive AG, Zug 24 ISL Televisions Ltd., London 25 ISL Marketing UK Ltd., London 26 ISL Tennis UK Ltd., London 27 Lofa Football Establishment, Vaduz 28 Sports Interactive Tennis Ltd., London a ISL Marketing (JWC) AG, Zug b ISL Football Korea AG, Zug c ISL Marketing Espana S.A., Barcelona d Grupo ISL Marketing S.r.L., Barcelona e Challenge Int. Holding GmbH, Frankfurt f ISL United States Inc., Norwalk g World Cup 94 Marketing, Farfax h World Cup 94 Marketing Int. BV, Amsterdam I ISL Asia Pacific Ltd., Hongkong ISL do Brasil S.A., Rio de Janeiro k Latin America Soccer Inv. Ltd., Road Town ISL Football Japan AG, Zug m Sports Marketing Japan AG, Zug n ISL Marketing Korea Ltd., Seoul o Santa Monica Sports, S.r.L., Madrid P ISL Futbol S.r.L., Barcelona q Professional Sports Publ, Inc. (PSP), New York r ISMM (Soccer) Inc., Norwalk s International Football Ltd., Grand Cayman t ISL Communications BV, Amsterdam u ISL Thailand Ltd., Bangkok v ISL Futbol Argentina, Buenos Aires w Belcan Limited, Road Town X Sports Marketing Japan KK, Tokyo y Santa Monica Publicidad SA, Madrid z ISL Marketing (Deutschland) AG, Frankfurt aa Flamengo Licensiamentos S.A., Rio de Janeiro bb Gremio Marketing e Media S.A. cc ISL Marketing (JWC) AG, Branch Tokyo dd Exclusivas Publicitarias SA, Madrid ee ISL Bejing, Rep. Office, Bejing

i Christoph M. ordnete die einzelnen Unternehmen auf der Grundlage des ISMM ,* l r GroupCharts vom 31. Marz 2001 (D 4/A/1/1) den folgenden Geschaftsbereichen zu:

..Verwertuna der Marketing. TV- und Lizenzrechte" (im Chart hellgrun dargesteilter Bereich). Unter der Federfuhrung der ISL Worldwide durch die ISL Marketing AG, ISL International, ISL Productions Ltd., En Linea LLC, ISL Football AG, ISL Holding UK Ltd., Sports Interactive AG, ISL Televisions Ltd., ISL Marketing UK Ltd., ISL Tennis UK Ltd., Lofa Football Establishment, Sports Interactive Tennis Ltd..

Mit der Umsetzung in den einzelnen Landern seien die unter der ISL International aufgefuhrten lokalen Gesellschaften befasst gewesen (im Chart blau dargesteilter Bereich), namlich die ISL Hospitality AG (Zug), ISL Hospitality (Japan) AG, ISL Hospitality (Korea) AG, ISL Marketing (JWC) AG, ISL Football Korea AG, ISL Marketing Espana S.A., Grupo ISL Marketing S.r.L., Challenge Int. Holding GmbH, ISL United States Inc., World Cup 94 Marketing, World Cup 94 Marketing Int. BV, ISL Asia Pacific Ltd., ISL do Brasil S.A., Latin America Soccer Inv. Ltd., ISL Football Japan AG, Sports Marketing Japan AG, ISL Marketing Korea Ltd., Santa Monica Sports, S.r.L., ISL Futbol S.r.L., Professional Sports Publ, Inc. (PSP), ISMM (Soccer) Inc., International Football Ltd., ISL Communications BV, ISL Thailand Ltd., ISL Futbol Argentina, Belcan Limited, Sports Marketing Japan KK, Santa Monica Publicidad SA, ISL Marketing (Deutschland) AG, Flamengo Licensiamentos S.A., Gremio Marketing e Media S.A., ISL Marketing (JWC) AG, Exclusives Publicitarias SA, ISL Bejing, Rep. Office.

20

t^ , ..Research-Teil" (im Chart violett dargesteilter Bereich): SRI Ltd und Sri S.A.

..Produktion der FemsehsionaleZ-Prooramme fiir die Fussball WM 2002" (im Chart gelb dargesteilter Bereich): Host Broadcast Services AG (HBS), HBS Asia AG, HBS France SAS, HBS Korea, HBS Japan AG, Zug

(im Chart dunkelblau dargesteilter Bereich): Die ISMM Interactive AG habe sich mit den Interaktiven Rechten (vor allem Internet etc.) befasst. Die CPG-Gruppe sei auf die ..Lizenzvermarktung von Sport- und anderen Rechten" ausgerichtet und habe u.a. Lizenzrechte von der ISL Worldwide Gruppe in deren Auftrag umgesetzt. Die Orad Hitec, welche iiber die ISMM Participations B.V. gehalten worden sei, habe sich auf ..technische Applikationen von innovativen und interaktiven Anwendunoen" spezialisiert (z.B. virtuelle Bandenwerbung).

Des Weiteren gab Christoph M. an, dass allgemein der Einkauf der Marketing- und Fernsehrechte direkt von der ISL erfolgt sei, die Fernsehrechte fiir die WM 2002/2006 jedoch eine Ausnahme bilden wurden. Sie seien auf Grund der vertraglichen Abmachungen mit dem Lizenzgeber bei beiden Vertragspartnem uber die jeweilige Holdinggesellschaft erworben und dann wie iiblich in der ISL Worldwide umgesetzt worden (D 3/28, Ziffer 36, vgl. zur Struktur bzJean-Marie W. zum Konstrukt der Gruppe auch die Ausfuhrungen weiterer Beschuldigten D 3/29, Ziffer 28, D 3/30, Ziffer 22).

1.2.1.3 Die Gruppeneinheiten lassen sich wie folgt aufzeichnen (1999: D 17/1/3, S. 8):

Gruppeneinheiten

TV, Medien (Programmgestalltung, Produktion, Verkauf und Vertrieb)

Event Marketing und Sponsoring

Markenentwicklung Lizenzvermarktung und Merchandising Medien & Marketing Research

Eiektronische Werbung (Uber- und Einblendung) Internet & digitale Technologien Sport Marketing-Beratung

Hospitality Geschaftseinheiten

ISL Television

ISL Marketing

ISL Marketing ISL Licensing, CPG

Sponsorship Research International (Sri) Orad

En-Linea

Sri PRIMER Consulting

ISL Marketing Division

Media

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Event Marketing

Event Marketing Event Marketing

Media

Media Media Media

Event Marketing Standort

London, Hong, Kong, Connecticut

Luzern, Connecticut, Barcelona, Paris Luzern Luzern, London London, Briissel, Connecticut Tel Aviv

Santa Monica, Barcelona London, Connecticut, Paris Luzern

1.2.2 Verfahrensmassig interessieren vor allem Angaben zu den folgenden im Uberblick und einzein dargestellten Gesellschaften (Zeitraum: 2000 und 2001).

ISMM AG Dentsu Inc.

ISL Worldwide

ISMM InvestSporis Holding ISL Marketing ISL Properties ments AG (1) AGO) AQ(2) AG(2)

ISL International AG

ISL Hospitality AG

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wmmHSBBtmm ISL Hospitality (Japan) AG

mmmsmmmmmm ISL Hospitality (Korea) AG

(1) Mai 2000 Fusion mit Sporis Holding AG. Danach Umfirmierung in ISMM AG. (2) Mai 2000 Fusion mit ISL Properties AG. Danach Umfirmierung in ISL Worldwide.

1.2.3 ISSM AG. Zug (vormals Sporis Holding AG) (D 4/A/1)

Die Sporis Holding AG fusionierte im Mai 2000 mit der ISMM Investments AG, von welcher sie durch Universalsukzession samtliche Aktiven und das gesamte Fremdkapital iibernahm. Die Firma lautete neu ISMM AG (D 4/A/1/18).

Aktienkapital: CHF l'000'OOO.-

Zweck: Erwerb und Verwaltung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften sowie Errichtung von Tochtergesellschaften; kann Urheberrechte, Markenrechte, Patente und andere Schutzrechte sowie andere Guter kaufen, verkaufen oder benutzen und alle kommerziellen und finanziellen Transaktionen durchfiihren, die mit dem Hauptzweck in Zusammenhang stehen, sowie Grundstucke erwerben, verwalten oder verkaufen.

Samtliche im Handelsregister eingetragenen Personen zeichneten kollektiv zu zweien.

Am 21. Mai 2001 wurde der Konkurs eroffnet (KE).

Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf die Sporis Holding AG u. die ISMM AG.

Eigenschaft Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

Generaldirektor W. Jean-Marie Bis 19.06.2000 Vizedirektor W. Hans-Peter Bis 19.06.2000 Direktor S. Hans-Jürg Ab 09.02.01 bis 21.05.2001 (KE)

W. Hans-Peter Ab 19.06.00 bis 21.05.2001 (KE) President M. Christoph P. 2000 bis 21.05.2001 (KE) Vizeprasident W. Jean-Marie Ab 19.06.2000 bis 21.05.2001 (KE) Mitglied S.. Heinz 19.06.2000 bis 22.12.2000

B. Daniel Ab 19.06.2000 bis 21.05.2001 (KE) S. Hans-Jurg Bis 01.12.2000

1.2.4 ISMM Investments AG. Luzern (D 4/A/6/2)

Eigenschaft Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

President M. Christoph P. -26.06.00 (Fusion mit Sporis Holding AG) Mitglied B. Daniel -26.06.2000

S.. Heinz -26.06.2000 S. Hans-Jürg -26.06.2000 W. Jean-Marie -26.06.2000

Zur „ISMM AG im Besonderen" vgl. nachstehend Ziffer 1.2.11 1.2.5 ISL Worldwide AG. Zuo (vormals ISL Marketing AG) (D 4/A/2)

Die ISL Marketing AG4 fusionierte Im Mai 2000 mit der ISL Properties AG, von welcher sie durch Universalsukzession samtliche Aktiven und das gesamte Fremdkapital ubernahm (D 4/A/2/5). Die Firma lautete neu ISL Worldwide (D 4/A/2/12).

Aktienkapital: CHF 7'400'000.-

23

Zweck: Weltweite Ubernahme, Vermittlung und Verwertung von Marketing- und Werberechten aller Art sowie anderer Lizenzen und Medienrechte und Verwertung der Marketing- und Werberechte; kann mittels Femsehen, Radio, Zeitschriften, BCichern, Advertising, Merchandising, Franchising, Filmen, Videos, Musik, Marken, Symbolen, Maskottchen, Emblemen und mittels aller neuen Ideen auf dem Gebiete des Marketings und der Werbung erfolgen, Fernsehubertragungsrechte erwerben mit dem Zwecke, sie kommerziell zu verwerten, sowie Gesellschaften erwerben, halten und veraussern.

Samtliche im Handelsregister eingetragenen Personen zeichneten kollektiv zu zweien.

Am 21. Mai 2001 wurde der Konkurs eroffnet (KE).

Die folgenden Angaben beziehen sich auf die ISL Marketing AG und ISL Worldwide.

Eigenschaft Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag

od. SHB Datum

Generaldirektor S.. Heinz 2000

President W. Jean-Marie 2000-21.05.2001 (KE)

Mitglied S.. Heinz 2000-11.01.2001

B. Daniel 2000-21.05.2001 (KE)

W. Hans-Peter 22.12.2000-21.05.2001 (KE)

S. Hans-Jurg 2000-21.05.2001 (KE)

1.2.6 ISL Properties AG. Sarnen (D 4/A/6/13)

Funktion Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

Vizedirektor Hans-Peter JEAN-MARIE W. -09.05.2000 (Fusion mit ISL Marketing AG) President W. Jean-Marie. -09.05.2000

24

Diese ist nicht zu verwechseln mit der ISL Tennis Marketing AG, welche ab dem 15.5.2000 neu unter ISL Marketing AG firmierte (vgl. D 4/A/3 ff.)

1.2.7 ISL International AG. Zuo (D 4/A/4/1+2) Aktienkapital: CHF 200'000.-Zweck: En/verb, Halten

und Verausserung von Beteiligungen an anderen Untemeh

mungen im In- und Ausland sowie Durchfuhrung von intemationalen Handels- und

Finanztransaktionen.

Samtliche im Handelsregister eingetragenen Personen zeichneten kollektiv zu zweien.

Am 21. Mai 2001 wurde der Konkurs eroffnet.

Eigenschaft

President Mitglied Person

W. Jean-Marie S.. Heinz S. Hans-Jurg W. Hans-Peter Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

2000 - 21.05.2001 (KE) -22.12.2000 2000-21.05.2001 (KE) 22.12.00-21.05.01 (KE)

1.2.8 ISL Hospitality AG. Zuo (D 4/A/8/2) Aktienkapital: CHF 100'000.~

Zweck: Ubernahme, Vermittlung und Verwertung von Marketing- und Werberechten aller Art sowie anderer Lizenzen und Medienrechte, insbesondere im Bereich des Hospitality; kann sich an anderen Unternehmen beteiligen, Garantien zu Gunsten von verbundenen Gesellschaften gewahren sowie Grundstucke erwerben, halten und veraussern.

Samtliche im Handelsregister eingetragenen Personen zeichneten Kollektiv zu zweien.

Am 22. Juni 2001 wurde der Konkurs eroffnet.

Eigenschaft Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

President S. Hans-Jürg 28.02.2001-22.06.2001 (KE) Mitglied W. Hans-Peter 28.02.2001-22.06.2001 (KE)

1.2.9 ISL Hospitality (Japan) AG. Zuo (D 4/A/9/2)

Aktienkapital: CHF 100'000.-

Zweck: Ubernahme, Vermittlung und Verwertung von Marketing- und Werberechten aller Art sowie anderer Lizenzen und Medienrechte, insbesondere im Bereich des Hospitality in Japan; kann sich an anderen Unternehmen beteiligen, Garantien zu Gunsten von verbundenen Gesellschaften gewahren sowie Grundstucke erwerben, halten und veraussern. Samtliche im Handelsregister eingetragenen Personen zeichneten Kollektiv zu zweien.

Am 22. Juni 2001 wurde der Konkurs eroffnet.

Eigenschaft Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

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President S. Hans-Jürg 08.03.2001-22.06.2001 (KE) Mitglied W. Hans-Peter 08.03.2001-22.06.2001 (KE)

1.2.10 ISL Hospitality (Korea) AG. Zuo (D 4/A/10/2)

Aktienkapital: CHF 100'000.--

Zweck: Ubernahme, Vermittlung und Verwertung von Marketing- und Werberechten aller Art sowie anderer Lizenzen und Medienrechte, insbesondere im Bereich des Hospitality in Korea; kann sich an anderen Unternehmen beteiligen, Garantien zu Gunsten von verbundenen Gesellschaften gewahren sowie Grundstiicke erwerben, halten und veraussern.

Samtliche im Handelsregister eingetragenen Personen zeichneten Kollektiv zu zweien.

Am 22. Juni 2001 wurde der Konkurs eroffnet.

Eigenschaft Person Zeitraum gemass Tagebucheintrag od. SHB Datum

President S. Hans-Jürg 08.03.2001-22.06.2001 (KE) Mitglied W. Hans-Peter 08.03.2001-22.06.2001 (KE)

1.2.11 ISMM AG im Besonderen

Die Sporis Holding AG wurde gemass offentlicher Urkunde am 19. Dezember 1984 gegriindet (D 4/A/1/8). Die Gesellschaft bezweckte schon damals in erster Linie den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften, sowie die Errichtung von Tochtergesellschaften. Gemass ihrer Zweckbestimmung konnte sie aber auch u.a. Patente, Markenrechte und andere Schutzrechte kaufen, verkaufen oder benutzen und alle finanziellen Transaktionen durchfiihren, die mit dem Hauptzweck der Gesellschaft in Zusammenhang standen (D 4/A/1/10).

Die Familie „Dassler" d.h. Horst Dassler, Brigitte Baenkler, Inge Bente, Karin Essing und Sigrid Dassler-M., war Grunderin der Gesellschaft und hielt in diesem Zeitpunkt 996 von 1000 Aktien (D 4/A/1/8, vgl. auch die Angaben von Christoph M. D 3/28, Ziffer 2-8). Wie dem Aktienregister (Stand per 15. Juni 2000) entnommen werden kann, gab es im Verlaufe der Jahre mit Bezug auf den Aktienbestand Verschiebungen, hingegen blieb der Hauptanteil der Aktien in Familienbesitz (D 8/8/22 ff.). Gemass den mit einem Teil der Beschuldigten abgeschlossenen Optionsplanen waren diese berechtigt, Aktien der ISMM Investments AG zu erwerben (D 6/3/7/1-9). Gemass Christoph M. wurden diese im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines allfalligen Borsengangs und der Fusion der ISMM Investments AG mit der Sporis Holding umgesetzt (D 3/28, Ziffer 14, vgl. dazu die Angaben weiterer Beschuldigter: D 3/29, Ziffer 9, D 3/30, Ziffer 9, D 3/31, Ziffer 12). Der nichtdatierten Vereinbarung zwischen der ISMM AG und Daniel B., Hans Hussy, Christoph M., Jean- Marie W. und Heinz S.. kann entnommen werden, dass sich durch die erwahnte Fusion die Verpflichtung der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG auf Abgabe von Aktien der ISMM Investments AG in eine Verpflichtung auf Auszahlung einer bestimmten Summe in Abhangigkeit vom Wert ihrer eigenen Aktien wandelte. Die aus den Optionsplanen Berechtigten verzichteten dabei auf sich daraus ergebende Rechte und Anspriiche (D 17/4/14).

Zur Positionierung der ISMM AG in der Gruppe gab Christoph M. (Verwaltungsratsprasident der Sporis Holding AG / ISMM AG) an:

dass die ISMM AG die Obergesellschaft der Gruppe gewesen sei. Das bedeute einerseits, dass sie alle Beteiligungen gehalten und andererseits eine Funktion in der strategischen Gesamtfuhrung des Unternehmens wahrgenommen habe, was sich daraus zeige, dass eben neben dem Verwaltungsrat hier eine Geschaftsfuhrung angesiedelt gewesen sei. Sie sei aber nicht in Geschaftstatigkeiten und -abwicklungen einzelner Untergesellschaften involviert gewesen. Auf Befragen gab er an, dass die Sporis

26

Holding seinerzeit in dem Sinne eine Familienholding gewesen sei. Die Funktionen der strategischen Geschaftsfuhrung seien seinerzeit nicht in der Sporis Holding, sondern ganz fruher in der ISL Marketing AG, und dann - in einer Zwischenzeit bis zur schlussendlichen Fusion - in der ISMM Investments AG gewesen (vgl. D 3/45, Ziffer 1-3).

Beziiglich der Aussagen von Heinz S.., Hans-Jürg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. wird auf S. 38 der Uberweisungsverfiigung verwiesen. Diese Angaben mitberiicksichtigend kann die ISMM AG als Dach- bzJean-Marie W. Holdinggesellschaft der Gruppe bezeichnet werden, welche im Sinne der Ausfuhrungen der Befragten insb. Beteiligungen, aber auch Rechte hielt und hauptsachlich fiir die strategische Gesamtfuhrung des Unternehmens bzJean-Marie W. der Gruppe und auch die Wahrnehmung der Kontrollfunktionen iiber samtliche Gruppengesellschaften zustandig war. Der Hauptteil des operativen Geschaftes wurde iiber die ISL Worldwide abgewickelt, die ebenfalls Beteiligungen an Tochtergesellschaften hielt, welche insb. Dienstleistungen fiir die ISL Worldwide erbrachten (vgl. auch D 3/65, S. 5). Die Feststellung mit Bezug auf die ISMM AG als Holding ist in den theoretischen Ansatz einzubetten, wonach solche Gesellschaften zum „Halten von irgendwelchen Werten" da sind, meist grosseren Beteiligungen. Holdinggesellschaften im engen Sinn sind Beteiligungsgesellschaften, welche iiblicherweise an der Spitze oder in der Mitte der Konzernstruktur stehen5. Definiert man zudem den Konzern als Gesamtbetrieb, zu dem zwei oder mehrere rechtlich selbstandige Betriebe verbunden sind, indem sie Gegenstand einer dauemden und unbeschrankten Betriebsverbindung bilden6, so ist im vorliegenden Fall bei der ISMM Gruppe von Konzernstrukturen auszugehen. Dies u.a. auch deshalb, weil dann von einem Konzern die Rede ist, wenn eine Mehrheit von Gesellschaften unter einheitlicher Leitung steht7. Fiir gewisse Teilaspekte der Untersuchung ist somit die Feststellung von Bedeutung, dass es sich bei der ISMM Gruppe um einen Konzern im beschriebenen Sinn handelte. Dabei wird im Folgenden begrifflich unter Gruppe oder Konzern das Gleiche verstanden.

5

Jean Nicolas Druey, Alexander Vogel, Das Schweizerische Konzernrecht in der Praxis der Gerichte, Zurich 1999, 19

6

Peter Gauch, Der Zweigbetrieb im schweizerischen Zivilrecht, Habilitationsschrift, Zurich 1974, N 70 7

Druey, Vogel, a.a.O., 4 ff Interne Organisation der ISMM Gruppe

Gemass einer Publikation der Gruppe war das .Top-Management" direkt im „ISMM-Verwaltungsrat, dem obersten Geschaftsleitungsorgan der Gruppe", vertreten. Der Verwaltungsrat delegiere die laufende Koordination samtlicher Geschaftsbereiche der Gruppe an einen VR-Ausschuss (ExCo). Die Verantwortlichen aller ISL- Geschaftsbereiche (Worldwide Sportmedia- und Marketing Agentur), En-Linea (Sporttechnologie Firma), Sri- (Sport, Medien und Marketingberatung) und Orad- (Grafikprodukte fiir Video und TV) seien dem Leiter der ISMM-Geschaftsfiihrung (CEO) unterstellt. Auf Management Ebene (Group Management Board) werde ein Ausschuss eingesetzt, der die strategische Entwicklung der Gruppe und ihrer verschiedenen Geschaftsbereiche verfolge (Einfiihrung in die ISMM Gruppe: D 17/1/3, S. 24).

Die Untersuchung hat diesbeziiglich folgende Erkenntnisse gebracht. Die interne Organisation der Gruppe und damit auch die Kompetenzverteilung wurde im Wesentlichen durch die Statuten der Gesellschaften, die ..Organization by laws" (Organisationsreglemente) und die ..Regulations to the Organization by laws" (Geschaftsreglemente) festgelegt. Die Reglemente wurden im Jahr 2000 abgeandert, wobei deren Inkraftsetzung in zeitlicher Hinsicht nicht identisch mit den erwahnten Fusionen vom 9. Mai 2000 war. Sie erwuchsen am 1. Oktober 2000 in Kraft. Durch diese zeitliche Divergenz zwischen Fusion und Inkrafttreten neuer Reglemente entstand allerdings kein regelungsfreier Raum. Einerseits bestand gesellschaftsintern die Meinung, dass die alten Reglemente bis zum Inkrafttreten der neuen Giiltigkeit behielten (Christoph M.: D 3/28, Ziffer 39). Andrerseits leben bei der Universal-sukzession nicht nur Aktiven und Passiven weiter, sondern all das, was die Gesellschaft als

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Inhalt ausmacht. Dazu gehort auch deren Organisation, soweit sie im Rahmen der Fusion nicht abgeandert wurde8. Weiter kommen dort, wo die Gesellschaft auf die Moglichkeit selbstandiger Organisation verzichtet, Vorschriften dispositiver Natur zur Anwendung9.

Im verfahrensrelevanten Zeitraum waren folgende Reglemente in Kraft:

Bis zum 1. Oktober 2000: das Oroanisationsreolement der ISMM Investments AG vom 10. September 1998 (D 8/2/13), welches gestutzt auf Art. 15 der Statuten vom 2. Dezember 1996 (D 4/A/6/17) erlassen und vom Verwaltungsrat am 10. September 1998 genehmigt wurde (D 8/5/1, S. 6); das Geschaftsreolement der ISMM Investments AG vom 20. Oktober 1998 (D 8/2/14, vgl. auch D 3/46), welches durch Beschluss des Verwaltungsrats der ISMM Investments AG mit gleichem Datum genehmigt wurde (D 8/5/2, S. 4).

Ab dem 1. Oktober 2000: das Oroanisationsreolement der ISMM AG vom 1. Oktober 2000 (D 8/2/18), welches gestutzt auf Art. 15 der Statuten vom 9. Mai 2000 (D 4/A/1/19) erlassen wurde; das Geschaftsreolement gleichen Datums der ISMM AG, welches wie das Organisationsreglement durch Zirkularbeschliisse des Verwaltungsrats der ISMM AG genehmigt wurde (D 17/4/20).

Jurg Suter, Die Fusion von Aktiengesellschaften im Privatrecht und im Steuerrecht, Diss. Zurich 1965,

Bernhard Schulthess, Funktionen der Verwaltung einer Aktiengesellschaft, Diss. Zurich 1967, 40 Im Zusammenhang mit den nachfolgend verwendeten Begriffen Geschaftsleitung und Geschaftsfuhrung ist folgendes festzuhalten. Geschaftsfuhrung im weiteren Sinne ist der Inbegriff der auf die Verfolgung des Gesellschaftszwecks gerichteten Tatigkeit. Sie umfasst die gesamte Willensbildung, Willensbetatigung und Willensverwirklichung im Namen einer Aktiengesellschaft in kaufmannischer wie in technischer Hinsicht1 . Der Begriff Geschaftsfuhrung betrifft in diesem Sinn nicht den Verwaltungsrat als Organ der Aktiengesellschaft, sondern seine Tatigkeit in deren Interesse. M.a.JEAN-MARIE W. in dem Sinne, wie er vom OR verwendet wird (vgl. etwa Art. 715 a, Abs. 2+3, 716a, Abs. 1, Ziffer 4+5, 716b, 717, Abs. 1, 722, 731 Abs. 2 OR). Die so umschriebene Geschaftsfuhrung wird vom jeweiligen Organ wahrgenommen11. Bei der nachfolgenden Darstellung der Reglemente wird jedoch bewusst die Wortwahl der diesbezuglichen Verfasser ubernommen12.

1.3.1 Reoeluno bis zum 1. Oktober 2000

Die ISMM Gruppe hatte 4 Exekutivorgane:

„The Board" ..Chairman of the Board (and the Co-Chairman, if any)" „The Executive Committee" (VR-Ausschuss) „The Management" (Geschaftsfuhrung)"

Das Organisationsreglement halt in Ziffer 1 fest, dass der Ausdruck Gesellschaft falls im Reglement nichts anderes festgehalten sei - auch alle Tochtergesellschaften beinhalte. Tochter waren jene Gesellschaften, an denen die ISMM Investments AG eine Beteiligung von 50 % oder mehr Anteile Oder Stimmen hatte. Gestutzt auf die Untersuchung kann festgehalten werden, dass die vorstehend erwahnten - wenn auch fiir die ISMM Investments AG und ISMM AG erlassenen Reglemente - nach interner Meinung ebenfalls fur die ubrigen Gesellschaften Giiltigkeit hatten (vgl. die Aussagen von Christoph M. in D 3/45 Ziff. 60 f. sowie die Anmerkungen des Untersuchungsrichters auf S. 41 der Uberweisung).

1.3.1.1 Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat delegierte unter Vorbehalt der Statuten und des Organisationsreglements die Geschaftsfuhrung vollumfanglich an den Verwaltungsratsausschuss [Executive Committee

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(ExCo)] und das als Geschaftsfuhrung bezeichnete Management (Ziffer 2.4 Abs. 1 des Organisationsreglementes). Er behielt gemass Abs. 2 die Oberleitung, bestimmte die Mitglieder des Verwaltungsratsausschusses und uberwachte die Aktivitaten des Ausschusses und des Managements.

10 Schulthess, a.a.O., 70, vgl. auch die umfassendere Definition bei: Walter Scherrer, Die Geschaftsfuhrung und die Vertretung in den Personengesellschaften, Diss. Zurich 1964,16 Forstmoser, Meier-Hayoz, Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1999, § 28 N 109, N 149 im Zusammenhang mit dem Delegierten des Verwaltungsrates, betreffend „Direktoren (Geschaftsleitung), vgl insbesondere § 29, N 47 ff.

12 vgl. etwa Ziffer 2.4 des Organisationsreglementes vom 10. September 1998, wonach das ..management" an das ..management" delegiert wird / vgl. auch die Angaben von Heinz S.., wonach unter Geschaftsleitung und Geschaftsfuhrung das Gleiche zu verstehen sei, namlich ein Organ (D 3/44, Ziffer 45)

Der Verwaltungsrat behielt selbstredend die uniibertragbaren und unentziehbaren Aufgaben gemass Art. 716a OR

(Oberleitung der Gesellschaft und Erteilung der notigen Weisungen, Festlegung der Organisation, Ausgestaltung des Rechnungswesens, Ausgestaltung der Finanzkontrolle, Ausgestaltung der Finanzplanung, Ernennung und Abberufung der mit der Geschaftsfuhrung betrauten Personen, Oberaufsicht iiber die mit der Geschaftsfuhrung betrauten Personen [namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen], Erstellung des Geschaftsberichtes sowie Vorbereitung der Generalversammlung und die Ausfuhrung ihrer Beschlusse, Benachrichtigung des Richters im Falle der Uberschuldung)

Zudem oblag ihm gemass Ziffer 8, 9 und 10 von Ziffer 2.4 des Organisationsreglementes die Beschlussfassung iiber die nachtragliche Leistung von Einlagen auf nicht vollstandig librierten Aktien, die Beschlussfassung iiber die Feststellung von Kapitalerhohungen und daraus folgende Statutenanderungen und die Priifung der fachlichen Voraussetzungen der besonders befahigten Revisoren ftir jene Falle in welchen das Gesetz den Einsatz solcher Revisoren vorsieht.

(Vgl. zur Delegation und zu den uniibertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates auch Ziffer 1 des Geschaftsreglementes. Zusatzlich behielt der Verwaltungsrat gemass Ziffer 2.3 des Geschaftsreglementes verschiedene Kompetenzen, auf welche - soweit verfahrensnotwendig - an einschlagiger Stelle hingewiesen wird.)

Um fur die Gesellschaft Verbindlichkeit zu erlangen, bedurften gemass Geschaftsreglement u.a. folgende Angelegenheiten der vorgangigen, formellen Beschlussfassung durch den Verwaltungsrat:

Mittel- und langfristige Terminplane (unter Einschluss der Finanz-, Geschafts- und Organisationsplane) und alle wesentlichen Anderungen und Erganzungen derselben, Jahresbudgets, unter Einschluss der Finanz- und Liquiditatsplane und alle wesentlichen Anderungen oder Erganzungen derselben, Buchfiihrungsgrundsatze und - regeln sowie deren Anderungen, Ubertragung von, Verfugung uber oder freiwillige Aufgabe wesentlicher Teile der Geschaftstatigkeit oder von Vermogenswerten der Gesellschaft, soweit dies nicht in den Bereich des normalen Geschaftsgangs fiel, wie es in den genehmigten Budgets oder mittel- und langfristigen Terminplanen angegeben war, Begrundung von Sicherheiten und Garantien sowie wesentliche Anderungen derselben, davon ausgenommen solche, die in den Bereich der normalen Geschaftstatigkeit fielen und Betrage von weniger als CHF 10'000'000.--.

(Ziffer 3 des Geschaftsreglementes)

Der Genehmigung durch den Verwaltungsrat bedurften u.a. folgende Angelegenheiten:

Abschluss von Vertragen (ausgenommen solche im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Nutzung von Rechten oder Anstellungsverhaltnissen) im Rahmen des laufenden Geschaftsgangs mit einer Dauer von mehr als 48 Monaten oder wenn die Verpflichtung der Gesellschaft gesamthaft mehr als CHF 4'000'000.~ ausmachte, ausgenommen Verpflichtungen, die durch den Verwaltungsrat im Rahmen von Budgets oder andern Planen gutgeheissen wurden.

(Ziffer 4 des Geschaftsreglementes) 1.3.1.2 Verwaltungsratsprasident

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Der Prasident fiihrte u.a. den Vorsitz an den Sitzungen des Verwaltungsrates und konnte, mangels anderslautender Beschliisse, den Vorsitz auch in jedem anderen Gremium fiihren, welches integriertes Organ der Gesellschaft war (Ziffer 3.1 des Organisationsreglementes). Er war verantwortlich fur die Koordination aller Angelegenheiten auf Gruppenebene (Ziffer 3.3 des Organisationsreglementes).

1.3.1.3 Verwaltungsratsausschuss

Er bestand aus Mitgliedern des Verwaltungsrates (Ziffer 4.1 des Organisationsreglementes) und hatte die umfassende Befugnis, die Geschafte der Gesellschaft und der Tochtergesellschaften zu leiten, dies unter Vorbehalt der Statuten, des Gesetzes, der Bestimmungen des Organisationsreglementes und insbesondere der Bestimmungen des Geschaftsreglementes, welches integrierenden Bestandteil des Organisationsreglementes bildete (Ziffer 4.2 des Organisationsreglementes). Neben der Befugnis zur Geschaftsfuhrung der Gesellschaft und ihrer Tochter hatte er das Recht, die in Ziffer 2.4 des Organisationsreglementes erwahnten und dem Verwaltungsrat vorbehaltenen Angelegenheiten zu priifen und dem Verwaltungsrat Vorschlage zu machen. Insbesondere hatte er die Erarbeitung der Jahresrechnung zu uberwachen, welche der Verwaltungsrat zuhanden der Generalversammlung zu erstellen hatte, und hatte dem Verwaltungsrat Antrage zur Beschlussfassung zu stellen beziiglich Budget, mittelfristige Angelegenheiten unter Einschluss der Finanz-, Geschafts-, Organisations- und Liquiditatsplane (Ziffer 4.4 des Organisationsreglementes).

Christoph M., Heinz S.. und Hans JCirg S. erklarten bei den untersuchungsrichterlichen Befragungen, dass es sich beim Executive Committee und die Geschaftsleitung bzJean-Marie W. Konzernleitung gehandelt habe; Daniel B. widersprach dem und machte geltend, die meisten Entscheidungen seien im General Management Board getroffen worden; Hans-Peter JEAN-MARIE W. fiihrte aus, die Geschaftsleitung seien effektiv das Exco und das Management gewesen (beziiglich Einzelheiten wird auf S. 43 und 44 der Uberweisungsverfiigung verwiesen).

1.3.1.4 Management

Der Verwaltungsratsausschuss konnte die operative Geschaftsfuhrung ganz oder teilweise dem Management der Gesellschaft oder jener ihrer Tochtergesellschaften ubertragen, soweit es Gesetz, Statuten, Organisations- und Geschaftsreglement erlaubten (Ziffer 5.1 des Organisationsreglementes).

Das Executive Committee konnte in Abstimmung mit dem Verwaltungsrat eines seiner Mitglieder zum Chief Executive Officer (CEO13) emennen, welcher dem Prasidenten des Verwaltungsratsausschusses, ansonsten dem Prasidenten des Verwaltungsrates, rapportierte. Der CEO war Vorsitzender des GMB (General Managment Board oder Group Managment Board), welches sich aus andern Mitgliedern des Verwaltungsrats

Ivo JEAN-MARIE W. Hungerbuhler, Der Verwaltungsratsprasident, Diss. Zurich 2003,17, CEO = Vorsitzender der Geschaftsleitung

ausschusses und den „most senior members"14 aus dem Managment der Gesellschaften zusammensetzte und durch den Verwaltungsratsausschuss bestimmt wurde (Ziffer 5.2.2. des Organisationsreglementes).

Der CEO delegierte die Geschaftsfuhrung gemass den Funktionsplanen an die Mitglieder des Managements, deren Ernennung auf seinen Vorschlag hin und mit vorheriger Zustimmung des Verwaltungsratsausschusses erfolgte. Er war mit der Instruktion betreffend die Geschaftsfuhrung und mit der Oberaufsicht betraut (Ziffer 5.2.3 des Organisationsreglementes). Ausser dem allfalligen Co-Prasidenten (Verwaltungsrat) rapportierten die Mitglieder des Verwaltungsratsausschusses dem CEO (Ziffer 5.2.4 des Organisationsreglementes).

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Was die Aussagen von Christoph M., Hans-Jürg S., Heinz S.., Daniel B. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. zur Rolle des Managements bzJean-Marie W. GMB anbelangt, wird an dieser Stelle auf die Darstellung in der Uberweisungsverfiigung (S. 44 und 45) verwiesen.

1.3.1.5 Information

Der Verwaltungsrat hatte ein umfassendes Informationsrecht, dessen Durchsetzung detailliert geregelt war. Dieser war an jeder Sitzung durch den Prasidenten und/oder den allfalligen Co-Prasidenten sowie die Mitglieder des Verwaltungsratsausschusses iiber den laufenden Geschaftsgang und die wichtigeren Geschafte der Gesellschaft zu informieren sowie iiber alle Angelegenheiten, zu denen Beschluss zu fassen war oder die zu genehmigen waren. Zudem waren die Mitglieder des Verwaltungsrates uber alle ausserordentlichen Geschafte der Gesellschaft von Bedeutung, die einen namhaften Einfluss auf die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung der Gesellschaft ausserhalb des genehmigten Budgets oder Plane haben konnten (Ziffer 2.5 des Organisationsreglementes), mittels Zirkularschreiben unverziiglich zu informieren,.

Der Verwaltungsratsausschuss hatte dem Verwaltungsrat u.a. in folgenden Angelegenheiten Bericht zu erstatten:

iiber die Geschaftsfuhrung zu Cash-Flow-Projektionen, Garantien oder sonstige Arten von Sicherheiten, aktueller Stand laufender Verhandlungen iiber Vertrage von wesentlicher Bedeutung, zu alien sonstigen Angelegenheiten, welche der Verwaltungsrat als wichtig ansah.

(Ziffer 5 des Geschaftsreglementes)

Die Aussagen beziiglich der Frage, ob und inwieweit Themen von einer gewissen Tragweite im Verwaltungsratsausschuss (ExCo) behandelt worden sind, sind auf S. 46 f. der Uberweisungsverfiigung festgehalten, worauf hier verwiesen wird.

Bei den „most senior members" handelte es sich um die Fuhrungskrafte der wichtigsten Geschaftsbereiche bzJean-Marie W. die verschiedenen Bereichsleiter wie etwa der „Head Finance", Head Football: D 3/43, Ziffer 82, D 3/44, Ziffer 49, D 3/45, Ziffer 62, D 3/49, Ziffer 62, D 3/61, Ziffer 80

1.3.1.6 In der Ubersicht konnen die Organe der ISMM Investments AG (bis Mai 2000) bzJean-Marie W. der ISMM AG (ab Mai 2000) wie folgt dargestellt werden:

Board of Directors [Verwaltungsrat (VR)]

President (VRP) Co-Vize-Prasident (VRVP)

Mitglieder (MVR)

Executive Committee (ExCo) (Verwaltungsratsausschuss)

President Mitglieder

(CEO)

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Management General Management Board Group Management Board

(GMB)

Die Berichterstattung (Reporting) erfolgte wie nachstehend aufgezeichnet:

VRVP Vorsitzender

ExCo

CEO Vorsitzender

GMB

Mitglieder ExCo

Mit Ausnahme Vorsitzender ExCo

Organisationsreglementes). Die Mitglieder des Verwaltungsratsausschusses waren Mitglieder des Managements und rapportierten mit Ausnahme des Prasidenten dem CEO (Ziffer 5.2.4 des Organisationsreglementes), welcher seinerseits dem Prasidenten des Verwaltungsratsausschusses bzJean-Marie W. dem Vizeprasidenten des Verwaltungsrates oder bei dessen Fehlen dem Verwaltungsratsprasidenten rapportierte (Ziffer 5.2.2 des Organisationsreglementes). Die Beschuldigten rapportierten somit folgendermassen:

VRP VRVP Christoph M. Jean-Marie JEAN-MARIE W.

CEO Heinz S..

ExCo GMB (Jean-Marie JEAN-MARIE W. (H. S..).

Vorsitz) (Vorsitz)

(Heinz S..) Daniel B. Daniel B. Hans-Jurg S.

Hans-Peter JEAN-MARIE W. rapportierte Hans-Jurg S. (D 3/43, Ziffer 89, D 3/44, Ziffer 62, 63, D 3/45, Ziffer 69-73, D 3/49, Ziffer 47-51, D 8/2/4+5).

32

1.3.2 Reoeluno ab dem 1. Oktober 2000

Die Grundorganisation, wie unter Ziffer 1.3.1 dargestellt, wurde weitgehend beibehalten, weshalb nur auf verfahrensrelevante Abweichungen hingewiesen wird. Gemass Ziffer 1 des Organisationsreglementes hatte die ISMM Gruppe 7 Exekutivorgane:

„The Board" ..Chairman of the Board" (President des Verwaltungsrates) ..Vice Chairman of the Board" „The Executive Committee" (Verwaltungsratsausschuss) - ExCo "The Other Committees of the Board" "The Chief Executive Officer ("CEO") „The General Management Board" GMB

1.3.2.1 Der Verwaltungsrat behielt nach wie vor die Oberleitung iiber die Gesellschaft bzJean-Marie W. die Gruppe. Er war mit der Geschaftsfuhrung der Gesellschaft betraut, soweit er diese auf der Grundlage des Organisationsreglementes nicht an den Prasidenten, den Vize-Prasidenten, den Verwaltungsratsausschuss, die anderen Ausschiisse, den CEO oder das General Management Board delegierte (Ziff. 2.4.1 des Organisationsreglements). Dem Verwaltungsrat oblag es zudem, die Aktivitaten des Prasidenten, des Vize-Prasidenten, des Verwaltungsratsausschusses, der anderen Ausschiisse und des General Management Boards zu Ciberwachen und zu kontrollieren (Ziffer 2.4.2 des Organisationsreglementes). Er war uberdies zustandig fur alle Bereiche, welche nicht der Generalversammlung, oder einem anderen Organ der Gesellschaft durch das Gesetz, die Statuten oder das Organisationsreglement vorbehalten waren oder ubertragen wurden (Ziffer 2.4.3 des Organisationsreglementes). Die Beschlussfassung des Verwaltungsrates wurde neu in verschiedenen Bereichen bereits im Organisationsreglement geregelt (Ziffer 2.4.5 des Organisationsreglementes).

1.3.2.2 Der Verwaltungsratsprasident ubte die Oberaufsicht uber alle Aktivitaten der Gesellschaft aus. Er konnte an alien Sitzungen anderer Gremien, die ganz oder teilweise Organe der Gesellschaft waren, teilnehmen (Ziffer 3.4 des Organisationsreglementes).

Er hatte auf Grund einer Delegation des Verwaltungsrates die Verantwortung fiir dessen Angelegenheiten, wie sie in Ziffer 2 des Organisationsreglementes umschrieben waren. Diese Funktionen hatte er, falls erforderlich, in enger Zusammenarbeit mit dem CEO wahrzunehmen.

Er war in diesem Zusammenhang verpflichtet, dem Verwaltungsrat Vorschlage und Antrage zur Beratung und Beschlussfassung zu unterbreiten, und war dafiir verantwortlich, dass der Verwaltungsrat seine Aufgaben wahrnehmen konnte.

Er hatte die Oberaufsicht iiber den Vizeprasidenten (Ziffer 3.5 des Organisationsreglementes).

1.3.2.3 Der Vizeprasident war Stellvertreter des Prasidenten und als solcher Prasident des Verwaltungsratsausschusses. Er war befugt, an Sitzungen des GMB teilzunehmen und rapportierte funktionsmassig dem Prasidenten des Verwaltungsrates (Ziffer 4.1 -Ziffer 4.3 des Organisationsreglementes).

Zudem wurden ihm vom Verwaltungsrat die Aufgaben gemass Ziffer 3 des Geschaftsreglementes delegiert (Ziffer 4.3 des Organisationsreglementes / vgl. im Ubrigen die Ausfuhrungen zum Verwaltungsratsprasidenten).

1.3.2.4 Der CEO war Mitglied des Verwaltungsratsausschusses, prasidierte das General Management Board und rapportierte dem Vizeprasidenten des Verwaltungsrates (Ziffer 5.2+5.3 des Organisationsreglementes).

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1.3.2.5 Der Verwaltungsratsausschuss setzte sich aus dem Vizeprasidenten des Verwaltungsrats, dem CEO und drei weiteren Verwaltungsraten zusammen. Prasidiert wurde er vom Vizeprasidenten des Verwaltungsrats (Ziffer 4.1 des Geschaftsreglementes). Die Aufsicht iiber die Aktivitaten des Verwaltungsratsausschusses wurde vom Verwaltungsrat wahrgenommen (Ziffer 4.2 des Geschaftsreglementes).

1.3.2.6 Die Organe der ISMM Gruppe konnen wie folgt dargestellt werden: Board of Directors (Verwaltungsrat)

Prasident Vize-Prasident

Mitglieder

Executive Committee (ExCo) (Verwaltungsratsausschuss)

Vorsitzender Mitglieder

Ubrige Ausschiisse

General Management Board Group Management Board (GMB)

Mit Bezug auf das Berichtswesen kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden. Neu rapportierte der Vizeprasident des Verwaltungsrates und somit Vorsitzende des ExCo dem Verwaltungsratsprasidenten. Heinz S.. schied am 16.10.2000 aus der Gruppe aus (D3/44, Ziff. 24 ff). Neuer CEO wurde Daniel B. (D 8/2/12).

VRP Christoph M.

VRVP Jean-Marie JEAN-MARIE W.

CEO Daniel B.

ExCo GMB (Jean-Marie JEAN-MARIE W. (Daniel B.)

(Vorsitz) (Vorsitz) (Daniel B.) Hans-Jürg S.

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1.3.3 Zusammenoefasst eroeben sich folgende Feststellunaen:

Die Abgrenzung des Executive Committee's vom Management lasst sich sowohl auf Grund der Reglemente, als auch der zum Teil nicht ganz deckungsgleichen Angaben der Beschuldigten nicht abschliessend vornehmen. Dennoch sind die faktische Stellung der Beschuldigten, ihre Kompetenzen und somit auch Pflichten rechtsgeniigend geklart. Die Reglemente und die Angaben der Beschuldigten berucksichtigend, steht fest, dass der Verwaltungsratsausschuss (ExCo) die Geschaftsfuhrung auf der Grundlage der Delegation durch den Verwaltungsrat wahrnahm und delegierte; Teile davon an das Management. Dieses nahm seinerseits die Geschaftsfuhrung auf der Grundlage der Delegation durch den Verwaltungsrat und den Verwaltungsratsausschuss (ExCo) wahr.

Das ExCo (Verwaltungsratsausschuss) kann als die Geschaftsleitung (Konzernleitung) mit umfassenden Geschaftsfiihrungs- und Delegationskompetenzen bezeichnet werden. Das Management (ob General Mangement Board oder Group Management Board) war insbesondere mit der Umsetzung des operativen Geschaftes der einzelnen Tochtergesellschaften befasst.

Auf Grund der internen Rechtsordnung, der Besetzung des Verwaltungsrats und der einzelnen geschaftsfiihrenden Positionen fand in personeller Hinsicht eine Durchmischung statt, welche sich zwar auf die Abgrenzung von Geschaftsfiihrungs- und Kontrollfunktionen negativ auswirkte, jedoch einen umfassenden Informationsfluss zur Folge hatte15. Die Entscheidungstrager der ISMM Gruppe waren durch eine starke Vernetzung weitgehend in strategische und operative Aufgaben (geschaftsfiihrende Verwaltungsrate) eingebunden, wobei unter letzterem insbesondere die okonomische Perspektive der leistungs-, finanz- und informationswirtschaftlichen Prozesse verstanden wird16. Der Informationsfluss war zudem schon auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Berichtswesens gesichert.

Es kann somit ohne Zweifel festgehalten werden, dass samtliche Beschuldigten auf Grund der Gesamtkonstellation einen hohen Informationsstand hatten und ihnen in ihren Funktionen als Prasident, Vizeprasident oder Mitglied des Verwaltungsrats Kontrollfunktionen zukamen und/oder sie im Rahmen (selbst)delegierter Kompetenzen aktiv zum operativen Geschaft (etwa als Direktoren) beitrugen.

1.4 Vertretung der Gesellschaften17

Was die konkrete Ausgestaltung der Vertretungsmacht betrifft, kann auf die vom Verwaltungsrat an der Sitzung vom 17. September 1999 genehmigten ..Signature Authorities" verwiesen werden (D 8/2/8+9, vgl. auch D 6/3/13/10 ff). Im Kontext interessiert jedoch vor allem die Unterschriftsberechtigung auf den folgenden Bankkonten:

15 vgl. etwa die Aussage von Hans-Peter JEAN-MARIE W., dass letztlich in alien Gremien dieselben Personen gewesen seien (D 3/61, Ziffer 74)

16

Jean-Paul Thommen, Lexikon der Betriebswirtschaft, Zurich 2000, 397 17

Forstmoser, Meier-Hayoz, Nobel, a.a.O., § 30 N 75 ff Stamm Nr. 0248-436280 / UBS AG, lautend auf Sporis Holding AG / ISMM AG:

Christoph M.

J.M. W. Hans-Jürg S. Hans-Peter JEAN-MARIE W.

ab dem 17. Marz 2000 kollektiv zu zweit (D 5/123/21).

Stamm Nr. 230/220.954 / UBS AG, lautend auf FIFA / Sporis Holding AG: Christoph M.

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J.M. W. Hans-Peter JEAN-MARIE W.

ab Oktober 1998 kollektiv zu zweit (D 5/126/5).

Stamm Nr. 0248-594050 /UBS AG, lautend auf ISL Worldwide: Christoph M.

J.M. W. Hans-Jürg S. Hans-Peter JEAN-MARIE W. Daniel B. Heinz S..

ab dem 24. Juli 2000 kollektiv zu zweit. Die Zeichnungsberechtigung von Heinz S.. wurde am 17. Oktober 2000 geloscht (D 5/10 f.).

1.5 Stellung der Beschuldigten in der Gruppe. insb in der ISMM AG und der ISL Worldwide

Die Stellung der Beschuldigten in der Gruppe und die damit einhergehenden Kompetenzen und Pflichten ergeben sich u.a. aus den Reglementen, den Arbeitsvertragen (etwa D 9/1/10) und den Stellenbeschreibungen (etwa D/9/1/11 f). Aber auch aus fiir die Mitarbeiter verbindlichen Regelwerken, wie dem so genannten ..Personnel Manual" (D 9/1/36), das integrierender Bestandteil des Arbeitsvertrages war (etwa D 9/1/10, Ziffer 11). Die Reihenfolge der nachstehenden Darstellung orientiert sich an der hierarchischen Stellung der Beschuldigten in der Gruppe und bezieht sich auf den Zeitraum 1999 - 21. Mai 2001.

1.5.1 Christoph M.

1.5.1.1 Gemass Vertrag mit der Sporis Holding AG vom 21. April 1998 war er seit Oktober 1990 vorerst als Berater und danach als Mitglied von Verwaltungsraten der Sporis Gruppe tatig. Seit Oktober 1990 habe er zudem innerhalb der Sporis Gruppe in leitender Anstellung verschiedene verantwortungsvolle Aufgaben erfullt (D 16/2/2, Ziffer I und II des Vertrages). Dazu gab Christoph M. bei der Einvernahme vom 10. Februar 2004 an,

dass der erste Passus hinsichtlich seiner Funktion im Verwaltungsrat der Sporis stimme; das sei ab Ende 1990 gewesen. In Bezug auf die Umschreibung der leitenden Funktion habe er zeitweilig formell die Funktion des VR-Delegierten - damals bei der ISL Marketing AG - wahrgenommen. In Bezug auf den effektiven Inhalt und Umfang seiner Verantwortung verweise er auch hier auf vorher gemachte Aussagen beziiglich insbesondere der Rolle und Einflussnahme von Herrn Jean-Marie JEAN-MARIE W. (D 3/45, Ziffer 83).Christoph M. hatte vorgangig auf Befragen erklart, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. formell an ihn rapportiert habe. Der Untersuchungsrichter erkenne schon am Begriff des Co-Chairman, welcher erstmals in diesen By-Laws von 1998 verwendet worden sei, dass Herr W. de facto auch die Funktion des Verwaltungsratsprasidenten habe wahrnehmen wollen und dies auch grosstenteils getan habe; insbesondere in der Reprasentanz des Unternehmens nach

aussen. Seine Aufgabe zur Wahrung der Interessen der Aktionare hatten in diesem Rahmen nur noch dahingehend wahrgenommen werden konnen, dass man sich auf dieses Prinzip der Co-Chairmanship geeinigt habe (D 3/45, Ziffer 63). Beim Durchlesen des Protokolls gab er folgende erganzende Erklarung ab, welche er einer schriftlichen Vorlage entnahm: Die entsprechende Klausel 3.5 der vorherigen By-Laws, welche da heisse: "The Chairman shall supervise and instruct the general management", sei ersatzlos gestrichen, und - wie schon berichtet - das ExCo als neues Gremium installiert worden. Durch Personalunion zwischen dem Verwaltungsrats-Co-Prasidenten und Vorsitzenden dieses ExCo's sei damit sehr deutlich geworden, dass die Geschaftsfuhrung und deren Kontrolle an Jean-Marie JEAN-MARIE W. iibergegangen sei. Die schon vorher erwahnte Festlegung von reporting standards habe einer Arbeitsgruppe im Verwaltungsrat ohne seine Prasenz oblegen. Wie schon erwahnt, habe man sich nicht auf einheitliche Standards, zum Beispiel in Bezug auf sales reports etc., einigen konnen, so dass die By-Laws diesen Teil nicht klar hatten umschreiben konnen (D 3/45, Ziffer 67).

Laut Vertrag wurde vereinbart, dass er sich ab dem 1. Januar 1999 fur eine Dauer bis zum 31. Dezember 2002 als Berater der Sporis Gruppe zur Verfugung stellen werde (Ziffer 1). Auf die Frage ob dieser Vertragsinhalt in der

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Praxis umgesetzt worden sei, gab Christoph M. an,

dass er in Bezug auf den Status des Beraters in der Form nicht umgesetzt worden sei, und der Hintergrund hier ein ganz Einfacher und sehr Menschlicher sei: Er sei seinerzeit mit seiner damaligen Frau in sehr schwierigen Auseinandersetzungen beziiglich Ehe gestanden. Er habe aus diesem Grund eine Mutation vom Status des Arbeitnehmers zum Berater personlich als eine sehr belastende Situation und Neuerung empfunden. Deswegen habe er darum gebeten, seinen Status als Mitarbeiter vorlaufig fortzufiihren, auch um in dieser schwierigen Zeit nicht die ganzen Anderungen beziiglich Versicherung, Pensionskasse etc. auch noch machen zu mussen. Die Frage, ob dies heisse, dass er letztlich weiterhin als Angestellter und nicht als externer Berater tatig gewesen sei, bejahte er (D 3/45, Ziffer 84).

Weiter wurde vereinbart, dass er die Sporis Gruppe insbesondere in Strategie-, Investitions- und Organisationsfragen, wie auch in anderen spezifisch zu vereinbarenden Gebieten beraten werde (Ziffer 2). Zur Umsetzung gab er an,

dass es in Bezug auf Organisation zu dem Zeitpunkt keine massgeblichen Mutationen mehr gegeben habe, denn die neue Geschaftsorganisation mit dem Executive Committee habe hier schon bestanden. Beziiglich Strategie und Investitionsfragen sei es primar darum gegangen, nun wirklich in Abstimmung mit den Aktionaren eine geeignete Form der Kapitaloffnung in Betracht zu ziehen und umzusetzen. Mit Bezug auf die spezifisch zu vereinbarenden Gebiete gab er an, dass de facto das Projekt AURORA alles beherrscht habe; mit anderen Worten: in der Praxis habe AURORA beziiglich seiner Mitwirkung die zentrale Rolle gespielt (D 3/45, Ziff. 90f, Ziff. 87).

Weiter wurde vereinbart, dass ihm die Auftrage durch den Verwaltungsrat der Sporis oder ISMM Investments AG oder gegebenenfalls durch die Vorsitzenden von Verwaltungsratsausschussen dieser beiden Gesellschaften erteilt wurden (Ziffer 2). Zur Umsetzung gab er an,

dass der Entschluss zum Projekt AURORA natiirlich schlussendlich ein Entscheid gewesen sei, der in Abstimmung mit den Aktionaren habe erfolgen mussen. Sein Hauptanliegen hier sei also erst einmal gewesen, eine koharente Meinungsbildung zur geeigneten Form der Kapitaloffnung unter den Aktionaren zu entwickeln, damit hieraus ein Auftrag an den Verwaltungsrat habe erfolgen konnen (D 3/45, Ziffer 92).

Weiter wurde vereinbart, dass er an den Sitzungen des General Management Board's (GMB) als Mitglied und an jenen des Executive Board's der ISMM Investments AG auf Einladung hin teilnehmen werde (Ziffer 2). Zur Umsetzung gab er an,

dass er an einigen Sitzungen (er vermute zwei bis drei) des ExCo's auf Einladung teilweise teilgenommen habe. Namlich immer dann, wenn es insbesondere - wie schon ausgefuhrt - um AURORA und damit zusammenhangende Fragestellungen gegangen sei. An Sitzungen des so genannten GMB habe er nicht teilgenommen (D 3/45, Ziffer 93).

Weiter wurde vereinbart, dass er pro Kalenderjahr ein Arbeitspensum von 146 Arbeitstagen oder zwei Drittel eines vollen Jahrespensums von 220 Arbeitstagen garantiere (Ziffer 5). Zur Umsetzung gab er an,

dass er eine Zeiterfassung nach einzelnen Tagen und Stunden aus den schon vorhin erwahnten Grunden (weshalb sein Status als Angestellter geblieben sei) nicht gemacht habe. In Bezug auf den effektiven Umfang seiner Tatigkeit - insbesondere in der intensiveren Phase der Planung des Projekts AURORA mit all den Sitzungen mit Investmentbankern, Researchanalysten, Ratingagenturen und anderen mit einem IPO befassten Beratern - seien die hier gemachten Angaben betreffend Pensum erfiillt worden (D 3/45, Ziffer 95).

Weiter wurde vereinbart, dass fiir zwei Drittel des vollen Arbeitspensums jahrlich fix CHF 420'000.- bezahlt werde (Ziffer 7). Zur Umsetzung gab er an,

dass er - nach bester Erinnerung - im Durchschnitt ein Saiar von etwa CHF 200'000.-- gehabt habe. Einzig in einem Jahr (ca. 1996 oder 1997) sei es mehr gewesen, weil es insbesondere darum gegangen sei, eine drohende Unterdeckung in seiner Pensionskasse zumindest teilweise zu kompensieren (D 3/45, Ziffer 96 f).

Christoph M. wurden die Angaben von Heinz S.. vorgehalten, wonach M. die Aktivitaten im Zusammenhang mit der Finanzierung der Gruppe und dem Borsengang (ABS und IPO) direkt geleitet und iiberwacht habe und er wurde gefragt, ob das richtig sei (D 9/4/3, S. 17 und 18, Ziffer 42, sowie D 3/29, Ziffer 52). Er gab an,

dass er in Bezug auf das Projekt AURORA im Verwaltungsrat sicherlich der Initiant und Spiritus Rector gewesen sei. Auch habe er gegeniiber den verschiedenen, vorstehend erwahnten Bankern und Beratern als erste Anlaufstelle gedient, insbesondere im Zusammenhang mit den Fragen zu den Aktionaren. Mit Bezug auf effektive Leitung dieser Projekte sei naturlich festzuhalten, dass es in Zuge der zunehmenden Konkretisierung auch Sachverhalte und Sitzungen gegeben

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habe zwischen den Bankern und - je nach Thema - einzelnen Mitgliedern der Geschaftsleitern, an welchen er nicht unbedingt zu jedem Zeitpunkt habe dabei sein mussen (D 3/45, Ziffer 98).

Weiter wurden ihm die Angaben von Heinz S.. vorgehalten, wonach M. intensiv in Cash Flow und Finanzierungsfragen involviert gewesen sei, und er wurde gefragt, ob das richtig sei (D 3/29, Ziffer 35). Er gab an,

dass er sich stets dafiir eingesetzt habe, dass die Cash Flow Betrachtung im Unternehmen einen hohen Stellenwert einnehmen sollte. Und er habe auch schon vor 1998 immer wieder betont, dass das Unternehmen zur Starkung seiner Finanzierungsbasis auch andere Formen der Finanzierung, wie zum Beispiel ein ABS oder allenfalls einen eventuellen Borsengang, priifen sollte. In Bezug auf Cash Flow habe er verschiedene Anlaufe auch im Verwaltungsrat lanciert, dass hier entsprechende Tools und Instrumente zu erarbeiten seien und diese zum Standard des Reporting gehoren sollten (D 3/45, Ziffer 99f).

Zur Stellung von Christoph M. in der Gruppe gab Hans-Jiiro S. an,

dass sich dieser - wenn iiberhaupt - nicht stark um das Tagesgeschaft gekummert habe. Er habe sich auf die strategische Mitfiihrung beschrankt. Besonders in der letzten Phase (1998, 1999 bis 2001) habe er sich zur Hauptsache mit dem IPO auseinander gesetzt und diesen in die Wege geleitet (D 3/43, Ziffer 88).

Heinz S.. gab an,

dass M. seines Wissens um 1990 ins Unternehmen gekommen sei. Er meine, dass dies zum Abgang der zwei wichtigsten Geschaftsfuhrer gefuhrt habe, die in der Folge das Konkurrenzuntemehmen TEAM aufgebaut hatten. Seines Wissens habe M. damals neben dem VR-Prasidium auch die operative Fuhrung der Gruppe ubernommen. Nach verschiedenen Abgangen in wichtigen Fiihrungspositionen im Jahre 1996 sei ein Neuanfang gestartet worden, zu dem auch die Einstellung von Daniel B. und von ihm im Friihjahr 1997 gefuhrt habe. Damals habe Jean-Marie JEAN-MARIE W. die operative Gruppenleitung ubernommen. Christoph M. habe noch einige Zeit im Management der Gruppe mitgewirkt und habe operativ u.a. auch den Bereich Marktforschung und den amerikanischen Markt verantwortet. Mit der Etablierung der neuen Gruppenstruktur im Herbst 1998 habe sich Christoph M. auf seine Funktion als Prasident des Verwaltungsrats zuriickgezogen, aber auch in dieser Funktion grosse Finanzierungsprojekte wie zum Beispiel das Projekt DAWN und das Projekt AURORA geleitet. Als Prasident des Verwaltungsrats habe er einen intensiven Kontakt mit Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Hans-Jürg S. in finanziellen Angelegenheiten gepflegt (D 3/44, Ziffer 61).

Daniel B. gab an,

dass M. Verwaltungsratsprasident gewesen sei. Es habe sich uber die Zeit entwickelt: In den ersten Jahren sei er auch Managing Director der ISL Marketing AG (spater ISL Worldwide) gewesen. Es sei naturlich sehr merkwurdig, dass er einerseits Verwaltungsratsprasident gewesen sei und somit der Chef von Jean-Marie JEAN-MARIE W. bzJean-Marie W. diejenige Person, an die Jean-Marie JEAN-MARIE W. rapportiert habe, und er gleichzeitig eine operative Stufe tiefer gestanden sei. Er erinnere sich, als er im November 1996 fiir den Job interviewt worden sei durch Christoph M. und Jean-Marie JEAN-MARIE W., dass er danach keine Ahnung gehabt habe, wer von den beiden der Chef gewesen sei. Spater habe sich Christoph M. von der Position Managing Director verabschiedet und sich ausschliesslich mit der Position des Verwaltungsratsprasidenten befasst. Er habe sich operativ fast nur der Offentlichkeitsarbeit und dem Thema Borsengang gewidmet. Aber durch die Tatsache, dass er auch physisch oft im Buro anwesend gewesen sei, wurde er behaupten, dass er sehr gut dariiber informiert gewesen sei, was in der Gruppe tagtaglich passiert sei (D 3/49, Ziffer 54).

1.5.1.2 Betreffend seine Funktionen (inkl. Zeichnungsberechtigung) in den Jahren 2000 bis 2001, wie sie im Handelsregister eingetragen sind, kann auf die vorstehenden Ausfiihrungen verwiesen werden. Gemass <jen „Group Directorships" (D 8/2/9), von welchen der Verwaltungsrat an der Sitzung vom 17. September 1999 Kenntnis nahm (D 8/2/8), war der Beschuldigte gruppenweit in diesem Zeitpunkt in folgenden Gesellschaften mit nachstehenden Funktionen betraut:

Sporis Holding AG: Verwaltungsratsprasident ISMM Investments AG: Verwaltungsratsprasident ISMM Investments UK pic: Director Sporis Participations B.V. Superv. Director ISL Marketing Espana: Committee ISL United States, Inc.: Vize-Verwaltungsratsprasident

1.5.1.3 Bei der Einvernahme vom 6. November 2002 hatte Christoph M. angegeben, dass er seine Funktion in der Gesellschaft stets und ausschliesslich im Auftrag, namens und auf Bitte der Familienmitglieder ausgeubt habe. Diese hatten ihn 1990 gebeten, ihre Belange in der Sporis Gruppe wahrzunehmen. Zu

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jenem Zeitpunkt sei er von den Gesellschaftern zum Prasident des VR der Sporis Holding AG gewahlt worden (D 3/28, Ziffer 16). Bei der Einvernahme vom 10. Februar 2004 gab er an, dass er seine Funktion und seine Wahl seinerzeit gestutzt auf eine Gruppe von Mehrheitsaktionaren wahrgenommen habe. Diese habe alle Aktionare mit Ausnahme der Kinder von Horst Dassler umfasst. Und diese Gruppe habe in etwa eine Zwei-Drittels-Mehrheit an der Sporis gehalten. Die restlichen Beteiligungen hatten bei Suzanne und Adolf Dassler, den Kindern von Horst Dassler gelegen (D 3/45, Ziffer 102). Namentlich handelte es sich um Karin Essing, Brigitte Baenkler, Inge Dassler und Sigrid Dassler-M. (D 16/3/1), welche gemass Aktienregister vom 31. Dezember 1994 zu jenem Zeitpunkt zusammen 63.7 % der Aktien bzJean-Marie W. 637 Aktien der Sporis Holding AG hielten bzJean-Marie W. 637 Stimmen hatten (D 16/3/14, D 3/45, Ziffer 102). Bei Sigrid Dassler-M. handelte es sich um die Ehefrau von Christoph M. (D 3/28, Ziffer 2). Gemass seinen Angaben wurde er im Jahre 2000 von ihr geschieden (D 3/28, Ziffer 9). Per 27. Dezember 2000 besass Christoph M. 1000 von 50'000 ISMM AG Aktien (D 8/8/23 ff.). Christoph M. wurde folgender Vorhalt gemacht: Die Erbengemeinschaft Horst Dassler, bestehend aus Adolph Dassler und Suzanne Dassler, besass im Zeitpunkt des erwahnten Kaufvertrages 36 % der Aktien (D 16/3/1). Wurde der von Ihnen erwahnte Auftrag auch von der Erbengemeinschaft Horst Dassler abgedeckt? Dazu gab er folgendes an:

Nicht zum Zeitpunkt der Wahl in den Verwaltungsrat (diese Wahl sei mit den Stimmen der ubrigen Aktionare erfolgt): Ein hinter seinem Engagement stehendes Ziel der Gesellschafter sei es aber gewesen, eine Einheit in der Familie beziiglich Sporis-Engagement zu erreichen. Personlich glaube er auch, dass sie in ihrem Bemuhen, Suzanne und Adolph Dassler anzusprechen und miteinzubinden, iiber die Jahre deutliche Fortschritte gemacht hatten. Wichtiges Indiz dafiir sei zum Beispiel, dass der Entschluss fiir einen allfalligen Borsengang von alien Gesellschaftern getragen worden sei (D 3/45, Ziffer 104, zum Ganzen vgl. D 16/3).

Zur Rolle von Christoph M. innerhalb der Aktionarsschaft gab Hans-Jürg S. an, dass er immer versucht habe, die Aktionarsschaft als Ganzes zu vertreten. Man habe ihn auch nicht als Vertreter der Aktien seiner Frau empfunden; mit anderen Worten, er sei sehr objektiv/neutral gewesen (D 3/43, Ziffer 87). Heinz S.. gab an, dass er nur wisse, dass M. bestatigt habe, dass er mit Mandat die Mehrheit der Aktionare vertrete (D 3/44, Ziffer 60).

1.5.2 Jean-Marie JEAN-MARIE W.

1.5.2.1 Jean-Marie JEAN-MARIE W. hatte gemass eigenen Angaben keinen schriftlichen Arbeitsvertrag (D 3/30, Ziffer 14). Ein solcher konnte im Rahmen des Verfahrens auch nicht erhoben werden. Christoph M. bestatigte, dass es keine schriftliche Vereinbarung gegeben habe (D 3/45, Ziffer 64). Auf die Frage, welches der diesbeziigliche Grund sei, wenn man miteinbeziehe, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. zentrale Funktionen in der Gruppe wahrgenommen habe und beispielsweise noch im Marz 2001 von der ISMM AG ein Brutto Monatsgehalt von CHF 46'620.~ abgerechnet worden sei (D 17/4/10), gab er an,

dass es nicht moglich gewesen sei, mit ihm die Funktionen und die Aufgaben schriftlich abschliessend so festzulegen, dass man das in einem Arbeitsvertrag hatte niederschreiben konnen. Er habe sich allgemein immer als "die wesentliche Figur", den "wesentlichen Reprasentanten", der Gruppe verstanden. Einzig gegeniiber den Aktionaren habe er seine Rolle auch inhaltlich akzeptiert und respektiert. De facto habe er seine Position als Chairman gewollt. Als Indiz fiir die Notwendigkeit, solch' einen Kompromiss zu finden, lasse sich zum Beispiel anfiihren, wie lange es gebraucht habe, bis diese ihm vorgelegten By-Laws entstanden seien und wenn man die Unterlagen der Verwaltungsratssitzungen anschaue - wie viele Vorstosse zwischenzeitlich erfolgt seien, um hier zu einer Losung zu kommen, bei der er seinen Auftrag der Aktionare im Rahmen des Moglichen noch habe wahrnehmen konnen (D 3/45, Ziffer 64, vgl. auch den Vorschlag vom 10. Mai 1992/D 17/4/2 und das Schreiben vom 27. Mai 1992 von Christoph M./ D 17/4/3, das MEMO vom 21. Dezember 1992/D 17/4/5).

In einem nicht datierten Vertragsentwurf (D 17/4/4: Vertragsparteien: Jean Marie W., ISL Marketing AG, Sporis Holding AG) wird die Vertragsdauer ab 1. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1996 festgelegt (Ziffer 1). Einleitend wird festgehalten, dass er Delegierter des Verwaltungsrates und Generaldirektor („CEO") der ISL Marketing AG, Generaldirektor der Sporis Holding AG und im Verwaltungsrat verschiedener Tochtergesellschaften der Sporis Holding AG sei. Gemass diesem Entwurf war er als Vizeprasident des Verwaltungsrates der ISL Marketing AG und als Generaldirektor der Sporis Holding AG sowie fiir weitere, nicht naher umschriebene Funktionen in Tochtergesellschaften vorgesehen (Ziffer 1 / Zu seinen im damaligen Zeitpunkt bestehenden „Amtern" vgl. Ziffer 4). Sein vorgesehener Tatigkeitsbereich war ein umfassender und betraf etwa Aufrechterhaltung und Ausbau der Beziehungen zu den Sportfoderationen, Vertretung des Verwaltungsrates bei der Erstellung der Budgets, der Liquiditats- und Investitionsplane, der Jahresabschlusse, der Jahresberichte, der Jahresrechnung, Assistenz bei der Pflege der Bankbeziehungen, bei Steuersachen, bei der Offentlichkeitsarbeit, bei alien die Minderheitsaktionare betreffenden Fragen, bei Akquisitionen und Fusionen (Ziffer 2). Das vorgeschlagene Basisgehalt lag bei

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CHF 380'000.- (Ziffer 7).

Gemass einem weiteren Arbeitsvertragsentwurf (D 17/4/6, Ausdruckdatum: 15. Juli 2000 / Vertragsparteien Jean Marie-W. und ISMM AG) sollte er die Funktion des Prasidenten des Verwaltungsratsausschusses wahrnehmen und als solcher dem Verwaltungsrat der Gesellschaft rapportieren (Ziffer 2.1), er sollte die Aufgaben des Vizeprasidenten des Verwaltungsrates der ISMM AG und allenfalls Verwaltungsratsmandate in weiteren Gruppengesellschaften wahrnehmen. Als Basisjahresgehalt waren CHF 870'000.-- vorgesehen (vgl. auch D 17/4/13: Lohnabrechnung vom 21. Mai 2001, mit welcher ein Monatsgehalt von brutto 67'077.- abgerechnet wurde). Im Ubrigen wird festgehalten, dass er seit 1970 fur die Gesellschaft tatig sei und der Vertrag per 1. Juli 2000 in Kraft trete (Ziffer 2.1).

Hans-Jiiro S. wurde folgender Vorhalt gemacht: Heinz S.. gibt zudem an, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. der eigentlich starke Mann der Gruppe gewesen sei (D 9/4/3, S. 18, Ziffer 43, D 3/29, Ziffer 52). Wie sehen Sie diese Einschatzung? Ant-wort: Ja.xlas ist richtig so. Frage: Woraus leiten Sie diese Feststellung ab? Antwort:

Erstens einmal Senioritat (er sei schon von Anfang an dabei gewesen), zweitens habe Jean-Marie JEAN-MARIE W. die engeren Beziehungen zur FIFA gehabt, mit den athletischen und auch die engeren Beziehungen als S.. in den meisten anderen Sportarten. Man kdnne auch sagen, dass S.. mit Miihe versucht habe, sich neben Jean-Marie JEAN-MARIE W. zu profilieren (D 3/43, Ziffer 83 ff.)

Heinz S.. wurde folgender Vorhalt gemacht: Sie haben angegeben, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. einen stark detail-orientierten Stil mit sehr aktivem Direktzugriff ins operative Management gepflegt habe (D 9/4/3, S. 18, Ziffer 43, und D 3/29, Ziffer 52). Ist dies richtig? Antwort: Ja, das ist korrekt. Frage: Konnen Sie dies etwas naher umschreiben? Antwort:

Jean-Marie JEAN-MARIE W. habe sehr intensiven personlichen Kontakt mit alien wichtigen Fiihrungskraften im Unternehmen iiber alle Hierarchiestufen hinweg gepflegt. Dieser Kontakt sei in erster Linie miindlich gewesen durch haufige Telefonate und - wo raumlich moglich - auch Direktgesprache. Auch bei vielen Themen, die er in seiner Kompetenz erachtet habe, habe er entweder spontan, direkt agiert oder ihn gebeten, entsprechende Gesprache in seinem Beisein (zum Beispiel auch in Telefonkonferenzen) abzuhalten. Er wolle aber festhalten, dass er sich im Grossen und Ganzen inhaltlich nicht habe beschweren konnen, weil sier in Vielem gleich gedacht hatten. Es sei mehr der unterschiedliche Stil gewesen, der ein gewisses Problem dargestellt hatte. Die Kontakte mit den Federationen habe Jean-Marie JEAN-MARIE W. als sein persfinliches Privileg erachte (D 3/44, Ziff. 56):

Des Weiteren wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Sie haben angegeben, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. der eigentlich starke Mann der Gruppe gewesen sei (D 9/4/3, S. 18, Ziffer 43, D 3/29, Ziffer 52). Ist das richtig? Antwort: Ja, das ist korrekt (D 3/44, Ziffer 57). Frage: Konnen Sie bitte auch dies etwas naher umschreiben? Antwort:

Zuallererst sei Jean-Marie JEAN-MARIE W. als personlicher Mitarbeiter des Firmengriinders Horst Dassler viele Jahre aktiv gewesen. Zudem habe er als eine der einflussreichsten Personen in der weltweiten Sportpolitik gegolten. Sodann seien seine standige Prasenz, seine starke Personlichkeit und sein dominanter Wille das Fundament seiner Position im Unternehmen gewesen (D 3/44, Ziffer 58 ff.).

Wie schon angefuhrt gab Christoph M. zu Jean-Marie JEAN-MARIE W. an,

dass dieser de facto auch die Funktion des Verwaltungsratsprasidenten habe wahrnehmen wollen und dies auch grosstenteils getan habe; insbesondere in der Reprasentanz des Unternehmens nach aussen. (D 3/45, Ziffer 63). Durch Personalunion zwischen dem Verwaltungsrats-Co-Prasidenten und Vorsitzenden dieses ExCo's sei damit sehr deutlich geworden, dass die Geschaftsfuhrung und deren Kontrolle an Jean-Marie JEAN-MARIE W. ubergegangen sei (D 3/45, Ziffer 67)

Daniel B. gab mit Bezug auf die Aussage von S.., wonach Jean-Marie JEAN-MARIE W. einen stark detail-orientierten Stil mit sehr aktivem Direktzugriff ins operative Management gepflegt habe, an,

dass dies in bestimmten Bereichen der Fall gewesen sei, aber nur in bestimmten Bereichen. Man konne das vergleichen mit der franzosischen Republik: dort gebe es "le domaine reserve", den Republikprasidenten. Zur Aussage S..s, wonach Jean-Marie JEAN-MARIE W. der eigentlich starke Mann der Gruppe gewesen sei gab er an, dass er seine Ansicht nicht teile. Es seien verschiedene Personen in der Gruppe gewesen, die starke Machtpositionen gehabt und diese auch ausgeiibt hatten. Heinz S..sei sei sicher einer davon gewesen ... und Christoph M.. Es ware falsch zu sagen, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. samtliche Entscheidungen entweder getroffen oder "durchgeboxt" hatte. Er sei also absolut nicht "le roi" gewesen (D 3/49, Ziffer 45 f.)

Hans-Peter JEAN-MARIE W. bestatigte die Darstellung von Heinz S.. und gab an,

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dass samtliche Schliisselkontakte mit Foderationen - mit Dentsu zum Beispiel - praktisch ausschliesslich uber Jean Marie W. gelaufen seien; oder dass er zumindest immer dabei gewesen sei (D 3/61, Ziffer 81 ff / vgl. auch D 17/4/7: Teilnehmerliste zum Nachtessen des Prasidenten der FIFA).

1.5.2.2 Betreffend seine Funktionen (inkl. Zeichnungsberechtigung) gemass Handelsregister kann auf die vorstehenden Ausfuhrungen verwiesen werden. Gemass den ..Group Directorships" (D 8/2/9) war er 1999 gruppenweit in folgenden Gesellschaften mit nachstehenden Funktionen betraut:

Sporis Holding AG: Generaldirektor + Verwaltungsrat ISMM Investments AG: Co- Verwaltungsratsprasident ISL Marketing AG: Verwaltungsratsprasident ISL Properties AG: Verwaltungsratsprasident ISL International AG: Verwaltungsratsprasident ISL Asia Pacific Ltd: Verwaltungsratsprasident ISL Marketing Espana: Sekretar/Director ISL Futbol S.R.L: Director ISL Futbol Argentina S.A.: Director Santa Monica Sports, S.L: Vizeprasident Santa Monica Publicadad.: Director C.I:G.: Director ISL Marketing France AG: ISL Marketing AG durch ihn vertreten ISL Thailand Ltd.: Verwaltungsratsprasident SRI Brussels S.A.; Verwaltungsratsprasident ISL United States, Inc.: Verwaltungsratsprasident Imagine Video Systems..: Superv. Director

1.5.3 Heinz S..

1.5.3.1 Gemass Arbeitsvertrag (D 9/4/4) vom 6. Dezember 1996 zwischen der ISL Marketing AG (nachmalige ISL Worldwide AG vgl. auch D 3/44, Ziffer 73) und Heinz S.. war er geschaftsfiihrendes Mitglied des Verwaltungsrates der Gesellschaft, verantwortlich fiir die Abteilung Event Marketing der Gesellschaft und aller Gruppengesellschaften sowie der in diesem Zeitpunkt noch nicht gegriindeten IVS Core Projects B.V.. Von seiner Zustandigkeit wurden die ISL Television Ltd., die affiliierten ISL Mediengesellschaften, der IVS Marketing B.V. und weitere Gruppengesellschaften der IVS ausgenommen (Ziffer 2.1). Die Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Kompetenzen wurden im Einzelnen und sehr detailliert im Funktionsplan und dem Stellenbeschrieb festgelegt (D 9/4/5). Allgemein wurde im Arbeitsvertrag festgehalten, dass er diejenigen Verantwortlichkeiten wahrzunehmen habe, die ublicherweise mit seiner Stellung verbunden seien, und jene Aufgaben und Dienstleistungen zu erbringen habe, die vom Prasidenten der Gesellschaft festgelegt und denjenigen entsprechen wiirden, die angemessenerweise einem geschaftsfuhrenden Mitglied des Verwaltungsrates, das fur die Abteilung Event Marketing verantwortlich sei, zugewiesen wiirden. Dementsprechend verfiige er iiber die Entscheidungsbefugnis, die zur ordnungsgemassen Erfullung seiner Aufgaben erforderlich sei, wozu unter anderem Administrativ-, Organisations- und Personalangelegenheiten gehoren wiirden (Ziffer 2.2). Dies unter Vorbehalt der gesondert festgehaltenen Beschrankungen (D 9/4/6). Heinz S.. war Mitglied des Group Management Boards. Im Weiteren wurde er unter Vorbehalt der Wahl durch die Generalversammlung zum geschaftsfuhrenden Mitglied des Verwaltungsrates ernannt. Betreffend das Rapportwesen kann auf das bereits Dargelegte verwiesen werden. Das Personal der Abteilung Event Marketing war ihm in operativer und disziplinarischer Hinsicht unterstellt. Im Zusammenhang interessiert, dass er gemass Anhang 2 zum Arbeitsvertrag (D 9/4/6) Vertrage und Vereinbarungen, die nicht im Budget enthalten waren, nicht ohne die ausdruckliche Zustimmung des Verwaltungsrates der Gesellschaft oder einer Gruppengesellschaft in deren Namen abschliessen durfte (lit. E). Gleiches gait fiir Darlehensaufnahmen, ausser im Rahmen des ordentlichen Geschaftsganges (lit. I).

S.. bezog ein Basisjahresgehalt von CHF 500'000.~ und war in ein Bonussystem eingebunden. Gemass Lohnausweis hatte er im Jahr 2000 ein Bruttosalar von CHF 1'002'620.- (D 9/4/18).

Heinz S.. wurde bei der Einvernahme vom 9. Februar 2004 folgender Vorhalt gemacht: Gemass Arbeitsvertrag (D 9/4/4) vom 6. Dezember 1996 mit der ISL Marketing AG waren Sie geschaftsfiihrendes Mitglied des Verwaltungsrates der Gesellschaft, verantwortlich fiir die Abteilung Event Marketing der Gesellschaft und aller Gruppengesellschaften sowie der in diesem Zeitpunkt noch nicht gegriindeten IVS Core Projects B.V. Entspricht dieser Vertragsinhalt auch der Umsetzung in der Praxis? Er gab an,

dass im Bereich Marketing seine damalige Tatigkeit dem vertraglichen Inhalt entspreche, jedoch nicht was IVS und virtuelle Werbung betreffe. Fiir diesen Aufgabenbereich sei er nie zustandig gewesen. Zusatzlich sei auch das Projekt Tennis nicht in seinem Verantwortungsbereich gewesen;

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auch nicht, was Sponsoring oder Marketing betreffe (D 3/44, Ziffer 71).

Zur Frage, welche Aufgabenbereiche in der Praxis seine Funktion als CEO der Gruppe umfasst habe, gab er an,

dass er einerseits alle seine Aufgaben im Bereich Marketing behalten habe, d.h. er sei weiterhin verantwortlich fiir eine Anzahl Projekte geblieben, wie zum Beispiel Fussball, Leichtathletik, Basketball und andere mehr. Als Zweites habe er eine Anzahl Landergesellschaften gemass Organigramm uberwacht, und drittens sei er als CEO verantwortlich gewesen fiir die Umsetzung und Durchfiihrung der Entscheide vom Verwaltungsrat und ExCo, fiir die linienmassige Fuhrung der ihm direkt unterstellten Fuhrungskrafte, fiir die Entwicklung und Einfiihrung der Fuhrungssysteme (insbesondere auch Personalentwicklung), die periodische Uberprufung der Performance wichtiger Untemehmensbereiche und letztendlich der Leitung der GMB-Sitzungen, iiber die ausfiihrlich und vollstandig Protokoll gefuhrt worden sei (D 3/44, Ziffer 72).

Weiter wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Gemass Anhang 2 zum Arbeitsvertrag durften Vertrage und Vereinbarungen, die nicht im Budget enthalten waren, nicht ohne die ausdriickliche Zustimmung des Verwaltungsrates der Gesellschaft oder einer Gruppengesellschaft in deren Namen abgeschlossen werden (D 9/4/6, lit. E). Gleiches gait fiir Darlehensaufnahmen, ausser im Rahmen des ordentlichen Geschaftsganges (lit. I). Wurden diese Klauseln in der Praxis auch umgesetzt? Er gab an,

dass dies strikte umgesetzt worden sei. Und das zeige auch klar seine Limitierung des Aufgaben-und Verantwortungsbereichs (D 3/44, Ziffer 74).

Das Arbeitsverhaltnis mit Heinz S.. wurde von der ISL Worldwide am 16. Oktober 2000 auf den 31. Dezember 2000 (D 9/4/7) gekundigt, und er wurde mit sofortiger Wirkung von samtlichen Aufgaben freigestellt (vgl. auch D 3/44, Ziffer 24, Zur Kiindigung vgl. auch D 9/4/10).

1.5.3.2 Betreffend seine Funktionen (inkl. Zeichnungsberechtigung) gemass Handelsregister kann auf die vorstehenden Ausfuhrungen verwiesen werden. Gemass den ..Group Directorships" (D 8/2/9) war er 1999 gruppenweit in folgenden Gesellschaften mit nachstehenden Funktionen betraut:

ISMM Investments AG: Verwaltungsrat ISL Marketing AG: Verwaltungsrat ISMM Investments UK pic: Director ISL Tennis Marketing AG: Director ISL Asia Pacific Limited: Verwaltungsrat ISL Futbol Argentina S.A.: Stv. Direktor Santa Monica Sports, S.L.: Director Santa Monica Publicadad.: Director Expublisa: Director CPG: Director Challenge Holding...: Superv. Board

1.5.4 Daniel B.

1.5.4.1 Daniel B. hatte im Laufe seiner Tatigkeit in der Gruppe verschiedene Arbeitsvertrage abgeschlossen (D 9/1/1/1, D 9/1/2, D 9/1/3, D 9/1/7, D 9/1/10, D 9/1/18, D 9/1/20). Gemass Arbeitsrahmenvertrag (D 9/1/13, vgl. auch den Arbeitsvertrag gleichen Datums D 9/1/15) mit der ISL Marketing AG (nachmals ISL Worldwide) vom 14. April 1998 war er geschaftsfiihrendes Verwaltungsratsmitglied der Gesellschaft ..Managing Director" und Mitglied des ..General Managements". Er war auch Mitglied des Group Management Boards (Ziffer 2.1 + 2.1.1). In dieser Funktion hatte er alle Aufgaben und Befugnisse wahrzunehmen, die ihm durch den Verwaltungsrat der ISMM oder das Group Management Board ubertragen oder zugeteilt worden waren (Ziffer 2.1.1). Er war als geschaftsfiihrendes Mitglied der Gesellschaft mit der Verantwortung fiir alle Bereiche Television und Medien der Gesellschaft und weltweit aller ISL Gruppengesellschaften unter Einschluss der IVS Core Projects B.V zustandig; jedoch unter Ausschluss aller anderen IVS Gesellschaften und sonstigen Gruppengesellschaften der IVS, aller Fernseh- und Medienbereiche, die im Vereinigten Konigreich durch die Fernsehgesellschaften des Vereinigten Konigreiches gemass separat angefiihrten Bestimmungen geregelt waren (Ziffer 2.1.2 und Ziffer 2.1.3). Er hatte 50% seiner Arbeitszeit der ISL Marketing AG und der ISMM Investements AG zur Verfugung zu stellen. Die restlichen 50% hatte er den britischen Fernsehgesellschaften zu widmen, namlich der ISL Televisions Ltd. und der ISL Productions Ltd. (Ziffer 2.1.3). Ihm waren die Angestellten dieser beiden Gesellschaften unterstellt (Ziffer 2.1.3). Mit diesen Gesellschaften und der ISL Marketing AG wurden separate Arbeitsvertrage abgeschlossen (Ziffer 2.1.2 und Ziffer 2.1.3). Die Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Kompetenzen wurden im Einzelnen und sehr detailliert im Funktions-

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plan und dem Stellenbeschrieb festgelegt (D 9/1/4-6, D 9/1/8, D 9/1/11, D 9/1/14, D 9/1/16, D 9/1/18, S. 9 f.) (zu seinen allgemeinen, im Vertrag festgehaltenen Pflichten vgl. Ziffer 2.1.3); dies unter Vorbehalt der gesondert festgehaltenen Beschrankungen (D 9/1/6, D 9/1/9, D 9/1, 12). Daniel B. rapportierte dem CEO der Gruppe, d.h. Heinz S.. (Ziffer 2.3); nach dessen Ausscheiden dem Verwaltungsratsprasidenten der Gesellschaft und dem Verwaltungsrat (vgl. Ziffer 2.3. des Arbeitsvertrages von Heinz S..). In Abweichung des Rahmenarbeitsvertrages wurde im Arbeitsvertrag mit der ISL Marketing AG vom 23. Juli 1998 festgelegt, dass er 80% seiner Arbeitszeit der ISL Marketing AG und der ISMM Investements AG zur Verfugung zu stellen hatte (Ziffer 2.2). Sein Jahresgehalt betrug CHF 607'000'000.-(Ziff. 3.1 in Vbd. mit Ziff. 4.1, vgl. auch die Angaben zu seinem Saiar in D 9/1/28-34).

Daniel B. wurde folgender Vorhalt gemacht: Sie waren gemass Arbeitsrahmenvertrag mit der ISL Marketing AG vom 14. April 1998 geschaftsfiihrendes Verwaltungsratsmitglied der Gesellschaft ..Managing Director" und Mitglied des ..General Managements". Sie waren auch Mitglied der Generaldirektion der ISMM Investments AG (D 9/1/13). Entspricht dieser Vertragsinhalt auch der Umsetzung in der Praxis? Was er bestatigte. Mit Bezug auf den Vorhalt „Sie waren als geschaftsfiihrendes Mitglied der Gesellschaft fur alle Bereiche Television und Medien der Gesellschaft und weltweit aller ISL Gruppengesellschaften unter Einschluss der IVS Core Projects B.V. zustandig. Entspricht dieser Vertragsinhalt auch der Umsetzung in der Praxis?" prazisierte er, dass dies zu bejahen sei, wenn das auf die Bereiche TV und Medien beschrankt sei. Den folgenden Vorhalt bzJean-Marie W. Frage bejahte er ebenfalls:" Hans-Peter JEAN-MARIE W. hat in seiner Einvernahme vom 6. Juni 2001 angegeben, dass Sie in der Zeit, als Heinz S.. noch im „Amt" gewesen sei, samtliche Verkaufe im Zusammenhang mit dem ganzen Fernseh- sowie Tennisbereich unter sich gehabt hatten (D 3/2, Ziffer 24). Ist das richtig?" (D 3/49, Ziffer 61 ff.)

1.5.4.2 Betreffend seine Funktionen (inkl. Zeichnungsberechtigung) gemass Handelsregister kann auf die vorstehenden Ausfuhrungen verwiesen werden. Gemass den „Group Directorships" (D 8/2/9) war er 1999 gruppenweit in folgenden Gesellschaften mit nachstehenden Funktionen betraut:

ISMM Investments AG: Verwaltungsrat ISL Marketing AG: Verwaltungsrat ISL Tennis Marketing AG: Verwaltungsrat Imagine Video Systems..: Superv. Direktor

1.5.5 Hans-Jürg S.

1.5.5.1 Gemass Rahmenarbeitsvertrag (D 9/3/4) vom 1. Februar 1999 mit der ISL Marketing AG (der nachmaligen ISL Worldwide) war Hans-Jurg S. Vizeprasident und Chief Financial Officer (CFO) der Gesellschaft und Mitglied des Group Management Boards (Ziffer 2.1). Als CFO war er weltweit fiir samtliche finanziellen Belange der Gesellschaft und der ISL Gruppengesellschaften mit Ausnahme der Sporis Holding AG zustandig (Ziffer 2.1.1). Dazu gab Hans-Jurg S. bei der Einvernahme vom 6. Februar 2004 an,

dass der Vertragsinhalt der Umsetzung in der Praxis entspreche. Auf die Frage, was konkret „samtliche finanziellen Belange der Gesellschaft" bedeute, gab er an, dass das in der Umsetzung geheissen habe, dass er direkten Kontakt mit den Finanzleuten vor Oil gehabt habe, also mit verschiedenen Gesellschaften, die eigentlich in einer "Matrix-Organisation" auch an ihn rapportiert hatten. Dadurch habe er eine gewisse Aufsichtsfunktion ausiiben konnen iiber die Tatigkeiten der Tochtergesellschaften in finanziellen Belangen. Auf Befragen gab er an, dass "Matrix" in dieser Beziehung bedeute, dass man formell einem lokalen Direktor unterstellt gewesen sei, aber, was finanzielle Fragen anbelange, an ihn rapportiert worden sei (D 3/43, Ziffer 100 ff.).

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Fiir seine Tatigkeit als CFO, welche in einem separaten Vertrag ausfiihrlich umschrieben wurde, hatte er 80% seines Arbeitspensums aufzuwenden (Ziffer 2.1.1). Die restlichen 20 % hatte er der steuerlichen Beratung der Sporis Holding AG zu widmen (Ziffer 2.1.2). Hans-Jürg S. rapportierte dem CEO der Gruppe (Ziffer 2.3), d.h. Heinz S.., nach dessen Ausscheiden Daniel B.. Die Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Kompetenzen wurden im einzelnen und sehr detailliert im Funktionsplan und dem Stellenbeschrieb festgelegt (D 9/4/5: Heinz S..; zu seinen allgemeinen, im Vertrag festgehaltenen Pflichten vgl. Ziffer 2.2); dies unter Vorbehalt der gesondert festgehaltenen Beschrankungen (D 9/4/6: Heinz S..). Sein Basisjahresgehalt betrug fur das Jahr 1999 CHF 600'000.~ (Ziffer 3.1 in Vbd. mit Ziffer 4.1 / zum Gehalt vgl. D 9/3/7 ff.)

