III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die...

47
III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten

Transcript of III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die...

Page 1: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten

Page 2: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.1 Gottesdienst an Weihnachten (Hans Würdinger)

Lesungen: Jes 9,1–6; Tit 2,11–14

Evangelium: Lk 2,1–14

Lied: GL 239 (Zu Bethlehem geboren)

Kyrie-RufeIm Dunkel unserer Sorgen, unserer Trauer und Ängste sehnen wir uns nach Licht – dem Licht des Trostes. Du, Herr, bist uns Licht: Herr, erbarme dich.Im Dunkel von Unfrieden und Unrast sehnen wir uns nach Licht – dem Licht des Friedens. Du, Herr, bist uns Licht: Christus, erbarme dich.Im Dunkel von Gleichgültigkeit und Einsamkeit sehnen wir uns nach Licht – dem Licht der sich verschenkenden Liebe. Du, Herr, bist uns Licht: Herr, erbarme dich.

Impulsgedanken für eine Ansprache

Weihnachten – ein Fest der ArmenAch ja, Weihnachten – damit tun sich heute manche Leute schwer. Irgendwie gehört es noch dazu – irgendwie läuft alles auf dieses Fest hin, wird es doch noch gefei-ert – und nicht nur von den Frommen, nicht nur von all jenen, die das ganze Jahr hindurch treu und brav in die Kirche gehen. Weihnachten feiern die allermeisten Menschen, wenn auch auf ganz verschiedene Weise, und vielleicht so, dass wir, die wir meinen, in Glaubensdingen noch Bescheid zu wissen, die Nase rümpfen über all dem Trubel, der Geschenkeflut und den Bräuchen, die längst dem Zeitgeist an-gepasst sind.

Freuen können sich wohl noch die Kinder – allerdings heute auch oft mehr über einen Berg von Geschenken, die sie auspacken dürfen, weniger über die Stimmung, die so ganz und gar nicht in den Alltag passt.

Weihnachten lässt sich nicht machenEs ist etwas ganz Besonderes um dieses Weihnachten, dieses Fest des Schenkens, der Liebe, des Friedens, wie es so gern genannt wird – wobei die Wirklichkeit eben oft anders ausschaut. Können wir die Stimmung von Weihnachten herbeizaubern

Page 3: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

oder irgendwie machen mit den vielen Möglichkeiten unserer Zeit? Wenn das so ist, dann bleibt vieles an der Oberfläche. Weihnachten steht zwar alle Jahre im Kalen-der, aber es lässt sich nicht machen. Es ist nur für den Menschen noch wirklich zu spüren, der sich ein offenes Herz bewahrt hat, der noch lieben und fühlen kann, der sich noch freuen und der auch, wenn es sein muss, noch trauern kann. Alles andere bleibt Fassade – so wie die unzähligen Lichter, die in diesen Tagen landauf, landab blinken und leuchten und die Dunkelheit verdrängen – denn vertreiben können sie diese wohl nicht.

Ja, vielleicht ist es gerade hinter jenen Fassaden, die da so hell beleuchtet sind, dunkler als anderswo! Das eigentliche Licht leuchtet nicht außen, sondern von innen heraus. Denn es gibt auch die vielen Menschen heute, die Weihnachten nicht mehr feiern können, weil ihr Herz, ihre Seele verdunkelt ist durch Sorgen und Not, weil sie keinen Frieden, keine Geborgenheit finden, weil sie gerade an so einem Tag die Einsamkeit mehr spüren als sonst. In dieser Nacht ist so manches anders. Gut, wir haben die Nacht längst zum Tag gemacht, wir finden am Abend, in der Nacht viele Beschäftigungen und Zerstreuungen. Diese Nacht aber ist anders. Es wird wohl stil-ler sein auf den Straßen als an anderen Tagen. Es sind weniger Menschen unterwegs, die Busse und Züge sind leer. Wer immer kann, feiert irgendwie Weihnachten – das heißt, er lässt sich berühren von dieser Stimmung, die das Herz aufreißt, die manch-mal auch verwunden kann.