Seine Aufgabe als CFO umschrieb er folgendermassen:

Was es bei der ISMM Gruppe bedeutet habe sei, dass er der Chef der Finanzabteilung gewesen sei, welche in drei Unterabteilungen aufgeteilt gewesen sei: Controlling, Treasury und Accounting. Im Besonderen sei er zustandig gewesen fiir die strategischen finanziellen Belange, in welchen er dem ExCo und dem Verwaltungsrat zur Seite gestanden habe. Als Beispiel: die Implementierung des ABS (Asset Backed Securitisation) und IPO. Insbesondere auch den Aufbau von Unterneh-mungsstrukturen in neuen Landern, z.B. Korea, Japan, Brasilien. Ein wichtiges Verantwortungsfeld sei auch die weltweite Steuerminimierung des Konzerns gewesen (D 3/43, Ziffer 103).

1.5.5.2 Betreffend seine Funktionen (inkl. Zeichnungsberechtigung) gemass Handelsregister kann auf die vorstehenden Ausfuhrungen verwiesen werden. Gemass den ..Group Directorships" (D 8/2/9) war er 1999 gruppenweit in folgenden Gesellschaften mit nachstehenden Funktionen betraut:

Sporis Holding AG: Verwaltungsrat ISMM Investments AG: Verwaltungsrat ISL Marketing AG: Verwaltungsrat ISL Tennis Marketing AG: Director ISL International AG: Verwaltungsrat ISL Marketing Deutschl...: Supervisory Board

* 1.5.6 Hans-Peter JEAN-MARIE W. 1.5.6.1

Er war gemass Arbeitsvertrag mit der Sporis Holding AG vom 21. Juni 1999 ..Senior Vice President" und als solcher fiir den gesamten Finanz- und Administrationsbereich der Gesellschaft zustandig (D 9/5/2, Ziffer 2.1), d.h.

fiir das accounting,

was nach seiner Darstellung die Buchhaltung der Sporis Holding umfasst habe (D 3/61, Ziffer 96);

das controlling, wozu er ausfuhrte,

dass dieses nicht durch die Sporis Holding ausgefuhrt worden sei, sondern durch die Controlling Gruppe der ISL Gesellschaften (D 3/61, Ziffer 97);

das treasuring,

was nach seiner Darstellung eine relativ kleine Funktion gewesen sei, wo es lediglich darum gegangen sei, die Mittel der Gesellschaft zu verwalten; die Salare und die operativen Kosten zu bezahlen. Es sei auch eine raumliche Frage gewesen. Die Sporis Holding sei in Sarnen und die

Gruppengesellschaften in Luzern und spater in Zug gewesen. Und diese hatten das Treasuring selbst gemacht (D 3/61, Ziffer 98). Auf die Frage ob er diese Aufgaben spater auch bei der ISMM AG wahrgenommen habe, gab er folgendes an: Accounting nicht, dafiir habe es ein accounting department gegeben. Beim treasuring habe es fiir das operative treasuring eine Fachstelle bei ISL / ISMM gegeben. Im

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treasuring Bereich habe er sich vor allem mit Finanzplanung befasst, welche die ganze Gruppe umfasst habe (D 3/61, Ziffer 100 ff.).

Gemass Arbeitsvertrag hatte er auch die Aufgaben des Sekretars des Verwaltungsrats der Gesellschaft und nach Bedarf auch derjenigen von Gruppengesellschaften wahrzunehmen. Dazu gab er an,

dass er nicht Sekretar des Verwaltungsrates im Sinne des Handelsregisters gewesen sei, sondern er habe den Sekretar des Verwaltungsrates insofern unterstutzt, als er fiir ihn Protokolle und das Aktienbuch gefuhrt und solche Aufgaben ubernommen habe (D 3/61, Ziffer 102, vgl. auch die Angaben von Christoph M. D 3/62, Ziffer 138).

Im Einzelnen werden die Funktionen im Vertrag wie folgt umschrieben: Leitung und Uberwachung aller Finanz- und Administrationsaufgaben der Sporis Holding AG und ihr angegliederten Verwaltungsgesellschaften (im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages Lofa Anstalt und ISL Properties AG), insbesondere Buchhaltung, Con-trolling, Cash Management und Steuern. Ihm wurde dazu die Frage gestellt, ob er diese Funktion in der umschriebenen Art auch wahrgenommen habe, worauf er angab,

dass er die Buchhaltung bei alien Gesellschaften gemacht habe, controlling und cash management habe er sicher auch gemacht, Steuern nicht. Die Steuern seien grundsatzlich von der KPMG betreut worden; er habe dort lediglich mitgeholfen beim Bereitstellen von Unterlagen (D 3/61, Ziffer 103).

Der Vertrag sah des Weiteren die Ubernahme von Spezial-Aufgaben im Zusammenhang mit Akquisitionen, Zusammenarbeitsvertragen, Projektfinanzierungen etc. vor. Zu diesem Passus gab er an,

dass er sich nicht mehr daran zu erinnern vermoge, dass er da speziell mitgearbeitet hatte. Das Problem sei gewesen, dass Vertrage meist ohne Mitwirkung von Finanzleuten abgeschlossen worden seien (D 3/61, Ziffer 104).

Zum vertraglichen Teil: Mitarbeit im Projekt Team fur strategische Finanzierung der Sporis Gruppe gab er an,

dass er sich nur an gewisse Projektberechnungen erinnern konne, die er fiir ein athletisches Projekt gemacht habe; er habe auch einmal Berechnungen gemacht fur ein Fernsehprojekt der FIFA; an Details konne er sich aber nicht mehr erinnem(D 3/61, Ziffer 105).

Zum vertraglichen Teil: Ausbau und Pflege der Beziehungen zu den Hausbanken der Unternehmensgruppe gab er an,

dass wenn der Untersuchungsrichter darunter Kontakte mit den Banken (mit der BNP, der UBS) meine, dann stimme das (D 3/61, Ziffer 106).

Zum vertraglichen Teil: Mitarbeit bei der strategischen Planung auf Gruppenebene gab er an, dass er sich nicht mehr daran zu erinnern vermoge,

dass er da etwas mitgearbeitet hatte. Das sei vor allem von Christoph M. gemacht worden (D 3/61, Ziffer 107).

Zum vertraglichen Teil: Tatigkeit als Sekretar der Verwaltungsrate der verschiedenen schweizerischen Gesellschaften der Sporis Gruppe gab er an,

dass da dasselbe gelte, was er vorhin gesagt habe: Er sei nie Sekretar des Verwaltungsrates gewesen, aber er habe mitgearbeitet (ich "Idiot") (D 3/61, Ziffer 108).

Hans-Peter JEAN-MARIE W. wurde im Weiteren gefragt, ob er mit dem Zahlungswesen befasst gewesen sei. Dazu gab er an,

dass das auch eine Frage des Zeitpunktes sei: Wahrend seiner Tatigkeit fur die Sporis Holding habe er selbstverstandlich auch deren Zahlungswesen zu betreuen gehabt. Auf Befragen gab er an, dass er das mit Bezug auf die ISMM AG nicht mehr sagen konne. Er wisse nicht mehr, wer die Zahlungsauftrage der ISMM unterzeichnet habe. Auf Befragen gab er an, dass Frau Thiirig im Cash-Pooling-Bereich die Ausfiihrung der Zahlungen gemacht habe, zusammen mit Hans-Jurg S.. Darauf wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Ich habe Herrn Hans-Jürg S. folgende Frage gestellt: "Gab es eine spezifische Arbeitsteilung zwischen Hans-Peter JEAN-MARIE W. und Frau Thiirig?" Seine Antwort lautete: "Grundsatzlich hat Frau Thiirig die

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Zahlungen vorbereitet und sie nach Zustimmung durch Hans-Peter JEAN-MARIE W. auch ausgefuhrt." Sie haben vorhin erklart, dass Frau Thiirig im Cash-Pooling-Bereich die Ausfiihrung der Zahlungen zusammen mit Hans-Jürg S. gemacht habe. Ihr Kommentar vor diesem Hintergrund zur Aussage von Hans-Jürg S.? Darauf gab er an, dass man sich das praktisch vorstellen miisse: Frau Thiirig habe aufgrund verschiedener Informationen Zahlungen zusammengestellt (seien das Vertragszahlungen, Rechnungen etc. gewesen). Aufgrund des zu erwartenden Zahlungsausganges habe man das hinsichtlich Finanzplanung besprochen. Aufgrund dieser habe er dann seinen Kommentar dazu gegeben, dann seien die Zahlungen ausgelost worden von Frau Thiirig und von Hans-Jurg S. gegengezeichnet. Das sei der Ablauf gewesen (D 3/61, Ziffer 109 ff).

Hans-Peter JEAN-MARIE W. rapportierte dem CFO (gemass Vertrag dem ..General Manager" der Sporis Holding AG) und hatte fur seine Tatigkeit Anspruch auf ein Zielgehalt von CHF 382'000.- (Fix: CHF 338'000.- / Bonus: CHF 44'000.- / Ziffer 3.1).

Hans-Jiiro S. wurde zur Position von Hans-Peter JEAN-MARIE W. folgender Vorhalt gemacht: Hans-Peter JEAN-MARIE W. war gemass seinem Arbeitsvertrag u.a. fiir das Accounting, Controlling und Treasuring der Gesellschaft (wahrscheinlich ist die Sporis Holding AG gemeint) zustandig. Ist die Feststellung richtig, dass Hans-Peter JEAN-MARIE W. fiir diese Bereiche auf der Ebene der Einzelgesellschaft (Sporis Holding AG), Sie hingegen auf der Ebene Gruppe zustandig waren? Er gab dazu an,

dass das soweit richtig sei, bis zur Fusion der ISMM Investment AG in die Sporis Holding. Es solle auch ein neuer Arbeitsvertrag vorliegen. Seine Funktion sei nicht mehr Controlling und Accounting, sondern Head Treasuring fiir die Gruppe gewesen. Auf die Frage, welche Aufgaben das Treasuring, so wie es von Hans-Peter JEAN-MARIE W. wahrzunehmen war, umfasst habe, gab er an, dass man das Treasuring in verschiedene Funktionen aufgliedem konne: Erstens: Tagesgeschaft, Zahlungseingange priifen, Zahlungsausgange auslosen. Zweitens: Pflege der Bankenbeziehungen, Erstellen der kurz-, mittel- und langfristigen Cashflows (D 3/43, Ziffer 104 ff.).

Christoph M. gab auf die Frage, fiir welche Bereiche Hans-Peter JEAN-MARIE W. zustandig gewesen sei, an, dass dieser unter der Fiihrung von Hans-Jürg S. Mitarbeiter der Finanzabteilung gewesen sei und nach seinem Verstandnis hier zusammen mit S. insbesondere an der Planung, Budgetierung mitgearbeitet habe (D 3/62, Ziffer 139).

1.5.6.2 Betreffend seine Funktionen (inkl. Zeichnungsberechtigung) gemass Handelsregister kann auf die vorstehenden Ausfuhrungen verwiesen werden.

1.5.7 Die Stellung der Beschuldigten im Uberblick

ISMM AG

Christoph M.: Prasident des Verwaltungsrats mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Mitglied des GMB, Bankkonten: Unterschrift zu zweien

Jean-Marie JEAN-MARIE W.: Bis 19.06.2000 Generaldirektor, danach Vizeprasident des Verwaltungsrats mit Unterschrift zu zweien, Prasident des ExCo, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Bankkonten: Unterschrift zu zweien

Heinz S..: Bis 17.10.2000 bzJean-Marie W. 22.12.2000: Verwaltungsrat mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Mitglied des ExCo, CEO der ISMM Gruppe, Vorsitzender und Mitglied des GMB

Daniel B.: Ab 19.06.2000 Verwaltungsrat mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Mitglied des ExCo, Mitglied des GMB, ab dem 17.10.2000 CEO der ISMM Gruppe, ab 17.10.2000 Vorsitzender und Mitglied des GMB

Hans Jura S.: Verwaltungsrat bis 1.12.2000 und ab 9.02.2001 Direktor mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Bankkonten: Unterschrift zu zweien

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Bis 19.06.2000 Vizedirektor, danach Direktor mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Bankkonten: Unterschrift zu zweien

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ISL Worldwide

Christoph M.: Bankkonten Unterschrift zu zweien

Jean-Marie JEAN-MARIE W.: Verwaltungsratsprasident mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Bankkonten Unterschrift zu zweien

Heinz S..: Verwaltungsrat mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit

Daniel B.: Verwaltungsrat mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit

Hans Jura S.: Verwaltungsrat mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Bankkonten Unterschrift zu zweien

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Ab 22.12.2000 Verwaltungsrat mit Unterschrift zu zweien, vertragliche Geschaftsfiihrungstatigkeit, Bankkonten Unterschrift zu zweien

2. Finanzielle Situation der ISMM Gruppe und einzelner Konzernaesellschaften

2.1 Einleituno

2.1.1 Vor dem Hintergrund der zu beurteilenden Tatvorwurfe kann darauf verzichtet werden, Einzelheiten zu finanztechnischen Ablaufen darzustellen. Allerdings ist im Zusammenhang mit der Liquiditatsversorgung der einzelnen Gruppengesellschaften von Bedeutung, dass die meisten Zahlungseingange bei der ISMM AG, der ISL Worldwide und der ISL Marketing AG anfielen; dies als Folge des Umstandes, dass diese Gesellschaften die Vertragspartner der rights-out Vertrage waren (vgl. die Vertrage in D 8/3/1 ff.). Die Zahlungsverpflichtungen gegeniiber den Rechtegebern bestanden weitgehend bei den gleichen Gesellschaften oder Tochtergesellschaften. Die Zahlungsstrome waren dadurch weitgehend zentral gepoolt und wurden je nach Bedarf an die jeweiligen Tochtergesellschaften zur Begleichung der dort anfallenden Kosten weitergeleitet (etwa D 5/128, D 6/3/1/31, Seite 2).

Hans-Jürg S. wurde die Anzeige vom 6. April 2001 vorgelegt, gemass welcher dem Konto Nr. 248-594050.01 P, lautend auf ISL Worldwide bei der UBS Luzern, CHF 130'610.55.- gutgeschrieben wurden und als Zahlungsgrund „Cash Pooling Gutschrift Sollzins Teilnehmer VP" genannt ist (D 5/129/376). Es wurde ihm folgende Frage gestellt: Erklaren Sie bitte das System des Cash Poolings, wie es in der ISMM Gruppe gehandhabt wurde! Er gab an,

dass es kein echtes Cash Pooling gewesen sei, so wie sie es verstehen wiirden. Es habe eine Credit Facility gegeben, woran vier ISMM AG Gesellschaften partizipiert hatten. Jede Gesellschaft habe aber separate Konti unterhalten bei der UBS. Er wisse nicht genau, worum es hier bei der Gutschrift Sollzins gegangen sei. Er konne sich vorstellen, dass die Bank selber eine Art Cash Pooling iiber die verschiedenen ISMM AG Gruppen Konti gefuhrt habe (D 3/43, Ziffer 52).

Hans-Peter JEAN-MARIE W. erklarte auf die gleiche Frage,

dass die vertraglichen Zahlungen der Geschaftspartner jeweils an die einzelnen Gesellschaften in der ISMM Gruppe erfolgt seien, welche deren Vertragspartner gewesen seien. Diese Konti seien dann durch die UBS - er glaube taglich - zusammengefasst und in einem Konto gepoolt worden, damit sich negative Konti mit positiven saldiert hatten (D 3/61, Ziffer 55).

Die Frage, nach welchem Prinzip in der ISMM Gruppe die finanzielle Versorgung der einzelnen Gruppengesellschaften erfolgt sei, beantwortete Hans-Jurg S. folgendermassen:

Grundsatzlich sei die vorhandene Liquiditat bei der ISL Worldwide gewesen, welche auch - mit Ausnahme der TV-Zahlungen - Empfanger der meisten Zahlungseingange gewesen sei. Wiederum mit Ausnahme der ISMM AG fiir die TV-Zahlungseingange, konnten die meisten ubrigen ISL Worldwide Gesellschaften als so genannte Servicegesellschaften betrachtet werden, deren Aufwendungen durch die ISL Worldwide hatten beglichen

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werden mussen (D 3/43, Ziffer 54, vgl. auch D 3/1, Ziffer 1, Seite 3).

2.1.2 Am 13. Juli 1999 wurde zwischen der Sporis Holding AG, der ISMM Investments AG, der ISL Marketing, der ISL Tennis Marketing AG einerseits und der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA sowie der UBS AG andrerseits ein Kreditvertrag abgeschlossen, welcher ein Volumen von insgesamt CHF 277'000'000.- hatte (D 6/3/10/1 ff.). Da den solidarisch haftenden Kreditnehmern im Rahmen einer Swing Line auf alien Kontokorrentkonten Uberziige bis zu einem Maximalbetrag von CHF 20'000'000.- gestattet waren, errechnete die UBS AG taglich eine Nettoposition all dieser Konten (D 5/124/5, D 5/124/44, vgl. insbesondere D 5/124/45-77).

2.1.3 Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Liquiditatsversorgung in dem vom CFO und Treasurer beschriebenen Sinne d.h. uber die UBS Konten bzJean-Marie W. insbesondere die ISL Worldwide und von dort an die Gruppengesellschaften erfolgte.

2.2 Gutachten

2.2.1 Verschiedene finanzielle Aspekte waren Gegenstand eines am 15. September erteilten und mit Schreiben vom 16. Oktober 2003 modifizierten buchhalterischen Gutachtensauftrages (D 7/C/14 und 34). Der Gutachter wurde u.a beauftragt

- die Jahresrechnungen der ISMM AG und der ISL Worldwide fiir das Jahr 2000 einem ..review" zu unterziehen, worunter im Sinne des Auftrages eine kritische Durchsicht unter Beriicksichtigung schweizerischer, brancheniiblicher Buchhaltungskriterien verstanden wird;

- da aus den Untersuchungsakten ersichtlich war, dass bei der ISMM Gruppe im Jahr 2000 eine Umstellung der Rechnungslegung nach IAS (International Accounting Standards) erfolgte, war zudem die Frage zu beantworten, ob die Abweichungen zwischen dem IAS und dem OR Abschluss von nennenswerter Bedeutung waren;

- zudem waren Gewinn, Verlust, Eigenkapital, Uberschuldung, Liquiditat, llliquiditat fur folgende Zeitpunkte und Gesellschaften festzustellen (objektive Faktoren):

Zeitpunkt Gesellschaft/en

30. Juni 2000 ISMM AG / ISL Worldwide 1 September 2000 ISMM AG / ISL Worldwide 2 Dezember 2000 ISMM AG / ISL Worldwide 17.Januar2001 ISMM AG / ISL Worldwide

Zu begrifflicher Klarstellung wurden im Auftrag verwendete Begriffe wie folgt definiert:

Gewinn: Positive Differenz zwischen Ertrag und Aufwand 18

Verlust: Negative Differenz zwischen Aufwand und Ertrag' -19

Eigenkapital: Kapital, welches der Unternehmung unbefristet von aussen (Eigenttimer) oder

innen (selbsterarbeitetes Kapital) zur Verfugung steht20

Uberschuldung: Das gesamte Eigenkapital ist rechnerisch durch einen Bilanzverlust aufgebraucht und das Fremdkapital ist nicht durch Vermogensgegenwerte gedeckt21

Liquiditat: Fahigkeit, fallige Zahlungsverpflichtungen uneingeschrankt erfullen zu kfinnen22

llliquiditat: Unfahigkeit, falligen Zahlungsverpflichtungen ganz oder teilweise nachzukommen 23

18

Thommen, a.a.O., 216 19

Thommen, a.a.O., 216, vgl. auch 558 20

Thommen, a.a.O., 146, vgl. auch Forstmoser, Meier-Hayoz, Nobel, § 49, N 1 ff. 21

Thommen, a.a.O., 532 22

Thommen, a.a.O., 334 23

Thommen, a.a.O., 241 - Zusatzlich wurden dem Gutachter verschiedene konsolidierte und Einzelabschliisse mit Bezug auf die

48

Zeitpunkte 30. Juni, 30. September und 31. Dezember 2000 ausgehandigt. Dabei waren die Fragen zu beantworten, ob die Gruppe oder die einzelnen Gesellschaften an den jeweiligen Daten liquid oder illiquid und uberschuldet war bzJean-Marie W. waren. Die Feststellung hatte einzig und allein auf der Basis der Abschliisse zu erfolgen (Grundlage fiir Schlussfolgerungen mit Bezug auf subjektive Faktoren).

2.2.2 Wie den Eriauterungen des Gutachters entnommen werden kann, verwendet auch er die unter vorstehender Ziffer erwahnten Begriffe im Sinne der dargelegten Definitionen (D 7/D/1, S. 2, Ziffer 3). Mit Bezug auf die llliquiditat machte er folgende Prazisierung. „Eine Unternehmung ist illiquid, wenn fallige Verpflichtungen den Bestand an flussigen Mitteln und unbenutzten Krediten iibersteigen und dieses Manko nicht aufgrund von erwarteten Zahlungseingangen, bzJean-Marie W. Mittelbeschaffungen kurzfristig behoben werden kann (D 7/D/1, S. 3)."

Mit Blick auf die moglichen Tatbestandserfiillungen sollten sich das Review und die Feststellung von Gewinn, Verlust, Eigenkapital, Uberschuldung, Liquiditat und llliquiditat auf die ISMM AG und die ISL Worldwide beschranken. Der Gutachter vertritt den Standpunkt, dass diesbeziigliche Aussagen betreffend die Einzelgesellschaften mit Ausnahme der llliquiditat gemacht werden konnen. Mit Bezug auf die Liquiditat bzJean-Marie W. llliquiditat sei dies deshalb nicht sinnvoll, weil die ISMM Gruppe im ganzen fiir das Gutachten relevanten Zeitraum bei einem Bankenkonsortium iiber einen Kreditrahmen von CHF 277'000'000.-- verfiigt habe. Die Beniitzung von Krediten habe durch jede Gruppengesellschaft erfolgen konnen, und eine Aufteilung des unbenutzten Kreditrahmens auf eine einzelne Gesellschaft sei in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll. Der unbenutzte Kreditrahmen stelle jedoch eine wesentliche Grundlage zur Bestimmung der Liquiditat bzJean-Marie W. llliquiditat dar. Die von ihm eingesehenen Unterlagen wurden denn auch darauf hinweisen, dass die Gruppe selbst Liquiditatsuberlegungen immer nur auf konsolidierter Basis vorgenommen habe (D 7/D/1, Ziffer 5.1, S. 8 + 9). Dass Liquiditatsberechnungen auf Konzernbasis vorgenommen wurden, wird durch die im Rahmen der Untersuchung erhobenen Unterlagen bestatigt (D 8/4/10-11, D 8/4/17-18, D 8/4/27, D 8/4/29-30, D 8/4/32).

Der Gutachter fiihrt diesbeziiglich als allgemein iiblich an, dass sich in jedem finanziell angespannten Konzern die Liquiditat sehr kurzfristig immer in jene Gruppengesellschaft verschiebe, wo diese am dringendsten gebraucht werde (D 7/D/1, Ziffer 5.1, S. 9). Diese allgemeine Feststellung wird durch die Bankunterlagen fiir den Zeitraum 18. September 2000 bis Konkurseroffnung (Kt. Nr. 248-594050.60J, lautend auf ISL Worldwide bei der UBS Luzern) und den Zeitraum 17. Oktober 2000 bis Konkurseroffnung (Kt. Nr. 248594050.01 P, lautend auf ISL Worldwide bei der UBS Luzern) bestatigt (D 5/128/3 ff. und D 5/129/3 ff, vgl. auch die Geldflussanalyse D 7/B). Seinem Schluss, wonach dadurch an einem bestimmten Stichtag entweder die ganze Gruppe illiquid war oder nicht, kann unter Beriicksichtigung der konkreten Verhaltnisse - zugestimmt werden.

Ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht und auf Grund der konkreten Ausgestaltung der Liquiditatsversorgung der einzelnen Konzerngesellschaften der Schluss zulassig, dass bei Liquiditat/llliquiditat der gesamten Gruppe diese auch bei den fraglichen Einzelgesellschaften gegeben ist, so ware eine partielle Betrachtungsweise von rein akademischem Interesse und dadurch unnotig. Mit dem Untersuchungsrichter ist festzuhalten, dass die Uberlegungen des Gutachters aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar sind und dem Faktum der Konzernrealitat Rechnung tragen. In strafrechtlicher Hinsicht wird zu berucksichtigen sein, dass Ersatzfahigkeit bei den ..veruntreuenden Gesellschaften", d.h. bei der ISMM AG und insbesondere der ISL Worldwide, gegeben sein musste. Ob sie bei anderen Gruppengesellschaften gegeben war, ist demzufolge in objektiver Hinsicht nicht von Bedeutung, weshalb deren Leistungsfahigkeit grundsatzlich auch keiner Klarung bedurfte.

2.2.3 Die Frage, ob Abweichungen zwischen dem IAS und dem OR Abschluss von nennenswerter Bedeutung gewesen seien, wird vom Gutachter bejaht. Wahrend des Jahres seien fur interne Zwecke hauptsachlich Abschliisse nach IAS und nur bei der Erstellung der statutarischen Abschliisse am Jahresende sei ein Abschluss nach obligationenrechtlichen Rechnungslegungsstandards erstellt worden. Die Abweichung stellt er wie folgt dar:

Eigenkapital per ISMM AG ISL Worldwide 31.12.2000 in Mio. CHF

49

OR Abschluss -121.8 -318.1 Abweichung IAS / OR 379.1 68.4 Abschluss

Dass das Eigenkapital gemass OR Abschluss betrachtlich hoher war als gemass IAS wird auf

die unterschiedliche Erfassung der Gewinnrealisation uberjahriger Projekte und der unterschiedlichen Verbuchung der Kursdifferenzen zuruckgefuhrt (D 7/D/1, Ziffer 4.2, S. 4 + 5, zu den Einzelheiten vgl. Seite 5-7, Ziffern 4.2.1 + 4.2.2).

Wesentlich ist dabei sein Schluss, dass mit Bezug auf die Beurteilung von Liquiditat /llliquiditat die Wahl der Rechnungslegungsvorschriften nicht relevant sei, da bei den diesbeziiglichen Bilanzpositionen keine Abweichungen zwischen OR und IAS Abschluss bestunden (D 7/D/1, Ziffer 4.2.3, S. 7).

Die Ergebnisse aus dem review werden vom Gutachter zusammengefasst wie folgt dargestellt (fiir zahlenmassige Einzelheiten und Eriauterungen kann auf D 7/D/1, Ziffer 5.26.2, S. 9-34 verwiesen werden).

2.3 Gewinn. Verlust. Eigenkapital. Uberschuldung. Liguiditat. llliquiditat bei der ISMM AG

2.3.1 Zusammenfassung (D 7/D/1. Ziffer 6.1. S. 33)

30.06.2000 30.09.2000 31.12.2000 17.01.2001

Gewinn oder Verlust kumuliert Gewinn Gewinn Verlust Offen wegen / Ergebnis vom 1. Januar bis fehlendem zum Abschlusszeitpunkt Abschluss

Gewinn oder Verlust in der Gewinn Gewinn Verlust Offen wegen Periode / Ergebnis im fehlendem Semester oder Quartal vor Abschluss dem Abschluss

Uberschuldet Nein Ja Ja Ja

Illiquid Nein Ja Ja Ja

Illiquid wenn Zahlungen Globo Nein Ja Ja Ja und Dentsu nicht erfolgt waren

2.3.2 Auffalligkeiten bei einzelnen Ergebnissen

Per 30.06.2000:

- Es bestand ein Gewinn von CHF 24'362'000.--, wovon allerdings CHF 21'138'000.- den Saldo aller Kursdifferenzen betrafen. Ohne Kursgewinne hatte ein Gewinn von CHF 3'200'000.-- resultiert (D 7/D/1, Ziffer 5.2.1, Seite 9-11).

- Es bestand ein positives Eigenkapital von CHF 108'053'000.-. - Der Eigenkapitalanteil (ca. 4.5%) war sehr gering (D 7/D/1, Ziffer 5.2.2, Seite 12). - Die beanspruchten Kredite und Garantien der Gruppe betrugen CHF 229'800'000.--. Der Gruppe standen

somit in Beriicksichtigung der Borrowing Base von CHF 237'800'000.-- Mittel im Umfang von CHF 8'000'000.-- zur Verfugung (D 7/D/1, Ziff. 5.2.3, Seite 13, vgl. auch D 7/C/44, Ziff. 5, S. 2).

Per 30.09.2000:

- Es bestand ein Gewinn von CHF 37'649'000.--, der vollstandig auf Kursdifferenzen von CHF 38'265'000.-- zuriickzufiihren war. In Beriicksichtigung der nicht vorgenommenen Wertberichtigungen und Abschreibungen hatte jedoch ein Verlust resultiert (D 7/D/1, Ziffer 5.4.1, Seite 20).

- Es bestand gemass Abschluss ein positives Eigenkapital von CHF 151'885'000.--. Unter Beriicksichtigung notwendiger Abschreibungen, Ruckstellungen und Wertberichtigungen war die Gesellschaft allerdings uberschuldet (D 7/D/1, Ziffer 5.4.2, Seite 21+22).

- Die Kreditlimite von CHF 277'000'000.- war durch Kredite und Garantien im Umfange von CHF 275'900'000.-- beansprucht. Ohne die Zahlung von Globo Overseas Investments B.V. von USD 59'207'500.-- ware die Gruppe im Verlaufe des Monats September 2000 zahlungsunfahig geworden und hatte keine Moglichkeit gehabt, diesen Betrag zuriickzuerstatten. Die ISMM AG war per Ende September 2000 illiquid. Der Geschaftsbetrieb konnte nur aufrecht erhalten werden, weil fallige Verpflichtungen teilweise nicht mehr bezahlt wurden (D 7/D/1, Ziffer 5.4.3, Seite 22).

50

Per 31.12.2000:

Es bestand ein Jahresverlust von CHF -443'173'000.--, obwohl die Gesellschaft operativ das ganze Jahr in der Gewinnzone arbeitete. Der Verlust ergab sich auf Grund der notwendig gewordenen ausserordentlichen Wertberichtigungen, Abschreibungen und Ruckstellungen (D

7/D/1, Ziffer 5.6.1, Seite 26). Es bestand ein negatives Eigenkapital von CHF -121'847'000.-- (D 7/D/1, Ziffer 5.6.2, Seite 27+28). Die Gesellschaft war illiquid. Die bereits verfallenen Verpflichtungen iiberstiegen die vorhandenen Mittel erheblich (D 7/D/1, Ziffer 5.6.3, Seite 28+29 / vgl. die detaillierten Ausfuhrungen des

Gutachters).

Per 17.01.2001:

Der Gutachter schliesst mit Bestimmtheit aus, dass die Gesellschaft bis zum 17. Januar 2001 die per 31. Dezember 2000 bestandene Uberschuldung aus eigener Kraft hatte abbauen und sich von ihrer llliquiditat hatte erholen konnen. Die ISMM AG und die ISL Worldwide waren somit am 17. Januar 2001 sowohl illiquid als auch uberschuldet (D 7/D/1, Ziffer 5.8, Seite 32).

2.3.3 Von der ISMM AG ausoelaoerte Vermooenswerte

Am 3. Mai 1999 erteilte die Sporis Holding der BNP Banque Nationale de Paris (Suisse) S.A. einen Vergiitungsauftrag iiber CHF 36'130'220.05. Dieser Betrag wurde einem Konto, lautend auf Sunbow S.A. bei der LGT Bank in Liechtenstein, gutgeschrieben und sowohl bei der Sporis Holding AG als auch bei der Sunbow S.A. unter Rechteerwerbskosten verbucht. Der ausgelagerte Vermogenswert fand in der Folge weder Eingang in die Abschliisse der ISMM AG noch in die konsolidierten Bilanzen der Gruppe.

Im Zeitpunkt, als das Gutachten erstellt wurde, lagen die Erkenntnisse aus dem Rechtshilfeverfahren im Zusammenhang mit dem Nunca/Sunbow Komplex nicht vor, weshalb die diesbezuglichen Zahlen bei der Expertise nicht beriicksichtigt werden konnten. Die nachfolgende Darstellung der Abflusse ab dem Sunbow Konto zeigt jedoch, dass an den in diesem Verfahren relevanten Stichtagen (30. September, 31. Dezember 2000 und dem 17. Januar 2001) nur noch ein Bruchteil der Gesamtsumme vorhanden war, welcher keinen Einfluss auf die Beurteilung der Uberschuldung und llliquiditat hat.

Valuta Betrag in CHF Act.

03.06.1999 1'550'000.00 25/19/6 23.06.1999 775750.00 25/19/9 28.06.1999 386'875.00 25/19/13 14.07.1999 1'650'000.00 25/19/17 03.08.1999 3'691.55 25/19/22 22.09.1999 386'250.00 25/19/26 22.09.1999 386'250.00 25/19/27 04.11.1999 460'440.00 25/19/32 04.11.1999 460'440.00 25/19/32 08.11.1999 184'656.00 25/19/34 26.11.1999 1'000'000.00 25/19/37 15.12.1999 12'147.20 25/19/38 15.12.1999 100'000.00 25/19/39 22.12.1999 429'246.00 25/19/43

23.12.1999 19.01.2000 20.01.2000 20.01.2000 20.01.2000 07.02.2000 07.02.2000 23.02.2000 10.03.2000 10.03.2000 29.03.2000 04.05.2000 08.05.2000 04.05.2000 15.05.2000 31.05.2000 02.06.2000 06.06.2000 27.06.2000 05.07.2000 19.07.2000 21.07.2000 27.07.2000 31.07.2000 27.07.2000 16.10.2000 28.11.2000 15.01.2001 15'975.00 1'000'000.00 799750.00 159'950.00 431 '865.00 1'654'800.00 364'870.00 701.25 534'400.00 835'000.00 125'035.00 51 '675.00 866'500.00 868 000.00 466'803.00 500'000.00 422'875.00 15'000'000.00 500'000.00 409'650.00 446'040.00 2'347.05 3'000 000.00 33'532.00 33'600.00 500000.00 90 000.00 500000.00

51

25/19/45 25/19/52 25/19/54 25/19/55 25/19/56 25/19/58 25/19/59 25/19/63 25/19/64 25/19/65 25/19/69 25/19/77 25/19/83 25/19/79 25/19/85 25/19/89 25/19/91 25/19/93 25/19/97 25/19/102 25/19/104 25/19/106 25/19/109 25/19/108 25/19/111 25/19/115 25/19/117 25/19/121

2.4 Gewinn. Verlust. Eigenkapital. Uberschuldung. Liguiditat. Illiguiditat bei der ISL Worldwide

2.4.1 Zusammenfassuno (D 7/D/1. Ziffer 6.2. S. 34)

Gewinn oder Verlust kumuliert / Ergebnis vom 1. Januar bis zum Abschlusszeitpunkt

Gewinn oder

Verlust

in

der

Periode / Ergebnis im Semester ode

r Quartal vo

r dem Abschluss

Uberschuldet Illiquid Illiquid wenn Zahlungen Globo

und Dentsu nicht erfolgt waren

30.06.2000 30.09.2000 31.12.2000 17.01.2001 Verlust Verlust Verlust

Offen wegen fehlendem Abschluss

Verlust Verlust Verlust Offen wegen fehlendem Abschluss

Nein Ja Ja Ja

Nein Ja Ja Ja

Nein Ja Ja Ja

2.4.2 Auffalliokeiten bei einzelnen Ergebnissen

Per 30. 06.2000:

- Es bestand ein Gewinn von CHF 14'318'000.-, wovon allerdings CHF 47'500'000.-- den Saldo aller Kursdifferenzen betrafen. Ohne Kursgewinne hatte ein Verlust von CHF 33'200'000.-- resultiert. Operativ ergab sich gemass IAS ein negativer EBIT (Earnings before interest and Taxes) von CHF 25'618'000." (D 7/D/1, Ziffer 5.3.1, Seite 14).

- Es bestand ein positives Eigenkapital von CHF 17'486'000.-. - Der Eigenkapitalanteil (ca. 1 %) war sehr gering (D 7/D/1, Ziffer 5.3.2, Seite 15-16).

Per 30.09.2000:

- Es bestand ein Gewinn von CHF 31'832'000.-, der vollstandig auf Kursdifferenzen zuriickzufiihren war. In Beriicksichtigung der nicht vorgenommenen Wertberichtigungen und Abschreibungen hatte jedoch ein Verlust resultiert (D 7/D/1, Ziffer 5.5.1, Seite 23).

- Es bestand gemass Abschluss ein positives Eigenkapital von CHF 49'318'000.--. Unter Beriicksichtigung notwendiger Abschreibungen und Wertberichtigungen war die Gesellschaft allerdings uberschuldet und illiquid (D 7/D/1, Ziffer 5.5.2, Seite 25).

Per 31.12.2000:

52

- Es bestand ein Jahresverlust von CHF -421'017'000 (D 7/D/1, Ziffer 5.7.1, Seite 30). - Es bestand ein negatives Eigenkapital von CHF -318'079'000.- (D 7/D/1, Ziffer 5.7.2, Seite 31). - Die Gesellschaft war illiquid. Die bereits verfallenen Verpflichtungen iiberstiegen die vorhandenen

Mittel erheblich (D 7/D/1, Ziffer 5.7.3, Seite 32).

Per 17.01.2001:

- vgl. die Ausfuhrungen unter vorstehend Ziffer 2.3.2

Die vorstehend dargestellten objektiven Kennzahlen sind als schlussig zu beurteilen; zumal der Gutachter festhalt, dass er gesamthaft keine offensichtlichen Fehlbuchungen festgestellt habe, aufgrund derer ein Abschluss, so wie er ausgewiesen worden sei, nicht zur Beurteilung von Ergebnis, Eigenkapital und Liquiditat hatte herangezogen werden konnen (D 7/D/1, Ziffer 4.1, S. 4). Allfallige nicht erfasste Abweichungen waren schon deswegen nicht von Bedeutung, weil es keine aktenmassigen Anhaltspunkte gibt, dass sich solche in einer fiir die Beurteilung relevanten Grossenordnung bewegen konnten. Kommt hinzu, dass die Abschliisse und Vollstandigkeitserklarungen der ISMM AG, der ISL Worldwide und der ISL (International) AG von den Verantwortlichen unterzeichnet wurden (Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Hans-Jürg S.) und sich somit anrechnen lassen miissen (D 6/3/1/4 ff.).

Zusatzlich zu den vom Gutachter dargestellten Zahlen sind mit Bezug auf die nachfolgenden Gesellschaften (Ziffer 4.5-4.6) folgende Angaben zu machen.

2.5 Gewinn. Verlust. Eigenkapital. Uberschuldung. Liguiditat. llliquiditat bei ISL (Intern.) AG

Die Gesellschaft erzielte per 31.12.2000 einen Jahresverlust von CHF -28'944'407.-und war illiquid (D 6/3/1/8). Sie war es auch im Zeitpunkt der Konkurseroffnung (D 4/A/4/16, S. 2 „keine liquiden Aktiven"). Wohl hatte die ISL (International) AG substantielle Beteiligungen, wlche allerdings erst im Rahmen des Konkursverfahrens verkauft wurden (D4/A/4/21).

2.6 Gewinn, Verlust, Eigenkapital, Uberschuldung, Liquiditat, llliquiditat bei der ISL Hospitalitv AG. der ISL Hospitality (Japan) AG und der ISL Hospitality (Korea) AG

Die Hospitality Gesellschaften waren nie operativ tatig (D 3/43, Ziff. 61, D 4/A/8/13). Das Aktienkapital floss nach Grundung uneinbringlich wieder in die ISL Worldwide zuruck.

2.7 Das Wissen um die finanzielle Lage der Gruppe bzJean-Marie W. der einzelnen Gesellschaften

2.7.1 Auf Grund samtlicher Aussagen der Beschuldigten steht fest, dass sie sich der Liquiditatsproblematik im Jahre 2000 bewusst waren, sie regelmassig iiber die finanzielle Situation orientiert wurden, dass sie jedoch angaben, Ciberzeugt gewesen zu sein, dass der fragliche Engpass mit dem geplanten ABS und IPO iiberbruckt werden konne. Beziiglich der einzelnen Aussagen der Beschuldigten wird auf die Ausfuhrungen in der Uberweisungsverfiigung (S. 77-80) verwiesen.

2.7.2 Zum IPO (Initial Public Offering - Borsengang) ist zu bemerken, dass es unter dem Namen AURORA geplant war (vgl. Doss. 13 u. 22). Betreffend verschiedene Ausfuhrungen der Beschuldigten ist von Bedeutung, dass die Zahl der Borsengange bis 2000 kontinuierlich zugenommen hat, der Markt jedoch ab Sommer 2001 fast vollig zusammenbrach. Ganz allgemein von Bedeutung ist auch die Feststellung, dass bei den Griinden fiir die Durchfuhrung von IPOs die Eigenkapitalfinanzierung oft im Vordergrund steht24.

Das ABS (Asset Backed Securitisation) wurde von Hans-Jürg S. so umschrieben, dass die ISL Worldwide ihre bestehenden und zukunftigen Forderungen aus dem Verkauf von Marketing-Rechten an eine Drittgesellschaft verkauft hatte (ISL Football AG). Diese Drittgesellschaft hatte die Forderung dann an eine luxemburgische oder hollandische Gesellschaft weiter veraussert, die dann an den Finanzmarkt gegangen ware, um die Kaufpreisforderung zu begleichen. An anderer Stelle gab er an, ABS heisse ja, dass sie - auf einen einfachen Nenner gebracht - die heutigen, aber auch die zukiinftigen Debitoren an eine unabhangige Gesellschaft verkaufen und dafur heute Cash bekommen wurden. (D 3/1, Ziffer 1, D 3/43, Ziffer 110). Selbstredend dient dieses Instrument (Verbriefung von Forderungen aus Vertragen) der Liquiditatsbeschaffung und wurde in der Gruppe als Projekt DAWN bezeichnet (vgl. D 12+22).

53

Wie den Angaben von Catherine Julia Noble (Angestellte der UBS AG), welche rechtshilfeweise als Zeugin in London einvernommen wurde, entnommen werden kann, war Warburg Dillon Read sowohl im Zusammenhang mit dem geplanten IPO als auch dem

24 Rolf Watter/Thomas Reutter, Rechtsprobleme beim IPO, in: Rechtsfragen beim Borsengang von Unternehmen, hrsg. von Rolf Watter, Zurich 2002, S. 2,

ABS als Agentin tatig (D 3/41, S. 3). IPO war bis zur Halfte, ABS bis zum Ende von ..Preparation and Structuring" gediehen (D 3/41, S. 4, Ziffer 11 und 13)25.

Beziiglich der Antworten der Beschuldigten zur untersuchungsrichterlichen Frage, wann sich die Faktoren abgezeichnet hatten, welche die Realisierung des IPO und ABS in Frage gestellt hatten, wird auf S. 81 der Uberweisungsverfiigung verwiesen. Aus den Aussagen der Beschuldigten sowie von Urs Linsi (bis 31. Dezember 2003 Finanzchef der FIFA) ergibt sich ferner, dass das Securitisations-Projekt (DAWN) zunachst mit der FIFA zusammen (Einnahmen von FIFA und ISL/ISMM zusammen) verfolgt wurde, solches dann aber nicht zustande kam (vgl. Aussagen auf S. 82 der Uberweisung).

2.7.3 Den Verwaltunosratsprotokollen der ISMM Investments AG und der ISMM AG vom 10. September 1998 bis 27. Marz 2001 kann entnommen werden, dass in der Regel alle Beschuldigten an diesen Sitzungen teilnahmen (D 8/5/1- D 8/5/23). In den Jahren 2000 und 2001 wurde die finanzielle Situation regelmassig thematisiert, und den Sitzungsteilnehmern wurden jeweils spezifische Unterlagen wie beispielsweise Budget 2000 vs. Stratgey 2000 (D 8/5/10, S. 8), mittelfristige Cashflowplane der Gruppe (D 8/5/11, S. 6), IAS Budget 2000 (D 8/5/13, S. 8), Cashflow Statement September 2000 bis Juni 2001 (D 8/5/14, S. 9), Cashflow forecast September 2000 bis Juni 2001 (D 8/5/15, S. 9), Weekly Payment Schedule (D 8/5/17, S. 9) ausgehandigt.

Zwischen dem 19. Januar 2000 und dem 27. Marz 2001 wurden die nachstehenden im Zusammenhang interessierenden Themen besprochen (Bei der nachfolgenden Darstellung wird unter der Rubrik auf den Hinweis ..Attending" oder „in attendance" verzichtet).

VR Sitzung der ISMM Investment AG vom 19.01.2000 (D 8/5/9)

Anwesende: Die sechs Beschuldigten

Themen: - Budget 2000 (Ziffer 6 des Protokolls)

Der Verwaltungsrat diskutiert namhafte negative Abweichungen (in Millionenhohe) zwischen dem Budget 2000/Medium Range Plan und dem Profit and Loss Statement fur das Jahr 2000, welches im Strategic Plan der ISMM Gruppe vom 10. November 1999 enthalten ist. Der Verwaltungsrat verabschiedet damit zusammenhangend verschiedene Auftrage an das ExCo.

- Aurora (IPO) (Ziffer 7.5 des Protokolls) Der Verwaltungsrat wird dariiber informiert, dass das ..preliminary due diligence audit" vor dem Abschluss stehe.

- ORAD (Ziffer 9 des Protokolls)

Die Beteiligung an ORAD wird mit USD 100 Mio. angegeben

Dokumente: - Budget 2000 - ISMM Group (D 8/4/25)

25

Dabei ist zu berucksichtigen, dass sich die Strukturierung eines IPO in die folgenden Phasen einteilen lasst: 1. Evaluation und Entwicklung / 2. Vorbereitung und Strukturierung / 3. Marketing, Preisfindung und Zuteilung / 4. Handel, Stabilisierung und „Aftermarket" vgl. dazu Felix M. Huber, IPO aus Bankensicht, in: Rechtsfragen beim Borsengang von Unternehmen, a.a.O., 48 ff.

VR Sitzung der ISMM Investment AG vom 04.04.2000 (D 8/5/10)

54

Anwesende: Die sechs Beschuldigten

Themen: - Budget 2000 (Ziffer 1 des Protokolls)

Es erfolgen Klarstellungen mit Bezug auf die Protokollierung der vorangegangenen Verwaltungsratssitzung.

- Aurora (IPO) (Ziffer 2 des Protokolls) Christoph M. orientiert, dass das „due diligence audit" abgeschlossen sei. Gemass Uberzeugung der Finanzberater konne die neue ISMM Gesellschaft mit einem ..benchmark value" von mehr als CHF 1 billion an die Borse gebracht werden. Es wird iiber das weitere Vorgehen orientiert (etwa Optionsplan) und dass die Kotierung in der Schweiz fiir das letzte Quartal 2000 geplant sei.

- Optimizing Group Debt Financing (Ziffer 4.2 des Protokolls))

Hans-Jürg S. orientiert, dass der UBS/BNP Kredit iiber CHF 277 Mio. die finanziellen Bediirfnisse bis Ende 2001 nicht abdecken werde und dass in der Zwischenzeit Diskussionen iiber eine Erhohung des Darlehens auf CHF 350'000'000.-angelaufen seien.

Es werden zusatzliche Finanzierungsmoglichkeiten wie Verpfandung der ORAD Aktien und die Initiierung des ABS unter Miteinbezug der ATP Rechte diskutiert.

Abschliessend kommt der Verwaltungsrat zum Schluss, dass zusatzlich zum ABS samtliche Moglichkeiten zur Schuldenfinanzierung ausgeschopft werden sollen, und betrachtet diese Bemuhungen als entscheidend, um fiir die mittelfristige Finanzierung der Gruppe eine geniigende Sicherheitsmarge zu erreichen.

VR Sitzung der ISMM Investment AG vom 26.04.2000 (D 8/5/11)

Anwesende: Die sechs Beschuldigten

Themen: - Business Report 1999 und Abschluss Sporis Holding AG (Ziffer 2 des Protokolls)

Hans-Jürg S. erlautert, dass das Eigenkapital nach wie vor sehr bescheiden sei, weshalb auf eine Ausschiittung von Dividenden sowohl bei der ISMM Investements, als auch der Sporis Holding AG verzichtet werden solle. Die Sporis Holding AG schliesse mit einem Verlust von CHF 4.1 Mio.

- Long-term financing update and latest plan (Ziffer 4 des Protokolls)

Hans-Jürg S. erlautert den Cashflow Plan 2000-2003, welcher auf verschiedenen Annahmen [ABS, Aktienverkauf (Arena) Globo Bankgarantien] beruhe und inskiinftig regelmassig angepasst werde.

Dokumente: - Business Report 1999 (D 8/4/5) - Cashflow statement (D 8/4/27)

In rooo Juli 2000 August September Oktober November Dezember CHF 2000 2000 2000 2000 2000

Borrowing -317'127 -358702 -400'329 -386744 -416'613 -471'119 needs 1 Borrowing -317'127 -388702 -405'329 -391744 -431'613 -476'119 needs II

Shortfall -73'633 -180'269 -196'896 -181'537 -227'162 -9'667 (-)

Bei dieser vereinfachten Darstellung sind die von Hans-Jurg S. eriauterten Annahmen per Dezember 2000 beriicksichtigt. Bei Realisierung des ABS und dem damit verbundenen und angenommenen Inflow von +160'000 wurde per Dezember 2000 von einer positiven Liquiditat von 150'333 ausgegangen.

VR Sitzung der ISMM AG vom 19.07.2000 (D 8/5/12)

Anwesende: Die sechs Beschuldigten

55

Themen: - Other Measures to increase Cashflow and/or Borrowing Base (Ziffer 6 des Protokolls)

Hans-Jürg S. und Christoph M. erlautern, dass verschiedene Massnahmen notwendig seien, um die Gesellschaft nachhaltig finanzieren zu k6nnen (Kredit, ABS, IPO). Es sei Pflicht des Verwaltungsrates und des Managements, fiir Alternativen zu sorgen, falls weder ABS noch IPO realisiert werden konnten. Dem Verwaltungsrat wird zur Kenntnis gebracht, dass Hans-Jürg S. zusammen mit Hans-Peter JEAN-MARIE W. zwecks Erhohung des Bankenkredits von CHF 277 Mio. auf CHF 325 Mio. Verhandlungen fuhre.

- Dawn/Aurora Update (Ziffer 11 des Protokolls)

Hans-Jürg S., "HPS" und Christoph M. erlautern, dass die Marketing Vertrage mit einem Wert von CHF 650 Mio fiir das ABS eingebracht werden konnen, dass jedoch die Aufteilung zwischen FIFA und ISMM/ISL noch nicht feststehe. Der Anteil der FIFA werde jedoch leicht hoher sein. Die Realisierung des Projektes sei auf Ende September 2000 geplant.

Christoph M. erlautert, dass das IPO fiir Ende Oktober Mitte November geplant sei. -Er rechnet durch das geplante IPO und die geplante Kapitalerhohung mit einem „net equity" von mehr als CHF 400 Mio.

Dokumente: - Budget Review (D 17/5/40)

VR Sitzung der ISMM AG vom 10.08.2000 (D 8/5/13)

Anwesende: Die sechs Beschuldigten

Themen: - Dawn/Aurora Update (Ziffer 5 des Protokolls) Es wird informiert, dass Dawn wahrscheinlich um 2 Wochen (bis Mitte Oktober) verschoben werde. Es miisse alles unternommen werden, damit Aurora wie geplant bis spatestens Ende November realisiert werden konne.

- Budget 2000 / IAS (Ziffer 7.2 des Protokolls) Das Budget zeigt ein geschatztes „net income" von CHF 1.5 Mio unter Beriicksichtigung des ATP Projektes, aber auch unter Beriicksichtigung des beabsichtigten Verkaufs von Aktien von LASI, ARENA und ORAD. Hans-Jürg S. weist darauf hin, dass ein starker USD einen negativen Einfluss auf den operativen Gewinn haben konnte.

Dokumente: - Budget 2000 / IAS (D 17/5/59) Financial Report of ISMM AG 1997-1999 (D 8/4/13) VR Sitzung der ISMM AG vom 04.10.2000 (D 8/5/14)

Anwesende: Die sechs Beschuldigten

Themen: - Cashflow (Ziffer 3.3, Seite 4 des Protokolls)

Der Verwaltungsrat nahm davon Kenntnis, dass die Liquiditatssituation der Gruppe hochst alarmierend sei fiir den Fall, dass das ABS nicht realisiert werden konne. Der zusatzliche Jn/outflow", welcher fur den Fall des Scheiterns des Projektes Dawn geplant gewesen sei, werde nicht geniigend Mittel ergeben um den Liquiditatsengpass zu iiberwinden. Es miisse deshalb alles unternommen werden, um Dawn so schnell als moglich zu realisieren.

- Update Dawn (Ziffer 5 des Protokolls) Es wird auf die Problematik der Zusammenarbeit mit FIFA hingewiesen und dass ohne ihren professionellen Miteinbezug der Fahrplan nicht eingehalten werden konne und das Projekt verschoben werden miisse. Abschliessend erlautert Hans-Jürg S., dass Dawn wie geplant bis Mitte November 2000 realisiert werde.

- Update Aurora (Ziffer 6 des Protokolls)

Neuer ..Impact Day" ist der 9. April 2001

Dokumente: - Cashflow Statement September 2000-Juni 2001 (D 18/23)

In rooo September Oktober November Dezember CHF 2000 2000 2000 2000

Borrowing -362'603 -423'027 -457'919 -524'876 needs I Borrowing -271'698 -270722 -288'613 -355'571 needs II

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Shortfall 5'302 -6'278 -11613 -78'571 (-)

Bei dieser vereinfachten Darstellung sind verschiedene Annahmen wie die geplanten Verkaufe von Aktienpaketen mitberiicksichtigt, aber auch die verfahrensgegenstandlichen Eingange von Globo und Dentsu. Bei Realisierung des ABS und dem damit verbundenen und angenommenen Inflow von +320'000 wird von einer positiven Liquiditat auch im November und Dezember ausgegangen.

VR Sitzung der ISMM AG vom 09.11.2000 (D 8/5/15)

Anwesende: - Christoph M., Jean-Marie JEAN-MARIE W., Daniel B., Hans-Jürg S., Hans-Peter JEAN-MARIE W.

Themen: - Der Verwaltungsrat nahm von der in diesem Zeitpunkt desolaten finanziellen Situation der Gruppe Kenntnis und beschloss u.a. unter Beriicksichtigung von Art. 725 OR, die Revisionsgesellschaft mit der Erstellung eines schriftlichen Berichtes zu beauftragen.

- Update Dawn (Ziffer 2 des Protokolls)

Der Verwaltungsrat wird daruber informiert, dass sich FIFA vom Projekt Dawn zuriickgezogen habe, was ISMM in eine ausgesprochen schwierige Situation bringe. Man stellt fest, dass eine Realisierung nicht wie geplant anfangs Dezember moglich sei und dass ISMM ein Datum vor Weihnachten ins Auge fasse.

ORAD (Ziffer 4.3 des Protokolls)

Der Verwaltungsrat erklart sich einverstanden, dass versucht wird, das Aktienpaket der ISMM zum Marktpreis auf einen Dritten zu iibertragen.

VR Sitzung der ISMM AG vom 16.11.2000 (D 8/5/16)

Anwesende: - Christoph M., Jean-Marie JEAN-MARIE W., Daniel B., Hans-Jürg S., Hans-Peter JEAN-MARIE W.

Themen: - Restructuring (Ziffer 2 des Protokolls)

Der Verwaltungsrat beschloss vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Gruppe, einen Sanierungsausschuss unter Fuhrung eines externen Experten ins Leben zu rufen.

- Update Dawn (Ziffer 5 des Protokolls) Das Projekt wurde als im laufenden Jahr nicht mehr realisierbar eingestuft.

- ORAD (Ziffer 8 des Protokolls) Die Verkaufsbemuhungen hatten nicht gefruchtet.

VR Sitzung der ISMM AG vom 27.11.2000 (D 8/5/17)

Anwesende: - Christoph M., Jean-Marie JEAN-MARIE W., Daniel B., Hans-Jürg S. (in attendance), Hans-Peter JEAN-MARIE W. (in attendance)

Themen: KPMG Report (Ziffer 2 des Protokolls) Der Verwaltungsrat nimmt davon Kenntnis, dass ohne die

Realisierung von „sofortigen Massnahmen" Art. 725 OR zur Anwendung komme.

Cashflow Plan (Ziffer 3.2 des Protokolls)

der Verwaltungsrat nimmt zur Kenntnis, dass ohne die Realisierung von verschiedenen

Massnahmen (Verkauf von Beteiligungen usJean-Marie W.) in den nachsten 18 Monaten kein

positiver Cashflow erzielt werden kann.

ORAD und CPG (Ziffer 2.3 und 2.4 des Protokolls)

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Die Bemiihungen zum Verkauf der Anteile sollen fortgesetzt werden.

Dokumente: Cashflow Statement (D 8/4/17)

In rooo November Dezember CHF 2000 2000

Shortfall -35'592 -135'084 (-)

Unter Beriicksichtigung des ABS prognostizierte man fur Dezember einen Shortfall von 61'821 und unter Miteinbezug von zusatzlichem Inflow eine Liquiditat von 90779.

VR Sitzung der ISMM AG vom 14.12.2000 (D 8/5/18)

Anwesende: - Christoph M., Jean-Marie JEAN-MARIE W., Daniel B., Hans-Jürg S., Hans-Peter JEAN-MARIE W.

Themen: - Der Verwaltungsrat diskutiert verschiedene von der Revisionsstelle erlauterte „Sofortige Massnahmen". Es wird auch erwogen, ob Massnahmen unter Art. 725 OR zu ergreifen sind.

Dokumente: - Cashflow Statement (D 8/4/29)

In rooo Dezember CHF 2000

Shortfall (-) before -69'570 restructuring Shortfall (-) after restructuring 9'840

VR Sitzung der ISMM AG vom 08.01.2001 (D 8/5/19)

Anwesende: - Christoph M. (attending), Jean-Marie JEAN-MARIE W. (attending),

Daniel B. (attending), Hans-Jürg S., Hans-Peter JEAN-MARIE W.

Themen: - Der Verwaltungsrat halt fest, dass die Situation trotz

aller Bemuhungen ausgesprochen alarmierend sei (Ziffer 2.1 des

Protokolls).

- ORAD und CPG (Ziffer 2.3 und 2.4 des Protokolls)

Die Bemuhungen sollen fortgesetzt werden.

Dokumente: - Cashflow Statement (D 8/4/32)

VR Sitzung der ISMM AG vom 06.02.2001 (D 8/5/20)

VR Sitzung der ISMM AG vom 15.03.2001 (D 8/5/21) VR Sitzung der ISMM AG vom 20.03.2001 (D 8/5/22)

VR Sitzung der ISMM AG vom 17.03.2001 (D 8/5/23)

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Anwesende: - Christoph M.

Themen: - Es wird die Anzeige der Oberschuldung an den Richter beschlossen.

2.7.4 Wie Daniel B. sinngemass festhielt, seien Liouiditatsplane im Verlaufe des Jahres 2000 wahrscheinlich monatlich, gegen Ende des Jahres wochentlich, wenn nicht sogar taglich abgefasst worden (3/31, Ziffer 44). Die so genannten weekly cash forcasts (D 7/D/1/27ff) der ISMM Gruppe konnten nur teilweise erhoben werden.

Der Gutachter hielt fest, dass er sich bei der Beurteilung der Liquiditat der Gruppe auf die Weekly Cash Forecasts stiitzen wurde, wo die gruppenweite Liquiditat dargestellt sei (D 7/D/1/S. 13). Im Rahmen eines erganzenden Auftrags wurde ihm deshalb die Frage gestellt, auf welchen Faktoren der Weekly Cash Forecast aufbaue (D 7/C/40). Er gab an, dass folgende Elemente beriicksichtigt worden seien (D 7/C/44):

Fliissige Mittel und Beanspruchungen der Banklimite seien im Zeitpunkt der Erstellung des Weekly Cash Forecast der Limite von CHF 277 Mio. gegeniibergestellt worden. Als Ergebnis dieser Berechnung habe ein positiver Betrag „still avalaible" (noch verfiigbar) oder ein negativer Betrag im Sinne eines „overutilisation" (Uberbeanspruchung) der Banklimite resultiert.

In der Folge seien die Geldausgange und Geldeingange pro Woche fiir die kommenden neun Wochen im Detail geplant worden. Dabei seien die Positionen einzein aufgefiihrt worden, d.h. dass fiir jeden Betrag ein Kunde und/oder Geschaftspartner erwahnt worden sei. Es handle sich offenbar um Zahlungsein- und ausgange, welche aktuell aufgrund von Vertragen oder anderen Informationen tatsachlich erwartet worden seien. Wie schon im Gutachten mehrfach erwahnt, seien diese Berechnungen fiir die ganze Gruppe und nicht fiir einzelnen Gruppengesellschaften vorgenommen worden.

Des Weiteren wurde dem Gutachter die Frage gestellt, ob in den Weekly Cash Forecasts aus betriebsokonomischer Sicht samtliche gangigen Faktoren beriicksichtigt worden seien, auf Grund welcher die Liquiditat einer Untemehmung zuverlassig bestimmt werden konne.

Der Gutachter bejahte die Frage und gab folgendes an: Anders und eher besser als oftmals in der Praxis bei anderen Gesellschaften habe sich ausgewirkt, dass aufgrund der nicht allzu hohen Zahl der Transaktionen bei der ISMM Gruppe sogar jede einzelne wesentliche Zahlung geplant worden sei und nicht von pauschalen Schatzungen beziiglich Kunden- und Kreditorenzahlungen habe ausgegangen werden mussen. Sofern eine vollstandige und richtige Datenerhebung stattgefunden habe, erachte er das Instrument als sehr geeignet, Liquiditatsengpasse fiir die nachsten Wochen zu bestimmen

Den Beschuldigten wurden die folgenden weekly cash forcasts der ISMM Gruppe vorgelegt:

- 30. Juni 2000 (D7/D/1/10) - 15. September 2000 (D 7/D/1/27) - 22. September 2000 (D 7/D/1/28) - 29. September 2000 (D 7/D/1/13) - 6. Oktober 2000 (D 7/D/1/34)

Diese Dokumente wurden gemass Verteiler an samtliche Beschuldigten zugestellt, was von Hans-Jurg S. (D 3/48, Ziffer 246), Daniel B. (D 3/49, Ziffer 144), Heinz S.. (D 3/59, Ziffer 183) und Hans-Peter JEAN-MARIE W. (D 3/61, Ziffer 183) bestatigt wurde. Lediglich Christoph M. machte eine Einschrankung, wonach er von diesen forcasts einen Teil in Kopie erhalten habe (D 3/62, Ziffer 198).

Die Beschuldigten waren in der Lage, die Darstellungen zu lesen bzJean-Marie W. richtig zu interpretieren (D 3/48, Ziffer 244 ff., D 3/49, Ziffer 142 ff., D 3/59, Ziffer 175 ff., D 3/61, Ziffer 181 ff., D 3/62, Ziffer 196 ff). Einzelne Aussagen der Beschuldigten sind im Ubrigen in der Uberweisungsverfugung wiedergegeben, und diesbezuglich wird auf S. 91 f. der genannten Verfugung verwiesen.

59

2.7.5 Dem Gutachter wurden verschiedene Zwischen- und Jahresabschlusse mit dem Auftrag vorgelegt, allein auf der Grundlage dieser Unterlagen die Fragen zu beantworten, ob die Gruppe oder die einzelnen Gesellschaften an den jeweiligen Daten liquid oder illiquid und iiberschuldet war bzJean-Marie W. waren. Dabei wird quasi simuliert, welche Schlusse aus diesen Dokumenten ohne Bekanntsein weiterer Fakten hatten gezogen werden konnen (D 7/D/1, Ziffer 7.1, Seite 35). Der Gutachter stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Beurteilung der Liquiditat aufgrund einzelner Abschliisse unzweckmassig sei und nicht zu den gewiinschten Aussagen fuhre. Gewisse notwendige Informationen seien einer Bilanz und Erfolgsrechnung ohne Zusatzinformationen nicht zu entnehmen. Er halt jedoch fest, dass aus der Bilanz gewisse Liquiditatskennzahlen entnommen werden konnten, wie beispielsweise die current ratio, mit welcher kurzfristige Aktiven den kurzfristigen Passiven gegenubergestellt wurden. Diese Kennzahl sage in der Regel einiges iiber die Liquiditatssituation der Gesellschaft aus. Eine Beurteilung im Sinne seiner Definition sei jedoch nicht moglich. Mit Bezug auf die Uberschuldung weist er insbesondere darauf hin, dass die Zwischenabschliisse nach IAS und lediglich jene Ab-schlusse per 31. Dezember nach OR erstellt worden seien. Ohne zusatzliche Unterlagen seien die IAS Abschliisse hinsichtlich des Bestehens einer Uberschuldung (gemeint ist eine solche nach OR Rechnungslegung) nur beschrankt aussagekraftig (D 7/D/1, Ziffer 7.1, Seite 36).

Wie der Untersuchungsrichter zu Recht festhalt, kann diesen Ausfiihrungen dann beigepflichtet werden, wenn eine vertiefte Analyse des Unternehmens zur Diskussion steht. Hingegen ist grundsatzlich vom Wortlaut von Art. 959 OR (im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss) auszugehen, wonach Betriebsrechnung und Jahresbilanz nach allgemein anerkannten kaufmannischen Grundsatzen vollstandig, klar und ubersichtlich aufzustellen sind, damit die Beteiligten einen moglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschaftes erhalten, ohne zuerst zeitraubende Abklarungen vornehmen oder umstandliche Eriauterungen verlangen zu mussen 26; dies trotz des Vorbehalts betreffend die Differenzen zwischen dem IAS und FER Abschluss. Der Gesetzestext allein erhellt, dass Bilanz und Erfolgsrechnung, handle es sich um Zwischen- oder Jahresabschlusse, eine Informationsfunktion haben. Diese Feststellung mit Bezug auf den Informationsgehalt eines Abschlusses deckt sich mit den Aussagen des Gutachters, wonach gewisse Kennzahlen in der Regel einiges uber die Liquiditatssituation der Gesellschaft aussagen wiirden und eine Uberschuldung in einem IAS Abschluss mit Sicherheit als Warnzeichen gelten miisse. Gewisse Eckdaten sind daher aus den Abschliissen trotz der diesbezuglichen Vorbehalte des Gutachters von Bedeutung, da sie Schliisse auf jenes Wissen zulassen, das die Beschuldigten hatten oder hatten haben mussen.

2.7.5.1 ..Report of the Group Auditors to the Board of Directors, Interim Consolidated Financial Statements for the Period ended June 30, 2000" betreffend die ISMM Gruppe (IAS Abschluss) vom 26. Oktober 2000 (D 8/4/15, D 7/D/1/23)

Der Gutachter halt fest, dass aus dem Dokument weder eine llliquiditat ersichtlich sei, noch konne aufgrund des Abschlusses allein gefolgert werden, dass die Gruppe illiquid gewesen sei. Eine Uberschuldung sei ebenfalls nicht ersichtlich (positives Eigenkapital von CHF 3.9 Mio.). Allerdings sei ersichtlich, dass das Eigenkapital im Verhaltnis zur Geschaftstatigkeit der Gruppe sehr bescheiden geworden sei und dass begriindete Besorgnis im Hinblick auf eine allenfalls bereits bestehende oder sich in naher Zukunft ab-zeichnende Uberschuldung angebracht gewesen sei (D 7/D/1, Ziffer 7.2.1, Seite 36-38). Nach Vorliegen des Gutachtens wurden dem Experten im Zusammenhang mit dem Abschluss per 30. Juni 2000 verschiedene Zusatzfragen gestellt (D 7/C/40, Ziffer 12 ff.):

Frage: Ist es richtig, dass der Minderheitenanteil von CHF 10'581'498.-- (S. 2 der Bilanz) aus Verlustanteilen entstanden (S. 3 und 4 der Bilanz) ist (Beilage 23 des Gutachtens)?

Antwort: Dies sei zutreffend (D 7/C/44, S. 4)

Fraoe: Warum ist der Minderheitenanteil in Klammer gesetzt?

Antwort: Weil es sich um einen Minusbetrag bzJean-Marie W. ein ..negatives Passivum" handle.

Ernst Bossard, Kommentar zum Zivilgesetzbuch, Die kaufmannische Buchfiihrung (Art. 957-964), Zurich 1984, N 27 zu Art. 959

Frage: Ist es richtig, dass es sich beim Minderheitenanteil um einen Non-Valeur handelt [Notes zur Bilanz per 30.9.2000, S. 6

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(Beilage 17 des Gutachtens)].

Antwort: vgl. einleitende Bemerkungen des Gutachters. Aufgrund der Bemerkung im Zwischenabschluss per 30. September 2000 konne jedoch andrerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf geschiossen werden, dass auch die auf die Minderheiten entfallenden aufgelaufenen Verluste per 30. Juni 2000 mit dem Konzerneigenkapital hatten verrechnet werden mussen.

Fraoe: Davon ausgehend, dass es sich beim aktiven Minderheitenanteil um einen Non-Valeur handelt: Ist es richtig, dass das negative Eigenkapital der ISMM-Gruppe am 30. Juni 2000 CHF 6'651'534.-- (CHF 3'929'964.- ./. 10'581'498.-) betrug?

Antwort: Der Gutachter bejahte die Frage.

Frage: Die von der Revisionsstelle KPMG reviewte konsolidierte Zwischenbilanz der ISMM AG vom 30. Juni 2000 zeigt Aktiven von CHF 5'995,692'907.~ und Schulden von CHF 6'002'344'441.--. Ist die Feststellung richtig, dass somit bilanziell eine Uberschuldung besteht?

Antwort: Es hatte sich ein negatives Eigenkapital ergeben. Wie im Gutachten mehrfach festgestellt, konne eine konsolidierte Bilanz nach IAS zwar Hinweise auf die begriindete Besorgnis einer Uberschuldung geben. Zur unzweifelhaften Feststellung einer Uberschuldung sei demgegeniiber ein Einzelabschluss nach obligationenrechtlichen Vorschriften erforderlich. Sei man jedoch entgegen der Auffassung des Gutachters der Ansicht, dass aufgrund der Konzernbilanz nach IAS ein negatives Eigenkapital mit einer Uberschuldung gleichzusetzen sei, dann habe eine Uberschuldung bestanden. Im Gutachten sei erwahnt, dass aufgrund des Abschlusses „begriindete Besorgnis im Hinblick auf eine allenfalls bereits bestehende oder sich in naher Zukunft abzeichnende Uberschuldung angebracht" gewesen sei. Ware zusatzlich der aktive Minderheitenanteil als non-valeur qualifiziert und mit dem Eigenkapital verrechnet worden, so hatte sich diese Beurteilung noch akzentuiert.

Fraoe: Ist es richtig, dass diese beiden Positionen zahlenmassig ausgeglichen werden durch das Eigenkapital von CHF 3'929'964.-- und den aktiven Minderheitenanteil von CHF 10'581'498.--?

Antwort: Der Gutachter bejahte die Frage.

Fraoe: Sie halten auf Seite 36 des Gutachtens fest, dass aus der Unterlage allein eine llliquiditat weder ersichtlich sei, noch konne gefolgert werden, dass die Gruppe illiquid sei. Davon ausgehend, dass die kurzfristigen Schulden CHF 4'080'131'285.-- (alle Positionen von Bank overdraft bis und mit accrued expenses, ohne deferred service revenue; deferred tax liabilities vernachlassigt) und die kurzfristigen Aktiven CHF 1'864'040'740.-- (alle Positionen von Cash bis und mit Property) betragen. Indiziert die Gegeniiberstellung dieser Zahlen ein Liquiditatsproblem?

Antwort: Im Falle der ISMM Gruppe sei aufgrund der Verbuchungsweise beim Abschluss von langjahrigen Vertragen eine Beurteilung der Liquiditat aufgrund der in der Fragestellung erfolgten Gegeniiberstellung nicht schliissig. Die Rechte seien beim Vertragsabschluss mit Anbietern wie FIFA Oder ATP mit dem vollen Betrag aktiviert und die ganzen kunftigen Zahlungen seien als Kreditoren passiviert worden. Die „Trade Accounts Payables" wurden beispielsweise deshalb auch Betrage enthalten, welche erst in mehreren Jahren fallig wurden. Da diese Bilanzpositionen nicht wie bei vielen Gesellschaften iiblich, nur kurzfristige Schulden beinhalten wurden, sei bei der Bilanzdarstellung richtigerweise auch nicht zwischen kurzfristigen und langfristigen Schulden unterschieden worden. Die Addition und Gegeniiberstellung der in der Frage erwahnten Positionen moge fiir den mit den Verhaltnissen der ISMM Gruppe nicht vertrauten Betrachter wohl Liquiditatsprobleme suggerieren, bei naherer Betrachtung halte eine solche Beurteilung jedoch nicht stand. Im Weiteren sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung der Liquiditat nicht ohne Einbezug unbenutzter Kredite vorgenommen werden konne.

Zusammengefasst kann somit festgehalten werden, dass der Abschluss Aktiven von CHF 5'995'693'000.~ und Schulden von CHF 6'002'344'000.-, somit eine papiermassige Uberschuldung zeigt. Zahlenmassig ausgeglichen werden diese beiden Positionen durch das Eigenkapital von CHF 3'930'000.-- (= 0,06 % der Aktiven) und den aktiven Minderheitenanteil von CHF 10'581'000.- (aus Verlustanteilen entstanden [vgl. S. 3 und 4 der Bilanz]. Bei Letzterem handelt es sich um einen Non-Valeur [vgl. Notes zur Bilanz per 30.9.2000, D 7/D/1/17, S. 6]). Da der aktive Minderheitenanteil ein Non-Valeur ist, betrug das negative Eigenkapital der ISMM-Gruppe am 30. Juni 2000 CHF 6'651'000.(CHF 3'930'000.- ./. 10'581'000.--), entsprechend dem Uberhang der Schulden iiber die Aktiven. Die kurzfristigen Schulden betragen CHF 4'080'131'000.--, die kurzfristigen Aktiven CHF 1'864'041'000.--. Auch wenn sich aus den Zahlen allein kein definitiver Schluss fur die Beurteilung der Liquiditat ziehen lasst, so miissen sie vom Bilanzkun-digen mindestens als Alarmzeichen gedeutet werden.

Der nach IAS konsolidierte Abschluss des Konzerns per Ende Juni 2000 (D 8/4/14) wurde am 3. November 2000 den Beschuldigten (ausser Heinz S..) von Hans-Peter JEAN-MARIE W. zugestellt (D 8/4/14). Ihnen wurde folgende Frage gestellt: Vorlage des konsolidierten Zwischenabschlusses der ISMM Gruppe per 30. Juni 2000 (7/D/1/23): Wie hoch ist das Eigenkapital? Sie machten dazu folgende Angaben:

Hans-Jiiro S.: Gemass dieser Bilanz sei das konsolidierte Eigenkapital rund CHF 4 Mio. (das sei unter IAS) (D 3/48, Ziffer 254).

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Christoph M.: Hier sei das Eigenkapital CHF 3,9 Mio. (D 3/62, Ziffer 205).

Heinz S..: Der mir vorgelegte Zwischenabschluss sei nach seinem Ausscheiden von ISMM erstellt worden. Er entnehme diesem Abschluss ein konsolidiertes Eigenkapital von CHF 3.9 Mio. zum 30.06.2000 (D 3/59, Ziffer 195).

Daniel B.: Fast CHF 4 Mio. (ein klein bisschen weniger) (D 3/49, Ziffer 150).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Rund CHF 4 Mio. (D 3/61, Ziffer 191).

Es wurde folgende Anschlussfrage gestellt: Unter den Passiven stehen Minderheitsanteile von CHF 10'581'000.-. Was verstehen Sie unter Minderheitsanteilen? Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

Hans-Jürg S.: Das sei - einfach gesagt - die Beteiligung hauptsachlich der Dentsu Gruppe an der ISMM Gruppe. Zur Erinnerung: Die Dentsu sei nicht an der ISMM AG beteiligt, sondern an der ISL Worldwide (D 3/48, Ziffer 255).

Christoph M.: Er vermute, dass das die Beteiligung von Dentsu an Teilen der Untergesellschaften sei (D 3/62, Ziffer 206).

Heinz S..: Er sei kein Finanzfachmann. Er vermute, dass es sich dabei um den Abzug von Minoritatsaktionaren innerhalb der Gruppengesellschaften handle. Er nehme weiter an, dass es sich vorwiegend um Dentsu handle (D 3/59, Ziffer 196).

Daniel B.: Unter Minderheitsanteilen verstehe er Anteile, die die Gruppe in Firmen habe, wo man nicht die Mehrheit besitze (D 3/49, Ziffer 151).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Die Elimination der Dentsu-Beteiligung (D 3/61, Ziffer 192).

Es wurde folgende Anschlussfrage gestellt: Warum sind die Minderheitsanteile in Klammern gesetzt? Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

Hans-Jiiro S.: Das sei eine buchungstechnische Frage. Man ziehe die Minderheitsbeteiligung von den Schulden ab (das sehe man nur in der Konsolidierung so). Aber er sei jetzt gerade iiberfragt von der Darstellung her (D 3/48, Ziffer 256).

Christoph M.: Das ist eine buchhalterische Frage fiir den Group-Revisor. Nach seinem Verstandnis mussten eben Minderheitsbeteiligungen an Untergesellschaften, die Aktionaren ausserhalb der Gruppe zustunden, bei einer Eigenkapitalkonsolidierung fiir die Gruppe abgezogen werden, um zur Eigenkapitalposition der Gruppe zu gelangen (D 3/62, Ziffer 207).

Heinz S..: Die total liabilities gemass dieser Bilanz ... Er sei zu wenig sattelfest in Bilanzkunde. Vielleicht handle es sich um den Anteil von Drittaktionaren am Periodenverlust (D 3/59, Ziffer 197).

Daniel B.: Weil sie nicht konsolidiert wurden, wahrscheinlich. Das sei aber nur seine Vermutung, er wisse es nicht (D 3/49, Ziffer 152).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Weil es ein Minus-Betrag sei. Also, er nehme das an (es sei von der KPMG erstellt worden, und er konne nicht fiir diese sprechen) (D 3/61, Ziffer 193).

Es wurde folgende Anschlussfrage gestellt: Unter 5. Notes to the unaudited draft consolidated financial statements at 31 December 2000 ist Folgendes nachzulesen (D 7/D/1/24): "There is no obligation for the minority shareholders to fund the deficit in their respective interests and therefore this debit position should be considered as an increase in the retained earnings deficit". Was heisst dies konkret mit Bezug auf das Eigenkapital der Gruppe per 30. Juni 2000? Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

Hans-Jiiro S.: Was es hier bedeute Ende Jahr wurden sie wissen: Es vergrossere den Verlustvortrag. Der Grund dafiir liege darin, dass die Minderheitsaktionare diesen Verlust nicht einschiessen mussten. Zuruck zur Frage: Es miisse auf den ersten Blick so interpretiert werden (wenn es auf der gleichen Basis dargestellt werde), dass das Eigenkapital der Mehrheitsaktionare unter IAS vermindert werde (D 3/48, Ziffer 257).

•j^^, Christoph M.: Ja, er wiirde es im Allgemeinen schon verstehen, dass der Minderheitsgesellschafter keine Verpflichtung habe, einen allfalligen Verlust anteilsmassig zu begleichen (D 3/62, Ziffer 208).

Heinz S..: Er sei sich zu wenig sicher, um diese technische Frage zu beantworten (D 3/59, Ziffer 198).

Daniel B.: Das wisse er nicht. Er verstehe den ersten Teil des obgenannten Textes, beim

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zweiten Absatz sei ihm aber nicht klar, was das bedeutete. Mit Bezug auf das Eigenkapital: Da sei er verloren (D 3/49, Ziffer 153).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Dazu konne er nichts sagen, weil diese ganzen Abschliisse (per 30. Juni wie auch per 31. Dezember) durch die KPMG erstellt worden seien im Zusammenhang mit der Umstellung der Rechnungslegung auf IAS. Und er sei zu wenig ausgebildet, um da kompetent Auskunft zu geben (D 3/61, Ziffer 194).

Den Beschuldigten wurde zudem folgende Frage gestellt: Was halten Sie vom Verhaltnis Eigenkapital zu den aus der Geschaftstatigkeit der ISMM Gruppe entstandenen Verpflichtungen? Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

Hans-Jiiro S.: Es sei bekannt, dass in dieser Art von Business bei dieser Brutto-Darstellung von den Rechten und den geplanten Ertragen die Eigenkapitalbasis extrem tief aussiehe. Die Erfahrung aus friiheren Jahren habe indessen gezeigt, dass die hauptsachlichsten Rechte - sprich: Worldcup-Rechte (TV und Marketing) - mit grossem Gewinn subiizenziert werden konnten, was u.a. auch Ausdruck darin finde, dass der Jahresabschluss 1999 ohne Vorbehalte der Revisionsstelle abgenommen worden sei (D 3/48, Ziffer 259).

Christoph M.: Das Verhaltnis zwischen Eigenkapital vor dem geplanten Borsengang und dem zu diesem Zeitpunkt bereits abgewickelten Geschaftsvolumen sei sicherlich mit einer relativ geringen Eigenkapitaldecke zu beschreiben. Dies miisse aber historisch in die richtige Perspektive gesetzt werden. Bis und mit 1998 sei die ISL Gruppe primar im so genannten Marketingteil des Geschaftsfeldes tatig gewesen, bei dem vom Geschaftsvolumen her und der Art der Vertrage keine so hohen Aktiva in der Bilanz buchhalterisch anfallen und sich folglich die Eigenkapitalquote in einem brancheniiblichen Rahmen bewegen wurden. Durch den Gewinn der Fernsehrechte sei das Geschaftsvolumen - wie schon berichtet - markant ausgebaut worden, und durch den geplanten Borsengang hatte auch die Finanzierungsstruktur dem Volumen nicht nur angepasst werden sollen, sondern die Eigenkapitalquote sogar vergleichsweise hoch ausgestaltet werden. Die hierzu notwendige Kapitalerhohung habe er bereits zuvor angesprochen (D 3/62, Ziffer 209).

Heinz S..: Wenn die ISMM Gruppe ein borsenkotiert.es Unternehmen mit einem derail tiefen konsolidierten Eigenkapital gewesen ware, dann ware eine derail schwache Eigenkapitaldecke sehr alarmierend. Als privat gehaltenes Familienunternehmen wisse er es nicht und wisse es auch heute nicht, ob dies zu jener Zeit gewollt gewesen sei und ob die Aktionare gegebenenfalls in der Lage gewesen waren, frische Mittel in der Form von Darlehen oder Eigenkapital einzubringen (D 3/59, Ziffer 199).

Daniel B.: Die Firma sei unterkapitalisiert gewesen. Das sei eine der Schlussfolgerungen, die er aus diesem Debakel gezogen habe (D 3/49, Ziffer 154).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Ich glaube, seit ich in dieser Gruppe arbeitete, war immer die Kapitalisierung der Gruppe ein Thema. Und das widerspiegelt sich hier. Das Eigenkapital ist fiir eine solche Firma zuklein(D 3/61, Ziffer 195).

Darauf wurde folgende Frage gestellt: Marketing-, Medien- und Lizenzrechte standen mit ca. CHF 4 Milliarden zu Buch. Wie wurden diese finanziert? Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

Hans-Jiiro S.: Es sei eine relativ einfache Rechnung: Die Mindestlizenzzahlung, welche zum Beispiel die FIFA fiir Rechte, die sie von ihr erworben hatten, vertraglich, seien von ihnen (ISMM AG oder ISL Worldwide) bei Vertragsabschluss aktiviert und gleichzeitig passiviert worden. Dadurch sei die Bilanzsumme extrem aufgeblaht worden (D 3/48, Ziffer 260).

Christoph M.: Das Geschaftsmodell zur Vermarktung der Marketing-, Media- und Licencing-Rechte, welches die ISMM Gruppe angewandt habe, welches aber auch iiblich sei in der Branche, habe darin bestanden, die zu leistenden Betrage aus dem Kauf der Rechte volumenmassig und zeitlich so zu staffeln, dass sie mit den zu erwartenden Einnahmen aus der Vermarktung der gleichen Rechte weitestmoglich kongruent verlaufen wurden. So sei zu erklaren, dass auch bei grossen Gesamtbetragen im Normalfall keine grossen Zwischenfinanzierungen notwendig gewesen seien (D 3/62, Ziffer 210).

Heinz S..: Grundsatzlich einmal stelle sich die Frage, ob diese Rechte und die dazugehorende Verpflichtung, namlich die Garantiezahlungen an die jeweiligen Rechteinhaber, iiberhaupt in die Bilanz gehoren wurden. Wiirde man diese Rechte unterhalb der Bilanz auffuhren und diese somit nicht um diese grossen Betrage aufgeblaht sein, wurde sich die Bilanz der ISMM AG schon in einem anderen Rahmen prasentieren. Finanziert seien diese Marketing-, Media- und Lizenzrechte mit den vertraglichen Minimumzahlungen an die Rechteinhaber worden gemass Passivseite der Bilanz (D 3/59, Ziffer 200).

63

Daniel B.: So, dass die Firma die Rechte erworben, aber keine Vorauszahlung in dieser Grossenordnung gemacht habe. Sie hatten mit den Rechteinhabern "Zahlungskalender" vereinbart, und ihre Aufgabe sei es gewesen, die Rechte zu sublizenzieren, und zwar auch mit "Zahlungskalender", welche eine Zahlung mit Rights-in-Agreements ermoglicht habe. Er habe das fiir sich immer so verglichen, als ob er ein Gebaude mieten wiirde und er am 10. eines Monats dem Vermieter die Miete hatte zahlen mussen. Er hatte dann alle Wohnungen in diesem Gebaude untervermieten mussen, die Untervermieter hatten ihm ihre Mieten z.B. am 5. eines Monats bezahlen mussen; und zwar insgesamt betragsmassig hoher als derjenige Betrag, den er dem Vermieter zu bezahlen gehabt hatte. Wenn man dann die monatlichen Mieten iiber 5 Jahre sehen und als Gesamtbetrag in die Bilanz nehmen wiirde, mache das eine sehr hohe Summe aus (D 3/49, Ziffer 155.)

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Er konne sich nur vorstellen, dass diese noch nicht bezahlt, sondern aktiviert und als Schuld ausgewiesen worden seien. Wobei dies eine Frage nach Rechnungslegung IAS sei, und da habe er keine Ahnung (D 3/61, Ziffer 196).

Die Aussagen der Beschuldigten zur Frage, was ihrer Meinung nach zusammengefasst die Grunde fiir den Kollaps der Gruppe seien, sind auf S. 98 f. der Uberweisungsverfugung festgehalten, und an dieser Stelle wird hierauf verwiesen.

2.7.5.2 Betreffend die weiteren Abschliisse, namlich

Unaudited Interim Consolidated Financial Statements, For nine months ended 30 September 2000 betreffend die ISMM Gruppe (IAS Abschluss) (D 7/D/1/17) Unaudited Interim Consolidated Financial Statements, For the year ended 31 December 2000 betreffend die ISMM Gruppe (IAS Abschluss) (D 7/D/1/24)

ISMM AG Zug Annual Report 2000 (D 7/D/1/7)

ISL Worldwide AG Zug Annual Report 2000 (D 7/D/1/6)

kann auf die Angaben des Gutachters (D 7/D/1/, S. 38 bis 45) mit den vorstehend gemachten Einschrankungen verwiesen werden.

3. Vertraqsverhaltnisse

Die Ausgestaltung der Vertragsverhaltnisse und ihre zivilrechtliche Qualifizierung ist insbesondere beim Veruntreuungstatbestand, aber auch jenem des Betruges von mit entscheidender Bedeutung. Vorweg interessieren dabei die zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG/ISMM AG abgeschlossenen Vertrage, namentlich

das ..License agreement" vom 26. Mai 1998 zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG (HD 2/49),

die Amendments to the License agreement" vom 13. Marz 2000 zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG (HD 2/50) und

die Amendments to the License agreement vom 21. Juli 2000 zwischen der FIFA und der ISMM AG(HD 2/51),

aber auch gewisse Inhalte der zwischen der ISMM AG, sowie ihrer Tochtern mit Drittgesellschaften geschlossenen Vereinbarungen.

3.1 Zivilrechtliche Qualifikation des Vertraosverhaltnisses zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. ISMM AG

Nachfolgend werden die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft zutreffenden Ausfuh-rungen des Untersuchungsrichters wiedergegeben.

64

3.1.1. Allgemeines

Sportvermarktung im engeren Sinne bedeutet die konkrete Nutzung oder Verwertung des Sports als Recht. Die Leistung besteht in der Bereitstellung eines Produktes, namlich einer Sportleistung durch den Sportier oder einer Sportveranstaltung durch den Sportveranstalter. Beides wird vom Vertragspartner verwertef7. Auf die Unterschiede zum Sponsoringvertrag (Marketing) muss nicht eingegangen werden, geht es doch im Kontext um Fernsehverwertungsrechte von Sportgrossveranstaltungen bzJean-Marie W. der Fussballweltmeisterschaften 2002 und 200628.

Fernsehverwertungsrechte werden in der Regel nicht direkt vom Veranstalter an den Fernsehsender verauGert, vielmehr wird eine Rechte-Agentur eingeschaltet, die auch eine entsprechende Beratung bietet und die Rechte nach kommerziellen Gesichtspunkten diversifiziert und landerweise vermarktet. Die Agenturen sind entweder unabhangig oder mit Sendern aus der eigenen „Familie" verbunden, in deren Auftrag oder Interesse sie die Rechte erwerben29. Beim Fernseh

27 Jochen Fritzweiler, Bernhard Pfister, Thomas Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, Miinchen 1998, 262

28

vgl. immerhin Fritzweiler, Pfister, Summerer, a.a.O., 262 29

Fritzweiler, Pfister, Summerer, a.a.O., 305 verwertungsvertrag fehlt eine gesetzliche Regelung. Nicht abschliessend konnen die folgenden Elemente als wesentliche Vertragsfaktoren bezeichnet werden: Die Aufzeichnung des Signals am Aufzeichnungsort erfolgt aufgrund einer Gestattung des Veranstalters bzJean-Marie W. Stadioninhabers; die Ausstrahlungsbefugnis ist lizenzahnlich. Vertragspartner ist auf der einen Seite der Veranstalter oder Ausrichter der Sportveranstaltung, haufig Lizenzgeber genannt, und ein Femsehunternehmen oder eine Rechteagentur auf der anderen Seite, haufig Lizenznehmer genannt. Ist eine Rechteagentur zwischengeschaltet, ist der nachfolgende Vertrag zwischen ihr und dem Fernsehunternehmen entweder deckungsgleich mit ihrem Vertrag mit dem Veranstalter oder aufgesplittet, wenn sie die Rechte an mehrere Femsehunternehmen veraussert. Vertragsgegenstand ist ein bestimmtes Sportereignis oder eine Reihe von Tumieren, bei denen der Lizenzgeber dem Lizenznehmer gestattet, ein Aufnahmeteam im Stadion zu akkreditieren und ein Fernsehsignal auf Bild- oder Tontrager aufzuzeichnen oder aufzeichnen zu lassen, verbunden mit dem Ausstrahlungsrecht in einem bestimmten Ausstrahlungsgebiet. Festzulegen ist ferner der Umfang des Ausstrahlungsrechts, also via Antenne (terrestrisch), Satellit, Kabel, Pay TV, Pay per VieJean-Marie W. Die Hauptleistungspflicht des Lizenzgebers besteht darin, dem Lizenznehmer ungehinderten Zutritt zum Veranstaltungsort und eine storungsfreie Aufnahmemoglichkeit zu verschaffen sowie das Ausstrahlungsrecht zu gewahrleisten. Die Hauptleistungspflicht des Lizenznehmers ist die Bezahlung der vereinbarten Vergutung, die meistens auf mehrere Falligkeiten verteilt wird 30.

3.1.2 Das konkrete Vertraasverhaltnis

Der zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG (ISMM AG) am 26. Mai 1998 abgeschlossene Vertrag tragt die Bezeichnung ..License Agreement". Die Sporis Holding AG wird als Lizenznehmerin (..Licensee") bezeichnet (HD 2/49). Ihr wird durch die FIFA als Inhaberin/Eigentumerin der Rechte an den Fussballweltmeisterschaften das Exklusivrecht fur die Nutzung/Verwertung (Ziffer 1.1.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998: ,,'lhe exclusive right to the exploitation of the Radio and Television Broadcast rights") der Radio - und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 und 2006 sowie die Befugnis zur Unterlizenzvergabe eingeraumt (Ziffer 1.6 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Die Lizenznehmerin ihrerseits verpflichtete sich zur Erbringung einer geldwerten Leistung an die FIFA (Ziffer 5 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Geht man definitionsgemass davon aus, dass sich beim Lizenzvertrag der Lizenzgeber verpflichtet, als Inhaber und ausschliesslicher Nutzungsberechtigter eines immateriellen Gutes, dem Lizenznehmer (meistens gegen Entgelt) ein Beniitzungsrecht an diesem immateriellen Gut einzuraumen , so kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien einen Fernsehverwertungsvertrag und damit Lizenzvertrag gemass vorstehender Definition abgeschlossen haben.

Wie dargestellt, hat der Fernsehverwertungs- und somit Lizenzvertrag zwar Ahnlichkeit mit verschiedenen im schweizerischen Obligationenrecht geregelten Vertragstypen (Kauf, Miete, Pacht), doch gilt er allgemein als Innominatskontrakt33 bzJean-Marie W. als Vertrag sui generis . Dieser untersteht den dispositiven Sach- und Verweisungsnormen des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts (BGE 103 II 104)35. Diese Feststellung ist u.a. deshalb von Bedeutung, weil es sich beim Lizenzvertrag um ein Dauerschuldverhaltnis handelt36. Dieses endigt u.a. infolge einer von der einen Partei an die andere gerichteten Willenserklarung (Kiindigung). Es handelt sich mithin um die Ausiibung eines Gestaitungsrechts durch einseitiges

65

Rechtsgeschaft. Die Kiindigung wirkt nur fur die Zukunft (ex nunc)37.

Der Lizenzvertrag zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG ist zeitlich befristet. Die FIFA ist jedoch berechtigt, den Vertrag zu kiindigen. So etwa, wenn die Sporis Holding AG Zahlungen aus Unterlizenzvertragen nicht weiterleitet (Ziffer 10.2.1 lit. b in Verbindung mit Ziffer 4.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Zur strafrechtlichen Relevanz dieser Ausfuhrungen kann auf die Angaben zu den verschiedenen Tatbestanden verwiesen werden. Immerhin sei im Zusammenhang mit dem Betrugstatbestand erwahnt, dass durch das Verheimlichen von Zahlungen auf ein der FIFA

30

Fritzweiler, Pfister, Summerer, a.a.O., 313 31

Hans Bernhard Wyss, Die schuldrechtliche Natur des Lizenzvertrages, Diss. Zurich, 1964, 15f. 32

vgl. auch Piermarco Zen-Ruffinen, Droit du Sport, Zurich 2002, 378 33

Wyss, a.a.O, 16 f. 34

Zen-Ruffinen, a.a.O, 380 f. 35

Peter Jaggi/Peter Gauch, Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Obligationenrecht, Teilband V 1b, Kommentar zu Art. 18 OR, Zurich 1980, N 549

36

Wyss, a.a.O., 17 37

Von Thur Escher, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band II, 3. A., Zurich 1974, S. 167f.

nicht bekanntes Konto, diese der Moglichkeit der Geltendmachung der ihr vertraglich zustehen-den Forderung beraubt wurde. Ebenso war es ihr dadurch nicht moglich, von ihrem Gestaltungs-recht bzJean-Marie W. der Kiindigung des Vertragsverhaltnisses Gebrauch zu machen. In beiden Fallen liegen vermogensrechtliche bzJean-Marie W. tatbestandsmassig relevante Folgen vor. Die vorstehenden grundsatzlichen Ausfuhrungen sind insofern zu prazisieren, als auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhaltnisses zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG von einem atypischen Lizenzverhaltnis ausgegangen werden muss.

3.2 Vertraosverhaltnisse im Uberblick

FIFA (3.2.1-3.2.4)

ISMM AG / Sporis ISL Marketing AG Holding AG (3.2.4) (3.2.1-3.2.3)

3.2.1 License agreement vom 26. Mai 1998 zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG [HD 2/49 (Regelung der Verwertung der weltweiten Fernseh- und Radioubertragungsrechte fiir die WM 2002 und 2006 mit Ausnahme von Europa und den USA)]

Unterzeichnung seitens der FIFA: Joao Havalange Unterzeichnung seitens der Sporis Holding AG: Christoph P. M.. Jean-Marie JEAN-MARIE W. (D 3/28, Ziffer 63, D 3/30, Ziffer 66)

3.2.2 Amendments to the License agreement vom 13. Marz 2000 zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG [HD 2/50 (Zusatzvereinbarung zum License agreement vom 26. Mai 1998)]

66

Unterzeichnung seitens der FIFA: Urs Linsi, Flavio Battaini Unterzeichnung seitens der Sporis Holding AG: Christoph P. M.. Jean-Marie JEAN-MARIE W. (D 3/28, Ziffer 73, D 3/30, Ziffer 76)

3.2.3 Amendments to the License agreement vom 21. Juli 2000 zwischen der FIFA und der ISMM AG [HD 2/51 (Zusatzvereinbarung zum License agreement vom 26. Mai 1998)]

Unterzeichnung seitens der FIFA: Urs Linsi, Flavio Battaini Unterzeichnung seitens der Sporis Holding AG: Christoph P. M.. Jean-Marie JEAN-MARIE W. (D 3/28, Ziffer 82, D 3/30, Ziffer 81)

3.2.4 Agreement vom 12. Dezember 1997 zwischen der FIFA und der ISL Marketing AG [HD 2/59 (Regelung des Marketings)]

Unterzeichnung seitens der FIFA: Joao Havalange, Joseph Blatter Unterzeichnung seitens der ISL Marketing AG: Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Heinz S..

ISMM Investments AG (3.2.5)

Globo Overseas TV Globo LTDA Investment B.V. (3.2.5) (3.2.5)

3.2.5 Agreement vom 29. Juni 1998 zwischen der ISMM Investment AG und der Globo Overseas Investment B.V./ TV Globo LTDA [HD 2/53 (Unterlizenzvertrag: Verwertung Fernseh- und Radiorechte WM 2002 und 2006 in Brasilien: Ziffer 1+2 des Vertrages)]

Unterzeichnung seitens der ISMM Investments AG: Heinz S... Daniel B. (D 3/29, Ziffer 73) Unterzeichnung seitens der Globo Overseas Investment B.V.: Marluce Dias da Silva, Marcelo de Campos Pinto (D 3/25, Ziffer 6) Unterzeichnung seitens der TV Globo LTDA: Marluce Dias da Silva, Marcelo de Campos Pinto (D 3/25, Ziffer 6)

ISMM AG ISMM Investments (3.2.9) AG (3.2.6-3.2.8)

Dentsu lnc.(3.2.63.2.9)

3.2.6 Agreement vom 5. November 1998 zwischen der ISMM Investment AG und der Dentsu lnc.[HD 2/15, D 4/B/1/32 (Unterlizenzvertrag: Verwertung der Fernseh- und Radiorechte WM 2002 und 2006 in Japan)]

Unterzeichnung seitens der ISMM Investment AG: Daniel B.. David Schiller (D 3/31, Ziffer 94) Unterzeichnung seitens der Dentsu Inc.: Haruyuki Takahashi (D 3/26, Ziffer 3)

3.2.7 Zusatz vom 10./11. November 1998 zum Agreement vom 5. November 1998 (HD 2/17, D 4/B/1/34)

Unterzeichnung seitens der ISMM Investment AG: Daniel B. Unterzeichnung seitens der Dentsu Inc.: Haruyuki Takahashi

67

3.2.8 Zusatz vom 18. November 1998 zum Unterlizenzvertrag vom 5. November 1998 (HD 2/18, D4/B/1/39)

Unterzeichnung seitens der ISMM Investment AG: Daniel B.. David Schiller Unterzeichnung seitens der Dentsu Inc.: Haruyuki Takahashi

3.2.9 Memorandum of understanding vom 15. September 2000 zwischen der ISMM AG und der Dentsu Inc. (HD 2/20, D 4/B/1/54)

Unterzeichnung seitens der ISMM AG: Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Daniel B. (D 3/31, Ziffer 97, D 3/30, Ziffer 115) Unterzeichnung seitens der Dentsu Inc.: Yasutoshi Kimura

Dentsu Inc. ISMM AG (2.2.10(3.2.10) 3.2.11)

ISL Worldwide FIFA (3.2.4 /3.2.10- (3.2.4)

3.J 2.11)

3.2.10 Memorandum of Understanding vom 17. Januar 2001 zwischen der ISMM AG/ ISL Worldwide und der Detnsu Inc. [HD 2/22, D 4/B/1/57 (Stellen einer Bankgarantie iiber CHF 66'000'000.-- durch Dentsu Inc. zu Gunsten der FIFA)

Unterzeichnung seitens der ISMM AG: Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Christoph P. M. (D 3/30, Ziffer 139) Unterzeichnung seitens der ISL Worldwide: Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Urs Brunner (D 3/53, Ziffer 5) Unterzeichnung seitens der Dentsu Inc.: Kobajashi

3.2.11 Erklarung der ISMM AG und ISL Worldwide zum Memorandum of Understanding vom 17. Januar 2001 [HD 2/23, D 4/B/1/58 (..Pledge")]

Unterzeichnung seitens der ISMM AG: Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Christoph P. M. Unterzeichnung seitens der ISL Worldwide: Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Urs Brunner (D 3/53, Ziffer 11).

3.3 Vertrao vom 26. Mai 1998 zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG (HD 2/49. Deutsche Ubersetzung D 4/B/1/2) •*

3.3.1 Die nachfolgenden Ziffern entsprechen der Systematik der jeweiligen Vertrage.

Begriffsbestimmungen

Fall der Nichterfullung bedeutet die Unrichtigkeit oder nicht korrekte Wiedergabe einer Darstellung oder Gewahrleistung oder die substanzielle Verletzung von Verpflichtungen aus dem vorliegenden Vertrag

«Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte» bedeutet die Rechte fur die Ubertragung oder fur die Veranlassung der Ubertragung der Weltmeisterschaften und der zusatzlichen FIFA-Veranstaltungen am Radio oder Femsehen in jeglicher Form des Radio- oder Audio-Sounds oder von Fernsehsignalen, unter Einschluss des Basissignals, oder in anderer Form von Bewegungsbildern, gleichgultig, ob uber den Ather, uber Mikrowellenverbindungen, in geschlossenem Kreis, iiber Draht, Kabel oder Telefon, von Satellit zu Satellit, live oder zeitverschoben, in Farbe oder

38

Um den Lesefluss der Verfugung zu unterstutzen, werden die wesentlichen Vertragsbestimmungen in deutscher Sprache wiedergegeben. Dabei handelt es sich um die Wiedergabe der im Rahmen der

68

Untersuchung in Auftrag gegebenen Ubersetzung. Einzelne ubersetzungsmassige Ungenauigkeiten werden in Kauf genommen. Es versteht sich von selbst, dass ausschliesslich der englische Text verbindlich ist Schwarzweiss, fur den privaten oder offentlichen Empfang in jeglicher Fernsehform und unter Einschluss der Nutzung des Basissignals, von Radio, Audio oder Bewegungsbildem, der Weltmeisterschaften und der zusatzlichen FIFA-Veranstaltungen, iiber Datenbasen oder Digitaldienste (wie Internet) oder ein entsprechendes, vorhandenes oder zukiinftiges System, das die entsprechender Funktion ausiibt oder dazu in der Lage ist (mit oder ohne zusatzliche Hardoder Software).

«Spezialkonto» bedeutet das Bankkonto Nr. 68.5288.003 / Depositenkonto Nr. 68.528-8.0003 FIDUC, eroffnet durch die Lizenznehmerin bei der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel.

«Treuhandkonto» bedeutet das Bankkonto Nr. 220.954.01 U / Depositenkonto Nr. 220.954.S. U, gemeinschaftlich als Gemeinschaftskonto eroffnet durch die FIFA und die Lizenznehmerin bei der UBS, Zurich, Hauptsitz.

1. Gewahrte Rechte

1.1.1 Die FIFA gewahrt hiermit der Lizenznehmerin das Exklusivrecht fur die Nutzung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften im Gebiet.

1.1.2 Exklusivrecht bedeutet, dass die FIFA keine Rechte fur die Nutzung der Radio-und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften im Gebiet Dritten gewahrt und die Radio-und Fernseh-Ubertragungsrechte auch nicht selbst nutzt.

1.1.3 Alle Rechte, die nicht aufgrund des vorliegenden Vertrags der Lizenznehmerin gewahrt werden, insbesondere die Weltmeisterschafts-Filmrechte (fiir den offiziellen Film oder zu nichtkommerziellen Zwecken) bleiben der FIFA vorbehalten.

1.1.4 Die Lizenznehmerin ist berechtigt, alle Veranstaltungen der Weltmeisterschaften im Gebiet zu ubertragen und sie hat hierfur alles in ihren Kraften Stehende zu unternehmen; die Parteien konnen indessen aus wichtigen wirtschaftlichen, technischen oder sonstigen Grunden anderes vereinbaren.

1.4.1 Die Rechte zur Nutzung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte diirfen nur innerhalb des Gebiets gemass den Ziff em 1.1, 1.7.10 und 1.9 gewahrt werden.

1.6 Unterlizenzvergabe

1.6.1 Die Unterlizenzvergabe der Rechte fur die Nutzung der Radio-und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften und der zusatzlichen FIFA-Veranstaltungen sowie aller andern mit dem vorliegenden Vertrag verliehenen Rechte ist gestattet, vorausgesetzt dass die entsprechenden Bestimmungen nicht in einem Widerspruch zu den Bestimmungen des vorliegenden Vertrags stehen oder solche verletzen.

1.6.2 Alle Unterlizenzvertrage mussen frei von Kompensationsgeschaften («Bundling» von Rechten) sein.

1.6.3 Alle Entschadigungen im Zusammenhang mit der Unterlizenzvergabe der Rechte zur Nutzung der Radio-und Fernseh-Ubertragungsrechte mussen in Geld bestehen und sind auf das Spezialkonto zu bezahlen.

1.6.5 Die Unterlizenzvertrage mussen dahingehende Bestimmungen enthalten, dass alle Entschadigungen auf das Spezialkonto zu uberweisen sind und dass die FIFA, unter dem Vorbehalt von Ziffer 1.10, eine Option besitzt, im Falle einer vorzeitigen Beendigung des vorliegenden Vertragsverhaltnisses alle Rechte und Verpflichtungen aus den Unterlizenzvertragen zu ubernehmen.

1.6.6 Die Lizenznehmerin hat der FIFA alle Unterlizenzvertrage vollumfanglich bekanntzugeben. Die Lizenznehmerin hat der FIFA spatestens jeweils zwanzig (20) Tage nach der Unterzeichnung eines Unterlizenzvertrags eine Kopie davon zu ubergeben.

1.6.7 Die Unterlizenzvertrage mussen ausserdem Bestimmungen enthalten, die im wesentlichen denjenigen von Anhang 4 gleichen.

1.6.8 Die Lizenznehmerin hat das Recht, die Einkunfte und Anspruche aus den Unterlizenzvertragen zu verpfanden, jedoch nicht abzutreten, dies zum alleinigen Zweck der Finanzierung der ausstehenden Bankgarantie, wobei diese Einkunfte und Anspruche dem Spezialkonto gutzuschreiben sind.

1.6.9 Alle Pfandvertrage sind der FIFA spatestens jeweils zwanzig (20) Tage nach der Unterzeichnung bekanntzugeben. 84

4. Aufteilung

der

Einkunfte

4.1 Bruttoeinkunfte / Spezialkonto

4.1.1 Alle Einkunfte (wozu unter anderem auch alle Non-cash-Entschadigungen und Zinsen auf den Einkiinften gehoren), die aus der Nutzung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften erzielt werden, abzuglich der (entsprechend den geltenden Steuerabkommen) nicht zuriickerstatteten Verrechnungssteuern (im Nachstehenden als «Bruttoeinkunfte bezeichnet), sind auf das Spezialkonto zu uberweisen.

4.1.2 Das Spezialkonto ist von der Lizenznehmerin ausschliesslichZusammenhang mit den

fiir alle

finanziellen Transaktionen im

69

Weltmeisterschaften zu benutzen. 4.1.3

Die Lizenznehmerin hat dafiir zu sorgen, dass alle Kontoeroffnungsdokumente und deren Anderungen, alle Gutschriftsund Belastungsanzeigen, alle Investitionen, alle Monatsausziige und Portefeuille-Zusammenfassungen sowie alle weiteren Bankunterlagen bezuglich des Spezialkontos der FIFA zugesandt werden.

4.1.4 Die Lizenznehmerin entscheidet uber das Portefeuillemanagement des Spezialkontos.

4.1.5 Die Lizenznehmerin hat das Recht, das Spezialkonto zu verpfanden, jedochalleinigen Zweck der Finanzierung der ausstehenden Bankgarantie.

nicht abzutreten,

dies

zum

4.1.6 Alle Pfandvertrage sind der FIFA spatestens jeweils zwanzig (20) Tage nach der Unterzeichnung bekannt zugeben.

4.2 Zuweisungen

4.2.1 Die Lizenznehmerin ist berechtigt, das Spezialkonto unmittelbar nach einer jeden Zahlung einer Sendeanstalt (im Nachstehenden als «lnterims-Bruttoeinkunfte» bezeichnet) wie folgt zu belasten:

(a) Produktionskosten: Der Lizenznehmerin ist ein Betrag, der 5 % der Interims-Bruttoeinkunfte fur die Kosten der Schaffung des Basissignals (oder irgendwelcher Zusatzsignale) entspricht, zu bezahlen;

(b) Zuweisungsgebuhr: Der Lizenznehmerin ist ein Betrag, der 20 % der Interims-Bruttoeinkunfte entspricht, als Zuweisungsgebiihr zu bezahlen.

4.2.2 Die Lizenznehmerin ist berechtigt, das Spezialkonto periodisch, an den Daten des Zahlungsplans zu belasten, und zwar wie folgt:

(a) Finanzierungskosten: Die Kosten fur die Mindestzahlungen im Gesamtumfang von CHF 24.0 Mio. fur einejede Weltmeisterschaft sind der Lizenznehmerin wie folgt zu bezahlen:

CHF 24.0 Mio.Weltmeisterschaft 2002 Finanzierungskosten

CHF 0.000 Mio.CHF 3.000 Mio.CHF 3.000 Mio.CHF 3.000 Mio.CHF 4.500 Mio.CHF 10.500 Mio.

Datum

15. Oktober 1998 15. Oktober 1999 15. Oktober2000 15. Oktober2001 15. Januar 2002 Innert 20 TagenWeltmeisterschaft 2002 Total

nach dem Endspiel der

(b) Pauschalbetrag: Die Finanzierungskosten fur die dann gemass Ziffer 6.1 fallige Bankgarantie im Gesamtbetrag von CHF 7.5 Mio. fur eine jede Weltmeisterschaft sind der Lizenznehmerin wie folgt zu bezahlen:

Weltmeisterschaft 2002 Pauschalbetrag

CHF 0.375 Mio.CHF 0.375 Mio.CHF 0.375 Mio.CHF 2.250 Mio.CHF 3.375 Mio.CHF 0.750Mio.

CHF 7.S0 Mio. Datum

15. Oktober 1998 15. Oktober 1999 15. Oktober 2000 15. Oktober 2001 15. Januar 2002 Innert 20 TagenWeltmeisterschaft 2002 Total

nach dem Endspiel der Die Lizenznehmerin hat aus dem nach diesen Zuweisungen auf dem Spezialkonto verbleibenden Betrag und, falls erforderlich, aus dem kumulierten Betrag im Treuhandkonto (siehe Ziffer 4.3.1) die folgenden Zuweisungen zu machen

(c) Erstens: Der FIFA ist ein Betrag zu bezahlen, der den dannzumal gemass dem Zahlungsplan von Ziffer 5.2 geschuldeten Zahlungen entspricht;

(d) Zweitens: Der Lizenznehmerin ist aus den verbleibenden Einkiinften • vorausgesetzt dass die Bank der Lizenznehmerin gemass dem Zahlungsplan ein Defizit eingeraumt hat- ein Betrag zu bezahlen, der dem nicht verguteten Defizit entspricht.

70

4.2.3 Ausser den in der vorliegenden Ziffer 4.2 angegebenen Zuweisungen sind keine weiteren Zuweisungen gestattet

4.3 Nettoeinkiinfte / Treuhandkonto /Aufteilung der Einkunfte

4.3.1 Der gesamte, nach der Vornahme der Zuweisungen (Ziffer 4.2) an die Lizenznehmerin und die FIFA verbleibende Betrag (im Nachstehenden als «Nettoeinkunfte« bezeichnet) ist innert drei (3) Tagen nach dem betreffenden Datum des Zahlungsplans auf das Treuhandkonto zu uberweisen.

4.3.2 Alle Kontoeroffnungsdokumente und deren Anderungen, alle Gutschrifts-und Belastungsanzeigen, alle Investitionen, alle Monatsauszuge und Portefeuillezusammenfassungen sowie alle weiteren Bankunterlagen bezuglich des Treuhandkontos sind der Lizenznehmerin und der FIFA zuzusenden.

4.3.3 Die Lizenznehmerin entscheidet uber das Portefeuillemanagement des Treuhandkontos.

4.3.4 Zwar haben weder die FIFA noch die Lizenznehmerin das Recht, das Treuhandkonto zu verpfanden, doch kann die Lizenznehmerin es zum alleinigen Zweck der Finanzierung der ausstehenden Bankgarantie gemass Ziffer 6 und Anhang 7 mit der vorgangigen Zustimmung der FIFA verpfanden.

4.3.5 Die Nettoeinkiinfte sind innert sechzig (60) Tagen nach dem Endspiel einer jeden Weltmeisterschaft zwischen der FIFA einerseits (1/2) und der Lizenznehmerin andererseits (1/2) in gleichen Tranchen zu teilen.

4.4 Buchfiihrung I Elnsichtnahme in die Bucher

4.4.1 Die Lizenznehmerin hat eine vollstandige, klare und genaue Buchhaltung zu fuhren, die in Einklang mit den allgemein anerkannten Grundsatzen stehen und alle relevanten Einzelheiten enthalt, aus denen sich die Betrage ergeben, welche der FIFA aufgrund des vorliegenden Vertrags geschuldet sind.

4.4.2 Die Bucher mussen in jedem zumutbaren Zeitpunkt, jedoch nicht mehr als zwei Mai pro Jahr, zur Einsichtnahme und Prufung auf die Richtigkeit durch unabhangige beeidigte Buchprufer oder andere, durch die FIFA bezeichnete Personen zur Verfugung stehen.

1 Die FIFA hat der Lizenznehmerin mindestens drei Tage vor einer vorgesehenen Einsichtnahme Mitteilung davon zu machen. Die Buchprufer durfen der FIFA nur solche Informationen bekannt geben, welche die FIFA zur Feststellung der Richtigkeit der ihr gemass den Berichten der Lizenznehmerin geschuldeten Gesamtbetrage und der damit in Zusammenhang stehenden Zahlungen benotigt. Alle mit diesen Prufungen verbundenen Kosten sind durch die FIFA zu tragen. 2 Zahlung

5.1 Mindestzahlungen

5.1.1 Die Lizenznehmerin ist verpflichtet, der FIFA bezuglich der Weltmeisterschaft 2002 den Gesamtbetrag von CHF 650,000,000.-- (sechshundertfunfzig Millionen Schweizer Franken) bezuglich der Weltmeisterschaft 2002 den Gesamtbetrag von CHF 750,000,000.--(siebenhundertfiinfzig Millionen Schweizer Franken) zu bezahlen, dies an den Daten und in den Teilbetragen, wie im Nachstehenden dargestellt (zusatzlich zu den der FIFA aufgrund der Aufteilung der Einkunfte gemass Ziffer 4.3 zu bezahlenden Betrage).

5.2 Zahlungsplan

5.2.1 Mit den Mindestzahlungen soil sichergestellt werden, dass der Anteil der FIFA an den BruttoeinkiJnften fiir eine jede Weltmeisterschaft den folgenden Betragen entspricht; die Zahlungen sind spatestens an den nachstehend angegebenen Daten zu leisten:

Weltmeisterschaft 2002, Mindestzahlungen Datum

CHF32.5 Mio. 15. Oktober 1998 CHF32.5 Mio. 15. Oktober 1999 CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 2000

CHF 195 Mio. 15. Oktober 2001 CHF292.5 Mio. 15. Januar2002 CHF 65 Mio. Innert 20 Tagen nach dem Endspiel der

Weltmeisterschaft 2002

CHF 650 Mio. Total

1 Alle im Zahlungsplan enthaltenen Betrage sind als netto MWST, Verrechnungssteuern und ahnlichen

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Abgaben zu verstehen, und diese Steuern und Abgaben sind durch die Lizenznehmerin, zusatzlich zu den angegebenen Betragen, zu bezahlen. 2 Sicherheit

6.1 Am 26. Mai 1998 lieferte die Lizenznehmerin der FIFA eine Bankgarantie in der Form von Anhang 7, ausgestellt durch die Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel, iiber einen Betrag in der Hohe der 15. Oktober 1998 falligen Zahlungsverpflichtung.

6.2 Bei rechtzeitiger Zahlung des in Ziffer 5.2.1 des vorliegenden Vertrags angegebenen, am 15. Oktober 1998 zu bezahlenden Betrags:

(a) erfolgt die Entlastung von dieser Bankgarantie, und (b) hat die Lizenznehmerin der FIFA an diesem Zahlungsdatum eine weitere Bankgarantie der

gleichen Bank und in der gleichen Form, ausser was das Datum und den Betrag anbetrifft, abzugeben; der Betrag hat demjenigen zu entsprechen, der am nachsten Falligkeitsdatum der FIFA geschuldet ist.

6.3 In gleicher Weise hat die Lizenznehmerin bei jeder ihrer Zahlungen der Betrage an die FIFA, die den Gegenstand der jeweils geltenden Bankgarantie bilden, der FIFA weitere Bankgarantien, entsprechend Anhang 7, abzugeben, ausgestellt durch die Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel, oder durch eine andere schweizerische, deutsche, englische Oder franzosische Bank von anerkannter internationaler Bedeutung, die von der FIFA angemessenerweise akzeptiert werden kann.

6.4 Diese weiteren Bankgarantien mussen auf einen Betrag lauten, welcher der nachsten, der FIFA gemass dem Zahlungsplan zu leistenden Zahlung entspricht (siehe Ziffer 5.2.1), dies bis zu dem Zeitpunkt, in welchem die Lizenznehmerin gegenuber der FIFA keine weiteren Zahlungsverpflichtungen mehr hat.

7.1 Erklarungen I Gewahrleistungen der FIFA

Die FIFA erklart und gewahrleistet gegeniiber der Lizenznehmerin das Folgende:

(b) Die FIFA bleibt wahrend der Dauer des vorliegenden Vertragsverhaltnisses die alleinige Eigentiimerin der Radio-und Fernseh-Ubertragungsrechte und der weiteren, der Lizenznehmerin mit dem vorliegenden Vertrag gewahrten Rechte.

8. Verpflichtungen

8.2 Verpflichtungen der Lizenznehmerin

Die Lizenznehmerin verpflichtet sich zu Folgendem wahrend der Dauer des vorliegenden Vertragsverhaltnisses:

(a) Sie hat der FIFA uber alle Angelegenheiten sofort Mitteilung zu machen, die eine wesentliche nachteilige Veranderung der finanziellen Situation der Lizenznehmerin bewirkt haben oder bewirken konnen;

(b) Sie hat der FIFA, auf deren erstes Begehren hin, jedoch mindestens ein Mai pro Jahr, einen schriftlichen Bericht ihrer Revisionsstelle, bei der es sich gegenwartig um die KPMG Fides Peat, Luzern handelt, oder jedes andern, international anerkannten Revisionsunternehmens, abzugeben, in dem bestatigt wird, im Verlauf der letzten zwolf (12) Monate keine wesentlichen nachteiligen Veranderungen bei der finanziellen Situation der Lizenznehmerin eingetreten sind;

(c) Sie hat der FIFA, auf deren erstes Begehren hin, alle Informationen iiber ihre Tatigkeiten, die angemessenerweise durch die FIFA beziiglich der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte verlangt werden konnen, zu liefem;

(d) Sie hat ihrer Bank die Anweisung zu erteilen, die Bankgarantien direkt auf das Konto der FIFA zu leisten (das die FIFA der Bank der Lizenznehmerin direkt mitzuteilen hat);

(g) sie hat der FIFA sofort Mitteilung von Angelegenheiten zu machen, die zu einem Fall der Nichterfullung gefuhrt haben oder dazu fiihren konnen.

10. Beendigung des Vertragsverhaltnisses I Rechtsbehelfe

10.1 Automatische vorzeitige Beendigung

Wenn die FIFA oder die Lizenznehmerin in Konkurs fallt, erlischt das vorliegende Vertragsverhaltnis automatisch mit sofortiger Wirkung.

10.2 Optionelle vorzeitige Beendigung

10.2.1 Die FIFA ist berechtigt, den vorliegenden Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzukunden, dies mittels schriftlicher, an die Lizenznehmerin gerichteter Mitteilung:

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(a) wenn die Lizenznehmerin sich insolvent erklart, einen Vergleichsvertrag mit den Glaubigem abschliesst oder ihre Geschaftstatigkeit einstellt, es sei denn, sie liefere danach, innert dreissig (30) Tagen, nachdem sie durch die FIFA entsprechend dazu aufgefordert worden ist. Letzterer eine Bankgarantie fur den vollumfanglichen Betrag aller nach gemass Ziffer 5 zu leistenden Mindestzahlungen, unter Einschluss angemessener Mittel fur die Produktion des Basissignals;

(b) wenn die Lizenznehmerin keine Bankgarantie gemass Ziffer 6 liefert oder die Aufteilung der Einkiinfte gemass Ziffer 4.3 nicht vornimmt und nicht innert dreissig (30) Tagen fiir Abhilfe sorgt, nachdem sie von der FIFA dazu aufgefordert worden ist;

(c) wenn die Lizenznehmerin das Basissignal fiir gesamthaft drei (3) Spiele gemass Ziffer 1.5 nicht produziert.

10.3 Folgen der Beendigung

10.3.1 Bei der automatischen Beendigung des vorliegenden Vertragsverhaltnisses wegen Konkurses der Lizenznehmerin oder bei einer optionellen vorzeitigen Kiindigung durch die FIFA gemass Ziffer 10.2.1 kann Letztere alle durch die Lizenznehmerin geleisteten Mindestzahlungen einbehalten, und die nachste Mindestzahlung gemass dem Zahlungsplan wird fallig; die FIFA kann dann sofort die Bankgarantie bezuglich dieser Mindestzahlung beziehen. Ausserdem ist die FIFA berechtigt, eine vorzeitige Aufteilung der Einkunfte, vor dem Ende des Zahlungsplans, zu verlangen; sie ist frei, mit irgend einer Drittpartei -einschliesslich der Sendeanstalten -einen Vertrag iiber die Nutzung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte abzuschliessen (siehe Ziffer 1.6). Die FIFA ist jedoch verpflichtet, den Betrag zuruckzuerstatten, der iiber (i) die Mindestzahlungen gemass Ziffer 5.1 und (ii) den Totalbetrag, auf den die FIFA gemass der Aufteilung der Einkunfte nach Ziffer 43 am Ende des Zahlungsplans Anspruch hat, hinausgeht. Bei einer optionellen vorzeitigen Kiindigung des vorliegenden Vertrags durch die FIFA gemass Ziffer 10.2.1 Buchst. a oder b ist die FIFA verpflichtet, den Schaden, welchen die Sendeanstalten allenfalls infolge dieser Kiindigung erleiden, zu mindern.

10.3.2 Bei einer automatischen vorzeitigen Beendigung des vorliegenden Vertragsverhaltnisses aufgrund des Konkurses der FIFA oder bei einer optionellen vorzeitigen Kundigung durch die Lizenznehmerin gemass Ziffer 10.2.2 wird die Letztere von alien Verpflichtungen beziiglich der Mindestzahlungen und der Bankgarantien (Ziffem 5 und 6) befreit, und im Falle einer Annullierung der einen oder andem Weltmeisterschaft sind alle Betrage, die der FIFA als Mindestzahlungen oder aufgrund der Bankgarantien beziiglich der annullierten Weltmeisterschaft geleistet worden sind, sofort zuruckzuerstatten, und alle der im Zusammenhang mit der Produktion des Basissignals der betreffenden Weltmeisterschaft nicht vergiiteten Betrage sind der Lizenznehmerin ebenfalls sofort vollumfanglich zuriickzuerstatten

10.4 Sonstige Behelfe

10.4.1 Bei einer durch die Gegenpartei verursachten Nichterfiillung haben die FIFA oder die Lizenznehmerin, zusatzlich zu alien andem Behelfen aus dem vorliegenden Vertrag oder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen das Recht:

(a) von der Gegenpartei gerichtlich die tatsachliche Erfullung zu verlangen; (b) die Gegenpartei auf Schadenersatz einzuklagen; und (c) alle angemessenen einstweiligen Verfugungen zu beantragen.

3.4 Zusatzvertrao vom 13. Marz 2000 zum Vertrag vom 26. Mai 1998 zwischen der FIFA und der Sooris Holding AG (HD 2/50. Deutsche Ubersetzung: D 4/B/1/4

Mit dieser Zusatzvereinbarung wurden einige wesentliche Bestimmungen des Vertrages vom 26. Mai 1998 abgeandert oder ersetzt. Sie werden nachfolgend wiedergegeben.

„Spezialkonto» bedeutet das Bankkonto Nr.248-436280.01D (CHF) / Nr.248-436280.60T (USD), eroffnet durch die Lizenznehmerin bei der UBS Schweiz, Luzern, entsprechend der beigegebenen Kontoeroffnungsdokumentation (Anhang 11).

«Treuhandkonto» bedeutet das Bankkonto Nr. 220.954.01 U / Depositenkonto Nr. 220.954.S. U, gemeinschaftlich als Gemeinschaftskonto eroffnet durch die FIFA und die Lizenznehmerin bei der UBS, Zurich, Hauptsitz, entsprechend der beigegebenen Kontoeroffnungsdokumentation (Anhang 11).

5. Ziffer 4.2.1 des Lizenzvertrags wird wie folgt geandert und erganzt:

«4.2.1 Die Lizenznehmerin hat das Spezialkonto unmittelbar nach einer jeden Zahlung einer Sendeanstalt (im Nachstehenden als «lnterims-Bruttoeinkunfte» bezeichnet) wie folgt zu belasten:

(a) Produktionskosten: Der Lizenznehmerin ist ein Betrag, der 5 % der Interims-Bruttoeinkunfte fiir die Kosten

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der Schaffung des Basissignals (oder irgendwelcher Zusatzsignale) entspricht, zu bezahlen; (b) Zuweisungsgebuhr: Der Lizenznehmerin ist ein Betrag, der 20 % der Interims-Bruttoeinkunfte entspricht, als

Zuweisungsgebuhr zu bezahlen. (c) Bescheinigung (..Beschleunigung" / vom Unterzeichneten eingefugt) der Mindestzahlungen: Unter dem

Vorbehalt von Ziffer 4.2.2 sind 75 % der Interims-Bruttoeinkunfte wie folgt zu bezahlen: bis zu CHF 650 Mio. fur die FIFA-Weltmeisterschaft 2002 und CHF 750 Mio. fiir die FIFA-Weltmeisterschaft 2006. Die Lizenznehmerin hat die FIFA iiber jede gemass der vorliegenden Ziffer zu leistende Zahlung zu informieren, so dass die FIFA eine entsprechende Rechnung ausstellen kann; die FIFA kann indessen Zahlungen im Betrag von weniger als CHF 10 Mio. ablehnen. Die Parteien haben den Zahlungsplan von Ziffer 5.2.1 und den Garantieplan gemass Ziffer 6 nach jeder Zahlung gemass dem vorliegenden Abschnitt schriftlich anzupassen.»

6. Ziffer 4.2.2, Satz 1 des Lizenzvertrags wird wie folgt erganzt:

«4.2.2 Die Lizenznehmerin ist berechtigt, das Spezialkonto periodisch, an den Daten des Zahlungsplans oder, bezuglich Buchstabe (a) und (b), sobald genugend liquide Mittel vorhanden sind, zu belasten, und zwar wie folgt:»

7. Ziffer 4.3.5 des Lizenzvertrags wird wie folgt erganzt:

«4.3.5 Die Nettoeinkiinfte sind innert sechzig (60) Tagen nach dem Endspiel einer jeden Weltmeisterschaft zwischen der FIFA einerseits (1/2) und der Lizenznehmerin andererseits (1/2) in gleichen Tranchen zu teilen. Sobald die FIFA fiir die FIFA- Weltmeisterschaft 2002 CHF 650 Mio. und fiir die FIFA-Weltmeisterschaft 2006 CHF 750 Mio. erhalten hat, dies gemass Ziffer 4.2.1 (c), haben die Parteien in guten Treuen miteinander zu verhandeln und zu versuchen, die Aufteilung der Einkunfte zu beschleunigen.»

8. Ziffer 5.2.1 des Lizenzvertrags wird wie folgt geandert:

«5.2.1 Mit den Mindestzahlungen soil sichergestellt werden, dass der Anteil der FIFA an den Bruttoeinkiinften fiir eine jede Weltmeisterschaft den folgenden Betragen entspricht; die Zahlungen sind spatestens an den nachstehend angegebenen Daten zu leisten:

Weltmeisterschaft 2002, Mindestzahlungen Datum CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1998 CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1999 CHF 149.5 Mio. 15. Marz 2000 CHF 78.0 Mio. 15. Oktober 2001 CHF 292.5 Mio. 15. Januar 2002 CHF 65 Mio. Innert 20 Tagen nach dem Endspiel der

Weltmeisterschaft 2002 CHF 650 Mio. Total

Ziffer 6 des Lizenzvertrags wird wie folgt ersetzt:

«6. SICHERHEIT

Die Lizenznehmerin hat der FIFA Bankgarantien, entsprechend Anhang 7. abzugeben, ausgestellt durch die Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel, oder durch eine andere schweizerische, deutsche, englische oder franzosische Bank von anerkannter internationaler Bedeutung, die von der FIFA angemessenerweise akzeptiert werden kann, und zwar uber die folgenden Betrage und an den folgenden Daten.

Weltmeisterschaft 2002,

Garantien Datum

CHF 32.5 Mio Bei der Unterzeichnung des Lizenzvertrags CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1998 CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1999 CHF 78.0 Mio. 15. Oktober 2000 CHF 292.5 Mio. 15. Oktober 2001 CHF 65 Mio. 15. Januar 2002

Bei jeder Zahlung gemass Ziffer 4.2.1 (c) und/oder Ziffer 5.2.2 erfolgt eine vollumfangliche oder teilweise Entlastung von der Bankgarantie."

3.5 Zusatzvertrao vom 21. Juli 2000 zwischen der FIFA und der ISMM AG (HD 2/51)

Am 26. Juli 2000 schlossen die Parteien einen weiteren Zusatzvertrag ab, in welchem der Zeitplan fiir die Mindestzahlungen im Sinne einer Zahlungsbeschleunigung angepasst wurde.

Weltmeisterschaft 2002, Mindestzahlungen Datum

CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1998 CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1999 CHF 149.5 Mio. 15. Marz 2000 CHF 27'663'675." 4. April 2000 CHF 50'336'325.-. 15. Oktober 2001 CHF 292.5 Mio. 15. Januar 2002 CHF 65 Mio. Innert 20 Tagen nach dem Endspiel der

Weltmeisterschaft 2002 CHF 650 Mio. Total

Weltmeisterschaft 2002,

Garantien Datum

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CHF 32.5 Mio Bei der Unterzeichnung des Lizenzvertrags CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1998 CHF 32.5 Mio. 15. Oktober 1999 CHF 50'336'325.-. 15. Oktober 2000 CHF 292.5 Mio. 15. Oktober 2001 CHF 65 Mio. 15. Januar 2002

3.6 Untersuchunoseroebnis zum Vertraosverhaltnis FIFA - Sporis Holding AG/ISMM AG

Die FIFA gewahrte der Sporis Holding AG das Exklusivrecht fiir die Nutzung/Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 und 2006 in den abschliessend angefuhrten Landern (Ziffer 1.1.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998 und Annex 1 / weltweit mit Ausnahme von Europa und den USA), wobei sie wahrend der Dauer des Vertragsverhaltnisses alleinige Eigentumerin der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte und der weiteren, der Sporis Holding vertraglich gewahrten Rechte blieb (Ziffer 7.1 des Vertrages vom 26. Mai

1998). Der Sporis Holding AG wurde die Unterlizenzvergabe der Rechte fur die Nutzung/Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften und der zusatzlichen FIFA-Veranstaltungen sowie aller andern mit dem vorliegenden Vertrag verliehenen Rechte gestattet; dies unter der Voraussetzung, dass die entsprechenden Bestimmungen nicht in Widerspruch zu Regelungen des Lizenzvertrages stunden oder solche verletzen (Ziffer 1.6.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Jean-Marie JEAN-MARIE W. gab an, dass die ISL der FIFA fur die WM 2002 und 2006 empfohlen habe, Eigentumerin der Rechte zu bleiben und ein Lizenz Agreement abzuschliessen; sie hatten der FIFA sogar eine gemeinsame Gesellschaft angeboten, was jedoch aus sportpolitischen Grunden nicht moglich gewesen sei (D 3/30, Ziffer 29, vgl. auch seine Angaben unter Ziffer 69, wonach ursprunglich eine gemeinsame Verwertung der Fernsehrechte geplant worden sei). Diese Darstellung wurde von Joseph Blatter (Prasident der FIFA) bestatigt (D 3/33, Ziffer 32).

Guido Toqnoni. welcher gemass eigenen Angaben bereits zwischen 1984 und 1995 fiir die FIFA als Pressechef, PR-Chef, Projektmanager der WM 1994 tatig und teilweise fiir juristische Angelegenheiten zustandig war, Mitte April 2001 zur Bewaltigung der Krisensituation Konkurs ISL/ISMM wiederum von der FIFA verpflichtet wurde (D 3/34, Ziffer 3 bis 9), gab an, dass ihm bekannt sei, dass ISL/ISMM mit der FIFA ein Joint Venture habe eingehen wollen, wovon er allerdings die Details nicht kenne und nicht gekannt habe (D 3/34, Ziffer 21). Zum Vorhalt, wonach Jean-Marie JEAN-MARIE W. angegeben habe, dass der FIFA sogar eine gemeinsame Gesellschaft angeboten worden, was jedoch aus sportpolitischen Grunden nicht moglich gewesen sei, gab er an, dass es sportpolitische, aber wahrscheinlich - so vermute er - auch sachliche Grunde gegeben habe (D 3/34, Ziffer 22).

Flavio Battaini. welcher fur die FIFA gemass eigenen Angaben mit der Erarbeitung, Verfassung und dem Verhandein des Vertrages vom 26. Mai 1998 zustandig war (D 3/35, Ziffer 17), bestatigte die Angaben von Jean-Marie JEAN-MARIE W. und gab zu den Grunden, dass das Angebot der ISL von der FIFA verworfen worden sei, an, dass die FIFA das tatsachlich gewahlte Konzept als fiir sie vorteilhafter erachtet habe, da sie alleinige Rechteinhaberin der originar geschaffenen Lizenzrechte geblieben sei, was der wesentlichste Vorteil fur die FIFA gewesen sei (D 3/34, Ziffer 14 ff.).

Was die FIFA Marketing Rights betrifft, kann auf ein Joint Venture Concept der ISL Marketing AG vom 4. November 1997, den Bericht von Heinz S.. und Glen Kirton vom 23. November 1997 sowie das Protokoll der Verwaltungsratssitzung der ISMM Investments AG vom 26. November 1997 verwiesen werden (D 17/3/2-D 17/3/6). Dem Schreiben der FIFA vom 7. November 1997 und jenem der ISL vom 12. November 1997 kann entnommen werden, dass das im Vorfeld des Abschlusses der Vertrage fur die WM 2002 und 2006 diskutierte Joint Venture in der Form eines ..Rights Buyout" verworfen wurde (D 17/3/7 + 9).

Was letztlich das Exklusivrecht fur die Verwertung der Radio- und Fernseh Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 und 2006 betrifft, ist die Feststellung von Flavio Battaini von Bedeutung, dass die FIFA die alleinige Rechteinhaberin der originar geschaffenen Lizenzrechte geblieben sei. Er gab an, dass die FIFA die Lizenzrechte zur exklusiven Verwertung der Radio- und Fernsehubertragungsrechte an den Fussballweltmeisterschaften gemass Definition des License Agreements entsprechend bestimmter Einschrankungen exklusiv der Vertragspartnerin fiir die Dauer des Vertrages ubertragen habe (D 3/35, Ziffer 19). Die Urheberrechte betreffend Basic Feed und Supplemental Feed seien bei der FIFA geblieben und einzig in Form einer Lizenz zur weiteren Verwertung ubertragen worden (D 3/35, Ziffer 20).

Daniel Eisele. welcher gemass eigenen Angaben massgeblich an der Redaktion des Longform Agreements beteiligt war und mit einem weiteren Rechtsanwalt und Flavio Battaini seitens der FIFA die Verhandlungen gefuhrt hatte (D 3/40, Ziffer 8), bestatigte nach Hinweis auf Ziffer 1.1.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998, dass die FIFA der Sporis Holding AG die Fernseh- und Ubertragungsrechte zur Verwertung iiberlassen habe und die Urheberrechte betreffend Basic Feed und Supplemental Feed bei der FIFA verblieben seien (D 3/40, Ziffer 10+11). Die Gewahrung des Exklusivrechts fiir die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte war von der Sporis Holding AG mit mindestens USD 650'000'000.- fur die WM 2002 (und mit USD 750'000'000.- fiir die WM 2006) nach einem fixen Zeitplan gegeniiber der FIFA abzugelten (Ziffer 5.1 und 5.2 des Vertrages vom 26. Mai

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1998 und Ziffer 8 des Zusatzvertrages vom 13. Marz 2000 und Ziffer 1 jenes vom 21. Juli 2000). Die Sporis Holding AG war berechtigt, das Spezialkonto nach Eingang einer Zahlung aus einem Unterlizenzvertrag mit insgesamt 25% zu belasten (Ziffer 4.2.1 lit. a+b des Vertrages vom 26. Mai 1998: 5% zur Deckung der Kosten des „Basic Feed" und 20 % zur Deckung der Vertriebskosten). Sie konnte zudem verteilt uber die gesamte Dauer des Vertrages nach einem bestimmten Zeitplan Finanzierungskosten von insgesamt CHF 24'000'000.~ und eine Pauschale von CHF 7'500'000.~ abziehen (Ziffer 4.2.1 a+b des Vertrages vom 26. Mai 1998). Betrage, welche die Minimalentgelte uberstiegen, waren von den Parteien halftig zu teilen (Ziffer 4.3.5. des Vertrages vom 26. Mai 1998). Zur Beschleu-nigung der Mindestzahlungen vereinbarten die Parteien mit Vertrag vom 13. Marz 2000 folgendes: Die FIFA war berechtigt 75% der Eingange bis zu CHF 650 Mio bzJean-Marie W. CHF 750 Mio einzufordern. Damit die Einforderung erfolgen konnte, war die Sporis Holding AG verpflichtet, der FIFA von jedem Eingang Mitteilung zu machen.

Zum Zahlungsmechanismus machte Urs Linsi. welcher in der relevanten Zeit bis Juli 2003 bei der FIFA als Direktor der Finanzen und Services tatig war, folgende Angaben:

Ein Kernelement sei die Bezahlung von insgesamt CHF 650 Mio. fur 2002 und von CHF 750 Mio. fiir 2006 an FIFA gewesen. Fiir Distribution und Produktion habe die ISL/ISMM 25% berechnen diirfen. Ein daruber erzielter Betrag sei 50 zu 50 unter den Parteien als Profitshare aufgeteilt worden (D 3/54, Ziffer 10). Zu den Anderungen gemass dem Zusatzvertrag vom 13. Marz 2000 gab er an, dass es hier um die Acceleration gegangen sei, d.h. sie seien ubereingekommen, von den Minimum Payments, die an bestimmten Daten zahlbar gewesen seien, wegzukommen und sie hatten sich geeinigt, dass bei jedem Zahlungseingang 25% zum Partner und 75% direkt zur FIFA gehen wurden (D 3/54, Ziffer 13). Auf die Frage, wie er personlich den Begriff minimum payments interpretiere gab er an, dass das die Betrage seien, die unter alien Umstanden an die FIFA zu leisten gewesen seien. Deswegen seien sie jeweils auch durch Bankgarantien abgesichert gewesen (D 3/54, Ziffer 48). Die Frage ob sich das acceileration ausschliesslich auf die minimum payments beziehe, verneinte er und gab an, dass dieses die Aufteilung 25 zu 75 bei jedem Zahlungseingang beinhalte. Das sei ja das Prinzip einer vorzeitigen Liquiditatsschopfung fur beide Parteien gewesen. Im longform agreement seien Betrage auf dem Spezial- und anschliessend auch auf dem Trust-Account thesauriert worden. Und sie beide seien aus Liquiditatsuberlegungen daran interessiert gewesen, nicht eine Thesaurierung, sondern den direkten Zufluss fiir jeden Partner zu begiinstigen. Das sei fur ihn das Hauptprinzip der Acceileration [D 3/54, Ziffer 58 (vgl. die mit Bezug auf die acceileration sinngemass gleichlautenden Angaben von Flavio Battaini: D 3/35, Ziffer 42 und 43 f und Daniel Eisele: D 3/40, Ziffer 22 ff.).

Hans-Jürg S. gab zur Verteilung der Lizenzeinnahmen folgendes an:

Von den eingehenden Lizenzzahlungen, die samtlich auf ein Special Account hatten uberwiesen werden mussen, habe die ISMM AG sofort nach Eingang der jeweiligen Zahlungen 25% beziehen konnen, dieses sei auch der eigentliche Bruttoertrag aus dem Lizenzgeschaft fiir die ISMM AG gewesen. Zu bestimmten, in dem Vertrag fest gelegten Zeitpunkten, seien dann festgelegte Betrage sowohl an die FIFA als auch an die ISMM AG verteilt worden (D 3/1, Ziffer 6). Zu den Anderungen gemass dem Zusatzvertrag vom 13. Marz 2000 gab er an, dass die ISMM AG von den eingehenden Zahlungen sofort 25% habe beziehen konnen. Die FIFA habe dann entscheiden konnen, ob sie die ihr zustehenden 75% sofort habe beziehen wollen. Sie hatten die jeweiligen Betrage an die FIFA immer erst gegen Rechnungsstellung uberweisen konnen (D 3/1, Ziffer 12, vgl. auch die Folgeziffern).

Hans-Peter JEAN-MARIE W. machte grundsatzlich sinngemass ahnliche Ausfuhrungen (D 3/2, Ziffer 6, vgl. auch seine Ausfiihrungen unter Ziffer 8 ff.). U.a. wurde ihm der Vorhalt gemacht, dass gemass der vertraglichen Vereinbarung der Restbetrag (Nach Beriicksichtigung der Mindestzahlungen, Produktionskosten etc.) auf eine sog. Trust-Konto einbezahlt und am Ende der jeweiligen Weltmeisterschaft im Verhaltnis 1:1 an die ISMM und die FIFA hatten ausbezahlt werden sollen und ob dies richtig sei. Er gab an,

dass dies so zutreffe. Allerdings miisse man anfiigen, dass dieses Trust Account erst gespiesen worden ware, nachdem das Minimum Payment von CHF 650 Mio. erreicht worden ware. Dies sei aber zum Zeitpunkt bis heute natiirlich noch nicht der Fall gewesen, nachdem auch gegenuber den Unterlizenznehmern Zahlungsfristen vereinbart worden seien, und die Gesamtsumme des Minimum Payments noch nicht erreicht worden sei (D 3/2, Ziffer 7).

Zu den Angaben der ubrigen Beschuldigten kann auf folgende Protokollstellen verwiesen werden: Christoph M.: D 3/28, Ziffer 80, Heinz S..: D 3/29, Ziffer 66, Jean-Marie JEAN-MARIE W.: D 3/30, Ziffer 79, Daniel B.: D 3/31, Ziffer 65).

Im Resultat kann festgehalten werden, dass der Minimalbetrag von CHF 650'000'000.- nicht erreicht wurde. Gemass den mit Buchhaltungsbelegen dokumentierten Angaben der FIFA betrugen ihre Gesamteinnahmen aus den „Radio and Television Broadcast Rights" fiir den FIFA Worldcup 2002 per 21. Mai 2001 CHF 334'177'121.- (HD 2/230 ff., HD 2/154 ff.). Im Einzelnen ergingen gemass Darstellung der FIFA folgende Uberweisungen:

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Datum Zahlungsgrund (vom UR eingefugt) Betrag in CHF

15.10.1998 Minimum Payment 32'500'000.00 15.10.1999 Minimum Payment 32'500'000.00 15.03.2000 Minimum Payment 149'500'000.00 04.04.2000 Minimum Payment 27'663'675.00 13.10.2000 WeitergeleiteteUnterlizenzeinnahmen 22'960'000.00 13.10.2000 WeitergeleiteteUnterlizenzeinnahmen 23'509'071.00 20.12.2000 WeitergeleiteteUnterlizenzeinnahmen 4'000'000.00 02.02.2001 Weitergeleitete Unterlizenzeinnahmen 27'225'000.00 20.03.2001 Weitergeleitete Unterlizenzeinnahmen 11'977'875.00 21.03.2001 Weitergeleitete Unterlizenzeinnahmen 2'341'500.00

Total: 334'177'121.00

Gemass einer bei Jean-Marie JEAN-MARIE W. sichergestellten Aufstellung (Ausdruck 5. Juni 2001) waren fiir den WC 2002 per 21. Mai 2001 Vertrage im Gesamtwert von USD 649'693'133.-- abgeschlossen worden. Der aus diesen Vertragen bezahlte Betrag wird mit USD 295'887'550.- beziffert (D 17/10/10 / vgl. auch das Reporting der „ISMM" an die FIFA per Ende April 2001: HD 2/245 f.).

Die Sporis Holding AG musste im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fiir die Ubertragung des Verwertungsrechtes - von der Leistung einer Bankgarantie betreffend die erste am 15.10.1998 fallige Mindestzahlung von CHF 32'500'000.~ (vgl. Ziffer 6.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998) abgesehen - keine geldwerte Leistung erbringen. Wie den Buchungsbelegen entnommen werden kann, erfolgte die erste Rechnungsstellung durch die FIFA am 15. September 1998 und die Uberweisung dieses Betrages durch die Sporis Holding AG vertragsgemass am 15. Oktober 1998 (HD 2/155+156).

Flavio Battaini wurde die Frage gestellt, welches die Uberlegung gewesen sei, dass die Betrage gestaffelt und nicht beim Abschluss des Vertrages zu bezahlen gewesen seien. Er gab an, dass das Longform Agreement mit Ausnahme der letzten Zahlung im jeweiligen Turnus eine Vorleistungspflicht in Bezug auf die finanzielle Entschadigung der Lizenznehmerin gegenuber der Lizenzgeberin vorgesehen habe. Angesichts der wirtschaftlichen Verwertungskette der zugrunde liegenden Rechte hatten sich die Parteien im Rahmen der Verhandlungen auf den entsprechenden Zahlungsplan, der wie gesagt eine Vorleistungspflicht beinhaltet habe, geeinigt (D 3/35, Ziffer 25).

Daniel Eisele bestatigte auf die gleiche Frage, dass die Sporis Holding AG der FIFA bei Vertragsabschluss eine Bankgarantie habe ubergeben mussen (D 3/40, Ziffer 12).

Alle Entschadigungen im Zusammenhang mit den Unterlizenzvertragen mussten auf ein Spezialkonto, namlich Nr. 68.5288.003 / Depositenkonto Nr. 68.528-8.00 03 FIDUC bei der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel, bezahlt werden (Ziffer 1.6.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998), und die Unterlizenzvertrage mussten dahingehende Bestimmungen enthalten, dass alle Entschadigungen auf dieses Konto zu Ciberweisen waren (Ziffer 1.6.5 des Vertrages vom 26. Mai 1998) und dass die FIFA, unter dem Vorbehalt von Ziffer 1.10 eine Option besitze, im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhaltnisses alle Rechte und Verpflichtungen aus den Unterlizenzvertragen zu ubernehmen.

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, dafiir besorgt zu sein, dass der FIFA alle Bankunterlagen betreffend das Spezialkonto zugesandt wurden (u.a. Gutschriftsund Belastungsanzeigen) (Ziffer 4.1.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Die Sporis Holding AG war verpflichtet, die Unterlizenzvertrage nach bestimmten Vorgaben zu redigieren. So musste beispielsweise das Spezialkonto Nr. 68.5288.003 bei der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel als Vertragsbestandteil aufgenom-men werden (Ziffer 1.6.7 des Vertrages vom 26. Mai 1998 und Anhang 4). Gemass dem Zusatzvertrag vom 13. Marz 2000 lautete das Spezialkonto neu Nr.248-436280.01 D (CHF) / Nr.248-436280.60T (USD), war bei der UBS Schweiz, Luzern, und war ebenfalls in den Unterlizenzvertrag aufzunehmen (Ziffer 19 des Vertrages).

Einigen Beschuldigten wurde folgender Vorhalt gemacht: Ziffer 1.6.5 halt fest, dass

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Sublizenzvertrage die Bestimmung enthalten mussten, dass samtliche Entschadigungen in ein ..Special Account" zu bezahlen seien. Aus welcher Uberlegung wurde diese Klausel in den Vertrag hineingenommen? Sie gaben dazu folgendes an:

Hj^^

Christoph M.: Dies sei insbesondere aus der Struktur des Vertrages hineingenommen worden. Vor allem, weil es ja hier nicht um einen Vertrag mit einem fixen Preis gehe, sondern neben den Minimumzahlungen auch eine Art Profit-Sharing der iiber Minimalleistungen hinaus gehenden Nettoerlose vorgesehen gewesen sei (D 3/28, Ziffer 69).

Jean-Marie JEAN-MARIE W.: Den Grund dafiir kenne er ehrlich nicht. Das sei ein Teil der Verhandlungen zwischen FIFA und ihnen gewesen, aber warum diese Klausel spezifisch aufgenommen worden sei, wisse er nicht mehr. Auf die Frage, was der Grund hatte sein konnen, gab er an, Vielleicht, damit die FIFA eine gewisse Ubersicht uber das Ganz gehabt habe (D 3/30, Ziffer 72 f.).

Heinz S..: Dies sei in seinem Beisein nie thematisiert worden, aber er konne sich naturlich schon vorstellen, dass es in erster Linie um die Sicherung der Transparenz fiir den Inhaber der Rechte gehe (D 3/29, Ziffer 58).

Daniel B.: Er wiirde sagen aus Uberlegungen der Transparenz (D 3/31, Ziffer 60). Zur vertraglichen Klausel Ziffer 1.6.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998, wonach samtliche Zahlungen aus dem Unterlizenzieren von Rechten in das Special Account zu bezahlen seien, gab Flavio Battaini an,

dass diesem Vertrag die Uberlegung zu grunde liege, dass samtliche Einnahmen aus der Verwertung der zugrunde liegenden Rechte auf ein speziell eingerichtetes Konto gehen mussten; dies zur prazisen Ermittlung und zum Zwecke des Controllings. Insbesondere sehe der Vertrag auch ein Profit Sharing vor, dass nur seitens der FIFA hatte berechnet werden konnen, wenn der FIFA auch samtliche Einnahmen aus dem Unterlizenzgeschaft bekannt gewesen waren. Ebenso habe diese Uberlegung dem Fakt gedient, dass die Lizenznehmerin berechtigt gewesen sei, 20% und 5% - also relativ festgehaltene Zahlen im Vertrag - fiir sich in Abzug zu bringen (3/35, Ziffer 28, vgl. auch seine diesbezuglichen Angaben in Ziffer 26+27).

Daniel Eisele gab an, dass die FIFA unter dem Revenue Sharing berechtigt gewesen sei, neben der festen License Fee auch einen Anteil an einem moglichen Gewinn zu bekommen. Aus diesem Grund sei es fiir FIFA wichtig gewesen, dass die Unterlizenz Einnahmen auf ein spezielles Konto, also ein Special Account einbezahlt worden seien (D 3/40, Ziffer 16, vgl. auch seine diesbezuglichen Angaben in Ziffer 14+15; „Kontrolle").

Joseph Blatter wurde die Frage gestellt, was der Grund gewesen sei, dass man ein Special Account eingerichtet habe. Er gab an, dass der Hintergrund dazu bzJean-Marie W. seine Uberlegung eine rein finanzielle Trennung der Transaktionen sowohl bei der FIFA als auch bei den Partnern fur Transparenz und Sicherstellung des Geldflusses gewesen sei (D 3/33, Ziffer 39). Zur Frage, aus welcher Uberlegung die Klausel des Special Accounts/Unterlizenzvertrage in den Vertrag hineingenommen worden sei, gab Flavio Battaini an: Zur konsequenten Durchsetzung des angesprochenen Prinzips sei es erforderlich, dass auch die Unterlizenzvertrage vom gleichen Prinzip - namentlich von der Zahlung auf ein Special Account - beherrscht wurden (D 3/35, Ziffer 29).

Daniel Eisele gab diesbeziiglich an, dass die FIFA habe sicherstellen wollen, dass im Unterlizenzvertrag die zwischen FIFA und dem Licensee im Hauptlizenzvertrag vereinbarte Regelung reflektiert werde (D 3/40, Ziffer 17).

Joseph Blatter gab an, dass dieser ganze Artikel 1.6 mit dem Special Account und der Provision der Schliisselpunkt dieses License Agreements gewesen sei; und zwar, um der FIFA die Garantie zu geben, dass die enormen Betrage, die Bestandteil dieses Vertrages seien, auch kontrollierbar und uberblickbar seien (D 3/33, Ziffer41).

Es war der Sporis Holding AG untersagt, Leistungen und Anspruche aus den Unterlizenzvertragen zu verpfanden. Eine Verpfandung zum Zweck der Finanzierung einer ausstehenden Bankgarantie war zulassig (Ziffer 1.6.8 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, der FIFA alle Unterlizenzvertrage vollumfanglich bekannt zu geben und ihr spatestens zwanzig Tage nach Unterzeichnung eines Unterlizenzvertrags eine Kopie davon zu iibergeben (Ziffer 1.6.6 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Einigen Beschuldigten wurde die Frage gestellt, aus welcher Uberlegung diese Klausel in den Vertrag hineingenommen worden sei. Alle gaben sinngemass an, dass diese eine KontrollVTransparenzfunktion gehabt habe (Christoph M.: D 3/28, Ziffer 70, Heinz S..: D 3/29, Ziffer 58, Jean-Marie JEAN-MARIE W.: D 3/30, Ziffer 73, Daniel B.: D 3/31, Ziffer 61).

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Auch Joseph Blatter, Flavio Battaini und Daniel Eisele (D 3/33, Ziffer 42, D 3/35, Ziffer 31, D 3/40, Ziffer 20) gaben sinngemass an, dass diese Klausel zur Kontrolle des Unterlizenzgeschaftes eingebaut worden sei.

(Ziffer 4.4.2 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Der FIFA durften nur solche Informationen bekannt geben werden, welche die FIFA zur Feststellung der Richtigkeit der ihr gemass den Berichten der Sporis Holding AG geschuldeten Gesamtbetrage und der damit in Zusammenhang stehenden Zahlungen benotigte (Ziffer 4.4.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Die Sporis Holding AG war verpflichtet der FIFA uber alle Angelegenheiten sofort Mitteilung zu machen, die eine wesentliche nachteilige Veranderung der finanziellen Situation der Lizenznehmerin bewirkten oder hatten bewirken konnen (Ziffer 8.2 lit. a des Vertrages vom 26. Mai 1998). Auf Ersuchen, diese Klausel zu konkretisieren, gab Flavio Battaini an,

dass die FIFA in der Form einer gangigen vertraglichen Bestimmung versucht habe festzulegen, dass sich die Lizenznehmerin verpflichte, der FIFA unverziiglich mitzuteilen, sollte sich die finanzielle Situation der Lizenznehmerin wahrend der Dauer des Vertrages wesentlich verschlechtern im Verhaltnis zur Situation bei Vertragsunterzeichnung (D 3/35, Ziffer 32).

Daniel Eisele gab bei der gleichen Aufforderung an, dass man mit dieser Klausel ein Fruhwarnsystem habe einbauen wollen. Der Licensee sei verpflichtet gewesen, im Falle einer schwerwiegenden negativen Veranderung der finanziellen Situation eine entsprechende Mitteilung an die FIFA zu machen (D 3/40, Ziffer 21).

Die Beendigung des Vertragsverhaltnisses ist fiir verschiedene Konstellationen mit naher umschriebenen Folgen geregelt (Ziffer 10 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

3.7. Weitere Vertraosverhaltnisse

3.7.1 Vertrag vom 12. Dezember 1997 zwischen FIFA und ISL Marketing AG (HD 2/59)

Gemass dieser Vereinbarung ubertrug die FIFA ihre Vermarktungsinteressen in einer umfassenden Art an die ISL Marketing AG (HD 2/59, Ziffer 2). Neben einer fixen Entschadigung von CHF 200'000'000.- (HD 2/59, Ziffer 6.1.1.1) erfolgte eine sehr detaillierte Entschadigungsregelung. Von Bedeutung ist, dass gemass Anhang 1 zur Vereinbarung am 15. Dezember 2001 CHF 60'000'000.~ und CHF 6'000'000.- fallig waren. Diese Betrage waren per 15. Dezember 2000 mit einer entsprechenden Bankgarantie abzusichem (HD 2/59, Ziffer 7.2).

3.7.2 Vertrag vom 29. Juni 1998 zwischen der ISMM Investment AG und der Globo Overseas Investment B.V. sowie der TV Globo LTDA (HD 2/53. D 21/5. D 21/6)

Mit diesem Vertrag ubertrug die ISSM Investment AG der Sporis Holding AG der Globo Overseas Investment B.V. sowie der TV Globo LTDA die Rechte fiir die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 in Brasilien. Das Entgelt betrug USD 220'500'000.- und war nach einem bestimmten Zeitplan zu uberweisen (Anhang 2 des Vertrages). Mit Vereinbarung vom 17. Dezember 1998 wurde der Zahlungsplan wie nachfolgend dargestellt abgeandert und das Entgelt auf USD 221'000'000.- erhoht (D 21/6).

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Weltmeisterschaft 2002, Zahlungen Datum USD 22'000'000.~ USD 22'500'000.--. USD 22'000'000.~ USD 22'000'000.USD 66'000'000.USD 66'000'000.

1. Juli 1998 1.Januar1999 1. Juli 1999 1. Juii 2000 1. Juli 2001 1.Juni 2002

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(USD 220'500'000.-USD221'000'000.- Total) Total

Entgegen dem Wortlaut von Ziffer 1.6.5 des Vertrages vom 26. Mai 1998 zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG enthalt der Unterlizenzvertrag keine Bestimmungen, wonach das Entgelt auf das Spezialkonto Nr. 68.5288.003 bei der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel, zu iiberweisen war.

Auf den diesbeztiglichen Vorhalt gab Daniel B. an, dass es in diesem Zeitpunkt noch kein Special Account gegeben habe (D 3/31, Ziffer 73). Dem Kontoauszug vom 31.03.1998-30.06.1998 kann entnommen werden, dass das Konto ..Special TV" Nr. 68,528-8.0003, lautend auf Sporis Holding AG bei der BNP Basel, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit Globo bereits eroffnet war (D 19/5/4/4 / vgl. dazu auch die Anweisung der ISL Television Limited an Globo vom 1. Juli 1998, die erste Rate aus dem Unterlizenzvertrag auf dieses Konto zu uberweisen: D 19/5/3/5 / vgl. auch D 19/5/2/2/1). Die ubrigen Beschuldigten konnten dazu keine Angaben machen (D 3/28, Ziffer 90, D 3/29, Ziffer 75, D 3/30, Ziffer 86). Auch Flavio Battaini konnte diesbezuglich keine prazisen Angaben machen (D 3/35, Ziffer 48 ff.). Daniel Eisele gab an, dass man diesen Mangel seitens ihrer Kanzlei gegeniiber der FIFA thematisiert habe, und er glaube, dass die FIFA dies bei der ISMM beanstandet habe (D 3/40, Ziffer 27+28).

Roger Feiner. welcher gemass eigenen Angaben vom 1. Juni 1999 bis zum 1. September 2001 bei der FIFA fiir alle Bereiche des TV-Broadcasting zustandig war (D 3/38, Ziffer 3), gab sinngemass an, dass er den diesbezuglichen Fehler festgestellt habe und habe riigen wollen. Das Riigeschreiben sei von seinem damaligen Vorgesetzten unterbunden worden (D 3/38, Ziffer 15+16). Vor dem Hintergrund dieser Angaben wurde die FIFA mit Verfugung vom 13. Mai 2003 aufgefordert, samtliche Korrrespondenz an die Sporis Holding AG / ISMM AG, aus welcher allenfalls ersichtlich sei, dass der Vertragspartner auf fehlende Ubereinstimmungen zwischen Unterlizenzvertragen und dem Vertrag zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG vom 26. Mai 1998 hingewiesen worden sei, zu hinterlegen (HD 2/132). Mit Eingabe vom 10. Juni 2003 wurde ein Schreiben der FIFA vom 7. September 1998 eingereicht, aus welchem ersichtlich ist, dass die Sporis Holding AG darauf hingewiesen wurde, dass die fragliche Klausel in den „Globo-TV-Vertragen" fehle. Die Sporis Holding AG wurde ersucht, die geriigten Punkte mit Globo zu bereinigen und die FIFA uber die schriftlichen Vertragsanderungen auf dem Laufenden zu halten (HD 2/137 f. / vgl. auch D 19/5/0/2 / vgl. auch D 8/6/31: Das erwahnte FIFA Schreiben wurde auch bei der ISMM AG sichergestellt).

3.7.3 Vertrag vom 5. November 1999 zwischen der ISMM Investments AG und Dentsu Inc (HD2/15.D4/B/1/32)

Mit diesem Vertrag ubertrug die ISMM Investments AG der Dentsu Inc. die Rechte fiir die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 in Japan. Das Entgelt betrug CHF 220'000'000.- und war vor oder bis zum 20. Dezember 1999 zu uberweisen (S. 2 des Vertrages). Dentsu verpflichtete sich, einen ..standby letter of credit" beizubringen (S. 3 des Vertrages).

Entgegen dem Wortlaut von Ziffer 1.6.5 des Vertrages vom 26. Mai 1998 enthalt der Vertrag keine Bestimmungen, wonach das Entgelt auf das Spezialkonto Nr. 68.5288.003 bei der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel zu uberweisen war.

3.7.4 Zusatze vom 10./11. November 1999 bzJean-Marie W. 18. November 1999 zum Vertrag vom 5. November 1999 zwischen der ISMM Investment AG und Dentsu Inc. (HD 2/17. D 4/B/1/34. HD 2/18. D 4/B/1/39)

Da es Dentsu Inc. nicht moglich war, einen „standby letter of credit" beizubringen, machte sie verschiedene Losungsvorschlage (Bankgarantie, vorgezogene Bezahlung des Entgeltes bis zum 30. November 1999 ohne Bankgarantie unter Abzug eines bestimmten Betrages).

Am 10./11. November 1999 vereinbarten die Parteien, dass Dentsu bis zum 30. November 1999 das vereinbarte Entgelt abzuglich eines Pauschalbetrages von CHF 400'000.-, d.h. CHF 219'600'000.-- zu iiberweisen hatte. Diese Vereinbarung wurde mit Schreiben vom 18. November 1999 bestatigt.

3.7.5 Zusatzvertrag vom 15. September 2000 zum Vertrag vom 5. November 1999 zwischen der ISMM Investment AG und Dentsu lnc.(HD 2/20. D 4/B/1/54)

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Mit dieser Vereinbarung wurde das Entgelt fiir die Verwertungsrechte neu geregelt und betrug CHF 259'000'000.~. Gleichzeitig bestatigte die ISMM AG den Erhalt von CHF 219'600'000.-. Der Restbetrag von CHF 40'000'000.- war wie folgt zu bezahlen:

20. Oktober 2000 CHF 15'000'000.— 1 September 2001 CHF 15'000'000.— 2 Juli 2002 CHF 1O'OOO'OOO.—

Entgegen dem Wortlaut von Ziffer 1.6.5 des Vertrages vom 26. Mai 1998 enthalt der Zusatzvertrag keine Bestimmung, wonach die Betrage auf das Spezialkonto zu uberweisen waren.

3.7.6 Der Vertrag vom 17. Januar 2001 zwischen der ISMM AG. der ISL Worldwide und Dentsu Inc (HD 2/22. D 4/B/1/57. deutsche Ubersetzung: HD 2/22/1)

1. Definition

"Dentsu-Garantie" bedeutet einen Vertrag oder eine Garantie, die Dentsu der Bank bereitstellen wird (laut nachstehender Definition), damit die Bankgarantie (laut nachstehender Definition) von der Bank an die FIFA ausgestellt wird.

"Gesicherte Verpflichtung" bedeutet die in Punkt (i) von Artikel 2 dieses MOU erwahnte Verpflichtung von ISLWJEAN-MARIE W.

2. Verpflichtungen von ISLWW Fiir den Fall, dass Dentsu eine Bank (z.B. die Dai-lchi Kangyo Bank oder eine andere fur die FIFA akzeptable Bank) (die "Bank") beauftragt, der FIFA gemass den Bestimmungen und Bedingungen des Marketingvertrags eine Bankgarantie uber CHF 66 Millionen und UST darauf (die "Bankgarantie") auszustellen, verpflichtet sich ISLWW hiermit wie folgt: (i) Dentsu fur bzJean-Marie W. von jegliche/n und alle/n Pflichten und Haftungen zu entschadigen und

schadlos zu halten, die Dentsu gemass der Dentsu-Garantie zu erfullen und/oderzu bezahlen verpflichtet ist oder sein wird. Dem gemass hat ISLWW in dem Fall, dass die Bank von Dentsu verlangt, irgendwelche Pflichten und/oder Haftungen oder Gelder gemass der Dentsu-Garantie zu erfullen und/oder zu bezahlen, oder in dem Fall, dass Dentsu irgendwelche Pflichten und/oder Haftungen und/oder Gelder gemass der Dentsu-Garantie gegenuber der Bank in Erfullung ihrer Pflichten erfullt oder bezahlt, gemass Aufforderung und Anweisung von Dentsu (i) die gesamten Verpflichtungen und/oder Verbindlichkeiten von Dentsu direkt zu erfullen und/oder der Bank zu bezahlen und/oder (ii) Dentsu einen solchen Geldbetrag zu bezahlen, den Dentsu der Bank gemass den Bestimmungen der Dentsu-Garantie bezahlte.

3. Verpflichtungen von ISMM und ISLWW

3.1 Garantie von ISMM ISMM, die in Bezug auf die Erfullung der Gesicherten Verpflichtung durch ISLWW einzelne und gemeinschaftliche Garantiegeberin (rental hoshonin) wird, ist gegenuber ISLWW einzein und gemeinschaftlich fur Erfullung und Bezahlung der Gesicherten Verpflichtung verantwortlich und haftbar.

3.3 Entgelt

3.3.1 ISMM und ISLWW haben Dentsu als Gegenleistung fur die Bereitstellung der Bankgarantie durch Dentsu bestimmte Kompensationen zu gewahren, deren spezifischer Inhalt zwischen ISLWW und Dentsu zu vereinbaren ist.

3.3.2 Es wird hiermit bestatigt, dass (i) ISLWW und ISMM die Zahlung einer Garantiegebuhr, die Dentsu der Bank bezahlen wird oder bezahlen wird mussen, damit die Bank der FIFA die Bankgarantie ausstellt, ubernehmen und dafiir verantwortlich sind, und (Hi) ISLWW und ISMM Dentsu oder der Bank den Betrag einer solchen Garantiegebuhr gemass Anweisung von Dentsu, die von Dentsu zu einem solchen Zeitpunkt gegeben wird, zu bezahlen haben.

Zusammengefasst erklarte sich Dentsu Inc somit bereit, der FIFA eine Bankgarantie iiber CHF 66'000'000.-- zu erbringen. Diese Bankgarantie ware von der ISL Worldwide auf Grund des marketing agreements vom 12. Dezember 1997 zu stellen gewesen.

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3.7.7 Erklarung der ISMM AG und ISL Worldwide vom 17. Januar 2001 (HD 2/23. D 4/B/1/58)

Gemass dem Wortlaut der Erklarung verpfandete die ISMM AG ihre Forderung, welche sie aus dem Unterlizenzvertrag mit Dentsu Inc. hatte, an dieselbe Gesellschaft mit dem Zweck, das von Dentsu mit dem Stellen der Bankgarantie eingegangene Risiko abzusichem. Gleichzeitig gab sie eine Haftungserklarung ab.

B. Anschuldiaunaen bzJean-Marie W. Anklaaepunkte

1. Anwendbares Recht

Am 1. Januar 2007 trat der revidierte Allgemeine Teil des Schweizerischen Strafgesetzbuches in Kraft. Es stellt sich sonach die Frage, ob neues oder das bis Ende 2006 geltende Recht anzuwenden ist. Gemass Art. 2 StGB ist eine Tat nach dem im Zeitpunkt der Tat und nicht nach dem im Zeitpunkt des Urteils geltenden Recht zu beurteilen, es sei denn, dass neue Recht erweise sich im konkreten Vergleich als das fiir den Tater mildere. Insoweit ist zunachst die Strafbarkeit zu vergleichen. Ist sie unter beiden Rechten gegeben, so ist zu prufen, welche der Sanktionen den Tater in seinen personlichen Freiheiten mehr einschrankt (Peter Popp, BSK Strafgesetzbuch I, Niggli /Wiprachtiger Hrsg., Basel 2003, N. 10 f. zu Art. 2, m.Jean-Marie W.H.).

Im Bereich des Rechts der Strafen (Art. 34 ff. StGB) konnen neuerdings namentlich Freiheitsstrafen sowie Geldstrafen verhangt werden. Sodann konnen Geldstrafen und Freiheitsstrafen von maximal zwei Jahren bedingt ausgesprochen werden, und es kann fiir Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren der Vollzug teilweise aufgeschoben werden, wahrend die bisherige Obergrenze fiir die Gewahrung des bedingten Strafvollzuges bei 18 Monaten Gefangnis bzJean-Marie W. Zuchthaus lag und teilbedingte Strafen nicht moglich waren. Voraussetzung des bedingten Strafvollzuges ist sodann nicht mehr - wie nach friiherem Recht - das Vorhandensein einer giinstigen, sondern das Fehlen einer ungiinstigen Prognose. Das geltende Recht erweist sich damit im Bereich der Sanktionen grundsatzlich fiir den Tater als milder.

Die Strafbarkeitsvoraussetzungen der Tatbestande, fiir die sich die Beschuldigten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft zu verantworten haben, wurden nicht geandert. Statt der bisher angedrohten Zuchthaus- oder Gefangnisstrafen wird jedoch neu eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe verhangt, wobei die Hochstdauer der Freiheitsstrafe unverandert bleibt und - soweit ein Mindestrahmen vorgegeben ist - statt einer Gefangnisstrafe von bestimmter Dauer eine entsprechende Mindestanzahl von Tagessatzen Geldstrafe zu verhangen ist. Da eine Freiheitsstrafe stets strenger als eine Geldstrafe zu werten ist, unabhangig vom Mass und den personlichen und wirtschaftlichen Verhaltnissen des Verurteilten (Popp, a.a.O., N. 11 zu Art. 2), und das neue Recht es erlaubt, eine in diesem Sinne mildere Strafe zu verhangen, haben die vorliegend gemass Antrag der Staatsanwaltschaft anwendbaren Art. 138 Ziff. 1, 146 Abs. 1, 152, 163 Ziff. 1, 164 Ziff. 1, 167, 251 Ziff. 1 und 253 StGB in der ab 1. Januar 2007 giiltigen Fassung als milderes Recht im Vergleich zu dem im Tatzeitpunkt anwendbaren Recht zu gelten. Da das Gesetz im Ubrigen Gefangnis- und Zuchthausstrafen nicht mehr vorsieht, ware auch aus diesem Grund die Anwendung der altrechtlichen Tatbestande fragwiirdig, indem eine andere als die im Tatbestand vorgesehene Sanktion verhangt werden musste. Und schliesslich gilt es zu beachten, dass sich das neue Recht zumindest in der Tendenz auch im Hinblick auf Vollzugsfragen als milder erweist (vgl. z.B. Art. 86 Abs. 4 StGB).

Demnach ist festzuhalten, dass der Sachverhalt insgesamt nach dem seit 1. Januar 2007 geltenden Recht zu beurteilen ist. Trotz dieser abstrakten bzJean-Marie W. vorfrageweisen Einschatzung wird im Rahmen der Strafzumessung noch nach der konkreten Methode zu prufen sein, welches Mass an Strafubel die Anwendung des alten Rechts fiir die Beschuldigten bedeutet hatte: Bei einem fiir sie gleichen oder besseren Ergebnis musste es nach Art. 2 Abs. 1 StGB bei der Anwendung des alten Rechts bleiben.

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2. Konkurrenzen

2.1 Den Beschuldigten wurde bei der untersuchungsrichterlichen Schlusseinvemahme Veruntreuung eventualiter Betrug vorgehalten. Gemass bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist dann von Veruntreuung auszugehen, wenn der Tater fiber die anvertraute Sache eines andem verfugt, iiber die er aufgrund einer Vereinbarung mit dem Eigentiimer die tatsachliche Verfiigungsmacht hat. Wo hingegen ein Vertrauensverhaltnis

L zwischen dem Eigentiimer und dem Tater besteht, dieser die tatsachliche Verfiigungsmacht jedoch durch arglistige Tauschung erlangt, da die ihm verliehenen Befugnisse nicht ausreichen, ist Betrug gegeben (BGE 111 IV 130). Auf Grund der Ausgestaltung des Vertragsverhaltnisses zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG ist vorweg vom Veruntreuungstatbestand auszugehen. Das andert nichts daran, dass das Vorgehen der Beschuldigten kriminologisch in die Nahe des Betruges riickt. Es erfolgte jedoch kraft ihrer Vertrauensstellung. Das betrugsahnliche Vorgehen diente somit der Vertuschung der Veruntreuung (BGE 111 IV 23). Diese Feststellung schliesst allerdings bei Verneinung der Erfullung des Veruntreuungstatbestandes die Erfullung des Betrugstatbestandes nicht aus.

2.2 Art. 167 und Art. 138/146 StGB schiitzen nicht die gleichen Rechtsguter. Geschutzt sind bei der Glaubigerbevorzugung die Interessen der Zwangsvollstreckung als Bestandteil der Rechtspflege im weitesten Sinn (BGE 106 IV 34). Bei Veruntreuung und Betrug ist

i das geschiitzte Rechtsgut das Vermogen bzJean-Marie W. indirekt auch die Person, da materielle Werte nicht um ihrer selbst Willen geschutzt werden. Es besteht somit Idealkonkurrenz.

1 Art. 163 und 164 StGB gehen gegenuber Art. 167 StGB vor (Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. A. Zurich 1997, N 8 zu Art. 167). 2 Veruntreuung z.N. der FIFA (Globo Komplex)

3.1 Gesetzliche Grundlaoe (Art. 138 StGB)

Den objektiven Tatbestand der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfullt, wer ihm anvertraute Vermogenswerte unrechtmassig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet. Geschiitzt wird durch diese Tatbestandsvariante nicht das Eigentum an einem Vermogenswert, sondern den dem Treugeber aus der Ubereignung an den Treuhander entstandenen obligatorischen Anspruch (vgl. BGE 121 IV 25). Der Treuhander erwirbt am erhaltenen Wert Eigentum und damit die tatsachliche und auch die rechtliche Verfugungsmacht. Die an den Treuhander ubergegangenen Vermogenswerte sind jedoch dazu bestimmt, wieder an den Berechtigten zuruck- oder weiterzufliessen. Sie sind damit wirtschaftlich fremd. Deshalb hat sie der Treuhander unangetastet zu lassen. Er ist verpflichtet, dem Treugeber den Wert des Empfangenen standig zu erhalten. Nur wo diese Werterhaltungspflicht besteht, befindet sich der Treuhander in einer vergleichbaren Stellung mit dem, der eine fremde bewegliche Sache erhalten und das Eigentum des Treugebers daran zu wahren hat. Die Werterhaltungspflicht ist deshalb grundsatzlich Voraussetzung einer Verurteilung nach Abs. 2. Funktion von Abs. 2 ist die Ermdglichung der Strafbarkeit in Fallen, wo aus Griinden des Zivilrechts die Fremdheit nicht gegeben oder zweifelhaft ist. Dies kann etwa auf die Konstellation der indirekten Stellvertretung oder bei der Erlosveruntreuung zutreffen.

3.2 Das dem Tatobiekt zu Grunde liegende Geschaft

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3.2.1 Zum Tatvorwurf: Vgl. II Sachverhalt Ziffer 3. Ausgangspunkt der gegenstandlichen Uberweisung von USD 59'207'500.- (Tatobjekt) ist der Vertrag vom 29. Juni 1998 zwischen der ISMM Investment AG mit der Globo Overseas Investment B.V. und der TV Globo LTDA, mit welchem Globo die Rechte fiir die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der Weltmeisterschaften 2002 fur das Territorium Brasilien ubertragen wurden. Das Entgelt fiir die erwahnten Rechte betrug USD 221'000'000.-und war nach einem bestimmten Zeitplan zu iiberweisen [D 21/6: Anhang 2 des Vertrages]. Gemass dem mit Zusatz vom 17. Dezember 1998 vereinbarten Zahlungsplan war Globo verpflichtet, am 1. Juli 2001 einen Teil der Lizenzgebuhr, namlich USD 66'000'000.-- an ihren Vertragspartner zu iiberweisen (D 21/6). Am 13. September 2000 stellte die ISMM AG der Globo Overseas Investments B.V. eine Rechnung uber USD 59'207'500.- (D 4/D/2/62). Der Betreff der Rechnung ist mit "Broadcast Rights to the FIFA World Cup 2002 Advance Payment of the 5th Installment payment payable July 1, 2001, in the amount of US$ 66'000'000.- less: discount for advanced payment at 13% p.a. US$ - 6'792'500.00" iiberschrieben. In dem von Hans-Jürg S. unterzeichneten Begleitschreiben zur Rechnung lautet der Betreff: "Broadcast Rights to the FIFA World Cup 2002 Advance Payment of the 5 th Installment" (HD 2/9). In der von Hans-Jürg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. (Heinz S.. / D 4/C/1/11/13) unterzeichneten und mit 15. September 2000 datierten Quittung wird bestatigt, dass es sich bei dem Betrag von USD 59'207'500.- um eine Vorauszahlung auf den am 1. Juli 2001 falligen Betrag handle (HD 2/11). Der Betrag wurde von Globo Overseas Investments B.V. iiberwiesen und mit Valuta 18. September 2000 dem Konto Nr. 248594050.60J, lautend auf ISL Worldwide bei der UBS AG Luzern, gutgeschrieben (D 5/24). Die Zahlung wurde der FIFA nicht angezeigt.

3.2.2 Die Beschuldigten stellen sich auf den Standpunkt, dass es sich bei dem im Schriftverkehr (etwa

Rechnung, Quittung) als Vorauszahlung bezeichneten Betrag von US$ 59'207'500,-- um ein Darlehen an

die ISMM AG gehandelt habe (Hans-Jurg S.: D 3/1, Ziffer 1 ff., Hans-Peter JEAN-MARIE W.: D 3/2, Ziffer

1, Christoph M.: D 3/28, Ziffer 93, Heinz S..: D 3/29, Ziffer 77 ff, Jean-Marie JEAN-MARIE W.: D 3/30, Ziffer

90 ff, Daniel B.: D 3/31, Ziffer 77 ff). Sie bestatigten aber auch mit Einschrankungen sinngemass, dass auf

der Grundlage der schriftlichen Unterlagen von einer Vorauszahlung auszugehen sei (Christoph M.: D 3/28,

Ziffer 98 ff, Heinz S..: D 3/29, Ziffer 86, abweichend Jean-Marie JEAN-MARIE W.: D 3/30, Ziffer 108, Daniel

B.: D 3/31, Ziffer 87). Es stellt sich somit die Frage, ob das dem Tatobjekt zu Grunde liegende Geschaft als

Vorauszahlung oder Darlehen zu qualifizieren ist und ob sich daraus in strafrechtlicher Hinsicht

Konsequenzen ergeben.

Geht man einerseits von einer Vorauszahlung aus, so hatten die Parteien den Unterlizenzvertrag in einem Punkt abgeandert; jenem der Failigkeit eines Teils der Lizenzgebiihr. Ein derail modifizierter, schriftlicher Vertrag liegt nicht vor, hingegen Schriftstiicke, welche zumindest dem Wortlaut nach auf eine diesbeziigliche, allerdings mundliche Abrede hinweisen. Andrerseits liegt auch mit Bezug auf die von den Beschuldigten behauptete Darlehensabrede kein schriftlicher Vertrag vor, jedoch ein schriftlicher Hinweis,

•jj^^

dass die Vertragsparteien den Abschluss eines solchen in Erwagung gezogen bzJean-Marie W. zumindest diskutiert hatten.

Wie die nachfolgenden Ausfuhrungen noch zeigen, ist im vorliegenden Fall eindeutig von einer Vorauszahlung, und letztlich eben nicht von einem Darlehen auszugehen. Wie zudem schon der Untersuchungsrichter vollig zu Recht festhielt, bleibt in jedem Fall die Feststellung von mitentscheidender Bedeutung, dass die gegenstandliche Uberweisung, selbst wenn ihr Rechtsgrund in einem Darlehensvertrag liegen wiirde, nur auf Grund des inneren Zusammenhangs mit dem Unterlizenzverhaltnis erfolgte, wie der Zeuge Marcelo Campos Pinto bestatigte (D 3/25, Ziffer 42). Zudem ist offensichtlich, dass ein allfalliges Darlehen mit der

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Nebenabrede, wonach die Riickzahlung durch Verrechnung mit einer am Tag X geschuldeten Forderung erfolgen soil, faktisch eine antizipierte Begleichung eben dieser Forderung und damit eine Vorauszahlung ist. Damit ware selbst ein dem gemeinsamen Willen der Parteien entsprechendes und damit zustande gekommenes Darlehen unter Beriicksichtigung des Vertragsverhaltnisses zwischen der ISMM und der FIFA und somit aus Sicht der Letzteren als Umgehungsgeschaft zu qualifizieren. Ein solches findet aber durch die Rechtsordnung keinen Schutz, da es nicht einseitig dem Willen des an ein zweiseitiges Rechtsgeschaft (FIFA/ISMM AG) gebundenen Vertragspartners anheimgestellt sein darf, seine vertraglich eingegangenen Verpflichtungen in der vom strafrechtlichen Tatbestand umschriebenen Art und Weise zu umgehen. Diese Feststellung findet ihre Berechtigung im Grundgehalt des Veruntreuungstatbestandes, welcher u.a. Vertragstreue als zentralen Punkt miteinschliesst bzJean-Marie W. ihre Verletzung sanktioniert. Als Konsequenz ist fur die Qualifizierung des Grundgeschaftes in jedem Fall von einer Leistung aus dem Unterlizenzverhaltnis auszugehen, was die entsprechenden vertraglichen Folgen nach sich zog (Mitteilungspflicht etc.) Auf Grund der Angaben der Beteiligten ist indes ohnehin erstellt, dass es fur Globo kein Darlehen war und somit nicht von einem ubereinstimmenden Willen ausgegangen werden kann. Fiir ISMM AG war die juristische Qualifikation im Verhaltnis mit Globo offenkundig nur von beschrankter Bedeutung; im Vordergrund stand vielmehr die Moglichkeit, vor dem Hintergrund der finanziellen Situation tatsachlich iiber die Mittel verfugen zu konnen. Deshalb bestand wohl auch kein Interesse, den Geldfluss als Vorauszahlung zu qualifizieren, ansonsten 75 % des Eingangs gleich an die FIFA hatten abgeliefert werden mussen. Fiir Globo selbst war sodann die Losung im Sinne einer Vorauszahlung in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft; ein bestehendes Vertragsverhaltnis musste nur in einem Punkt angepasst werden (Failigkeit), und es musste - wie im Falle eines Darlehens wohl unumganglich - keine allenfalls mit Bezug auf die Werthaltigkeit fragliche Sicherheit seitens der ISMM AG akzeptiert werden.

Dass die gegenstandliche Uberweisung eine Vorauszahlung und nicht ein Darlehen war, ergibt sich aus der Untersuchung eindeutig, wobei nachfolgend (gegeniiber der Uberweisungsverfiigung leicht gekiirzt) auf Folgendes hinzuweisen ist:

3.2.3 Mit Bezug auf die buchhalterische Erfassung der Gobo Zahlung ergab die Untersuchung Folgendes, wobei im Rahmen des bereits erwahnten Gutachtensauftrages verschiedene Fragen gestellt wurden (D 7/C/14, S. 7).

Der Gutachter fiihrte aus: Im Jahr 2000 erfolgten bezuglich der am 29. Juni 1998 durch Vertragsabschluss entstandenen Forderungen keine Buchungen. Das Guthaben (per 1. Juli 2001) wurde jedoch korrekterweise im Rahmen der Eroffnungsbuchungen in der Forderungenbuchhaltung der ISMM AG per 1. Januar 2000 als offener Posten bei der Eroffnung der Buchhaltung der ISMM AG fiir das Geschaftsjahr 2000 im Umfang von USD 66 Mio auf neue Rechnung vorgetragen (D 7/D/1, Seite 45).

Fraoe an den Gutachter: Auf welchem Konto und wie bzJean-Marie W. als was wurde der Eingang von USD 59'207'500.-- bei der ISL Worldwide gebucht?

Antwort des Gutachters: Die Gegenbuchung zum erfolgten Geldeingang erfolgte im Konto 224100, welches die Bezeichnung ..Prepayment third party" oder zu deutsch ..Vorauszahlungen von Dritten" trug. Die Kontonummer des Kontos Vorauszahlungen wurde auch auf dem Buchungsbeleg vermerkt. Die Buchung erfolgte als Vorauszahlung und wurde von der ISL Worldwide im Zwischenabschluss per 30. September 2000 als Passivum (Vorauszahlung) ausgewiesen.

Erst bei der Abschlusserstellung des Jahresabschlusses per 31. Dezember 2000 wurde am 7. Mai 2001 (mit Buchungsdatum 31. Dezember 2000) eine weitere Buchung vorgenommen. Das Konto 224100 ..Prepayment third party"wurde belastet und damit ausgeglichen und der Betrag von USD 59'207'500.-- wurde der ISMM AG auf dem Konto 221'800 „trade payable group"oder zu deutsch „Kreditoren Gruppe", einem Intercompany Konto gutgeschrieben (D 7/D/1, S. 47+48).

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Fraoe an den Gutachter: Erfolgte parallel zur Buchung bei der ISL Worldwide auch eine Buchung bei der ISMM AG und bejahendenfalls, auf welchem Konto und wie bzJean-Marie W. als was wurde diese Bewegung erfasst?

Antwort des Gutachters: Am 18. September 2000 erfolgte bei der ISMM AG keine Buchung. Erst am 21. Marz 2001 erfolgten bei der ISMM AG verschiedene, mit dem „Globo Payment" zusammenhangende Buchungen per 31. Dezember 2000. Im Rahmen der Erstellung des definitiven Jahresabschlusses per 31. Dezember 2000 wurde dabei die Tochtergesellschaft ISL Worldwide auf dem Intercompany Konto 12V800 ..Trade Receivable Group Companies" oder zu deutsch „(Forderungen Gruppe" mit USD 59'207'500.-- belastet. Auf der Habenseite wurde die Forderung gegenuber Globo von USD 66'000'000.-- ausgeglichen. Die Differenz des Discounts von USD 6'792'500.- wurde der Erfolgsrechnung im Konto Nr. 401700 „other Acquisition Costs" d.h.andere Akquisitionskosten belastet.

Die Buchungen erfolgten per 31. Dezember 2000 also dergestalt, dass das „Globo Payment als Forderungenzahlung betrachtet wurde. Der mit Globo ausgehandelte Discount aufgrund der vorfallig erfolgten Zahlung wurde dagegen im Aufwand belastet (D 7/D/1, S. 48).