Gott kommt als KindFür alle aber steht über diesem Fest, über dieser Nacht die Botschaft des Engels: »Fürchtet euch nicht, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll.« Allen also gilt diese Botschaft, diese unerhörte Geschichte: Ein Kind kommt zur Welt, und dieses Kind kann diese Welt verwandeln, verändern. Es ist schon etwas Eigenartiges um diese Geburt irgendwo am Rand der großen Welt. Von keiner anderen Geburt wurde so viel erzählt, keine wurde so oft besungen und dargestellt, auf Bildern, in den Weihnachtskrippen, die überall auf der Welt anders aussehen. Ein kleines Kind steht im Mittelpunkt dieses Geschehens. Eine Geburt wie unzählige andere, wie sie wohl auch in diesem Augenblick irgendwo auf dieser Erde stattfindet.

Es geht also um das Kind. Gott kommt zur Welt – in diesem Kind, das in einer Krippe liegt. Gott kommt herunter zu uns Menschen, er wird ganz und gar einer von uns, er wird im Kind der »Gott-mit-uns«. Und diese Zusage gilt allen – dem ganzen Volk – allen, die guten Willens sind. Die Geburt des Gotteskindes aber war auch damals nicht etwas für die Frommen, die Gerechten, die von sich selbst Über-

Page 4: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

zeugten. Die schliefen alle, sie wussten sich ja sicher. Ihre Welt war in Ordnung und irgendwie heil – das genügte ihnen.

Die Ersten, die von diesem Geschehen der Geburt eines Kindes wirklich betroffen waren, das waren die Hirten. Und die galten damals keineswegs als anständig und zuverlässig. Denen traute keiner so recht. Nur Gott traut ihnen – er traut ihnen zu, dass sie noch offen sind für das Kind, das da zur Welt kommt. Sie, die Hirten, die das Leben und wohl auch das Sterben kannten, die noch achtsam mit allem Leben umgingen, sie waren wach – wach für die Botschaft, die ihnen sagt: »Fürchtet euch nicht!« Auch in der sogenannten Heiligen Nacht sind wohl viele Menschen wach – nicht nur, weil sie irgendwo Weihnachten feiern, sondern weil ihnen Schmerzen und Sorgen den Schlaf rauben. Vielleicht hält sie auch nur eine tiefe Sehnsucht wach – die Sehnsucht nach einem erlösenden Wort, nach einer Hand, die sie spüren lässt – du bist nicht allein.

Weihnachten – sich beschenken lassenGott kommt in der Nacht zur Welt – nicht dort, wo wir meinen, alles tun und er-ledigen zu müssen, sondern in der Zeit, in der die Ruhe einkehrt – wenn sie denn noch einkehren kann. Heute schauen auch die Nächte anders aus. Gott kommt dort zur Welt, wo wir noch unsere Armseligkeit spüren. Wer immer allen überlegen ist, wer sein ganzes Leben voll im Griff hat, der findet keinen Platz mehr für Gott, der da zur Welt kommen will.

Den armseligen Hirten gilt das Wort: »Fürchtet euch nicht!« Die Hirten haben nichts zu verlieren. Sie können nur noch beschenkt werden. Und sie lassen sich be-schenken. Was fürchten wir Menschen heute? Dass es uns nicht mehr so gut geht wie bisher? Dass wir aus der gewohnten Bahn einer scheinbar heilen Welt geworfen werden? Dass wir hilflos werden, auf andere angewiesen und dadurch unsere Freiheit verlieren? »Fürchtet euch nicht!« Dieses Wort, das damals den Hirten galt, gilt auch uns allen. Was immer geschieht – Gott ist mit euch!

Gott kommt nicht mit großem Aufsehen in dieser Welt an. Er kommt da zur Welt, wo wir Menschen ihm einen Platz geben. Und das heißt dann wohl für uns: aufbrechen aus der Sicherheit und Ruhe, aufbrechen für das Wunder des Lebens, für das Kind, das da ankommen will. Gott will in uns allen zur Welt kommen – in unserem Leben soll etwas leuchten von dieser unbändigen Liebe, die alle Not und alle Finsternis zerreißt. In unserem Leben müsste sich zeigen, dass Gott mit uns ist.