Hans-Jiiro S. wurde im Zusammenhang mit der Buchung der Globo Zahlung folgender Vorhalt gemacht: Sie haben bei der Einvernahme vom 6. Juni 2001 angegeben, dass in der Jahresrechnung 2000 die Zahlung als Darlehen verbucht worden sei (D 3/1, Ziffer 19). Die Auswertung der Buchhaltungsunterlagen hat ergeben, dass bei der ISMM AG im Zeitpunkt des Einganges der Globo Zahlung von USD 59'207'500.-- keine Buchung erfolgte. Hingegen erfolgten im Zusammenhang mit dieser Zahlung per 31. Dezember 2000 verschiedene Buchungen. Dabei wurde die Globo Zahlung als Forderungszahlung bzJean-Marie W. als Zahlung des Debitors Globo dargestellt (D 7/D/1, S. 48). Ihr Kommentar? Er gab folgendes an:

Bei der ersten Aussage habe er zum Ausdruck bringen wollen, dass es als Schuld gegenuber Globo aufgefuhrt worden sei, ohne auf die genaue Bezeichnung des Kontos Bezug zu nehmen. Bezuglich der verschiedenen Nachbuchungen, welche von der KPMG - und zwar erst Februar/Marz vorgeschlagen und auch so verbucht worden seien (wozu dem Untersuchungsrichter die Details bekannt seien, nehme er an), sei die zweitletzte Buchung beziiglich Globo Zahlung die Netto Darstellung des Debitors Globo mit dem Kreditor - sprich Darlehensgeber - Globo gewesen. Nach KPMG sei es iiblich oder mindestens zulassig, wenn man Forderungen und Schulden mit der gleichen Failigkeit gegeniiber der gleichen Person bzJean-Marie W. Gesellschaft verrechne. Diese Darstellung sei zu jenem Zeitpunkt ein Vorschlag der KPMG, welcher weder vom ExCo noch vom VR so abgesegnet gewesen sei (D 3/48, Ziffer 151). (Zu den Aussagen der weiteren Beschuldigten: Heinz S..: D 3/44, Ziffer 100, Christoph M.:D 3/45, Ziffer 130, Daniel B.: D 3/49, Ziffer 77, Hans-Peter JEAN-MARIE W.: D 3/61, Ziffer 135)

Vor dem Hintergrund der Aussage von Hans-Jurg S. wurde dem Gutachter nachtraglich folgende Frage unterbreitet (D 7/C/40, Ziffer 6): Sie halten auf Seite 22 des Gutachtens fest, dass die ISL Worldwide am 18. September 2000 die Zahlung von Globo Overseas Investments B.V. von US$ 59'207'500.-- vereinnahmt habe, welche als Vorauszahlung passiviert worden sei und aufgrund welcher die Position Vorauszahlungen in der konsolidierten Bilanz massiv angestiegen sei. Auf Seite 47 halten Sie fest, dass die Buchung als Vorauszahlung erfolgt, und auf Seite 48, dass das „Globo Payment" direkt als Forderungenzahlung betrachtet worden sei. Auf den Vorhalt, dass die Globo Zahlung als Forderungenzahlung bzJean-Marie W. als Zahlung des Debitors Globo dargestellt worden sei, habe ein Beschuldigter angegeben, dass die Buchung bezuglich Globo Zahlung die Netto Darstellung des Debitors Globo mit dem Kreditor - sprich Darlehensgeber - Globo gewesen sei. Nach KPMG sei es iiblich oder mindestens zulassig, wenn man Forderungen und Schulden mit der gleichen Failigkeit gegenuber der gleichen Person bzJean-Marie W. Gesellschaft verrechne. Ist diese Darstellung des Beschuldigten aus buchhalterischer Sicht korrekt?

Antwort des Gutachters: In der Tat wurde der Zahlungseingang wie im Gutachten beschrieben vorerst als Vorauszahlung (bei der ISL Worldwide) verbucht und erst am 21. Marz 2001 erfolgte bei der ISMM AG die Buchung mit dem „Ausgleich" des Debitoren Globo. Aufgrund der Darstellung eines Beschuldigten stellt sich nun die Frage, ob dieser Buchungsvorgang korrekt war, hatte es sich beim „Globo-Payment" um ein Darlehen gehandelt. Im Gutachten in Ziffer 8.6. habe ich ausgefuhrt, dass in diesem Fall eine Buchung als Passivdarlehen hatte erfolgen miissen. Es stellt sich nun die Frage, ob die Saldierung von Debitorenforderung und Passivdarlehen bereits bei Abschlusserstellung oder erst im Zeitpunkt der Failigkeit der Debitorenforderung , am 1. Juli 2001 hatte erfolgen diirfen. Der erwahnte Beschuldigte argumentiert dabei offenbar, dass es sich um eine Schuld (offenbar wird angenommen das Darlehen ware ebenfalls am 1. Juli 2001 fallig) und eine Forderung mit gleichem Vertragspartner und gleicher Failigkeit handelte. Dies wiirde grundsatzlich tatsachlich eine Verrechenbarkeit implizieren. Eine solche Verrechenbarkeit ware dann gegeben, wenn es sich beispielsweise um einen Kreditor und einen Debitor mit gleicher Failigkeit und gleichem Partner handelte. Im vorliegenden Fall wird jedoch von einen Darlehen (offenbar mit Laufzeit vom 18. September 2000 bis 1. Juli 2001) ausgegangen. Dieses qualifiziert klar als Finanzierungstransaktion, da ja die Globo-Zahlung in diesem Fall nicht aus „Lieferungen und Leistungen" (und damit nicht verbunden mit dem operativen Geschaft) entstand, sondern eben - unter dieser Annahme - als Darlehen. Ob nun eine Forderung aus Lieferungen und Leistungen mit einem Finanzierungsdarlehen verrechnet werden kann (auch bei gleicher Failigkeit) ist negativ zu beurteilen. Dies insbesondere aufgrund der Wirkung, die diese Verrechnung in der Mittelflussrechnung bewirkt, dass die Transaktion (bei Annahme eines Darlehens richtigerweise) als Finanzierungsvorgang dargestellt worden und sichtbar gemacht worden ware. In der Mittelflussrechung fuhrt die Verrechnung zu einem

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unzutreffenden Bild, indem ein wesentlicher Finanzierungsvorgang nicht sichtbar ist. Die damals giiltigen lAS-Standards stipulieren in IAS 39-Ziffer

57: Ein Unternehmen hat eine finanzielle Schuld (oder einen Teil einer finanziellen Schuld) dann, und nur dann, aus seiner Bilanz auszubuchen, wenn diese getilgt ist - d.h. wenn die im Vertrag genannten Verpflichtungen beglichen, aufgehoben oder ausgelaufen sind. Dies war beziiglich „Darlehen Globo", unter Annahme es handle sich um ein Darlehen, erst am 1. Juli 2001 der Fall (D 7/C/44, S. 2f.).

Weiter wurde ihm folgende Frage gestellt (D 7/C/40, Ziffer 7): Ist Ihr Schluss, dass die Globo Zahlung als Vorauszahlung verbucht wurde, zu relativieren, oder kann Ihre Feststellung ohne Einschrankungen aufrechterhalten bleiben?

Antwort des Gutachters: Mein Schluss, dass die Globo Zahlung als Vorauszahlung verbucht wurde, ist nicht zu relativieren. Die spatere Umbuchung beim Jahresabschluss erfolgte ja nicht im Zusammenhang mit der Zahlung, sondern rund ein halbes Jahr spater ohne weitere Zahlungsfliisse. Auf dem Bankbeleg beim Zahlungseingang ist klar die Konto-Nr. der ..Vorauszahlungen" vermerkt und so wurde unmittelbar nach Zahlungseingang auch gebucht (D 7/C/44, S. 3)

Zusammengefasst steht somit fest, dass die Uberweisung von Globo in den Buchern der Gruppe als Vorauszahlung und nicht als Darlehen verbucht wurde.

3.2.4 Wie dargelegt, verbuchte man den Eingang der Globo Zahlung auf dem Konto Nr. 224100 (ISL Worldwide), welches mit ..Prepayment third party" iiberschrieben ist (D 4/B/2/5, Seite 1+2). Hans-Jürg S. gab dazu an, dass es ein Konto dafiir gegeben habe, dass wenn gewisse Rechtenehmer Zahlungen geleistet hatten, bevor diese fallig geworden seien; dann seien sie auf dieses Konto ..Prepayment third party" geleistet worden (D 3/48, Ziffer 145). Auf der Gutschriftsanzeige vom 18. September 2000 iiber USD 59'207'500.-- (D 7/D/1/26) ist indes handschriftlich „Loan" (Darlehen) und das Buchungskonto Nr. 224100 mit der Kontobezeichnung ..Prepayment third party" vermerkt. Den Beschuldigten wurde folgende Frage gestellt: Sehen Sie im handschriftlichen Vermerk "loan" und der Verbuchung im Konto "prepayment third party" einen Widerspruch? Sie nahmen dazu wie folgt Stellung:

Hans-Jiira S.: Wer das verbucht hat, hatte nachfragen sollen, ob es ein lang- Oder kurzfristiges Loan sei, und dann entsprechend verbuchen. Diese Frage sei anscheinend nicht gestellt worden. Da die Zahlung aber von einem Rechtenehmer gekommen sei, d.h. von der Globo, habe der Buchhalter oder die Buchhalterin diese Zahlung dem Konto Prepayment gutgeschrieben. In diesem Zusammenhang sei trotzdem wichtig zu vermerken, dass diese Zahlung nicht abgezogen worden sei vom Debitorenkonto Globo, was bei einer Vorauszahlung ohne Riickzahlungsverpflichtung die richtige Verbuchung gewesen ware (D 3/48, Ziffer 147, vgl. auch Ziffer 148 f.).

Heinz S..: Naturlich sehe er da einen Widerspruch. Wenn die Qualifizierung Joan" vor der Verbuchung zugefugt worden sei, dann sei die Verbuchung nicht korrekt. Oder wenn nicht andere Instruktionen vorgelegen hatten, dass es sich um ein Loan handle (D 3/44, Ziffer 99).

Christoph M.: Wie er im November 2002 schon dargelegt habe, sei ein Loan inhaltlich nicht deckungsgleich mit einer Prepayment. Wenn dieses Konto tatsachlich spezifisch nur ein Konto fur Prepayments gewesen sei und keine anderen Formen von Transaktionen darin verbucht worden seien, dann sei diese Bezeichnung „Loan" nicht stimmig. Aber er kenne den Kontenplan nicht /D 3/45, Ziffer 129).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Ja. Von der Bilanzdarstellung her sei ja beides eine Passivposition. Aber es gebe zwei verschiedene Konti. Es gebe ein Konto Darlehen und ein Konto Vorauszahlung. Und er wisse nicht, wer das verbucht habe (D 3/61, Ziffer 133+134) (Daniel B.: D 3/49, Ziffer 76).

3.2.5 Dass es nicht den gangigen kaufmannischen Gepflogenheiten entspricht, fiir ein Darlehen eine Rechnung zu stellen, bestatigte ein Teil der Beschuldigten (diesbeziiglich wird auf S. 135 f. der Uberweisungsverfiigung verwiesen).

3.2.6 In den Cash Flow Darstellungen der Gruppe wurde der von Globo im Monat Juli 2001 geschuldete Betrag unter der Rubrik ..prepayments" (Vorauszahlung) mit der Summe CHF -112'200'000.-- aufgefiihrt (D 8/4/17). Die Cash Flow Darstellungen der Gruppe haben auch eine Rubrik ..repayment loan" (Riickzahlung Darlehen). Nach Vorlage der Cash Flow Darstellung vom 26. (evtl. 29.) November 2000 (D 8/4/17), von welcher auch der Verwaltungsrat der ISMM AG Kenntnis hatte, wurde Hans-Jürg S. gefragt, warum der Eingang von CHF 112'200'000.-- nicht unter Joan" sondern unter "prepayment" angefiihrt worden sei, worauf er folgendes angab:

Loan konne man grundsatzlich als langfristig bezeichnen und Prepayment hatte man in diesem Zusammenhang auch als kurzfristiges Loan bezeichnen konnen, was auch von der KPMG so bestatigt worden sei, dass diese

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Bezeichnung nicht der schweizerischen Rechnungslegung widerspreche (D 3/48, Ziffer 143).

Den nachfolgenden Beschuldigten wurde die gleiche Cash Flow Darstellung vorgelegt, und sie wurden gefragt, wie sie die Position CHF 112'200'000.- lesen wiirden. Sie gaben folgendes an:

Heinz S..: Dass entweder ein Prepayment von ISMM gemacht werde oder dass eines wieder zurtickbezahlt werde (D 3/44, Ziffer 93).

Christoph M.: Ausgedeutscht sei das nach dieser Leseart, dass im Juli 2001 der entsprechende Betrag aus einem Prepayment zur Riickzahlung fallig werde (D 3/45, Ziffer 122).

Daniel B.: Das sei ein Betrag von 112'200'000.~, der im Juli 2001 fallig sei, aus einer Vorauszahlung (D 3/49, Ziffer 70).

Hans-Peter JEAN-MARIE W.: Das heisse, dass sie im Juli 2001 eine Zahlungsverpflichtung von 112'200'000.-hatten(D 3/61, Ziffer 126)

Nach dem Hinweis, dass es sich um die Globo Position handle, wurde folgender Vorhalt gemacht: Ausgehend von der Darstellung, dass es sich dabei um ein Darlehen handelt: Ist die Darstellung der Zahlung richtig? Es wurden folgende Angaben gemacht:

Heinz S..: Nein, dann sei sie nicht richtig (D 3/44, Ziffer 94).

Christoph M.: Wenn es ein Darlehen gewesen ware (das habe er bereits im November 2002 erklart), dann sei zumindest der Begriff da vorne nicht ganz korrekt (D 3/45, Ziffer 123).

Daniel B.: Nein, er hatte es nicht so formuliert. Er hatte es als Riickzahlung eines Darlehens formuliert. So wurde er es gemacht haben (D 3/49, Ziffer 73).

Hans-Peter JEAN-MARIE W., welcher fiir die Erstellung der Cash Flow Darstellungen zustandig war (D 3/61, Ziffer 124), wurde darauf hingewiesen, dass es sich um die Globo Position handeln diirfte, und gefragt, warum diese Zahlung unter Prepayments dargestellt worden sei. Er gab folgendes an:

Er wisse nur, dass er diese in einer ersten Position unter einer ersten Linie - namlich repayment loan gehabt habe. In der Diskussion hatten sie dann festgehalten, dass sie das separieren und auf einer separaten Linie festhalten wurden, um zu dokumentieren, dass dies das Globo Darlehen betreffe, dass dann zur Riickzahlung fallig werde (D 3/61, Ziffer 127).

Ihm wurde anschliessend folgender Vorhalt gemacht: Wenn es sich um ein Darlehen gehandelt hat, so scheint es auf den ersten Blick zumindest naheliegend, ein Darlehen unter repayment loan darzustellen. Teilen Sie diese Auffassung (unter Beriicksichtigung der Tatsache, dass Sie diese Cash Flow Darstellungen erstellt haben)? Er gab dazu folgendes an:

Er sei mit dem Untersuchungsrichter einverstanden, wenn es nur um Finanzleute gehe. Aber dieses Dokument sei auch an das GMB gegangen, und dort habe man immer von ..Prepayment Globo" gesprochen (D 3/61, Ziffer 129).

Auf die Nachfrage, wie das Darlehen in diesem konkreten Plan hatte dargestellt werden miissen, gab Heinz S.. folgendes an:

Dann hatte es als Repayment Loan auf die nachste Zeile gehort (D 3/44, Ziffer 95).

Zusammengefasst steht fest, dass die Globo-Zahlung in den Cash Flow Darstel-lungen als Vorauszahlung, nicht als Darlehen dargestellt wurde.

^ 3.2.7 Am 19./20. April 2001 wurde betreffend die ISMM AG, ISMM Interactive AG, die ISL Worldwide, die ISL Marketing AG und der ISL (International) AG ein Guterverzeichnis gemass Art. 162 SchKG aufgenommen (D 15/3/16). Der Vermogensaufstellung wurde fiir die ISMM AG eine Liste der „Debitoren „FIFA TV" (Failigkeit der Zahlungen z.T. bis 2006) beigelegt (D 15/3/20). Dieser kann entnommen werden, dass unter den Debitoren der JSMM Investments-ISMM AG" Globo Overseas Investments BV mit USD 306'000'000.-, d.h. abzuglich der gegenstandlichen Uberweisung, aufgefuhrt ist. Die am 1. Juli 2001 aus dem Unterlizenzvertrag mit Globo fallige Rate wurde im Rahmen der

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Vermogenserfassung mit Bezug auf die ISMM AG nicht als Aktivposten erfasst (vgl. fur Details auch S. 137 Uberweisungsverfiigung).

3.2.8 Im Rahmen der Bilanzdeponierung/des Konkursaufschubes betreffend die ISMM AG, die ISMM Interactive AG, die ISL Worldwide, die ISL Marketing AG und der ISL (International) AG wurde u.a. eine Zusammenstellung des Eigenkapitals per 31. Dezem-ber 2000 der ISMM Gruppe nach konzernintemen Sanierungsmassnahmen eingereicht (D 6/3/1/14). Dabei wird eine der Massnahmen wie folgt umschrieben: "Forderungsver-zicht von ISMM AG z.G. ISL Worldwide im Umfang der von Dentsu geleisteten Vorauszahlung (in

1^ , ISMM bereits zuriickgestellt)" (D 6/3/1/35). Auch hier wurde die Globo-Leistung mithin als Vorauszahlung und nicht als Darlehen dargestellt.

3.2.9 Vorauszahlungen mit Globo wurden schon am 14. Marz 2000 diskutiert und auch reali-siert; ferner waren sie auch in anderem Kontext ein Thema. Und schliesslich wurde auch nach der Globo Uberweisung von USD 59'207'000.- eine Vorauszahlung mit Bezug auf eine spater (2002) fallige Rate in Erwagung gezogen. Es wird an dieser Stelle auf die Ausfuhrungen auf S. 138 f. der Uberweisungsverfiigung verwiesen.

3.2.10 In einem von Marcelo Campos Pinto unterzeichneten und mit 25. September 2001 datierten Schreiben (HD 2/29, D 3/25, Ziffer 46) an den Prasidenten der FIFA (Joseph Blatter) gab er sinngemass an, dass Globo zwar im August 2000 von ISMM um ein Dar-lehen angefragt, dass dieses jedoch nicht gewahrt worden sei. Globo sei jedoch letztlich bereit gewesen, eine Vorauszahlung auf den am 1. Juli 2001 falligen Betrag zu leisten.

Marcelo Campos Pinto wurde am 26. August 2001 als Zeuge einvernommen. Er hatte das Agreement vom 29. Juni 1998 zwischen der ISMM Investments AG und der Globo Overseas Investments B.V. sowie der TV Globo LTDA (HD 2/53) fur die beiden Gesell

schaften mitunterzeichnet (D 3/25, Ziffer 6) und war an den Verhandlungen, welche zum Abschluss dieses Vertrages fiihrten, von Anfang bis zum Schluss beteiligt (D 3/25, Ziffer 17). Zu seinen Angaben betreffend die Position bei TV Globo: vgl. S. 139 f. Uberweisung). Nach explizitem und wiederholtem Hinweis auf die Folgen einer falschen Zeugenaussage wurde dem Zeugen das Schreiben vom 25. September 2001 an Joseph Blatter vorgelegt, und er nahm wie folgt Stellung:

Er wolle nochmals wiederholen: Sie hatten immer gesagt, ein Darlehen sei nicht moglich. ISMM habe wiederholt versucht, ein Darlehen zu bekommen. Dies beweise der Fax vom 21. August von Hans-Jürg S. an Herrn Fernando Viegas. Die Grunde, weshalb Globo nicht ein Darlehen habe gewahren konnen seien verschieden; die wichtigsten habe er bereits erwahnt. Herr Blatter habe die Globo um Abfassung dieses Briefes gebeten; der Brief hatte erklaren sollen, weshalb es sich um eine Vorauszahlung und nicht um ein Darlehen gehandelt habe. Dieser Brief sei von ihrer Rechtsabteilung verfasst worden, und diese habe darin weitere Grunde erwahnt, weshalb sie nicht ein Darlehen hatten gewahren konnen (D 3/25, Ziffer 47).

3.2.11 Einer Aktennotiz von Daniel B. vom 30. Mai 2001 (D 4/C/2/2) kann folgendes entnommen werden (vgl. auch eine inhaltlich identische Aktennotiz von Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 28. Mai 2000) (D 4/C/2/1):

„Am 21. April 2001 um 08.30 Uhr habe ich mich zusammen mit Herrn Jean-Marie JEAN-MARIE W. im Hotel Eden au Lac in Zurich mit Marcelo de Campos Pinto von TV Globo, Rio de Janeiro/Brasilien getroffen. Wir haben die Angelegenheit des Darlehens, das von TV Globo an die ISMM AG bezahlt wurde, besprochen und haben ihm eine Kopie der Zusammenfassung des ..Freshfiled ..Reports vom 20. Februar 2001 zu lesen gegeben (siehe Beilage). Herr de Campos Pinto hat sich nach Studium dieses Dokumentes dahingehend geaussert, dass er dieses Dokument hatte selber schreiben konnen, da es sehr genau die Vorgange beschreibt. Im weiteren fiigte er hinzu, dass ihm bei der Auszahlung des Darlehens bewusst gewesen sei, dass TV Globo ein Kreditrisiko gegenuber der ISMM AG einging. Herr de Campos Pinto teilte uns mit, dass er anschliessend mit Herrn Ricardo Texeira, Prasident des brasilianischen Fussballverbandes CBF, Herrn Josef Blatter, Prasident der FIFA, treffen wiirde und ihm die Vorgange des Darlehens von TV Globo schildern wiirde."

Der bei Hans-Peter JEAN-MARIE W. sichergestellten (D 4/C/2/0) Aktennotiz waren zwei Seiten beigelegt (D 4/C/2/4). Es handelte sich dabei um einen Auszug aus einem Bericht der englischen Anwaltskanzlei „Freshfields Bruckhaus Deringer" (D 4/C/1/10, S. 11 und 12).

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Campos Pinto wurde die genannte Aktennotiz vorgelegt, und er gab folgendes an:

Diese ganze Aktennotiz sei eine absolute Luge. (Auf Ersuchen des Zeugen nochmalig Vorlage des Schreibens vom 25. Dezember 2001 von Globo an Blatter): Er habe Herrn Riccardo Texeira, Prasident des brasilianischen Fussballverbandes, gebeten, eine Unterredung mit Herrn Blatter zu organisieren. Herr Blatter habe dann Herrn Texeira gefragt, was der Grund fiir ein solches Treffen sei. Der Grund sei die Vorauszahlung, welche sie an die ISMM geleistet hatten und ihre Angst, dass ISMM das Geld nicht an die FIFA weitergeleitet habe. Sie hatten in der Zeitung gesehen, dass die ISMM angeblich Konkurs gegangen sei. Einen Tag, bevor er von Brasilien nach Zurich gekommen sei, habe ihn Jean-Marie JEAN-MARIE W. angerufen. Er habe ihn gebeten, ihn in Zurich zu treffen, bevor sie zur FIFA gehen wiirden. Er sei mit Riccardo Texeira gekommen, dieser sei in sein Hotelzimmer gegangen und er habe ein Gesprach mit Daniel B. und Jean-Marie JEAN-MARIE W. gehabt. Diese beide hatten ihm gesagt, Herr Blatter sei sehr verargert, weil er erst vor zwei Tagen erfahren habe, dass die Globo eine Vorauszahlung geleistet und die ISMM dieses Geld nicht an die FIFA weitergeleitet habe. An diesem Morgen habe ihn Daniel B. gebeten, Blatter zu sagen, dass es sich um ein Darlehen und nicht um eine Vorauszahlung gehandelt habe. Er habe ihm gesagt, nein, das sei nicht moglich. Er habe von Anfang an gewusst, dass es sich um eine Vorauszahlung gehandelt habe. Er habe ihm gesagt, Herr Blatter sei sehr verargert. Laut einem Vertrag zwischen der FIFA und der ISMM, welchen er nicht gekannt habe, habe es eine Klausel gegeben, dass die ISMM einen Teil an die FIFA hatte weiterleiten sollen. Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Daniel B. hatten ihm ein zweiseitiges Dokument vorgelegt, welches erklart habe, dass es sich um ein Darlehen und nicht um eine Vorauszahlung handle. Er habe dieses Dokument gelesen, es ihnen zuriickgegeben und erklart, er wurde das nicht akzeptieren. Hernach als er dann Herrn Blatter getroffen habe, habe dieser gegeniiber ihm und Herrn Texeira erklart, dass er erst vor zwei Tagen von der Vorauszahlung der Globo erfahren habe. Aus diesem Grund habe ihn Blatter ein paar Monate spater gebeten, den ihm vorhin vorgelegten Brief zu schreiben (D 3/25, Ziffer 48).

Daniel Bauvois gab zu dieser Aktennotiz folgendes an:

Im April 2001 sei Marcelo de Campos Pinto nach Zurich geflogen, um sich mit FIFA-Prasident Blatter zu treffen. Jean-Marie JEAN-MARIE W. habe ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass er den Generalsekretar der FIFA, Michel Zenrufinen, miindlich daruber informiert habe, dass Globo ihnen ein Darlehen gewahrt habe. Er habe aber sipherstellen wollen, dass Marcelo in seinen Ausserungen gegeniiber der FIFA das gleiche „Gedachtnis" iiber die Fakten haben wurde wie er. Er habe ihn am 21. April 2001 an einem Samstagmorgen zum Fruhstuck im Hotel „Eden au Lac" zusammen mit Herr Jean-Marie JEAN-MARIE W. getroffen. Sie hatten iiber dieses Thema gesprochen, und Jean-Marie JEAN-MARIE W. habe Marcelo ein zweiseitiges Dokument aus einem Legal Due Dilligence vorgelegt, welches von der Kanzlei Freshfields verfasst worden sei. Marcelo de Campos Pinto habe diese zwei Seiten gelesen und folgenden Kommentar abgegeben: „lch hatte dieses Dokument selber schreiben konnen. Ich wusste, dass ich ein Credit Risk eingegangen bin, als diese Zahlung an ISMM erfolgte" (D 3/31, Ziffer 77). Zur weiteren Aussage des Beschuldigten wird insb. auf D 3/31, Ziff. 79 verwiesen.

Jean-Marie JEAN-MARIE W. erklarte auf entsprechenden Vorhalt (vgl. S. 141 Uberweisung):

Er erinnere sich noch, wie wenn es gestern gewesen ware, dass Herr Campos Pinto gesagt habe: J could have written this document.".

Zwischenfrage UR: Wenn es sich um ein Darlehen gehandelt hat, worin hatte die Sicherheit fiir die Globo bestanden?

Deshalb habe Herr Campos Pinto gesagt: „l take a credit risk ..."Er wisse sicher, dass er sinngemass von einem Credit-Risk gesprochen habe (D 3/30, Ziffer 112).

Am 7. Mai 2003 wurde Guido Toanoni u.a. zu dem von Marcelo Campos Pinto, Daniel B. und Jean-Marie JEAN-MARIE W. erwahnten Treffen mit dem FIFA Prasidenten als Zeuge einvernommen (D 3/34). Der Zeuge war nach eigenen Angaben zwischen 1984 und 1995 bei der FIFA als Pressechef, PR Chef tatig und teilweise fiir juristische Angelegenheiten zustandig sowie als Projektmanager der WM 1994 in den USA (D 3/34, Ziffer 4 + 5). Ab Mitte April 2001 war er erneut fiir die FIFA tatig, vorerst zur Bewaltigung der Krisensituation Konkurs ISL/ISMM und danach als Direktor der Wettbewerbsabteilung (D 3/34, Ziffer 3). Wegen interner ..Dissonanzen" verliess er im Marz 2003 die FIFA (D 3/34, Ziffer 6) und stand somit im Zeitpunkt der Einvernahme nicht mehr in einem Arbeitsverhaltnis mit der FIFA. Er bestatigte, dass er in jeweiliger Absprache mit dem FIFA Prasidenten fiir die Instruktion der verschiedenen Strafanzeigen zustandig gewesen sei und dass die angezeigten Sachverhalte aufgrund vertraglicher Unterlagen, den Wahrnehmungen der FIFA und der juristischen Wertung durch das Anwaltsbiiro der FIFA zusammengestellt worden seien (D 3/34, Ziffer 11 + 15). Anlass fiir die Strafanzeige sei der Besuch der TV Globo in Zurich im April 2001 gewesen, als die FIFA gewahr worden sei, dass Gelder, die ihr zustehen wurden, nicht auf das richtige Konto geleitet worden seien (D 3/34, Ziffer 11, vgl. auch Ziffer 44). Das Treffen habe auf Bitte von Campos Pinto stattgefunden (D 3/34 Ziffer 47). Teilnehmer seien Campos Pinto, Ricardo Texeira, Prasident des brasilianischen Fussballverbandes, Joseph Blatter und er gewesen (D 3/34, Ziffer 46 + 77). Das Gesprach schilderte er folgendermassen:

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Es sei so gewesen, dass Marcelo Campos Pinto mit Dokumenten zur FIFA gekommen sei, und es sei offensichtlich gewesen, dass es ihm bei dieser Angelegenheit nicht wohl gewesen sei. Er habe wohl geahnt, dass er den namhaften Betrag noch ein weiteres Mai hatte bezahlen mussen. Es sei ihm ein Aniiegen gewesen, die FIFA uber diese Transaktion ins Bild zu setzen. Sie hatten das zur Kenntnis genommen und danach mit ihrem Anwaltsburo Kontakt aufgenommen. Irgendwelche Versprechungen oder Ausserungen seien gegenuber TV Globo nicht gemacht worden. Sie hatten einzig gesagt, dass sie die Angelegenheit untersuchen wollten. Das Treffen habe vielleicht 45 Minuten gedauert [D 3/34, Ziffer 49, vgl. auch die Relativierung des Zeugen unter Zu Ziffer 49 (S. 24 des EV-Protokolls), wonach er „er ahnte" durch „er befurchtete" ersetzt haben wollte].

Dem Zeugen wurde folgende Anschlussfrage gestellt: Sie haben wortlich gesagt: „Er ahnte wohl, dass er den namhaften Betrag noch ein weiteres Mai wiirde bezahlen mussen." Konnten Sie diese Aussage etwas genauer prazisieren, namlich was Sie damit genau gemeint haben?

Antwort: Er habe den Zweck des Besuchs darin verstanden, dass sich Marcelo Campos Pinto habe absichem wollen, dass die Zahlung bei der FIFA angelangt sei, dass er nicht ein zweites Mai ... er habe offenbar ein dumpfes Gefiihl gehabt (D 3/34, Ziffer 50).

Dem Zeugen wurde weiter die folgende Frage gestellt: Sie haben erwahnt, dass Campos Pinto ein „dumpfes Gefiihl" gehabt haben. Worauf griindet diese Feststellung?

Antwort: Auf der Tatsache, dass ein Sublizenznehmer zur FIFA komme und seine Dokumente ausbreite, obwohl TV Globo kein direkter Partner der FIFA gewesen sei. (D 3/34, Ziffer 56).

Dem Zeugen wurde folgende Anschlussfrage gestellt: Sie haben erwahnt, dass Campos Pinto eine Bestatigung mit Bezug auf die Uberweisung des Betrages von ca. USD 59 Mio. mitgebracht habe. Gehen Sie mit mir einig, dass dieses Dokument fur sich allein noch kein Grund fur Campos Pinto gewesen sein musste, ein „dumpfes Gefiihl" zu haben, zumal die Unterlizenznehmer die Betrage immer als Ganzes auf ein bestimmtes Konto zu uberweisen hatten?

Antwort: Richtig, aber: erstens habe Campos Pinto die Zahlung vorzeitig, mehrere Monate im Voraus geleistet. Zweitens: er habe einen recht hohen Rabatt fiir die vorzeitige Zahlung erhalten. Und drittens habe auf dem Markt ziemlich viel Unruhe und Beunruhigung iiber den Zustand von ISL und ISMM geherrscht (D 3/34, Ziffer 56 + 57 / Zur Fragstellung unter Ziffer 57 vgl. den Protokollvermerk betreffend die Intervention von RA Dr. Hans Baumgartner).

Auf Befragen gab der Zeuge an, dass Campos Pinto eine Bestatigung einer Bankuberweisung mitgebracht habe (D 3/34, Ziffer 51). Mit Bezug auf weitere Dokumente konnte er keine prazisen Angaben machen (D 3/34, Ziffer 52, 54, 55, 96, 97). Allerdings gab er sinngemass an, dass ein Schreiben vorgelegt worden sei, bei welchem es um die Interpretation der Zahlung gegangen sei. Er sehe es noch vor sich, konne sich jedoch nicht an den Inhalt erinnern (D 3/34, Ziffer 54 + 55). Auf Vorlage des mit Joan from Globo" uberschriebenen Telefaxes von Hans-Jürg S. vom 21. August 2000 gab er sinngemass an, dass er annehme, dass es sich um das von ihm erwahnte Schreiben handle (D 3/34, Ziffer 96). Mit Bezug auf die Qualifikation der gegenstandlichen Zahlung gab der Zeuge an, dass die Frage bestanden habe, „ob der Betrag als Darlehen oder als Zahlung" gelten solle (D 3/34, Ziffer 52). Fiir ihn sei klar gewesen, „dass die Reise von Campos Pinto nach Zurich mit der unterschiedlichen Interpretation der Zahlung in Verbindung" gestanden sei (D 3/34, Ziffer 55, vgl. auch Ziffer 62). Bezuglich der abschliessenden Antworten des Zeugen wird auf die Akten verwiesen (vgl. D 3/34, Ziffer 44-89).

Gestutzt auf die Verfugung des Untersuchungsrichters (HD 2/132) hinterlegte die FIFA folgende Dokumente, die schon mit den Anzeigen hinterlegt worden waren: Zahlungsinstruktion vom 13. September 2000 (HD 2/144), Rechnung vom 13. September 2000 (HD 2/145), Zahlungsinstruktion vom 14. September 2000 (HD 2/146), Quittung vom 15. September 2000 (HD 2/147), Gutschriftsanzeige vom 18. September 2000 (HD 2/148), Schreiben vom 25. September 2001 (HD 2/149). Zusatzlich hinterlegte sie einen Telefax von Hans-Jürg S. vom 21. August 2000 (HD 2/143), welcher durch die Untersuchungsbehorde bei der Hausdurchsuchung vom 6. Juni 2001 beschlagnahmt (D 4/B/1/0, D 4/B/1/8), dem Zeugen Tognoni vorgelegt wurde und von dem er sinngemass angab, dass er annehme, dass es sich um eines der mitgebrachten Dokumente handle (D 3/34, Ziffer 96). Der Prasident bestatigte die Vollstandigkeit der Dokumente und erklarte, dass Campos Pinto und Ricardo Texeira bei dem Treffen vom 21. April 2001 in Zurich erklart hatten, dass Globo am 18. September 2000 eine Vorauszahlung der funften Rate im Betrag von gut USD 59 Mio an ISMM bezahlt habe (HD 2/142). 3.2.12 Dem vorstehend erwahnten Bericht_(D 4/C/1/10, deutsche Ubersetzung: HD 2/229) der englischen

Anwaltskanzlei „Freshfields Bruckhaus Deringer" (D 4/C/1/10, S. 11 und 12) kann entnommen werden, dass diese Ende Januar 2001 von der ISMM AG bzJean-Marie W. Martin Ziener, Michael Fisher und Pierre Woog beauftragt wurde, die Globo und Dentsu Zahlungen einer genaueren Prufung zu unterziehen (D 4/C/1/11, S. 2 /Zum Hintergrund des Auftrages vgl. S. 3 und 4 des Berichtes). Der Bericht wurde auf der Grundlage von durch die Auftraggeberin zur Verfiigung gestellten Unterlagen sowie Gesprachen mit Urs Brunner, Hans-Jürg S., Daniel B., Jean-Marie JEAN-MARIE W., Hans-Peter JEAN-MARIE W., Martin Ziener und Heidi Mottet erstellt (S. 5 des Berichtes). Im Resultat kommt der Bericht zum Schluss, dass es sich bei der Globo Zahlung um eine Vorauszahlung der 5. Rate handelt [S. 22 des Berichtes / vgl. zu den Vorschlagen betreffend das weitere Vorgehen insbesondere auch S. 28-30 wo unter anderem festgehalten

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wird, dass die Geschichte nicht neu geschrieben werden konne (namlich aus einer Vorauszahlung ein Darlehen zu machen)].

3.2.13 Fest steht auch, dass die Nachfolgerin von ISMM, welche spater die Sublizenzvertrage mit den Broadcastern ubernommen bzJean-Marie W. neue Vertrage abgeschlossen hatte, sich die bereits geleisteten Zahlungen anrechnen lassen musste. Durch die von der Infront Sports & Media AG edierten Unterlagen wird jedenfalls belegt, dass die gegenstandliche Globo Zahlung im Rahmen des Nachfolgevertrages zwischen der TV Globo Ltda und der Kirch Media WM GmbH als solche aus dem Unterlizenzvertrag angerechnet wurde. Zur naheren Erlauterung (u.a. den Aussagen von Michael Francombe) wird auf S. 144 f. der Uberweisung verwiesen.

3.2.14 Abzustellen ist auf die glaubhaften Aussagen des Zeugen Marcelo Campos Pinto, welcher die Vorgeschichte sowie die anschliessenden Umstande mit Bezug auf die gegenstandliche Globo Zahlung plausibel und in sich schliissig darstellte. Uberzeugend legte er dar, dass man auf Wunsch von ISMM zunachst die Moglichkeit der Darlehensgewahrung gepruft habe; jedoch habe sich herausgestellt, dass eine Vorauszahlung das Einzige sei, was man machen konne. Dies sei Hans-Jürg S. (durch Fernando Viegas) und Heinz S.. sowie Daniel B. (von ihm) mitgeteilt worden. Auch hatte Globo den fraglichen Geldbetrag ohne den Vertrag vom 28. Juni 1998 nicht bezahlt, und die Behauptung, Globo habe das "Darlehen" aus steuerrechtlichen Grunden als Vorauszahlung deklariert, sei eine Liige (vgl. S. 145 ff. der Uberweisung mitsamt den dort angegebenen Fundstellen). Die Stellungnahmen der Beschuldigten (vgl. S. 148 ff. der Uberweisung) sind nicht geeignet, die Aussagen des Zeugen emsthaft in Zweifel zu ziehen, zumal die Stellungnahmen eher vage, die Antworten teilweise ausweichend ausfielen. Als entscheidend kann dagegen bezeichnet werden, dass sowohl Marcelo Campos Pinto, als auch der Finanzchef von Globo Ltd. Fernando Viegas bei den rechtshilfeweise in Brasilien durchgefuhrten Einvemahmen vom 14. Dezember 2004 unmissverstandlich angaben, dass es sich um eine Vorauszahlung und nicht um ein Darlehen gehandelt habe. Der Zeuge Campos Pinto bestatigte detailliert, konkret und anschaulich die schon fruher zu Protokoll gegebenen Darstellungen. Die Vorbringen des Daniel B. (auch zum Treffen in Zurich) sowie die Aussage des Jean-Marie JEAN-MARIE W. bezeichnete er als eindeutig nicht der Wahrheit entsprechend. U.a. fuhrte er aus, Globo habe in alien ihren Antworten klargestellt, dass nur eine Vorauszahlung moglich sei; tatsachlich habe es sich bei der Abwicklung dann auch um eine Vorauszahlung gehandelt; Globo habe nie zugestimmt, der ISMM ein Darlehen zu gewahren (vgl. D 2/G/250, Blatt 316-322). Fernando Viegas erklarte seinerseits ebenfalls uberzeugend, dass die Anfrage fur ein Darlehen bestand, dieses aber nicht habe gewahrt werden konnen; es habe sich um eine Vorauszahlung gehandelt; die Darstellung von Hans-Jorg S., wonach er (Viegas) mitgeteilt habe, das Darlehen werde als Vorauszahlung deklariert, sei eine Liige (vgl. D/G/250, Blatt 323 - 327).

3.2.15 Gemass Ziffer 4 des Geschaftsreglementes der ISMM Investments AG bedurfte der Abschluss von Vertragen, welche eine Verpflichtung der Gesellschaft von mehr als CHF 4'000'000.- begriindeten, der Genehmigung des Verwaltungsrates (D 8/2/14). Fest steht, dass dennoch im Verwaltungsrat keine formelle Beschlussfassung mit Bezug auf ein Darlehensgeschaft in der Grossenordnung des von Globo uberwiesenen Betrages erfolgte; ein diesbezuglicher Entscheid ergibt sich auch nicht aus den Verwaltungsratsprotokollen. Auch dieser Umstand weist wiederum darauf hin, dass es sich bei der Globo Zahlung (nach ubereinstimmendem Willen der Beteiligten) um eine Vorauszahlung handelte.

3.2.16 Auf der Grundlage von Ziffer 22.1 lit. a des Kreditvertrages vom 13. Juli 1999 mit der UBS AG war es der ISMM AG untersagt, zusatzliche Darlehen, welche den Betrag von CHF 10'000'000.~ iibersteigen, aufzunehmen (D 6/3/10/1). Dennoch wurde von der UBS keine formelle Zustimmung des Globo Geschafts als Darlehen eingeholt, und auch in den Akten wurden keine entsprechenden Unterlagen gefunden. Dieser Umstand ist ein weiteres klares Indiz dafiir, dass die gegenstandliche Zahlung kein Darlehen war.

3.2.17 Zusammengefasst haben die Beweiserhebungen ergeben,

dass die ISMM AG im Rahmen ihrer Geschaftsbeziehung zu Globo verschiedene Moglichkeiten der Liquiditatsbeschaffung priifte. Explizit wurden von Hans-Jurg S. Bankgarantie, Vorauszahlung und Darlehen erwahnt (D 3/48, Ziffer 130),

dass seitens der ISMM AG im Rahmen der diesbezuglichen Verhandlungen mit Globo kon-kret die Variante des Darlehens eingebracht wurde (D 4/D/2/79), Globo jedoch auf der

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Variante der Vorauszahlung beharrte (3/25, Ziffer 47), zumal nach brasilianischer Gesetzge-bung eine Darlehensgewahrung nicht moglich war,

dass es fiir Globo eine Vorauszahlung auf den am 1. Juli 2001 geschuldeten Betrag von USD 66'000'000.~ und kein Darlehen war (D 3/25, beispielsweise Ziffer 34 und 40),

dass auch bei der ISMM das Wissen gegeben war, dass Globo kein Darlehen gewahrte; explizit wurde dies u.a. von Jean-Marie JEAN-MARIE W. angefiihrt, wonach die Zahlung fiir die ISMM ein Darlehen gewesen sei, fiir Globo aus internen Grunden etwas anderes (3/30, Ziffer 109),

dass die Zahlung durch Globo nicht geleistet worden ware, wenn nicht ein bestehendes Vertragsverhaltnis mit der ISMM bestanden hatte (D 3/25, Ziffer 41),

dass die Zahlung im Schriftverkehr von der ISMM AG als Vorauszahlung und nicht als Darlehen bezeichnet wurde (D 4/D/2/62, HD 2/9 und 2/11),

dass die Zahlung bei der ISMM AG buchhalterisch als Vorauszahlung und nicht als Darlehen erfasst wurde, wobei auf einem Bankbeleg der Eingang handschriftlich als „Loan" bezeichnet wurde (D 4/B/2/5, S. 1 und 2),

dass die Zahlung von der ISMM AG in ihren Cash-Flow Darstellungen als Vorauszahlung und nicht als Darlehen dargestellt wurde (D 8/4/17),

dass bereits im Marz 2000 mit Bezug auf die am 1. Juli 2000 fallige Unterlizenzgebuhr von USD 44'500'000.~ mit Globo eine Vorauszahlung vereinbart u. geleistet wurde (D 4/D/2/47),

dass auch mit Bezug auf die am 1. Juni 2002 fallige Rate von USD 66'000'000.~ durch die ISMM AG das Erwirken einer Vorauszahlung in Erwagung gezogen wurde (D 15/1/1),

dass auch mit Bezug auf andere Schuldner (spanische und argentinische Fussballclubs) das Erwirken von Vorauszahlungen diskutiert wurde (D 8/7/18, Ziffer 3.4),

dass die am 1. Juli 2001 fallige Rate aus dem Unterlizenzvertrag mit Globo im Rahmen des Giiterverzeichnisses gemass Art. 162 SchKG bzJean-Marie W. der Vermdgenserfassung mit Bezug auf die ISMM AG die Globo Zahlung per 19./20. April 2001 nicht als Aktivposten erfasst (D

113

15/3/16 ff.) und die ISL Worldwide als Schuldnerin der ISMM AG uber den Globo Betrag angefuhrt wurde,

dass im Rahmen der Uberschuldungsanzeige von ISMM Gesellschaften bzJean-Marie W. in der Zusam-menstellung des Eigenkapitals per 31. Dezember 2000 die Globo Zahlung als Vorauszahlung und nicht als Darlehen dargestellt wurde (D 6/3/1/14),

dass die Globo Zahlung nach Konkurseroffnung im Rahmen des Nachfolgevertrages als Zahlung aus dem Unterlizenzvertrag angerechnet wurde (D 21/2),

dass sich in den Untersuchungsakten kein Beschluss befindet, mit welchem das gegenstandliche Geschaft vom Verwaltungsrat als Darlehen genehmigt worden ware,

dass der UBS AG von einem Globo-Darlehen keine Mitteilung gemacht wurde.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft steht somit mit der fiir die richterliche Uberzeugung notwendigen Sicherheit fest, dass Globo mit der Bezahlung der USD 59'207'500.~ eine Vorauszahlung und eben kein Darlehen leistete.

3.3 Anvertrautheit des Tatobiektes - Werterhaltungspflicht - Tathandlung

^

3.3.1 Das Tatobjekt muss dem Tater anvertraut worden sein. Als anvertraut und somit wirt-schaftlich fremde Vermogenswerte sind/ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung,

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was jemand mit der Verpflichtung empfangt, es in bestimmter Weise im Interesse eines andern zu verwenden, insbesondere es zu verwahren, zu verwalten oder abzuliefern (BGE 80 IV 55, BGE 120 IV 119) und standig zur Verfugung des Treugebers zu halten (BGE 120 IV 121). Diese Werterhaltungspflicht kann auf ausdrucklicher oder stillschwei-gender Abmachung beruhen, und es ist dabei belanglos, ob der Tater das Gut vom Treugeber direkt oder aber von einem Dritten erhalten hat (BGE 118 IV 239). Es ist so-mit im vorliegenden Fall zu priifen, ob sich aus der konkreten vertraglichen Vereinba-rung eine solche Werterhaltungspflicht ergibt (BGE 6S.835/1999/bue vom 5. April 2000, BGE 124 IV 9 E. 1a und d, BGE 120 IV 117 E 2e und f). Was jemand fiir sich selber eingenommen hat, ist nicht anvertraut, wenn der Betreffende nicht als Zahlungs- oder Inkassogehilfe handelt.

3.3.2

Die tatbestandsmassige Handlung nach Abs. 2 von Art. 138 StGB besteht in einem Verhalten des Taters, durch welches er eindeutig seinen Willen bekundet, den obligato-rischen Anspruch des Treugebers zu vereiteln, m.a.JEAN-MARIE W. seine Verpflichtungen gegenuber dem "Treugeber" nicht zu erfullen (BGE 121 IV 25), wodurch er eben die Werterhaltungspflicht verletzt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Tater anvertrautes Geld ohne jederzeitige Ersatzmoglichkeit verbraucht oder so bindet, das er nicht mehr frei daruber verfiigen kann, aber auch schon dann, wenn er ein Inkasso verheimlicht, um den entsprechenden Betrag nicht abliefern zu miissen. In BGE 98 IV 29 bejahte das Bundesgericht die unrechtmassige Verwendung in einem Fall, in dem der Tater den Treugeber abredewidrig nicht iiber einen Zahlungseingang informierte und die Zahlung seiner Aktiengesellschaft uberliess.

3.3.3 Zur Frage der Werterhaltungspflicht ist mit Bezug auf den vorliegenden Fall Folgendes von Bedeutung: Nach Rehberg39 muss mit der Uberlassung des (dem Tater sachenrechtlich gehorenden) Vermogenswertes ein Vertrauen bekundet werden, welches sich im Ausmass mit der Uberlassung einer im Eigentum eines anderen stehenden Sache vergleichen lasst. Ein solches Vertrauen soil in der Einraumung des Gewahrsams und der Verfiigungsbefugnis zu bestimmten Zwecken liegen, so bei der direkten und indirek-ten Stellvertretung sowie der Ubereignung zur spateren RCickgabe. Wirtschaftlich fremdes Eigentum kann nur dann entstehen, wenn der Treugeber den Treuhander eigens oder im Rahmen eines Vertrages dazu ermachtigt, an seiner Stelle Sachen bzJean-Marie W. Guthaben zu erwerben, zu erhalten oder Dritten zu iibereignen. Erhalt der Tater das Gut von Dritten und nicht vom Treugeber, d.h. war es ihm von diesem nur mittelbar anvertraut, so kann von einem stellvertretenden Erwerb fiir den Treugeber nur dann die Rede sein, wenn die Leistung letztlich diesem und nicht dem Tater zusteht.

Das Strafgericht Basel-Stadt40 kam schon 1970 zum Schluss, dass demjenigen, der vertretbare Sachen auf Kredit kauft, um sie seinerseits in eigenem Namen und auf eigene Rechung weiterzuverkaufen, weder die Ware, noch der aus ihrer Verausserung erzielte Erlos im Sinne des Tatbestandes anvertraut sind. Hieran andere auch das Versprechen, die Zahlungen auf ein Sonderkonto zu leisten und die Halfte an den Ursprungsverkaufer zu uberweisen, nichts. Bei den auf das Sonderkonto zu zahlenden Betragen handle es sich um einen separaten Vermdgenskomplex, der im ausschliesslichen Eigentum des Beschuldigten stehe und fiir ihn auch wirtschaftlich kein fremdes Eigentum darstelle, welches Gegenstand eines besonderen Vertrauensverhaltnisses sein konnte. Aus dem Versprechen, dem Dritten Zahlungen aus dem Sonderkonto zu leisten, erwachse diesem kein Zugriffsrecht auf das Konto, es bleibe vielmehr bei dem rein obligatorischen Anspruch auf Kaufpreiszahlung. Ein gesetzlicher oder vertraglicher Herausgabeanspruch allein mache einen Vermogenswert nicht zum anvertrauten Gut. Solches liege trotz Heruasgabepflicht nicht vor, wenn der Empfanger das Gut fiir sich selber und nicht fiir einen anderen erhalte.

ISMM erhielt die Zahlung bekanntlich nicht von einem Treugeber bzJean-Marie W. dem Geschadigten, sondern von einem Dritten (Globo), und dies auf der Grundlage einer vertraglichen Abmachung. Mit Bezug auf diese Konstellation sind folgende Bundesgerichtsentscheide unter dem Titel der mangelhaften Erfullung

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eines Inkassos von Bedeutung.

BGE 98 IV 29: Die Werterhaltungspflicht ergibt sich dann, wenn sich der Tater wirtschaftlich gesehen Eigentiimerbefugnisse anmasst, sei es dass er seine Befugnisse, die ihm mit der treuwiesen Ubergabe der Sache oder des Gutes ausdrucklich oder stillschweigend ubertragen werden, iiberschreitet, oder aber dass er Treu und Glauben oder besonderen Abreden der Parteien zuwiderhandelt.

BGE 99 IV 201 ff: Der Automatenaufsteller, der in der Gaststatte eines Dritten einen Spielautomaten aufstellt und dem Gaststatteninhaber 50% des Kasseninhaltes iiberlasst, sind die Einnahmen mangels eines besonderen Vertrauensverhaltnis zwischen den Parteien nicht anvertraut. Die Einnahmen bilden bloss die Bemessungsgrundlage fiir die Platzmiete, gehoren aber wirtschaftlich nicht zum Vermogen des Gaststatteninhabers. Erhalt der Automatenaufsteller die Einnahmen im eigenen Interesse, so kann nicht gesagt werden, sie seien ihm im Ausmass von 50% anvertraut gewesen, damit er sie abliefere. Seine Verpflichtung zur Bezahlung des Entgelts geht nicht iiber den Rahmen einer bloss schuldrechtlichen Pflicht zur Vertragserfullung hinaus und schliesst keine Treuepflicht in sich. Das Recht auf den Erlos der Spielautomaten stehe dem Aufsteller zu „sofern nicht die gesellschaftsrechtliche Komponente des Vertragsverhaltnisses derart stark in den Vordergrund riickt, dass von einer eigentlichen Umsatzbeteiligung gesprochen werden kann".

39 ZStrR98(1981)29ff 40 SJZ 67 (1971) 144

115

BGE 118 IV 32: Tater und eine Bank verabredeten eine Forderungszession fur kunftige Forderungen. Da die Bank nicht in der Lage war, die zedierte zukiinftige Forderung selbst einzutreiben,

wurde im Rahmen der Abtretung eine spezielle Vereinbarung eingegangen, dergemass der Zedent sich verpflichtete, den Forderungserlos an die Bank iiberweisen zu lassen. Er hatte dafur zu

sorgen, dass dieser der Bank direkt oder durch seine Vermittlung zukam. Das Bundesgericht bejahte das Vorliegen einer vertraglichen Werterhaltungspflicht weil gemass der mit der Bank

getroffenen Vereinbarung der Zedent uber den geschuldeten Betrag bis zur Hohe der Abtretungssumme nicht in seinem eigenen Interesse verfugen konnte. Im Gegenteil durfte er ihn nur fiir

die Uberweisung an die Bank verwenden oder musste ihn zumindest zu ihrer Verfugung halten.

Wie schon dargelegt, ist grundsatzlich im Einzelfall zu priifen, ob sich aus der konkreten vertraglichen Vereinbarung eine Werterhaltungspflicht ergibt (BGE 120 IV 117, E. 2e

und f, BGE 124 IV 9 E. 1a und d). Das Bundesgericht kommt in BGE 6S.835/1999/bue vom 5. April 2000 zum Schluss, dass es unerheblich gewesen sei, ob mit den vom

Beschwerdefuhrer als Darlehen bezogenen Geldbetragen eine Werterhaltungspflicht verbunden gewesen sei. Dies deshalb, weil der Beschuldigte auf Grund des Vertragsverhaltnisses die Verpflichtung gehabt habe, die Vermogenswerte zur Verfugung der

^ , Treugeber zu halten.

3.3.4 Fiir das gegenstandliche Vertragsverhaltnis ergeben sich zusammengefasst folgende Feststellungen:

Die FIFA gewahrte der Sporis Holding AG das Exklusivrecht fiir die Nutzung-A/erwertung der Radio und Fernseh Ubertragungsrechte der Weltmeister

schaften 2002 und 2006 in den abschliessend angefiihrten Landern (Ziffer 1.1.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998 und Annex 1 / weltweit mit Ausnahme von

Europa und den USA), wobei sie wahrend der Dauer des Vertragsverhaltnisses alleinige Eigentiimerin der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte und der

weiteren, der Sporis Holding vertraglich gewahrten Rechte blieb (Ziffer 7.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Im Vorfeld dieses Vertrages erwog die ISL/ISMM mit der FIFA ein Joint Venture einzugehen, was jedoch aus sportpolitischen Grunden nicht moglich war (D 3/30,

Ziffer 29, vgl. Ziffer 69 wonach ursprunglich eine gemeinsame Verwertung der

95

L Fernsehrechte geplant war; vgl. auch D 17/3/2-D 17/3/7 + 9).

Die Gewahrung des Exklusivrechts fiir die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte war von der Sporis Holding AG mit mindestens USD

650'000'000.~ fiir die WM 2002 und mit USD 750'000'000.-- fiir die WM 2006 nach einem fixen Zeitplan gegenuber der FIFA abzugelten (Ziffer 5.1 und 5.2 des

Vertrages vom 26. Mai 1998 und Ziffer 8 des Zusatzvertrages vom 13. Marz 2000 und Ziffer 1 jenes vom 21. Juli 2000).

Die Sporis Holding AG war berechtigt, das Spezialkonto nach Eingang einer Zahlung aus einem Unterlizenzvertrag mit insgesamt 25% zu belasten (Ziffer

4.2.1 lit. a+b des Vertrages vom 26. Mai 1998: 5% zur Deckung der Kosten des „Basic Feed" und 20 % zur Deckung der Vertriebskosten). Sie konnte zudem

verteilt iiber die gesamte Dauer des Vertrages nach einem bestimmten Zeitplan Finanzierungskosten von insgesamt CHF 24'000'000.~ und eine Pauschale von

CHF 7'500'000.-- abziehen (Ziffer 4.2.1a+b des Vertrages vom 26. Mai 1998). Betrage, welche die Minimalentgelte iiberstiegen, waren von den Parteien halftig

zu teilen (Ziffer 4.3.5. des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Zur Beschleunigung der Mindestzahlungen vereinbarten die Parteien mit Vertrag vom 13. Marz 2000 folgendes: Die FIFA war berechtigt 75% der Eingange bis zu CHF 650'000'000.-- bzJean-Marie W. CHF 750'000'000.-- einzufordern. Damit die Einforderung erfolgen konnte, war die Sporis Holding AG verpflichtet, der FIFA von jedem Eingang Mitteilung zu machen.

Die Sporis Holding AG musste im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fiir die Ubertragung des Verwertungsrechtes - von der Leistung einer Bankgarantie betreffend die erste am 15. Oktober 1998 fallige Mindestzahlung von CHF 32'500'000.- (vgl. Ziffer 6.1 des Vertrages vom 26. Mai 1998) abgesehen keine geldwerte Leistung erbringen.

Alle Entschadigungen im Zusammenhang mit den Unterlizenzvertragen mussten auf ein Spezialkonto, namlich Nr. 68.5288.003 / Depositenkonto Nr. 68.5288.0003 FIDUC bei der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA, Basel, bezahlt werden (Ziffer 1.6.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Gemass dem Zusatz-vertrag vom 13. Marz 2000 lautete das Spezialkonto neu Nr.248-436280.01D (CHF) / Nr.248-436280.60T (USD), war bei der UBS Schweiz, Luzern (S. 3 des Vertrages), und war ebenfalls in den Unterlizenzvertrag aufzunehmen (Ziffer 19 des Vertrages).

Die Unterlizenzvertrage mussten dahingehende Bestimmungen enthalten, dass alle Entschadigungen auf dieses Konto zu uberweisen waren (Ziffer 1.6.5 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, dafiir besorgt zu sein, dass der FIFA alle Bankunterlagen betreffend das Spezialkonto zugesandt wurden (u.a. Gutschriftsund Belastungsanzeigen) (Ziffer 4.1.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, die Unterlizenzvertrage nach bestimmten Vorgaben zu redigieren.

Weder die FIFA noch die Lizenznehmerin hatten das Recht, das Treuhandkonto zu verpfanden, mit Ausnahme der Finanzierung der ausstehenden Bankgarantie; allerdings nur mit vorgangiger Zustimmung der FIFA (Ziffer 4.3.4 des Vertrages vom 26. Mai 1998)

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, der FIFA alle Unterlizenzvertrage vollumfanglich bekannt zu geben und ihr spatestens 20 Tage nach Unterzeichnung eines Unterlizenzvertrags eine Kopie davon zu iibergeben (Ziffer 1.6.6 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, der FIFA bzJean-Marie W. von ihr bezeichneten Personen die Buchhaltung zur Einsichtnahme und Prufung zur Verfugung zu stellen (Ziffer 4.4.2 des Vertrages vom 26. Mai 1998). Der FIFA durften nur solche Informationen bekannt geben werden, welche die FIFA zur Feststellung der Richtigkeit der ihr gemass den Berichten der Sporis Holding AG geschuldeten Gesamtbetrage und der damit in Zusammenhang stehenden Zahlungen benotigte (Ziffer 4.4.3 des Vertrages vom 26. Mai 1998).

96

Die Sporis Holding AG war verpflichtet, der FIFA sofort Mitteilung iiber alle Angelegenheiten zu machen, die eine wesentliche nachteilige Veranderung der finanziellen Situation der Lizenznehmerin bewirkten oder hatten bewirken konnen (Ziffer 8.2 des Vertrages vom 26. Mai 1998). 3.3.5 Die vorstehend aufgezeigte Ausgestaltung des Vertragsverhaltnisses, aber auch das

beabsichtigte Joint Venture belegen die damalige wirtschaftliche Nahe bzJean-Marie W. Vernetzung der Vertragspartner. Dass Joint Ventures gesellschaftsahnliche Verbindungen sind und eine enge Zusammenarbeit der Partner implizieren, ist gerichtsnotorisch und bedarf keiner weiteren Ausfuhrungen41. Wie dargelegt, war die Hohe des Entgeltes prazis und die Aufteilung der Ertrage aus den Unterlizenzvertragen in alien Einzelheiten geregelt. Die Einrichtung eines speziellen Kontos, auf welches die Gelder aus den Unterlizenzvertragen zu fliessen hatten, der Zugang der FIFA zu den Kontobewegungen, die Zustellung der Kontoausziige, aber auch das Verbot, diese Gelder zu verpfanden (von der erwahnten Ausnahme abgesehen), zeigen mit aller Deutlichkeit auf, dass die ISMM AG die Gelder nicht fiir sich, sondern im Rahmen der vertraglichen Abmachung auch fur die FIFA einnahm und somit Fremdinteressen vertrat. In diesem Sinn war die ISMM Gruppe zum Inkasso ermachtigt, und sie hat die Zahlungen (bzJean-Marie W. den weit iiberwiegenden Teil davon) nicht fiir sich, sondern eben fiir die FIFA erhalten (eingenommen). Die Interessenwahrung der FIFA wird durch ihre eigenen umfassenden Informations- und Kontrollmoglichkeiten und die diesbezuglichen Pflichten der ISMM AG deutlich dokumentiert. Gleiches ist aus den Pflichten der ISMM AG, die Unterlizenzvertrage nach bestimmten Vorgaben zu redigieren, abzuleiten. Die auf Grund des Longform Agreements und der zugehorigen Amendments bestehenden auftrags- und/oder gesellschaftsaTinlichen Abreden beweisen somit das Vorliegen einer vertraglichen Werterhaltungspflicht. ISMM war in eigenem Namen, jedoch auch in einem ganz betrachtlichen Umfang fur die wirtschaftlichen Interessen der FIFA zur Verwertung und zum Einzug des Verwertungserloses fiir beide Parteien ermachtigt, und zum Zeitpunkt des Inkassos stand ein grosserer Teil der gegenstandlichen Gelder der FIFA aus Vertrag zu. Dass das Long-form Agreement nicht als tvpischer Lizenzvertrag bezeichnet werden kann, und die FIFA der ISMM AG "nur" die Verwertung der Femsehrechte uberliess, andert am Gesagten nichts.

Dass neben der Frage des Anvertrautseins jene der Gewichtung der Werterhaltungspflicht zudem eine relative ist (soweit das eine vom andem iiberhaupt getrennt werden kann), zeigt sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 6S.835/1999/bue vom 5. April 2000), wonach es unter diesem Aspekt fiir die Erfullung des Tatbestandes genugen kann, wenn der Beschuldigte auf Grund des Vertragsverhaltnisses die Verpflichtung hat, die Vermogenswerte zur Verfugung der Treugeber zu halten. Genau diese Pflicht hatte aber die ISMM AG gegenuber der FIFA; und zwar im Umfang der vertraglich vereinbarten 75%.

3.3.6 Die Tathandlung, namlich das Verhalten des Taters, durch welches er eindeutig seinen Willen bekundet, den Anspruch des Treugebers zu vereiteln, ist ohne Einschrankungen zu bejahen. In Verletzung der vertraglichen Bestimmungen wurde die FIFA iiber die Abanderung des Zahlungsplans bzJean-Marie W. die Vorauszahlung nicht informiert, wodurch es ihr verwehrt war, ihren Anspruch geltend zu machen (BGE 121 IV 25, BGE 98 IV 29); die

41

Albisetti, Boemle, Ehrsam, Gsell, Nyffeler, Rutschi, Handbuch des Geld-, Bank- und Borsenwesens der Schweiz, 391

Globo Zahlung erfolgte nicht auf das vereinbarte, sondern auf ein Konto der ISL Worldwide, zu welchem die FIFA keinen Zugang hatte, was aber wiederum die Geltendmachung ihres Anspruchs verhinderte (das mit der FIFA vereinbarte Konto war zudem nicht im Unterlizenzvertrag mit Globo vermerkt: D 2/53, 9.3, Abs. 1; BGE 121 IV 25, BGE 98 IV 29);

97

3.4 Schaden

3.4.1 Der objektive Tatbestand der Veruntreuung setzt begriffsnotwendig den Eintritt einer Vermogensschadigung voraus. Der deliktische Schaden, der im Gesetz nicht als Tatbestandsmerkmal erwahnt ist, besteht im Wert des veruntreuten Gutes (BGE 111 IV 23 E. 5. S. 23). Das Ausmass einer Gefahrdung des obligatorischen Anspruchs kann allerdings in seiner konkreten Ausgestaltung einem Vermogensschaden im Sinne des Veruntreuungstatbestandes gleichkommen (BGE 6S.835/1999/bue vom 5. April 2000). Marcel A. Niggli42bejaht den Schaden dann, wenn ein Vermogenswert derart verwendet wird, dass die Forderung derjenigen Person, die den Vermogenswert hingegeben hat, in ihrem Wert gemindert wird. Das Bundesgericht bejaht die Gefahrdung des obligatorischen Anspruchs und somit in seinem Wert als wesentlich vermindert, wenn im leistungspflichtigen Zeitpunkt eine Uberschuldung der den obligatorischen Anspruch zu erfullenden Person gegeben ist (BGE 102 IV 84, BGE 121 IV 104, BGE 122 IV 179, BGE 6S.835/1999/bue vom 5. April 2000). Eine voriibergehende Schadigung geniigt (BGE 76 IV 96, 230, BGE 82 IV 90, BGE 84 IV 14).

3.4.2 Wie bereits festgehalten wurde, war die ISMM AG per 30. September 2000 unter Beriicksichtigung notwendiger Abschreibungen, Ruckstellungen und Wertberichtigungen uberschuldet (D 7/D/1, Ziffer 5.4.2, Seite 21+22) und per Ende September 2000 illiquid. Der Vollstandigkeit halber sei nochmals erwahnt, dass die ISMM AG per 31. Dezember 2000 ein negatives Eigenkapital von CHF -121'847000.-- (D 7/D/1, Ziffer 5.6.2, Seite 27+28) auswies und illiquid war. Die bereits verfallenen Verpflichtungen iiberstiegen die vorhandenen Mittel erheblich (D 7/D/1, Ziffer 5.6.3, Seite 28+29). Auch die ISL Worldwide war per 30. September 2000 unter Beriicksichtigung der nicht vorgenommenen Wertberichtigungen und Abschreibungen uberschuldet (D 7/D/1, Ziffer 5.5.2, Seite 25) und illiquid. Per 31. Dezember 2000 bestand ein negatives Eigenkapital von CHF -318'079'000.~ (D 7/D/1, Ziffer 5.7.2, Seite 31), und die Gesellschaft war illiquid (D 7/D/1, Ziffer 5.7.3, Seite 32). Bei diesen finanziellen Rahmenbedingungen besteht kein Zweifel daran, dass der obligatorische Anspruch gefahrdet war und in seinem Wert als wesentlich vermindert im Sinne eines tatbestandsmassigen Schadens zu betrachten ist.

3.4.3 Um dem Gericht eine umfassende Beurteilung zu ermoglichen, wird die Schadensposition der FIFA trotz vorstehender Feststellung ausfiihrlich dargestellt.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2002 (HD 2/64, Ziffer 16/2) wurde die FIFA aufgefordert, ihren effektiven, bereinigten Schaden aus den geltend gemachten Vertragsverletzungen anzugeben. Mit Eingabe vom 29. Oktober 2002 bezifferte die FIFA den Bruttoschaden auf CHF 730'073'318.

BR 1998,81 ff (HD 2/92) und hinterlegte eine diesbeziigliche Berechnung und verschiedene Unterlagen (HD 2/92/4). Daraus ist ersichtlich, dass sich die Gesamtforderung aus verschiedenen Positionen zusammensetzt, welche einerseits keinen Zusammenhang zu der verfahrensgegenstandlichen Globo-Zahlung haben und andrerseits aus geltend gemachten ..zusatzlichen Folgeschaden aus Vertragsverletzungen bestehen (HD 2/92/4/2). Ohne diese Folgeschaden belauft sich der geltend gemachte Schaden auf insgesamt CHF 294'435'323.-. Dieser Betrag entspricht in etwa der Forderungsanmeldung der FIFA in den Konkursverfahren betreffend die ISMM AG (D 4/A/7/15, Seite 13, CHF 294'435'322.~) und die ISL Worldwide (D 4/A/7/17, Seite 27 CHF 294'435'322.~). Im Zusammenhang mit der Globo Zahlung wird folgender Schaden geltend gemacht:

„TV Zahlungen auf blinde Konti Globo SFr. 92'928'875.--„ (HD 2/92/4/2)

Urs Linsi. welcher bis und mit Juli 2003 als Direktor fur die Finanzen der FIFA verantwortlich war, wurde am 17. Februar 2004 zum Schaden der FIFA als Auskunftsperson (§ 26 bis, Abs. 1, Ziffer 1 StPO) einvernommen. Es wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: In der im Rahmen des Untersuchungsverfahrens gemachten Eingabe geht man im Zusammenhang mit den Globo und Dentsu Zahlungen von folgendem Schaden aus (HD 2/92/4/2): TV Zahlungen auf blinde Konti: Globo SFr. 92'928'875.-; Dentsu SFr. 32'280'000.~„. Wie wurden diese Positionen berechnet bzJean-Marie W.,

98

welche Faktoren beinhalten sie? Er gab dazu folgendes an:

Globo habe auch nach einem festen Zahlungsmuster bezahlt. Im Nachhinein hatten sie feststellen mussen, dass Globo offensichtlich ISL / ISMM eine Vorauszahlung von USD 66 Mio. geleistet habe. Davon hatten sie nichts gewusst. Davon hatten sie, ohne dass sie durch ihre Partner informiert worden waren, bis zum nachsten ursprunglich abgemachten Zahlungstermin auch nichts wissen konnen. Gemass Accelleration-Prinzip hatten sie selbstverstandlich Anspruch auf 75 % dieser Zahlung gehabt. Das sei - wie heute feststehe - nicht geschehen. Auf Nachfrage gab er zudem an: Er habe diese Zahl in diesem Sinne ja nicht gerechnet, aber er nehme an, dass Guido Tognoni von USD 66 Mio. ausgegangen sei, also musse er den Wechselkurs berucksichtigen, und sicher habe er auch den entgangenen Zins mitberechnet (D 3/54, Ziffer 27 und 29).

Mit Schreiben vom 7. August 2003 wurde die ausseramtliche Konkursverwaltung u.a. ersucht, allfallige Vereinbarungen mit der FIFA, mit Dentsu Inc., mit TV Globo LTD und/oder mit Globo Overseas Investments BV zu hinterlegen (D 4/A/7/12). Mit Eingabe vom 1. Oktober 2003 hinterlegte sie u.a. eine Vereinbarung vom 8. Mai 2002 zwischen der ISMM AG in Konkurs und der ISL Worldwide in Konkurs (beide vertreten durch die ausseramtliche Konkursverwaltung) sowie der FIFA und der KirchMedia WM AG (D 4/A/7/23). Der Einleitung dieser Vereinbarung ist zu entnehmen, dass betreffend die Frage, ob mit Bezug auf die Beendigung (Kundigungen vom 17. Mai 2001) der Vermarktungsrechte von ISMM bzJean-Marie W. ISL gemass dem Longform Agreement vom 26. Mai 1998 einerseits und Marketing Agreement vom 12. Mai 1997 andrerseits eine Entschadigungspflicht entstanden sei, verschiedene Gutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen erstellt wurden. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien die zitierte Vereinbarung. Danach verpflichtete sich die FIFA, an die ISMM AG und die ISL Worldwide je einen Betrag von CHF 13'400'000.-- zu bezahlen; dies in Abgeltung aller Anspruche, welche die ISMM AG und ISL Worldwide aus der konkursbedingten Auflosung des TV-Lizenz- und Marketingvertrages fiir den World Cup 2002 und 2006 sowie der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Amendments und Zusatzvertragen erheben wurde. Zudem verpflichtete sich die FIFA, die in den beiden Konkursen angemeldeten Forderungen im Verfahren betreffend die ISMM AG auf CHF 50'000'000.- und in jenem betreffend die ISL Worldwide auf CHF I'OOO'OOO.- zu reduzieren (vgl. Teilkollokationsplane 2: D 4/A/7/15, Seite 13 und D 4/A/7/17, Seite 27). Des Weiteren verzichtete die FIFA auf samtliche Anspruche auf Kontoguthaben der ISMM/ISL bei der UBS AG. FIFA und KirchMedia verzichteten darauf, die an sie abgetretenen Forderungen von Broadcastem, Lizenznehmem, Sponsoren usJean-Marie W. in den Konkursen der ISMM AG und ISL Worldwide einzugeben, unter der Bedingung, dass die FIFA Weltmeisterschaftsrunde 2002 weder abgesagt, verschoben noch verlegt werde.

Urs Linsi wurde folgender Vorhalt gemacht: Gemass dieser Vereinbarung (gemeint ist jene vom 8. Mai 2002 zwischen der ISMM AG in Konkurs und der ISL Worldwide in Konkurs sowie der FIFA und der KirchMedia WM AG) verpflichtete sich die FIFA, an die ISMM AG und die ISL Worldwide je einen Betrag von CHF 13'400'000.~ zu bezahlen; dies in Abgeltung aller Anspruche, welche die ISMM AG und ISL Worldwide aus der konkursbedingten Auflosung des TV-Lizenzvertrages fur den World Cup 2002 und 2006 sowie der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Amendments und Zusatzvertragen erheben wiirde. Wie ist die FIFA rechnerisch zu diesem Ergebnis gekommen? Er gab folgendes an:

Das konne er dem Untersuchungsrichter nicht sagen. Das habe Guido Tognoni mit Ernst & Young, Dr. Bauer, verhandelt (D 3/54, Ziffer 38).

Darauf wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Die FIFA verpflichtete sich, die in den beiden Konkursen angemeldeten Forderungen im Verfahren betreffend die ISMM AG auf CHF 50'000'000.- und in jenem betreffend die ISL Worldwide auf CHF 1'000'000.~ zu reduzieren. Mit der Forderungsanmeldung hatte man CHF 294'435'322.-- geltend gemacht. Wie erklart sich diese zahlenmassige Differenz? Er gab folgendes an:

Die CHF 51 Mio. die konne er dem Untersuchungsrichter erklaren: In der Buchhaltung der FIFA, in den Budgets, wurden sich immer nur die vertraglich vereinbarten Minimumszahlungen finden; ein allfalliger Profitshare wiirde nie in die Budgets Eingang finden. In der Buchhaltung hatten sie nach dem Konkurs die effektive eingegangen Betrage damit verglichen, welche Zahlungen, welche Minimumzahlungen die FIFA aufgrund der Vertrage zugute gehabt hatte. Und diese Differenz habe sich auf CHF 51 Mio belaufen. Dies sei eine rein buchhalterische Betrachtung und umfasse selbstverstandlich nicht moglich entgangene Profitshares, moglich entgangene Aufwande fiir nicht geleistete Dienste usJean-Marie W. (D 3/54, Ziffer 39).

Auf die Anschlussfrage, was - einfach ausgedruckt - der Betrag von ca. CHF 294 Mio. beinhalte, gab er folgendes an:

99

Nochmals: Er habe diese Zusammenstellung, die ihm der Untersuchungsrichter vorhin gezeigt habe, nicht erarbeitet. Er konne nur rein buchhalterisch Auskunft geben: Naturiich, in diesen Vertragen habe es Klauseln, die bei gutem Geschaftsgang fiir beide Parteien gewinntrachtig gewesen seien. Aber nochmals: Diese Klauseln hatten keinen Eingang in ihre Budgets in der Buchhaltung gefunden (D 3/54, Ziffer 40).

Weiter wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Dem FIFA Financial Report 2002 (HD 2/188 / Quelle: http://images.fifa.com) kann entnommen werden, dass in der Periode 1999 - 2002 ein um CHF 249 Mio. besseres Ergebnis erzielt wurde als geplant. Dieses Resultat wurde u.a. auf folgenden Faktor zuruckgefiihrt: „The release of provisions totaling CHF 60 million, set aside for the ISL/ISMM bankruptcy (these were not required following a favorable out-of-court settlement with the bankruptcy trustees)." (S. 17). Die ursprunglich von der FIFA in den Konkursen angemeldete Forderung betrug CHF 294'435'322.- und wurde auf CHF 50'000'000.- und CHF I'OOO'OOO.- reduziert. Die FIFA verpflichtete sich zudem zu einer Zahlung im Betrage von CHF 26'000'000.-. Inwiefern war der Vergleich fiir die FIFA vorteilhaft? Er gab dazu folgendes an:

In dieser Finanzperiode hatten sie gemass Cash-Methode finanziert, das bedeute, dass samtliche in einem Rechnungsjahr erzielten Einnahmen direkt als Einnahmen gebucht wurden (gleiches Prinzip auch bei den Ausgaben). Durch die Securitisation-Transaktion sei es ihnen gelungen, so genannte zukiinftige Einnahmen durch Investoren in den Rechnungsjahren 2000 und 2001 direkt als cash-wirksam zu verbuchen. Diese Massnahme hatte es ihnen erlaubt, einerseits die Liquiditat, andererseits aber auch das Eigenkapital drastisch zu verbessern. Aufgrund dieser Ausgangslage hatten sie den gemass Cash-Methode mdglichen Spielraum, ausserst vorsichtig zu bilanzieren, voll ausgeniitzt. Das heisse, sie hatten u.a. ausserst grossziigige Ruckstellungen gebildet. In diesem Sinne sei die hier erwahnte Riickstellung als Worst-Case zu betrachten (D 3/54, Ziffer 41). Auf Nachfrage gab er zudem folgendes an: Aus Finanzsicht sei es immer vorteilhaft, Ruckstellungen auflosen zu konnen. Das fiihre zu einer direkten Ergebnisverbesserung, in diesem Falle Eigenkapital-wirksam (das sei die Finanzsicht). Dieser Bericht sei fiir den Kongress in Doha produziert worden. Und in Doha hatten sie iiber die gesamten vier Jahre (also die Vierjahresperiode 1999 - 2002) rechnungsmassig Auskunft gegeben (D 3/54, Ziffer 42).

Abschliessend wurde ihm zur Schadensposition folgender Vorhalt gemacht: Sie waren der Finanzchef der FIFA: Worin sehen Sie - ganz einfach umschrieben - den allenfalls effektiv

entstandenen Schaden der FIFA im Zusammenhang mit der Globo- Uberweisung? Er gab dazu folgendes an:

Diese USD 66 Mio. seien geschuldet gewesen. Durch den Vorausbezug in Form einer Vorauszahlung (Prepayment) unter Verschweigung dieser Tatsache seien der FIFA 75 % davon entgangen. Gemass Accelleration-Prinzip hatte diese Zahlung der FIFA bekannt gemacht und ihr die 75 % uberwiesen werden miissen. Sie hatten davon erst im Nachhinein erfahren. Die Geltendmachung gegenuber Globo sei aufgrund der Vorauszahlung nicht moglich gewesen; bei ISL / ISMM sei es leider bereits zu spat gewesen (D 3/54, Ziffer 46).

Im Anschluss an die Einvernahme von Urs Linsi wurde die FIFA mit Verfugung vom 24. Februar 2004 aufgefordert, verschiedene Unterlagen zu hinterlegen und Fragen schriftlich zu beantworten (HD 2/191). Die Dokumente und Angaben wurden mit Schreiben vom 5. Marz 2004 eingereicht (D 2/193 ff). Zur Berechnung des Schadens aus der Vorenthaltung der Globo-Zahlung machte sie folgende Angaben:

„ISMM hatte FIFA uber die fragliche Transaktion vom 18. September 2000 informieren mussen, zudem das FIFA zugangliche Spezialkonto (..Special Account") fur Unterlizenzzahlungen verwenden miissen und 75% von USD 66'000'000 an FIFA weiterleiten mussen (der Abzug des Diskonts ist nicht zu berucksichtigen, da ISMM diesen eigenmachtig und ohne Zustimmung der FIFA einraumte). FIFA entstand daher ein Schaden in der Hohe von USD 49'500'000 (75% von USD 66'000'000), zuziiglich Mehrwertsteuer":

Kurs Globo USD 49500WO 1.74475 Globo CHF 86'365'125 Mehrwertsteuer 6'563'750

Total CHF 92'928'875

Der FIFA wurde zudem folgende Frage unterbreitet: Welches ist der effektive Schaden, welcher der FIFA letztlich durch die Vorenthaltung des von ihr geltend gemachten Anteils an den Zahlungen von Globo iiber USD 59'207'500.- und Dentsu Inc. uber CHF 15'000'000.-- entstanden ist? Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

100

„KirchMedia musste nach dem ..Take-over" insgesamt noch Minimum Payments von CHF 315'822'879.-- bezahlen, was zusammen mit den von ISMM geleisteten Zahlungen genau die urspriinglich vereinbarte Summe von CHF 650 Mio. ergab (gemass der ..Take-over" Klausel im Longform Agreement hatte KirchMedia das Recht, in den Vertrag ..einzutreten"). Es kam im ..Rest of the World" Territorium zu keinem Revenue Sharing. Hatten Globo und Dentsu uber das vereinbarte ..Special Account" bezahlt (und hatte die ..Acceleration" der entsprechenden Betrage stattgefunden), so ware es nicht zu einem Shortfall von CHF 4.184 Mio., sondern - nach Abzug der 5% Production Cost und der 20% Distribution Fee - zu einem Revenue Sharing von uber CHF 112 Mio. gekommen. FIFA hatte somit eine Summe von rund CHF 56 Mio. erhalten".

Bezuglich der Stichhaltigkeit dere Einwande der Verteidigung wird an dieser Stelle grundsatzlich auf die Ausfuhrungen des Untersuchungsrichters (S. 166 ff.) verwiesen. Wie dieser u.a. zu Recht feststellte, andem die Rucknahmeklausel und die Einbehaltung bereits bezahlter Gelder nichts daran, dass die zweckwidrig verwendeten Vermogenswerte auf Grund der finanziellen Situation der ISMM Gruppe bzJean-Marie W. der einzelnen Gruppengesellschaften nicht nur gefahrdet, sondern letztlich uneinbringlich waren und als Schaden qualifiziert werden miissen. 3.5 Subjektiver Tatbestand

3.5.1 In subjektiver Hinsicht muss Vorsatz bzJean-Marie W. Eventualvorsatz sowie zusatzlich die Absicht unrechtmassiger Bereicherung vorliegen (vgl. BGE 129 IV 257). Bereicherung ist gegeben, insoweit eine Erhohung der Aktiven oder eine Verminderung der Passiven erfolgte. Unrechtmassig bereichert sich, wer anvertraute Vermogenswerte, die er dem Berechtigten jederzeit zur Verfugung zu halten hat, in seinem Nutzen verwendet, ohne fahig und gewillt zu sein, sie jederzeit sofort zu ersetzen (Ersatzfahigkeit liegt nur vor, wenn das Geld fur den Tater griffbereit ist BGE 105 IV 35: ....par quoi Ton designe I'etat de I'auteur qui peut justifier d'avoir eu a tout moment la volonte et la possibility de representer I'equivalent des montants employes, 118 IV 30). Hat er die ihm anvertrauten Vermogenswerte erst nach Ablauf einer bestimmten Frist bzJean-Marie W. zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Berechtigten weiterzuleiten, muss er auf diesen Zeitpunkt hin und nicht schon in der Zwischenzeit ersatzfahig und ersatzwillig sein (BGE 118 IV 27 E. 3a). Ersatzfahigkeit darf nur dann angenommen werden, wenn der Tater das Geld griffbereit hat, mithin aus eigenen Mitteln leisten kann, nicht aber dann, wenn er es erst noch bei Dritten, die ihm gegeniiber zu keiner Leistung verpflichtet sind, beschaffen muss [BGE 118 IV 27 E. 3b / vgl. der vollstandigkeithalber den Entscheid des Obergerichts Luzern (SJZ 86 (1990) 218), wonach Ersatzwille und Ersatzfahigkeit der Ehefrau des Taters diesem angerechnet werden konnen43].

Wollte man analog zum Entscheid des Obergerichts Luzern (SJZ 86 (1990) 218) eine Beistandspflicht der Gruppengesellschaften konstruieren, ist diesbeziiglich folgendes auszufiihren. Mangels eines geschriebenen Konzemrechts gibt es keine gesetzliche Grundlage, welche eine solche Pflicht begriinden wiirde. Sie liesse sich - wenn iiberhaupt - hdchstens aus vertraglichen Vereinbarungen herleiten. Solche und auch Patronatserklarungen, auf Grund derer Zusicherungen in wirtschaftlicher Hinsicht gegeben worden waren, liegen hier nicht zu Grunde und werden von den Beschuldigten auch nicht geltend gemacht. [Immerhin spricht das Bundesgericht im Fall CS Holding von einem faktischen Beistandszwang, kraft dessen eine unter dem gleichen Konzemnamen operierende Schwestergesellschaft voraussichtlich eine andere in der Krise unterstutzen wird. Dafiir seien Eigenmittelreserven bereitzustellen44 (BGE 116 lb 331).]

Ersatzbereitschaft liegt in jedem Fall dann nicht vor, wenn der Tater trotz Ersatzwillens aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht iiberzeugt sein kann, rechtzeitig Ersatz leisten zu konnen (BGE 118 IV 359, zusammenfassend BGE 6S.835/1999/bue vom 5. April 2000). Umgekehrt fehlt es somit an der strafwiirdigen Absicht, wenn der Tater den Willen und die Moglichkeit hatte, seine Treupflicht zeitgerecht zu erfullen45 (vgl. auch BGE 71 IV 125, 74 IV 31, 77 IV 12, 81 IV 234, 91 IV 132, 91 IV 134).

101

43 vgl.dazu Rehberg/S., a.a.O., 87 Druey/Vogel, a.a.O., 30 45 Trechsel, a.a.O., N 17 zu Art. 138 3.5.2 Wie dargelegt wurde, war sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide im Zeitpunkt der

zweckwidrigen Verwendung der Gelder uberschuldet und zahlungsunfahig. Mit Bezug auf die Gobo Zahlung erklarte der Gutachter auf entsprechende Frage des Untersuchungsrichters Folgendes: "Es ist unmogiich, dass die ISMM AG am 18. September 2000 unter Ausklammerung des Einganges von USD 59'207'500.- iiber liquide Mittel im Umfang von USD 44'405'625.- verfiigt haben konnte "(D 7/D/1, S. 46). USD 44'405'625.-- entsprechen 75 % des eingegangenen Betrages von Globo. Zur selben Antwort gelangte der Gutachter bezuglich der ISL Worldwide (vgl. D 7/D/1, S. 47; vgl. auch zusatzliche Ausfuhrungen des Gutachters auf S. 47 [Konsolidierte Betrachtung]).

Mit Schreiben vom 24. September 2003 wurde die UBS AG aufgefordert, die Berechnung der Nettopositionen der im Rahmen des Kreditverhaltnisses der Swing Line angeschlossenen Kontokorrente zu hinterlegen (D 5/124/40). Aus den Darlegungen der UBS vom 31. Oktober 2003 sowie der Berechnungsgrundlage fiir die Nettoposition (D 5/124/44 und 45) geht hervor, dass die zeitgerechte Erfullung der Treuepflicht am 16. September 2000 objektiv nicht moglich war.

Die Beschuldigten waren auch vor dem Hintergrund ihrer personlichen finanziellen Verhaltnisse nicht in der Lage, dieser Pflicht nachzukommen (Hans-Jürg S.; D 3/48, Ziffer 282, Daniel B.: D 3/49, Ziffer 178, Heinz S..: D 3/59, Ziffer 205, Hans-Peter JEAN-MARIE W.: D 3/61, Ziffer 200, Christoph M.: D 3/62, Ziffer 212)

3.5.3 Die gegenstandliche Zahlung wurde fiir die Belange der verschiedenen Gruppengesellschaften verwendet (D 7/B: Geldflussanalyse des dipl. Wirtschaftsprufers A. Koller, D 4/E/117 ff., Hans-Jürg S.: D 3/1, Ziffer 25 und 26, D 3/48, Ziffer 263 ff., Hans-Peter JEAN-MARIE W.: D 3/2, Ziffer 40, D 3/61, Ziffer 204 ff). Die Beschuldigten wussten um das Anvertrautsein der Unterlizenzzahlung und wollten den entspechenden Anspruch des Treugebers vereiteln bzJean-Marie W. den gesamten Betrag eben zweckwidrig alleine fur die ISMM /ISL verwenden. Gerade deshalb wurde die FIFA iiber die Abanderung des Zahlungsplans bzJean-Marie W. die Vorauszahlung nicht informiert. Die Beschuldigten hatten mithin auch keine Absicht, im Zeitpunkt des Zahlungseinganges ihrer Treuepflicht nachzukommen (Hans-Jurg S. D 3/1, Seite 2, Hans-Peter JEAN-MARIE W.: D 3/2, Ziffer 22, Daniel B.: D 3/31, Ziffer 77, Ziffer 88). Auf Grund ihrer Vorgehensweise ist daher erwiesen, dass die Beschuldigten vorsatzlich handelten.

3.5.4 Auch die fehlende Ersatzfahigkeit bzJean-Marie W. die Unmoglichkeit einer zeitgerechten Erfullung gegeniiber der FIFA war den Beschuldigten nicht entgangen. Denn sie alle kannten die permanent angespannte Liquiditatssituation im Jahre 2000 (vgl. hierzu die vorstehenden Ausfuhrungen auf S. 65 bis 78 der Anklage). Die tatsachliche Zahlungsunfahigkeit der Gruppe bzJean-Marie W. der hier relevanten Gesellschaften war ihnen jedenfalls insofern bekannt, als sie wussten, dass die gegenstandliche Zahlung im Sinne der Ersatzfahigkeit nicht jederzeit anteilsmassig an die FIFA weitergeleitet werden konnten. Nimmt man gestutzt auf das Beweisergebnis an, dass der Teilbetrag von USD 44'405'625.~ auf erste Aufforderung hin der FIFA hatte erbracht werden mussen, so wird erst recht klar, dass die Beschuldigten nicht annahmen, dass diese Leistung zeitgerecht hatte erbracht werden konnen. Mangels wirklicher Ersatzfahigkeit fehlte es mithin an Ersatzwilligkeit. Damit ist aber auch die Absicht auf unrechtmassige Bereicherung (der ISMM/ISL) bzJean-Marie W. die Inkaufnahme der Schadigung (der FIFA) dargetan. Wie schon der Untersuchungsrichter zutreffend festhielt, geniigt fiir die Tatbestandserfiillung die Absicht der vorubergehenden Bereicherung (gleich wie eine vorubergehende Schadigung als tatbestandsmassiger Schaden).

Zu verschiedenen im Verwaltungsrat besprochenen Massnahmen ist zudem Folgendes anzufiihren: Wohl war ein Mittelzufluss aus den ABS- und IPO Projekten sowie aus dem Verkauf von Beteiligungen (ORAD / Copyrigt Promotions Group) geplant, konnte aber nie realisiert werden (D 6/3/1/31, S. 7 u. 8). Unabhangig

102

der Frage, wie weit die Projekte schon vorangeschrittenen waren, bleibt es bei der Feststellung, dass die Beschuldigten im Tatzeitpunkt nicht annahmen, wirklich zeitgerecht Ersatz leisten zu konnen. Wie schon erwahnt, liegt Ersatzbereitschaft in jedem Fall dann nicht vor, wenn der Tater trotz Ersatzwillens auf Grund seiner wirtschaftlichen Lage nicht iiberzeugt sein kann, rechtzeitig Ersatz leisten zu konnen. Hofften die Beschuldigten allenfalls, mit der Globo Zahlung den Liquiditatsengpass zu uberbrucken und spater dann mit Geldern aus IPO und/oder ABS die FIFA-Forderung zu begleichen, so vermag das an der Erfullung des subjektiven Tatbestandes nichts zu andern.

4. Betrug z.N. der FIFA (Globo Komplex)

4.1. Gesetzliche Grundlage

Des Betrugs nach Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmassig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdruckung von Tatsachen arglistig irrefuhrt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestarkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermogen schadigt.

Das tatbestandsmassige Geschehen des Betruges wird in objektiver Hinsicht in vier Stadien aufgelost, die in einem Kausalverhaltnis zueinander stehen mussen: Das motivierende, in der Regel tauschende Verhalten, welches arglistig (1) sein muss, als Erfolg davon die Setzung eines Motivs (2) beim andern, das auf einem Irrtum beruhen muss, eine dadurch motivierte Vermogensverfugung (3) des andern, sowie einen durch die Verfugung herbeigefuhrten Vermogensschaden (4)46. Die Tauschung muss sich auf Tatsachen beziehen. Dazu gehoren auch Rechtsverhaltnisse, ferner die so genannten inneren Tatsachen. Die tauschenden Handlungen miissen mindestens dazu geeignet sein, den Entscheid des zu Tauschenden, die anbegehrte Vermogensdisposition zu treffen, zu beeinflussen. Die Tauschung kann sowohl durch Vorspiegein, als auch durch Unterdriicken von Tatsachen erfolgen47.

46

Trechsel, a.a.O., N 1 zu Art. 146 47

Rehbergy'S., a.a.O., 171 f. Das motivierende Verhalten muss arglistig sein. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung tauscht arglistig,

wer sich besonderer betrugerischer Machenschaften bedient oder ein ganzes Liigengebaude errichtet, ohne Riicksicht auf die Uberpriifbarkeit;

wer bloss falsche Angaben macht, lediglich dann, wenn diese nicht oder nicht ohne besondere Miihe uberpriifbar sind, oder wenn der Tater den andern von der Uberprufung absichtlich abhalt, Oder wenn dem Getauschten die Uberprufung nicht zumutbar ist, oder wenn der Tater zum Voraus erkennt, dass er es mit einem Opfer zu tun hat, das ihm besonderes Vertrauen entgegenbringt und deshalb von einer Uberprufung voraussichtlich absehen wird.

4.2 Irrefuhrendes. arglistiaes Verhalten (Tauschung) / Unterdrucken von Tatsachen

^ Zum Tatvorwurf wird vorweg auf den Sachverhalt Ziffer 4 (S. 16 der Anklageschrift) verwiesen. Es wird darauf verzichtet, das sachverhaltsrelevante Verhalten im Einzelnen nochmals darzulegen. Diesbeziiglich kann insbesondere auf die Ausfuhrungen zu den Vertragsverhaltnissen und dem Veruntreuungsvorwurf verwiesen werden. Die nachfolgende Darstellung beschrankt sich

103

deshalb auf tatbestandsspezifische Aspekte.

4.2.1 Die Tauschung bzJean-Marie W. das tauschende Verhalten kann sowohl durch das

Vorspiegein, als auch durch das Unterdrucken von Tatsachen erfolgen48. Dabei kann die

dogmatische Frage, ob es sich um ein Unterlassen oder ein Tatigwerden handelt, offenge-

lassen werden49. Entscheidend ist, ob die Beschuldigten eine entsprechende Aufkla-

rungspflicht traf50. Diese kann sich u.a. aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben (BGE 86

IV 205).

Dass sich eine Aufklarungspflicht der ISMM AG ergibt, lasst sich aus dem eingehend ^ .

dargestellten Vertragsverhaltnis mit der FIFA herleiten. Immerhin sei nochmals erwahnt,

dass die ISMM AG verpflichtet war, die FIFA uber jeden Zahlungseingang zu informieren,

- dass die ISMM AG die Pflicht hatte, der FIFA nachhaltige Bewegungen unverzuglich mitzuteilen, welche eine wesentliche nachteilige Veranderung der finanziellen Situation der Lizenznehmerin bewirkten oder hatten bewirken konnen,

dass die ISMM AG der FIFA sofort Mitteilung von Angelegenheiten zu machen hatte, die

zu einem Fall der Nichterfiillung gefuhrt haben oder dazu hatten fiihren konnen.

48

Rehberg/S., a.a.O. 167 Willi Wismer, Das Tatbestandselement der Arglist beim Betrug nach schweizerischem Recht, Diss. Zurich 1988,11 ff.

50

G.F.v.Cleric, Betrug verubt durch Schweigen, Zurich 1918, S. 121 ff., vgl. auch Rene Meyer, Die Garantenstellung beim unechten Unterlassungsdelikt, Diss. Zurich 1972., 97

Wie bereits ausgefuhrt, verletzte die ISMM AG diese Aufklarungspflichten nachhaltig, und es ist vor dem Hintergrund der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhaltnisses von einer starken Vertrauens- bzJean-Marie W. Garantenstellung auszugehen.

Die ISMM AG hat es unterlassen, die FIFA vertragskonform daruber zu orientieren, dass der mit dem Unterlizenzvertrag vereinbarte Zahlungsplan abgeandert wurde;

sie hat es unterlassen, die FIFA iiber den Zahlungseingang zu informieren;

selbst wenn man die Globouberweisung als Darlehen qualifizieren wiirde, welches mit der aus dem Unterlizenzvertrag am 1. Juli 2001 falligen Rate zu verrechnen gewesen ware, hatte eine Mitteilungspflicht bestanden. Auf Grund des quantitativen Ausmasses der Position ergab sich namlich fur die FIFA ein nachhaltiges finanzielles Risiko;

aktenkundig ist jedenfalls, dass die ISMM AG der FIFA keine Mitteilung uber den Abschluss eines allfalligen Darlehens bzJean-Marie W. den Eingang eines allfalligen Darlehensbetrages in der gegenstandlichen Grossenordnung machte (zu den Folgen vgl. nachstehend Ziffer 4.4 Vermogensdisposition).

4.2.2 Das tauschende Verhalten gegenuber der FIFA war auf jeden Fall arglistig, da diese nichts von der Vereinbarung mit Globo mitbekommen hatte und ihr daraus letztlich in concreto auch kein "Vorwurf" gemacht werden kann. Denn selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wiirde, Arglist sei nur bei einer qualifizierten Unterlassung der Mitteilung bzJean-Marie W. nur dann gegeben, wenn die FIFA das ihr Zumutbare unternommen hat, um auf der Grundlage der ihr zustehenden Kontrollrechte die dargestellte Tauschung aufzudecken, musste gestutzt auf die

104

Untersuchung klarerweise Arglist angenommen werden. Im Einzelnen ist hierzu Folgendes festzuhalten:

Die FIFA hat im Jahre 1998, also bereits im Jahre des Vertragsabschlusses mit der Sporis Holding AG, ihre Kontrollrechte durch PriceWaterhouseCoopers wahrgenommen (D 19/1/5/2). Der Auftrag umfasste nach dem Verstandnis der Auftragnehmerin insbesondere die Verifizierung, ob

der Lizenznehmer eine Organisation geschaffen hat, die gewahrleistet, dass alle Zahlungs-eingange aus Sublizenzvertragen der FIFA unverzuglich mitgeteilt werden,

alle Zahlungen oder sonstigen Entgelte, die aus Sublizenzvertragen eingegangen sind, auf den dafiir vorgesehenen Konten vollstandig und korrekt erfasst sind,

die Organisationsstruktur der Lizenznehmer sicherstellt, dass alle Sublizenzvertrage der FIFA innert 20 Tagen nach Unterzeichnung vorgelegt werden,

organisatorische Massnahmen getroffen wurden, um sicherzustellen, dass die Sublizenzver-trage in Ubereinstimmung mit den Lizenzvertragen abgeschlossen werden,

tatsachlich alle abgeschlossenen Sublizenzvertrage der FIFA gemeldet worden sind,

die Lizenznehmer organisatorische Vorkehungen getroffen haben, um Kompensationsge-schafte zu vermeiden,

es Anzeichen dafiir gibt, dass solche Kompensationsgeschafte stattgefunden haben oder dass nicht alle Zahlungen betreffend die Sublizenzvertrage auf den dafur vorgesehenen Konten erfasst wurden (D 19/11/4).

Wie die von PriceWaterhouseCoopers am 12. Juni 2003 (D 19//0) edierten Unterlagen zeigen, wurde das Mandat sehr umfassend ausgeiibt, und es kann auf den Schlussbericht, welcher die Periode 26. Mai 1998 bis 14. Dezember 1998 umfasst, verwiesen werden (D 19/1/8/12). Bleibt der Hinweis, dass die Sporis Holding AG durch Hans-Peter JEAN-MARIE W. im Rahmen der Ausubung des Kontrollrechtes eine umfassende Vollstandigkeitserklarung abgegeben hat (D 19/1/7/10). Der Inhalt des durch PriceWaterhouse Coopers wahrgenommenen Mandates zeigt, dass insbesondere die Mitteilungspflichten, aber auch die korrekte Abwicklung der Eingange aus den Unterlizenzvertragen iiberpruft wurden.

Auch im Jahre 1999 wurde das Kontrollrecht durch die von der FIFA beauftrage KPMG Fides Peat ausgeiibt (D 20/3, D 20/6).

Peter Cosandav. welcher mit dem Mandat betraut war (Leiter ..Forensic": D 20/1), gab als Zeuge an, dass die FIFA durch das Inspektionsrecht habe sicherstellen wollen, dass die Vertragsbestimmungen, insbesondere auch hinsichtlich der ZahlungsflCisse, eingehalten wurden. Die Inspektionen bei der ISMM hatten im November 1999 (Sarnen) und im Januar 2000 (London) stattgefunden. Damals seien keine wesentlichen Zahlungsfliisse zu verzeichnen gewesen; es habe sich also eher um eine Art Vorinspektion gehandelt. Dabei hatten sie insbesondere wissen wollen, ob den massgebenden Mitarbeitem die Bestimmungen des Lizenzvertrages bekannt gewesen seien und wie die Organisation aufgebaut gewesen sei (D 3/39, Ziffer 12).

Rechtsanwalt Daniel Eisele. welcher ebenfalls mit dem Mandat betraut war (Juristischer Beistand": D 3/40, Ziffer 32), gab an, dass das Hauptziel der Inspektion gewesen sei, sicherzustellen, dass die Abwicklung der Unterlizenzverhaltnisse, insbesondere im Hinblick auf das Revenue Sharing, korrekt abgelaufen sei (D 3/40, Ziffer 34). Ihm wurde die Frage gestellt, ob in Sarnen und London eine eigentliche Buchpriifung durchgefiihrt worden sei. Er gab an, dass FIFA Einsicht in die Bankunterlagen beziiglich Special Account gewahrt worden sei, nicht aber in die ubrigen Bucher bzJean-Marie W. Bankunterlagen (D 3/40, Ziffer 42 vgl. auch Ziffer 43, vgl. auch Ziffer 4.4 des Vertrags vom 26. Mai 1998). Er verfasste zwei Inspektionsberichte (D 20/3 und D 20/5).

Peter Cosandav gab an, dass mit der FIFA im Februar 2001 mdgliche Inspektionspunkte besprochen

105

worden seien. Es sei dies kurz nach der Veroffentlichung der finanziellen Schwierigkeiten der ISL gewesen (D 3/39, Ziffer 26).

Insgesamt kann somit mit dem Untersuchungsrichter festgehalten werden, dass die FIFA ihr Kontrollrecht wahrgenommen hat und damit auch die gemass Rechtsprechung geforderte Sorgfalt hat walten lassen.

4.3 Irrtum

Die Tauschung muss eine Vorstellung, die von der Wirklichkeit abweicht, bewirken. Dabei ist es unerheblich, dass sich der Getauschte eine konkrete Vorstellung bildet (BGE 118 IV 38). Dass beispielsweise durch die Nichtanzeige des Zahlungseingangs bei der FIFA ein Irrtum gegeben war, ist offensichtlich. Durch die Verletzung der Mitteilungspflichten ging die FIFA im Resultat davon aus, dass keine Eingange aus den Unterlizenzvertragen zu verzeichnen waren. Es gab auch keine diesbezuglichen objektiven Anhaltspunkte, war doch die nachste Rate erst im Juli 2001 fallig.

4.4 Vermoaensdisposition

Unter einem schadigenden Verhalten ist jede Handlung, Duldung oder Unterlassung zu verstehen, die geeignet ist, eine Vermogensverminderung herbeizufuhren (BGE 96 IV 185). Dazu kann auch die Unterlassung der Geltendmachung eines Rechts, insbesondere einer Forderung gehoren (vgl. Stratenwerth/Jenny, Schweizerisches Strafrecht BT I, 6. Aufl., Bern 2003, § 15, N 35). Auf Grund des Irrtums unterliess es die FIFA, den ihr zustehenden Anteil am Eingang und somit eine Forderung geltend zu machen. Sie unterliess es zudem, den Vertrag zu kiindigen, was ihr im Rahmen des erwahnten Gestaltungsrechts u.a. fiir den Fall zustand, dass die Aufteilung der Einkunfte nicht vertragskonform vorgenommen wurde.

4.5 Vermogensschaden

Diesbeziiglich kann vollumfanglich auf die vorstehenden Ausfuhrungen unter Ziffer 3.4 verwiesen werden. Zusammengefasst kann folgendes festgehalten werden. Gemass Art. 146 StGB muss das Vermdgen einen Schaden erleiden, d.h. es muss sich im Vergleich zwischen der effektiven Gesamtvermogenslage und der hypothetischen Vermogenslage eine Differenz zum Nachteil des Opfers ergeben. Ein Schaden liegt jedoch auch vor, wenn das Vermdgen in einem Masse gefahrdet wird, dass es in seinem wirtschaftlichen Wert vermindert ist. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist das Vermdgen dann vermindert, wenn der Gefahrdung im Rahmen einer sorgfaltigen Bilanzierung durch Wertberichtigung oder Riickstellung Rechnung getragen werden muss (BGE 122 IV 281, 121 IV 104 ff). Eine voriibergehende Schadigung genugt, und eine solche war im vorliegenden Fall gegeben. Spaterer Ersatz schliesst Betrug nicht aus 51. Es kommt hinzu, dass der 75 % - Anteil der Fifa an sich schon einen inneren Wert hatte, zumal ISMM ja tatsachlich unterlizenzierte. Bei rechtzeitiger Mitteilung hatte die FIFA ihren Anspruch geltend machen und - da nach Eingang der Zahlung Geld auf dem fraglichen Konto verfugbar war - auch durchsetzen konnen.

4.6 Motivationszusammenhano / Kausalitat

Zwischen Tauschung und Irrtum, Irrtum und Vermogensdisposition muss ein Motivationszusammenhang, zwischen Vermogensverfugung und Schaden ein Kausalzusammenhang bestehen52. Diese Kette ist erstellt.

106

51

Trechsel, a.a.O., N 24 zu Art. 146 52

Trechsel, a.a.O., N 27 zu Art. 146 4.7 Subjektiver Tatbestand

In subjektiver Hinsicht sind Vorsatz und Bereicherungsabsicht erforderlich. Er muss sich auf alle objektiven Tatbestandselemente beziehen. Es ist offensichtlich, dass die Verantwortlichen (vgl. nachstehend 17. Strafrechtliche Verantwortung der einzelnen Beschuldigten) sich ihrer Pflichten bewusst waren und durch deren Verletzung die Folgen nicht nur in Kauf nahmen, sondern bewusst wollten. Es kann stellvertretend auf die von Daniel B. im Zusammenhang mit dem Dentsu Komplex gemachte Aussage verwiesen werden. Er gab an,

dass es ihre Absicht gewesen sei, nach Abschluss des ABS-Projektes diese Betrage vertragskonform auf das Special Account einfliessen zu lassen (D 3/31, Ziffer 106). Er gab weiter an, dass es ihre Absicht gewesen sei, es (gemeint ist die Vereinbarung vom 15. September 2000) der FIFA anzuzeigen nach Abschluss des ABS-Projektes (was ein paar Wochen bzJean-Marie W. maximal ein paar Monate entfernt gewesen sei), weil die 15 Mio. als erste Rate aus diesem MOU von ihnen gebraucht worden sei, um die Uberbriickungsfinanzierung zu ermoglichen (D 3/31, Ziffer 108).

H^^

5. Veruntreuung z.N. der FIFA (Dentsu Komplex)

5.1 Zum Tatvorwurf wird vorweg auf den Sachverhalt Ziff. 5 (S. 17 der Anklage) und beziiglich der

gesetzlichen Grundlage auf vorstehend Ziff. 3.1 verwiesen.

5.2 Tatobjekt und das ihm zu Grunde liegende Geschaft

Bei der gegenstandlichen Zahlung von CHF 15'000'000.- handelt es sich um eine Bank-uberweisung der Dentsu Inc. auf ein Konto der ISL Worldwide. Ausgangspunkt dieser Uberweisung ist der im Einzelnen dargestellte Vertrag vom 15. September 2000 zwischen der ISMM AG und Dentsu Inc., mit welchem das Entgelt fur die Verwertung der Radio- und Fernseh-Ubertragungsrechte der WM 2002 fiir das Territorium Japan von CHF 219'600'000.-- um CHF 40'000'000.- auf CHF 259'600'000.-- erhoht wurde. Dieses zusatzliche Entgelt war nach einem bestimmten Zeitplan zu uberweisen (HD 2/20, D 4/B/1/54). Danach war Dentsu verpflichtet, am 20. Oktober 2000 einen Teil der Lizenzgebuhr, namlich CHF 15'000'000.--, an ihren Vertragspartner zu uberweisen. Am 27. September 2000 stellte die ISMM AG der Dentsu Inc. eine Rechnung iiber CHF 15'000'000.- (D 4/B/1/49). Der Betreff der Rechnung ist mit "Broadcast Rights to the 2002 FIFA World Cup and the FIFA Additional Events 1999-2002" (jberschrieben. Der Betrag wurde von Dentsu Inc. uberwiesen und mit Valuta 16. Oktober 2000 dem Konto Nr. 248-594050.01 P, lautend auf ISL Worldwide bei der UBS AG Luzern, gutgeschrieben (D 5/117). In der Gutschriftsanzeige wird unter dem Zahlungsgrund auf die Rechnung vom 27. September 2000 Bezug genommen. Weder wurde der FIFA der Eingang der Zahlung mitgeteilt, noch die Vereinbarung vom 15. September zugestellt (HD 2/14, S. 7, D 3/28, Ziffer 115, D 3/31, Ziffer 105 ff.).

Wie ein Vergleich der Vereinbarungen vom 5. November bzJean-Marie W. 15. Dezember 1999 (D 4/B/1/32, D 4/B/1/40) und 15. September 2000 zeigt, wurde die ursprungliche Regelung,

wonach die Parteien halftig an dem CHF 250'000'000.- ubersteigenden Betrag partizipierten (variable Regelung), insoweit abgeandert, als man sich auf eine fixe Zahlung von CHF 40'000'000.-- einigte. Zudem wurde die Failigkeit des Profitsharings abgeandert. Gemass der

107

ersten Vereinbarung war der entsprechende Betrag 30 Tage nach dem Endspiel der Fussballweltmeisterschaften 2002 zu bezahlen. In der zweiten Vereinbarung wurde die Bezahlung der CHF 40'000'000.-- im Einzelnen wie folgt geregelt:

20. Oktober 2000 CHF 15'000'000.1 September 2001 CHF 15'000'000.-2 Juli 2002 CHF 10'000'OOO.

5.2.1 Jean-Marie JEAN-MARIE W., welcher die Vereinbarung mit Dentsu Inc. bzJean-Marie W. Haruyuki Takahashi ausgehandelt hatte, gab an, dass es sich bei der Zahlung von CHF 15'000'000.-- um ein Darlehen von Dentsu Inc. gehandelt habe ( D 3/30, Ziffer 119 ff). Nach seiner Darstellung hatte das Darlehen „mit der Rate aus dem Profit-Sharing verrechnet werden" sollen (D 3/30, Ziffer 122). Es stellt sich somit - wie bei Globo - die Frage, wie das dem Tatobjekt zu Grunde liegende Geschaft zu qualifizieren ist und ob sich daraus in strafrechtlicher Hinsicht Konsequenzen ergeben.

Im Unterschied zum Globo Komplex liegt zwischen den Parteien eine schriftliche Vereinbarung vor, mit welcher der urspriingliche Unterlizenzvertrag in einem Punkt, namlich jenem des Profitsharings, abgeandert wurde. Die Falligkeiten der damit verbundenen Erhohung der Lizenzgebiihr wurde detailliert geregelt. Folgt man dem Wortlaut dieser Vereinbarung, so handelte es sich bei der gegenstandlichen Uberweisung von Dentsu um eine termingerechte Leistung aus dem Unterlizenzvertrag (Failigkeit gemass Vertrag: 20. Oktober 2000 / Valuta Uberweisung: 16. Oktober 2000). Berucksichtigt man mit Bezug auf die Failigkeit die Darstellung von Jean-Marie JEAN-MARIE W. und wurde sie dem gemeinsamen Parteiwillen entsprechen, d.h. dass die Failigkeit erst per 31. Juli 2002 gegeben war, so musste dieser Vertragsteil als simuliert betrachtet werden. Bei der Zahlung von Dentsu wiirde es sich dann um eine „Vorauszahlung/Darlehen" handeln.

Dieser Wortlaut wird bewusst gewahlt, weil er jenem von Jean-Marie JEAN-MARIE W. in einem Schreiben an Dentsu entspricht (D 17/9/11, 2. Blatt). Der Untersuchungsrichter hielt hierzu richtigerweise Folgendes fest: Die Wortwahl (von Jean-Marie JEAN-MARIE W.), gepaart mit der Aussage von Haruyuki Takahashi, wonach die gegenstandliche Uberweisung im grundsatzlichen Sinne eine Rate gewesen sei, aber er es auch so verstehe, dass schon ein Element eines Darlehens darin enthalten gewesen sei (D 3/63, Seite 6 und 7), geben zu folgender Uberlegung Anlass. Unabhangig vom konkreten Parteiwillen kann nicht iibersehen werden, dass jede Vorauszahlung eines auf einen bestimmten Termin geschuldeten Betrages aus Sicht des Empfangers ein Darlehenselement enthalt. Beiden Sachverhalten ist namlich gemeinsam, dass sie die Kaufkraft des Begunstigten steigern. Die Gemeinsamkeit erschopft sich allerdings im Wesentlichen darin, dass die ISL Worldwide nach Eingang der Zahlung, unabhangig der Qualifikation des Grundgeschaftes, faktisch uber den Betrag verfugen konnte und dies auch tat. Ob sie dies auch tun durfte, ist eine andere Frage und lasst sich nur unter Beriicksichtigung des Vertragsverhaltnisses mit der FIFA beantworten. Fiir Dentsu war die rechtliche Qualifizierung durch die ISMM AG irrelevant. Sie leistete eine Zahlung aus dem Unterlizenzverhaltnis gemass dem beidseitig unterzeichneten Vertrag, womit ihr kein Schaden entstehen konnte. Die Sichtweise der ISMM AG war fur sie aus dieser Perspektive nicht von Bedeutung. Wie aber bereits beim Globo Komplex dargestellt, handelte es sich bei der Dentsu Zahlung aus Sicht der FIFA in jedem Fall um einen mitteilungspflichtigen Tatbestand. Dies auch dann, wenn es sich um ein Darle-hen gehandelt hatte. Die geltend gemachte Konstruktion (Darlehen mit Verrechnung einer Forderung am Tag X) war - unter Beriicksichtigung der finanziellen Situation der ISMM Gruppe - geeignet, die Erfullung der Verpflichtungen der ISMM AG aus dem Vertrag mit FIFA nachhaltig zu gefahrden. Zudem hatte eben die Zahlung in jedem Fall einen inneren Zusammenhang zum Unterlizenzverhaltnis hatte.

Auf Grund der Angaben von Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Haruyuki Takahashi kann allerdings vorweg

108

festgehalten werden, dass es fiir Dentsu eine Zahlung aus der Vereinbarung vom 15. September 2000 war. Jean-Marie JEAN-MARIE W. gab namlich bei der Einvernahme vom 8. November 2002 an, dass

die CHF 15 Mio. gemass miindlicher Absprache mit Takahashi ein Darlehen gewesen sei, welches Dentsu dann aber spater aus internen technischen Grunden so dargestellt habe (3/30, Ziffer 129). (Bemerkung UR:Mit „so" war eine Zahlung aus dem Unterlizenzvertrag gemeint.)

Haruyuki Takahashi seinerseits gab bei der ersten Einvernahme an, dass

er mit der vorzeitigen Bezahlung des vertraglich vereinbarten Betrages einverstanden gewesen sei (D 3/26, Ziffer 35).

Tsuruda Tomoharu wurde gefragt, warum die erste Tranche aus dem Memorandum of understanding an die ISL Worldwide und nicht an die ISMM AG erfolgt sei, worauf er angab, dass die Zahlung so erfolgt sei, weil ihre Vertragspartei es so verlangt habe (D 3/26, Ziffer 19)

Bei der zweiten Einvernahme gab Haruyuki Takahashi an, dass

dies im grundsatzlichen Sinne eine Rate gewesen sei, aber er verstehe es auch so, dass schon ein Element eines Darlehens darin enthalten gewesen sei, denn von Jean-Marie JEAN-MARIE W. sei die Ausserung gekommen, dass es nicht um Details des Vertrages gehe, sondern dass sich die Firma gerade in einer sehr schwierigen Lage befinde. Er konne sich daran erinnern, eine Bitte bekommen zu haben, dass er eine baldige Zahlung erwarte und zwar egal, ob dies sozusagen wie ein Darlehen aussehe (D 3/63, Seite 6 und 7).

Dass es sich bei der gegenstandichen Zahlung um eine Leistung aus Unterlizenzverhaltnis und damit nicht um ein ("losgelostes") Darlehen handelte, ergibt sich aus der Untersuchung, wobei nachfolgend auf Folgendes hingewiesen wird:

5.2.2 Unbestritten ist, dass die ISMM AG und Dentsu Inc. am 15. September 2000 im Zusammenhang mit dem Profitsharing in Abweichung von der ursprunglichen Regelung statt allfalliger variabler Zahlungen eine fixe Zahlung von CHF 40'000'000.-- vereinbarten. Ein Teilbetrag von CHF 15'000'000.-- war am 20. Oktober 2000 fallig. Die ISMM AG stellte unter Bezugnahme auf die Vereinbarung vom 15. September 2000 12 Tage spater eine Rechnung iiber diesen Betrag, welcher von Dentsu uberwiesen und einem Konto der ISL Worldwide mit Val. 16. Oktober 2000 gutgeschrieben wurde.

5.2.3 Einem von Daniel B. und Heinz S.. im Oktober 2000 unterzeichneten Steuerformular bzJean-Marie W. einer Erklarung an die Steuerbehorde (Steuerabkommen Japan-Schweiz) kann folgendes entnommen werden. Unter der Rubrik ..Beschreibung der Lizenzgebuhren" wird Bezug genommen auf die ..Broadcast Rights 2002 FIFA World Cup". Aus der Rubrik Vertragsdaten und Vertragsdauer ist ersichtlich, dass es sich um das gegenstandliche Vertragsverhaltnis handelt. Unter der Berechnungsmethode betreffend die Lizenzzahlungen wird festgehalten - wie im Memorandum vom 15. September 2000 im Einzelnen dargestellt - dass diese in drei Teilzahlungen erfolgen wiirden, die erste am 20. Oktober 2000. Unter Ziffer 5 des Formulars ist ausdrucklich erwahnt, dass es sich bei den beschriebenen Lizenzgebuhren um zusatzliche Zahlungen zu jenen aus dem Vertrag vom 5. November 1999 handle (D 15/3/23).

5.2.4 Im Rahmen des bereits erwahnten Gutachtensauftrages wurden mit Bezug auf die buchhalterische Erfassung der Dentsu Zahlung verschiedene Fragen gestellt. Der Experte gab dabei die folgenden relevanten Antworten:

Die ISL Worldwide verbuchte den Betrag per 17. Oktober 2000 mit der Buchung „Bank/Langfristige Darlehen verbundene Parteien" (Konto Nr. 245100 Long Term Borrowing Related Parties). Die Verbuchung erfolgte somit vorerst in einer Weise, wie wenn Dentsu an die ISL Worldwide ein Darlehen gewahrt hatte. Im Rahmen der Abschlussbuchungen per 31. Dezember 2000 erfolgte dann gemass dem am 7. Mai 2001 ertstellten Journal der „Late Adjustments" (Cibersetzt: spate Abschlussbuchungen) eine Korrektur. Das Konto Nr. 245'100 (Darlehen verbundene Parteien oder ..Long Term BorrowingThird Party) wurde wieder belastet und der Betrag wurde nun neu dem Konto 221'800 (Kreditoren Gruppe Oder ..Trade Payable Group") und damit der Aktionarin ISMM AG gutgeschrieben (D7/D/1.S. 54).

Zur Frage, ob parallel zur Buchung bei ISL auch eine Buchung bei ISMM AG erfolgt ist: Am 17. Oktober 2000 erfolgte bei der ISMM AG noch keine Buchung. Erst im Rahmen der Abschlussbuchungen Version „21.3." vom 21. Marz 2001 ist ersichtlich, dass das Konto (Forderungen

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Gruppe oder „ 121 '800 Trade Receivables Group") und damit die ISL Worldwide mit CHF 15 Mio. belastet wurde. Der Betrag wurde dem Konto Nr. 120'100 (Forderungen) und damit dem Debitor Dentsu Inc. gutgeschrieben, womit die am 27. September 2000 erstellte Rechnung an Dentsu von CHF 15 Mio. ausgeglichen wurde (D 7/D/1, S. 54).

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Uberweisung von Dentsu in den Biichern der Gruppe zuerst als Darlehen, in der Folge jedoch als Zahlung des Debitors Dentsu bzJean-Marie W. als Vorauszahlung verbucht wurde.

5.2.5 In den Cash Flow Darstellungen der Gruppe wurde der von Dentsu uberwiesene Betrag von CHF 15'000'000.- unter der Rubrik ..prepayment" (Vorauszahlung) erfasst (D 8/4/29).

5.2.6 Am 19./20. April 2001 wurde betreffend die ISMM AG, die ISMM Interactive AG, die ISL Worldwide, die ISL Marketing AG und der ISL (International) AG ein GCiterverzeichnis gemass Art. 162 SchKG auf genommen (D 15/3/16). Der Vermogensaufstellung wurde fiir die ISMM AG eine Liste der ..Debitoren „FIFA TV" beigelegt (D 15/3/20). Dieser kann entnommen werden, dass unter den Debitoren der „ISMM Investments-ISMM AG" Dentsu Inc. mit CHF 25'000'000.--, d.h. abzuglich der gegenstandlichen Uberweisung, aufgefuhrt ist. Folgerichtig ist ISL Worldwide als Schuldnerin iiber CHF 15'000'000.--verzeichnet (D 15/3/20). Folgerichtig allerdings nur dann, wenn die Dentsu Zahlung als solche aus dem Unterlizenzvertrag und nicht aus einem allfalligen Darlehensverhaltnis betrachtet wird. Bleibt anzufiigen, dass Dentsu im Rahmen der Konkursverfahren betreffend die ISMM AG und ISL Worldwide keine Darlehensforderung geltend machte (D 4/A/7/15 und D A//7/17). Zusammengefasst kann somit festgehalten werden, dass die erste Rate aus dem Vertrag vom 15. September 2000 im Rahmen der Vermogenserfassung mit Bezug auf die ISMM AG nicht als Aktivposten erfasst wurde.

5.2.7 Im Rahmen der Bilanzdeponierung/des Konkursaufschubs betreffend die ISMM AG, ISMM Interactive AG, die ISL Worldwide, die ISL Marketing AG und die ISL (International) AG wurde u.a. eine Zusammenstellung des Eigenkapitals per 31. Dezember 2000 der ISMM Gruppe nach konzerninternen Sanierungsmassnahmen eingereicht (D 6/3/1/14). Dabei wird eine der Massnahmen wie folgt umschrieben:

Forderungsverzicht von ISMM AG z.G. ISL Worldwide im Umfang der von Dentsu geleisteten Vorauszahlung (in ISMM bereits zuriickgestellt) (D 6/3/1/35).

5.2.8 Dem bereits erwahnten Bericht der englischen Anwaltskanzlei_,,Freshfields Bruckhaus Deringer" (D 4/C/1/10, S. 25, D 4/B/1/6) kann entnommen werden, dass diese zum Schluss kommt, dass es sich bei der Dentsu Zahlung um eine Vorauszahlung und nicht um ein Darlehen handle.

5.2.9 Die FIFA gab auf Ersuchen der Untersuchungsbehorde mit Eingabe vom 29. Oktober 2002 an, dass Kirch-Media nach der Konkurseroffnung iiber die verschiedenen ISMM Gesellschaften die Sublizenzvertrage mit den Broadcastem ubernommen habe, wobei diesen die bereits an ISMM geleisteten Zahlungen hatten angerechnet werden miissen (HD 2/92). Zu dem unter dem Globo Komplex bereits Dargelegten, ist mit Bezug auf Dentsu erganzend folgendes festzuhalten. Michael Francombe bestatigte, dass die Kirchmedia GMBH die broadcast rights fiir die WM 2002 ubernommen habe und die Zahlung von Dentsu Inc. iiber CHF 15'000'000.- als Leistung aus dem Unterlizenzvertrag mit der ISMM AG angerechnet habe (D 3/50, Ziffer 23).

Aus den von der Infront Sports & Media AG edierten Unterlagen ist folgendes ersichtlich: Mit Vertrag vom 18. Oktober 2001 zwischen der Kirchmedia WM GmbH und der Dentsu Inc. (Vertragsunterzeichnung seitens von Dentsu durch Haruyuki Takahashi) wurde das Unterlizenzverhaltnis neu geregelt (D 21/27). Die Rechte fur den FIFA Worldcup 2002 wurden mit CHF 244'600'000.- abgegolten (Ziffer 1 in Anhang II zum Vertrag). Dabei wurde in Anhang II festgehalten, dass der ISMM AG fiir die WM 2002 insgesamt CHF 234'600'000.-- bezahlt worden seien, mithin CHF 219'600'000.--, zuziiglich des verfahrensgegenstandlichen Betrages von CHF 15'000'000.-. Die Dentsu Zahlung wurde somit im Rahmen des Nachfolgevertrages zwischen der Dentsu Inc. und der Kirch Media WM GmbH als solche aus dem Unterlizenzvertrag angerechnet (vgl. auch Michael Francombe: D 3/50, Ziffer 26, vgl. insbesondere auch Ziffer 30 und die schriftlichen Ausfuhrungen des Zeugen vom 4. Marz 2004: D 21/30).

5.2.10 Gemass Ziffer 4 des Geschaftsreglementes der ISMM Investments AG bedurfte der Abschluss von Vertragen, welche eine Verpflichtung der Gesellschaft von mehr als CHF 4'000'000.~ begriindeten, der Genehmigung des Verwaltungsrates (D 8/2/14). Den Verwaltungsratsprotokollen (D 8/5/9 ff.) kann entnommen werden, dass keine formelle Beschlussfassung mit Bezug auf ein Darlehensgeschaft in der Grossenordnung des von Dentsu iiberwiesenen Betrages erfolgte.

110

5.2.11 Auf der Grundlage von Ziffer 22.1 lit. a des Kreditvertrages vom 13. Juli 1999 mit der UBS AG war es der ISMM untersagt, zusatzliche Darlehen, welche den Betrag von CHF 10'000'000.- iibersteigen, aufzunehmen (D 6/3/10/1). Eine formelle Zustimmung der UBS zum Dentsu Geschaft als Darlehen wurde nicht eingeholt.

5.2.12 Beziiglich der Aussagen der Beschuldigten, der Ergebnisse aus (bei Jean-Marie JEAN-MARIE W.) sichergestellten Unterlagen sowie der Aussagen von Haruyuki Takahashi und Tsuruda Tomoharu wird an dieser Stelle auf S. 183 ff. der Uberweisungsverfiigung verwiesen.

5.2.13 Mit Vertrag vom 12. Dezember 1997 ubertrug die FIFA der ISL Marketing AG die Nutzung ihrer Marketinginteressen im Zusammenhang mit den Fussballweltmeisterschaften 2002 und 2006 sowie betreffend zusatzlicher Events. Die am 15. Dezember 2001 aus diesem Vertrag falligen CHF 60'000'000.-- und CHF 6'000'000.~ waren per 15. Dezember 2000 mit einer Bankgarantie abzusichem. Die ISL Worldwide konnte dieser Verpflichtung nicht nachkommen, weshalb sie mit Dentsu Inc. Verhandlungen iiber die Stellung einer solchen Garantie aufnahm. Mit Vereinbarung vom 17. Januar 2001 erklarte sich die Dentsu Inc. bereit, die Garantie zu stellen. Zur Absicherung der Forderungen, welche Dentsu aus der Vereinbarung vom 17. Januar 2001 entstehen konnten und letztlich auch entstanden, wurde ihr durch die ISMM AG und die ISL Worldwide eine Sicherheit im Sinne eines bedingten Forderungsverzichts bzJean-Marie W. einer Forderungsverpfandung gewahrt. Bei der Forderung handelte es sich um eine Restforderung im Betrage von CHF 25'000'000.- aus der Vereinbarung vom 15. September 2000, gemass welcher Dentsu Inc. verpflichtet war, der ISMM AG noch folgende Betrage zu bezahlen:

1 September 2001 CHF 15'000'000.~ 2 Juli 2002 CHF 1O'OOO'OOO.-

(vgl. nachstehend Ziffer 7)

Daraus wird ersichtlich, dass man auch in diesem Zeitpunkt davon ausging, dass die Uberweisung des Betrages von CHF 15'000'000.- eine Leistung aus dem Unterlizenzverhaltnis war.

5.2.14 Zusammengefasst haben die Beweiserhebungen ergeben,

dass die ISMM AG im Verlaufe des Jahres 2000 verschiedene Moglichkeiten der Liquidi-tatsbeschaffung priifte (D 8/5/9 ff.),

dass es sich bei der Uberweisung von CHF 15'000'000.-- fur Dentsu um eine Zahlung aus der Vereinbarung vom 15. September 2000 und somit aus dem Unterlizenzverhaltnis han-delte (D 3/26, Ziffer 19),

dass die Zahlung im Schriftverkehr von der ISMM AG als Zahlung aus dem Unterlizenz-verhaltnis und nicht als Darlehen dargestellt wurde (D 4/B/1/49),

dass die Zahlung gegenuber den Steuerbehorden als Zahlung aus dem Unterlizenzverhaltnis und nicht als Darlehen dargestellt wurde (D 15/3/23),

dass die Zahlung bei der ISMM AG buchhalterisch zwar zuerst als Darlehen, letztlich jedoch als Zahlung des Debitors Dentsu gebucht und nicht als Darlehen erfasst wurde (D 7/D/1, S. 54),

dass die Zahlung von der ISMM AG in ihren Cash-Flow Darstellungen als Vorauszahlung bezeichnet, per Oktober 2000 als Inflow (D 18/23) und per Juli 2002 als Outflow dargestellt wurde (D 8/4/29),

dass mit Bezug auf andere Schuldner (spanische und argentinische Fussballclubs) das Erwirken von Vorauszahlungen diskutiert wurde (D 8/7/18, Ziffer 3.4),

dass die am 20. Oktober 2000 fallige Rate aus dem Unterlizenzvertrag mit Dentsu Inc. im Rahmen des Guterverzeichnisses gemass Art. 162 SchKG bzJean-Marie W. der

111

Vermogenserfassung mit Bezug auf die ISMM nicht als Aktivposten erfasst (D 15/3/16 ff.), jedoch die ISL Worldwide als Schuldnerin der ISMM AG iiber den Dentsu Betrag angefuhrt wurde,

dass im Rahmen der Oberschuldungsanzeige von ISMM Gesellschaften bzJean-Marie W. in der Zusammenstellung des Eigenkapitals per 31. Dezember 2000 die Dentsu Zahlung als Vorauszahlung und nicht als Darlehen dargestellt wurde (D 6/3/1/14), dass die Dentsu Zahlung im Rahmen des Nachfolgevertrages als Zahlung aus dem Unter-lizenzvertrag angerechnet wurde (D 21/27, Anhang II),

dass der Beschuldigte Daniel B. davon ausgeht, dass es sich um eine Zahlung aus dem Unterlizenzverhaltnis und nicht um ein Darlehen handelt (D 3/49, Ziffer 125 und 126) und dass die CHF 15'000'000.- als erste Rate aus dem Memorandum of Understanding vom 15. September 2000 von ihnen gebraucht worden sei, um die Uberbruckungsfinanzierung zu ermoglichen (D 3/31, Ziffer 108).

dass der Beschuldigte Hans-Peter JEAN-MARIE W. erklarte, die Rechnung vom 27. September 2000 habe sich aus dem Vertragsverhaltnis mit Dentsu Inc. ergeben (D 3/26, Ziffer 21),

dass der Beschuldigte Christoph M. vermutet, dass im Zeitpunkt der ..Verpfandung" von 25 Mio. bereits 15 Mio. aus dem Memorandum of Understanding vom 15. September 2000 uberwiesen worden seien (D 3/28, Ziffer 129),

dass im Zusammenhang mit der vorstehend erwahnten Verpfandung die erste Rate aus dem Memorandum of Understanding als geleistet betrachtet und somit nicht mehr mit ein bezogen wurde,

dass sich in den Untersuchungsakten kein Beschluss befindet, mit welchem das gegen-standliche Geschaft vom Verwaltungsrat als Darlehen genehmigt worden ware,

dass der UBS AG von einem Dentsu Darlehen keine Mitteilung gemacht wurde.

5.3 Anvertrautheit des Tatobiektes - Werterhaltungspflicht - Tathandlung

Es kann uneingeschrankt auf vorstehend Ziffer 3.3 verwiesen werden. Die ISMM AG (und mit ihr die ISL Worldwide) hat die Teilzahlung von CHF 15'000'000.~ zum Ciberwiegenden Teil im Rahmen der vertraglichen Abmachungen fur die FIFA eingenommen und somit Fremdinteressen vertreten. Die auf Grund des Longform Agreements und der zugehorigen Amendments bestehenden auftrags- bzJean-Marie W. gesellschaftsahnlichen Abreden belegen das Vorliegen einer vertraglichen Werterhaltungspflicht.

Auch die Tathandlung, namlich das Verhalten des Taters, durch welches er eindeutig seinen Willen bekundet, den Anspruch des Treugebers zu vereiteln, ist ohne Einschrankung zu bejahen. In Verletzung der vertraglichen Bestimmungen wurde die FIFA nicht iiber die Zusatzvereinbarung mit Dentsu vom 15. September 2000 informiert. Auch die Bezahlung der CHF 15'000'000.~ wurde der FIFA nicht mitgeteilt, wodurch es ihr verwehrt war, ihren Anspruch geltend zu machen. Die Dentsu Zahlung erfolgte nicht auf das vereinbarte Spezialkonto, sondern auf ein Konto der ISL Worldwide, zu welchem die FIFA keinen Zugang hatte, was aber wiederum die Geltendmachung ihres Anspruchs verhinderte.

5.4 Schaden

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5.4.1 Zunachst wird, um Widerholungen zu vermeiden, auf Ziffer 3.4 vorstehend verwiesen. 5.4.2 Die FIFA hinterlegte mit Schreiben vom 5. Marz 2004 (Verfugung vom 24. Februar

2004) verschiedene Dokumente und machte die gewiinschten Angaben (D 2/193 ff). Zur Berechnung des Schadens aus der Vorenthaltung der Dentsu-Zahlung gab sie Folgendes an:

„Von den ohne Wissen der FIFA vereinbarten CHF 40'000'000.- hatten 75% an FIFA

wietergeleitet werden miissen. FIFA entstand daher ein Schaden von CHF 30'000'000.-,

zuzuglich Mehrwertsteuer:

Kurs Dentsu CHF 30'000'000 Mehrwertsteuer 2'280'0000

Total CHF 32'280'000

Zur Nichtmitteilung der Zahlung vgl. die schriftlichen Auskiinfte des Prasidenten der FIFA vom 15 Marz 2004 (HD 2/208). Vgl. auch den von Daniel B. verfassten (D 3/49, Ziffer 130) Situationsbericht per 10. Oktober 2000 betreffend ,,2002 FIFA World Cup Broadcasting Rights in Japan" (D 4/D/3/1), welcher der FIFA gemass handschriftlichem Vermerk am 11. Oktober 2000 ubergeben wurde (vgl. dazu ebenfalls die schriftlichen Auskunfte des Prasidenten der FIFA vom 15. Marz 2004 (HD 2/208).

5.4.3 Der FIFA wurde zudem folgende Frage unterbreitet: Welches ist der effektive Schaden, welcher der FIFA letztlich durch die Vorenthaltung des von ihr geltend gemachten Anteils an den Zahlungen von Globo iiber USD 59'207'500.~ und Dentsu Inc. iiber CHF 15'000'000.-- entstanden ist. Die Frage wurde folgendermassen beantwortet:

„KirchMedia musste nach dem ..Take-over" insgesamt noch Minimum Payments von CHF 315'822'879.~ bezahlen, was zusammen mit den von ISMM geleisteten Zahlungen genau die urspriinglich vereinbarte Summe von CHF 650 Mio. ergab (gemass der ..Take-over" Klausel im Longform Agreement hatte KirchMedia das Recht, in den Vertrag „einzutreten"). Es kam im „Rest of the World" Territorium zu keinem Revenue Sharing. Hatten Globo und Dentsu uber das verein

barte „Special Account" bezahlt (und hatte die ..Acceleration" der entsprechenden Betrage stattge-funden), so ware es nicht zu einem Shortfall von CHF 4.184 Mio., sondern - nach Abzug der 5% Production Cost und der 20% Distribution Fee - zu einem Revenue Sharing von iiber CHF 112 Mio. gekommen. FIFA hatte somit eine Summe von rund CHF 56 Mio. erhalten" (HD 2/193).

5.5 Subjektiver Tatbestand

5.5.1 Auch hier wird vorweg auf die Ausfuhrungen unter Ziff. 3.5 vorstehend verwiesen.

5.5.2 Wie dargelegt wurde, war sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide im Zeitpunkt der zweckwidrigen Verwendung der Gelder iiberschuldet und zahlungsunfahig. Im Rahmen des bereits erwahnten Gutachtensauftrages wurde mit Bezug auf die Dentsu Zahlung folgende Frage gestellt.

Frage an den Gutachter: Gemass Gutschriftsanzeige der UBS Luzern vom 17. Oktober 2000 wurden mit Valuta 16. Oktober 2000 dem Konto Nr. 248-594050.01 P, lautend auf ISL Worldwide, CHF 15'000'000.~ gutgeschrieben. Es handelte sich dabei um eine

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Uberweisung der Dentsu Inc. Waren bei der ISMM AG in diesem Zeitpunkt unter Ausklammerung des Einganges von CHF 15'000'000.- liquide Mittel im Umfang von CHF 11'250'000.~ (75% des eingegangenen Betrages) vorhanden? Waren bei der ISL Worldwide in diesem Zeitpunkt unter Ausklammerung des Einganges von CHF 15'000'000.- liquide Mittel im Umfang von CHF 11'250'000.-- (75% des eingegangenen Betrages) vorhanden?

Antwort des Gutachters: Auf den Konti der ISMM AG seien per 6. Oktober 2000 fliissige Mittel von CHF 51'OOO'OOO.-- vorhanden gewesen. Dagegen standen Bankschulden in der Form fester Vorschtisse von CHF 50'000'000.- zu Buche. Per 20. Oktober 2000 verfiigte die ISMM AG iiber gar keine Mittel mehr. Sie hatte netto auch beziiglich Kontokorrentkontis nun Schulden von CHF 530'000'000.--, bei einem gleichzeitigen festen Vorschuss von immer noch CHF 50'000'000.--. Der Gutachter kommt zum Schluss, dass die ISMM AG am 17. Oktober 2000 unter Ausklammerung des Einganges von CHF 15'000'000.- nicht iiber liquide Mittel im Umfang von CHF 11'250'000.-- verfiigt haben konnte (D 7/D/1, S. 53).

Die Kontokorrente der ISL Worldwide wiesen per 6. Oktober 2000 einen negativen Saldo im Umfang von CHF 57'400'000.-- auf. Per 20. Oktober 2000 reduzierte sich diese Schuld trotz Eingang der Dentsu Zahlung von CHF 15'000'000.~ nur unwesentlich auf Kontokorrentschulden von CHF 51700'000.--. Der Gutachter kommt zum Schluss, dass die ISL Worldwide am 17. Oktober 2000 unter Ausklammerung des Einganges von CHF 15'000'000.- nicht iiber liquide Mittel im Umfang von CHF 11250'000.~ verfiigt haben konnte (D 7/D/1, S. 53).

Bei einer konsolidierten Betrachtung ist gemass Gutachter erwahnenswert, dass die Banklimite von CHF 277'000'000.- am 6. Oktober 2000 mit 282'183'000.-- iibermassig beansprucht war. Die Gruppe hatte trotz des Einganges der Dentsu Zahlung nach wie vor keinen Spielraum mit Bezug auf die Beanspruchung der Bankenkreditlinie, obwohl drei Tage vorher die Dentsu Zahlung eingegangen war. Der Gutachter kommt zum Schluss, dass die Gruppe unter Ausklammerung des Einganges von CHF 15'000'000.-- nicht iiber liquide Mittel im Umfang von CHF 11'250'000.-- verfiigt haben konnte (D 7/D/1.S.53).

5.5.3 Mit Schreiben vom 24. September 2003 wurde die UBS AG aufgefordert, die Berechnung der Nettopositionen der im Rahmen des Kreditverhaltnisses der Swing Line angeschlossenen Kontokorrente zu hinterlegen (D 5/124/40). Aus den Darlegungen der UBS vom 31. Oktober 2003 sowie der Berechnungsgrundlage fiir die Nettoposition (D 5/24/44 und 53 ff.) geht hervor, dass die zeitgerechte Erfullung der Treuepflicht am 16. Oktober 2000 objektiv nicht moglich war.

5.5.4 Die gegenstandliche Zahlung wurde innerhalb der ISMM Gruppe verwendet, obwohl den Beschuldigten das blosse Anvertrautsein des Geldes nicht entgangen sein konnte. Sie wollten indes eben den gesamten Betrag zweckwidrig alleine fur die ISMM/ISL verwenden und damit im Resultat den Anspruch der FIFA vereiteln. Gerade deshalb wurde die FIFA uber die Zusatzvereinbarung vom 15. September 2000 und iiber die Zahlung von Dentsu nicht informiert. Die Beschuldigten hatten mithin auch keine Absicht, im Zeitpunkt des Zahlungseinganges ihrer Treuepflicht nachzukommen. Somit ist erstellt, dass sie vorsatzlich handelten.

Auch die fehlende Ersatzfahigkeit bzJean-Marie W. die Unmoglichkeit einer zeitgerechten Erfullung gegeniiber der FIFA war den Beschuldigten nicht entgangen (vgl. Ziff. 3.5.4 vorste-hend). Sie handelten mit der Absicht auf unrechtmassige Bereicherung (der ISMM /ISL) im Umfange von CHF H'250'000.-, unter gleichzeitiger Inkaufnahme der Schadigung der FIFA.

6. Betrug z.N. der FIFA (Dentsu Komplex)

6.1 Bezuglich der gesetzlichen Grundlage (Art. 146 Abs. 1 StGB) sowie der einzelnen Tatbestandsmerkmale beim Betrug kann auf Ziff. 4.1 vorstehend verwiesen werden.

6.2 Irrefiihrendes. arolistiges Verhalten (Tauschung) / Unterdriickung von Tatsachen

Zum Tatvorwurf wird zunachst auf den Sachverhalt Ziffer 6 (S. 17/18 der Anklageschrift) verwiesen. Auch

114

wird hier darauf verzichtet, das sachverhaltsrelevante Verhalten im Einzelnen nochmals darzulegen. Diesbeziiglich kann insbesondere auf die Ausfuhrungen zu den vertragsverhaltnissen und dem Veruntreuungsvorwurf verwiesen werden.

6.2.1 Wie schon dargelegt, hatte die ISMM AG gegenuber der FIFA gestutzt auf das Vertragsverhaltnis eine umfassende Aufklarungspflicht und eine gewichtige Garantenstellung (vgl. S. 125 der Anklage). Die Verantwortlichen der ISMM verletzten diese Aufklarungspflicht nachhaltig. So wurde unterlassen, die FIFA vertragskonform iiber die Zusatzvereinbarung vom 15. September 2000 und den Zahlungseingang von CHF 15'000'000.- (Valuta 16. Oktober 2000) zu informieren. Selbst wenn man die Dentsuiiberweisung noch als Darlehen qualifizieren wiirde, das mit dem vertraglich geschuldeten Betrag (Memorandum of Understanding vom 15. September 2000) verrechnet worden ware, hatte eine Mitteilungspflicht bestanden. Denn auf Grund des quantitativen Ausmasses der Position ergab sich fiir die FIFA ein nachhaltiges finanzielles Risiko.

6.2.2 Das tauschende Verhalten gegeniiber der FIFA war arglistig, da diese nichts von der erwahnten Zusatzvereinbarung mit Dentsu mitbekommen hatte und ihr daraus letztlich in concreto auch kein "Vorwurf" gemacht werden kann. Denn selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wiirde, Arglist sei nur bei einer qualifizierten Unterlassung der Mitteilung bzJean-Marie W. nur dann gegeben, wenn die FIFA das ihr Zumutbare unternommen hat, um auf der Grundlage der ihr zustehenden Kontrollrechte die dargestellte Tauschung aufzudecken, musste gestutzt auf die bereits vorgebrachten Grunde (vgl. S. 126 und 127 der Anklage) eindeutig Arglist angenommen werden.

6.3 Irrtum: Dass durch die Nichtanzeige der Zusatzvereinbarung und insbesondere des Zahlungseingangs bei der FIFA ein Irrtum gegeben war, ist offensichtlich. Durch die Verletzung der Mitteilungspflichten ging die FIFA davon aus, dass derzeit keine Eingange aus dem Unterlizenzvertrag mit Dentsu zu verzeichnen sind.

6.4 Zur Vermogensdisposition kann ganzlich auf Ziff. 4.4 vorstehend verwiesen werden. Betreffend Vermogensschaden gilt gleichermassen, was schon unter Ziff. 4.5 vorstehend ausgefuhrt wurde; die FIFA wurde durch das Verhalten der ISMM AG im Zeitpunkt der vertraglichen Mitteilungspflicht in der Hohe des ihr zustehenden Anteils (CHF 11 '250'000.~ geschadigt.

6.5 Zwischen Tauschung und Irrtum, Irrtum und Vermogensdisposition bestand ein Motivationszusammenhang, zwischen Vermogensverfugung und Schaden ein Kausalzusam

menhang. Zudem ist offensichtlich, dass die Verantwortlichen sich ihrer Pflichten

bewusst waren und durch deren Verletzung die Folgen bewusst wollten (vgl. auch die

auf S. 129 der Anklage wiedergegebene Aussage von Daniel B.).

7. Betrug z. N. der Dentsu Inc.

Bezuglich der gesetzlichen Grundlage (Art. 146 Abs. 1 StGB) sowie der einzelnen Tatbestandsmerkmale beim Betrug kann auf Ziffer 4.1 vorstehend verwiesen werden.

7.1 Irrefuhrendes. arglistiges Verhalten (Tauschung) / Unterdrucken von Tatsachen

7.1.1 Zum Tatvorwurf wird zunachst auf den Sachverhalt Ziff. 7 (S. 18 der Anklageschrift) verwiesen.

7.1.2 Mit Vertrag vom 12. Dezember 1997 ubertrug die FIFA der ISL Marketing AG (spatere

115

ISL Worldwide) die Nutzung ihrer Marketinginteressen im Zusammenhang mit der Fussballweltmeisterschaften 2002 und 2006 sowie betreffend zusatzlicher Events (HD 2/59). Gemass Anhang A zur Vereinbarung waren am 15. Dezember 2001 CHF 60'000'000.-und CHF 6'000'000.-- fallig. Diese Betrage waren durch ISL Marketing AG / ISL Worldwide per 15. Dezember 2000 mit einer Bankgarantie abzusichem (HD 2/59, Ziff. 7.2).

ISMM AG erwirtschaftete per 31.12.2000 einen Jahresverlust von CHF 443'173'000.

(D 7/D/1, Ziff. 5.6.1, S 20). Sie hatte ein negatives Eigenkapital von CHF -121'847'000.

(D 7/D/1, Ziff. 5.6.2, S. 27+28) und war illiquid. Die bereits verfallenen Verpflichtungen

iiberstiegen die vorhandenen Mittel erheblich (D 7/D/1, Ziffer 5.6.3, Seite 28+29). Der

(^ Gutachter schliesst mit Bestimmtheit aus, dass die Gesellschaft bis zum 17. Januar

2001 die per 31. Dezember 2000 bestandene Uberschuldung aus eigener Kraft hatte

abbauen und sich von ihrer llliquiditat hatte erholen konnen. Die ISMM AG war somit am

17. Januar 2001 sowohl illiquid als auch uberschuldet (D 7/D/1, Ziffer 5.8, Seite 32). Der

Jahresverlust der ISL Worldwide betrug per 31. Dezember 2000 CHF -421'017'000 (D

7/D/1, Ziffer 5.7.1, Seite 30). Das negative Eigenkapital lag bei CHF -318'079'000.- (D

7/D/1, Ziffer 5.7.2, Seite 31), und die Gesellschaft war illiquid. Mit Bezug auf das Stich

datum 17. Januar 2001 kann auf die vorstehenden Ausfuhrungen im Zusammenhang

mit der ISMM AG verwiesen werden.

Vor dem Hintergrund dieser finanziellen Rahmenbedingungen und der damit zusammenhangenden Unfahigkeit, die Bankgarantie beizubringen, wandte sich ISL Worldwide mit dem Ersuchen an die FIFA, die Bereitstellung der Garantie verschieben zu diirfen, was diese mit Schreiben vom 11. Dezember 2000 ablehnte (D 14/3/1). Am

18. Dezember 2000 teilte die FIFA der ISL Worldwide mit, dass sie das Marketing Agreement kundige, falls die Bankgarantie nicht innert 30 Tagen geliefert werde (D

14/3/2). In der Folge ersuchte die ISMM Gruppe die Dentsu Inc. um Stellung der Bankgarantie. Jean-Marie JEAN-MARIE W. machte dazu folgende Ausfuhrungen:

Als ihr DAWN-Projekt zeitlich nicht moglich gewesen sei, hatten sie eine VR-Sitzung in Zurich gehabt, an welcher er die ganze Situation FIFA und deren Ruckzug von DAWN, die neue Konstellation der Finanzierung erklart und speziell darauf aufmerksam gemacht habe, dass FIFA dem Aufschub zur Stellung der Garantie (zu leisten am 15. Dezember 2000) nicht nachkommen konne, weil sie sich gegenuber Credit Suisse in Sachen eigener Finanzierung anders verpflichtet habe. Er habe also das Ganze dem VR bekannt gegeben. Der Vertreter von Dentsu - Herr Kobayashi - habe sofort Tokyo informiert und spontan erklart, Dentsu wolle die Weltmeisterschaft 2002 schiitzen, ihre Sponsoren, und Dentsu konne eventuell fiir die Garantie einspringen. Die FIFA habe ihnen dann am 15. Dezember 2000 die Default notifiziert und Gebrauch von der „Gnadenfrist" (Grace Periode) gemacht und erklart, die Garantie habe am (glaublich) 18. Januar 2001 auf dem Tisch zu liegen. Er sei dann Anfangs 2001 nach Tokyo geflogen zusammen mit Urs Brunner. Dort habe er bei hochster Dentsu-Ebene nach nicht einfachen Verhandlungen erreicht, dass Dentsu die Garantie stellen wiirde. Dentsu habe mit dieser Zusage einige Sicherheiten verlangt, wie den Toshiba-Vertrag und die Vertragserganzung vom 15. September 2000 (Bemer-kung UR: Gemeint war die Erklarung vom 17. Januar 2001). Das alles sei im Memorandum of Understanding festgehalten. Dentsu habe zusatzlich noch eine Garantie von der ISMM AG gewollt. Als die positive Antwort gekommen sei, habe es ein Meeting zwischen Dentsu- / ISMM-Vertretern und der FIFA gegeben (D 3/30, Ziffer 140).

Dem Verwaltungsratsprotokoll der ISMM AG vom 14. Dezember 2000 kann unter Ziffer 3.4 entnommen werden, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. den Verwaltungsrat iiber die Proble-matik der Bankgarantie informierte (D 8/5/18, S. 6).

7.1.3 Dentsu Inc., welche gemass eigenen Angaben 1995 weltweit zu den grossten Werbeagenturen gehorte und im Zusammenhang mit der Vermarktung der FIFA Weltmeisterschaften ein

116

langjahriger Partner der ISMM Gruppe war (vgl. den Jahresbericht der Dentsu Inc. 1994/1995: D 15/2/1, S. 1 und 22), besass schon 1987 49% der ISL Marketing Aktien (D 4/B/3/13). Mit Vereinbarung vom 29. November 1995 verkaufte Dentsu Inc. wieder 39% der Aktien an die ISMM Gruppe (D 4/B/3/15), womit sie letztlich eine Beteiligung von 10% an der ISL Worldwide, der LOFA Establishment und der Sri Ltd. London hielt (D 4/A/1/1, D 3/45, Ziffer 4). Zum Zustandekommen der Stellung einer

Ij^, Bankgarantie ergab die Untersuchung Folgendes:

Dem Fax von Hidekazu Kobayashi (Dentsu Inc.) an Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 5. Januar 2001 kann entnommen werden, dass Dentsu das Stellen der Garantie wohl prufte, aber von verschiedenen Bedingungen abhangig machte.

Hidekazu Kobayashi bemerkte u.a., dass Dentsu von der ISMM eine Garantie verlangen wiirde, falls man sich fur das Stellen einer Bankgarantie entschliesse (D 4/D/3/7, Ziffer 2). Eriauternd zu dieser Mitteilung gab Yasunori Hashiguchi (Dentsu Inc.) gegeniiber Hans-Jurg S. am 6. Januar 2001 an, dass man Dentsu-intern der Meinung sei, dass das Toshiba Agreement im Falle eines Konkurses der ISL Worldwide keine Gultigkeit mehr hatte, was der Grund sei, dass Hidekazu Kobayashi in seinem E-mail vom 5. Januar 2001 die ISMM Garantie erwahnt habe. Dentsu habe noch nicht entschieden, von welchen Bedingungen das Stellen der Bankgarantie abhangig gemacht werde. Wie auch immer sei es jedoch wahrscheinlich, dass Dentsu zusatzliche Sicherheiten, wie die ISMM Garantie verlangen werde (D 4/D/3/19, Ziffer 2). Das Toshiba Agreement (ein Marketing agreement: D 3/48, Ziffer 232) war gemass Wortlaut des Memorandums of Understanding vom 17. Januar 2001 in diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Ein solches Agreement konnte im Rahmen der Untersuchung auch nicht erhoben werden.

Die ausseramtliche Konkursverwaltung bestatigte auf Anfrage am 4. August 2004, dass sich eine solche Vereinbarung nicht in ihren Akten befinde. In der von ihr beigelegten Liste, welche der ausseramtlichen Konkursverwaltung nach der Konkurseroffnung durch Dentsu Inc. zugestellt wurde, ist ebenfalls kein diesbezugliches Dokument angefuhrt (D 2/F/60).

In seiner Antwort vom 7. Januar 2001 teilte Hans-Jürg S. Yasunori Hashiguchi u.a mit, dass ISMM nicht nur bereit sei, eine Garantie abzugeben, sondern auch andere Forderungen aus Fernsehvertragen mit TV Globo und oder TVDirec zu verpfanden (D 4/D/3/20, „As to 2). Das E-mail wurde an Peter Caroll vom Rechtsdienst von ISL weitergeleitet, welcher Hans-Jürg S. folgendes antwortete: „l was under the impression that TV monies were locked into the FIFA trust arrangements? In those circumstances, how could we pledge them to Dentsu?" Hans-Jürg S. wurde ersucht, dazu Stellung zu nehmen, und er gab folgendes an:

Hashiguchi sei der Anwalt von Dentsu in Tokio. Diesen habe er im Zusammenhang mit der Ubertragung der Rechte unter dem ABS Projekt kennen gelernt. Die Frage betreffend Garantie von TV Receivables konne er dahingehend beantworten, dass ihm vom ExCo bestatigt worden sei, dass ihr Anteil an den TV Receivables, d.h. 25 %, gegenuber Dentsu als Garantie hinterlegt werden durften (D 3/48, Ziffer 234).

Dem E-mail von Yasunori Hashiguchi (Dentsu Inc.) an Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 8. Januar 2001 kann sinngemass entnommen werden, dass Dentsu sich mit Bezug auf das Angebot, Forderungen aus Fernsehvertragen zu verpfanden, im Sinne einer Fragestellung vergewisserte, dass der zu verpfandende Anteil dem 25% ISMM Anspruch entsprach. Des Weiteren kann dem E-mail entnommen werden, dass Dentsu die Stellung der Bankgarantie iiber CHF 66'000'000.~ deshalb ernsthaft prufte, weil Dentsu wiinschte, der ISMM Gruppe als ihrem Geschaftspartner zu helfen (D 4/D/3/23, „ Dentsu's Cooperation as Partner").

Dem Verwaltungsratsprotokoll der ISMM AG vom 8. Januar 2001 kann entnommen werden, dass mitten in der Sitzung, aniasslich derer man zur Kenntnis nahm, dass Dentsu moglicherweise die Bankgarantie stellen wiirde, ein E-mail von Dentsu eintraf (D 4/D/3/23), welche das Vorhaben aus Sicht des Verwaltungsrates der ISMM AG in Frage stellte. Der Verwaltungsrat beschloss, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Urs Brunner am selben Abend nach Tokyo fliegen wiirden, um Dentsu von der Stellung der Garantie zu iiberzeugen (D 8/5/19, Ziffer 2.4).

Dem Fax von Hidekazu Kobayashi vom 11. Januar 2001 ist zu entnehmen, dass Dentsu weitere Bedingungen stellte, wie eine Bestatigung der UBS, wonach sie das ABS von ISL unwiderruflich unterstiitze (diese konnte nicht beigebracht werden: D 4/D/3/25), und eine umfassende Garantie seitens der FIFA fiir den Fall eines Konkurses der ISL Worldwide (D 4/D/3/24).

117

Hidekazu Kobayashi ubersandte mit Fax vom 12. Januar 2001 Jean-Marie JEAN-MARIE W. einen Entwurf einer solchen Garantie (D 4/D/3/26). Diese Erklarung wurde durch den Prasidenten der FIFA mit Schreiben vom 15. Januar 2001 abgegeben (D 17/9/16). Mit Fax vom 16. Januar 2001 liess Jean-Marie JEAN-MARIE W. u.a. Christoph M., Daniel B. und Hans-Jürg S. einen Entwurf eines Memorandums zur Stellungnahme zukommen, in welchem die Verpfandung der Restforderung aus dem Memorandum of Understanding vom 15. September 2000 enthalten war (D 4/D/3/31 und 32).

Schliesslich wurde am 17. Januar 2001 zwischen der ISMM AG, der ISL Worldwide und Dentsu Inc. (HD 2/22, D 4/B/1/57) eine Vereinbarung geschiossen, gemass welcher sich Dentsu bereit erklarte, die Bankgarantie zu Gunsten der FIFA zu stellen. Die ISL Worldwide und die ISMM AG gewahrten ihrerseits gewisse Sicherheiten und Vergunstigungen, welche zum Teil noch auszuhandeln waren. Gleichzeitig mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung gaben die ISMM AG und ISL Worldwide eine separate Erklarung ab, nach deren Wortlaut die ISMM AG ihre Restforderung (CHF 25'000'000.--) aus dem Unterlizenzvertrag mit Dentsu Inc. an dieselbe Gesellschaft verpfandete (HD 2/23). Dies mit dem Zweck, die von Dentsu mit dem Stellen der Bankgarantie eingegangene Verpflichtung abzusichern. Der ISMM AG war es gemass Ziffer 1.6.8 des Vertrages vom 26. Mai 1998 jedoch untersagt, Anspriiche aus Unterlizenzvertragen zu verpfanden (HD 2/49). Wie Haruyuki Takahashi bei der Einvernahme vom 2. September 2002 angab, hatte er keine Kenntnis von den Vereinbarungen zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG (D 3/26, Ziffer 50, vgl. die gleichlautenden Angaben von Tomoharu Tsuruda: D 3/27, Ziffer 27). Des Weiteren gab die ISMM AG eine Haftungserklarung ab (HD 2/23).

Daniel B. wurde bei der Einvernahme vom 13. Februar 2004 folgender Vorhalt gemacht: Vorlage des Faxes von Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 16. Januar 2001 mit einem Memorandums of Understanding Entwurf (D 4/D/3/31 + 32): Gemass Ziffer 3.2 „Pledge" wurde Folgendes festgehalten: „ISMM hereby grants to Dentsu a security interest in the form of a pledge upon ISMM's right to receive from Dentsu CHF 25'000'000.-- under the Memorandum of Understanding between Dentsu and ...". Am 17. Januar 2001 wurde mit Bezug auf die Bankgarantie iiber CHF 66'000'000.-- eine Vereinbarung unterzeichnet, in welcher diese Klausel herausgenommen wurde. Die diesbezugliche Klausel wurde in eine separate Erklarung eingebunden (D 2/22, D 2/23). Warum wurde die Klausel nicht in der Vereinbarung belassen? Daniel B. gab folgendes an:

Er wisse es nicht. Und er konne sich auch nicht daran erinnern, dass er dieses Dokument genau gelesen habe, und denke auch nicht, dass er es an jenem Tag bis 17:00 Uhr beantwortet habe (D 3/49, Ziffer 140).

Jean-Marie JEAN-MARIE W. gab dazu folgendes an:

Er sei so unter Druck gewesen, die Gesellschaft zu retten und zu helfen; es sei alles Tag und Nacht gelaufen. Er wisse jetzt heute nicht mehr, warum sie zwei Dokumente und nicht nur eines gemacht hatten (D 3/30, Ziffer 145).

Urs Brunner. welcher das Memorandum of Understanding und die Erklarung vom 17. Januar 2001 als Verwaltungsrat der ISL Worldwide mitunterzeichnet hatte (HD 2/22, HD 2/23, D 3/53, Ziffer 5-8 und Ziffer 11) gab am 16. Februar 2004 als Auskunftsperson (§ 26 bis StPO) zur Erklarung vom 17. Januar 2001 folgendes an:

ISMM gewahre Dentsu eine Sicherheit in der Form eines Pledge auf das Recht von ISMM von Dentsu 25 Mio. unter dem Memorandum of Understanding zwischen Dentsu und ISMM betreffend Fernsehrechte des 2002 - Worldcup und anderer additional Events in der Periode 1999 bis 2002 (ISMM MOU), um damit die sofortige Zahlung an Dentsu durch ISL Worldwide die "gesicherten Verpflichtung" zu garantieren. In diesem Zusammenhang werde bestatigt, dass erstens Dentsu nicht verpflichtet sein werde, an ISMM Zahlungen unter dem ISMM MOU zu machen, bis die Bankgarantie von der FIFA an die Bank zuruckgegeben sein werde, ohne dass die FIFA Leistungen unter dieser Bankgarantie verlangt haben werde. Und zweitens werde Dentsu Forderungen der FIFA unter dem ISMM MOU mit der Verpflichtung, die ISMM unter dem ISMM MOU zu bezahlen, mit der Verpflichtung der ISL Worldwide die "gesicherte Verpflichtung" der Bezahlung verrechnen zu konnen. Zusammengefasst: Dentsu sei ja drei Tage in Zurich mit sechs Leuten gewesen und habe mit der FIFA die Bedingungen zur Gewahrung einer Bankgarantie verhandelt. Und das sei ein Teil davon (D 3/53, Ziffer 16, auf Seite 3).

Urs Brunner wurde folgender Vorhalt gemacht: Jean-Marie JEAN-MARIE W. hat erklart, dass er erreicht habe, dass Dentsu die Garantie stellen wiirde. Dentsu habe aber mit dieser Zusage einige Sicherheiten verlangt. Was fiir Sicherheiten hat Dentsu konkret verlangt?

Diese hier; und es gebe noch mehr als das (meine er). Er sei als Anwalt da gewesen. Aus Dentsu-Sicht habe es ein Problem gegeben, sie hatten auf jeden Fall das Geschaft 2002 im eigenen Land nicht verlieren wollen, weil sie als PR-Agentur neben diesen Vertragen vor allem Geld verdient hatten oder haben (D 3/53, Ziffer 16 auf Seite 4).

Haruyuki Takahashi gab bei seiner Einvernahme in Tokyo an, dass er fur diesen Bereich nicht zustandig gewesen sei und daher nichts Genaues sagen konne (D 3/63, Seite 13). Er gab jedoch sinngemass an, dass Dentsu mit dem Stellen der Garantie der FIFA habe helfen, aber auch die Sponsoren habe schiitzen wollen.

118

Hans-Jiiro S.. welchem die Erklarung der ISMM AG und der ISL Worldwide vom 17. Januar 2001 (HD 2/23) vorgelegt wurde und der bestatigte, davon Kenntnis zu haben, wurde folgender Vorhalt gemacht: Waren Sie in diesem Zusammenhang in irgend einer Art und Weise involviert? Er gab folgendes an:

Er habe nur an einem Meeting teilgenommen, welches diesem MOU vorangegangen sei und wo ein Dentsu-Vertreter ihnen mitgeteilt hatte, dass die Dentsu unter gewissen Umstanden bereit sei, diese Bankgarantie zu stellen. Bei alien anderen Verhandlungen sei er weder zugegen noch aktiv daran beteiligt gewesen (D 3/48, Ziffer 227).

Anschlussfrage: Von welchen Umstanden war die Rede? Dazu gab er folgendes an:

Dazu habe er sich dort noch nicht aussern konnen (D 3/48, Ziffer 228).

Anschlussfrage: Ist Ihnen bekannt, von welchen Umstanden die Dentsu das Stellen der Garantie letztlich abhangig gemacht hat? Dazu gab er folgendes an:

Er konne sich nur die verschiedenen Sicherheiten vorstellen, die dann auch Eingang gefunden haben ins MOU (D 3/48, Ziffer 229).

Anschlussfrage: Ich habe Ihnen eine Erklarung vom 17. Januar 2001 vorgelegt. War dies eine der von Ihnen erwahnten Sicherheiten? Dazu gab er folgendes an:

Ja. Eine weitere, an die er sich erinnern konne, seien die Sicherheiten im Zusammenhang mit dem Toshiba-Vertrag gewesen (D 3/48, Ziffer 230).

Anschlussfrage: Vorlage des Schreibens von Dentsu vom 5. Januar 2001 (D 4/D/3/7): Wie Ziffer 2 zu entnehmen ist, machte Dentsu das Stellen der Bankgarantie iiber CHF 66'000'000.- von einer Garantie seitens der ISMM abhangig. War damit die Garantie gemass der Erklarung vom 17. Januar 2001 gemeint (D 4/D/3/39) oder die Abtretung von Forderungen aus dem Toshiba Agreement (D4/D/3/10, Ziffer 1.4, vgl. auch D 6/3/5/1, S. 17)? Dazu gab er folgendes an:

Die Garantie iiber CHF 66 Mio. gegenuber der FIFA habe durch die ISL Worldwide gestellt werden miissen. Dentsu habe zuerst einmal eine Garantie der Muttergesellschaft der ISL Worldwide gewollt, d.h. der ISMM AG. Dies sei die Meinung des ihm in der Frage vorgehaltenen Passus (unabhangig von den anderen im MOU erwahnten Sicherheitsleistungen) (D 3/48, Ziffer 231).

Urs Brunner. welchem die Erklarung der ISMM AG und der ISL Worldwide an Dentsu Inc. vom 17. Januar 2001 (HD 2/23) vorgelegt wurde, bestatigte, dass er diese unterzeichnet habe (Bemerkung UR: fiir die ISL Worldwide),

wobei es eine Erklarung der ISMM AG sei. Diese Unterschrift habe er schon damals nicht verstanden (D 3/53, Ziffer 11).

Daniel B. wurde bei der Einvernahme vom 13. Februar 2004 folgender Vorhalt gemacht: Gemass Darstellung von Jean-Marie JEAN-MARIE W. soil es sich bei der Dentsu Uberweisung von CHF 15'000'000.- um ein Darlehen von Dentsu handeln (D 3/30, Ziffer 129). Das Darlehen soil insgesamt CHF 30'000'000.-- betragen haben (D 3/30, Ziffer 130). Falls es sich um ein Darlehen gehandelt hat: Wie konnte in diesem Fall im Zusammenhang mit der Bankgarantie iiber CHF 66'000'000.-- folgende Erklarung abge-geben werden? "ISMM hereby grants to Dentsu a security interest in the form of a pledge upon ISMM's right to receive from Dentsu CHF 25'000'000.-- under the Memorandum of Understanding between Dentsu and ISMM ..." (D 2/23). Er gab dazu folgendes an:

Er mochte das nicht beantworten (D 3/49, Ziffer 141).

7.1.4 Gestiitzt auf die Untersuchungsergebnisse ist somit festzuhalten, dass die Dentsu Inc. in mehrfacher Hinsicht getauscht wurde. Wie erwahnt stellte sie es zur Bedingung, dass die ISMM AG (als Mutter- bzJean-Marie W. Holdinggesellschaft der ISL Worldwide) eine Garantie im Sinne einer Haftungserklarung abgab. Die ISMM AG erklarte sich zur Abgabe einer solchen Erklarung bereit (Antwort an Yasunori Hashiguchi vom 7. Janaur 2001), und eine solche erfolgte denn auch am 17. Januar 2001. Dabei wurde indes die Existenz einer ganz wesentlichen Tatsache, namlich dass die ISMM AG zu diesem Zeitpunkt (selber) sowohl illiquid als auch uberschuldet war, unterdriickt bzJean-Marie W. der Dentsu Inc.

119

vorenthalten. Der Dentsu Inc. blieb mithin verborgen, dass die Haftungserklarung vor dem Hintergrund der finanziellen Situation bedeutungslos war. Gleichzeitig mit der Unterzeichnung des MOU vom 17. Januar 2001 gaben die ISMM AG und die ISL Worldwide eine separate Erklarung ab, wonach die ISMM AG ihre Restforderung (namlich CHF 25'000'000.--) aus dem Unterlizenzvertrag mit Dentsu Inc. an dieselbe Gesellschaft verpfandete. Die ISMM AG, welche die Verpfandung von Forderungen aus Vertragen mit weiteren Lizenznehmem anbot, erklarte zwar auf Anfrage von Dentsu Inc., dass sie mit Bezug auf diese Vertrage nur einen Anspruch von 25 % der Entschadigung hatte, legte dies hingegen mit Bezug auf den Restbetrag aus dem MOU vom 15. September 2000 nicht offen. Uberdies war es der ISMM AG gemass Ziff. 1.6.8 des Vertrages vom 26. Mai 1998 gerade untersagt, Leistungen und Anspruche aus den Unterlizenzvertragen zu verpfanden, mit einer einzigen Ausnahme, deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfullt waren (vgl. hierzu die zutreffenden Bemerkungen seitens des Untersuchungsrichters auf S. 203 [untester Absatz] der Uberweisungsverfiigung). Auch von diesem Umstand (Verbot der Verpfandung) hatte die Dentsu Inc. keine Kenntnis, weil er ihr verschwiegen worden war.

7.1.5 Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft muss das tauschende Verhalten der ISMM-Verantwortlichen bei einer Gesamtbetrachtung als arglistig im Sinne des Gesetzes bezeichnet werden. Zum einen hat Dentsu Inc. durch das Anfordern von Unterlagen und Informationen (bzJean-Marie W. das Vorlegenlassen von Zahlen und das Stellen von kritischen Fragen; D 4/D/3) das ihr Zumutbare unternommen, um den Irrtum zu vermeiden; Dentsu Inc. hatte auch keine tieferen Kenntnisse betreffend die Finanzsituation bei der ISMM AG und musste daher auch keine aussergewohnliche Vorsieht anwenden. Zum andern fallt ins Gewicht, dass Dentsu Inc. ein langjahriger Partner der ISMM Gruppe war und man sich gegenseitig aushalf. Insoweit bestand ein gewisses Vertrauensverhaltnis. So fiihrte die Verteidigung von Christoph M. selber aus, dass Dentsu ein "langjahriger Vertragspartner gewesen sei, mit dem zur fraglichen Zeit weiterhin ein sehr gutes Einvernehmen und beste personliche Kontakte zwischen den massgeblichen Exponenten bestanden habe".

7.2 Im Irrtum iiber die oberwahnten vermeintlichen Sicherheiten bzJean-Marie W. in Unkenntnis der erwahnten Umstande stellte die Dentsu Inc. bzJean-Marie W. .„The Dai-ichi Kangyo Bank" am 17. Januar 2001 eine Bankgarantie uber CHF 71'016'000.- (D 4/D/3/44, D 3/26, Ziffer 38). Die Vermogensdisposition ist somit unzweifelhaft gegeben.

7.3 Weiter ist auch ein Vermogensschaden ohne weiteres zu bejahen (vgl. auch Ziffer 4.5 vorstehend). Die Bankgarantie wurde von der FIFA im Ubrigen in Anspruch genommen (D 3/26, Ziffer 39 und 40, D 3/54, Ziffer 21). Dentsu Inc. machte im Rahmen des Konkursverfahrens betreffend die ISL Worldwide und die ISMM AG einen Betrag von CHF 71'016'000.- geltend (D 4/A/7/34 ff.). Am 18. August 2003 schlossen die ISL Worldwide, die ISMM AG in Konkurs und die LOFA Anstalt, vertreten durch die aussseramtliche Konkursverwaltung, mit Dentsu Inc. einen umfassenden Vergleich (D 2/H/146 und 149).

7.4 Wie dem Untersuchungsergebnis entnommen werden kann, waren die Garantieerklarung und die Verpfandung nicht die einzigen zu erfiillenden Bedingungen, welche zur Vermogensverfugung bzJean-Marie W. zum Stellen der Bankgarantie fiihrten. Dies ist jedoch nach herrschender Lehre unerheblich. Liegt namlich eine motivierende Einwirkung auf den Betroffenen vor (bei der Unterlassung das nicht berichtigende Einwirken auf die Vorstellung des Betroffenen), spielt es keine Rolle mehr, ob sie allein oder zusammen mit anderen etwa vorhandenen Beweggriinden zur Vermogensverfugung gefuhrt haben. Mit Bezug auf die Motivation erscheint massgebend, dass die Garantieerklarung der ISMM AG und die "Verpfandung" des Restbetrages aus dem MOU vom 15. September 2000 fiir Dentsu wesentlicher Teil der Bedingungen waren, damit sie die Bankgarantie stellte.

120

1 In subjektiver Hinsicht ist schliesslich entscheidend, dass die Beschuldigten sich der vorstehend beschriebenen Umstande bewusst waren. Dass uber die Restforderung aus Unterlizenzvertrag (bzJean-Marie W. Zusatzvereinbarung vom 15. September 2000) nicht einfach so (in der beschriebenen Weise) verfiigt werden durfte, war ihnen eben so wenig entgangen wie die Bedeutungslosigkeit der Haftungserklarung. Die Verantwortlichen der ISL Worldwide und der ISMM AG waren sich im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Memorandums of Understanding vom 17. Januar 2001 und der am gleichen Tag abgegebenen Erklarung der "most alarming situation" (D 8/5/19) bewusst. Sie handelten somit vorsatzlich und mit der Absicht, die ISL Worldwide im Umfang der Bankgarantie, also CHF 66'000'000.-, zu bereichern. 2 Bevorzugung eines Giaubigers (Dentsu Inc.)

8.1 Gesetzliche Grundlage

Der Schuldner, der im Bewusstsein seiner Zahlungsunfahigkeit und in der Absicht, einzelne seiner Giaubiger zum Nachteil anderer zu bevorzugen, darauf abzielende Handlungen vomimmt, insbesondere nicht verfallene Schulden bezahlt, eine verfallene Schuld anders als durch ubliche Zahlungsmittel tilgt, eine Schuld aus eigenen Mitteln sicherstellt, ohne dass er dadurch verpflichtet war, wird, wenn iiber ihn der Konkurs eroffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 167 StGB).

8.2 Tatvorwurf und rechtliche Vorausbemerkunoen

^ . Bezuglich des Tatvorwurfs wird zunachst auf II. Sachverhalt Ziffer 8 (S. 19 der Anklage) verwiesen. Die Konkurseroffnung ist objektive Strafbarkeitsbedingung und im vorliegenden Fall erfiillt, da iiber die ISMM AG am 21. Mai 2001 der Konkurs eroffnet wurde.

Wird die Bevorzugung im Geschaftsbetrieb einer Aktiengesellschaft begangen, so findet die Strafbestimmung gemass Art. 172 StGB Anwendung auf die Organe oder Mitglieder eines Organs, die Mitarbeiter einer juristischen Person oder einer Gesellschaft, denen eine vergleichbare selbstandige Entscheidungsbefugnis in ihrem Tatigkeitsbereich zukommt, oder auf den tatsachlichen Leiter einer juristischen Person, ohne dass dieser Organ, Mitglied eines Organs oder Mitarbeiter ist, welche die Handlung begangen haben (vgl. zum alten Recht: BGE 104 IV 80 f.).

Als zahlungsunfahig gilt, wer mangels der erforderlichen Mittel seinen Verbindlichkeiten, die fallig sind oder in nachster Zukunft fallig werden, nicht fristgemass nachzukommen vermag. Dabei ist eine dauernde und nicht bloss

voriibergehende Unfahigkeit w gemeint53. Die vom Bundesgericht gewahlte Definition, wonach eine Aktiengesellschaft dann im Sinne von Art. 167 StGB zahlungsunfahig sei, wenn ihre Aktiven die Forderungen der

Gesellschaftsglaubiger nicht mehr decken wiirden, verleitet zur falschen Annahme, es handle sich bei der vom Gesetz erwahnten Zahlungsunfahigkeit um eine Uberschuldung. Wie Alexander Bauer54 festhalt, ist die Auslegung des Gesetzes sinngemass vorzunehmen und sind die vollstreckungsrechtlichen Begriffe zu differenzieren. Danach

sollte der Gesetzestext sinngemass lauten: "Der Schuldner, der im Bewusstsein seiner Zahlungsunfahigkeit oder Uberschuldung...". Die Deckung muss auch Forderungen erfassen, die noch nicht fallig sind, aber mit grosser

Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft fallig werden (BGE 104 IV 77). Zahlungsunfahigkeit liegt letztlich vor, wenn einer Unternehmung nicht geniigend fliissige Mittel zur Verfugung stehen und auch nicht kurzfristig zur VerfCigung

gestellt werden konnen, um fallige und in nachster

53

Schubarth/Albrecht, a.a.O., N 5 zu Art. 165 54

Basler Kommentar, a.a.O., N 13 zu Art. 167

121

Zukunft fallige Glaubigerforderungen fristgerecht begleichen zu konnen. Dabei ist die Zahlungsunfahigkeit streng von der Uberschuldung abzugrenzen55.

Wie dargelegt, war die ISMM am 17. Januar 2001 im vorstehend beschriebenen Sinn zahlungsunfahig und waren sich die Beschuldigten dessen bewusst.

8.3 Als Tathandlung kommt jede, auch nur teilweise Befriedigung eines Giaubigers in Betracht, die ihm vertraglich nicht vorgesehene Vorteile bringen soil56. Die ordnungsgemasse, wenn auch de facto privilegierende Bezahlung von Schulden erfullt den Tatbestand jedoch in der Regel nicht57. Es ist somit dann eine tatbestandsmassige Bevorzugung gegeben, wenn sie als ungerechtfertigt erscheint, was bei inkongruenter Deckung zutrifft, mithin einer Deckung, welche der Giaubiger aufgrund der materiellen Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung nicht beanspruchen und durchsetzen kann58. Allerdings kann auch die Begleichung von kongruenten Forderungen den Tatbestand erfullen. Voraussetzung ist, dass die inkriminierte Handlung nach ihrem Unrechtsgehalt den in Art. 167 StGB genannten Regelbeispielen gleichwertig ist, sie gerade auf die Bevorzugung einzelner Giaubiger zum Nachteil der andern zielt und sich in ihr die eindeutige Bevorzugungsabsicht des Taters objektiv deutlich manifestiert (BGE 117 IV 26). Die Tathandlung kann jedoch auch darin bestehen, dass der Schuldner eine Schuld aus eigenen Mitteln sicherstellt, ohne dass er dazu verpflichtet war (vgl. BGE 74 IV 41 ff.).

Wie schon festgehalten, gewahrte die ISMM AG und die ISL Worldwide am 17. Januar 2001 der Dentsu Inc. eine Sicherheit im Sinne eines bedingten Forderungsverzichts bzJean-Marie W. einer Forderungsverpfandung ("pledge"). Zum Zeitpunkt der Gewahrung dieser Sicherheit war aber die Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG und ISL Worldwide schon gegeben, und es bestand auch keine Pflicht zur Sicherstellung aus eigenen Mitteln (vgl. dazu auch RVJ 1998, 187-190). Allerdings ist aktenkundig, dass die Tathandlung die Bevorzugung nicht erreicht hat. Am 18. August 2003 schlossen die ISL Worldwide, die ISMM AG in Konkurs und die LOFA Anstalt, vertreten durch die aussseramtliche Konkursverwaltung, mit Dentsu Inc. einen umfassenden Vergleich (D 2/H/146 und 149). Diesem (Ziffer 7) kann entnommen werden, dass auch die Verpfandung der erwahnten Forderung Gegenstand dieser Regelung war. Dabei wird festgehalten, dass Dentsu Inc. Kirch CHF 25 Mio. bezahlt habe, was im Resultat bedeuten wiirde, dass die gewahrte Sicherheit nicht zum Tragen kam. Wie bereits dargelegt, wurde das Entgelt fiir die Ubertragungsrechte der WM 2002 im Nachfolgevertrag zwischen Dentsu Inc. und der Kirchmedia GmbH vom 18. Oktober 2001 neu festgelegt bzJean-Marie W. um CHF 15'000'000.-reduziert (D 21/27, Anhang II). Die Restbetrage, welche am 31. Oktober 2001 (CHF 6'000'000.-) und am 31. Juli 2002 (CHF 4'000'000.~) fallig waren, wurden gemass Angaben des Zeugen Michael Francombe von Dentsu Inc. bezahlt (D 3/50, Ziffer 27, vgl. auch Ziffer 28 ff. und die schriftlichen Ausfuhrungen der Infront: D 21/30). Diese

55

Stephan Kesselbach, Krise und Sanierung bei Aktiengesellschaften - insbesondere aus strafrechtlicher Sicht, Diss. Zurich 2001,15

56

BJM 1971,191 57

Trechsel, a.a.O., N 3 zu Art. 167; RVJ 1998,187 ff. 58

Schubarth/Albrecht, a.a.O. N 12 zu Art. 167 Tatsache vermag jedoch die Erfullung des Tatbestandes nicht zu verhindern, weil die Tathandlung die

122

Bevorzugung nicht erreichen muss. Es bedarf keiner tatsachlichen oder endgultigen Schadigung von Glaubigern, wie sie z.B. durch eine Anfechtungsklage noch abgewendet werden kann (BGE 93 IV 18). Als Vorteil geniigt, dass im Zeitpunkt der verponten Handlung die Chance der Befriedigung des bevorzugten Giaubigers (Dentsu Inc.) erhoht wird, als Nachteil, dass die Befriedigungschance der anderen Giaubiger vermindert wird59 (D 4/A/7/15 ff.).

8.4 Bevorzugter Giaubiger war die Dentsu Inc. Sie eriangte ihre Glaubigerstellung am 17. Januar 2001, da nach dem (ibereinstimmenden Willen der Parteien der Vertrag seine Wirkungen gemass ausdriicklicher Regelung in Ziffer 4 an dem in der Vereinbarung genannten Datum entfaltete. Dabei ist von Bedeutung, dass sich die Glaubigerstellung nicht nur aus dem in der Zukunft liegenden Ereignis ableitet, sondern umfassender ist. So hatten sowohl die ISL Worldwide als auch die ISMM AG gemass Ziffer 3.3.1 als Gegenleistung fiir die Bereitstellung der Bankgarantie verschiedene, noch festzulegende Kompensationen zu gewahren und verpflichteten sich, die Kosten, welche mit dem Stellen der Bankgarantie verbunden waren, zu ubernehmen. Dentsu stellte diese Kosten bereits am 23. Januar 2001 in Rechnung (D 4/D/3/44 ff.). Somit lag im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Forderung von Dentsu vor, weshalb ihre grundsatzliche Glaubigerstellung zu bejahen ist.

Dass durch das inkriminierte Verhalten andere Giaubiger benachteiligt wurden (eine Benachteiligung liegt immer vor, wenn die Handlung den Glaubigern im Hinblick auf ihre Befriedigung in der Zwangsvollstreckung objektiv zum Nachteil gereicht) liegt auf der Hand; es kann diesbeziiglich auf die Kollokationsplane in den Konkursverfahren betreffend die ISMM AG und die ISL Worldwide (D 4/A/7/15 ff.) verwiesen werden.

8.5 In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich. Eventualdolus reicht (BGE 74 IV 44), nicht jedoch mit Bezug auf die eigene Zahlungsunfahigkeit. Diesbziiglich muss Wissen vorliegen60. Wie schon dargetan, waren die ISMM AG und die ISL Worldwide per Ende 2000 uberschuldet und illiquid. Die Beschuldigten hatten durchaus Kenntnis von der desolaten finanziellen Situation und wussten, dass die ISMM AG und die ISL Worldwide zum fraglichen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage waren, samtlichen weiteren falligen oder in naher Zukunft fallig werdenden Verpflichtungen nachzukommen. Um die Bankgarantie zu erhalten, nahmen sie eine Bevorzugung von Dentsu zumindest in Kauf. Auch der subjektive tatbestand ist mithin erfiillt.

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Stratenwerth, a.a.O., § 24, N 24 60

Trechsel, a.a.O., N 4 zu Art. 167 9. Bevorzugung eines Giaubigers (UBS AG)

9.1 Bezuglich der Tatbestandsvoraussetzungen zu Art. 167 StGB und der in Frage kommenden Taterschaft kann vorweg auf die vorstehenden Ausfuhrungen (Ziffer 8.1 bis 8.3) verwiesen werden. Betreffend den konkreten Tatvorwurf gilt sodann das unter II. Sachverhalt Ziffer 9 (S. 19 der Anklage) Festgehaltene. Wie zudem schon erwahnt, ist die objektive Strafbarkeitsbedingung erfCillt, da am 21. Mai 2001 uber die ISMM AG und die ISL Worldwide der Konkurs eroffnet

123

wurde.

9.2 Zur Zahlungsunfahigkeit Folgendes: Die beiden hier relevanten Bankiiberweisungen (Gutschriften) erfolgten mit Valuta am 18. September und 16. Oktober 2000. Zu diesen Zeitpunkten waren sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide uberschuldet und illiquid (vgl. vorstehend S. 61 ff. der Anklage). Zwar eruierte der Gutachter (der damaligen Fragestellung entsprechend) eine Uberschuldung und llliquiditat der beiden Gesellschaften per 30. September 2000. Indes ist mit dem Untersuchungsrichter festzuhalten, dass die per Ende September festgestellte Uberschuldung selbstredend das Resultat eines fliessenden Prozesses ist, das sich nicht erst am Stichtag 30. September 2000 ergibt. Auf Grund der zeitlichen Nahe der beiden Stichtage (18. und 30. September 2000) kann die Uberschuldung ohne Zweifel auch auf den 18. September angenommen werden. Im Ubrigen erscheint ohnehin fraglich, ob bei Art. 167 StGB iiberhaupt die Frage der Uberschuldung beantwortet werden muss, zumal das Gesetz lediglich von einer Zahlungsunfahigkeit spricht. Ausreichend ist nach unbestrittener Lehre eine dauernde Oder doch nicht ganz voriibergehende Zahlungsunfahigkeit. Diese war aber nach Auffassung der Anklagebehorde zweifelsfrei gegeben.

9.3 Betreffend die Tathandlung (vgl. dazu auch Ziff. 8.3 erster Absatz) ist nochmals darauf hinzuweisen, dass eine Bevorzugung u.a. dann gegeben ist, wenn sie als ungerechtfertigt erscheint, was bei inkongruenter Deckung zutrifft.

9.3.1 Die Sporis Holding AG, ISMM Investments AG, ISL Marketing AG und die ISL Tennis Marketing AG schlossen am 13. Juli 1999 mit der Banque Nationale de Paris (Suisse) SA [heute: BNP Paribas Private Bank (Switzerland) SA] einen Kreditvertrag iiber CHF 277'000'000.~. Dabei handelte es sich um einen Kontokorrentkredit, in dessen Rahmen es der Kreditnehmerin erlaubt war, fiir laufende Bediirfnisse kurzfristig iiber eine Limite von CHF 20'000'000.- zu verfiigen. Diese Kreditlimite war am 31. Dezember 2002 fallig (D 5/119/2, S. 5). Gemass den allgemeinen Geschaftsbedingungen - Ausgabe 2000 (D 5/113) - hatte die UBS ein Verrechnungsrecht (Ziffer 8).