Page 5: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Weihnachten verändert die WeltDarum ist Weihnachten eigentlich ein Fest der Armen – nicht nur derer, die kein Hab und Gut besitzen, sondern vor allem derer, die um ihre Hilfsbedürftigkeit noch wissen. Damals waren es die Hirten. Sie hörten die Botschaft: »Fürchtet euch nicht!« Nur wer noch auf andere angewiesen ist, wer sich noch wirklich freuen kann, der kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so: Es bleibt etwas von diesem Ge-schehen, das sich nicht einfach abschütteln lässt. Es bleibt ein Zauber, ein Geheim-nis, etwas Unerklärliches und Unbegreifliches, dem sich niemand entziehen kann. Und selbst wenn der Alltag wieder beginnt – er begann ja damals auch wieder für die Hirten – ein wenig hat dieses Kind uns Menschen doch noch verändert – auch wenn wir es nicht mehr so recht glauben können und wollen. Es war dieses kleine Kind – nicht der Weihnachtsmann und der Santa Claus, sondern dieses Kind in der Krippe von Betlehem.

FürbittenDie Engel verkündeten den Hirten: Heute ist der Heiland geboren. Gott schenkt uns seine Liebe in einem Kind. Er tritt ein in unsere Welt und Zeit, um uns Menschen herauszuführen aus der Finsternis von Sorge und Not. So bitten wir: Heiland der Welt, erhöre uns.

ΐ Für alle, denen Weihnachten nichts mehr bedeutet, beten wir, dass sie berührt werden von jener bewegenden Freude, die allen Menschen zuteilwerden soll. – …

ΐ Für all die Menschen, die auch an Weihnachten keinen Frieden finden, deren Leben eng geworden, deren Herz verbittert ist, beten wir, dass sie jenen Frieden spüren, von dem die Engel gesungen haben. – …

ΐ Für alle, die heute im Dienst an den Menschen arbeiten müssen, vor allem auch für die Pflegenden in den Heimen und Krankenhäusern beten wir, dass sie es ihnen gelingt, etwas von der Weihnachtsfreude an die ihnen anvertrauten Men-schen weiterzugeben. – …

ΐ Für die Menschen in allen Ländern, wo Krieg, Hass und Gewalt herrschen, be-ten wir, dass sie in Frieden und Sicherheit leben können. – …

ΐ Für die Kinder und die Familien bitten wir, dass sie getragen werden von gegen-seitiger Achtung, von Vertrauen und herzlicher Liebe. – …

ΐ Für alle, die heute die Trauer um einen lieben Menschen besonders bitter spü-ren, beten wir, dass sie Trost finden in der Liebe und Aufmerksamkeit, die ihnen geschenkt wird. – …

Page 6: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Im Dunkel der Nacht strahlt uns ein Licht auf – das Licht der Liebe, die vom Got-teskind ausgeht und uns allen leuchtet. Dafür sei dir, Vater im Himmel, Lob und Dank gesagt durch Jesus Christus, der als Kind zur Welt gekommen ist und der mit dir lebt in Ewigkeit.

Gedanken beim Aufstellen einer Krippe in einem Weihnachtsgottesdienst

Kreative Impulse für die GestaltungMöglicherweise wird in der Kirche oder im Gottesdienstraum eine Krippe mit einzelnen Figuren aufgestellt. Das kann zum Beispiel im Rahmen dieses Weih-nachtsgottesdienstes geschehen.

Am Anfang des Gottesdienstes sind nur die Kulissen aufgebaut, die Figuren sind noch nicht in der Krippendarstellung zu sehen. Die einzelnen Figuren wer-den im Gottesdienst zum »Sprechen« gebracht, das heißt ihre Gedanken werden vorgetragen. Man kann die einzelnen Figuren auch erst durch die Reihen geben, damit sie die Mitfeiernden einmal genau betrachten können. Erst dann können von unterschiedlichen Personen die entsprechenden Texte gesprochen werden.

Anschließend wird die jeweilige Figur in die Krippe gestellt, dazu kann z. B. ein Liedruf oder eine Liedstrophe gesungen werden.