9.3.2 Dem Umstand Rechnung tragend, dass die gegenstandlichen Zahlungen (Globo/Dentsu) auf Konten erfolgten, welche einem Kontokorrentverhaltnis unterstanden, ist einleitend Folgendes auszufiihren.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist der Kontokorrentkredit eine rein banktechnische Rechnungsweise, welche die Banken nicht nur auf die Kreditrechnungen anwenden, bei denen sie in der Regel Giaubiger sind, sondern auch auf die Kreditorenrechnungen, bei denen sie Schuldner sind. Erst in Verbindung mit der Gewahrung eines revolvierenden Kreditrahmens kann von einem Konto-korrentkredit gesprochen werden. Unter diesem versteht man im Gegensatz zum Festkredit einen Kredit, bei dem es dem Kreditnehmer nach seiner Wahl frei steht, im Rahmen der ihm aus-gesetzten Limite das Geld jederzeit zu beziehen oder zuriickzuzahlen, wobei die Beziige oder RCickzahlungen im Kontokorrent belastet bzJean-Marie W. gutgeschrieben werden. Infolgedessen kann der Kreditnehmer auch vorubergehend Giaubiger der Bank werden, namlich dann, wenn seine Ruckzahlungen hoher sind als die erfolgten BezOge61.

Was die zivilrechtliche Sicht betrifft, kann vorweg die Darstellung von Von Thur/Escher wieder-gegeben werden. Danach verabreden die Parteien, dass ihre beiderseitigen Geldforderungen bis zu dem von ihnen bestimmten Abrechnungstermin gestundet sind und wahrend dieser Zeit nicht durch Klage oder Abtretung verwertet werden, sondern nur als Rechnungsposten fiir die Berech-nung des Saldos dienen sollen. Im Sinn dieser Verabredung liegt es, dass Zahlungen einer der Parteien nicht nach Art. 86/7 OR auf eine bestimmte Schuld des Zahlenden angerechnet, sondern ihm gutgeschrieben und bei der Berechnung des Saldos beriicksichtigt werden. Abgesehen von diesen Wirkungen wird die Eigenart und Selbstandigkeit einer Forderung dadurch, dass sie unter eine Kontokorrentverabredung fallt, nicht verandert. Auch die Einsetzung der Forderung in das Kontokorrent hat, wie Art. 117 Abs. 1 OR ausdrucklich bestimmt, keine Neuerung zur Folge. Dies schon deswegen, weil die Aufnahme eines Postens in eine Rechnung

124

als einseitiger Akt dessen, der die Rechnung fiihrt, keine rechtsandemde Wirkung haben kann. Wird hingegen der Saldo gezogen und anerkannt, wird Neuerung angenommen (Art. 117 Abs. 2 OR). Die Berechnung des Saldos besteht darin, dass der die laufende Rechnung fuhrende Kontrahent die Posten der Sollund Habenseite zusammenrechnet, von den sich daraus ergebenden Betragen den kleineren vom grosseren subtrahiert und das Resultat (Saldo) dem Gegner mitteilt. Auch diese Tatigkeit, das Ziehen des Saldos, hat keine rechtsandemde Wirkung. Erst wenn der Gegner den ihm mitgeteilten Saldo als richtig anerkennt, sei es ausdrucklich, sei es dadurch, dass er die Zeit verstreichen lasst, wahrend welcher ein Widerspruch zu erwarten ist, erfolgt die Neuerung. Die in die Rechnung aufgenommenen beiderseitigen Forderungen sind, soweit sich ihre Gesamtbetrage decken, aufgehoben, allerdings nicht durch Neuerung, sondern durch Verrechnung. Aber was sich als Saldo zu Gunsten einer Partei herausstellt, gilt nicht als eine bei der Verrechnung im Uberschuss verbliebene Forderung des Saldoberechtigten, sondern als neue, durch die Anerkennung des Kontokorrentauszuges entstandene Forderung, welche an Stelle samtlicher durch die Verrechnung nicht gedeckten Forderungen tritt62. Bruno von Biiren ist der Meinung, dass die Saldoziehung und Anerkennung des Saldos im Kontokorrent nur eine Anderung der Schuld nach sich ziehe - und nicht mehr63.

9.3.3 Mit Verfugung vom 3. Juni 2003 wurde die UBS AG u.a. aufgefordert, mitzuteilen, ob der den ISMM Gesellschaften gewahrte Kredit im Zeitpunkt der Eingange von US$ 59'207'500.~ und CHF 15'000'000.- zur Riickzahlung fallig gewesen sei (D 5/124/4). Die UBS AG stellte sich mit Schreiben vom 23. Juni 2003 unter Erlauterung auf die grundsatzliche Funktionsweise eines Kontokorrentverhaltnisses auf den Standpunkt, dass „eine partielle Riickzahlung des gemass dem CFA gewahrten Kredites" durch diese Gutschriften nicht erfolgt sei. Die Frage der Failigkeit wurde offen gelassen (D 5/124/5). Mit Schreiben vom 24. September 2003 wurde die UBS AG ersucht, die Grundlagen der taglich von ihr unter Berucksichtigung samtlicher Konten der Kreditnehmerin errechneten Nettoposition fiir den 18. September und 16./17. Oktober 2000 zu hinterlegen (D 5/124/40). Mit Schreiben vom 16. Oktober 2003 wurde die UBS AG nochmals ersucht, die Frage zu beantworten, ob die Negativsalden auf den Konten Nr. 248-594050.60 J und Nr. 248-594050.01 P an den vorstehend erwahnten Daten zur Riickzahlung fallig gewesen seien (D 5/124/42). Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 halt die UBS AG fest (D 5/124/44),

dass es jedem Kreditnehmer im Rahmen eines Kontokorrentkreditverhaltnisses freistehe, einen einmal vollumfanglich beanspruchten Kredit durch Einzahlungen ganz oder teilweise zu reduzieren (Ziffer 1, S. 2),

61

Albisetti, Boemle, Ehrsam, Gsell, Nyffeler, Rutschi, a.a.O, 428 62

von Thur Escher, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. 2, 3. A., Zurich 1979, 183 ff

63 Bruno von Biiren, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Zurich 1964, 363 dass der Kredit an den vorstehend bezeichneten Daten nicht zur Riickzahlung fallig gewesen sei (Ziffer 2, S. 2),

dass Einzahlungen der Kreditnehmer wahrend der Laufzeit eines Kontokorrentkredites nicht mit einer Riickzahlung des Kredites gleichzusetzen seien (Ziffer 2, S. 2),

dass dies nur der Fall ware, wenn die UBS AG der jeweiligen Kontoinhaberin den Kredit im Umfang der Einzahlungen gekundigt hatte, wodurch die Einzahlungen de facto zur Riickzahlung des Kredites verwendet worden waren (Ziffer 2, S. 2),

dass dies jedoch in casu nicht zutreffe (Ziffer 2, S. 2),

dass sich durch die Einzahlungen der verfiigbare Teil des Kontokorrentkredites innerhalb der Limite von CHF 20'000'000.- erhoht habe (Ziffer 2, S. 2),

dass die Kreditnehmer den unbenutzten Teil des Kredites umgehend wieder beansprucht hatten (Ziffer 2, S. 2).

Das Konto Nr. 248-594050.60 J bei der UBS AG Luzern, lautend auf ISL Worldwide, L^fc*' wies am 14. September 2000 einen Negativsaldo von USD -38'578'164.06 auf (D 5/2).

Mit Valuta 18. September 2000 wurde dem Konto eine Uberweisung der Globo

125

Overseas Investment B.V. von USD 59'207'500.-- gutgeschrieben (D 5/24).

Das Konto Nr. 248-594050.01 P bei der UBS AG Luzern, lautend auf ISL Worldwide, wies am 13. Oktober 2000 einen Negativsaldo von CHF -23'925'967.77 auf (D 5/108). Mit Val. 16. Oktober 2000 wurde dem Konto eine Uberweisung der Dentsu Inc. von CHF 15'000'000.-- gutgeschrieben (D 5/117).

Die UBS hat mit Bezug auf die Swing Line von CHF 20'000'000.- auf den 18. September 2000 eine Nettoposition bzJean-Marie W. einen Habensaldo von 9'494'138.-- errechnet, womit vollumfanglich iiber die Swing Line verfiigt werden konnte (D 5/124/44 und 45). Die Berechnung der Nettoposition beriicksichtigt samtliche Konten der am Pool beteiligten Gesellschaften der ISMM Gruppe. Am 16. Oktober 2000 konnte auf Grund der Dentsu Uberweisung gemass Berechnungen der UBS AG iiber CHF 6'540'798.73 verfiigt werden (D 5/124/44 und 62).

9.3.4 Es kann festgehalten werden, dass mit den beiden Eingangen (Globo/Dentsu) Kredite bzJean-Marie W. Kreditiiberzuge zuriickbezahlt wurden. Ob die die Limite von CHF 20'000'000.

. ubersteigenden Betrage sofort fallig wurden, ist vom Gericht zu entscheiden. Kein %& Zweifel besteht mit Bezug auf die Feststellung, dass jene Betrage, die unter dieser

Limite lagen, erst am 31. Dezember 2002 fallig waren. Wie der Untersuchungrichter zu Recht festhilet, andert die zivilrechtliche Ausgestaltung des Instituts des Kontokorrents daran nichts; dies schon deshalb nicht, weil gemass zumindest zu beriicksichtigender, obzitierter Lehrmeinung die Saldoziehung und Anerkennung des Saldos im Kontokorrent nur eine Anderung der Schuld nach sich zieht. Diese Schuld bleibt eingebettet in das konkrete, nach wie vor bestehende und nicht abgeanderte Vertragsverhaltnis. Dies heisst aber, dass der nach Saldoziehung (erfolge sie laufend oder auf einen vereinbarten Stichtag) sich ergebende Schuldsaldo - soweit er unter CHF 20'000'000.liegt - nicht fallig war. Der rein zivilrechtlichen Konzeption der Neuerung folgend entsteht - in welchem Zeitpunkt auch immer durch die Saldoziehung eine neue Schuld. Ist sie vermindert worden, so nur durch die Zufiihrung von Aktiven, auf welche die UBS AG in diesem Zeitpunkt keinen Anspruch hatte, auch wenn ihre Verrechnung auf Grund der diesbezuglichen Abrede rechtens war.

Insofern ist von der Begleichung einer nicht falligen Forderung auszugehen. Aus strafrechtlicher Sicht und somit in Beriicksichtigung des Zweckgedankens von Art. 167 StGB erscheint es nicht zulassig, dass der Schuldner auf Grund eines einseitigen Gestaltungsrechts bestimmen kann, was er zum Nachteil anderer Giaubiger zur Verrechnung

bringt. Dabei ist zu berucksichtigen, dass es aus strafrechtlicher Sicht keine Rolle spielt, ob der Schuldner das Recht (zivilrechtlich) hat, vorzeitig zu leisten, da alleine seine Zahlungspflicht massgebend ist64. Die Tat erschopft sich im Verstoss gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Giaubiger (BGE 93 IV 19) und nicht wie bei den Bankrotthandlungen nach Art 163 aStGB gegen die Zwangsverwertung iiberhaupt. Es reicht mithin die entsprechende Vermogensverfugung, um damit die Zugriffsrechte einzelner Giaubiger zu gefahrden65. Diese Gefahrdung war jedoch in den fraglichen Zeitpunkten eindeutig gegeben, da sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide illiquid und iiberschuldet waren.

9.4 Bevorzugter Giaubiger war die UBS AG. Dass dadurch andere Giaubiger benachteiligt wurden (eine Benachteiligung liegt immer vor, wenn die Handlung den Glaubigern im Hinblick auf ihre Befriedigung in der Zwangsvollstreckung objektiv zum Nachteil gereicht) liegt auf der Hand; es kann diesbeziiglich auf die Kollokationsplane in den Konkursverfahren betreffend die ISMM AG und die ISL Worldwide (D 4/A/7/15 ff.) verwiesen werden.

9.5 In subjektiver Hinsicht ist massgebend, dass die Beschuldigten zum Tatzeitpunkt erstelltermassen von der oben umschriebenen Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG sowie der ISL Worldwide wussten. Mit dem

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Vorgehen nahmen sie eine Bevorzugung der Bank als Glaubigerin bewusst in Kauf. Auch der subjektive Tatbestand ist mithin erfiillt.

10. Falschbeurkundung hinsichtlich der Depositenbescheinigungen betreffend die ISL Hospitality AG. ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG

10.1 Gesetzliche Grundlage

Eine Falschbeurkundung gemass Art. 251 Ziff. 1 StGB begeht, wer in der Absicht, jemanden am Vermbgen oder an andern Rechten zu schadigen oder sich oder einem andern einen unrechtmassigen Vorteil zu verschaffen, eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet Oder beurkunden lasst. Urkunden sind unter anderem Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110 Abs. 4 StGB). Bei der Falschbeurkundung geht es nur darum, dass die in der Urkunde enthaltene Erklarung nicht mit der Wahrheit ubereinstimmt, wobei nach allgemeiner Ansicht die einfache schriftliche Liige keine Falschbeurkundung darstellt. Nach Lehre und Rechtsprechung darf eine Falschbeurkundung (eine qualifizierte schriftliche Liige) nur angenommen werden, wenn allgemeingultige objektive Garantien die Wahrheit der Erklarung gewahrleisten (BGE 120 IV 202 f.). Mit Art. 253 Abs. 1 StGB (vgl. anschliessende Ziffer 11) wird die mittelbare Falschbeurkundung durch Urkundspersonen und Beamte speziell erfasst; die tatbestandsmassige Handlung etspricht im Wesentlichen dem "Beurkunden lassen" nach Art. 251 StGB.

64

Schubarth/Albrecht, a.a.O., N 17 zu Art. 167 65

Schubarth/Albrecht, a.a.O., N 26 zu Art. 167 10.2 Zum Tatvorwurf vgl. vorstehend II Sachverhalt Ziffer 10 (S. 20 der Anklage). Die UBS AG bescheinigte im

Zusammenhang mit der Grundung der Hospitality Gesellschaften, dass bei ihr gemass Art. 633 OR der Betrag von CHF 100'000.- zur Vollliberierung des Aktienkapitals in gleicher Hohe eingegangen sei und dieser Betrag nach erfolgter Publikation im SHAB iiber die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister oder nach Vorlage des Auszuges aus dem Handelsregister zur ausschliesslichen und freien VerfCigung der Gesellschaft gehalten werde (D 4/A/8/19, D 4/A/9/12, D 4/A/10/10).

10.3 Zur Grundung der Gesellschaften und ihrer Einordnung in die ISMM Gruppe ist Folgendes festzuhalten:

Gemass Offentlicher Urkunde vom 27. Februar 2001 (D 4/A/8/10) wurde die ISL Hospitality AG durch die ISL International AG, Hans-Jürg S., Philippe Margraff und Hans-Peter JEAN-MARIE W., alle vertreten durch Oliver P. Kronenberg, gegrundet. Die Aktien wurden wie folgt gezeichnet (Ziffer III der Urkunde):

- ISL International AG: 97 Aktien - Hans-Jürg S.: 1 Aktie - Philippe Margraff: 1 Aktie - Hans-Peter JEAN-MARIE W.: 1 Aktie

Der Verwaltungsrat setzte sich aus folgenden Personen zusammen: Hans-Jürg S., Philippe Margraff und Hans-Peter JEAN-MARIE W. (Ziffer VI der Urkunde). Philippe Margraff, welcher in der ISMM Gruppe als Head of Football Departement (D 8/2/10) ab dem 17. Oktober 2000 im Group Management Board Einsitz nahm (D 8/2/12), erklarte am 1. Marz 2001 seinen Rucktritt als Verwaltungsrat (D 4/A/8/8). Bis zur Konkurseroffnung vom 22. Juni 2001 waren Hans-Jürg S. als Prasident und Hans-Peter JEAN-MARIE W. als Mitglied des Verwaltungsrats im Handelsregister eingetragen (D 4/A/8/2). Wie dem Organigramm (Status nach 21. Mai 2001) entnommen werden kann, handelte es sich bei der ISL International AG um

127

eine Tochtergesellschaft der ISL Worldwide, bei der ISL Hospitality AG um eine solche der ISL International AG (D 4/A/8/16).

Gemass Offentlicher Urkunde vom 6. Marz 2001 (D 4/A/9/10) wurde die ISL Hospitality (Japan) AG durch die ISL Hospitality AG, Hans-Jurg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W., alle vertreten durch Oliver P. Kronenberg, gegrundet. Die Aktien wurden wie folgt gezeichnet (Ziffer III der Urkunde):

- ISL Hospitality AG: 98 Aktien - Hans-Jürg S.: 1 Aktie - Hans-Peter JEAN-MARIE W.: 1 Aktie

Der Verwaltungsrat setzte sich aus folgenden Personen zusammen: Hans-Jürg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. (Ziffer VI der Urkunde). Bis zur Konkurseroffnung vom 22. Juni 2001 waren Hans-Jürg S. als Prasident und Hans-Peter JEAN-MARIE W. als Mitglied des Verwaltungsrats im Handelsregister eingetragen (D 4/A/9/2). Wie dem Organigramm (Status nach 21. Mai 2001) entnommen werden kann, handelte es sich bei der ISL Hospitality (Japan) AG um eine Tochtergesellschaft der ISL Hospitality AG (D 4/A/9/17).

Die ISL Hospitality (Korea) AG wurde am gleichen Datum mit identischen Vorgaben wie bei der ISL Hospitality (Japan) gegrundet (D 4/A/10).

Der Verwaltungsrat der ISL (International) AG setzte sich am 27. Februar bzJean-Marie W. 6. Marz 2001 aus Jean-Marie JEAN-MARIE W. (VRP), Hans-Jürg S. (MVR) und Hans-Peter JEAN-MARIE W. (MVR) zusammen (D 4/A/4/1+2).

Im Uberblick konnen die neu gegrundeten Gesellschaften folgendermassen in die ISMM Gruppe eingeordnet werden:

ISL Hospitality ISL Hospitality (Japan) AG (Korea) AG

10.4 Finanzieller Hintergrund im Zeitpunkt der Gesellschaftsariindungen:

10.4.1 Das Aktienkapital wurde am 26. und 27. Februar 2001 von der ISL Worldwide ab dem Konto Nr. 248-594050.01 P bei der UBS AG Luzern an die Gesellschaften in GrCindung uberwiesen (D 4/A/8/20, D 4/A/9/20, D 4/A/10/19). Der Zahlungsauftrag wurde durch Hans-Peter JEAN-MARIE W. und Hans-Jurg S. unterzeichnet (D 4/A/8/26). Die Grundungen erfolgten am 27. Februar (ISL Hospitality AG) und 6. Marz 2001 [ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG].

Das Kapital floss am 21. Marz 2001 wieder auf das gleiche Konto an die ISL Worldwide zuruck (D 4/A/8/21, D 4/A/9/21, D 4/A/10/20). Der Zahlungsauftrag wurde durch Hans-

128

Peter W. und Hans-Jürg S. unterzeichnet (D 4/A/8/27).

Die Gesellschaften waren nicht operativ tatig (D 3/43, Ziffer 61, D 4/A/8/13). Am 22. Juni 2001 wurde iiber sie der Konkurs eroffnet und das Verfahren mangels Aktiven eingestellt (D 4/A/8/2, D 4/A/9/2, D 4/A/10/2).

Die untersuchungsrichterlichen Bankenabklarungen ergaben, dass bei der UBS je ein Kapitaleinzahlungskonto bestand, jedoch keine weiteren Konti gefuhrt wurden. Der Kapitalriickfluss an die ISL Worldwide erfolgte demzufolge ab den Kapitaleinzahlungskonten (D 4/A/8/22, Ziffer 2+3).

10.4.2 Wie dargestellt, war die ISMM Gruppe im Zeitpunkt der Gesellschaftsgrundungen uber

schuldet und illiquid.

Mit Bezug auf die einzelnen Gesellschaften ergibt sich zusammengefasst folgendes Bild:

ISMM AG: 31.12.2000

Gewinn oder Verlust kumuliert / Ergebnis vom 1.01. bis 31.12.2000 Verlust

Uberschuldet Ja

Illiquid Ja

Per 31.12.2000 erzielte die ISMM AG einen Jahresverlust von CHF -443'173'000.~ bei einem negativen Eigenkapital von CHF -121'847'000.- (D 7/D/1, Ziffer 5.6.1, Seite 20 und Ziffer 5.6.2, Seite 27+28). Die Gesellschaft war illiquid. D.h. die bereits verfallenen Verpflichtungen iiberstiegen die vorhandenen Mittel erheblich (D 7/D/1, Ziffer 5.6.3, Seite 28+29)

ISL Worldwide:

31.12.2000

Gewinn oder Verlust kumuliert/Ergebnis vom 1.01. bis 31.12.2000 Verlust

Uberschuldet Ja

Illiquid Ja

Per 31.12.2000 erzielte die ISL Worldwide einen Jahresverlust von CHF -421'017'000 (D 7/D/1, Ziffer 5.7.1, Seite 30) bei negativen Eigenkapital von CHF -318'079'000.-- (D 7/D/1, Ziffer 5.7.2, Seite 31). Die Gesellschaft war illiquid (D 7/D/1, Ziffer 5.7.3, Seite 32)

ISL (International) AG:

31.12.2000

Uberschuldet Ja

Illiquid Ja

Per 31.12.2000 erzielte die ISL (International) AG einen Jahresverlust von CHF 28'944'407.-- (D 6/3/1/8) bei einem negativen Eigenkapital von CHF -27'892'286.-. Sie war im Zeitpunkt der Konkurseroffnung illiquid (D 4/A/4/16, S. 2, „keine liquiden Aktiven"). Wohl hatte die ISL (International) AG substantielle Beteiligungen, welche aber erst im Rahmen des Konkursverfahrens verkauft wurden (D 4/A/4/21).

129

10.5 Die buchhalterische Erfassung des Aktienkapitals

10.5.1 Den Buchhaltungsauszugen kann entnommen werden, dass der Eingang des Aktienkapitals bei alien drei Gesellschaften gleich gebucht wurde, namlich auf dem Konto 121100 Trade receivable group companies (Handelsguthaben gegenuber Gruppengesellschaften). Stellvertretend kann auf die diesbeziigliche Erfassung bei der ISL Hospitality AG verwiesen werden (D 4/A/8/15). Am 26. Februar 2001 erhielt die ISL Hospitality AG in Grundung die „Kapitaleinzahlung fiir Griindung" von CHF 100'000.-vergutet (D 4/A/8/20). Der Eingang wurde nicht etwa mit dem Buchungssatz Bank an Aktienkapital, sondern mit dem Datum der Zahlung und damit noch vor der Grundung mit dem Buchungssatz Debitoren an Aktienkapital erfasst.

Das Aktienkapital der Gesellschaften floss nach deren Grundung am 21. Marz 2001 an die ISL Worldwide zuruck. Diese Zahlung hatte buchhalterisch mit dem Buchungssatz Debitoren (oder Darlehen) an Bank erfasst werden miissen. Der mit Datum der Zahlung (21. Marz 2001) angewandte Buchungssatz lautete aber „Aktienkapital an Debitoren" und neutralisierte die Buchung vom 26. Februar 2001. Gemass den beiden Buchungen vom 26. Februar und 21. Marz 2001 hatte die ISL Hospitality AG im letztgenannten Zeitpunkt weder Aktiven noch Passiven - aber auch kein Aktienkapital mehr.

Die zwar unter rechtlichen Gesichtspunkten unmoglichen Buchungen indizieren, dass aber nie die Absicht bestand, das Aktienkapital den neugegriindeten Gesellschaften zur Verfugung zu stellen bzJean-Marie W. schon vor der Grundung beschlossen war, das Aktienkapital zuriickfliessen zu lassen. Unmoglich deshalb, weil die Bilanzierung des Aktienkapitals zwingend mit jenem gemass Handelsregister ubereinstimmen muss. Eine Ausbuchung ware nur bei einer Liquidation moglich gewesen.

10.5.2 Im Rahmen der drei Konkursverfahren wurden folgende Stati eingereicht:

ISL Hospitality AG (D 4/A/8/14):

Aktiven CHF

Beteiligungen ISL Hospitality (Japan) AG 100'000.00 ISL Hospitality (Korea) AG 100'000.00 Wertberichtigung Beteiligungen -200'000.00 Total AnlagevermOgen 0.00 Total Aktiven 0.00

Passiven

Verbindlichkeiten gegenuber ISL Worldwide 100'000.00 Total Fremdkapital 100'000.00 Aktienkapital 100'000.00 Bilanzgewinn Jahresgewinn -200'000.00

-200'000.00 Total Eigenkapital -lOO'OOO.OO Total Passiven 0.00

ISL Hospitality (Japan) AG (D 4/A/9/15):

Aktiven CHF

Forderung gegenuber ISL Worldwide 100'000.00 Wertberichtigung Forderung -100'000.00 Total Umlaufvermogen 0.00 Total Aktiven 0.00

Passiven

Verbindlichkeiten gegenuber ISL Worldwide 100'000.00 Total Fremdkapital 100'000.00 Aktienkapital 100'000.00 Bilanzgewinn Jahresgewinn -100'000.00

130

-100'000.00 Total Eigenkapital 0.00 Total Passiven -100'000.00 100'OOQ.OO

ISL Hospitality (Korea) AG (D 4/A/10/13):

Aktiven CHF

Forderung qegeniiber ISL Worldwide 100'000.00 Wertberichtigunq Forderunq -100'000.00 Total Umlaufvermogen 0.00 Total Aktiven 0.00

Passiven

Verbindlichkeiten qeqenuber ISL Worldwide 100'000.00 Total Fremdkapital 100'000.00 Aktienkapital 100'000.00 Bilanzgewinn Jahresgewinn -100'000.00

-100'000.00 Total Eigenkapital 0.00 Total Passiven -100'000.00 100'OOQ.OO

Hans-Juro S. erklarte bei der Befragung durch das Konkursamt, dass die ISL Hospitality AG gegenuber der ISL Worldwide ein Darlehensguthaben von CHF 100'000.

- gehabt habe (D 4/A/8/13). Diese Feststellung betreffe nur die ISL Hospitality AG, welche je eine Beteiligung an der ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG von je CHF 100'000.- gehabt habe. Diese Beteiligungen mussten jedoch als Nonvaleur bezeichnet werden. Dem im Rahmen des Konkursverfahrens eingereichten Status per 21. Mai 2001 (ISL Hospitality AG) kann entnommen werden,

- dass unter den Aktiven die vorerwahnten Beteiligungen wertberichtigt wurden (D 4/A/8/14), und unter den Passiven eine Verbindlichkeit gegeniiber der ISL Worldwide von CHF lOO'OOO.- ausgewiesen wird;

- dass im Status betreffend die ISL Hospitality (Japan) AG unter den Aktiven eine auf 0 wertberichtigte Forderung gegenuber der ISL Worldwide von CHF 100'000.~

angegeben wurde und unter den Passiven eine Verbindlichkeit gegeniiber der ISL Worldwide von CHF lOO'OOO.- (D 4/A/9/15);

- dass der Status betreffend die ISL Hospitality (Korea) AG mit jenem betreffend die ISL Hospitality (Japan) AG identisch ist(D 4/A/10/13).

Mit Bezug auf die ISL Hospitality AG und ihre beiden Beteiligungen gab Hans-Jürg S. bei der Einvernahme vom 6. Februar 2004 sinngemass an, dass es bei diesen zwei Tochtergesellschaften kein Riickfluss gewesen sei, sondern eine Darlehensgewahrung innerhalb der Gruppe (D 3/43, Ziffer 63). Auf die Frage, warum unter den Aktiven keine Forderung gegenuber der ISL Worldwide angefuhrt sei, gab er an,

dass er vermute, dass die ISL Worldwide CHF 100'000.-- gegeben habe fiir die Griindung durch die ISL International AG und dann nochmals CHF lOO'OOO.- direkt an die ISL Hospitality. In jenem Zeitpunkt habe Letztere CHF 200'000.-- cash gehabt (CHF lOO'OOO.- Aktienkapital und CHF 100'000.~ Schuld gegenuber der ISL Worldwide). Der nachste Schritt sei die Grundung der zwei Tochtergesellschaften mit je CHF 10O'OOO.-- Aktienkapital gewesen und diese Tochtergesellschaften hatten die Mittel als kurzfristiges Darlehen an die ISL Worldwide gewahrt, weil sie zur Zeit noch nicht aktiv gewesen seien und diese Mittel demnach noch nicht benotigt hatten (D 3/43, Ziffer 64). Darauf wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Zwecks Klarstellung: Bei der Einvernahme im Rahmen des Konkursverfahrens haben Sie unter "Guthaben" jenes gegeniiber der ISL Worldwide angegeben, welches jedoch nur die ISL Hospitality AG betreffe. Sie haben vorhin gesagt, dass die Tochtergesellschaften die Mittel als kurzfristiges Darlehen der ISL Worldwide gewahrt hatten. Hatte so gesehen nicht auch ein Darlehensguthaben der beiden Tochtergesell-schaften bestanden? Darauf gab er an, dass er nicht mehr wisse, ob die Tochtergesellschaften der ISL Worldwide das Darlehen direkt gewahrt hatten oder ob es iiber die ISL Hospitality AG gewahrt worden sei (D 3/43, Ziffer 65). Nachdem ihm der Status betreffend die ISL Hospitality (Japan) AG und der ISL Hospitality (Korea) AG vorgelegt wurden, gab er an dass sich seine Ausfuhrungen bestatigen wiirden, wonach es sich um ein ..kurzfristiges Intercompany Darlehen" an die ISL Worldwide handle (D 3/43, Ziffer 68+71). Nach Vorlage des Status per 21. Mai 2001 der ISL Hospitality (Japan) AG (4/A/9/15) und die Frage warum unter den Passiven eine Verbindlichkeit gegeniiber der ISL Worldwide iiber CHF lOO'OOO.- angefuhrt sei, gab er an, dass er das so nicht verstehe. Seiner Meinung nach sei das nicht richtig (D 3/43, Ziffer 68+69).

10.6 Gestutzt auf die Beweiserhebungen steht somit fest, dass

131

das Aktienkapital kurz nach Griindung der Hospitality Gesellschaften an die ISL Worldwide zuriickfloss,

diese im Zeitpunkt der Zurverfugungstellung und des RCickflusses des Kapitals uberschuldet und illiquid war,

- die finanzielle Situation der ISL Worldwide die Riickzahlung des von Hans-Jürg S. als kurzfristiges Darlehen bezeichneten Kapitals nicht auf erstes Verlangen hin moglich gewesen ware,

- fur die Hospitality Gesellschaften keine Geschafts- sondern lediglich Kapitaleinzahlungskonten errichtet wurden,

- die Hospitality Gesellschaften nie operativ tatig waren und - die Art der Ein- und Ausbuchung des Aktienkapitals indiziert, dass nicht die Absicht bestand, den

gegriindeten Gesellschaften das Aktienkapital zur freien Verfugung zu uberlassen.

10.7 Unrichtig beurkundet ist eine Urkunde dann, wenn der wirkliche und der beurkundete Sachverhalt nicht ubereinstimmen. Im vorliegenden Fall steht auf Grund der Untersuchung fest, dass die von der UBS AG Luzern am 26. und 28. Februar 2001 jeweils bescheinigte Tatsache, wonach die auf dem Aktienliberierungskonto gutgeschriebenen CHF lOO'OOO.-- nach Eintrag im Handelsregister zur ausschliesslichen und freien Verfugung der Gesellschaft gehalten werde, offensichtlich falsch war. Denn die entsprechenden Gelder wurden von ISL Worldwide zwecks Grundung der drei genannten Gesellschaften planungsgemass bloss kurz zur Verfugung gestellt und nach den Griindungen wieder zuruckiiberwiesen. Die Einzahlung des gesamten Aktienkapitals erfolgte mithin bloss zum Schein. Selbst wenn der Ruckfluss als Darlehen deklariert wurde, vermag dies am Gesagten nichts zu andern. Faktisch lag eindeutig eine Riickzahlung des Aktienkapitals vor, und die Gelder standen entgegen dem beurkundeten Sachverhalt den ISL Hospitality-Gesellschaften eben nicht zur freien Verfugung, zumal allfallige Darlehensforderungen vor dem Hintergrund der finanziellen Rahmenbedingungen der Darlehensgeberin als Nonvaleur betrachtet werden mussten. Waren die behaupteten Kapitaleinzahlungen im Resultat aber bloss fingiert, erweisen sich die eingangs genannten Bestatigungen materiell als falsch, so dass der objektive Tatbestand von Art. 251 Ziff. 1 StGB an sich erfullt ist.

Ein den Rechtstypus der Aktiengesellschaft charakterisierender Grundzug ist die fehlende personlich Haftung der Gesellschafter. Dies zwang den Gesetzgeber zum Erlass besonderer Kapitalschutzbestimmungen. Die Griindung der Gesellschaften erforderte, dass bei der Errichtung der Griindungsurkunden der Urkundsperson jeweils eine Bescheinigung der Depositenstelle vorlag, wonach der gesetzliche oder ein statutarisch festgesetzter hoherer Betrag auf jede Aktie zur freien Vefugung der Gesellschaft bei der Depositenstelle hinterlegt war. Die Beweisbestimmung und Beweiseignung der Bankbescheinigungen kann grundsatzlich nicht in Frage gestellt werden. Allerdings erbringen sie nur Beweis dafiir, dass die jeweilige Zahlung auf dem Konto hinterlegt worden ist und die Bank den jeweiligen Betrag erst nach erfolgter Eintragung im Handelsregister freigibt. Uber den Rechtsgrund der Zahlung und den Willen der Griinder, ihrer Liberierungspflicht nachzukommen, sagen sie indes nichts aus. Jedenfalls kommt insofern den Bescheinigungen keine erhohte Glaubwiirdigkeit zu. Die Depositenbescheinigungen weisen demzufolge im Resultat keine Urkundenqualitat auf (vgl. auch BGE 6P. 128/2001 bzJean-Marie W. 6S.512/2001, je Erwagung 7). Falschbeurkundungen nach Art. 251 StGB sind daher zu verneinen, und dies fuhr zum Antrag, die Beschuldigten seien vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfaischung freizusprechen.

11. Unwahre Angaben iiber kaufmannische Gewerbe und Erschleichung von Falschbeurkundunqen (ISL Hospitality AG. ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG

11.1 Nach Art. 152 StGB macht sich strafbar, wer als Grunder, als Inhaber, als unbeschrankt haftender Gesellschafter, als Bevollmachtigter oder als Mitglied der Geschaftsfuhrung, des Verwaltungsrates, der

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Revisionsstelle oder als Liquidator einer Handelsgesellschaft, Genossenschaft oder eines andern Unternehmens, das ein nach kaufmannischer Art gefuhrtes Gewerbe betreibt, z.B. in offentlichen Bekanntmachungen unwahre oder unvollstandige Angaben von erheblicher Bedeutung machen lasst, die einen andern zu schadigenden Vermdgensverfugungen veranlassen konnen.

Gemass Art. 253 StGB wird bestraft, wer durch Tauschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person offentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, bzJean-Marie W. wer eine so erschlichene Urkunde gebraucht, um einen andern iiber die darin beurkundete Tatsache zu tauschen. Bei Art. 253 StGB handelt es sich um eine Falschbeurkundung, welche durch mittelbare Taterschaft begangen wird, d.h. dadurch, dass der Tater die Falschbeurkundung nicht selbst begeht, sondern den andern (Tatmittler) tatherrschaftlich zur Ausfiihrung der tat benutzt. Nicht Art. 251 StGB sondern eben Art. 253 StGB gelangt zur Anwendung, wenn der Tatmittler ein Beamter oder eine Person offentlichen Glaubens ist. Die objektiven Tatbestandselemente bestehen im Bewirken einer unrichtigen, d.h. inhaltlich unwahren Beurkundung rechtlich erheblicher Tatsachen durch Tauschung (BGE 110 IV 240 ff., 117 IV 181 ff.).

11.2 Erschleichung falscher Beurkundunoen

11.2.1 Bezuglich des Tatvorwurfs vgl. II Sachverhalt Ziffer 11 (S. 20 der Anklage). Im jeweiligen notariellen Errichtungsakt vom 27. Februar bzJean-Marie W. 6. Marz 2001 erklarten die beschuldigten Grunder, dass die einbezahlten Betrage von je CHF lOO'OOO.- zur freien Verfiigung der Gesellschaften stehen wiirden. Dies entsprach jedoch, wie bereits festgehalten (vgl. die Ausfiihrungen zum Vorwurf der Falschbeurkundung), nicht den Tatsachen, war wahrheitswidrig. Damit wurde aber der Notar Urs Neuenschwander vom Notariat Fluntem-Ziirich (eine Person offentlichen Glaubens), welcher die Grundungsurkunden mit Bezug auf die ISL Hospitality AG, ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG errichtete (D 4/A/8/10, D 4/A/9/10, D 4/A/10/8) getauscht und zu einer unrichtigen Verurkundung der Griindungen veranlasst. Denn die Urkundsperson war nicht dariiber informiert, dass die Erklarungen nicht den Tatsachen entsprachen. Der objektive Tatbestand der mehrfachen Erschleichung einer falschen Beurkundung ist somit erstellt.

11.2.2 Anschliessend an die notariellen Verurkundungen wurden die genannten Gesellschaften beim Handelsregisteramt angemeldet. Wie den Handelsregisterauszugen entnommen werden kann (D 4/A/8/2, D 4/A/9/2, D 4/A/10/2), fanden die vom Notaren verurkundeten und eintragungspflichtigen Tatsachen Eingang in das Handelsregister. Der Registerfiihrer - ein Beamter im Sinne des Gesetzes - verurkundete im Register bei der Eintragung die Hohe des Grundkapitals und des darauf einbezahlten Betrages, d.h. jeweils CHF lOO'OOO.- und voile Liberierung. Die Handelsregistereintrage enthielten wiederum eine unwahre Angabe, den die Einzahlungen waren nicht zur wirklichen Schaffung eines Grundkapitals vorgenommen worden. Durch die mittels Tauschung des Registerfuhrers erreichten Eintragungen der Aktiengesellschaften wurden mithin nochmals falsche Beurkundungen erschlichen66.

11.2.3 In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand von Art. 253 StGB Vorsatz und Tauschungsabsicht. Die Beschuldigten wussten im Zeitpunkt der Grundungen und danach, dass das Aktienkapital nur zum Schein - zur formellen Griindung - zur Verfiigung stand und danach wieder an die ISL Worldwide zuriickfliessen wiirde, um damit Verbindlichkeiten der ISL Worldwide und anderer Gruppengesellschaften zu decken. Auch wussten sie, dass der als Darlehen deklarierte Ruckfluss ungesichert erfolgte. Auf Grund ihrer Ausbildung kannten sie aber die Kapitalschutzbestimmungen zumindest dem Grundsatz nach, wussten dass man Aktienkapital nicht einfach so (kurz nach der Grundung) ausleihen durfte. Dennoch veranlassten sie die Beurkundungen und wollten die Adressaten iiber die wahren Gegebenheiten tauschen.

133

11.3 Unwahre Angaben iiber kaufmannische Gewerbe

Durch die nachfolgenden Publikationen etwa im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) wurden die unwahren Angaben offentlich bekannt gemacht67, wobei die Verantwortlichen in Kauf nahmen, dass die falschen Angaben einen Dritten zu schadigenden Vermogensverfiigungenn veranlassen konnte.

12. Nunca Stiftung - Sunbow S.A. Komplex / Vorqaben zur rechtlichen Qualifikation gemass Ziffer 13-16 nachfolgend

12.1 Einleitung

Am 3. Mai 1999 erteilte die Sporis Holding AG, vertreten durch Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Hans-Peter JEAN-MARIE W., der BNP Banque Nationale de Paris (Suisse) S.A. einen Vergii tungsauftrag iiber CHF 36'130'220.05 (D 23/28). Der Betrag wurde dem Konto Nr. 68,528-8.0001, lautend auf Sporis Holding AG, mit Valuta 27. Mai 1999 belastet (D 23/29). Mit gleicher Valuta wurde der Betrag dem CHF Konto Nr. 193.223.31, lautend auf Sunbow S.A., bei der LGT Bank in Liechtenstein gutgeschrieben (D 25/19/3).

66

Trechsel, a.a.O., N 17 zu Vor Art. 251: Dem Handelsregister kommt Urkundencharakter zu 67

Kesselbach, a.a.O., 199, vgl. auch Trechsel, a.a.O. N 5 zu Art. 153 Am 6. Juni 2000 und 27. Juli 2000 iiberwies die Sunbow S.A. an die ISL Marketing AG bzJean-Marie W. ISL Worldwide CHF 15'000'000.- bzJean-Marie W. CHF 3'000'000.- (D 25/19/93 und D 25/19/109). Diese Zahlungen wurden vorerst bei der ISL Worldwide und spater bei der ISMM AG als Aktionarsdarlehen und davon letztlich CHF 17'000'000.- als Forderungsverzicht der Aktionare gebucht (D 24/35, vgl. auch D 24/37). Am 11. Oktober 2000 und

8. Januar 2001 uberwiesen die ISMM AG bzJean-Marie W. die ISL Worldwide je CHF 500'000.-- an die Sunbow S.A. (D 25/19/113 und D 25/19/119).

Bezuglich der sich bei dieser Ausgangslage ergebenden Fragestellung sowie zum Aussageverhalten der Beschuldigten: vgl. die Bemerkungen des Untersuchungsrichters auf S. 222 (oben) der Uberweisungsverfiigung.

12.2 Nunca Stiftung

Gemass Stiftungsurkunde vom 17. Dezember 1998 errichtete die Shelter Trust Anstalt Vaduz unter dem Namen Nunca eine Stiftung im Sinne von Art. 552 des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts. Das Stiftungskapital betrug CHF 50'000.--.

Als Mitglieder des Stiftungsrats mit Kollektivzeichnungsrecht zu Zweien wurden Veit Frommelt, Christoph P. M., Pierre L. Woog und Hans-Jürg S. bestellt (D 25/4/5). Reprasentantin der Stiftung war die Shelter Trust Anstalt (D 25/4/11), welche die Stiftung am 17. Dezember 1998 beim Offentlichkeitsregisteramt Vaduz unter Beilage der Statuten, der Stiftungsurkunde, der Annahmeerklarungen und der Publikationsbewilligung anmeldete (D 25/4/3).

Zweck der Stiftung war insbesondere die Anlage und Verwaltung des Stiftungsvermogens sowie die Verteilung der Reinertrage und des Stiftungsvermogens an bestimmte oder bestimmbare Begiinstigte (Ziffer 3 der Statuten: D 25/4/4). Gemass den Beistatuten vom 18. Dezember 1998 waren die Erstbegiinstigten der Stiftung Suzanne Dassler, Adolphe Dassler und die Greenvale Limited, Nassau/Bahamas (D 25/10/12).

Die Verwaltung der Stiftung und ihre Vertretung wurde vom Stiftungsrat wahrgenommen (Ziffer 6 der Statuten: D 25/4/4). Am 6. August 2001 erklarte Pierre L. Woog mit sofortiger Wirkung seine Demission als Stiftungsrat (D 25/4/28 / vgl. die danach ausgestellte Amtsbestatigung betreffend den Stiftungsrat: D

134

25/4/31).

Mit Eingabe vom 11. November 2003 stellte die Nunca Stiftung, vertreten durch Hans-Jürg S. und Veit Frommelt, einen Antrag auf Eroffnung des Konkursverfahrens wegen Zahlungsunfahigkeit und Uberschuldung (D 25/4/45). Der Antrag wurde am 17. November 2003 mangels eines voraussichtlich hinreichenden Vermogens der Schuldnerin zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens abgewiesen, die Stiftung aufgehoben und ihre Rechtspersonlichkeit als erloschen erklart (D 25/4/46).

12.3 Sunbow S.A.

Die Sunbow S.A wurde am 1. Dezember 1997 auf den British Virgin Islands gegrundet und im Register eingetragen (D 25/9/4 ff, D 25/9/9). Der Zweck war gemass Ziffer 4 der Grundungsurkunde ein umfassender (vgl. dazu D 25/9/4). Das Aktienkapital betrug USD 1'000." und war in 100 Aktien eingeteilt (Ziffer 8 der Grundungsurkunde). Erster Ver

waltungsrat der Gesellschaft war gemass der Erklarung vom 2. Dezember 1997 die CTF Corporation LTD (D 25/9/12). Sie wurde jahrlich mit USD 1 '100.-- entschadigt (D 25/9/25). Der Erklarung der CTF vom 9. Januar 1998 kann u.a. entnommen werden, dass samtliche Aktien von Hans-Jürg S. gehalten wurden (D 25/9/17). Am 8. Februar 1999 ubertrug er sie auf die Nunca Stiftung, welche von Veit Frommelt und Christoph M. vertreten wurde (D 25/9/63, vgl. auch das Aktienregister: D 25/9/62 und die Aktienzertifikate: D 25/9/65).

Mit Beschluss vom 26. Marz 1999 ging das Verwaltungsratsmandat von der CTF Corporation LTD auf Georg Kieber (Interadvice Vaduz) iiber (D 25/9/38 und 49). Am 5. Mai 1999 schlossen die Nunca Stiftung und Georg Kieber einen Mandatsvertrag, in welchem u.a festgehalten ist, dass Georg Kieber zum Verwaltungsrat der Sunbow S.A. ernannt worden sei und dieses Mandat gemass den Instruktionen der Nunca Stiftung auszufiihren habe (D 25/9/61).

Eine Aktennotiz der Interadvice Vaduz nimmt Bezug auf einen Besuch von Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 23. Marz 1999, der zusammengefasst folgendes erklart haben soil,

dass er die ISL Gruppe vertrete,

dass die Sporis Holding AG zu 100 % im Eigentum der Familie Dassler sei,

dass die ISL Gruppe in Erwagung ziehe, in einigen Jahren an die Borse zu gehen,

dass die Bilanzen der Gesellschaften per 31. Dezember 1998 ruckwirkend bereinigt werden sollten mit dem Ziel, die Bilanz von familieninternen Verbindlichkeiten zu bereinigen,

dass momentan eine Verbindlichkeit der Sporis Holding AG gegen die Sunbow AG von ca. CHF 40'000'000.~ bestehe,

dass dieser Betrag nun effektiv fliessen solle und in der Sporis Bilanz in eine Bankverbindlichkeit umgewandelt werde,

dass es sich bei den Begunstigten der Nunca Stiftung um dieselben handle wie bei der Sporis Holding (D 25/9/32).

Am 23. Mai 2001 ersuchte die Nunca Stiftung die Interadvice Anstalt, die Sunbow S.A. zu liquidieren und einen allfalligen Liquidationserlos auf das Konto der Nunca Stiftung zu ubertragen. Die Nunca Stiftung wurde von Veit Frommelt und Hans-Jurg S. vertreten (D 24/12).

Die Sunbow S.A. gehorte zu 100% der Nunca Siftung bzJean-Marie W. wurde bei dieser als Beteiligung gebucht (D 24/5).

Weder die Nunca Stiftung noch die Sunbow S.A. waren in den Organigrammen der ISMM Gruppe

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aufgefuhrt (D 8/2/1, D 8/2/2, D 8/2/4, D 8/2/5). Sie fanden auch nicht Eingang in die konsolidierten Bilanzen (D 8/4/5 und 13). 12.4 Geldfluss

Am 19. Februar 1999 wurde bei der LGT Bank in Liechtenstein das CHF-Konto 0150649AA, lautend auf Nunca Stiftung, eroffnet (D 25/5/10), auf welchem die Stiftungsrate kollektiv zu zweit unterschriftberechtigt waren (D 25/5/6). Gemass den verschiedenen Bankformularen wurden Suzanne und Adolphe Dassler sowie die Greenvale Ltd. als an den Vermogenswerten wirtschaftlich berechtigt bezeichnet (D 25/3/3 ff). Auf dem Bankenformular „Hintergrundinformationen/Profil-Bestehende Kunden" vom 7. September 2001 wird unter der Rubrik Herkunft der Vermogenswerte folgendes festgehalten: ..seinerzeit Uebertragung der Vermogenswerte von der Sporis AG". Unter Beruf und Geschaftstatigkeit der wirtschaftlich berechtigten Person steht folgendes: ..Beteiligung an der Fa. Adidas Sportartikelhersteller / Hausfrau" (D 25/5/9).

Am 13. April 1999 stellte die Sunbow S.A., vertreten durch Georg Kieber, bei der Liechtensteinischen Landesbank Vaduz einen Antrag zur Eroffnung einer Bankverbindung (D 25/18/5). Jean-Marie JEAN-MARIE W., Hans-Peter JEAN-MARIE W. und Georg Kieber waren auf den in der Folge eroffneten Konten kollektiv zu zweit zeichnungsberechtigt (D 25/18/3).

Auf dem CHF Konto Nr. 193.223.31, lautend auf Sunbow S.A., gingen zwischen dem 27. Mai 1999 bis 8. Januar 2001 folgende Betrage ein:

Valuta Herkunft der Zahlung Auftraggeber Betrag in CHF Act. der Zahlung

27.05.1999 Sporis Holding AG JMW/HPW 36'130'220.05 25/19/3,23/28 11.10.2000 ISMM AG e-banking 500'000.00 25/19/113 08.01.2001 ISL Worldwide e-banking 500'000.00 25/19/119

Total: 37'130'220.05

Dem gleichen Konto wurden zwischen dem 3. Juni 1999 und 15. Januar 2001 folgende Betrage belastet:

Valuta Empfanger der Zahlung Auftraggeb Betrag in CHF Betrag in Act. erder USD.

Zahlung

03.06.1999 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 1 '550'000.00 25/19/6 23.06.1999 HPW/Renford Investments JMW/HPW 775750.00 500'000.00 25/19/9

LTD./Check 28.06.1999 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 386'875.00 250'000.00 25/19/13

Anstalt 14.07.1999 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 1'650'000.00 25/19/17 03.08.1999 CTF Corporation LTD JMW/HPW 3'691.55 2'461.04 25/19/22 22.09.1999 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 386'250.00 250'000.00 25/19/26

Anstalt 22.09.1999 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 386'250.00 250'000.00 25/19/27

Anstalt 04.11.1999 HPW/Renford Investments JMW/HPW 460'440.00 300'000.00 25/19/32

LTD./Check 04.11.1999 HPW/Renford Investments JMW/HPW 460'440.00 300'000.00 25/19/32

LTDVCheck 08.11.1999 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 184'656.00 120'000.00 25/19/34

Anstalt

26.11.1999 Gilmark Holdings Inc. JMW/HPW 1 '000'000.00 25/19/37 15.12.1999 Interadvice Anstalt JMW/HPW 12'147.20 25/19/38 15.12.1999 Jean-Marie JEAN-MARIE W. JMW/HPW 100'000.00 25/19/39 22.12.1999 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 429246.00 270'000.00 25/19/43 23.12.1999 HPW/A. Ndolanga/Check JMW/HPW 15'975.00 10'000.00 25/19/45 19.01.2000 Gilmark Holdings Inc. JMW/HPW 1 'OOO'OOO.OO 25/19/52 20.01.2000 Merrill Lynch JMW/HPW 799750.00 500'000.00 25/19/54

136

20.01.2000 Nicolas Leoz JMW/HPW 159950.00 100'000.00 25/19/55 20.01.2000 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 431 '865.00 270'000.00 25/19/56

07.02.2000 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 1 '654'800.00 1 'OOO'OOO.OO 25/19/58

Anstalt 07.02.2000 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 364'870.00 220'000.00 25/19/59 23.02.2000 Amicorp B.V.I. Limited JMW/HPW 701.25 430.20 25/19/63 10.03.2000 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 534'400.00 320'000.00 25/19/64 10.03.2000 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 835'000.00 500'000.00 25/19/65

Anstalt 29.03.2000 BNP Banque Nationale de JMW/HPW 125'035.00 25/19/69

C 04.05.2000 08.05.2000

Paris (CH) Nicolas Leoz Von Aesch und Zarn/Taora

JMW/HPW JMW/HPW

51 '675.00 866'500.00

30'000.00 500'000.00

25/19/77 25/19/83

Anstalt 04.05.2000 HPW/Renford Investments JMW/HPW 868'000.00 500'000.00 25/19/79

LTD./Check 15.05.2000 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 466'803.00 270'000.00 25/19/85 31.05.2000 Gilmark Holdings Inc. JMW/HPW 500'000.00 25/19/89 02.06.2000 Von Aesch und Zarn/Taora JMW/HPW 422'875.00 250000.00 25/19/91

Anstalt 06.06.2000 ISL Marketing AG JMW/HPW 15'000'000.00 25/19/93 27.06.2000 Gilmark Holdings Inc. JMW/HPW 500'000.00 25/19/97 05.07.2000 Organisa for General Trading JMW/HPW 409'650.00 250'000.00 25/19/102 19.07.2000 G. Renggli/Sicuretta Anstalt JMW/HPW 446'040.00 270'000.00 25/19/104 21.07.2000 Amicorp B.V.I. Limited JMW/HPW 2'347.05 1 '390.84 25/19/106 27.07.2000 ISL Worldwide JMW/HPW 3'000'000.00 25/19/109 31.07.2000 ISL Worldwide JMW/HPW 33'532.00 20200.00 25/19/108 27.07.2000 ISL Worldwide JMW/HPW 33'600.00 25/19/111 16.10.2000 Gilmark Holdings Inc. JMW/HPW 500'000.00 25/19/115 28.11.2000 Jean-Marie JEAN-MARIE W. JMW/HPW 90'000.00 25/19/117 15.01.2001 Gilmark Holdings Inc. JMW/HPW 500'000.00 25/19/121

Total: 37'399'114.05

Die Zahlungen gingen zusammengefasst an folgende natiirliche u. juristische Personen:

CHF 5'873'224.~ an Guido M. Renggli z.Hd. der Sicuretta Anstalt. Bei der Sicuretta Invest Establishment handelt es sich um eine Anstalt nach liechtensteinischem Recht mit Sitz in Vaduz. Verwaltungsrat mit Einzelzeichnungsrecht war u.a. Guido M. Renggli (D 25/6/4). Mit Verfugung vom 24. August 2004 wurde er zur Hinterlage verschiedener Unterlagen und zur Beantwortung einiger Fragen aufgefordert (D 26/30):

Mit Eingabe vom 23. September 2004 hinterlegte er samtliche Gutschrift- und Belastungsanzeigen. Aus diesen ist ersichtlich, dass G. Renggli samtliche von der Sunbow S.A. iiberwiesenen Betrage bar abhob. Gemass seinen Angaben iibergab er diese ohne Quittung an Jean-Marie JEAN-MARIE W.. Guido Renggli gab zudem an, dass die Gelder, die von Sunbow gekommen seien, fiir den Erwerb von Rechten verwendet worden seien (D 26/32 ff.). Im Rahmen einer Nachfrage vom 28. September 2004 wurde ihm u.a. die Frage gestellt, fiir welchen Rechterwerb die Gelder konkret verwendet worden seien (D 26/40). Mit Eingabe vom 5. Oktober 2004 gab er u.a. folgendes an: „Soweit mir bekannt erwarb ISL Rechte zur Durchfiihrung von Fussballtumieren wie die Weltmeisterschaft von der FIFA (Ich war von ISL Herrn W. zu einem Spiel an der WM in Paris eingeladen, wo Herr W. mir Herrn Blatter vorstellte)." (D 26/41, Ziffer 7).

Ob Jean-Marie JEAN-MARIE W. oder eine Drittperson oder Drittpersonen die Endempfanger dieser Gelder waren, konnte im Rahmen dieses Verfahrens nicht abschliessend geklart werden; dies einerseits, weil die Beschuldigten mit Ausnahme von Jean-Marie JEAN-MARIE W. angeblich mit Bezug auf die Endempfanger dieser Gelder nicht orientiert waren (vgl. stellvertretend Hans-Jürg S.: D 3/64, Ziffer 5 bis 11) und andrerseits, weil Jean-Marie JEAN-MARIE W. nicht bereit war, zu den Endempfangern von Geldern ab dem Sunbow Konto Angaben zu machen. Zu den nachfolgend erwahnten Uberweisungen z.Hd. der Taora Anstalt gab er namlich an, dass

er dazu aus Vertraulichkeitsgrunden keine Stellungnahme abgeben mochte. Diese Zahlungen seien vertraulich gewesen und dieses Vertraulichkeitsprinzip mochte er respektieren (D 3/72, Ziffer 18). Auf entsprechenden Vorhalt gab er an, dass er zu diesen Zahlungen (insgesamt) (Klammer vom UR eingefiigt) keine Angaben machen wolle (Ziffer 19).

Zum Geldflusss sowie zu etwaigen Ermittlungen betreffend die Frage, wer endbegunstigt war, vgl. Bemerkungen

137

des Untersuchungsrichters auf S. 226 der Uberweisung.

CHF 5'123'206.-- an „von Aesch und Zarn" z.Hd. der Taora Anstalt. Bei der Taora handelt es sich um eine Anstalt nach liechtensteinischem Recht mit Sitz in Vaduz. Verwaltungsrat mit Einzelzeichnungsrecht war u.a. Fritz Vonaesch (D 25/6/3), der am 4. Juni 2000 verstorben ist. Mit Verfugung vom 24. August 2004 wurde die Anwalts Kanzlei „von Aesch und Zarn" zur Hinterlage verschiedener Unterlagen und zur Beantwortung einiger Fragen aufgefordert (D 26/42):

Mit Eingabe vom 30. August hinterlegte RA Karin Ettter von der erwahnten Kanzlei samtliche Gutschrifts- und Belastungsanzeigen sowie die Vergiitungsauftrage betreffend die Weiterleitung der Betrage. Aus den Bankbelegen ist ersichtlich, dass die Betrage von einer Ausnahme abgesehen an Abdul Muttaleb J.R. Ahamad iiberwiesen wurden. Dieser war gemass Angaben von Karin Etter der wirtschaftlich Endbegiinstigte, welcher auch der wirtschaftlich Berechtigte an der Taora Anstalt sein soil (D 26/43 ff.). Auf Nachfrage (D 26/70) hinterlegte RA Raeto Zarn mit Eingabe vom 4. Oktober 2004 eine Vereinbarung zwischen Abdul-Muttaleb J.R. Ahmed und Fritz Vonaesch sowie Raeto Zarn. Gemass dem ebenfalls hinterlegten Formular A wurde Abdul-Muttaleb J.R. Ahmed als wirtschaftlich Berechtigter bezeichnet. Raeto Zarn gab in der schriftlichen Eingabe an, dass Abdul-Muttaleb J.R. Ahmed seinem Kollegen Fritz VONAESCH durch Jean-Marie JEAN-MARIE W. vorgestellt worden sei. Seines Wissens habe Jean-Marie JEAN-MARIE W. damals erklart, dass es sich um Vermittlerkommissionen fiir zu erbringende Dienste im Sportsektor handeln solle (D 26/71).

CHF 4000000.- an die Gilmark Holdings Inc., Hongkong.

Fiir CHF 2'564'630.~ wurden Checks, lautend auf Renford Investments LTD, ausgestellt und an die Privatadresse von Hans-Peter JEAN-MARIE W. zugesandt.

Ein Check uber USD 10'000.~ bzJean-Marie W. CHF 15'975.~ wurde auf A. Ndolanga, Dar es Salaam^ ausgestellt und an die Privatadresse von Hans-Peter JEAN-MARIE W. zugesandt.

An Nicolas Leoz, Paraguay1 wurden USD 130'000.- bzJean-Marie W. CHF 211'625.- und an die Organisa for General Trading, Kuweit,_USD 250000.- bzJean-Marie W. CHF 409'650.- bezahlt.

CHF 18887.05 an die CTF Corporation LTD, Amicorp B.V.I. Limited und Interadvice Anstalt (vgl. beispielsweise D 25/15/16, und 17).

CHF 799750.- an Merrill Lynch, U.S.A.

CHF 125'035.~ an die BNP Banque Nationale de Paris bzJean-Marie W. wurden einem Konto der Sporis Holding AG gutgeschrieben (D 26).

CHF 15000000.- an die ISL Marketing AG und CHF 3'000'000.-, CHF 33'532.~ und 33'600.~ an die ISL Worldwide.

CHF 190000.- an Jean-Marie JEAN-MARIE W..

12.5 Buchhalterische Erfassung der Zahlungen ab dem Konto Nr. 193.223.31. lautend auf

Sunbow S.A.

Die Buchhaltung der Sunbow S.A. wurde von Hans-Peter JEAN-MARIE W. gefuhrt (D 3/61, Ziffer 31, vgl. auch D 3/43, Ziffer 40). Mit Bezug auf die Nunca Stiftung hat die Untersuchung diesbeziiglich keine absolute Klarheit verschafft. Hans-Peter JEAN-MARIE W. konnte sich nicht mehr erinnern, ob er die Buchhaltung fiihrte. Zumindest schloss er dies nicht aus (D 3/61, Ziffer 49). Er gab mit Bezug auf die Sunbow S.A. an, dass es sich nicht um eine Buchhaltung im eigentlichen Sinn gehandelt habe, sondern „einfach ein Excel-Sheet" (D 3/61, Ziffer 32 / vgl. dazu die bei der Interadvice Anstalt sichergestellte Aufstellung der Ein- und Ausgange: D 25/12/3 ff.).

In der Eroffnungsbilanz der Sunbow S.A. per 27. Mai 1999 wurde der von der Sporis Holding AG uberwiesene Betrag von CHF 36'130'220.05 unter den Aktiven als Umlaufvermogen und unter

138

den Passiven als ..Riickstellung fiir Rechteerwerbskosten" verbucht (D 24/8). In der Erfolgsrechnung 27. Mai - 31. Dezember 1999 wurden unter Betriebsaufwand bzJean-Marie W. Rechteerwerbskosten CHF -7785'882.-- gebucht (D 24/9). In der Erfolgsrechnung 2000 wurden unter der gleichen Position CHF -11 '094'310.- erfasst (D 24/10) und in der Erfolgsrechnung 1. Januar - 31. Marz 2001 CHF -500'000.- (D 24/11) aufgefuhrt. Zusammengefasst wurden somit unter dem Titel Rechteerwerbskosten CHF 19'380'192.-gebucht.

In der Bilanz per 31. Dezember 2000 wurde unter den Aktiven bzJean-Marie W. Guthaben ein Darlehen Nunca Stiftung mit CHF 17'500'000.~ angegeben (D 24/10). In der Bilanz per 31. Marz 2001 erscheint das Darlehen Nunca Stiftung mit CHF 0.-. In der Erfolgsrechnung 1. Januar - 31. Marz 2001 wurde unter dem Betriebsaufwand ein Forderungsverzicht z.G. der Nunca Stiftung mit CHF -17'000'000.- aufgefuhrt (D 24/11).

Der Bilanz der Nunca Stiftung per 31. Dezember 1999 (D 24/5 / Kurzel HPW) kann entnommen werden, dass die Sunbow S.A. als Beteiligung gebucht wurde. Die Bilanz per 31. Dezember 2000 fuhrt unter den Aktiven nach wie vor die Sunbow S.A. Unter den Passiven ist ein Darlehen der Sunbow S.A. iiber CHF 17'500'000.~ aufgefuhrt. In der Erfolgsrechnung wurde unter dem Betriebsaufwand ein Forderungsverzicht z.G. der ISMM AG iiber CHF -17'000'000.- verbucht (D 24/6). In der Bilanz per 31. Marz 2001 wurde unter den Passiven das Darlehen Sunbow S.A. mit CHF 0.- und als Verlustvortrag mit CHF -17'005'945.-- aufgefuhrt. In der Erfolgsrechnung wurde der „Ertrag aus Forderungsverzicht" mit CHF 17'000'000.- verbucht (D 24/7).

Gemass einem Schreiben von Hans-Jürg S. an Veit Frommelt vom 23. Mai 2001, welchem die vorzitierten Nunca- und Sunbow-Abschliisse beilagen, soil die Uberweisung von CHF 36'130'220.05 bei der „ISMM Gruppe dem Ruckstellungskonto fiir Rechteerwerbskosten gutgeschrieben" worden sein (D 24/3). Den Buchhaltungsunter-lagen kann entnommen werden, dass die Uberweisungen vom 6. Juni 2000 und 27. Juli 2000 an die ISL Marketing AG bzJean-Marie W. ISL Worldwide iiber CHF 15'000'000.- bzJean-Marie W. 3'000'000.~ (CHF 18'000'000.-) vorerst bei der ISL Worldwide und spater bei der ISMM AG als Aktionarsdarlehen und davon letztlich CHF 17'000'000.~ als Forderungsverzicht der Aktionare gebucht wurden (D 24/35, vgl. auch D 24/37). Allerdings war man sich innerhalb der Gruppe nicht einig, wie diese Position letztlich verbucht werden sollte (D 24/36). Dem Restrukturierungskonzept der ISMM Gruppe vom 11. Januar 2001 wurde der Forderungsverzicht iiber CHF 17'000'000.-- als eine der Massnahmen zur Verbesserung der finanziellen Situation der Gruppe angefuhrt (D 6/3/5/1, S. 13) und im Schreiben der KPMG an Christoph M. vom 29. Januar 2001 als bereits realisierte Sanierungsmassnahme dargestellt (D 6/3/1/3, S. 2).

Bei der Sunbow wurden somit unter dem Titel Rechteerwerbskosten CHF 19'380'192 gebucht. Buchhalterisch wurde zudem ein Darlehen der Sunbow S.A./Nunca Stiftung von CHF 17'500'000.~ bzJean-Marie W. ein diesbezuglicher Forderungsverzicht uber CHF 17'000'000.- gegeniiber der ISMM AG erfasst.

12.6 Weitere schriftliche Aufzeichnunoen

In einem Schreiben vom 22. Mai 2001 an Hans-Jurg S. nahm Veit Frommelt (Stif-tungsrat der Nunca Stiftung) Bezug auf einen Zeitungsartikel, welcher mit ..ISMM/ISL: 60 Millonen-Stiftung in Liechtenstein?" iibertitelt war (D 24/26) und ersuchte um diesbe-ziigliche Eriauterungen (D 24/25). Ein Schreiben mit ahnlichem Inhalt schickte er an Georg Kieber (Verwaltungsrat der Sunbow S.A.) und verlangte ebenfalls umfassende Information (D 25/7/109). In dem bei Hans-Jürg S. sichergestellten Schreiben an Veit Frommelt vom 23. Mai 2001 (D 24/1 und 3) gibt dieser zusammengefasst an,

dass aus den Veit Frommelt zugestellten Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Nunca Stiftung und der Sunbow S.A. ersichtlich sei, dass Ende Mai 1999 ein Geldtransfer von CHF 36 Mio. von der ISMM Gruppe in die Sunbow S.A. stattgefunden habe,

139

dass dieser Transfer einerseits bei der „ISMM Gruppe dem Ruckstellungskonto fiir Rechteerwerbskosten gutgeschrieben" und „anderseits bei der Sunbow Ltd. dem Ruckstellungskonto fiir Rechteerwerbskosten belastet" worden sei,

dass in der Periode 27. Mai 1999 bis 31. Marz 2001 Zahlungen fiir den Erwerb von Rechten im Betrage von rund CHF 19,4 Mio. ausgerichtet und dem Ruckstellungskonto gutgeschrieben worden seien,

dass angesichts der angespannten Liquiditatslage der ISMM Gruppe die Sunbow S.A. der ISMM Gruppe ein Darlehen von CHF 17,5. Mio, gewahrt habe, wovon CHF 17 Mio. Ende Dezember 2000 an die Nunca ubertragen worden seien, welche noch vor Jahresende auf diese ihre Forderung gegenuber der ISMM Gruppe verzichtet habe,

dass die restliche Forderung, d.h. CHF 500'000.-, anfangs 2001 von der ISMM Gruppe an die Sunbow S.A. zuriickbezahlt und von dieser fiir eine weitere Rechteerwerbszahlung verwendet worden sei.

Veit Frommelt wandte sich mit Schreiben vom 29. Mai 2001 an Hans-Jürg S., Christoph P. M. und Pierre L. Woog und stellte u.a. vor dem Hintergrund gewisser Divergenzen zwischen den Bilanzen und den schriftlichen Eriauterungen von Hans-Jürg S. einige Fragen (D 25/7/122). Eine schriftliche Antwort auf dieses Schreiben liegt nicht vor, hingegen ist aus den Akten ersichtlich, dass die angeschriebenen Personen ein direktes Gesprach bevorzugten (D 25/7/127). Dieses sollte am 8. Juni 2001 im Grand Hotel Bad Ragaz stattfinden (D 25/7/130), wurde jedoch abgesagt (D 25/7/140).

In der Folge fiihrte Veit Frommelt mit Philippe Nevroud. welcher Jean-Marie JEAN-MARIE W. anwaltlich vertrat (D 25/7/138), mehrere Telefongesprache. Der Inhalt dieser Gesprache wurde von Veit Frommelt jeweils detailliert in Form von Aktennotizen festgehalten (D 25/7/146 ff). Gemass dem sehr genauen Aktenvermerk betreffend ein Telefongesprach zwischen Veit Frommelt und Philipp Neyroud soil dieser u.a. sinngemass und zusammengefasst erklart haben (D 25/7/147),

dass die Sporis Holding AG bereits von Horst Dassler u.a. dazu benutzt worden sei, „to do all sorts of payments that were tax exposed, world wide, all sorts of activities that were dangerous from a fiscal point of view" (S. 1),

dass man nach dem Tod von Horst Dassler diese Aktivitaten weitergefiihrt habe (S. 1),

dass im Zusammenhang mit dem beschlossenen Borsengang keine Zahlungen, „that could be chararcterised as tax avoidance" in den Buchern der Sporis Holding AG enthalten sein durften (S. 2),

dass in diesem Zeitpunkt beschlossen worden sei, weiterhin wie in der Vergangenheit zu ver-fahren, jedoch nicht uber die Sporis Holding AG, sondern uber eine Einheit ausserhalb der Sporis/ISMM Gruppe (S. 2),

dass die Idee gewesen sei, die Sunbow S.A. als eine Tochtergesellschaft der ISMM AG bzJean-Marie W. als Gehilfin zu installieren (S. 2),

dass die CHF 36 Mio. direkt von „ISMM to Sunbow" gegangen seien, welche beauftragt gewesen sei, „the tax exposed payments of ISMM" weiterzufuhren (S. 3),

dass nicht die Meinung bestanden habe, dass dieser Betrag als RCicklage fiir die Familie Dassler gedient hatte (S. 3),

dass die Familie treuhanderisch fiir die „ISMM" gehandelt habe und betreffend die Zahlungen auf dem Laufenden gewesen sei (S. 3),

dass die Gesellschaft im Juli 2000 grosse finanzielle Probleme gehabt habe, weshalb man sich entschlossen habe, zu deren Losung die Gelder zuruckzutransferieren (S. 3),

dass man jedoch nicht habe sagen konnen, woher die Gelder kommen wurden, weshalb sie

140

gedacht hatten, es als Aktionarsdarlehen zu machen (S. 3),

dass man Ende Jahr allenfalls im Januar nachstens Jahres auf Grund der Bilanz gesehen habe, dass das Geld verloren sei, weshalb man betreffend das Darlehen auf eine Riickforderung verzichtet habe (S. 3 und 4),

dass die restlichen Gelder fur den Erwerb von ..marketing rights" verwendet worden seien (S. 5),

dass bei einer allfalligen Informationsbeschaffung betreffend die Identitat der Empfanger dieser Gelder diese in eine peinliche Situation geraten konnten (S. 6), dass die von Neyroud beschriebene Struktur den Begunstigten aus der Sitftung bekannt gewesen sei, was ihm von verschiedenen Leuten wie M., W. und Woog erzahlt worden sei (S. 8),

dass in der Tat nicht 17, sondern 18 Mio. an die ISMM gegangen seien (S. 10),

dass davon in zwei Halften eine Million an Guilmark zuruckgegangen sei, bzJean-Marie W. an Dentsu, mit welcher im Zusammenhang mit einem Schiedsgerichtsverfahren ein Vergleich uber eine Million abgeschlossen worden sei (S. 10),

dass diese Zahlungen unglucklicherweise recht spat, namlich im Oktober und Januar, gemacht worden seien (S. 10).

Der Vereinbarung vom 10. November 2000 zwischen Dentsu Inc. und ISMM AG kann entnommen werden, dass die Parteien eine beim ICC (Court of International Arbitration) hangige Streitsache mit der Bezahlung von CHF 1'500'000.- durch die ISMM AG erledigten (D 17/9/1/2). Der Betrag war durch Dentsu am Tage des Vertragsabschlusses mittels eines Bankchecks zu begleichen (Artikel 2).

Einem Schreiben von RA Dr. Wurgler an Veit Frommelt vom 9. Juli 2001 kann entnommen werden, dass es sich nach den Informationen seines Mandanten (Christoph M., Stiftungsrat der Nunca Stiftung) „bei der Nunca Stiftung um eine wirtschaftlich vollumfanglich der ISMM/ISL zugehorige Gesellschaft" handle (D 25/7/172).

In einem von Hans-Jürg S. verfassten Memorandum betreffend Zahlungen von Aquirierungskosten an nicht namentlich erwahnte Parteien vom 28. Mai 2001 (D 23/24) gibt er an,

dass im Hinblick auf den geplanten Borsengang der Gruppe eine Losung gesucht worden sei, um das Festhalten von solchen Zahlungen in den Buchern der Gruppe zu vermeiden,

dass eine liechtensteinische Stiftung (Nunca) gegrundet worden sei, deren Begiinstigte die Aktionare der Sporis AG/ISMM AG gewesen seien,

dass Nunca eine vollumfanglich ihr gehorende Tochtergesellschaft auf den Britischen Virgin Islands (Sunbow S.A.) gegrundet habe,

dass die Sporis Holding AG am 27. Mai 1999 einen Betrag von CHF 36.1 Mio. auf ein Bankkonto der Sunbow S.A. transferiert habe und zwar unter Verbuchung dieses Betrages unter ..provisions for additional acqusition costs",

dass als Folge davon dieses Konto auf Null reduziert worden sei,

dass im Juli 2000 auf Grund von erheblichen Cash-Needs der Gruppe die Sunbow dieser ein Darlehen von CHF 17,5 Mio. gewahrt habe, welches in den Buchern der ISMM AG als Joan from affiliates/shareholders" gebucht worden sei,

dass das Darlehen am 31. Dezember 2000 zuerst auf die Nunca ubertragen worden sei, welche dann auf eine Forderung von 17 Mio aus diesem Darlehen verzichtet habe,

dass dieser Sachverhalt in der Gruppe als ausserordentlicher Eingang resultierend aus einem Forderungsverzicht aus dem Darlehen der ..affiliates/shareholders" verbucht worden sei,

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- dass im Januar 2001 die verbleibenden CHF 500'000.~ zuruckbezahlt und fiir zusatzliche Erwerbskosten an eine namentlich nicht genannte Partei bezahlt worden sei,

- dass sich als Resultat das Nettoeigenkapital per 31. Marz 2001 auf CHF 38'587.~ belaufen habe.

Am 20. Mai 2003 hinterlegten die ISMM AG in Konkurs und die ISL Worldwide in Konkurs, beide vertreten durch die ausseramtliche Konkursverwaltung, beim Kantonsgericht Zug eine Anfechtungsklage gegen die Sunbow S.A., die Nunca Stiftung sowie die Aktionare der ISMM AG (D 23/2). Mit Vereinbarung vom 27. Februar 2004 schlossen die Klager mit Jean-Marie JEAN-MARIE W. als einem der Beklagten einen Vergleich, mit welchem sich Jean-Marie JEAN-MARIE W., vertreten durch RA Hans Baumgartner, verpflichtete, einen Betrag von CHF 2'500'000.-- an die Konkursmassen „ISMM und ISL" zu bezahlen (D 26/7). In der Praambel ist u.a. festgehalten, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. wiinsche, dass die Direkt- und die Endempfanger der klagegegenstandlichen Zahlungen, Letztere soweit sie direkt oder indirekt mit dem Fussballgeschaft verbunden seien, nicht weiter auf Riickerstattung belangt wiirden. Gemass lit. A des Vergleichs wurde dieser von Jean-Marie JEAN-MARIE W. allein abgeschlossen, ist jedoch laut Vergleichstext mit Bezug auf die ubrigen Beklagten als echter Vertrag zu Gunsten Drifter zu verstehen. In lit. F wird festgehalten, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. hinsichtlich der Barauszahlung vom 28. November 2000 der Beklagten Sunbow in Hohe von CHF 90'000.~ an Jean-Marie JEAN-MARIE W. zusichere, dass er nicht selbst Endbegiinstigter gewesen sei, sondern den Betrag vollumfanglich an eine Drittperson weitergeleitet habe. Mit Valuta 17. Marz 2004 wurden dem Konto der ISL Worldwide in Liquidation CHF 2'500'000.- gutgeschrieben (D 26/16).

12.7 Angaben der Befraoten

Hans-Jürg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. verneinten die Frage, ob die Sunbow AG zur ISMM Gruppe gehore (D 3/43, Ziffer 10, D 3/61, Ziffer 10). Christoph M. gab auf die gleiche Frage an, dass er die Strukturen in der Nunca Gruppe nicht kenne. Er habe allein den Begriff Sunbow in dem Zusammenhang gehort. Zur Nunca Stiftung sei zu sagen, dass sie wirtschaftlich auf jeden Fall zur ISL Gruppe gehore (D 3/45, Ziffer 19; vgl. auch die Angaben von Heinz S..: D 3/44, Ziffer 11, Daniel B.:D 3/49, Ziffer 9 ff.).

Auf die Frage, inwiefern die Sunbow S.A. zur ISL Gruppe gehore, verlas Christoph M. aus einer Aktennotiz folgende Erklarung zu Protokoll (D 3/45, Ziffer 20):

„Die Begunstigung von namhaften Personlichkeiten im Sport zur Forderung von sportpolitischen und wirtschaftlichen Zielen stammt aus den Siebzigerjahren, als Sport zu einem Wirtschaftsfaktor wurde. Mit der Tatsache, dass die ISL seit ihrer Grundung derartige Praktiken anwandte, wurde ich einige Zeit nach der Aufnahme meiner VR-Funktion Anfang der Neunzigerjahre mit der Familienholding Sporis konfrontiert. Auf mein wiederholtes Drangen, die Begunstigungen einzustellen, wurde mir von Jean-Marie JEAN-MARIE W., dem Nachfolger von Horst Dassler bei der ISL, klar gemacht, dass diese Beziehungspflege zu weiter bestehenden Verpflichtungen gefuhrt hatten und seit dem Ableben von Horst Dassler allein seine Aufgabe und Verantwortung bleiben wurden. Im Interesse der ISL war einzig die Isolierung der Begunstigungen vom Tagesgeschaft des Unternehmens, verbunden mit einem mittelfristigen Abbau der Verpflichtungen, durchsetzbar. Die Aktivitaten wurden der Form halber in eine einmalig dotierte Stiftung verlagert, welche allein durch Jean-Marie JEAN-MARIE W. gefuhrt wurde, der die Stiftungsmittel nur personlich und zweckgebunden einzusetzen hatte."

Nach Beantwortung weiterer Fragen gab Christoph M. an, dass er sich aufgrund der sportpolitischen Brisanz zum Nunca Komplex nicht mehr weiter aussern wolle (D 3/45, Ziffer 28).

Zur Sache wurde Hans-Jürg S. folgender Vorhalt gemacht (D 3/43, Ziffer 13): Gemass einem Schreiben von Ihnen vom 23. Mai 2001 an Veit Frommelt (D 4/B/3/1) fand Ende Mai 1999 ein Geldtransfer im Betrage von ca. CHF 36'000'000.~ von der ISMM Gruppe in die Sunbow Ltd. statt. Welches war der Rechtsgrund fiir diese Zahlung? Er gab an, dass dies zusatzliche Akquisitionskosten fiir Rechte fur zukunftige Rechteerwerbe sowie fiir noch laufende Zahlungen

142

aus bestehenden Rechtsverhaltnissen, die noch zu leisten gewesen seien. Die Nachfrage, um was fiir Rechteerwerbe fur wen es dabei gegangen sei, beantwortete er mit Nichtwissen (Ziffer 14). Anschliessend wurde ihm folgende Frage gestellt: Was meinten Sie mit "bestehenden Rechtsverhaltnissen"? Darauf gab er folgendes an:

Vielleicht miisse er etwas ausholen: Fruher, wenn man Rechte erworben habe, hatten verschiedene Akquisitionskosten an die Inhaber der Rechte selber geleistet werden mussen, aber nach Aussage - hauptsachlich von Jean-Marie JEAN-MARIE W. - hatten so genannte Finders-Fees oder zusatzliche Akquisitionszahlungen an Empfanger geleistet werden mussen, die man nicht offentlich habe bekannt geben wollen (Ziffer 15).

Frage: Soweit es um Zahlungen an Inhaber von Rechten geht, habe ich Sie verstanden. Was meinen Sie mit "zusatzliche Zahlungen an Empfanger"?

Antwort: Ihm sei das so erklart worden, dass das eine Art Finders-Fees waren an Em-pfanger, welche er nicht kenne, welche mitgeholfen hatten, dass der Vertrag zustande gekommen sei (Ziffer 16)

12.8 Zusammengefasst ergeben sich mithin die folgenden schliissigen Erkenntnisse:

- Weder die Sunbow S.A. noch die Nunca Stiftung waren in den Organigrammen der ISMM Gruppe aufgefiihrt; sie fanden auch nicht Eingang in die konsolidierten Rechnungen der Gruppe.

- Die Sunbow S.A. war zu 100 % im Besitz der Nunca Stiftung, welche ihrerseits als wirtschaftliche Geschaftseinheit der ISMM AG zu qualifizieren ist.

- Die Sporis Holding uberwies am 27. Mai 1999 ab ihrem Konto Nr. 68,528-8.0001 CHF 36'130'220.05 auf das Konto Nr. 193.223.31 der Sunbow S.A..

- Der iiberwiesene Betrag wurde sowohl bei der Sporis Holding AG als auch bei der Sunbow S.A. unter Rechteerwerbskosten verbucht.

- Letztlich wurden bei der Sunbow S.A. Rechterwerbskosten von insgesamt CHF 19'380'192.-gebucht.

- Unter Beriicksichtigung der Aktenlage kann davon ausgegangen werden, dass davon lediglich CHF 18'198'310.~ fiir ..Rechteerwerbszahlungen" verwendet wurden (vgl. nachstehend Ziffer 13).

Bei diesen Zahlungen handelt es sich um Vergiinstigungen (Schmiergelder) an Drittpersonen, die direkt oder indirekt mit Vertragen, welche die ISMM Gruppe abschloss, in Zusammenhang standen.

Die Sunbow S.A. gewahrte der ISMM Gruppe ein Darlehen iiber CHF 18'000'000.-, wovon sie am 6. Juni 2000 der ISL Marketing AG CHF 15'000'000.- und am 27. Juli 2000 der ISL Worldwide CHF 3'00'000.- uberwies.

Dieses Darlehen wurde vorerst bei der ISL Worldwide und spater bei der ISMM AG verbucht.

Am 11. Oktober 2000 uberwiesen die ISMM AG und am 8. Januar 2001 die ISL Worldwide je CHF 500'000.- auf das Konto der Sunbow S.A..

Am 16. Oktober 2000 und am 15. Januar 2001 uberwies die Sunbow S.A. je CHF 500'000.~ an die Gilmark Holding AG.

Auf Grund des dargelegten Untersuchungsresultats und soweit der Zahlungsfluss auf Grund von namhaften Barbeziigen iiberhaupt abgeklart werden konnte, kann vorweg festgehalten werden, dass die Endbegiinstigten aus der Uberweisung der CHF 36'130'220.05 nicht die Aktionare der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG waren. Eine verdeckte Gewinnausschiittung, die dann pflichtwidrig ware, wenn sie im Widerspruch zu zwingenden aktienrechtlichen Bestimmungen steht, welche den Schutz des Gesellschaftsvermogens bezwecken, ist somit nicht gegeben (BGE 117 IV 266 ff / vgl. nachstehend die Rubrik Teileinstellungen).

143

13. Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung

13.1 Gesetzliche Grundlage

Wegen Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB macht sich strafbar, wer als Schuldner zum Schaden der Giaubiger sein Vermogen vermindert, indem er u.a. Vermogenswerte unentgeltlich oder gegen eine Leistung mit offensichtlich geringerem Wert veraussert, sofern iiber ihn der Konkurs eroffnet worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Giaubiger eine solche Handlung vomimmt, bestraft (Art. 164 Ziff. 2 StGB). Einem Schuldner, dem der Vermogenszerfall droht oder der in Vermogensverfall geraten ist, obliegt die Pflicht, das noch vorhandene Vermogen seinen Glaubigern zu erhalten. Die Strafbestimmung erfasst gerade die Verletzung dieser Verpflichtung des Schuldners mit entsprechender Benachteiligung der Giaubiger. Die Tathandlung besteht in der tatsachlichen Verminderung des Vermogens und kann u.a. in der unentgeltlichen Verausserung von Vermogenswerten liegen. Wahrend zwischen der verbotenen Handlung und dem Konkurs kein Kausalzusammenhang zu bestehen braucht, bedarf es eines Kausalzu-sammenhangs zwischen der Vermogensverminderung und dem Nachteil der Giaubiger.

13.2 Tathandlung. Schaden und Kausalitat

13.2.1 Bezuglich des Tatvorwurfs wird vorweg auf II. Sachverhalt Ziff. 12 (S. 20 und 21 der Anklage) verwiesen. Die Tathandlung besteht in der unentgeltlichen Zuwendung von CHF 18'198'310.- an natiirliche Oder juristische Personen, welche den Rechteerwerb der Gruppe begiinstigten. Bei diesem Betrag sind folgende Zahlungen auf Grund des nachstehenden Beweisergebnisses zu berucksichtigen:

CHF 5'873'224.- (Sicuretta Anstalt)

Die Qualifizierung dieser Uberweisungen als Schmiergelder griindet auf den Angaben von RA G. Renggli, wonach ihm erklart worden sei, dass die Gelder fiir den Erwerb von Rechten verwendet worden seien (D 26/41, Ziffer 7), aber auch von Jean-Marie JEAN-MARIE W. selbst, welcher angab, dass das Geld weitergeleitet worden sei und zwar im selben Zusammenhang wie die anderen Zahlungen (D 3/72, Ziffer 21). Vorgangig hatte er die Verwendung mit „Provisionen, Honorare", welche ..parallel zum Kauf oder Verkauf von Rechten" bezahlt worden seien, umschrieben (D 3/72, Ziffer 13). Hans-Peter JEAN-MARIE W., welcher samtliche Zahlungsauftrage mitunterzeichnet hatte, gab zwar nach Vorhalt der einzelnen Begiinstigten an, dass er den Rechtsgrund bzJean-Marie W. den Endbegunstigten nicht kenne (D 3/66, Ziffer 2, 8 14, 16, 18, 22, 23, 24 bis 27), erklarte jedoch auf Nachfrage, dass er von Jean-Marie JEAN-MARIE W. jeweils die Antwort erhalten habe, dass dies vertraglich vereinbarte Zahlungen fur die Rechte in der ISMM/ISL Gruppe seien (D 3/66, Ziffer 28).

CHF5'123'206.~ (Taora Anstalt)

Die Qualifizierung dieser Uberweisungen als Schmiergelder griindet auf den Angaben von RA Raeto Zarn, wonach Jean-Marie JEAN-MARIE W. erklart habe, dass es sich um Vermittlerkommissionen fiir zu erbringende Dienste im Sportsektor gehandelt habe (26/71), aber auch von Jean-Marie JEAN-MARIE W. selbst (vgl. dazu die Angaben zu den Uberweisungen z.Hd. der Sicuretta Anstalt) und jenen von Hans-Peter JEAN-MARIE W. (Sicuretta Anstalt).

CHF 4'000'000.-- (Gilmark Holdings Inc.)

CHF 2'564'630.-- (Renford Investments LTD)

CHF 15'975.- (A. Ndolanga)

CHF 211 '625.-- (Nicolas Leoz)

144

CHF 409'650.- (Organisa for General Trading)

Die Qualifizierung dieser Uberweisungen als Schmiergelder griindet auf den Angaben von Jean-Marie JEAN-MARIE W. selbst (vgl. dazu die Angaben zu den Uberweisungen z.Hd. der Sicuretta Anstalt) und jenen von Hans-Peter JEAN-MARIE W. (Sicuretta Anstalt).

Dass es sich bei den erwahnten Zahlungen letztlich um Schmiergelder (der ISMM/ISL) handelte, ergibt sich ferner aus den Angaben von Christoph M. und Hans-Jürg S., aus dem zitierten Aktenvermerk von Veit Frommelt sowie aus dem Memorandum von Hans-Jurg S. vom 28. Mai 2001. Sollte das Strafgericht wider Erwarten der Auffassung, dass im genannten Umfang tatsachlich Schmiergeldzahlungen geleistet wurden, nicht uneingeschrankt folgen konnen, waren Veit Frommelt, Raeto Zarn und Guido M. Renggli noch zeugenschaftlich einzuvemehmen; in diesem Sinne stellt die Staatsanwaltschaft ausdrucklich Eventualantraa. Das Anwaltsgeheimnis wiirde solchen Einvemahmen nicht entgegenstehen, da dieses grundsatzlich nur fur berufsspezifische, mithin nicht fiir andere Tatigkeiten (z.B. als Verwaltungsrat einer Gesellschaft oder als Stiftungsrat) gilt (BGE 1A.182/2001 E.6, BGE 112 lb 606).

Es bleibt ferner anzufiigen, dass die namentliche Feststellung der Endbegunstigten fiir die Beurteilung des Tatbestands nicht notwendig ist. Entscheidend ist vielmehr, dass in beweismassiger Hinsicht feststeht, wozu die Gelder, welche der ISMM AG gehfirten bzJean-Marie W. von ihr stammten, verwendet wurden.

13.2.2 Jean-Marie W. bezeichnete die Zahlungen als „Provisionen, Honorare", welche ..parallel zum Kauf oder Verkauf von Rechten" bezahlt worden seien. Christoph M. umschrieb es folgendermassen:

Bei dem von Ihnen angesprochenen Thema Nunca handelt es sich um Zuwendungen an

Personlichkeiten und Entscheidungstrager des Weltsports, die Bestandteil des Neuer

werbs bzJean-Marie W. der Verlangerung von weltweiten Vermarktungsrechten gewesen sind, welche

die ISL Gruppe erhalten hat (D 3/70, Ziffer 2).

Auch wenn das Strafgesetzbuch (im Gegensatz zu Art. 4 lit. b UWG) die Bestechung von Privaten nicht unter Strafe stellt, so werden solche „Leistungen" nach der Bundesgerichtspraxis als unsittlich qualifiziert68. Nach Art. 20 Abs. 1 OR ist ein Vertrag nichtig, der einen unmoglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstosst. Gemass Art. 66 OR kann nicht zuruckgefordert werden, was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizufuhren, gegeben worden ist. Christoph M. gab zu der gegenstandlichen Praxis an,

dass er dies moralisch verwerflich finde; es entspreche nicht seinem Wertsystem (D 3/70, Ziffer 22). Auf die Nachfrage, worin er das moralisch Verwerfliche an dieser Praxis sehe, gab er an, dass unternehmerischer Erfolg nur durch eigene Leistung erbracht und nicht gekauft werden sollte (D 3/70, Ziffer 24).

Auch die Literatur qualifiziert Vertrage iiber die Bezahlung von Schmiergeldern an Angestellte oder Hilfspersonen des Vertragsgegners oder eines Dritten als sittenwidrig69. Als sittenwidrig wird u.a. qualifiziert, was als unlauter im Sinne des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gilt. Nach Art. 4 lit. b handelt unlauter, wer sich oder einem andern Vorteile zu verschaffen sucht, indem er Arbeitnehmern, Beauftragten oder anderen Hilfspersonen eines Dritten Vergunstigungen gewahrt oder anbietet, die diesen rechtmassig nicht zustehen und die geeignet sind, diese

68

145

BGE 11911 385: D' apres la conception juridique suisse, les promesses de versement de pots-de-vin sont illicites, et done nulles en vertu des articles 19 s. CO, en raison du vice affectant leur contenu

69

Von Tuhr Peter, a.a.O., 257 Personen zu pflichtwidrigem Verhalten bei ihren dienstlichen oder geschaftlichen Verrichtungen zu verleiten. Art. 4 lit. b ist jedoch nicht abschliessend. Andere Bestechungssachverhalte konnen unter die allgemeine Klausel von Art. 2 UWG fallen70. Unlauter und widerrechtlich ist danach jedes tauschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschaftsgebaren, welches das Verhaltnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietem und Abnehmern beeinflusst. Es liegt auf der Hand, dass die geflossenen Millionenbetrage zu einer Wettbewerbsverzerrung fuhren mussten, womit aber das diesen Transaktionen zu Grunde liegende Verhaltnis als sittenwidrig und somit nichtig qualifiziert werden muss.

Ein nichtiger Vertrag vermag jedoch keine rechtsgeschaftlichen Wirkungen zu erzeugen. Die Nichtigkeit wirkt ex tune, also von allem Anfang an. Sie ist absolut und unheilbar. Der Zweck der Nichtigkeit besteht darin, den Zustand, wie er vor Vertragsschluss herrschte, wieder herzustellen71. Die Nichtigkeit ist von Amtes wegen zu beachten (BGE 123 III 62).

Was in zivilrechtlicher Hinsicht als nichtig qualifiziert wird, kann nicht als Leistung im Rechtsinne betrachtet werden, und die geldwerten Entschadigungen erfolgten somit unentgeltlich; dies u.a. deshalb, weil Unentgeltlichkeit definitionsgemass das Fehlen eines rechtlichen Ausbedingens von Gegenleistung ist72

und, wo es um sittenwidriges Verhalten geht, ein rechtliches Ausbedingen per se nicht moglich ist. Beachtet man die Folgen der Nichtigkeit, so ist auch die geldwerte Leistung von CHF 18'198'310.~ als nicht erbracht zu betrachten. Um diesen Betrag wurde das Gesellschaftsvermdgen mithin vermindert und dem Zugriff der Giaubiger entzogen.

13.2.3 Grundsatzlich kann der Schaden mit den unentgeltlichen Zuwendungen gleichgesetzt werden. Das Vermdgen der ISMM AG wurde durch die bezeichneten Zahlungen zu Lasten der Giaubiger vermindert, und die Vermogensverfugung ist kausal fur den entstandenen Schaden. Indes konnen nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die aus dem Vergleich vom 27. Februar 2004 (D 23/2) in die Konkursmasse geflossenen CHF 2'500'000." als Schadensminderung angerechnet werden.

13.2.4 Bezuglich der Vorbringen der Verteidigung kann an dieser Stelle auf die zutreffenden Entgegnungen des Untersuchungsrichters (Uberweisung S. 237 u. 238) hingewiesen werden. Hierzu ist vorderhand - im derzeitigen Verfahrensstadium - nichts beizufiigen.

70

Mario M. Pedrazzini, Frederico Pedrazzini, Unlauterer Wettbewerb, 2. A., Bern, 175, vgl. auch Carl Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Basel 2001, S. 703f

71

Basler Kommentar, Obligationenrecht I, Art. 1 -529 OR, 3. Auf lage, Basel 2003, N 53 zu Art. 19/20, 203 72

Bruno von Biiren, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, Zurich 1972, 267 13.3 Drohender und einaetretener Vermooenszusammenbruch

Im Gegensatz zur Glaubigerbevorzugung, bei welcher Zahlungsunfahigkeit gegeben sein muss, geniigt das

146

Bewusstsein eines drohenden Vermbgenszusammenbruchs73. Ein drohender Vermogenszusammenbruch kann sich beispielsweise durch eine uniibliche, risikobehaftete Finanzierungsstruktur mit ungewisser Deckung der absehbaren Liquiditatsbedurfnisse abzeichnen (D 23/2, S. 18). Dem Cash Flow Plan ATP Project 1999-2010 vom 12. April 1999 kann entnommen werden (D 23/34), dass dieser gegeniiber den Tumierpartnern feste Zahlungsverpflichtungen von USD 19'555 '000.- fur 1999, USD 78'840'000.- fur 2000 und USD 91'380'000.~ fur 2001 vorsah, wobei bedingt durch die Art des ISMM Geschaftes - diesen sicheren Ausgaben unbestimmte Einnahmen gegeniiberstanden. Die Auslagerung des gegenstandlichen Betrages erfolgte zudem in einem Zeitpunkt, in welchem die Erfullung der Verpflichtungen gegenuber der ATP (Bankgarantie iiber CHF 70'000'000.-) gemass Verwaltungsratsprotokoll vom 12. Mai 1999 nur durch die Aufnahme eines in diesem Zeitpunkt noch zu beschaffenden Kredites moglich war (D 8/5/6). Das ATP Projekt war nur eines unter vielen, welches die Cash Flow Situation nachhaltig negativ beeinflusste (vgl. dazu die zutreffenden Angaben in der Anfechtungsklage der ISMM AG und der ISL Worldwide in Konkurs: D 23/2, S. 18 ff., sowie die Belege zur Klage: D 23/34 ff., vgl. auch die Ausfiihrungen des Gutachters: D 7/D, S. 59, Ziffer 10.3/vgl. zudem im Zusammenhang mit dem Abfluss der Vermogenswerte an die Sunbow S.A. von CHF 36'130'220.05 das Jahresergebnis der Sporis Holding AG per 31. Dezember 1998: Der Shareholder Equity betrug CHF 36'285'000.-: D 6/1/6).

Zudem ist zu beriicksichtigen, dass die Auslagerung der Gelder zwar bereits im Mai 1999 erfolgte, die

effektive Verwendung jedoch in verschiedenen Schritten erfolgte, bzJean-Marie W. sich bis in den

Januar 2001 hineinzog. In dieser Zeitspanne akzentuierte sich jedoch die Problematik der llliquiditat,

weshalb die ISMM AG bzJean-Marie W. die Beschuldigten in dieser Situation (nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eben bereits ab Juni 1999) besonders verpflichtet gewesen waren, noch vorhandenes Vermdgen zu Gunsten samtlicher Giaubiger zu erhalten. Wie bereits dargelegt, war

sich der Verwaltungsrat bereits zu Beginn des Jahres 2000 der angespannten Cash Flow Situation

bewusst, weshalb er den Verwaltungsratsausschuss beauftragte, zusatzliche Moglichkeiten der

Liquiditatsbeschaffung zu priifen. Die Ruckfuhrung von vorerst CHF 18'000'000.~ in die Gruppe belegt

im Ubrigen den gewaltigen Liquiditatsbedarf, dem offensichtlich fehlende Einnahmen aus dem

ordentlichen Tagesgeschaft gegeniiberstanden. Betreffend die Entwicklung des letztlich tatsachlich

eingetretenen Vermogenszerfalls kann auf das buchhalterische Gutachten verwiesen werden (D 7/D).

Gegeben ist ferner die objektive Strafbarkeitsbedingung; am 21. Mai 2001 wurde uber die ISMM AG

der Konkurs eroffnet.

Stratenwerth, a.a.O., § 24, N. 17 13.4 Subjektiver Tatbestand

In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale erforderlich. Der Tater muss mithin im Bewusstsein des ihm drohenden Vermdgenszusammenbruchs handeln, sich also bereits in bedrangter Vermogenslage befinden und mit dem Eintritt der Zwangsvollstreckung rechnen. Er muss ausserdem mindestens in Kauf nehmen, dass er den Glaubigern durch sein Verhalten einen Vermogensschaden zufugen konnte. Unwesentlich ist das Tatmotiv; d.h. der Tater kann aus irgendwelchen Beweggrunden handeln.

Dass die Verantwortlichen des sich abzeichnenden Vermdgenszerfalls der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG bewusst waren, wurde bereits dargelegt. Gleichwohl veranlassten sie die bezeichneten Schmiergeldzahlungen bzJean-Marie W. liessen diesen Geldabfluss zu, ohne eine hierfur (klar) aquivalente und (zeitlich sowie im Umfang) gesicherte Gegenleistung erwarten zu konnen. Es konnte

147

ihnen daher unmoglich entgangen sein, dass die Schmiergeldzahlungen schon des betrachtlichen Umfanges wegen durchaus geeignet waren, die Giaubiger der ISMM AG (bzJean-Marie W. ISMM Gruppe) zu schadigen, und sie nahmen solches zumindest in Kauf. Den verantwortlichen Organen kann deshalb der Vorwurf nicht erspart werden, auch in subjektiver Hinsicht den Tatbestand der Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung mehrfach erfullt zu haben.

14. Bevorzugung eines Giaubigers

14.1 Zur gesetzlichen Grundlage vgl. Ziffer 8.1, zum Tatvorwurf vgl. II. Ziffer 13 (S. 22 der Anklage).

14.2 Auf Grund der Untersuchung steht fest, dass folgende Betrage von der ISMM AG und der ISL Worldwide auf ein Konto der Sunbow S.A. flossen:

Valuta Herkunft der Zahlung Betrag in CHF Act.

11.10.2000 ISMM AG 500'000.00 25/19/113 08.01.2001 ISL Worldwide 500'000.00 25/19/119

Da es sich bei der Nunca Stiftung/Sunbow um eine „Geschaftseinheit" der ISMM AG handelte, ist die Uberweisung von insgesamt CHF 18'000'000.~ als Intercompanydarlehen zu qualifizieren. Bei den Zahlungen an die Sunbow S.A. handelt es sich um die Ruckfiihrung eines Teils dieses Darlehens. Unabhangig der Frage, ob die Riickzahlung des Darlehens auf Grund der materiellen Rechtslage in diesem Zeitpunkt bzJean-Marie W. in dieser Art hatte beansprucht bzJean-Marie W. durchgesetzt werden konnen, erscheint nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eine Tatbestandserfullung nach Art. 167 StGB (Bevorzugung der Sunbow S.A. als "Gl&ubigerin") schon deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil die Beschuldigten faktisch von einem Konzernverhaltnis bzJean-Marie W. einer wirtschaftlichen Einheit (auch zwischen ISMM/ISL und Sunbow) ausgingen. Wurde ein Teil des Geldes wieder auf die der ISMM AG gehorende Sunbow S.A. (und damit vereinfacht in ein anderes "Kasseli") ausgelagert, so ist zumindest in subjektiver Hinsicht der Tatbestand der Bevorzugung eines "Giaubigers" nicht gegeben. Am Eventualvorwurf wird daher nicht langer festgehalten. Anzumerken bleibt, dass gestutzt auf die Ausfuhrungen auf

S. 176 vorstehend die spater begunstigte Gilmark Holdings Inc. nicht rechtsgeniigend als Glaubigerin bezeichnet werden kann, weshalb auch insofern die Tatbestandserfiillung von Art. 167 StGB nicht in Frage kommt.

15. Betrugerischer Konkurs

15.1 Gesetzliche Grundlage

Gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB wird Schuldner bestraft, der zum Schaden der Giaubiger sein Vermogen zum Scheine vermindert, namentlich Vermogenswerte beiseiteschafft oder verheimlicht, Schulden vortauscht, vorgetauschte Forderungen anerkennt oder deren Geltendmachung veranlasst, wenn iiber ihn der Konkurs eroffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Giaubiger eine solche Handlung vornimmt, bestraft (Ziff. 2).

15.2 Zum Tatvorwurf vgl. II. Sachverhalt Ziffer 14 (S. 22 der Anklage).

148

15.21 Im Zeitpunkt der Konkurseroffnung iiber die ISMM AG war auf dem CHF Kontokorrent Nr.

193.223.31, lautend auf Sunbow S.A., noch ein Habensaldo von CHF 1'878.50 (D 25/19/123).

Die Nunca Stiftung bzJean-Marie W. die Sunbow S.A. als Beteiligung der ISMM AG und somit

der erwahnte Vermogenswert fanden nicht Eingang in das Guterverzeichnis (D 15/3/16 ff.).

Gleiches gilt mit Bezug auf CHF 36'966.-, welche sich auf dem CHF Konto Nr. 01506649AA,

lautend auf die Nunca Stiftung, befanden (D 25/5/38 ff.). Auch hier handelte es sich um eine

Beteiligung und um tatsachliche Vermdgenswerte im Sinne des Tatbestandes. Im Resulat

wurden die genannten VermGgenswerte der Schuldnerin w also verheimlicht, womit der Tatbestand des betrugerischen Konkurses objektiv erfullt ist (BGE

93 IV 92, BGE 88 IV 26). Nach BGE 102 IV 173 f. kann namlich blosses Schweigen dann Verheimlichen im Sinne von Art. 164 StGB bedeuten, wenn es dazu dient, einen geringeren als den wirklichen Vermogensbestand vorzutSuschen.

Der Restsaldo von letztlich CHF 1 '848.20 auf dem Konto der Sunbow S.A. wurde mit Valuta 18. Oktober 2001 auf ein Konto der Interadvice Anstalt uberwiesen (D 25/19 /131). Der Restbetrag auf dem Konto der Nunca Stiftung wurde in drei Tranchen an das Treuhanduntemehmen Negele, Sele & Frommelt in Vaduz uberwiesen. Die Vergutungsauftrage wurden von Veit Frommelt und Hans-Jurg S. unterzeichnet (D 25/5/43, 54, 57). Damit ist auch ein Schaden der Giaubiger ausgewiesen; denn das inkriminierte Vorgehen war nicht nur geeignet fiir einen Haftungssubstratsverlerlust, sondern es fiihrte zu einem solchen. Die objektive Strafbarkeitsbedingung ist im Ubrigen gegeben; am 21. Mai 2001 wurde fiber die ISMM AG der Konkurs eroffnet.

fiihrte zu einem solchen. Die objektive Strafbarkeitsbedingung ist im Ubrigen gegeben; am 21. Mai 2001 wurde uber die ISMM AG der Konkurs eroffnet.

In subjektiver Hinsicht ist entscheidend, dass die Gelder mit Wissen und Willen verheimlicht wurden. Denn vor dem Hintergrund des gesamten Konstrukts der Nunca Stiftung / Sunbow S.A. wird offensichtlich, dass die Beschuldigten nicht die Absicht hatten, solche Vermogenswerte offen zu legen bzJean-Marie W. offen legen zu lassen. Ferner konnte den Beschuldigten auf Grund ihrer Bildung und Stellung in der ISMM/ISL Gruppe gar nicht entgangen sein, dass mit der Nichtangabe der Beteiligung das VermSgen scheinbar vermindert wurde. Dasselbe gilt mit Bezug auf die Folge, dass der Ausfall sich vergrosserte bzJean-Marie W. dadurch ein Schaden eintrat.

16. Veruntreuung

16.1 Betreffend die gesetzliche Grundlage wird auf Ziff. 3.1 vorstehend verwiesen. Zum Tatvorwurf gilt das unter II. Sachverhalt Ziffer 15 (Anklageschrift S. 22 unten) Ausgefiihrte. Eine Veruntreuung begeht, wer etwas, woruber er mit Willen des Berechtigten die Herrschaft ausubt, pflichtwidrig im eigenen Oder fremdem Nutzen verwendet (BGE 111 IV 132). Das Tatobjekt muss dem Tater anvertraut worden sein. Als anvertraut und somit wirtschaftlich fremd sind Vermogenswerte nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, was jemand mit der Verpflichtung empfangt, es in bestimmter Weise im Interesse eines andern zu verwenden, insbesondere es zu verwahren, zu verwalten Oder abzuliefern (BGE 80 IV 55, BGE 120 IV 119).

16.2 Tatobjekt ist im vorliegenden Fall die Zahlung von CHF 90'000.-- auf das Privatkonto von Jean-Marie JEAN-MARIE W..

Valuta Empfanger der Auftraggeber der Zahlung Betrag in CHF Act.

Zahlung

149

28.11.2000 Jean-Marie JEAN-MARIE W. JMW/HPW 90'000.00 25/19/117

Jean-Marie JEAN-MARIE W. waren die Gelder (bzJean-Marie W. Forderungen) auf dem Konto der Sunbow im Sinne des Tatbestandes bloss anvertraut, und er hatte sie allein fiir enger umschriebene Zwecke einzusetzen. Bezeichnend ist dazu die Aussage von Christoph M., der Folgendes zu Protokoll gab (D 3/45, Ziffer 20):

„Auf mein wiederholtes Drangen, die Begunstigungen einzustellen, wurde mir von Jean-Marie JEAN-MARIE W., dem Nachfolger von Horst Dassler bei der ISL, klar gemacht, dass diese Beziehungspflege zu weiter bestehenden Verpflichtungen gefuhrt hatten und seit dem Ableben von Horst Dassler allein seine Aufgabe und Verantwortung bleiben wurden. Im Interesse der ISL war einzig die Isolierung der Begiinstigungen vom Tagesgeschaft des Unternehmens, verbunden mit einem mittelfristigen Abbau der Verpflichtungen, durchsetzbar. Die Aktivitaten wurden der Form halber in eine einmalig dotierte Stiftung verlagert, welche allein durch Jean-Marie JEAN-MARIE W. gefuhrt wurde. der die Stiftunasmittel nur person lich und zweckaebunden einzusetzen hatte."

Die tatbestandsmassige Handlung nach Abs. 2 von Art. 138 StGB besteht in einem Verhalten des Taters, durch welches er eindeutig seinen Willen bekundet, den obligatorischen Anspruch des Treugebers zu vereiteln (BGE 121 IV 25). Durch die Uberweisung auf sein Konto entzog Jean-Marie JEAN-MARIE W. das Tatobjekt dem Zugriff der Berechtigten. Auf Grund des Gesamtkonstruktes musste er zudem gar nicht damit rechnen, dass die Transaktion hinterfragt wurde. Kam es zu Fragen, gaben sich die diesbeztiglichen Personen offenbar mit pauschalen Antworten zufrieden (vgl. z.B. D 3/66, Ziffer 28).

16.3 Bezuglich der Einwande der Verteidigung kann uneingeschrankt auf die richtigen Entgegnungen des Untersuchungsrichters (S. 243 Uberweisung) verwiesen werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafiir, dass die am 26. November 2000 auf das Privatkonto uberwiesenen Gelder anschliessend zweckgemass verwendet wurden. Angesichts der Aktenlage erscheint es denn auch zulassig, aus der Weigerung des Beschuldigten, nahere Angaben zu machen, Schlusse zu ziehen. Denn wegen der belastenden Momente durfte (bzJean-Marie W.diirfte) eine Erklarung des Beschuldigten vernunftigerweise erwartet werden; auch wenn es den Behorden obliegt, die Schuld des Betroffenen nachzuweisen, trifft den Beschuldigten im Bereich der rechtfertigenden Tatsachen eben doch eine gewisse Mitwirkungspflicht.

16.4 Der deliktische Schaden besteht im Wert des veruntreuten Gutes (BGE 111 IV 23 E. 5. S. 23), mithin im Betrage von CHF 90'000.~.

16.5 Der Beschuldigte wusste, dass ihm die auf dem Konto der Sunbow S.A. liegenden Gelder bloss anvertraut waren und nur fiir bestimmte Zwecke (sicher nicht zur Uberweisung auf sein Privatkonto) eingesetzt werden durften. Dennoch liess er sich den Betrag fur eigene Zwecke und zum Schaden der Sunbow (ISMM AG) auf sein Konto iiberweisen. Der Beschuldigte handelte mithin vorsatzlich. Da er offensichtlich nicht gewillt war, die zweckwidrig verwendeten Betrage an den Treugeber zuriickzufiihren, erubrigt sich die Prufung der Frage, ob seine diesbeziigliche Leistungsfahigkeit gegeben war. Hingegen ist hiermit auch die Absicht der unrechtmassigen Bereicherung dargetan.

16.6 Zusammengefasst kann dem Beschuldigten somit der Vorwurf der Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB nicht erspart bleiben.

17 Strafrechtliche Verantwortunq der einzelnen Beschuldigten

17.1 Einleitung

17.1.1 Fur Straftaten in einem Geschaftsbetrieb sind grundsatzlich die naturlichen Personen verantwortlich, welche effektiv fur das Unternehmen handelten oder hatten handeln sollen und in ihrer betrieblichen Funktion des

150

Tatbestand schuldhaft erfullten. Strafbar ist ein Tater also auch fiir das im Dienste einer Firma als Organ Oder Vertreter eines Unternehmens begangene Delikt (BGE 105 IV 175; 110 IV 17). Begeht der mit der betrieblichen Fuhrung Befasste das Delikt selber (allenfalls zusammen mit Mitarbeitern), so ist seine strafrechtliche Verantwortung eine allgemeine und von der spezifischen Eigenschaft an sich unabhangig. Ist eine solche Tatbegehung nicht gegeben, kann der Unternehmer unter gewissen Umstanden dennoch strafrechtlich verantwortlich sein, so-fern er die Handlung eines anderen Betriebsangehorigen im Vorfeld aktiv initiiert bzJean-Marie W. durch vorangehende Aktivitat unterstutzt (Mittater oder Teilnehmer), oder (als in diesem Sinn dritte Variante) die deliktische Handlung eines anderen Betriebsangehorigen durch Passivitat nicht verhindert.

17.1.2 Begriinden Oder erhohen besondere "personliche Merkmale" die Strafbarkeit, so sind die Strafbestimmungen des 2. Titels des StGB (Strafbare Handlungen gegen das Vermogen) gemass Art 172 aStGB auch auf die in dieser Bestimmung angefuhrten Personen anzuwenden, wenn diese Merkmale nicht bei ihnen persdnlich, sondern bei der juristischen Person oder Gesellschaft vorliegen. Im Einzelnen sind dies die Organe oder Mitglieder eines Organs einer juristischen Person, Mitarbeiter einer juristischen Person oder Gesellschaft, denen eine vergleichbare selbstandige Entscheidungsbefugnis in ihren Tatigkeitsbereichen zukommt oder, ohne Organ, Mitglied eines Organs oder Mitarbeiter zu sein, als tatsachlicher Leiter einer juristischen Person oder Gesellschaft. Ob eine natiirliche Person Organ Oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person ist, bestimmt grundsatzlich das Zivilrecht74 (vgl. aber BGE 106 IV 23). Die zitierte Bestim-mung wurde zwar mit der auf den 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Revision des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches aufgehoben und durch Art. 29 StGB ersetzt. Soweit den vorliegenden Fall betreffend brachte die Revision indes keine tatsachliche, hochstens eine redaktionelle Anderung. Wahrend das alte Recht von strafbegriindenden oder straferhohenden besonderen personlichen Merkmalen sprach, bezeichnet die aktuelle Bestimmung diese Merkmale als besondere Pflichten. Inhaltlich bedeutet dies aber keine Anderung, da schon unter der fruheren Regelung nicht die personlichen Verhaltnisse von Art. 26 aStGB gemeint, sondern allein die besonderen personlichen Merkmale anvisiert waren, die eine Sonderpflicht begriinden. Das Bundesgericht hielt zudem schon fruh fest, dass die ausdruckliche Regelung der Strafbarkeit verschiedener Organe fur die von ihnen im Geschaftsbetrieb einer juristischen Person begangenen Betreibungsdelikte nicht bedeute, dass die handelnden Organe fiir andere im Geschaftsbetrieb begangene Delikte von vorneherein nicht strafbar seien(BGE 105 IV 175).

74 Trechsel, a.a.O., N 2 zu Art. 172 17.1.3 Allerdings wird beispielsweise ein Verwaltungsrat nicht allein kraft seiner gesellschaftsrechtlichen

Stellung betraft. Denn es gibt keine von der konkreten Tatbeteiligung unabhangige strafrechtliche Haftung der Organe einer juristischen Person fiir Delikte, welche in deren Betrieb von anderen begangen werden (vgl. BGE 105 IV 175). Eine strafrechtliche Verantwortung lasst sich in diesen Fallen nur iiber die Konstruktion des unechten Unterlassungsdelikts begrunden. Dies setzt allerdings voraus, dass die jeweiligen Personen eine Garantenstellung mit Bezug auf die in Frage kommenden Delikte haben und eine schuldhafte, mindestens eventualvorsatzliche Verletzung der Garantenpflicht gegeben ist. Garant ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, wer gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist, die Verwirklichung eines Straftatbestandes zu verhindern oder in ihren Wirkungen aufzuheben (BGE 105 IV 176). Die Garantenstellung kann sich jedoch auch aus den Umstanden ergeben (BGE 96 IV 174). Dabei lasst sich diese Pflicht u.a. dann bejahen, wenn der Beschuldigte der oberste Leiter, das Haupt der Gesellschaft mit beherrschender Rolle und nach aussen in Erscheinung tretender Inhaber ist (BGE 96 IV 174 f., vgl. auch BGE 122 IV 103 ff.).

151

Bejaht man somit die Strafbarkeit der Nichtabwendung eines verponten Erfolges, so stellen sich im Wesentlichen zwei Fragen: Wann ist eine Person strafrechtlich verpflichtet zu handeln bzJean-Marie W. in einen unter Umstanden von ihr vbllig unabhangigen Kausalverlauf einzugreifen, um ein strafrechtliches Rechtsgut vor einer Gefahrdung oder Verletzung zu retten, und welches sind die Elemente, welche die Garantenstellung begrunden75. Zusammengefasst mussen beim .Tatbestand" des unechten Unterlassungsdelikts folgende Voraussetzungen gegeben sein:

- obiektiv: -eine ein Rechtsgut gefahrdende Situation -ein Verhaltnis zwischen Rechtsgut und Unterlassungstater -Nichtvornahme einer die drohende Gefahr abweichenden Handlung -Eintritt des drohenden Erfolges gerade deswegen

- subiektiv: -Moglichkeit des Eingreifens -Kenntnis der Gefahrensituation -Kenntnis der Garantenstellung -Bewusstsein, dass bei Unterlassung der drohende Erfolg eintreten werde76

In jedem Fall muss das passive Verhalten zum verponten Erfolg ursachlich und der Beschuldigte verpflichtet sein, den Erfolgseintritt durch Tun zu verhindem (BGE 86 IV 220, BGE 53 IV 351). Die Garantenstellung muss zudem auf der Grundlage einer Rechtspflicht bestehen. Diese kann sich aus Gesetz, Vertrag oder Gewohnheitsrecht ergeben (eine moralische Verpflichtung geniigt nicht / BGE 79IV 145 ff.).

Zur Geschaftsherrenhaftung als Spezialfall des unechten Unterlassungsdelikts ist Folgendes zu prazisieren. Das Bundesgericht hat im Fall Buhrle (BGE 96 IV 155) dem Beschuldigten als nach aussen in Erscheinung tretendem Inhaber der Unternehmung vorgeworfen, dass es ihm am ernstlichen Willen, wirksam einzugreifen, offensichtlich gemangelt habe. Auf Grund seiner Rolle sei er aber dazu verpflichtet gewesen, als er habe erkennen konnen, dass die Leitung der Waffen-Verkaufsabteilung sich uber den Embargo-Beschluss des Bundesrates hinweggesetzt habe (S. 175 und 176). Nach

75

Rene Meyer, Die Garantenstellung beim unechten Unterlassungsdelikt, Diss., Zurich 1972,1 76

vgl. im einzelnen Meyer, a.a.O., 40 ff. Schubarth77 heisst das Urteil, dass der Firmeninhaber und Konzernchef zumindest dann, wenn er damit rechnen muss, dass in seinem Betrieb unerlaubte Handlungen begangen werden, die Verpflichtung hat, sich durch die notigen Erhebungen und Kontrollen Kenntnis uber das tatsachliche Geschehen zu verschaffen, und eine Fortsetzung der unerlaubten Handlungen zu verhindern. Verletzt er diese Pflicht, so wird er bestraft, wie wenn er die Handlung selbst begangen hatte. Das Bundesgericht hat in BGE 105 IV 178 mit Bezug auf den Biihrle-Entscheid prazisierend festgehalten, dass das „Erkennenkonnen" nicht im Sinne einer abstrakten Erkenntnismoglichkeit verstanden werden durfe. Auch beim vorsatzlichen unechten Unterlassungsdelikt miisse dem Garanten das konkrete tatbestandsmassige Wissen und Wollen nachgewiesen werden.

Beweisrechtlich ist somit von Bedeutung, dass die individuelle Schuld, das Wissen und das Wollen des Einzelnen festzustellen sind, wobei den arbeitsteilig gepragten Unternehmensstrukturen Rechnung getragen werden muss.

17.1.4 Wie dargestellt, hatten alle Beschuldigten Organstellung oder waren in einer der Funktionen, wie sie in Art 172 aStGB bzJean-Marie W. Art. 29 StGB angefuhrt werden, fur die ISMM Gruppe tatig (vgl. A. Aspekte von gemeinsamer Bedeutung, 1. ISMM (ISL) Gruppe / Struktur / Organisation / Stellung der Beschuldigten).

Die Stellung und damit verbunden die Kompetenzen und Pflichten der ins Recht gefassten Personen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Gesetz, der dargestellten internen Rechtsordnung bzJean-Marie W. Organisation (Reglemente u.s.Jean-Marie W.), der in der Gruppe praktizierten Clbung, aber auch aus

152

den Arbeitsvertragen (inkl. Stellenbeschriebe u.s.Jean-Marie W.). Letztere wurden insbesondere mit der ISL Marketing AG geschiossen, welche im Mai 2000 mit der ISL Properties AG fusionierte und in der Folge unter ISL Worldwide firmierte. Die Vertrage wurden bis zur Konkurseroffnung nicht auf die neue Gesellschaft umgeschrieben. Wie schon betreffend die Reglemente festgehalten wurde, ist von Bedeutung, dass die ubernehmende Gesellschaft in Rechtsverhaltnisse wie Arbeitsvertrage sukzediert78.

Soweit sich Beschuldigte auf Grund von Unterlassungen zu verantworten haben, sei bezuglich ihrer Rechts- und somit auch Garantenpflichten auf die folgenden, nicht abschliessenden Quellen verwiesen. Dabei ist vorweg von Bedeutung, dass nach der Bundesgerichtspraxis nicht jede Rechtspflicht fur die Begrundung einer Garantenpflicht geniigt, sondern nur eine qualifizierte (BGE 113 IV 73 f.). Eine Pflicht ist dann qualifiziert, wenn der Geschaftsherr in einer engen Beziehung zum geschiitzten Rechtsgut steht und die Pflicht zur Verhinderung von Straftaten einen zentralen Bestandteil der Handlungspflicht darstellt. Es braucht also eine Pflicht, genau diese spezifische, gesteigerte Betriebsgefahr abzuwenden, die gerade von diesem Untergebenen des Vorgesetzten, in Verletzung einer Strafnorm, verwirklicht worden ist79. So wird nach neuester Literatur etwa der Standpunkt vertreten, dass sich allein aus den unentziehbaren und uniibertragbaren Aufgaben des Verwaltungsrates nach Art. 716a Abs. 1 OR keine

77

Martin Schubarth, Zur strafrechtlichen Haftung des Geschaftsherm, ZStrR 92 (1976) 371 78

Suter a.a.O., 34 f.) 79

Frei, a.a.O. 66 strafrechtlich relevante Pflicht zur Verhinderung von Straftaten herleiten lasst80, hingegen gemeinsam mit der aktienrechtlichen Treuepflicht (Art. 717 Abs. 1 OR) von einer qualifizierten Rechtspflicht auszugehen ist81.

Allgemein kann eine Garantenpflicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet werden (Art. 2 Abs. 1 ZGB), wenn sich aus der Natur des Vertrages und den konkreten Verhaltnissen spezielle Sorgfaltspflichten ergeben, diese jedoch nicht geniigend prazisiert sind82 (vgl. dazu exemplarisch den Arbeitsvertrag von Heinz S..: D 9/4/4, in welchem festgehalten ist, dass der Arbeitnehmer diejenigen Verantwortlichkeiten wahrzunehmen habe, die ublicherweise mit seiner Stellung verbunden seien).

Bei der Aktiengesellschaft liegt die Verantwortung fiir die Geschaftsfuhrung grundsatzlich beim Verwaltungsrat, welcher die Gesellschaft auch nach aussen vertritt. Gemass Art. 716b Abs. 1 OR ist die Delegation der Geschaftsfuhrung unter anderem an Dritte nur dann zulassig, wenn die Delegationsmoglichkeit in die Statuten aufgenommen und ein Organisationsreglement - wie im konkreten Fall geschehen - erstellt wurde. Aber selbst bei giiltiger Delegation gehdrt die Oberleitung iiber die mit der Geschaftsfuhrung betrauten Personen zu den unubertraabaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR). Dabei ist von Bedeutung, dass darunter die Entwicklung der strategischen Ziele der Gesellschaft, die Festlegung der Mittel, um diese Ziele zu erreichen, und die Kontrolle der Geschaftsfuhrunosoroane im Hinblick auf die Verfolgung der festgelegten Ziele zu verstehen ist83. Ubt hingegen der Verwaltungsrat Geschaftsfuhrung und Vertretung vollumfanglich in hochster Instanz aus, entfallt notwen-digerweise die Aufsichts-, nicht aber die Rechenschaftspflicht84. Insgesamt entscheidend ist der Schluss, dass durch die Delegation von Kompetenzen die Verantwortung des Delegierenden nicht aufgehoben wird, sondern dass an die Stelle der Handlungs-verantwortung die Fuhrungsverantwortung tritt85. Dabei sind Oberschneidungen der beiden Verantwortungsbereiche je nach Ausgestaltung der Organisation moglich.

Als Grundlage einer gesetzlichen Garantenpflicht kann zudem Art. 717 Abs. 1 OR

153

herangezogen werden, wonach Mitglieder des Verwaltungsrates sowie Dritte, die mit der Geschaftsfuhrung befasst sind, ihre Aufgaben mit aller Sorofalt erfullen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren mussen86.

17.1.5 In Lehre und Rechtsprechung ist unbestritten, dass die Einzelaufgaben des Verwal-tungsratsprasidenten nicht so umfassend geregelt sind, wie jene des Gesamtverwaltungsrates gemass Art. 716a Abs. 1 OR87. Allerdings heisst dies nicht, dass seine Verantwortlichkeit auf Grund der gesetzlichen Luckenhaftigkeit in jedem Fall zu negieren ware. Das Bundesgericht fuhrt in BGE 109 V 89 aus, dass der Verwaltungsratsprasident dort, wo es um die Verantwortlichkeit in Geschaften geht, mit denen er sich ihrer Bedeutung wegen befassen muss, nicht darauf berufen kann, dass sich seine Tatigkeit vor allem auf die Leitung der Verwaltungsratssitzungen und der General

80 Frei, a.a.O., 93 f. 81 Vgl. zur Strafbarkeit des Garanten auch Kesselbach, a.a.O. 106 ff und BGE 122 IV 103 ff.

82

Kesselbach, a.a.O., 101 f. 83

Forstmoser, Meier-Hayoz, Nobel, a.a.O., § 30, N 31 84

Schulthess, a.a.O, 96 85

Simona BustiniGrob, Grosskredite im Schatten des Strafrechts, Diss. Bern 1997, 68 86

Forstmoser, Meier-Hayoz, Nobel, a.a.O., § 30, N 59 / Direktoren unterstehen den gleichen Sorgfaltspflichten wie der Verwaltungsrat

87

Ivo JEAN-MARIE W. Hungerbuhler, Der Verwaltungsratsprasident, Diss. Zurich 2003, 61 versammlung beschranke. Gerade im Zusammenhang mit dem sachverhaltsmassig bedeutsamen Umstand einer zunehmend schwierigeren Liquiditatskrise obliegt ihm eine erhohte Sorgfalts- und Informationspflicht. Kommt er seiner Informationspflicht nicht nach, kann daraus eine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung abgeleitet werden. Er ist somit u.a auch bei „Liquiditatsengpassen"88 als Entscheidungstrager gefordert. Ein wichtiger Aspekt seiner Kompetenz, welche gleichzeitig auch Verpflich-tung bedeutet, ist die Begleitung der Geschaftsleitung, welche sich aus der Oberleitung gemass Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 OR und der Oberaufsicht gemass Art. 712a Abs. 1 Ziff. 5 OR ergibt. Die Wahrnehmung dieser Begleitfunktion kann insbesondere in einem Weisungsrecht bestehen, welches entgegen dem Wortlaut von Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 OR nicht notwendigerweise durch den Gesamtverwaltungsrat wahrgenommen werden kann. Vielmehr ist es Pflicht des Prasidenten, mittels Erteilung von Weisungen fur die Umsetzung der vom Verwaltungsrat beschlossenen Geschaftspolitik zu sorgen89. Die Pflicht erschopft sich jedoch nicht nur im Erteilen von Weisungen, sondern auch in der Kontrolle der diesbezuglichen Umsetzung.

17.1.6 Bei der nachfolgenden Darstellung (Ziffer 17.2 ff.) betreffend die einzelnen Beschuldigten werden - um Wiederholungen zu vermeiden - die Ausfuhrungen unter A. Aspekte von gemeinsamer Bedeutung, 1. ISMM (ISL) Gruppe / Struktur/Organisation / Stellung der Beschuldigten vorausgesetzt, und es wird deshalb z.T. auf Aktenverweise verzichtet.

Nach der uberzeugenden und mit den Akten ubereinstimmenden Darstellung des Untersuchungsrichters

ist Folgendes festzuhalten:

154

17.2 Christoph M.

17.2.1 Veruntreuung ev. Betruo z.N. der FIFA (Globo)

17.2.1.1 Christoph M. war ab 1990 bis zur Konkurserdffnung Verwaltungsratsprasident der ISMM AG, mithin der Dachgesellschaft des Konzerns. Diese nahm unter seiner Leitung die strategische Gesamtfuhrung der Gruppe wahr. Bis 1998 war er zudem als Delegierter des Verwaltungsrates im Management tatig und ab 1998 massgeblich mit grossen Finanzierungsprojekten wie dem geplanten Asset Backed Securitisation und dem Borsengang der Gruppe (Initial Public Offering) befasst. Er war Bindeglied zwischen dem Verwaltungsrat und der Aktionarsschaft (vgl. insbesondere D 16/3), besass per Ende 2000 VOOO von 50'000 ISMM AG Aktien (D 8/8/22 ff) und vertrat bei den Generalversammlungen jeweils die Mehrheit der Aktionare (D 8/8/1, D 8/8/2), zu welchen auch seine geschiedene Ehefrau Sigrid Dassler-M. gehorte (Aktienanteil an der ISMM AG: 9'650 per Ende 2000: D 8/8/24 und D 16/3).

Bei der Einvernahme vom 6. November 2002 gab Christoph M. an, dass er seine Funktion in der Gesellschaft stets und ausschliesslich im Auftrag, namens und auf Bitte der Familienmitglieder ausgeiibt habe. Diese hatten ihn 1990 gebeten, ihre

Hungerbuhler, a.a.O., 128 f. 89

Hungerbuhler, a.a.O., 124 ff., insbesondere 127 Belange in der Sporis Gruppe wahrzunehmen. Zu jenem Zeitpunkt sei er von den Gesellschaftem zum Prasidenten des VR der Sporis Holding AG gewahlt worden (D 3/28, Ziffer 16). Bei der Einvernahme vom 10. Februar 2004 gab er an, dass er seine Funktion und seine Wahl seinerzeit gestutzt auf eine Gruppe von Mehrheitsaktionaren wahrgenommen habe. Diese habe alle Aktionare mit Ausnahme der Kinder von Horst Dassler umfasst. Und diese Gruppe habe in etwa eine Zwei-Drittels-Mehrheit an der Sporis gehalten (vgl. zudem A. Aspekte von gemeinsamer Bedeutung, 1. ISMM (ISL) Gruppe / Struktur / Organisation / Stellung der Beschuldigten, Ziffer 1.5.1).

Zusammengefasst ergibt sich fur die Beurteilung der Garantenstellung vorweg die Feststellung, dass Christoph M.

als Aktionar der ISMM AG,

als Vertreter der Mehrheitsaktionare der ISMM AG,

als von diesen gewahlter Verwaltungsratsprasident der ISMM AG,

w als bis 1998 aktiv im Management tatiger Delegierter des Verwaltungsrates der

ISMM AG und

ab 1998 als mit den massgeblichen Finanzierungsgeschaften befasster und

somit auch operativ fur die ISMM AG Verantwortung tragend,

massgeblich und umfassend, insbesondere in die finanziellen Belange der ISMM Gruppe involviert war.

Mit Bezug auf den operativen Bereich kann unter anderem auf seine Angaben verwiesen werden, wonach de facto das Projekt AURORA (IPO) alles beherrscht habe; mit anderen Worten: in der Praxis habe AURORA bezuglich seiner Mitwirkung die zentrale Rolle gespielt (D 3/45, Ziffer 90 f, vgl. auch Ziffer 87). Auch habe er gegenuber den verschiedenen, vorstehend erwahnten Bankern und Beratern als erste Anlaufstelle gedient, insbesondere im Zusammenhang mit den Fragen zu den Aktionaren. Mit Bezug auf effektive Leitung dieser

155

Projekte sei naturlich festzuhalten, dass es im Zuge der zunehmenden Konkretisierung auch Sachverhalte und Sitzungen gegeben habe zwischen den Bankern und - je nach Thema - einzelnen Mitgliedern der Geschaftsleitung. Bei diesen Sitzungen habe er nicht unbedingt zu jedem Zeitpunkt dabei sein mussen (D 3/45, Ziffer 98). Er sei in Bezug auf das Projekt AURORA im Verwaltungsrat sicherlich der Initiant und Spiritus Rector gewesen (D 3/45, Ziffer 98). Heinz S.. gab an, dass M. die Aktivitaten im Zusammenhang mit der Finanzierung der Gruppe und dem Borsengang (ABS und IPO) direkt geleitet und uberwacht habe (D 9/4/3, S. 17 und 18, Ziffer 42, sowie D 3/29, Ziffer 52) und intensiv in Cash Flow und Finanzierungsfragen involviert gewesen sei (D 3/29, Ziffer 35).

17.2.1.2 Wie bereits erwahnt, muss dem Garanten das konkrete tatbestandsmassige Wissen und letztlich auch Wollen nachgewiesen werden. Christoph M. war nicht aktiv in die Verhandlungen betreffend die gegenstandliche Globo Zahlung involviert. Es stellt sich somit die Frage, inwieweit er von diesen Verhandlungen Kenntnis hatte. Unter A. Aspekte von gemeinsamer Bedeutung, 1. ISMM (ISL) Gruppe / Struktur / Organisation / Stellung der Beschuldigten, Ziffer 1.3 Interne Organisation der ISMM Gruppe wurden

insbesondere das umfassende Informationsrecht des Verwaltungsrates (Ziffer 1.3.1.5), aber auch die Berichterstattung (Reporting) dargestellt. Aus dieser Darstellung kann mit Bezug auf alle Beschuldigten schlussig festgehalten werden, dass auf Grund der internen Rechtsordnung, der Besetzung des Verwaltungsrats und der einzelnen geschaftsfuhrenden Positionen in personeller Hinsicht eine Durchmischung stattfand, welche einen umfassenden Informationsfluss zur Folge hatte. Die Be-schuldigten waren durch eine starke Vernetzung weitgehend in strategische und operative Aufgaben (geschaftsfuhrende Verwaltungsrate) eingebunden, und der Informationsfluss war schon auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Berichtswesens gesichert.

Christoph M. war laut Arbeitsvertrag Mitglied des GMB (General/Group Management Board), welches mit der Umsetzung des operativen Tagesgeschafts der Tochtergesellschaften befasst war. Er konnte auf Einladung hin an den Sitzungen des ExCo (Executive Committee) teilnehmen, welches als Geschaftsleitung die Geschaftsfuhrung auf der Grundlage der Delegation durch den Verwaltungsrat wahrnahm. Den Protokollen des GMB kann entnommen werden, dass diese dem Beschuldigten regelmassig zugestellt wurden (D 8/7), jenen des ExCo, dass er als Gast an einzelnen Sitzungen anwesend war (D 8/6/35). Dazu Christoph M. an,

dass er an einzelnen Sitzungen zeitweise teilgenommen habe, namlich insbesondere dann, wenn es darum gegangen sei, die Herren im ExCo zu dem Hauptthema zu informieren, welches wahrend der Zeit von ihm bearbeitet worden sei, namlich dem Stand der Planung und der einzelnen Massnahmen fiir einen allfalligen Borsengang (D 3/45, Ziffer 58). Zum GMB gab er an, dass er nicht im GMB Board gewesen sei. Wenn ihm diese Memos zugestellt worden seien, sei er stets davon ausgegangen, dass das ExCo die fiir den Verwaltungsrat relevanten Tatbestande gemass ihren Richtlinien dem Verwaltungsrat vorgetragen hatten, und insbesondere auch, wenn es aus irgendwelchen Grunden Abweichungen zu den Punkten gegeben habe, so wie sie im Verwaltungsrat besprochen worden seien (D 3/45, Ziffer 117).

Allgemein kann zu den beiden Gremien folgendes angefuhrt werden. An den Sitzungen des ExCo wurden grundsatzlich alle Themen von einer bestimmten Wichtigkeit wie Cash Flow Planung und Unternehmensfinanzierung besprochen. Im GMB fanden vor allem Informationsaustausch und die Koordination von Projekten und Prozessen statt (D 18/6, S. 3-8). Die GMB Mitglieder rapportierten dem CEO, dieser dem Vorsitzenden des ExCo und dieser ab dem 1. Oktober 2000 dem Verwaltungs-ratsprasidenten, d.h. Christoph M. (D 8/2/18, Ziffer 4.1-3). Heinz S.. gab uberdies folgendes zu Protokoll:

Generell habe es eine sehr enge und langjahrige Beziehung zwischen Jean-Marie JEAN-MARIE W., Co-VR-Prasident der ISMM und Prasident des ExCo, und Christoph M. gegeben. Er gehe davon aus, dass Herr M. von Herrn W. zumindest periodisch iiber Diskussionen und Geschafte des ExCo informiert worden sei, soweit Herr M. nicht personlich an Sitzungen des ExCo teilgenommen oder die entsprechenden Dokumente in Kopie eralten habe (D 3/44, Ziffer 48):

156

Christoph M. gab diesbezuglich an, dass er Herrn W. selbstverstandlich seit Beginn seiner Tatigkeit gekannt habe. Es habe auch vorher ein Sich-Kennen bestanden aufgrund seiner langjahrigen Tatigkeit bei ADIDAS. Die Zusammenarbeit habe sich aber immer auf sachlich inhaltliche Punkte und nicht auf eine personliche Beziehung bezogen. Es habe sicherlich Kontakte gegeben, aber eine bewusste zusatzliche Information iiber das gemass den Reglements Notwendige seit nicht regelmassig erfolgt (D 3/45, Ziffer 59).

Daniel B. gab an, dass M. auch physisch oft im Buro anwesend gewesen sei. Durch diese Tatsache wiirde er behaupten, dass er sehr gut daruber informiert gewesen sei, was in der Gruppe tagtaglich passiert sei (D 3/49, Ziffer 54). Jean-Marie JEAN-MARIE W. gab in der Einvernahme vom 8. November 2002 an, dass die direkte Kommunikation bezuglich wichtiger Angelegenheiten iiber Christoph M. als Verwaltungsratsprasident gelaufen sei (D 3/30, Ziffer 65). Auf die Frage, ob das richtig sei, gab dieser an,

dass er mit Kommunikation die Kommunikation an unabhangige Dritte ausserhalb ihres Kerngeschaftes gemeint habe, sprich: zum Beispiel die ganzen Berater im Zusammenhang mit dem Projekt AURORA, Medien allgemein oder sonstige Dritte. Die Kommunikation mit Geschaftspartnern sei stets iiber die entsprechenden Mitglieder des ExCo's oder andere Mitglieder des Managements erfolgt (D 3/45, Ziffer 126).

Mit Bezug auf das Globo Geschaft hat die Untersuchung Folgendes ergeben. Christoph M. gab bei seiner ersten Einvernahme an,

dass im Fruhjahr 2000 die Geschaftsleitung dem Verwaltungsrat den Vorschlag gemacht habe, im Zusammenhang mit den Partnem der Femsehvertrage Bankgarantien zu erhalten zwecks zusatzlicher Finanzierungsspielraume. Der Verwaltungsrat habe den Vorschlag gutgeheissen mit der Massgabe, dass es sich um Garantien handeln musse, welche losgelost vom spezifischen Unterlizenzgeschaft und damit vertragskonform seien. Dies sei auch Gegenstand von weiteren Einzelgesprachen im Verwaltungsrat und auch mit der Geschaftsleitung gewesen. Der ursprungliche Vorschlag habe auf einer schon Anfang 1999 gemachten Aufforderung im Anschluss an den Grundsatzentscheid eines allfalligen Borsenganges basiert, dass die Geschaftsleitung grundsatzlich zusatzliche Finanzierungsmoglichkeiten prufen solle mit dem Ziel, den Erlos aus der allfalligen Kapitalerhohung nicht fiir das normale Geschaft benutzen zu mussen, quasi als zusatzliches Finanzierungsdispositiv. Uber die Umsetzung dieses Vorschlages bzJean-Marie W. der Massgabe des Verwaltungsrates sei er nicht direkt informiert worden (D 3/28, Ziffer 93).

Heinz S.. gab zum letzten Teil dieser Aussage an, dass ihm das schwer verstandlich sei. In Anbetracht der sich abzeichnenden Finanzierungslucke konne er sich nur schwer vorstellen, dass sich der Prasident des Verwaltungsrates und mandatierte Vertreter der Aktionarsmehrheit nicht laufend beim Prasidenten des ExCo und dem CFO informiert habe. Im Ubrigen habe sich das Biiro von Christoph M. neben demjenigen von Hans-Jurg S. befunden (D 3/44, Ziffer 141+142).

Bei der Einvernahme vom 10. Februar 2004 wurde Christoph M. diese Aussage nochmals vorgehalten, wie auch das Protokoll betreffend die Sitzung des Group Management Board vom 14. Marz 2000, welches ihm gemass Verteiler zugestellt wurde (D 8/7/19, Ziffer 4.1). In Ziffer 4.1 des Protokolles steht Folgendes: "HJS will follow up on the early payments of Globo TV and keep the GMB Members updated on the progress". M. wurde gefragt, ob er von diesem Protokollinhalt Kenntnis genommen habe, worauf er - wie bereits erwahnt - angab,

dass er nicht im GMB Board gewesen sei. Wenn ihm diese Memos zugestellt worden seien, sei er stets davon ausgegangen, dass das ExCo die fur den Verwaltungsrat relevanten Tatbestande gemass ihren Richtlinien dem Verwaltungsrat vorgetragen hatten, und insbesondere auch, wenn es aus irgendwelchen Grunden Abweichungen zu den Punkten gegeben habe, so wie sie im Verwaltungsrat besprochen worden seien (D 3/45, Ziffer 117).

Allerdings eriauterte er in anderem Zusammenhang, namlich auf die Frage, ob die Globo Zahlung geeignet gewesen sei, die Liquiditatssituation bzJean-Marie W. den Engpass zu iiberbriicken, u.a.,

dass die Globo-Zahlung in der Planung und der Analyse des ExCo's immer ein Sachverhalt neben mehreren gewesen sei (D 3/45, Ziffer 116).

157

Weiter wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Hans-Peter JEAN-MARIE W. (Treasurer der Gruppe) hat in der Einvernahme vom 6. Juni 2001 angegeben, dass Sie von der Vereinbarung mit Globo uber die Zahlung der USD 59'207'500.~ auf ein Konto der ISL Worldwide gewusst hatten (D 3/2, Ziffer 44). Christoph M. gab an,

dass er sich nicht mehr daran erinnern konne. Es sei schon moglich, dass es einmal geheissen habe, eine Zahlung sei reingekommen ... aber in welchem Zusammenhang? Er konne sich explizit nicht erinnern, in der Form konkret informiert worden zu sein (D 3/45, Ziffer 124).

Weiter wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Jean-Marie JEAN-MARIE W. wurde in der Einvernahme vom 8. November 2002 die Frage gestellt, wo die Idee geboren worden sei, Globo um eine Bankgarantie oder ein Darlehen anzugehen, worauf er erklarte, das sei sowohl im GMB wie auch im ExCo und im Verwaltungsrat besprochen worden; im GMB und ExCo auf jeden Fall (D 3/30, Ziffer 92) und ob er Kenntnis davon gehabt habe.

Er gab an, dass sie als eine der moglichen Massnahmen fiir weitere Liquiditatsspielraume (neben DAWN, AURORA und anderen Massnahmen) auch daruber gesprochen hatten (im Sinne eines Brain-Stormings, einer Ideen-Gewinnung), Vertrage so auszugestalten, dass sie fiir Bankgarantien und damit grundsatzlich zusatzliche Spielraume herhalten konnten, dieser Ansatz sei im Verwaltungsrat diskutiert worden (er wisse nicht genau, an welcher Sitzung; vermutlich an irgend einer vom Fruhling 2000) (D 3/45, Ziffer 125).

Die Protokolle des Verwaltungsrates, des ExCo und des GMB zeigen, dass insbesondere die Liquiditatsbeschaffung - in den beiden letztgenannten Gremien auch die Angelegenheit Globo - besprochen wurde. Daniel B. gab zudem an, dass das Globo Geschaft mehrmals im Verwaltungsrat besprochen worden sei (D 3/49, Ziffer 93).

Ziffer 4.1 des Protokolls betreffend die Sitzung des Group Management Board vom 14. Marz 2000 (D 8/7/19, Ziffer 4.1) ist folgendes zu entnehmen: "HJS will follow up on the early payments of Globo TV and keep the GMB Members updated on the progress". Christoph M. steht auf dem Verteiler.

Dem Protokoll des ExCo vom 10. April 2000 kann unter der Rubrik MRP Financing / Group Cash Flow Situation folgendes entnommen werden: „DBE has asked to approach TV Globo with the objective to achieve a bank guarantee for the outstanding payments for the World Cup TV agreement. This would support ISMM's overall cash flow situation." Christoph M. steht auf dem Verteiler (D 17/6/6, vgl. auch D 3/62, Ziffer 166).

In einem Entwurf eines Protokolls des ExCo vom 31. August 2000 ist u.a. festgehalten: "Cash Flow Globo non-payment is jeopardising the cash flow situation" (D 12/11/18). Christoph M. war an dieser Sitzung als Gast anwesend (D 8/6/2 / vgl. auch D 3/62, Ziffer 166 f.). Auch im GMB war die Liquiditatsbeschaffung ein Thema. So wurde gemass Protokoll vom 22. Februar 2000 im Zusammenhang mit konkreten Vertragsverhandlungen mit spanischen und argentinischen Fussballclubs iiber vorzeitige Zahlungen diskutiert; „the possibility of up-front payments has been discussed which could impact our current cash flow situation". Christoph M. steht auf dem Verteiler (D 8/7/18, Ziffer 3.4, vgl. auch D 3/62, Ziffer 171).

Die Liquiditatsbeschaffung im Zusammenhang mit Globo wurde aber auch von Christoph M. selber thematisiert: Mit einem E-Mail vom 22. Juni 2000 an Jean-Marie JEAN-MARIE W. schlug er fur die nachste Verwaltungsratssitzung u.a. folgendes Traktandum vor: „Other measures to increase cash flow and/or borrowing base. (Globo, IAAF, payments to clubs...)" (D 17/5/50). M. wurde gefragt, an was fiir Massnahmen er im Zusammenhang mit Globo gedacht habe? Er gab an

dass fiir ihn eine Cash Flow Betrachtung ihres Geschaftsablaufs stets von grosser Bedeutung gewesen sei. Er habe unabhangig von spezifischen Situationen und Sachverhalten aus rein strategischen Uberlegungen schon Ende der neunziger Jahre verschiedentlich postuliert, dass die ISMM Gruppe sich ganz grundsatzlich alle Moglichkeiten zur kostengiinstigen Finanzierung ihres

158

Geschaftes erarbeiten und offen halten solle, ob diese nun in Anspruch genommen wurden oder nicht. In diesem Zusammenhang sei schon in einer Verwaltungsratssitzung vor dieser hier im Juni vom Executiv Committee die Idee vorgetragen worden, die bestehenden Rights-Out-Vertrage, und insbesondere auch zukunftige Rights-Out-Vertrage, so zu gestalten, dass sie fiir eine Finanzierung als Sicherheit verwendet werden konnten, falls jemals dazu Bedarf bestehen wiirde. Dieser Gedanke sei seinerzeit vom Verwaltungsrat grundsatzlich gutgeheissen worden, sofern damit alle bestehenden Verpflichtungen wurden eingehalten werden konnen. Der hier aufgefuhrte Agendapunkt beziehe sich auf diesen Vorschlag (D 3/62, Ziffer 169).

Christoph M. hatte bei der Einvernahme vom November 2002 erklart, dass in den Anfangs 2001 weiter gefiihrten Finanzplanungen, welche unter anderem auch bei den Gesprachen mit den Investoren verwendet worden seien, bei welchen er teilgenommen habe, der Sachverhalt (Globo) auch stets als ein Kreditgeschaft erlautert worden sei (D 3/28, Ziffer 93). Bei der Einvernahme vom 10. Februar 2004 wurde ihm die Cash Flow Darstellung (D 8/4/17) vom 26. November 2000 (Ausdruckdatum) vorgelegt und folgender Vorhalt gemacht: Wie Sie dieser dem Verwaltungsrat der ISMM AG vorgelegten Darstellung entnehmen konnen, wurde unter Vorauszahlungen fiir den Monat Juli 2001 ein Betrag von CHF 112'200'000.vermerkt. Wie lesen Sie diese Position? Er gab an,

dass ausgedeutscht nach dieser Leseart, im Juli 2001 der entsprechende Betrag aus einem Prepayment zur Ruckzahlung fallig wurde (D 3/45, Ziffer 122).

Darauf wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Dabei handelt es sich um die Globo-Position. Ausgehend von der Darstellung, dass es sich dabei um ein Darlehen handeln soil: Ist die Darstellung der Zahlung richtig? Darauf gab er an,

dass wenn es ein Darlehen gewesen sei, dann sei zumindest der Begriff da vorne nicht ganz korrekt. Wie er schon mal gesagt habe, sei es bei diesen tabellarischen Darstellungen insbesondere darum gegangen, den Status uber das Gesamtunternehmen so rasch wie moglich im Uberblick darzustellen, damit die Task-Force in Unterstutzung des ExCo die notigen Restrukturierungsmassnahmen diskutieren, dazu Prioritaten setzen und diese dann wurde umsetzen konnen. In den Sitzungen der Task-Force oder auch des Verwaltungsrates seien bei diesen Darstellungen in der Regel nicht Einzelpositionen diskutiert und hinterfragt worden, sondern es sei primar darum gegangen, welche Restrukturierungsmassnahmen welche Auswirkungen hatten haben konnen, damit als Planungsgrundlage hier die richtigen Prioritaten gesetzt werden wurden. Nach seiner Erinnerung habe es in dieser Phase auch verschiedene Formen der Darstellung dieser Cash Flow Tabellen gegeben, und sie hatten sich stets auf die gesamten Implikationen fiir die Liquiditatssicherung des Unternehmens konzentriert (D 3/45, Ziffer 123).

Insgesamt ist somit erstellt, dass Christoph M. dariiber orientiert war, dass das ExCo mit Globo konkrete Moglichkeiten einer Liquiditatsbeschaffung anging und zwar vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsrat erteilten Auftrages, zusatzliche Finan-zierungsmoglichkeiten zu priifen. Das Globo Geschaft wurde im ExCo, im GMB und nach Angaben von Daniel B. auch im Verwaltungsrat diskutiert. Die erwahnte E-mail, die Cash Flow Darstellungen, aber auch die von Christoph M. erwahnten Ruckfragen seinerseits belegen, dass er von den konkreten Verhandlungen mit Globo Kenntnis hatte. Er hatte aber nicht nur Kenntnis von den Verhandlungen, sondern auch daruber, dass diese gefruchtet hatten. Diese Feststellung ergibt sich u.a. aus der Darstellung in den Cash Flow Planen und den von ihm gemachten Angaben, wonach ihm der Hintergrund dieser Zahlung als Kreditgeschaft dargestellt worden sei.

17.2.1.3 Zudem ist der Frage naher nachzugehen, ob Christoph M. auf Grund seiner Stellung in der Gruppe das diesbezugliche Geschaft kontrollieren musste und ob er dies rechtsgenuglich tat, mithin seiner Information- und Interventionspflicht nachkam.Trotz giiltig delegierter Geschaftsfuhrung durch den Verwaltungsrat gehorte die Oberleitung und Aufsicht iiber die mit der Geschaftsfuhrung betrauten Personen zu seinen uniibertragbaren und unentziehbaren

159

Aufgaben. Das konkrete Geschaft war von ihm wie nachstehend aufzuzeigen ist - in jedem Fall zu kontrollieren. Er war zudem in operativer Hinsicht insbesondere mit strategischen Fragen, dem geplanten ABS und IPO, d.h. Finanzierungsaspekten der Gruppe befasst. Dabei gehorten Analyse und Kontrolle der Entwicklung von Liquiditat und Substanz der Gruppe zu den wesentlichen Aufgaben seiner Tatigkeit. Mithin waren auch Fragen, inwieweit sich die Gruppe durch Aufnahme von allfalligen Darlehen verpflichtete, von entscheidender Bedeutung.

Als Verwaltungsratsprasident hatte er den vom Verwaltungsrat spezifisch an das ExCo erteilten Auftrag zur Prufung von zusatzlichen Finanzierungsmoglichkeiten zu kontrollieren. Diese Pflicht drangte sich bei den konkreten Strukturen so oder so auf, da die Mitglieder des ExCo gleichzeitig Verwaltungsratsmandate innehatten. Eine Selbstkontrolle - wenn auch nicht die Rechenschaftspflicht - fiel dadurch weg und die Kontrolle konnte und musste vom Verwaltungsratsprasidenten als nicht mit der Umsetzung der Vorgaben betraute Person objektiv wahrgenommen werden. So hatte er u.a. auch die Cash Flow Darstellungen der Gruppe hinterfragen und intervenieren mussen [vgl. jene vom 26. November 2000 (D 8/4/17), mit welcher die im Juli 2001 fallige Globo Zahlung unter ..Prepayments", also Vorauszahlungen mit CHF 1 LOO'OOO.-- (bei einem USD Kurs von 1.70 ergibt dies USD 66'000'000.-) erfasst wurde]. Diese Informationsund Interventionspflicht ergibt sich aus dem Auftrag des Prasidenten, mittels Erteilung von Weisungen auch in Krisensituationen wie „Liquiditatsengpassen" als Entscheidungstrager aktiv zu werden, aber auch aus dem Widerspruch der schriftlichen Darstellung (Vorauszahlung) und der miindlichen Kommunikation (Darlehen).

Gerade dieser Pflicht ist er aber nicht nachgekommen, obwohl die Wichtigkeit des Geschaftes gegeben war. Er nahm dadurch zumindest in Kauf, dass die in den Cash Flow Planen als Vorauszahlung dargestellte Globo Uberweisung der FIFA im Umfang von 75% nicht zukommen wiirde. Als oberster Leiter der ISMM Gruppe trifft Christoph M. die Fiihrungsverantwortung, was gleichzeitig auch Wahrnehmung von Kontrollfunktionen heisst. Weil unter der Oberleitung gemass Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR die Entwicklung der strategischen Ziele der Gesellschaft, die Festlegung der Mittel, um diese Ziele zu erreichen, und die Kontrolle der Geschaftsfiihrungsorgane im Hinblick auf die Verfolgung der festgelegten Ziele (zusatzliche Finanzierungsmoglichkeiten) zu verstehen ist, ergibt sich auch der Konnex zum Auftrag des Verwaltungsrates an das ExCo betreffend die Liquiditatsbeschaffung. Die Unterlassung der Kontrolle der Geschaftsfiihrungsorgane beinhaltet jene Pflichtwidrigkeit, die unter anderem bei der strafrechtlich relevanten Unterlassung gegeben sein muss.

Kommt hinzu, dass Christoph M. die operativen Tatigkeiten gemass Art. 717 Abs. 1 OR mit aller Sorgfalt erfullen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren musste. Auch aus dieser Perspektive hatte er sich betreffend die Abwicklung des Globo Geschaftes Klarheit verschaffen mussen, zumal dieses im Zusammenhang mit dem ABS und IPO nicht zu vernachlassigen war.

17.2.1.4 Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Konnex zum unternehmensspezifischen Gefahrenpotential gegeben war. M.a.JEAN-MARIE W. gehort die Liquiditatsbeschaffung zu den spezifischen Aufgaben eines Konzerns bzJean-Marie W. der Muttergesellschaft, ergibt sich somit aus dem Geschaftsbetrieb und kam Christoph M. in Kombination mit seiner Stellung als Verwaltungsratsprasident auch die Kontrolle iiber diesen Aufgabenbereich zu. Die das Rechtsgut gefahrdende Situation war spatestens dann gegeben, als der Verwaltungsrat dem ExCO den erwahnten Auftrag erteilte und Christoph M. Kenntnis davon erhielt, dass konkret mit Globo verhandelt wurde. Das Verhaltnis zwischen dem Rechtsgut und Christoph M. ist vor dem dargestellten Hintergrund ebenso und ohne Einschrankungen zu bejahen wie auf der Grundlage seiner weitreichenden Kompetenzen die Moglichkeit, aber auch die Pflicht des Eingreifens. Er war sich ohne Zweifel seiner Position als Verwaltungsratsprasident einerseits und seiner aus der operativen Tatigkeit sich ergebenden Pflichten andrerseits und somit der Garantenstellung bewusst, wie auch des Umstandes, dass bei Unterlassung der drohende Erfolg eintreten werde.

M. wurde in diesem Zusammenhang folgender Vorhalt gemacht: Sie haben bei der Einvernahme vom November 2002 erklart, dass die Finanzabteilung im Auftrag von Dr. Ziehner in Vorbereitung von

160

Bankengesprachen ca. anfangs Dezember 2000 die schon mehrfach erwahnten Cash Flow Darstellungen verwendet und hier eine Position als Prepayment bezeichnet habe, welche im Juli 2001 fallig geworden sei. Sie hatten diese Berichte im Rahmen der Bankenprasentationen im Allgemeinen gesehen, und auf Ruckfrage, um was es sich dort handle, sei Ihnen berichtet worden, dass es hier um das Kreditverhaltnis mit Globo gehe. Im Rahmen dieser Bankprasentation sei seitens der Banken die Frage gestellt worden, um was es sich bei diesem Prepayment handle, worauf erlautert worden sei, dass es dabei um ein Darlehen mit Globo gehe, welches im Juli 2001 zurtickzuzahlen sei (D 3/28, Ziffer 100). Haben Sie sich den Darlehensvertrag vorlegen lassen? Er verneinte die Frage und gab an,

dass sich diese Fragen auf allgemeine Fragen zu Prasentationen bezogen hatten, die gestellt und von verschiedenen Verantwortlichen im Rahmen dieser Prasentation beantwortet worden seien (D 3/62, Ziffer 157).

Darauf wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Ganz allgemein gefragt: Nachdem Ihnen - von wem auch immer - erklart worden war, dass es sich bei der Globo Zahlung um ein Darlehen handle: Haben Sie sich in diesem Zeitpunkt einen Darlehensvertrag vorlegen lassen? Er gab an,

dass er sich keinen Darlehensvertrag habe vorlegen lassen. Der Sachverhalt sei - wie schon erwahnt - ihm so dargelegt worden, uni sono. Und zwar immer nur auf allfallige RCickfragen hin; es sei zu keinem Zeitpunkt ein spezielles Thema wahrend dieser Phase gewesen. Insofern habe er - wie auch zu anderen Sachverhalten - die Aussage naturlich als solche entgegengenommen (D 3/62, Ziffer 158).

Zur Frage, ob er nicht der Meinung sei, dass dies zu seinen Pflichten als Verwaltungsratsprasident der ISMM AG gehort hatte, zumal es objektiv um ein bedeutendes Geschaft gegangen sei und die Gruppe in diesem Zeitpunkt tiefgreifende Liquiditatsprobleme gehabt habe, gab er an,

dass es sich bei der Transaktion Globo grundsatzlich um ein Rights-Out-Geschaft gehandelt habe. Gemass den Organisationsrichtlinien und Kompetenzen habe dieser Teil der Wertschopfungskette in der Ausfiihrung dem Exekutiv Komitee (ExCo) oblegen. Dieses habe an den Verwaltungsrat berichten miissen, sofern es zu den Planungs- und Budget-Annahmen signifikante Abweichungen gegeben habe und diese dann erlautern (D 3/62, Ziffer 159).

Auf die Frage, ob er nach Kenntnisnahme davon, dass es sich um ein Darlehen handeln sollte, dem Gesamtverwaltungsrat Bericht erstattet habe, gab er an,

dass der Sachverhalt so - er wiederhole sich hier - im Gesamtverwaltungsrat nicht explizit vom ExCo vorgetragen worden sei, weil es im Rahmen des Gesamtvertrages mit Globo stattgefunden habe (D 3/62, Ziffer 161).

Christoph M. wurde darauf Ziffer 4 des Geschaftsreglementes der ISMM Investments AG vorgehalten, wonach der Abschluss von Vertragen, welche eine Verpflichtung der Gesellschaft von mehr als CHF 4'000'000.- begriindeten, die Genehmigung des Verwaltungsrates notwendig machten (D 8/2/14), und es wurde ihm die Frage gestellt, ob er unter Beriicksichtigung dieser Klausel der Meinung sei, dass eine Berichterstattung notwendig gewesen sei, worauf er angab,

dass die Berichterstattung insbesondere dann notwendig gewesen sei, wenn der Sachverhalt von den im Rahmen der Budgets vorgenommenen Eckpunkten zu den einzelnen Vertragen abgewichen sei. Dies sei auch aus dem letzten Teil dieses Satzes ersichtlich, wo es heisse:"... with the exception of commitments approved by the Board through budgets or other plans." Das Globo-Geschaft insgesamt habe ja voll und ganz den ursprunglichen Budget-Annahmen im Mittelfristplan entsprochen, so dass nur bei Abweichungen eine Berichtpflicht gemass dem Organisationsreglement notwendig geworden sei (D 3/62, Ziffer 162).

Dazu ist folgendes zu bemerken. Auch wenn beim Darlehensvertrag Schriftlichkeit kein Formerfordernis ist, entspricht es nicht den Usanzen eines geordneten Geschaftsverkehrs, ein allfalliges Kreditgeschaft in

161

der Grossenordnung von USD 66'000'000.- nicht schriftlich abzuwickeln. Christoph M. hatte sich diesen Vertrag

vorlegen lassen mussen; Dies nur schon deshalb, weil es beim Abschluss von Vertragen in dieser Grossenordnung der Genehmigung des Verwaltungsrates bedurfte. Wohl mag es zutreffen, dass das Globo Geschaft als Rights-out Geschaft in den Budget Planen enthalten war und demzufolge keiner Zustimmung des Verwaltungsrates bedurfte, wenn es sich um eine Vorauszahlung handelte. Anders verhalt es sich jedoch fiir den Fall, dass es sich um ein Darlehensgeschaft gehandelt hat. Dieses hatte sehr wohl vom Verwaltungsrat genehmigt werden mussen. Hatte Christoph M. auf eine Vorlegung der inexistenten Darlehensvertrage gepocht, ware er seiner Informations- und Kontrollpflicht nachgekommen, was eine pflichtgemasse Intervention ermoglicht hatte.

17.2.1.5 Zusammengefasst ist somit Folgendes festzuhalten: Eine Verantwortung fiir aktive Tatbeteiligung des Beschuldigten (z.B. in Form der Leistung eines Planungsbeitrags) liegt hier nicht vor. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft muss sich Christoph M. jedoch in der Tat eine strafrechtliche Verantwortung fur Unterlassungen (im Sinne der beschriebenen Geschaftsherrenhaftung) vorwerfen lassen. Auf Grund seiner formellen, aber auch faktischen Stellung hatte er den an das ExCo erteilten Auftrag zu tiberpriifen, beispielsweise durch Hinterfragung der Cash Flow Darstellungen, worin die Vorauszahlungen erfasst wurde (zumal ihm die Globo Zahlung miindlich als Darlehen erklart wurde). Schon wegen der divergierenden Angaben betreffend die gegenstandliche Zahlung, aber auch zufolge der Verpflichtung, als Verwaltungsratsprasident in Krisensituationen wie massiven LiquiditatsengpSssen aktiv zu werden, war es dem Beschuldigten konkret auferlegt, Informations- und Interventionspflichten wahrzunehmen. Kam der Beschuldigte seinen spezifischen Kontrollpflichten - trotz des Wissens um die Verhandlungen mit Globo - nicht nach, nahm er zumindest in Kauf, dass die in den Cash Flow Planen als Vorauszahlung dargestellte Globo Uberweisung der FIFA im Umfang von 75 % nicht zukommen wiirde. Selbst-verstandlich wusste der Beschuldigte iiberdies, dass er ein entsprechend unrechtmassiges, deliktisches Verhalten (der andern) mit seiner Intervention verhindem konnte. Der Vorwurf, im Resultat somit strafrechtlich umfassend (als Mittater zufolge Unterlassung) fur das begangene Delikt mitverantwortlich zu sein, kann Christoph M. daher nicht erspart bleiben. Entsprechend beantragt die Staatsanwaltschaft einen Schuldspruch wegen Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (eventualiter wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB).

17.2.2 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Dentsu)

17.2.2.1 Zu den grundsatzlichen Ausfiihrungen kann auf Ziffer 17.2.1 verwiesen werden. Es geht somit nur mehr um die Frage, ob der Beschuldigte Kenntnis vom Dentsu Geschaft hatte und damit rechnen musste, dass die diesbezuglichen Gelder nicht zweckentsprechend verwendet wiirden.

Bei der Einvernahme vom 25. Februar 2004 wurde Christoph M. nach Vorlage des Memorandums of Understanding vom 15. September 2000 (D 4/B/1/54) folgender Vorhalt gemacht: Sie haben bei der Einvernahme vom 6. November 2002 die Frage, ob Sie dieses Dokument kennen wurden, bejaht, allerdings mit der Erlauterung, dass es sich in den Beilagen zur Strafanzeige befunden habe. Vorher hatten Sie dieses Dokument nicht gesehen (D 3/28, Ziff. 109). Ich gehe davon aus, dass Sie sich seit dieser Einvernahme gedanklich mit dem Thema Dentsu auseinandergesetzt haben (D 17/9/13). Kannten Sie diese Vereinbarung wirklich nicht? Er gab an,

dass er iiber das Geschaft bzJean-Marie W. den Sachverhalt naturlich aufgrund der Informationen im Verwaltungsrat Kenntnis gehabt habe. Worauf er sich in der letzten Einvernahme bezogen habe, sei dass er nach seiner Erinnerung das Dokument selber (also das Papier physisch) erst im beschriebenen Zusammenhang gesehen habe (D 3/62, Ziffer 182).

162

Dem Schreiben von Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 19. Januar 2001 kann entnommen werden, dass Christoph M. diese Vereinbarung zugestellt wurde (D 17/9/20). Bei der ersten Einvernahme verneinte Christoph M., an der Ausarbeitung dieser Vereinbarung beteiligt gewesen zu sein und auf den Inhalt der Vereinbarung in irgendeiner Form Einfluss genommen zu haben (D 3/28, Ziffer 109). Bei der gleichen Einvernahme wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Gemass diesem zwischen Dentsu Inc. und ISMM AG abgeschlossenen Memorandum of Understanding wurde der Preis ftir die Ubertragungsrechte von CHF 219'600'000.- auf CHF 259'600'000.~, d.h. um CHF 40'000'000.--, erhoht. Was war der Grund fur diese Erhohung? Er gab an, es sei ihm erklart worden, dass dieser Betrag anstelle des im ersten Vertrag allgemein formulierten Profit-Sharings fix vereinbart worden sei. Damit habe man im Interesse der FIFA und der ISMM AG eine hohere Zahlung erreicht, als urspriinglich vereinbart (D 3/28, Ziffer 113). Auf die Frage, ob es sich nach seinem Kenntnisstand bei der Dentsu Zahlung iiber CHF 15'000'000.- um eine Leistung aus dem Unterlizenzvertrag oder um ein Darlehen gehandelt habe, gab er an, dass er es nicht wisse (D 3/62, Ziffer 183). Nach Vorlage der Cash Flow Darstellung vom 11. Dezember 2000 (D 8/4/29) wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Unter der Rubrik prepayments ist im September 2001 ein Inflow im Betrage von CHF 15'000'000.-verzeichnet. Unter der Rubrik prepayments ist im Juli 2002 ein Outflow von CHF 30'000'000.-- verzeichnet. Die Frage ob er wisse, um was fiir eine Vorauszahlung es sich handle, verneinte er (D 3/62, Ziffer 185+186).

Aus einem Fax von Dentsu an Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 11. September 2000 ist vom Entwurf der Vereinbarung vom 15. September 2000 die Rede, und unter dem Post Scriptum ist vermerkt, dass man die erste Zahlung so fruh als moglich machen werde. Christoph M. steht auf dem Verteiler (17/9/12).

17.2.2.2 Wie bereits erwahnt, muss beim Garanten tatbestandsmassiges Wissen und Wollen gegeben sein.

Den vorstehenden Aussagen von Christoph M. kann entnommen werden, dass er uber die Vereinbarung vom 15. September 2000 orientiert war und dass er vom „Geschaft bzJean-Marie W. dem Sachverhalt natiirlich aufgrund der Informationen im Verwaltungsrat Kenntnis gehabt" hat

Im Gegensatz zum Globo Geschaft ist es nicht offensichtlich, dass er Kenntnis davon hatte, dass versucht wurde, mit Dentsu eine Vorauszahlung oder ein Darlehen auszu-handeln. Allerdings kann der Sachverhalt nicht isoliert betrachtet werden, war doch der Auftrag des Verwaltungsrates an das ExCo, die Moglichkeit von zusatzlichen Finanzierungsmoglichkeiten zu priifen, ein allgemeiner und nicht auf den Geschaftspartner Globo beschrankt, wie Christoph M. selbst einraumte (D 3/71, Seite 12). Dass die Darstellung der Zahlung von Dentsu unter der Rubrik prepayments zu Fragen Anlass geben musste - zumal der gegenstandliche Betrag gemass Vereinbarung am 20. Oktober 2000 fallig war und in diesem Zeitrahmen bei der ISL Worldwide einging - ist offensichtlich und muss nicht weiter ausgefiihrt werden.

17.2.2.3 In Berucksichtigung der mehr als angespannten Finanzlage des Konzerns, des vom Verwaltungsrat erteilten Auftrages und der Darstellung der Zahlung in den Cash Flow Planen, die fiir den Beschuldigten nach eigenen Angaben stets von grosser Bedeutung gewesen seien (D 3/62, Ziffer 169), lasst sich zusammengefasst festhalten, dass Christoph Mallms seine Informations- und somit Kontrollpflicht auch beziiglich der Dentsu Zahlung verletzt hat. Kam er aber seinen spezifischen Kontrollpflichten - trotz des Wissens um die Vereinbarung und die massiven Liquiditatsengpasse - nicht nach, nahm er in Kauf, dass die Dentsu Uberweisung der FIFA im Umfang von 75 % nicht zukommen wiirde. Selbstverstandlich wusste der Beschuldigte uberdies, dass er ein entsprechend unrechtmassiges, deliktisches Verhalten mit seiner

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Intervention verhindern konnte. Dem Beschuldigten muss daher - im Sinne der Geschaftsherrenhaftung auch in dieser Sache eine strafrechtlich umfassende Mitverantwortung (als Mittater zufolge Unterlassung) vorgeworfen werden. Entsprechend beantragt die Staatsanwaltschaft einen Schuldspruch wegen Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (eventualiter wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB).

17.2.3 Betrua z.N. der Dentsu Inc.

17.2.3.1 Bei diesem Sachverhalt ergibt sich seine Verantwortung nicht nur aus Unterlassung, sondern durch Unterzeichnung der Garantieerklarung auch aus einem aktiven Verhalten. Dass diese Erklarung mit kausal fur die Vermogensverfugung von Dentsu war, wurde bereits dargelegt, und es liegt auf der Hand, dass sie durch die Unterzeichnung des Verwaltungsratsprasidenten ein starkeres Gewicht erhalten sollte.

Christoph M. wurde bei der ersten Einvernahme nach Vorlage der von ihm fur die ISMM AG mitunterzeichneten Erklarung an Dentsu Inc. vom 17. Januar 2001 (HD 2/23) die Frage gestellt, was das Wesentliche an dieser Erklarung sei, worauf er angab,

dass es um die Forderung der ISMM gegenuber Dentsu uber den Betrag von CHF 25 Mio. gemass dem Memorandum of Understanding vom 15. September 2000 gehe. Die ISMM erteile gemSss dem Vertrag Dentsu eine Verpfandung iiber diesen Betrag. Zu beiden Dokumenten wolle er folgende Erganzungen machen: Er sei auch hier davon ausgegangen, dass der Sachverhalt Dentsu mit der FIFA durch Herrn Jean-Marie JEAN-MARIE W. abgeklart und sie diesbezCiglich informiert worden sei. Die Kontakte zur FIFA seien grundsatzlich von ihm gepflegt worden. Gemass fruheren Ausfuhrungen fuhre er nach Moglichkeit mit ihren Rechtsberatern vor Unterzeichnung eines Vertrages nochmals einen kurzen Check durch, um sich abzusichern, dass die Vertrage rechtskonform seien und unterschrieben werden konnten. In diesem Fall sei der Vertrag von Herrn Dr. Urs Brunner mitunterzeichnet worden und ihm vermutlich auch von ihm aniasslich einer Sitzung der Task Force vorgelegt worden. Damit sei die Riicksicherung aus seiner Sicht gewahrleistet gewesen. Er sei auch in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass die hier vorgenommene Anderung zum fruhestmoglichen Zeitpunkt riickabgewickelt wurde (D 3/28, Ziffer 127)

Auf die Frage, warum nur CHF 25 Mio und nicht CHF 40 Mio „verpfandet" worden seien, gab er an,

dass er das nicht wisse. Es konne die Differenz zwischen den 40 Mio und den bereits uberwiesenen 15 Mio sein (D 3/28, Ziffer 129).

Bei der Einvernahme vom 25. Februar 2004 wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Vorlage des Memorandums of Understanding vom 17. Januar 2001 zwischen der ISMM AG und ISL Worldwide und Dentsu Inc. (HD 2/22); des Weiteren Vorlage der Erklarung der ISMM AG und der ISL Worldwide vom 17. Januar 2001 (HD 2/23); ausserdem Vorlage von D 4/D/3/20 (Mitteilung von Dentsu vom 6. Januar 2001, Antwort von ISMM vom 7. Januar 2001 und Frage von Peter Caroll vom 8. Januar 2001): Nehmen Sie bitte zur Frage von Peter Caroll Stellung: „l was under the impression that TV monies were locked into the FIFA trust arrangements? In those circumstances, how could we pledge them to Dentsu?" Er gab an,

dass er ohne sich jetzt mit dem Sachverhalt im Detail wieder auseinanderzusetzen, er prima vista keinen notwendigen Zusammenhang sehe, weil es sich in dem Memorandum of Understanding vom 17. Januar 2001 nach seinem Wissen ja um den Toshiba-Vertrag gemass Ziff. 2ii gehandelt habe (also um einen Marketing- und nicht Fernseh-Vertrag). Aus diesem Grund konne er im Moment aus dem Stegreif keinen direkten Zusammenhang erkennen (D 3/62, Ziffer 190).

Auf die Nachfrage: und wenn er die Frage auf die Erklarung vom 17. Januar 2001 beziehe, gab er an,

dass es in dieser Erklarung vom 17. Januar um eine Sicherheit aus den TV-Vertragen gehe. Durch

164

die zeitliche Nahe der zwei Schriftstucke sei ein Zusammenhang denkbar. Uber den Abschluss dieses Memorandums sowie seine hier geleistete Unterschrift habe er im November 2002 bereits berichtet. Nach Unterschrift durch die Herren Jean-Marie JEAN-MARIE W. und Brunner sei er gebeten worden (nach seiner Erinnerung aniasslich einer nachtraglichen Sitzung), die letzte Unterschrift zu leisten. Uber seine Usanz, sich uber Dokumente, welche seine Unterschrift erfordert hatten, vorgangig bei der Rechtsabteilung zu informieren, habe er schon berichtet. Aufgrund des Zeitdrucks und der Tatsache, dass die mit dem Geschaft vertrauten Herren inkl. die juristische Unterstutzung hier schon unterschrieben hatten, sei dieser Doppelcheck in diesem Fall nicht notwendig gewesen (D 3/62, Ziffer 191).

Des Weitern wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Sie haben die Erklarung vom 17. Januar 2001 als Verwaltungsratsprasident des ISMM AG unterschrieben. Haben Sie Ihrerseits den Inhalt dieser Erklarung hinterfragt, bzJean-Marie W. haben Sie verstanden, was Sie unterschrieben haben? Er bejahte die letzte Frage und gab an,

dass er aus den schon dargelegten Grunden die Zusammenhange nicht hinterfragt habe; und insbesondere auch nicht aus seinem Verstandnis, dass diese Massnahmen von Herrn Jean-Marie JEAN-MARIE W. jeweils in enger Abstimmung mit einerseits Dentsu und mit andererseits auch der FIFA erfolgt seien (D 3/62, Ziffer 193).

Die Frage zum nachstehenden Vorhalt beantwortete er nicht, sondern ausserte sich lediglich zur Liquiditat und Uberschuldung. Dem Verwaltungsratsprotokoll der ISMM AG vom 8. Januar 2001 ist unter „2. General" zu entnehmen: „The situation is still most alarming despite all efforts" (D 8/5/19). Die ISMM AG, wie auch die ISL Worldwide waren in diesem Zeitpunkt uberschuldet und illiquid. Wie kamen Sie in

dieser Situation dazu, am 17. Januar 2001 die erwahnte Erklarung abzugeben, zumal uber ein Aktivum verfiigt wurde, welches vor dem Hintergrund der vertraglichen Abmachungen mit der FIFA zu 75 % an die FIFA abgeliefert werden musste? (D 3/62, Ziffer 194).

17.2.3.2 Die von Christoph M. im Rahmen der Einvernahme beantwortete Frage hatte er sich auch vor Unterzeichnung der Erklarung stellen mussen. Berucksichtigend, dass er insbesondere auch als Mitunterzeichner der mit der FIFA unterzeichneten Vertrage uber das grundsatzliche Prinzip der Verteilung der Zahlungen aus den Unterlizenzvertragen orientiert war, konnte ihm nicht entgangen sein, dass es nicht zulassig sein konnte, in Berucksichtigung der konkreten finanziellen Situation der Gruppe, einen 25% tibersteigenden Anteil an den diesbeztiglichen Eingangen zu „verpfanden". Durch Unterzeichnung der Erklarung wurde erst die Moglichkeit geschaffen, dass Dentsu die Bankgarantie stellen wiirde, was sie nicht gemacht hatte, ware ihr zur Kenntnis gebracht worden, dass die Verpfandung in dieser Grossenordnung nicht rechtens bzJean-Marie W. eine Verpfandung des der FIFA zustehenden Anteiles gar nicht moglich war.

1 ^ Zumindest hatte er sich die gleiche Frage stellen mussen wie der Leiter des Rechtsdienstes der ISMM Gruppe (Peter Caroll (D 4/D/3/20).

17.2.3.3 Zusammengefasst ergibt sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft, dass der Be-

schuldigte sich ohnehin der Mittaterschaft zu Betrug schuldig gemacht hat. Dies schon (in

erster Linie) wegen aktiven Tuns. Denn mit seiner Unterschrift auf dem Dokument leistete

Christoph M. einen ganz wesentlichen Deliktsbeitrag. Hatte er die Unterschrift verweigert,

ware der Betrug im Resultat wohl falliert. Mittater ist nun aber

u.a. eben derjenige, der bei der Entschliessung, Planung oder Ausfuhrung eines Delikts

vorsatzlich und in massgeblicher Weise mit anderen Tatern zusammenwirkt, sodass er als

Hauptbeteiligter dasteht (BGE 118 IV 92). Dieses ist jedenfalls dann gegeben, wenn der

Tatbeitrag nach den Umstanden des konkreten Falls und dem Tatplan ftir die

Deliktsverwirklichung so wesentlich ist, dass diese mit ihm steht oder fallt und Herrschaft iiber

den Tatablauf bestanden hat (BGE 120 IV 272, 111 IV 53). Aber selbst wenn im vorliegenden

Fall der Tatbeitrag des Beschuldigten faktisch noch

165

^ als untergeordenter bezeichnet wiirde, bliebe es gestCitzt auf die bereits ausfiihrlich dargestellte

Geschaftsherrenhaftung (und grundsatzliche Verantwortung des Beschuldigten) bei

mittaterschaftlicher Verantwortung des Beschuldigten, durch Unterlassung. Nur ftir den

Fall, dass das Strafgericht wieder Erwarten sowohl eine aktive als auch eine passive

Mittaterschaft verneinen wurde, bliebe auf Gehilfenschaft (welche neu ja zwingen eine

Strafmilderung vorsieht) zu erkennen. In subjektiver Hinsicht ist nebst dem schon

Festgehaltenen massgebend, dass Christoph M. sich der Bedeutungslosigkeit der

Haftungserklarung der ISMM AG vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Gruppe

bewusst war. Mit der abgegebenen Erklarung sollte bewirkt werden, dass Dentsu die

Bankgarantie stellen wiirde, was sie nicht gemacht hatte, ware ihr zur Kenntnis gebracht

worden, dass die Verpfandung in dieser Grossenordnung gar nicht moglich war. Auch

beziiglich dieses Sachverhalts war sich der Beschuldigte bewusst. Christoph M. ist mithin des Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB, eventualiter der Gehilfenschaft zu Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 25 StGB) schuldig zu sprechen.

200

17.2.4 Bevorzugung eines Giaubigers (Dentsu und UBS)

17.2.4.1 Vom Wissen Christoph M. um die Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG und der ISL Worldwide kann ausgegangen werden (vgl. die Ausftihrungen zur finanziellen Situation der Gesellschaften). Dieses Wissen schopfte er u.a. aus den regelmassig erstellten Cash Flow Darstellungen und den weekly cash forecasts der Gruppe. Der Beschuldigte nahm durch die Inkaufnahme der im Zusammenhang mit Globo und Dentsu umschriebenen Sachverhalte ebenfalls in Kauf, dass Giaubiger bevorzugt behandelt wurden. Dabei ist zu beriicksichtigen, dass Sinn und Zweck der Globo-und Dentsu-Geschafte gerade die Schaffung von Liquiditat zwecks Erfullung von bestehenden Verpflichtungen war. Dadurch besteht jener Konnex, welcher eine Inkaufnahme als strafrechtlich relevant erscheinen lasst. Diese Feststellung ist deshalb von Bedeutung, weil nicht pauschal und ohne Anhaltspunkte bzJean-Marie W. Konnex von einer Tat auf die Billigung weiterer deliktischer Handlungen geschiossen werden darf, von denen der Beschuldigte keine Kenntnis hatte.

17.2.4.2 Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ergibt sich letztlich auch hier aus der so genannten Geschaftsherrenhaftung des Beschuldigten, wobei auf Wiederholungen verzichtend auf das bereits Festgehaltene (vgl. Ziff. 17.2.1.5, 17.2.2.3 und 17.2.3.3) verwiesen werden kann. Dem entspechend wird beantragt, Christoph M. sei der mehrfachen Bevorzugung eines Giaubigers nach Art. 167 schuldig zu sprechen.

17.2.5 Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung (Nunca/Sunbow Komplex)

17.2.5.1 Vorweg kann festgehalten werden, dass Christoph M. bezuglich der Schmiergeldzahlungen und das Konstrukt Nunca Stiftung/Sunbow S.A. orientiert war. Dies ergibt sich beispielsweise aus den Angaben von Philipp Neyroud, wonach die beschriebene Struktur den Begiinstigten aus der Sitftung bekannt gewesen sei, was ihm von verschiedenen Leuten wie M., W. und Woog erzahlt worden sei (D 25/7/147). Auch das Schreiben von RA Dr. Wurgler an Veit Frommelt vom 9. Juli 2001, wonach es sich nach den Informationen seines Mandanten (Christoph M.) „bei der Nunca Stiftung um eine wirtschaftlich vollumfanglich der ISMM/ISL zugehorige Gesellschaft" handle (D 25/7/172), belegt diese Feststellung. Aber auch die Erklarung von Christoph M., welcher folgendes zu Protokoll gab:

„die Begiinstigung von namhaften Personlichkeiten im Sport zur Forderung von sportpoli-

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tischen und wirtschaftlichen Zielen stammt aus den Siebzigerjahren, als Sport zu einem Wirtschaftsfaktor wurde. Mit der Tatsache, dass die ISL seit ihrer Grundung derartige Praktiken anwandte, wurde ich einige Zeit nach der Aufnahme meiner VR-Funktion Anfang der Neunzigerjahre mit der Familienholding Sporis konfrontiert. Auf mein wieder-holtes Drangen, die Begunstigungen einzustellen, wurde mir von Jean-Marie JEAN-MARIE W., dem Nachfolger von Horst Dassler bei der ISL, klar gemacht, dass diese Beziehungspflege zu weiter bestehenden Verpflichtungen gefuhrt hatten und seit dem Ableben von Horst Dassler allein seine Aufgabe und Verantwortung bleiben wurden. Im Interesse der ISL war einzig die Isolierung der Begunstigungen vom Tagesgeschaft des Unternehmens, verbunden mit einem mittelfristigen Abbau der Verpflichtungen, durchsetzbar. Die Aktivitaten wurden der Form halber in eine einmalig dotierte Stiftung verlagert, welche allein durch Jean-Marie JEAN-MARIE W. gefuhrt wurde, der die Stiftungsmittel nur personlich und zweckgebunden einzusetzen hatte." (D 3/45, Ziffer 20)

Allerdings hatte der Beschuldigte nicht nur Kenntnis vom Konstrukt, sondern trug zum ..Funktionieren" desselben aktiv bei, wenn auch festgehalten werden muss, dass die Verteilung der Schmiergelder allein in der Kompetenz von Jean-Marie JEAN-MARIE W. lag. Christoph M. war jedoch Mitglied des Stiftungsrats mit Kollektivzeichnungsrecht (D 25/4/5). Beim Ubertrag der Sunbow S.A. Aktien auf die Nunca Stiftung wurde diese von Veit Frommelt und Christoph M. vertreten (D 25/9/63). Fest steht auch, dass der Beschuldigte sich des Unrechts durchaus bewusst war; so erklarte er im Zusammenhang mit der gegenstandlichen Praxis, dass er dies moralisch verwerflich finde; es entspreche nicht seinem Wertsystem (D 3/70, Ziff. 22).

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft leistete der Beschuldigte mit seiner aktiven Unterstutzungshandlung (dem Zurverfiigungstellen des Konstukts; mit der Veranlassung einer "einmaligen letzen Dotierung") einen derail wesentlichen Beitrag, dass ohnehin von Mittaterschaft ausgegangen werden muss. Aber selbst wenn die Unterstutzungshandlung noch als Gehilfenschaft bezeichnet wurde, lage zufolge Unterlassung (kein geniigend resolutes Eingreiffens bzJean-Marie W. kein Unterbinden der Zahlungen) immer noch Mittaterschaft vor. Jedenfalls konnen die von Christoph M. geltend gemachten Anstrengungen keinesfalls als ausreichend bezeichnet werden. Der eigenen Verantwortung hatte sich der Beschuldigte nur durch heftigere Schritte (z.B. Widerruf der Bankvollmacht oder Demission als Stiftungsrat) entziehen konnen. Diese Uberlegungen fuhren zum Antrag, der Beschuldigte sei der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB, eventualiter der Gehilfenschaft dazu gemass Art. 164 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 25 StGB, schuldig zu sprechen.

17.3 Jean-Marie JEAN-MARIE W.

17.3.1 Veruntreuung ev. Betrug z.N. der FIFA (Globo)

17.3.1.1 Jean Marie W. war Vizeprasident des Verwaltungsrates der ISMM AG und Verwaltungsratsprasident der ISL Worldwide. Er war Mitglied des ExCo, dessen Vorsitz er fuhrte, und nahm als Gast an Sitzungen des GMB teil (D 3/30, Ziffer 59). Er war in verschiedensten Gruppengesellschaften Verwaltungsratsprasident und auch als Direktor weiterer Gesellschaften tatig. Er war gemass Angaben von Heinz S.. zusammengefasst „sehr aktiv" ins Tagesgeschaft der ISMM Gruppe involviert (D 3/29, Ziffer 31) und der eigentlich starke Mann der Gruppe (D 9/4/3, S. 18, Ziffer 43, D 3/29, Ziffer 52), was von Hans-Jürg S. bestatigt wurde (D 3/43, Ziffer 83 ff.). Er war derjenige, der die engsten Kontakte zur FIFA oder den Partnem aus den Unterlizenzvertragen oder Vermittlern solcher Vertrage pflegte (vgl. etwas D 3/61, Ziffer 81 ff., D 17/4/7, vgl. auch die Angaben von Jean-Marie JEAN-MARIE W.: D 3/72, Ziffer 38).

17.3.1.2 Der Beschuldigte legte bei den Einvemahmen immer Wert darauf zu betonen, dass er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der ISMM Gruppe gehabt habe (D 3/30, Ziffer 14, D 3/72, Ziffer 38). Wie bereits dargelegt, konnten lediglich Entwiirfe sichergestellt werden. Auf einen entsprechenden Vorhalt gab er lediglich an, dass

der Vertrag nie unterschrieben worden sei; das sei ja ein Entwurf, und....ja, kein

167

Kommentar sonst (D 3/72, Ziffer 39).

Obwohl Jean-Marie JEAN-MARIE W. nicht gewillt war, im Einzelnen zu seinen gruppenspezifischen Tatigkeiten und Funktionen Auskunft zu geben (D 3/72, Ziffer 39 und 40), steht beweismassig fest, dass er neben seiner Tatigkeit als Mandatstrager (VR und VRP) in verschiedenen Verwaltungsraten von Gruppengesellschaften aktiv in das Tagesgeschaft der Gruppe involviert war.

17.3.1.3 Sein Informationsstand kann ganz allgemein als sehr hoch bezeichnet werden, zumal ihm der CEO der Gruppe direkt rapportierte und er das ExCo prasidierte (vgl. D 9/4/3, S. 18, Ziffer 43, D 3/29, Ziffer 52, D 3/43, Ziffer 83 ff., D 9/4/3, S. 18, Ziffer 43, D 3/29, Ziffer 52, D 3/44, Ziffer 55 ff, D 3/45, Ziffer 67, D 3/49, Ziffer 45 f., D 3/61, Ziffer 81 ff, D 17/4/7).

17.3.1.4 Jean-Marie JEAN-MARIE W. wurde die Frage gestellt, wo die Idee geboren worden sei, Globo um eine Bankgarantie Oder ein Darlehen anzugehen, worauf er angab, dass dies sowohl im GMB wie auch im Exco und im VR besprochen worden sei; im GMB und Exco auf jeden Fall (D 3/30, Ziffer 92). Wie bereits erwahnt wurde, stellt sich Jean-Marie JEAN-MARIE W. auf den Standpunkt, dass es sich beim Globo Geschaft um ein Darlehen handelte (D 3/30, Ziffer 96). Es wurde ihm dazu folgender Vorhalt gemacht: Herr S.. hat bei der gestrigen Einvernahme erklart, dass Herr Hans-Jürg S. in einem gewissen Zeitpunkt das Exco informiert habe, dass Globo einen neuen Vorschlag gemacht habe, namlich dass sie lieber statt eines Darlehens eine Vorauszahlung auf die nachste Rate leisten wurden. Haben Sie Kenntnis davon, dass Hans-Jurg S. das Exco inhaltlich so informiert hat? Er gab dazu an,

dass er sich im Detail nicht mehr daran erinnere, ob Hans-Jürg S. sie daruber informiert habe (D 3/30, Ziffer 99)

Darauf wurde ihm folgende Frage gestellt: Konnen Sie sich daran erinnern, dass Ihnen von irgendeiner Seite der erwahnte Vorschlag, welcher angeblich von Globo gemacht worden war, zur Kenntnis gebracht wurde? Die Frage bejahte er und gab an,

dass er als Exco-Member sicher Bescheid gewusst habe, dass Globo andere Bediirfnisse gehabt habe; fur ihn sei es aber nach wie vor ein Darlehen gewesen und so sei es in ihren Unterlagen auch festgehalten (D 3/30. Ziffer 100).

Als Mitglied und Vorsitzender des ExCo, welches gemass Auftrag des Verwaltungsrates und im Rahmen der an dieses Gremium delegierten Geschaftsfuhrung Moglichkeiten der Liquiditatsbeschaffung priifen und umsetzen sollte, war er iiber die Globo Angelegenheit informiert. Soweit es um die strafrechtliche Verantwortung von Mitgliedern des Verwaltungsratsausschusses geht, ist von Bedeutung, dass der spezifische Bereich der ..zusatzlichen Liquiditatsbeschaffung" in sachlicher Hinsicht nicht in jedem Fall Ausfluss oder Bestandteil der mit den Beschuldigten abgeschlossenen Arbeitsvertrage war, sondern einer spezifischen Delegation des Verwaltungsrates an das ExCo entsprang. Dieses delegierte die Aufgabe nicht weiter nach unten, sondern war selbst mit deren Umsetzung betraut. Dass beispielsweise die administrative Erledigung von Teilaspekten durch Dritte wahrgenommen wurde, hat mit notwendiger Arbeitsteilung zu tun und vermag keinen Einfluss auf diese Feststellung zu haben. Die Untersuchung hat zudem gezeigt, dass die aktive Problembewaltigung bei Tagesgeschaften und damit die Wahrnehmung aktiver Geschaftsfuhrung in personeller Hinsicht weniger durch sachliche, beispielsweise in einem Arbeitsvertrag festgelegte Kriterien und Bereiche, sondern vielmehr durch personliche Beziehungen der Verantwortlichen bestimmt wurde (vgl. etwa die Aussage von Daniel B. D 3/49, Ziffer 113). Die gemeinsame Entscheidfindung im zustandigen Gremium reicht aber, um von einer Beteiligung im Sinne einer Mittaterschaft auszugehen, unabhangig davon, wer letztlich den Entscheid konkret umsetzte. Die Tat liegt sozusagen in den Handen des Kollektivs90, d.h. jenen des ExCos. Wie Hans-Jürg S. angab (D 3/1, Ziffer 20), war der gesamte Verwaltungsratsausschuss an der Entscheidfindung mit Bezug auf den Verfahrensgegenstand befasst (vgl. auch die Aussage von Hans-Peter JEAN-MARIE W. D 3/1/2, Ziffer 24).

168

17.3.1.5 Die Verantwortlichkeit des Beschuldigten ergibt sich somit nicht primar aus dem Unterlassungstatbestand, sondern sein massgeblicher Tatbeitrag ist als Mittaterschaft durch aktives Tun als Organ der ISMM AG bzJean-Marie W. ISL Worldwide (aktive Mitbeteiligung und Mitentscheiden vor allem im ExCo) zu qualifizieren, welche auf dem Prinzip der bewussten und gewollten Arbeitsteilung beruht91. Der Beschuldigte war nicht nur in objektiver Hinsicht massgebend mitbeteiligt, sondern erftillte auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale; zumindest nahm er in Kauf, dass die Gelder nicht vertragskonform verwendet werden. Insoweit das Gericht von einer (blossen) Unterlassung ausgehen wiirde, kann vollumfanglich auf die Ausfuhrungen betreffend Christoph M. verwiesen werden. Nur ftir den Fall, dass das Strafgericht wider Erwarten sowohl eine aktive als auch eine passive Mittaterschaft verneinen wurde, bliebe auf Gehilfenschaft zu erkennen. Der Beschuldigte ist der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen (ev. der Gehilfenschaft hiezu), eventualiter, wenn das Gericht zum Schluss kame, dass der Veruntreuungstatbestand nicht erfullt sei, des Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB, ev. der Gehilfenschaft dazu.

17.3.2 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Dentsu)

Jean-Marie JEAN-MARIE W. war derjenige, der mit Dentsu den Vertrag vom 15. September 2000 aushandelte. Seine Rolle war somit in diesem Zusammenhang eine aktive, woraus sich seine personliche Verantwortung ohne weiteres ergibt. Er ist daher auch in diesem Punkt der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter des Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig zu befinden.

17.3.3 Betrua z.N. der Dentsu Inc.

Diesbeztiglich kann auf die Darstellung bei Christoph M. verwiesen werden. Jean Marie-W., welcher die Vereinbarung und die Erklarung vom 17. Januar 2001 als

90

Stratenwerth, zit. in Frei, a.a.O. 50 91

Schnyder, a.a.O. 134 Verwaltungsratsprasident der ISL Worldwide unterzeichnet hatte, fiihrte nach eigenen Angaben die Verhandlungen mit Dentsu. So gab er bei der Einvernahme vom 8. November 2002 an,

dass er anfangs 2001 nach Tokyo geflogen sei zusammen mit Urs Brunner. Dort habe er bei hochster Dentsu-Ebene nach nicht einfachen Verhandlungen erreicht, dass Dentsu die Garantie stellen wurde. Dentsu habe mit dieser Zusage einige Sicherheiten verlangt, wie den Toshiba-Vertrag und die Vertragserganzung vom 15. September 2000. Das alles sei im Memorandum of Understanding festgehalten. Dentsu habe zusatzlich noch eine Garantie von der ISMM AG gewollt (D 3/30, Ziffer 140, auf S. 26).

Der Beschuldigte, welcher die Vereinbarungen vom 15. September 2000 und 17. Januar 2001 sowie die Erklarung gleichen Datums mitunterzeichnete, war nicht nur umfassend iiber den Verfahrensgegenstand informiert, sondern verhandelte aktiv die diesbezuglichen Grundlagen und war sich bewusst, dass Dentsu die Garantie nur gegen die gewahrten Sicherheiten leisten wurde.

Als Organ leistete Jean-Marie JEAN-MARIE W. einen massgebenden Beitrag fur das deliktische Verhalten, weshalb er als Hauptbeteiligter dasteht. Ihm war das grundsatzliche Prin-zip der Verteilung der Zahlungen aus den Unterlizenzvertragen auf der Grundlage der mit der

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FIFA unterzeichneten Vertrage bekannt, weshalb ihm auch bewusst war, dass es nicht zulassig sein konnte, einen 25 % iibersteigenden Anteil an den diesbeztiglichen Eingangen an Dentsu zu "verpfanden". Die Bedeutungslosigkeit der Haftungserklarung der ISMM AG vor dem Hintergrund der finanziellen Situation war dem Beschuldigten ebenso bekannt. Er ist daher im Resulat des Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

17.3.4 Bevorzugung eines Giaubigers (Dentsu und UBS)

Es kann grundsatzlich auf die vorstehenden Ausfuhrungen verwiesen werden. Der Beschuldigte hatte bei den inkriminierten Verhaltensweisen eine aktive Rolle und steht als Hauptbeteiligter da. Er wusste auf Grund der regelmassig erstellten Cash Flow Plane und der weekly cash forecasts der Gruppe, dass sowohl die ISMM AG als auch die ISL Worldwide nicht in der Lage waren, in diesem Zeitpunkt alle Glaubigerforderungen begleichen zu konnen. Er war sich der Zahlungsunfahigkeit der Gruppe bewusst. Jean-Marie JEAN-MARIE W. hat sich der mehrfachen Glaubigerbevorzugung gemass Art. 167 StGB schuldig gemacht.

17.3.5 Erschleichung von Falschbeurkundunoen und unwahre Angaben iiber kaufmannische Gewerbe im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG. ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG)

Gemass Ziffer 4.3 des Geschaftsreglementes der ISMM AG bedurfte es ftir die Griindung von Tochtergesellschaften der vorherigen Zustimmung des Verwaltungsratsausschusses (D 8/2/19), dessen Vorsitzender der Beschuldigte war. Gemass Jean-Marie JEAN-MARIE W. lag die Kompetenz zum grundsatzlichen Entscheid betreffend die Neugrtindung von Gesellschaften innerhalb der ISMM Gruppe beim Verwaltungsrat (D 3/72, Ziffer 31).

Der Beschuldigte war bekanntlich Verwaltungsratsprasident der ISL (International) AG, der Griinderin der ISL Hospitality AG, welche ihrerseits die ISL Hospitality (Japan) AG und die ISL Hospitality (Korea) AG grundete. Er war weder Griinder der Hospitality Gesellschaften, noch war er sonst konkret mit der Grundung befasst.

Hingegen trafen ihn als Verwaltungsratsprasidenten der ISL (International) AG jene Pflichten, die bereits bei Christoph M. ausfiihrlich dargestellt wurden. Dass die Strafbarkeit durch Unterlassung bei den gegenstandlichen Delikten grundsatzlich moglich ist, muss unter Beriicksichtigung der bereits zitierten Rechtsprechung und der neuesten Literatur mit Bezug auf Art. 152 StGB bejaht werden92. Der Beschuldigte haftet mithin hier wegen Mittaterschaft zufolge Unterlassung. Denn er hatte sicherzustellen, dass das Kapital den gegrundeten Gesellschaften auch wirklich zur Verftigung stand. Der Beschuldigte war im Ubrigen eingehend iiber die finanzielle Situation, insbesondere der ISL Worldwide informiert und wusste, dass sie in diesem Zeitpunkt iiberschuldet und illiquid war. Jean-Marie JEAN-MARIE W. muss wegen mehrfachen Erschleichung einer falschen Beurkundung gemass Art. 253 StGB sowie wegen mehrfacher unwahren Angaben iiber kaufmannische Gewerbe gemass Art. 152 StGB schuldig gesprochen werden.

17.3.6 Glaubiaerschadiauno durch Vermogensminderung (Nunca/Sunbow Komplex)

Jean-Marie JEAN-MARIE W. war im Zusammenhang mit dem Nunca/Sunbow Komplex das tragende Element. Er unterzeichnete zusammen mit Hans-Peter JEAN-MARIE W. samtliche Zahlungsauftrage und war gemass eigenen Angaben neben dem verstorbenen Horst Dassler der Einzige, der die Namen der Endempfanger der Schmiergelder kannte (D 3/72, Ziffer 30). Er war derjenige, der ftir die Endabwicklung

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der gegenstandlichen Zuwendungen verantwortlich zeichnete. Als Organ und auf Grund seines aktiven Vorgehens steht er zweifelsfrei als Hauptbeteiligter da. Der heiklen finanziellen Situation der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG war sich der Beschuldigte bewusst; er nahm zumindest in Kauf, dass den Glaubigern durch sein Verhalten ein Vermogensschaden zugefugt werden konnte. Jean-Marie JEAN-MARIE W. ist daher der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen.

17.3.7 Betrugerischer Konkurs (Sunbow S.A. / Nunca Stiftung)

Was den betrugerischen Konkurs betrifft, ist lediglich anzuftihren, dass Jean-Marie JEAN-MARIE W. offensichtlich viel daran gelegen war, das Konstrukt, die Endempfanger der Gelder und damit auch die Vermogenswerte zu verheimlichen. Dies wird einerseits

Kesselbach, a.a.O. 182 f. durch das Vorgehen bei der Abwicklung der Zahlungen und andrerseits durch den Inhalt des am 27. Februar 2004 von ihm abgeschlossenen Vergleichs belegt. Nichts anderes kann aus seinem Verhalten, zu den Zahlungen aus Vertraulichkeitsgrunden keine Stellungnahme abgeben zu wollen, geschiossen werden (D 3/72, Ziffer 18). Der Beschuldigte tragt auch beziiglich dieses Verhaltens die voile strafrechtliche Mitverantwortung und ist daher im Resultat des betrugerischen Konkurses gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen.

17.3.8 Veruntreuung

Die Verantwortung des Beschuldigten ergibt sich aus der unter der einschlagigen Rubrik erfolgten Darstellung; wenn ein Unternehmer ein Delikt allein (oder mit einem anderen Mitarbeiter) ausfuhrt, so ist seine strafrechtliche Verantwortung eine allgemeine und von der sprezifischen eigenschaft unabhangig. Der Beschuldigte ist der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig.

17.4 Heinz S..

17.4.1 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Globo)

17.4.1.1 Heinz S.. war zusammengefasst geschaftsleitender Verwaltungsrat der ISMM AG und der ISL Worldwide. Er war als CEO der ISMM Gruppe ein massgebender Entscheidungstrager innerhalb des Konzerns. Er war Mitglied des ExCo und Vorsitzender des GMB. Ihm kam somit neben seiner aktiven Beteiligung an der Geschaftsfuhrung auch eine Kontrollfunktion mit Bezug auf jene Bereiche zu, in welche er im Rahmen der Geschaftsfuhrung nicht selber aktiv involviert war. Als Mitglied des ExCo, in welchem nach seinen eigenen Angaben samtliche Entscheide von Bedeutung gefallt wurden, trug er Mitverantwortung fiir alle Entscheide, auch wenn die Aus-fiihrung durch andere Mitglieder des Ausschusses oder Personen ausserhalb dieses Gremiums wahrgenommen wurden.

17.4.1.2 Wie dargelegt, befasste sich das ExCo mit der Liquiditatsbeschaffung fur das Jahr 2000 und wurde die Angelegenheit Globo u.a. im ExCo besprochen. Bestatigt wurde dies auch von S.. selbst, der folgendes angab:

ISMM und Globo hatten auf Grund dieses bedeutenden Vertrages, aber auch wegen anderer paralleler geschaftlicher Interessen eine gute und freundschaftliche Beziehung

171

gehabt. So sei es selbstverstandlich gewesen, dass ISMM Globo unterstutzt habe, als Globo aus kurzfristigen Liquiditatsproblemen eine Rate - er glaube, es sei die erste gewesen - nicht termingerecht habe bezahlen konnen. Als im Executive Committee im Sommer 2000 die Uberbruckung des erwarteten kurzfristigen Liquiditatsproblems disku-tiert worden sei, sei u.a. auch der Vorschlag gemacht worden, dass sich Globo jetzt revanchieren konne und man vielleicht bei Globo anklopfen sollte beziiglich eines kurzfristigen Uberbruckungskredits. Dieser Vorschlag sei nicht von ihm gekommen; es sei auch nicht sein Ressort gewesen . Er erinnere sich aber, dass Herr B. beauftragt worden sei, mit Globo die grundsatzliche Bereitschaft zu einem solchen llberbruckungskredit oder Darlehen abzuklaren, und nach grundsatzlicher Zusage von Globo Hans-Jürg S. beauftragt worden sei, mit dem Finanzverantwortlichen von Globo die Modalitaten festzulegen und die Vereinbarung vorzubereiten. Er erinnere sich, dass Herr S. daraufhin das Exco informiert habe, dass Globo nun einen neuen Vorschlag gemacht habe, namlich sie wiirden statt eines Darlehens lieber eine Vorauszahlung auf die nachste Rate leisten. Er erinnere sich auch daran, dass er gesagt habe, das konne man nicht machen, und dass Herr S. wieder an den Verhandlungstisch zuruckgeschickt worden sei. Woran er sich auch erinnere, sei, dass sie im Management-Bord daruber informiert hatten, dass man mit Globo in Verhandlungen bezuglich eines kurzfristigen Darlehens stehe und dass das recht positiv aussehe (D 3/28, Ziffer 79).

Gemass Darstellung von Heinz S.. (D 3/29, Ziffer 79) habe man Hans-Jurg S. wieder an den Verhandlungstisch zuruckgeschickt, nachdem dieser berichtet habe, Globo wolle kein Darlehen, aber eine Vorauszahlung leisten. Sowohl Daniel B., wie auch Hans-Jürg S., welche die Verhandlungen mit Bezug auf die Vorauszahlung/das Darlehen fiihrten, erstatteten S.. Bericht, bzJean-Marie W. waren ihm administrativ unterstellt. Gemass Angaben von Daniel B. wurde er von Heinz S.. gebeten, mit Globo Gesprache aufzunehmen (D 3/49, Ziffer 97). Er hatte somit in jedem Fall die Pflicht, sich iiber den weiteren Verlauf der Verhandlungen zu informieren und sicherzustellen, dass die Abwicklung „der korrekten Business-Praxis" entsprach (D 3/29, Ziffer 80).

Wie der Untersuchungsrichter richtig feststellte, ist sein Exkulpationsversuch, wonach es sich bei dieser Angelegenheit nicht um sein Ressort gehandelt habe (D 3/29, Ziffer 82), vor dem Hintergrund der bereits erwahnten konkreten Delegation der Priifung zusatzlicher Finanzierungsmoglichkeiten an den Verwaltungsratsauschuss als Mitglied desselben, aber auch bei seiner Position in der Gruppe nicht moglich. In einem Konzern ist arbeitsteiliges Vorgehen ein Muss und baut das Eine oft zwangslaufig auf dem Andern auf. Dies heisst aber nicht ein Verschieben oder Delegieren von Verantwortung. Die Fiihrungsverantwortung bleibt und heisst gleichzeitig auch Wahrnehmung von Kontrollfunktionen. Was schon bei Christoph M. unter dem Aspekt der Unterlassung angefuhrt wurde, gilt auch fur Heinz S.. (insoweit das Gericht von einer Unterlassung ausgehen wiirde). Er hatte in jedem Fall die Pflicht zur Kontrolle mit Bezug auf die Umsetzung des im ExCo gefallten Beschlusses. Die Nichtbeachtung entspricht der aus strafrechtlicher Sicht relevanten Pflichtwidrigkeit. Die das Rechtsgut gefahrdende Situation war spatestens dann gegeben, als Globo signalisierte, kein Darlehen gewahren zu wollen. S.. hatte auf Grund seiner weit reichenden Kompetenzen nicht nur intervenieren konnen, sondern auch miissen. Dass er sich der Gefahrensituation bewusst war, wird durch nachfolgenden Vorhalt dokumentiert:

Vorlage der von Ihnen unterzeichneten Quittung der ISMM AG vom 15. September 2000 (D 4/D/2/59): Sie haben bei der letzten Einvernahme erklart, dass Herr S. das ExCo informiert habe, dass Globo nun einen neuen Vorschlag gemacht habe, namlich sie wurden statt eines Darlehens lieber eine Vorauszahlung auf die nachste Rate leisten. Sie wiirden sich auch daran erinnern, dass Sie gesagt hatten, das konne man nicht machen, und dass Herr S. wieder an den Verhandlungstisch zuruck geschickt worden sei (D 3/29, Ziffer 79). Auf Nachfrage meinerseits haben Sie erlautert, dies deshalb, weil das nicht der korrekten Business Praxis entspreche (D 3/29, Ziffer 80). Warum haben Sie die Ihnen vorgelegte Quittung unterschrieben, in welcher der Zahlungsgrund umfassend und klar als Vorauszahlung dargestellt wurde und somit gemass Ihren Worten nicht der korrekten Business Praxis entsprach? Heinz S.. gab darauf an,

dass es einen inhaltlichen und einen zeitlichen Grund gebe: Inhaltlich sei es so gewesen, dass das ExCo entschieden habe, dass man bei Globo ein Loan beantragen wiirde und dass man sich

172

aufgrund der Aussage von Herrn B. und von Herrn S. im Kiaren gewesen sei, dass Globo diesen Antrag akzeptiert habe. Und so sei das ja auch an Globo bestatigt worden. Kurz vor der geplanten Auszahlung habe Herr S. daruber informiert, dass man aus Globo-internen Grunden eine Vorauszahlung wiinsche. Das ExCo habe daraufhin Herrn S. gebeten sicherzustellen, dass das Geschaft als Loan abgeschlossen wiirde und nicht als Vorauszahlung. Er sei daraufhin informiert worden, dass man das im Innenverhaltnis auch so handhabe, dass aber - wenn man den Zeitplan fiir die Uberweisung einhalten wolle - vorerst der Vorgang als Vorauszahlung zu dokumentieren sei. Das habe sich in einem sehr kurzen Zeitfenster abgespielt, und fiir ihn sei die Angelegenheit danach erledigt gewesen, und er sei sich nicht bewusst gewesen (und sei es sich heute noch nicht), ob diese Deklaration allenfalls rechtlich nicht in Ordnung gewesen sei. Er wolle noch einmal War festhalten, dass er an der Verhandlung und Abwicklung dieses Darlehens nicht beteiligt gewesen sei. Er habe nie mit Globo verhandelt und sich - entgegen von Vermutungen durch einen oder zwei Befragten - auch nie telefonisch mit Globo in Verhandlung befunden. Im Vorfeld dieser Angelegenheit habe er einmal gemeinsam mit Jean-Marie JEAN-MARIE W. der Fuhrung von Globo angekundigt, dass Daniel B. sich bei ihnen melden wurde zwecks Verhandlung eines Darlehens, und sie sollten sein Aniiegen bitte wohlwollend behandeln. Das sei bei einem informellen Mittagessen in anderer Angelegenheit gewesen. Dieses Dokument und da erinnere er sich genau - habe er eines Abends spat auf Wunsch von Hans-Jürg S. unterschrieben, der ihm gesagt habe, er sei noch der einzige Unterschriftsberechtigte im Haus, und auf seine Ruckfrage habe er ihm bestatigt, dass das mit Jean-Marie JEAN-MARIE W. so abgestimmt und in Ordnung sei. Er meine ubrigens auch, dass er diese Quittung, die nicht einmal auf ISL-Papier ausgestellt seit, nicht am 15. September unterschrieben habe, weil er - Irrtum vorbehalten - damals auf Geschaftsreise gewesen sei (D 3/44, Ziffer 117).

Marcelo Campos Pinto hat in der Einvernahme vom 26. August 2002 ausgesagt, er habe S.. und B. gegenuber erklart, dass die einzige Losung eine Vorauszahlung sei. Im Rahmen eines Telefongesprachs habe sich S.. mit einer Vorauszahlung einverstanden erklart (D 3/25, Ziffer 38). Dieser gab dazu an,

dass nur nochmals wiederholen konne, dass er nach seiner Erinnerung in diese ganze Verhandlung nicht involviert gewesen sei und auch keine Telefongesprache dazu mit Globo gefuhrt habe (D 3/44, Ziffer 150).

17.4.1.3 Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ist diese Darstellung nicht glaubhaft, zumal Marcelo Campos Pinto bei der Zeugeneinvemahme von Ende 2004 in Rio de Janeiro seine fruhere Darstellung uneingeschrankt und uberzeugend bestatigt hat (vgl. D 2/G/250). UnumstSssliches Faktum ist ferner, dass Heinz S.. die fragliche Quittung, in welcher unmissverstandlich von einer Vorauszahlung die Rede ist, unterschrieben hat. Bei einer Gesamtbetrachtung ist mithin erstellt, dass der Beschuldigte als Organ mit eigenstandiger Entscheidungsbefugnis einen nahmhaften aktiven Beitrag zum inkriminierten Verhalten leistete, so dass er als Hauptbeteiligter darsteht. Sollte das Strafgericht solches wider Erwarten nicht fur rechtsgenugend erstellt betrachten, wurde dies an der mittaterschaftlichen Verantwortung von Heinz S.. letztlich nichts andern. Gestutzt auf die Handlungspflichten, welche sich wegen seiner Stellung und den umschriebenen konkreten Umstanden aufdrangten, haftet der Beschuldigte (mittaterschaftlich) auch aus Unterlassung. Der Beschuldigte hatte auf Grund seiner weit reichenden Kompetenzen nicht nur intervenieren konnen, sondern auch mussen, und er war sich dessen bewusst. Nur fur den Fall, dass das Strafgericht wider Erwarten eine aktive und passive Mittaterschaft verneinen sollte, ist auf Gehilfeschaft zu erkennen. Durch sein Verhalten nahm Heinz S.. zumindest in Kauf, dass die Gelder nicht vertragskonform verwendet wurden. Damit hat aber auch gegeniiber ihm ein Schuldspruch wegen Veruntreu

ung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. Gehilfeschaft hierzu), eventualiter wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. Gehilfenschaft dazu) zu erfolgen.

17.4.2 Bevorzugung eines Giaubigers (UBS)

173

Vom Wissen Heinz S..s um die Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG und der ISL Worldwide

kann ohne weiteres ausgegangen werden (vgl. die Ausfuhrungen zur finanziellen Situation

der Gesellschaften / vgl. im Ubrigen die Ausfuhrungen bei Christoph M. vorstehend Ziffer

17.2.4). Auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale sind im Ubrigen gegeben, weshalb ein

Schuldspruch wegen Glaubigerbevorzugung nach Art. 167 StGB beantragt wird.

* 17.5 Daniel B.

17.5.1 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Globo)

17.5.1.1 Daniel B. war geschaftsleitender Verwaltungsrat der ISMM AG und der ISL Worldwide. Er war Mitglied des ExCo und des GMB und nach dem Ausscheiden Heinz S..s CEO der ISMM Gruppe. Wie bei Heinz S.. dargestellt, kam ihm somit neben seiner aktiven Beteiligung an der Geschaftsfuhrung auch eine Kontrollfunktion mit Bezug auf jene Bereiche zu, in welche er im Rahmen der Geschaftsfuhrung nicht selber aktiv involviert war.

17.5.1.2 Allerdings war er nach eigenen Angaben derjenige, der aktiv die Grundlagen fur das Globo Geschaft mit Marcelo Campos Pinto schuf. Wohl delegierte er die Ausarbeitung der Einzelheiten an den CFO, es oblag ihm jedoch in der Folge, sich iiber den weiteren Verlauf der Verhandlungen zu informieren und sicherzustellen, dass die Abwicklung „der korrekten Business-Praxis" entsprach (D 3/29, Ziffer 80). Er hatte diese Pflicht auf Grund des konkreten Auftrages, welchen er vom Verwaltungsrats

** ausschuss erhalten hatte und auch auf Grund seiner Position als Mitglied des Verwal-tungsrates. Die Konsequenzen der Nichtbeachtung dieser Pflichten wurden bereits dargestellt. Daniel B. gab zur Globo Angelegenheit abschiessend an, dass

er mit Sicherheit wisse, dass er von Brasilien zuruckgekommen sei mit dem Verhand-lungsergebnis, dass Globo ein Darlehen an ISMM gewahren wiirde. Was danach geschehen sei, konne man aufgrund der Unterlagen verschieden interpretieren, namlich ob es eine Vorauszahlung oder ein Darlehen sei (fur ihn sei es immer ein Darlehen gewesen). Aber letztendlich scheine ihm das eine Nebensache zu sein. Entscheidend sei fiir ihn, was das Management der ISMM habe machen wollen, ob es namlich beabsichtigt habe, der FIFA zustehende Betrage vorzuenthalten oder nicht. Fur ihn gebe es in den Akten absolut nichts, was darauf hinweisen wiirde, dass die ISMM geplant hatte, der FIFA Betrage, welche ihr laut Vertragen zugestanden seien, zu den vereinbarten Zeitpunkten vorzuenthalten bzJean-Marie W. nicht zu bezahlen. Das sei fur ihn entscheidend! (D 3/49, Ziffer 179).

Zudem gab er an, dass von ihrer Seite die Absicht bestanden habe, nach Abschluss des ABS Projektes die Uberbruckungsfinanzierung, welche aus verschiedenen Quellen gekommen sei, auszugleichen, so dass spatestens am 1. Juli 2001 diese 66 Mio. auf das Special Account hatten fliessen konnen (D 3/31, Ziffer 88).

17.5.1.3 Wie an anderer Stelle schon ausgefuhrt, sind diese Aussagen nicht geeignet, den Tatbestand der Veruntreuung (oder des Betrugs) objektiv Oder subjektiv in Frage zu stellen. Sie zeigen vielmehr, dass eine nicht rechtzeitige Weiteriibermittlung der Gelder (75%) auch vom Beschuldigten zumindest in Kauf genommen wurde. Durch seine Mitwirkung im ExCo und dem aktiven Verhandein mit Globo als Organ mit eigenstandiger Entscheidungsbefugnis leistete der Beschuldigte einen nahmhaften aktiven Beitrag zum inkriminierten Verhalten, so dass auch er als Hauptbeteiligter darsteht. Sollte das Strafgericht solches wider Erwarten nicht fiir rechtsgeniigend erstellt betrachten, wiirde dies an der mittaterschaftlichen Verantwortung von Daniel B. letztlich nichts andern. Gestutzt auf die Handlungspflichten, welche sich wegen seiner Stellung und den umschriebenen konkreten Umstanden aufdrangten, haftet der Beschuldigte (mittaterschaftlich) auch aus Unterlassung. Der Beschuldigte hatte auf Grund seiner weit reichenden Kompetenzen nicht nur intervenieren konnen, sondern auch mussen, und er war sich dessen bewusst. Wohl delegierte er die Ausarbeitung der Einzelheiten an den CFO, es oblag in der Folge aber ihm, sich uber den weiteren Verlauf der Verhandlungen zu informieren und

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sicherzustellen, dass das Globo Geschaft nicht den grundsatzlichen Bestimmungen des Vertrages mit der FIFA widersprach. Beispielsweise hatte der Beschuldigte auch die Cash Flow Darstellungen hinterfragen und intervenieren mussen, mit welcher die im Juli 2001 fallige Globo Zahlung unter "Prepayments" mit CHF 112'200'000.~ erfasst wurde. Nur ftir den Fall, dass das Strafgericht wider Erwarten sowohl eine aktive als auch eine passive Mittaterschaft verneien sollte, bliebe auf Gehilfenschaft zu erkennen. Durch sein Verhalten nahm der Beschuldigte zumindest in Kauf, dass die Gelder nicht vertragskonform verwendet wurden. Auch war sich der Beschuldigte seiner Position und den damit verbundenen Pflichten bewusst, ebenso wie dass Gelder aus Unterlizenzvertragen an die FIFA weiterzuleiten waren. Damit hat aber auch gegeniiber ihm ein Schuldspruch wegen Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. Gehilfeschaft hierzu), eventualiter wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. Gehilfenschaft dazu) zu erfolgen.

17.5.2 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Dentsu)

Daniel B. war einer jener, welcher die Vereinbarung vom 5. November 1999 zwischen der ISMM Investments AG und der Dentsu Inc. (D 4/B/1/32) und jene vom 15. September 2000 zwischen der ISMM AG und der Dentsu Inc. (D 4/B/1/54) unterzeichnet hatte (D 3/31, Ziffer 94, Ziffer 97). Er verfasste einen Situationsbericht per 10. Oktober 2000 betreffend ,,2002 FIFA World Cup Broadcasting Rights in Japan" (D 4/D/3/1, D 3/49, Ziffer 130), und es kann festgehalten werden, dass er iiber diesen Bereich umfassend orientiert war (D 3/31, Ziffer 94 ff.). Daniel B. ging davon aus, dass es sich bei der Dentsu Zahlung um eine solche aus der Vereinbarung vom 15. September 2000 handelte. Er gab dazu an,

dass es ihre Absicht gewesen sei, nach Abschluss des ABS-Projektes diese Betrage ver-tragskonform auf das Special Account einfliessen zu lassen (D 3/31, Ziffer 106). Er gab weiter an, dass es ihre Absicht gewesen sei, es (gemeint ist die Vereinbarung vom 15. September 2000) der FIFA anzuzeigen nach Abschluss des ABS-Projektes (was ein paar Wochen bzJean-Marie W. maximal ein paar Monate entfernt gewesen sei), weil die 15 Mio. als erste Rate aus diesem MOU von ihnen gebraucht worden sei, um die Uberbruckungsfinanzierung zu ermoglichen (D 3/31, Ziffer 108).

Beziiglich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten kann mithin vollumfanglich auf das bereits unter Ziffer 17.5.1 Ausgeftihrte verwiesen werden. Der Beschuldigte muss wegen aktiver, eventualiter passiver Mittaterschaft zur Verantwortung gezogen werden. Seine allfallige Unterlassung bzJean-Marie W. Nichtintervention liegt nicht in einem Nicht-Konnen, sondern in einem Nicht-Wollen. Dies deshalb, weil man das Geld nach seinen Angaben zur Uberbruckung benotigte. Nur fur den Fall, dass das Strafgericht wider Erwarten sowohl eine aktive als auch eine passive Mittaterschaft verneien sollte, bliebe auf Gehilfenschaft zu erkennen. Daniel B. ist wegen Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. Gehilfeschaft hierzu), eventualiter wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. Gehilfenschaft dazu) schuldig zu sprechen.

17.5.3 Betrug z.N. der Dentsu Inc.

Im Zusammenhang mit der Vereinbarung und der Erklarung vom 17. Januar 2001 ist darauf hinzuweisen, dass Daniel B. in diesem Zeitpunkt CEO der ISMM Gruppe war und ihm in dieser Funktion, verbunden mit jener des geschaftsfuhrenden Verwaltungsrates, die bereits eriauterten Pflichten zukamen. Der Beschuldigte gab an, dass er im Gegensatz zum Globo Fall nicht in die Gesprache mit Dentsu involviert gewesen sei. Er konne sich deshalb nur auf die vorhandenen Unterlagen stiitzen, und daraus scheine es ein Ergebnis des Unterlizenzvertrages zu sein (D 3/49, Ziffer 135). Allerdings ist aktenkundig, dass er an der Verwaltungsratssitzung der ISMM AG vom 8. Januar 2001 teilnahm, an welcher die Modalitaten betreffend die Dentsu Garantie besprochen wurden

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(D 8/5/19). Weiter ist ersichtlich, dass ihm ein Fax von Jean-Marie JEAN-MARIE W. vom 16. Januar 2001 mit einem MOU Entwurf (D 4/D/3/31 + 32) zuging. Gemass Ziffer 3.2 ..Pledge" wurde Folgendes festgehalten: „ISMM hereby grants to Dentsu a security interest in the form of a pledge upon ISMM's right to receive from Dentsu CHF 25'000'000.~ under the Memorandum of Understanding between Dentsu and ...". Es ist somit erstellt, dass der Beschuldigte das Wissen betreffend den Vertragsinhalt hatte. Daniel B. wurde bei der Einvernahme vom 13. Februar 2004 folgender Vorhalt gemacht: Gemass Darstellung von Jean-Marie JEAN-MARIE W. soil es sich bei der Dentsu Uberweisung von CHF 15'000'000.~ um ein Darlehen von Dentsu handeln (D 3/30, Ziffer 129). Das Darlehen soil insgesamt CHF 30'000'000.- betragen haben (D 3/30, Ziffer 130). Falls es sich um ein Darlehen gehandelt hat: Wie konnte in diesem Fall im Zusammenhang mit der Bankgarantie uber CHF 66'000'000.~ folgende Erklarung abgegeben werden? "ISMM hereby grants to Dentsu a security interest in the form of a pledge upon ISMM's right to receive from Dentsu CHF 25'000'000.~ under the Memorandum of Understanding between Dentsu and ISMM ..." (D 2/23). Er gab dazu folgendes an: Er mochte das nicht beantworten (D 3/49, Ziffer 141).

Zufolge seiner Teilnahme an der erwahnten Verwaltungsratssitzung sowie der ubrigen Umstande kann davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte den Entscheid zum inkriminierten Verhalten aktiv mitgetragen hat. Uberdies liegt aber auch Unterlassung (Mittaterschaft durch passives Verhalten) vor, wobei diesbeziiglich auf das bereits Gesagte verwiesen werden kann. Nur ftir den Fall, dass das Strafgericht wider Erwarten sowohl eine aktive als auch eine passive Mittaterschaft verneinen sollte, bliebe auf Gehilfenschaft zu erkennen. Auf Grund der Vorkenntnisse betreffend die Verteilung der Unterlizenzahlungen konnte dem Beschuldigten die Unzulassigkeit, einen 25 % tibersteigenden Anteil zu "verpfanden", nicht entgangen sein. Zudem war ihm die Bedeutungslosigkeit der Haftungserklarung der ISMM vor dem Hintergrund der finanziellen Situation bewusst. Durch seine Nichtintervention nahm Daniel B. in Kauf, dass Dentsu die Bankgarantie stellen wurde, was sie die wahren Umstande gekannt hatte. Der Beschuldigte ist wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. Gehilfenschaft dazu) schuldig zu sprechen.

17.5.4 Bevorzuauno eines Giaubigers (Dentsu und UBS)

Wie alle Beschuldigten hatte auch Daniel B. Kenntnis von der Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG und der ISL Worldwide (vgl. die Ausfuhrungen zur finanziellen Situation der Gesellschaften / vgl. im Ubrigen die Ausfuhrungen bei Christoph M. vorstehend Ziffer 17.2.4.). Der Vorwurf der mehrfachen Glaubigerbevorzugung gemass Art. 167 StGB kann dem Beschuldigten nicht erspart bleiben.

17.6 Hans-Jiira S.

17.6.1 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Globo)

17.6.1.1 Hans-Jtirg S. war geschaftsftihrender Verwaltungsrat der ISL Worldwide und als Chief Financial Officer (CFO) der Gruppe weltweit ftir samtliche finanziellen Belange der Gesellschaft und der ISL Gruppengesellschaften mit Ausnahme der Sporis Holding AG zustandig und Mitglied des GMB. Ftir die Gruppe beinhaltete die Funktion des CFO die Leitung der Finanzabteilung, d.h. des Controllings, Treasurys und Accountings. Er stand bei strategischen, finanziellen Belangen dem ExCo und dem Verwaltungsrat zur Seite (D 3/43, Ziffer 103). Es versteht sich von selbst, dass er als CFO letztlich auch ftir die Cash Flow Darstellungen verantwortlich zeichnete (D 3/48, Ziffer 144, vgl. auch die Aussage von Hans-Peter JEAN-MARIE W. D 3/61, Ziffer 130). Er war Ansprechpartner bei Unklarheiten mit Bezug auf die Buchhaltung (vgl. auch die Aussage von Hans-Peter JEAN-MARIE W. D 3/61, Ziffer 142).

17.6.1.2 Hans-Jurg S. war aktiv an der konkreten Umsetzung des Projektes Globo beteiligt (D 3/1, S. 3 ff). Er war derjenige, der mit dem CFO von Globo die Einzelheiten aushandelte. Er war sich bewusst, dass die gegenstandliche Zahlung aus Sicht der FIFA in jedem Fall ein Umgehungsgeschaft darstellte. Er hat die

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Verletzung der Vertragsbestimmungen FIFA/ISMM AG und letztlich die vertragswidrige und strafrechtlich relevante Verwendung der Gelder nicht nur in Kauf genommen, sondern aktiv zur Realisierung dieses Geschaftes beigetragen.

17.6.1.3 Auf Grund der beschriebenen organschaftlichen Stellung des Beschuldigten sowie seinen aktiven und

absolut massgebenden Tatbeitragen ist eindeutig von Mittaterschaft auszugehen. Denn wer bei der

Entschliessung, Planung oder Ausfiihrung des Deliktes entscheidend mit anderen zusammenwirkt, steht als Hauptbeteiligter da. Lediglich der Vollstandigkeit halber sei angefiigt, dass der Beschuldigte auch eine Geschaftsherrenhaftung traf. Er ware so verpflichtet gewesen, dafur besorgt zu sein, dass der Eingang der Globo Zahlung der FIFA mitgeteilt wurde. Der Beschuldigte muss daher wegen Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter wegen Betrugs nach Art. 146 Abs. 1 StGB, schuldig gespochen werden.

17.6.2 Veruntreuung evtl. Betruo z.N. der FIFA (Dentsu)

Hans-Jürg S. hatte als CFO Kenntnis von der Vereinbarung mit Dentsu (D 3/48, Ziffer 201, vgl. etwa: D 17/9/3, D 17/9/5, D 17/9/13). Er war sich auch bewusst, dass die Geschaftsakten keinen Hinweis auf ein Darlehen enthielten. Ihm wurde folgender Vorhalt gemacht: Aufgrund der jetztigen Aktenlage ist davon auszugehen, dass die Falligkeiten gemass dem MOU vom 15. September 2000 definitiv festgelegt wurden. Ist Ihnen bekannt, ob diesbeztiglich mit Dentsu eine andere schriftliche Vereinbarung getroffen wurde? Er gab an,

dass seines Wissens keine schriftlichen Vereinbarungen vorhanden seien. Jean-Marie JEAN-MARIE W. sei (er wiederhole sich) ausdrucklich und wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Dokumentation als Schriftstuck kein Hinweis auf ein Darlehen in sich trage. Er habe sie (gemeint ist Hans-Jürg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W.) im Glauben gelassen und sie wiederholt iiberzeugt, dass es im Verhaltnis mit japanischen Personen etwas schwieriger und diese Dokumentation betreffend Darlehen in Bearbeitung sei (D 3/48, Ziffer 218). Vorgangig wurde ihm folgender Vorhalt gemacht: Handelte es sich nach Ihrem Kenntnisstand bei der Dentsu Zahlung im Betrag von CHF 15'000'000.- um eine Leistung aus dem Unterlizenzvertrag oder um ein Darlehen? Darauf gab er an, dass sie d.h. Hans-Peter JEAN-MARIE W. und er selber - von Jean-Marie JEAN-MARIE W. informiert worden seien, er habe mit Dentsu vereinbart, dass es sich bei dieser Zahlung um ein kurzfristiges Darlehen handle. Sie hatten ihm gegenuber wiederholt betont, dass sie eine schriftliche Dokumentation benotigen wurden, was er ihnen aber schuldig geblieben sei (D 3/48, Ziffer 214).

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft kam der Beschudigte seinen Kontroll- und Interventionspflichten, wie sie sich aus der Geschaftsherrenhaftung ergeben, damit zuwenig nach. Auf Grund der Erkenntnisse mit der Globo Zahlung (welche rund einen Monat zuvor eingegangen war) und der offenkundigen Liquiditatsprobleme hatte sich der Beschuldigte nicht mit den Antworten bzJean-Marie W. Erklarungen des Jean-Marie JEAN-MARIE W. abspeisen lassen dtirfen. Als CFO hatte er sofort auf entsprechende Dokumente bestehen und gemass dem Ergebnis dafur besorgt sein miissen, dass der Zahlungseingang der FIFA mitgeteilt wird. Der Beschuldigte ist damit aus Unterlassung mittaterschaftlich strafbar (Geschaftsherrenhaftung), weshalb er der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, eventualiter der des Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB, schuldig zu sprechen ist.

17.6.3 Betruo z.N. der Dentsu Inc.

Hans-Jurg S. war iiber die Hintergrunde und die Problematik der Verpfandung der Forderung

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aus dem Unterlizenzvertrag umfassend orientiert, auch wenn er wohl nicht aktiv in die Verhandlungen involviert war (vgl. D 3/48, Ziffer 225 ff.). Ihm wurde folgender Vorhalt gemacht: Vorlage von D 4/D/3/20 (Mitteilung von Dentsu vom 6. Januar 2001, Antwort von ISMM vom 7. Januar 2001 und Frage von Peter Caroll vom 8. Januar 2001): Nehmen Sie bitte zur Frage von Peter Caroll „l was under the impression that TV monies were locked into the FIFA trust arrangements? In those circumstances, how could we pledge them to Dentsu?" Stellung. Er gab dazu an,

dass Hashiguchi der Anwalt von Dentsu in Tokio sei. Diesen habe er im Zusammenhang mit der Ubertragung der Rechte unter dem ABS Projekt kennen gelernt. Die Frage betreffend Garantie von TV Receivables konne er dahingehend beantworten, dass ihm vom ExCo bestatigt worden sei, dass unser Anteil an den TV Receivables, d.h. 25 %, gegenuber Dentsu als Garantie hinterlegt werden durften. Anscheinend habe er nicht schriftlich an Peter Caroll geantwortet. Wenn er ihm personlich geantwortet hatte (wortiber er sich heute nicht mehr sicher sei), hatte er ihm das so mitgeteilt, wie er es jetzt hier erwahnt habe. Er sei sich nicht ganz sicher, ob Peter Caroll den Impact des Zusatzes zum TV-Vertrag vollumfanglich in seine Uberlegungen habe einfliessen lassen (D 3/48, Ziffer 234).

Was die grundsatzliche Verantwortung betrifft, kann auf das schon Ausgeftihrte verwiesen werden. Dem Beschuldigten war das grundsatzliche Prinzip der Verteilung der Zahlungenn aus den Unterlizenvertragen bekannt, weshalb er nicht im Ernst darauf vertrauen konnte, dass es erlaubt sei, einen 25 % tibersteigenden Anteil an den diesbezuglichen Eingangen zu "verpfanden". Uberdies war dem Beschuldigten die Wert- bzJean-Marie W. Bedeutungslosigkeit der Haftungserklarung bekannt. Dem Beschuldigten muss vorgeworfen werden, als geschaftsftihrender Verwaltungsrat der ISL und als CFO der Gruppe in Kenntnis der Gesamtumstande es unterlassen zu haben, zu intervenieren. Er hatte dafur besorgt sein sollen, dass Dentsu vollumfanglich iiber die vertraglichen Grundlagen mit der FIFA einerseits und der finanziellen Situation andererseits informiert worden ware. Er nahm durch seine Unterlassung den beschriebenen Sachverhalt in Kauf. Somit hat ein Schuldspruch wegen Betrugs gemass Art. 146 Abs. 1 StGB auch gegeniiber dem Beschuldigten zu erfolgen.

17.6.4 Bevorzugung eines Giaubigers (Dentsu / UBS)

Hans-Jürg S. hatte als CFO der Gruppe selbstverstandlich Kenntnis von der Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG und der ISL Worldwide (vgl. die Ausfuhrungen zur finanziellen Situation der Gesellschaften / vgl. im Ubrigen die Ausfuhrungen bei Christoph M. vorstehend Ziffer 17.2.4.). Der Beschuldigte ist wegen mehrfacher Glaubigerbevorzugung gemass Art. 167 StGB schuldig zu sprechen.

17.6.5 Erschleichung von Falschbeurkundunoen und unwahre Anoaben uber kaufmannische Gewerbe im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG. ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG)

Hans-Jtirg S. war Mitglied des Verwaltungsrates der ISL (International) AG, Verwaltungsratsprasident der ISL Hospitality AG, der ISL Hospitality (Japan) AG und der ISL Hospitality (Korea) AG. Er war Mitgrtinder der Hospitality Gesellschaften. Er war als CFO der Gruppe eingehend iiber die finanzielle Situation, insbesondere diejenige der ISL Worldwide, informiert und unterzeichnete den Zahlungsauftrag betreffend den Rtickfluss des Aktienkapitals der drei Gesellschaften an die in diesem Zeitpunkt tiberschuldete und illiquide ISL Worldwide. Er wirkte mithin aktiv am inkriminierten Geschehen mit, und seine personliche Verantwortlichkeit ist vor diesem Hintergrund rechtsgenuglich erstellt. Als Mittater ist ihm vorzuwerfen, mehrfach unwahre Angaben uber

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kaufmassische Gewerbe gemacht (Art. 152 StGB) sowie mehrfach eine falsche Beurkundung erschlichen zu haben (Art. 253 StGB).

17.6.6 Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung (Nunca/Sunbow Komplex)

Hans-Jtirg S. war Mitglied des Sitftungsrates der Nunca (D 25/4/5), fur welche er u.a. am 11. November 2003 einen Antrag auf Eroffnung des Konkursverfahrens stellte (D 25/4/45). Die Aktien der Sunbow S.A. wurden vorerst von ihm gehalten (D 25/9/25) und am 8. Februar 1999 von ihm auf die Nunca Stiftung ubertragen (D 25/9/63). Dass Hans-Jtirg S. eingehend iiber das Konstrukt informiert war, ergibt sich u.a. aus seinem Schreiben vom 23. Mai 2001 an Veit Frommelt (D 24/3), aber auch aus der von ihm verfassten, ausfiihrlichen Beschreibung der Vorgange vom 28. Mai 2001 (D 23/24). Der Beschuldigte war zwar nicht mit der Abwicklung der Schmiergeldzahlungen befasst. Er war jedoch diesbeztiglich nicht nur informiert, sondern aktiv an der Realisierung des Konstruktes Nunca Stiftung/Sunbow S.A. beteiligt. Erst durch diese Konstruktion wurde die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen ermoglicht, womit sich klar zeigt, dass der Beschuldigte letztlich als Mittater und nicht als blossen Gehilfen bezeichnet werden kann. Hans-Jtirg S. war sich der heiklen finanziellen Situation der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG bewusst, und er nahm mindestens in Kauf, dass den Glaubigern durch die Umsetzung des Konstruktes ein Vermogensschaden zugefugt werden konnte. Der Beschuldigte muss mithin wegen mehrfacher Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB schuldig gesprochen werden.

17.6.7 Betrugerischer Konkurs (Sunbow S.A. / Nunca Stiftung)

Was den betrugerischen Konkurs betrifft, ist lediglich anzufuhren, dass der Restsaldo von letztlich CHF V848.20 auf dem Konto der Sunbow S.A. mit Valuta 18. Oktober 2001 auf ein Konto der Interadvice Anstalt uberwiesen wurde (D 25/19/131). Der Restbetrag auf dem Konto der Nunca Stiftung wurde in drei Tranchen an das Treuhandunternehmen Negele, Sele & Frommelt in Vaduz uberwiesen. Die Vergu-tungsauftrage wurden von Veit Frommelt und dem Beschuldigten unterzeichnet (D 25/5/28). Auch hier leistete der Beschuldigte aktiv einen wesentlichen Tatbeitrag und hatte die Tatherrschaft, weshalb er als Mittater und nicht etwa bloss als Gehilfe zu bezeichnen ist. Subjektiv ist entscheiden, dass der Beschuldigte den Hintergrund des gesamten Konstrukts kannte und er nie die Absicht hatte, die Vermogenswerte offen zu legen. Der Beschuldigte ist damit wegen betrugerischen Konkurses gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen.

17.7 Hans-Peter JEAN-MARIE W.

17.7.1 Veruntreuung ev. Betruo z.N. der FIFA

17.7.1.1 Zur personlichen Verantwortung wurde dem Beschuldigten bei der Schlusseinvernahme folgender Vorhalt gemacht (D 3/67, S. 6 und 7):

Sie waren ab 1983 fiir die ISMM Gruppe tatig und gemass Arbeitsvertrag mit der Sporis Holding AG vom 21. Juni 1999 ..Senior Vice President" und als solcher fur den gesamten Finanz- und Administrationsbereich der Gesellschaft zustandig, d.h. fiir das accounting, das controlling und das treasuring. Sie waren bis zum 1. Juni 2000 als Vizedirektor und danach als Direktor bei der ISMM AG d.h. in geschaftsfiihrender Position tatig. Als solcher befassten Sie sich vor allem mit der Finanzplanung, welche die ganze Gruppe umfasste. In dieser Funktion waren Sie dem CFO Hans-Jürg S. unterstellt. Bei der ISL Worldwide waren Sie ab Dezember 2000 Mitglied des Verwaltungsrates. Sie waren u.a. weitgehend mit der Redaktion und Zustellung der Verwaltungsratsprotokolle der ISMM AG befasst. Ihr Informationsstand mit Bezug auf strategische Fragen, wie auch mit Bezug auf die Umsetzung des Tagesgeschaftes und insbesondere finanzielle Aspekte der ISMM Gruppe, war umfassend.

Im Jahr 2000 waren Sie entscheidend mit dem Cash Management der Gruppe beschaftigt und

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mitverantwortlich fur die Erstellung der Cash Flow Darstellungen. Sie waren im Rahmen des Kreditverhaltnisses an der Beziehungspflege zur UBS AG beteiligt und stellten der Bank die relevanten Unterlagen fur die Beurteilung des bestehenden Kredites, aber auch der im Jahre 2000 diskutierten Krediterhohung von CHF 277'000'000.- auf CHF 325'000'000.- zur Verfugung. Sie ubermittelten beispielsweise im Juni 2000 der UBS einen Cash Flow Plan, in welcher der Globo Betrag unter der Rubrik Additional Borrowing Base mit CHF 84'000'000.- angefuhrt wurde. In verschiedenen Cash Flow Planen erfassten Sie die Globo Zahlung als Vorauszahlung. So ergibt sich beispielsweise aus der von Ihnen angefertigten Cash Flow Darstellung der Gruppe vom 21. November 2000, dass die im Juli 2001 fallige Globo Zahlung unter ..Prepayments" angefuhrt wurde. Das von Ihnen mitunterzeichnete Guterverzeichnis, welches am 19. und 20. April 2001 aufgenommen wurde, gibt unter den Debitoren der ISMM AG die Dentsu Inc. mit einer Forderung von CHF 25'000'000.- und die Globo Overseas Investments BV mit USD 306'000'000.~, d.h. abzuglich der gegenstandlichen Uberweisungen, an. Die ISL Worldwide ist als Schuldnerin dieser Betrage verzeichnet. Sie unterzeichneten die Quittung vom 15. September 2000, mit welcher der Eingang des Globo Betrages bestatigt und als Vorauszahlung des am 1. Juli 2001 falligen Betrages von USD 66'000'000.~ umschrieben wurde. Sie waren zustandig fiir die Uberweisungen der Eingange aus den Unterlizenzvertragen in das special account bzJean-Marie W. an die FIFA.

Obwohl Sie wussten, dass es sich bei der Globo Uberweisung um eine Zahlung aus dem Unterlizenzverhaltnis handelte, haben Sie es unterlassen, dafiir besorgt zu sein, dass der Eingang der Globo Zahlung der FIFA mitgeteilt wurde, und dadurch nicht nur in Kauf genommen, dass ihr dieser Betrag vorenthalten wurde, sondern Sie haben als fur das Zahlungswesen mitverantwortliche Person im Rahmen der Begleichung von Forderungen von Glaubigern der ISMM Gruppe aktiv dazu beigetragen, dass die Gelder nicht der FIFA, sondern Dritten und damit nicht zweckentsprechend zukamen.

Sie waren sowohl gemass den im Handelsregister eingetragenen Funktionen, als auch den vertraglich festgehaltenen Arbeitsbereichen, aber auch auf Grund Ihrer tatsachlich in der Gruppe ausgeiibten Tatigkeit in einer Position, welche mit Bezug auf die Verantwortlichkeiten und Sorgfaltspflichten iiber jene eines einfachen Angestellten hinausgehen. Als aktiv an der Geschaftsfuhrung Beteiligter unterstanden Sie grundsatzlich den gleichen Sorgfaltspflichten wie der Verwaltungsrat.

Sollte das Gericht auf Grund des Beweisergebnisses zum Schluss kommen, dass Ihre Tatigkeit im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf als untergeordnet zu qualifizieren waren, so wurde sich mindestens die Frage der Gehilfenschaft stellen. Gehilfe ist, wer vorsatzlich in untergeordneter Stellung die Tat eines anderen fordert.

17.7.1.2 Hans-Peter W. war - wie bei der Einvernahme vom 6. Juni 2001 zu Protokoll erklart - ab dem 1. Juni 2000 als Direktor bei der ISMM AG tatig und als Treasurer der Gruppe dem CFO Hans-Jürg S. unterstellt (Tagebucheintrag im HR: 7. Juni 2000/D 4/A/1/6). Bei der ISL Worldwide war er ab Dezember 2000 Mitglied des Verwaltungsrates (D 3/2, Ziffer 2 / Tagebucheintrag im HR: 22. Dezember 2000/D 4/A/2/2).

Allgemein umschrieben ist der Treasurer fiir die finanzwirtschaftlichen Aktivitaten eines Unternehmens zustandig. Sein Aufgabengebiet umfasst die Finanzpolitik der Unternehmung, das Cash Management, die Devisenbewirtschaftung, die Debitorentiberwachung sowie die Planung und Uberwachung der Bilanzstruktur und Kreditwurdigkeit. Er befasst sich vor allem mit den Zahlungsstromen. Zu seinen Aufgaben gehort u.a. die Pflege der Beziehungen zu den Banken93. Diese allgemeine Umschreibung des Aufgabenbereichs deckt sich weitgehend mit jener, wie er im Arbeitsvertrag festgehalten wurde und der tatsachlichen Wahrnehmung seiner Position in der Gruppe (vgl. die diesbezuglichen Angaben seines Vorgesetzten Hans-Jtirg S.: (D 3/43, Ziffer 104 ff.). Betreffend Abweichungen kann auf S. 53 ff. der Anklage verwiesen werden. Wesentlich ist zudem die Feststellung, dass die aktiv an der Geschaftsfuhrung beteiligten Personen (etwa Direktoren) den gleichen Sorgfaltspflichten wie der Verwaltungsrat unterstehen (Art. 717 Abs. 1 OR). Das heisst, dass Hans-Peter JEAN-MARIE W. seine Aufgaben mit aller Sorgfalt zu erfullen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen zu wahren hatte. Zweifelsohne war er sowohl gemass den im Handelsregister eingetragenen Funktionen, als auch seinen vertraglich festgehaltenen Arbeitsbereichen, aber auch auf Grund seiner tatsachlich in der Gruppe ausgeiibten Tatigkeit in einer Position, welche mit Bezug auf die Verantwortlichkeiten und Sorgfaltspflichten iiber jene eines einfachen Angestellten hinausgeht. Ihn treffen grundsatzlich die bereits erwahnten Pflichten, denen er sich nicht

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pauschal dadurch entziehen konnte, dass er auf die Angaben Drifter (Vorgesetzter, Mitglieder des ExCo etc.) vertraute (D 2/A/5/36, D 3/67, Seite 7, 8 und 10). Dies ware im Rahmen der bereits mehrfach erwahnten Arbeitsteilung nur dann der Fall gewesen, wenn fur ihn kein konkreter Anlass bestanden hatte, an solchen Informationen zu zweifein.

17.7.1.3 Zur Rolle beim gegenstandlichen Geschaft ist im Einzelnen und erganzend folgendes festzuhalten:

Der Beschuldigte war ab 1993 fiir den Aufbau interner Richtlinien fiir die Rechnungslegung der Gruppe, die Konzernberichterstattung und die Geschaftsfuhrung in der Muttergesellschaft (Sporis Holding AG) der Unternehmensgruppe verantwortlich (D 9/5/5, Seite 9);

gemass eigenen Angaben hatte er neben seiner Funktion als Group Treasurer auch die Stellvertretung des CFO der Gruppe inne und war mitbeteiligt an der Oberleitung der Konzernrechnungslegung nach IAS (D 9/5/5, Seite 9);

im Jahr 2000 war er entscheidend mit dem Cash Management der Gruppe beschaftigt und zustandig fiir die Erstellung der Cash Flow Darstellungen, welche in der Regel seinen Kurzel tragen (vgl. etwa D 8/4/27 und die Angaben von Hans-Peter JEAN-MARIE W. D 3/61, Ziffer 123+124);

er war verantwortlich fur die Kontrolle der Geldein- und ausgange (D 3/1, Ziffer 3), d.h. er war mit dem Tagesgeschaft befasst bzJean-Marie W. hatte die Zahlungseingange zu priifen und Zahlungsausgange auszulosen (D 3/43, Ziffer 105, D 3/61, Ziffer 109 ff.);

Thommen, a.a.O. 529 er war im Zusammenhang mit dem Lizenzverhaltnis direkt mit den jeweiligen Abrechnungen ISMM AG - FIFA befasst (vgl. etwa HD 2/237, HD 2/239, HD 2/241, D 14/1/1 ff, D 19/5/0/3, D 19/5/3/3 und 4);

er war fur die administrative Bearbeitung der Lizenzzahlungen gegenuber der FIFA zustandig,

er war bei der Ausubung der Kontrollrechte durch die von der FIFA beauftragten Personen entscheidender Ansprechpartner und

wurde von der mit der Ausubung der Kontrollrechte beauftragten PWC als CFO der Sporis Holding AG und Schliisselperson bezeichnet (vgl. etwa D 19/1/7/4, D 19/1/8/11, D 19/2/3/1 Ziffer 1, D 19/2/4/1, D 19/5/0/3, D 19/5/2/3/1, D 19/5/2/4/1);

er fuhrte nach eigenen Angaben das „ganze TV-Projekt" standig nach, „mit jeder einzelnen Zahlung", die auf das Trust-Account gelaufen sei (D 3/61, Ziffer 121);

er war fur die Kontakte mit der UBS AG zustandig (D 3/61, Ziffer 106) und

im Zusammenhang mit dem Kreditverhaltnis (UBS AG) derjenige, der die finanztechnischen Grundlagen lieferte (D 5/124/18, Ziffer 3.5, 7.16, 8.18, 9.20,10.22,11.24,12.26);

bei den der UBS AG zugestellten Cash Flow Tabellen wurde von ihm der Globo Betrag unter der Rubrik Additional borrowing base vorerst mit CHF 84'000'000.~, spater mit 26'400'000.~ (D 5/124/21 ff), in den internen Cash Flow Tabellen als Vorauszahlung deklariert. So ergibt sich beispielsweise aus der von ihm verfassten Cash Flow Darstellung der Gruppe vom 21. November 2000 (D 8/4/32/1), dass die im Juli 2001 fallige Globo Zahlung unter ..Prepayments", also Vorauszahlungen, mit CHF 112'200'000.~ (bei einem USD Kurs von 1.70 ergibt dies USD 66'000'000.-) erfasst wurde;

er hatte gemass eigenen Angaben Kenntnis von den Vereinbarungen zwischen der FIFA und der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. ISMM AG (D 3/2, Ziffer 4, Ziffer 10) und war umfassend iiber das System der Lizenzzahlungen informiert (vgl. etwa D 19/1/8/11 und insbesondere das Memorandum vom 15. November 1999: D 20/3, ab Ziffer 2 und jenes vom 7. Februar 2000; D 20/6) im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Kontrollrechte durch die FIFA;

er hatte Kenntnis von der Vereinbarung zwischen der ISMM Investments AG und Globo (D 3/2, Ziffer

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20);

er hatte Kenntnis von den Verhandlungen mit Globo (D 3/1, Ziffer 20);

nach seinen Angaben habe er „gestiitzt auf Informationen der Geschaftleitung der ISMM AG" gewusst, dass es sich um ein Darlehen gehandelt habe (D 3/2, Ziffer 1);

trotzdem unterzeichnete er die Quittung, mit welcher der Globo Eingang als Vorauszahlung bezeichnet wurde (HD 2/11) und

stellte als mit der Darstellung des Cash Flows befasste Person die Globo Uberweisung als Vorauszahlung dar (D 3/61, Ziffer 123);

er unterzeichnete das GCiterverzeichnis gemass Art. 162 SchKG, welches am 19. und 20. April 2001 aufgenommen wurde (D 15/3/16, S. 3). Dabei ist unter den Debitoren der ISMM AG Dentsu Inc. mit einer Forderung von CHF 25'000'000.- und Globo Overseas Investments BV mit USD 306'000'000.~, d.h. abzuglich der gegenstandlichen Uberweisungen, aufgefuhrt. Zudem ist folgerichtig die ISL Worldwide im Zusammenhang mit der Globo Zahlung als Schuldnerin der ISMM AG iiber genau diesen Betrag, namlich CHF und USD 59'207'000.~, verzeichnet (D 15/3/20). Diese hatte gegenuber der ISL Worldwide deswegen eine Forderung, weil der Globo Betrag aus dem Unterlizenzverhaltnis ihr und nicht der ISL Worldwide zustand. 17.7.1.4 Der Widerspruch, welcher sich aus der angeblich dem Beschuldigten gegentiber gemachten Erklarung,

es handle sich um ein Darlehen, und der Darstellung der Uberweisung als Vorauszahlung in den Cash Flow Planen und der Quittung ergibt, ist nach Auffassung der Staatsanwaltschaft evident. Er implizierte auf auf jeden Fall ein Hinterfragen des Geschaftes und muss klarerweise als Umstand gewertet werden, welcher den Beschuldigten als geschaftsfuhrenden Direktor der ISMM AG dazu verpflichtete, aktiv zu intervenieren. Unterblieb eine solche Intervention, nahm Hans-Peter JEAN-MARIE W. die tatbestandsmassigen Folgen eventualvorsatzlich in Kauf.

Zur Abgrenzung Mittater - Gehilfenschaft ist folgendes auszuftihren. Im Gegensatz zum Mittater hat der Gehilfe keine Tatherrschaft, ist am Entschluss zum Delikt nicht beteiligt und uberlasst die Ausfiihrung der Tat dem Haupttater. Gehilfenschaft ist dann gegeben, wenn jemand die Vorsatztat in untergeordneter Stellung vorsatzlich fordert. Unbestritten ist, dass Gehilfenschaft nach der Tat nicht moglich ist. Dabei kommt es auf die tatsachliche Beendigung der Tat und nicht auf die formelle Erfullung des Tatbestandes an. So hat das Bundesgericht in BGE 99 IV 121 festgehalten, dass von der Vollendung die Beendigung der Tat zu unterscheiden sei. Letztere trete ein, wenn nach Erfullung aller objektiven Tatbestandsmerkmale die Umstande verwirklicht seien, die der Tater nach der betreffenden Strafnorm beabsichtigt haben miisse, oder wenn bei frtihzeitiger Vollendung das dieser nachfolgende Verhalten zur weiteren Beeintrachtigung des verletzten Rechtsgutes beitrage. Entsprechend sei denn auch im Zwischenstadium zwischen Vollendung und Beendigung noch eine Teilnahme m6glich. In dem vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall qualifizierte es die Beschwerdefiihrerin als Mittaterin, deren Tatbeitrag darin bestand, den vom Haupttater angestrebten Vermogensvorteil (Bereicherungsabsicht) zu ermoglichen bzJean-Marie W. zu sichern. Dies, nachdem er seinerseits die Tauschungshandlungen gesetzt hatte, die Schadigung bereits erreicht und der Betrug somit vollendet war.

Im Zeitpunkt des Eingreifens von Hans-Peter JEAN-MARIE W. in den Geschehensablauf (Unter-zeichnung der Quittung) war der Tatbestand der Veruntreuung noch nicht erfullt, geschweige denn die Tat schon beendet. Denn bei diesem Eingang des von Globo iiberwiesenen Betrages war die zweckwidrige Verwendung jedenfalls nur teilweise gegeben (Verrechnung) und auch eine entsprechende Schadigung noch nicht eingetreten. Zudem wurde die zweckwidrige Verwendung erst durch die Nichtzufiihrung der Gelder an die FIFA bzJean-Marie W. die Erfullung von Verpflichtungen der Gruppe erreicht. Der Beschul-digte war sowohl fur die Abrechnungen ISMM AG - FIFA als auch fur das Zahlungswesen zustandig. Er

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hatte im Zeitpunkt der Begleichung von anderweitigen Forderungen der Gruppe die Quittung (Vorauszahlung) bereits unterzeichnet und musste dadurch mindestens Zweifel mit Bezug auf die Rechtmassigkeit der Verwendung der Gelder bzJean-Marie W. seines Tuns haben. Mit Bezug auf den Betrugstatbestand ist ebenfalls zu priifen ob dieser beim Eingang des Geldes erfullt war oder nicht. Durch die Angabe eines anderen, denn des special accounts, waren die Weichen ftir den Eintritt des Schadens gestellt. Beim Eingang wurde er jedenfalls im Umfang des von der UBS AG zur Verrechnung gebrachten Betrages realisiert, und der Restbetrag war aus den dargelegten Grunden in hochstem Masse gefahrdet. Unter den gegebenen Umstanden liegt in Anlehnung an die zitierete Rechtsprechung des Bundesgerichts nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Mittaterschaft vor. Der Beschuldigte leistete einen sehr wesentlichen aktiven Beitrag, um den angestrebten Vermogensvorteil umzusetzen. Wer aber unmittelbar am Geldtransfer "dran ist", d..h. diesen (die Bezahlungen der Verbindlichkeiten) faktisch ermoglicht, ist nicht bloss Gehilfe, sondern zufolge Tatherrschaft gar Mittater.

17.7.1.5 Es kommt hinzu, dass dem Beschuldigte als Direktor der ISMM AG wie dargelegt eine erhohte Stellung zukam. Seine Pflichten erschopften sich nicht darin, den dargestellten Widerspruch einfach zur Kenntnis zu nehmen und zur Tagesordnung zuruckzukehren. Der Beschuldigte war nach Auffassung der Anklagebehorde vielmehr gehalten, aktiv zu intervenieren. Damit einhergehend durfte er sich auch nicht einfach auf die Erklarungen seiner Vorgesetzten und ihm vorgelegte Dokumente verlassen. Wie bereits dargelegt, kannte der Beschuldigte die gegenstandlichen Vertragsverhaltnisse eingehend, hatte Kenntnis von den widerspriichlichen Sichtweisen mit Bezug auf den Rechtsgrund der Globo Uberweisung und war selber mit der Abwicklung des administrativen Bereichs ISMM AG - FIFA und dem Zahlungswesen befasst. Den Beschuldigten trifft mithin auch ein Vorwurf aus Unterlassung im Sinne einer passiven Mittaterschaft (Geschaftsherrenhaftung). Nur fur den Fall, dass das Strafgericht sowohl eine aktive als auch eine passive Mittaterschaft verneinen wiirde, bliebe auf Gehilfenschaft zu erkennen. In subjektiver Hinsicht ist entscheidend, dass dass Hans-Peter JEAN-MARIE W. wusste, dass durch die von ihm mitgetragenen Uberweisungen die vermogensrechtlich geschutzten Ansprtiche der FIFA geschadigt werden konnten, und er nahm dies durch sein Verhalten bewusst in Kauf. Der Beschuldigte muss mithin der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft dazu), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft dazu) schuldig gesprochen werden.

17.7.2 Veruntreuung evtl. Betrug z.N. der FIFA (Dentsu)

Betreffend die grundsatzliche Verantwortung wird auf den zitierten Vorhalt betreffend den Globobereich verwiesen. Der Beschuldigte hat die Rechnung vom 27. September 2000 an die Dentsu verfasst. Bezuglich seiner Mitwirkung am inkriminierten Verhalten gilt grundsatzlich das zur Globozahlung Ausgefiihrte. Die Rechnungstellung war ein wichtiger Tatbeitrag zur anschliessenden Tatbegehung, und der Beschuldigte durfte sich angesichts seiner Stellung (Verantwortung) und seines Vorwissens nicht einfach (ohne Weiterungen seinerseits) auf Angaben von Vorgesetzten verlassen. Die Rechnung nahm Bezug auf die Ubertragungsrechte ftir die FIFA Weltmeisterschaften 2002 sowie zusatzliche FIFA-Veranstaltungen. Somit wusste der Beschuldigte, dass die Geschaftsakten keinen Hinweis auf ein Darlehen enthielten und die Zahlung in jedem Fall als eine solche aus dem Unterlizenverhaltnis zu betrachten war. Der Beschuldigte muss mithin der Veruntreuung gemass Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (ev. der Gehilfenschaft dazu), eventualiter des Betruges gemass Art. 146 Abs. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft dazu) schuldig gesprochen werden.

17.7.3 Bevorzugung eines Glaubioers (UBS)

Es wird auf den bereits gemachten Vorhalt verwiesen. Der Beschuldigte wusste insbesondere auf Grund

der regelmassig erstellten Cash Flow Plane und den weekly cash forecasts der Gruppe, dass sowohl die

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ISMM AG als auch die ISL Worldwide nicht in der Lage waren, in diesem Zeitpunkt alle

Glaubigerforderungen begleichen zu konnen, m.a.JEAN-MARIE W. waren er sich der

Zahlungsunfahigkeit der Gruppe durchaus bewusst. Hans-Peter JEAN-MARIE W. hatte als Treasurer der

Gruppe Kenntnis von der Zahlungsunfahigkeit der ISMM AG und der ISL Worldwide (vgl. die

Ausfuhrungen zur finanziellen Situation der Gesellschaften / vgl. im Ubrigen zum UBS Komplex die

Ausfuhrungen bei Christoph M. vorstehend Ziffer 17.2.4.). Dem Beschuldigten wurden verschiedene

Weekly Cash Forcasts der ISMM Gruppe vorgelegt, welche ihm zugestellt wurden. Auf entsprechenden

Vorhalt gab er beispielsweise an, dass in der Woche 40 (des Jahres 2000) die Liquiditat der Gruppe

nicht mehr gegeben gewesen sei (D 3/61, Ziffer 189, vgl. auch Ziffer 181 ff.). Dass durch die

Teilriickzahlung des nicht falligen Bankkredites die Schadigung anderer Giaubiger in Kauf genommen

wurde, liegt auf der Hand. Der Beschuldigte war mit den Bestimmungen des Vertrages mit der UBS

vertraut (D 3/61, Ziffer 148), mit dem Zahlungswesen der ISMM AG befasst (D 3/61, Ziffer 109 ff.) und

hatte dadurch weitgehend Kenntnis vom Zahlungsgrund bei einzelnen Zahlungen an Giaubiger der

Gruppe (D 3/61, Ziffer 204 ff.). Zusammengefasst kann ihm daher der Vorwurf der Glaubigerbevorzugung gemass Art. 167 StGB nicht erspart werden.

17.7.4 Erschleichung von Falschbeurkundunoen und unwahre Angaben iiber kaufmannische Gewerbe im Zusammenhang mit der ISL Hospitality AG. ISL Hospitality (Japan) AG und ISL Hospitality (Korea) AG

Der Beschuldigte wusste im Zeitpunkt der Griindung der Gesellschaften bzJean-Marie W. im Zeitpunkt des Erstellens der Bescheinigung, dass das Aktienkapital den Gesellschaften nur zum Schein, d.h. zur formellen Griindung, zur Verfiigung stand und danach wieder an die ISL Worldwide zuriickfliessen wiirde, um damit Verbindlichkeiten der ISL Worldwide und anderer Gruppengesellschaften zu decken. Ebenso wusste Hans-Peter JEAN-MARIE W., dass der als Darlehen deklarierte Riickfluss ungesichert erfolgte, die Darlehensforderungen vor dem Hintergrund der finanziellen Rahmenbedingungen der Darlehensgeberin als Nonvaleur betrachtet werden mussten und somit gar nicht die Absicht bestehen konnte, das Aktienkapital gemass den Bescheinigungen der UBS den zeichnungsberechtigten Organen zur freien Verfugung zu uberlassen. Und schliesslich war er als Treasurer der Gruppe eingehend iiber die finanzielle Situation, insbesondere der ISL Worldwide, informiert. Der Beschuldigte war Mitglied des Ver-waltungsrates der ISL (International) AG, der ISL Hospitality AG, der ISL Hospitality (Japan) AG und der ISL Hospitality (Korea) AG und Mitgrunder der Hospitality Gesellschaften. Daraus sowie aus der Tatsache, dass er den Zahlungsauftrag betreffend den Riickfluss des Aktienkapitals der drei Gesellschaften unterzeichnete, ergibt sich seine mittaterschaftliche Verantwortung. Unter der Darstellung des objektiven Tatbestandes wurde die Art der Verbuchung des Abflusses des Aktienkapitals ausfuhrlich dargestellt. Diese Buchungen indizieren, dass nie die Absicht bestand, das Aktienkapital den neu gegrundeten Gesellschaften zur Verftigung zu stellen bzJean-Marie W. dass schon vor der Griindung beschlossen war, das Aktienkapital zuruckfliessen zu lassen. Als Mittater muss dem Beschuldigten im Resultat vorgeworten werden, mehrfach unwahre Angaben uber kaufmannische Gewerbe gemacht (Art. 152 StGB) sowie mehrfach eine falsche Beurkundung erschlichen zu haben (Art. 253 StGB).

17.7.5 Glaubiaerschadiouno durch Vermogensminderung (Nunca/Sunbow Komplex)

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erweist sich Folgendes als entscheidend: Zwar war vorweg Jean-Marie JEAN-MARIE W. mit der Abwicklung der Schmiergeldzahlungen betraut. Der Beschuldigte war jedoch auf dem Konto der Sunbow S.A. zeichnungsberechtigt und erteilte zusammen mit Jean-Marie JEAN-MARIE W. samtliche Vergtitungsauftrage und liess sich durch die Liechtensteinische Landesbank Vaduz jeweils die Checks zur weiteren Verwendung an seine Privatadresse zustellen. Der Beschuldigte war sich der heiklen finanziellen Situation der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. der ISMM AG

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bewusst und nahm zumindest in Kauf, dass den Glaubigern durch das Verhalten ein Vermogensschaden zugefugt werden konnte. Zum Argument, dass Hans-Peter W. davon ausgegangen sei, dass es sich bei der zu 100% der Nunca Stiftung gehorenden Sunbow S.A. nicht um eine zur ISMM Gruppe gehorende Gesellschaft gehandelt habe, ist Folgendes zu bemerken: Wie bereits dargelegt, war der Beschuldigte mit der Erstellung der Buchhaltung der Sunbow S.A. befasst (D 3/61, Ziffer 31) und sich bewusst, dass die von der Sporis Holding AG ausgelagerten Gelder fur Rechteerwerbszahlungen verwendet wurden (D 3/61, Ziffer 15). Es war fur ihn ohne Weiteres erkennbar, dass - aus welchen Grunden auch immer - die Gelder nur zum Schein von der Sporis Holding AG bzJean-Marie W. ISMM AG verschoben wurden, wirtschaftlich der ISMM AG gehorten, und es konnte bei ihm nicht ernsthaft die Meinung bestehen, dass die von ihm erwahnten Rechteerwerbskosten, die bei der ISMM Gruppe anfielen, von einer nicht zur Gruppe gehorenden Gesellschaft beglichen wiirden. Er musste sich zudem auf Grund der Zahlungsmodalitaten bewusst sein (etwa Zustellung von Checks an seine Privatadresse und Aushandigung derselben an Jean-Marie W.), dass die von ihm aktiv mitgetragenen Zahlungen nicht lauter waren (D 3/66, Ziffer 30). Der jeweilige Tatbeitrag war ein ganz wesentlicher, wobei diesbezuglich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausfiihungen unter Ziff. 17.7.1 verwiesen werden kann. Durch aktives Tun hat sich der Beschuldigte eindeutig als Mittater zu verantworten. Nur am Rande sei daher erwahnt, dass der Beschuldigte aus den schon dargelegten Griinden (subisdiar) auch wegen Unterlassung haftbar ist. Lediglich fiir den Fall, dass das Strafgericht wider Erwarten aktive und passive Mittaterschaft verneinen wiirde, bliebe auf Gehilfenschaft zu erkennen. Der Beschuldigte ist somit der mehrfachen Glaubigerschadigung durch Vermogensminderung gemass Art. 164 Ziff. 1 StGB (ev. der Gehilfenschaft hierzu) schuldig zu sprechen.

17.7.6 Betrtioerischer Konkurs (Sunbow S.A. / Nunca Stiftung)

Hierzu ist lediglich anzuf(ihren, dass der Beschuldigte das Gtiterverzeichnis vom 19. April 2001, in welchem die fraglichen Vermogenswerte nicht aufgefuhrt waren, personlich unterzeichnet hatte. Der Vorwurf eines Verheimlichens im Sinne einer Mittaterschaft kann dem Beschuldigten daher nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht erspart bleiben. Betreffend eine subsidiare Haftung aus Unterlassung kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden. Lediglich fiir den unwahrscheinlichen Fall, dass das Strafgericht eine Haftung aus Mittaterschaft (aktiv oder passiv) verneint, ware der Beschuldigte wegen Gehilfenschaft zu bestrafen. In subjektiver Hinsicht konnte ihm nicht entgangen sein, dass es sich bei der Nunca bzJean-Marie W. Sunbow um eine Beteiligung der ISMM AG handelte. Der Beschudigte ist mithn des betrugerischen Konkurses gemass Art. 163 Ziff. 1 StGB, eventualiter der Gehilfenschaft hierzu, schuldig zu sprechen.

IV. SANCTION

1. Rechtliche Voraussetzungen (nach revidiertem Strafgesetzbuch)

1.1 Gemass Art. 47 Abs. 1 StGB bemisst der Richter die Strafe innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens nach dem Verschulden des Taters und beriicksichtigt dabei dessen Vorleben und die personlichen Verhaltnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Taters. Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefahrdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggrtinden und Zielen des Taters sowie danach bestimmt, wie weit der Tater nach den inneren und ausseren Umstanden in der Lage war, die Gefahrdung oder Verletzung zu vermeiden (so auch die bisherige Praxis des Bundesgerichtes, wonach sich der Begriff des Verschuldens auf den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat bezieht, im Rahmen der sog. "Tatkomponente" insbesondere das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeifiihrung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Tater gehandelt hat und die Beweggrtinde des Schuldigen zu beachten sind und die "Taterkomponente" das Vorleben, die personlichen

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Verhaltnisse, das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren sowie die konkrete Strafempfindlichkeit umfasst, BGE 6P.4/2004; BGE 117 IV112).

1.2 Hat der Tater durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen ftir mehrere gleichartige Strafen erfullt, so verurteilt ihn das Gericht gemass Art. 49 Abs. 1 StGB zu der Strafe der schwersten Straftat und erhoht sie angemessen. Es darf jedoch das Hochstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Halfte erhohen. Dabei ist es an das gesetzliche Hochstmass der Strafart gebunden.

1.4 Nach Art. 48 lit. e. StGB mildert das Gericht die Strafe, wenn das Strafbediirfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Tater sich in dieser Zeit wohl verhalten hat. Nach altem Recht (Art. 64 Al. 8 StGB) war die Strafe zu mildern, wenn seit der Tat verhaltnismassig lange Zeit verstrichen ist und der Tater sich wahrend dieser Zeit wohl verhalten hat. Unter Zugrundelegung der heute geltenden Verjahrungsvorschriften ist dieser Strafmilderungsgrund jedenfalls zu beachten, wenn zwei Drittel der ("allgemeinen") Verjahrungsfrist verstrichen sind (BGE 132 IV 1).

1.5 Strafscharfungs- und Strafmilderungsgriinde erweitern zum einen den ordentlichen Strafrahmen und bilden zum anderen Straferhohungs- und Strafminderungsgrunde, die der Richter von Amtes wegen berucksichtigen muss (BGE 116 IV 300, 302).

1.6.

Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so betragt die Geldstrafe gemass Art. 34 Abs. 1 StGB hochstens 360 Tagessatze. Die Dauer der Freiheitsstrafe betragt in der Regel mindestens sechs Monate; die Hochstdauer betragt 20 Jahre (Art. 40 StGB). Nach Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und hochstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Tater von der Begehung weiterer Verbrechen

oder Vergehen abzuhalten. Die Gewahrung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Tater eine zumutbare Schadensbehebung unterlassen hat (Abs. 3). Nach Art. 43 Abs. 1 StGB kann das Gericht u.a. den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und hochstens drei Jahren nur teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Taters geniigend Rechnung zu tragen. Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Halfte der Strafe nicht tibersteigen (Abs. 2). Bei der teilbedingten Freiheitsstrafe muss sowohl der aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil mindestens sechs Monate betragen (Abs. 3). Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fiinf Jahren (Art. 44 Abs. 1 StGB).

1 Nachfolgend werden die Strafantrage ganz kurz begrtindet. Weitere Ausfuhrungen zur Sanktionsbemessung bleiben selbstverstandlich fur die Hauptverhandlung vorbehalten. 2 Christoph M.

2.1 In Bezug auf die personlichen Verhaltnisse von Christoph M. wird auf dessen Akten zur Person verwiesen (vgl. D 1).

2.2 Der anwendbare Strafrahmen betragt bis zu siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Das

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Verschulden von Christoph M. wiegt bei einer Gesamtbetrachtung schwer. Vom Unrechtsgehalt her gilt es den ausserordentlich hohen Deliktsbetrag von weit iiber CHF 100 Mio. zu berucksichtigen. Deutlich strafscharfend wirkt sich sodann aus, dass der Beschuldigte mehrere schwere Delikte (Veruntreuung, Betrug, Glaubigerschadigung etc.) mitzuverantworten hat. Nur etwas zu seinen Gunsten lasst sich in Betracht ziehen, dass die meisten Verfehlungen durch Unterlassungen geschahen, die kriminelle Energie mithin nicht ganz gleich hoch eingeschatzt werden kann wie bei aktivem Verhalten. Denn gleichzeitig muss betont werden, dass der Beschuldigte als Verwaltungsratsprasident eine alles umfassende Stellung in der Gruppe hatte, die Missachtung der ihm tibertragenen Verantwortung damit besonders schwer wiegt. In gewisser Weise ISsst sich ihm zu Gute halten, dass bei den inkriminierten Verhaltensweisen nicht die eigene, pesbnliche Bereicherung im Vordergrund stand, sondern diejenige des Konzerns und damit eines Dritten. Als Motiv diente in den meisten Fallen der "Rettungsgedanke" fur die ISMM AG und die ganze Gruppe. Immerhin bleibt in diesem Zusammenhang aber auch der Hinweis, dass Lohnzahlungen an die Beschuldigten wohl nur auf Grund der Globo Zahlung (iberhaupt moglich waren. Zu Gunsten des Beschuldigten wird beriicksichtigt, dass dieser zumindest mit Bezug auf die Schmiergeldzahlungen Einsicht durchblicken liess und im Ubrigen in geordneten Verhaltnissen lebt. Zu einer Strafmilderung ftihrt der Umstand, dass beziiglich der beiden Glaubigerbevorzugungen das Strafbediirfnis abgenommen hat. Und schliesslich wirkt sich leicht strafreduzierend aus, dass das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft etwas zu lange dauerte. In Wtirdigung aller Strafzumessungsfaktoren erachtet die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten fur angemessen.

3. Jean-Marie JEAN-MARIE W.

3.1 In Bezug auf die personlichen Verhaltnisse von Jean-Marie JEAN-MARIE W. wird auf dessen Akten zur Person verwiesen (vgl. D 1).

1 Der anwendbare Strafrahmen betragt bis zu siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Das Verschulden von Jean-Marie JEAN-MARIE W. wiegt bei einer Gesamtbetrachtung ausserst schwer. Vom Unrechtsgehalt her gilt es den ausserordentlich hohen Deliktsbetrag von weit iiber CHF 100 Mio. zu beriicksichtigen. Deutlich strafscharfend wirkt sich auch bei ihm aus, dass er mehrere schwere Delikte (Veruntreuung, Betrug, Glaubigerschadigung etc.) beging, und das meist durch aktives Tun. Als Prasident des ExCo und eigentlich oberster Chef, welcher sich mit dem operativen Geschaft intensiv auseinander setzte, legte er bei der Deliktsvertibung viel kriminelle Energie an den Tag. Dass nicht die eigene Bereicherung, sondern das Wohlergehen bzJean-Marie W. die "Genesung" der Unternehmung im Vordergrund stand, lasst sich indes auch Jean-Marie JEAN-MARIE W. zu Gute halten. Zu einer Strafmilderung fuhrt der Umstand, dass bezuglich der beiden Glaubigerbevorzugungen das Strafbedurfnis abgenommen hat. Und schliesslich wirkt sich leicht strafreduzierend aus, dass das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft etwas zu lange dauerte. In Wurdigung aller Strafzumessungsfaktoren erachtet die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren fiir angemessen. 2 Heinz S..

4.1 In Bezug auf die personlichen Verhaltnisse von Heinz S.. wird auf dessen Akten zur Person verwiesen (vgl. D 1).

4.2 Der anwendbare Strafrahmen betragt bis zu siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Das Verschulden von Heinz S.. wiegt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ganz betrachtlich. Dem Beschuldigten wird zwar neben der einen Glaubigerbevorzugung "bloss" ein deliktisches Verhalten im Zusammenhang mit der Globo Uberweisung vorgeworten. Indes gilt es diesbezuglich zu beachten, dass der Beschuldigte als CEO der Gruppe (mit gutem Einkommen und Einsitz im ExCo) eine grosse Verantwortung trug. Vom Unrechtsgehalt her gilt es den hohen Deliktsbetrag von weit iiber CHF 44 Mio. zu beriicksichtigen. Dass nicht die eigene Bereicherung, sondern das Wohlergehen bzJean-Marie W. die "Genesung" der Unternehmung im Vordergrund stand, lasst sich auch ihm zu Gute halten. Zu einer Strafmilderung fuhrt der Umstand, dass beziiglich der Glaubigerbevorzugung das Strafbedurfnis abgenommen hat. Und schliesslich wirkt sich leicht strafreduzierend aus, dass das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft etwas zu lange

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dauerte. In Wtirdigung aller Strafzumessungsfaktoren erachtet die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren ftir angemessen. Da der Beschuldigte die entsprechenden Voraussetzung von Art. 42 und 43 StGB erfullt, kann ihm nach Auffassung der Staatsanwaltschaft der teilbedingte Strafvollzug gewahrt werden (zwei Jahre bedingt, ein Jahr unbedingt). Die Probezeit ist dabei auf zwei Jahre anzusetzen.

4. Daniel B.

4.1 In Bezug auf die personlichen Verhaltnisse von Daniel B. wird auf dessen Akten zur Person verwiesen (vgl. D 1).

1 Der anwendbare Strafrahmen betragt bis zu siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Das Verschulden von Daniel B. wiegt bei einer Gesamtbetrachtung ganz betrachtlich. Er hat Delikte mit einem Deliktsbetrag von uber CHF 100 Mio. mit zu verantworten; nur beziiglich des Nunca/Sunbow-Komplexes ist ihm kein Vorwurf zu machen. Zu seiner Stellung bleibt zu beachten, dass der Beschuldigte Mitglied im ExCo und spater gar CEO der Gruppe war. Auch er beschrankte sich im Ubrigen nicht etwa auf Passivitat, sondern beziiglich der meisten Delikte ist ihm ein aktives Deliktsverhalten vorzuwerfen. Bezuglich der Strafmilderung (Glaubigervevorzugung), den Motiven sowie den strafmindernden Umstande kann auf die obigen Ausfiihrung zu den anderen Beschuldigten verwiesen werden. In WCirdigung aller Strafzumessungsfaktoren erachtet die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren ftir angemessen. 2 Hans-Jurg S.

5.1 In Bezug auf die personlichen Verhaltnisse von Hans-Jtirg S. wird auf dessen Akten zur Person verwiesen (vgl. D 1).

1 Der anwendbare Strafrahmen betragt bis zu siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Das Verschulden von Hans-jurg S. wiegt bei einer Gesamtbetrachtung recht schwer. Er hat samtliche schweren Delikte, die im vorliegenden Fall zur Diskussion stehen, mitzuverantworten, und dies als CFO der Gruppe. Nur wenig kann es dabei entlasten, dass einige Vorwtirfe "blosse" Unterlassungen betreffen. Die oben erwahten strafreduzierenden Momente sind indes auch bei ihm relevant, und in der Untersuchung war der Beschuldigte recht kooperativ. In Wtirdigung aller Strafzumessungsfaktoren erachtet die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten fiir angemessen. 2 Hans-Peter JEAN-MARIE W.

6.1 In Bezug auf die personlichen Verhaltnisse von Hans-Peter JEAN-MARIE W. wird auf dessen Akten zur Person verwiesen (vgl. D 1).

6.2 Der anwendbare Strafrahmen betragt bis zu siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Das Verschulden von Hans-Peter JEAN-MARIE W. wiegt betrachtlich. Mit Bezug auf seine Stellung wird zwar nicht verkannt, dass der Beschuldigte hierarchisch unterhalb der anderen Beschuldigten stand. Als Einziger war er weder im ExCo noch im GMB. Dennoch hatte er - wie schon dargelegt - im Finanzbereich eine sehr wichtige Stellung, und der Beschuldigte muss sich eine Vielzahl von Delikten (mit einem Deliktsbetrag von iiber CHF 70 Mio.) vorwerfen lassen. Es gelten im Ubrigen die oben festgehaltenen Minderungsgriinde. In Wtirdigung aller Strafzumessungsfaktoren erachtet die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren fur angemessen. Da der Beschuldigte die entsprechenden Voraussetzungen erfullt, kann ihm der teilbedingte Strafvollzug (zwei Jahre Freiheitsstrafe bedingt, ein Jahr unbedingt) gewahrt werden. die Probezeit ist auf zwei Jahre anzusetzen.

V. KOSTEN

Den Beschuldigten Christoph M., Jean-Marie JEAN-MARIE W., Daniel B., Hans-Jurg S. und Hans-Peter JEAN-MARIE W. sind die Kosten zu je einem 1/6, Heinz S.. zu 1/12 aufzuerlegen (§ 56 Abs. 1 StPO). Im Umfange von 1/12 konnen die Kosten auf die Staatskasse genommen werden. Hans-Peter JEAN-MARIE

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W. wird bei antragsgemassem Ausgang des Verfahrens tiberdies die Kosten seiner amtlichen Verteidigung zu iibernehmen haben.

Mit freundlichen Griissen S&**I*L7Z FUR piE STAATTSANWALTSCHAFT

DES/^ANT(/N£ ZUG ST7

Marc von Dach, Staatsanwalt 17-fach

Beilaoen - Untersuchungsakten Nr. 2001/756/HIL - Akten gemass Nachgang zur Uberweisungsverfiigung - Akten der Staatsanwaltschaft gemass sep. Verzeichnis

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