MariaMein Kind, jetzt bist du da. Schwer war die Zeit der Schwangerschaft. Die Unsicher-heit, die vielen Fragen. Ich hatte keinen Mann. Da war Josef, ja, aber wir waren nur verlobt. An ein Kind war da noch nicht zu denken. Aber dann war es anders – so ganz anders: Da war das Wort des Herrn, der mich als Mutter seines Sohnes haben wollte. Ein Gotteskind? Ich konnte es nicht begreifen, nicht verstehen. Ich, das Mäd-chen im Dorf Nazaret, die Kleine, die Unscheinbare. Ich konnte nur noch Ja sagen, mein Ja stammeln – und vertrauen, dass es gut wird mit diesem Kind. Und jetzt bist du da – mein erstes Kind. Was wird aus dir werden? Was immer wird, ich bin bei dir.

JosefIch wollte mich auf und davon machen. Weg – so schnell als möglich. Maria, meine Verlobte, ist schwanger. Die Leute reden, zerreden unsere Liebe. Kann ich sie noch lieben, meine Maria? Darf ich sie noch lieben? Ich will nichts mehr mit ihr zu tun haben. Das gibt doch nur Ärger. Und da war dieser Traum, der alles anders gemacht hat. Da hat mir der Herr selbst gesagt: Fürchte dich nicht – alles wird gut. Ich

Page 7: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

glaube an keine Träume. Aber diesmal war es anders, da kann ich nicht mehr zurück. Ich kann nur vertrauen: Er weiß, was geschehen soll. Ich habe das nicht in der Hand. Ich bin kein Träumer. Ich gehe den Weg, den er mir zeigt.

WirtMich kennt ja keiner. Eigentlich komme ich in der Geschichte überhaupt nicht vor. Nur weil da dieser Lukas einen Satz geschrieben hat, werden wir schief angeschaut. »Weil in der Herberge kein Platz für sie war« – dieser Satz wird für uns zum Urteil: Ihr seid die Hartherzigen, die Gnadenlosen, die Rücksichtslosen, die ihre Türen ver-schließen. So schnell kann es gehen: Aus einem Nebensatz wird eine Anklage. Ich konnte ja nicht wissen, dass die Geburt bei der jungen Frau so nahe war. Und es war wirklich kein Plätzchen mehr frei. Das soll keine Entschuldigung sein, keine Aus-rede. Kinder kommen viele zur Welt, und dass dieses Kind so besonders war – das konnte ich doch nicht wissen. Wer hat es denn überhaupt gewusst? Wer weiß denn schon, was aus so einem Kind einmal wird?

HirtIch konnte nicht schlafen. Ich war zur Nachtwache eingeteilt. Einer muss immer wach bleiben, denn man weiß ja nie, was passiert. Die Schafe sind zu wertvoll, als dass wir sie allein lassen. Sie sind ein Vermögen wert. Da heißt es aufpassen. Und da war dann dieser Traum – oder war es Wirklichkeit? Fragt mich nicht. Auf einmal sind alle meine Kollegen aufgewacht. Und wir alle haben die Stimmen gehört: »Ehre sei Gott in der Höhe«, haben sie gesungen. Waren es Engel? Ich habe noch keinen Engel gesehen. Aber ich habe ihn gehört. Ganz tief in mir drin. Wir machen nicht viele Worte. Wir Hirten hören ja alles deutlicher als die Leute in der Stadt. Wir müs-sen ja aufpassen, hellhörig sein. Und da hören wir eben mehr.

EselJa, ich melde mich auch zu Wort. Mich kennen die Leute doch auch von den vie-len Bildern, die von diesem heiligen Geschehen gemalt worden sind, von den vielen Krippen, die in den Kirchen und in den Häusern stehen. Esel – da denkt ihr doch an ein störrisches, als dumm angesehenes Grautier. Aber ich habe meinen festen Platz in dieser Geschichte von der Geburt des Gotteskindes. Auch wenn es niemand wirklich gesehen hat: Ich war ein gutes Reittier für eine müde, schwangere Frau und für eine Mutter mit Kind, und später wird einer meiner Verwandten Ihn selbst in die Heilige Stadt tragen.

Page 8: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.2 Gedanken zu einer Weihnachtsfeier für Senioren (Hans Würdinger)

Schrifttext: Joh 1,1–18

Impulsgedanken für eine Ansprache

»Das Wort ist Fleisch geworden«Es gab keine Nachrichtensendungen, keine Sonderausgabe der Tagesschau, als Gott zur Welt kam. Es gab keine Zeitung, kein Internet und kein Facebook, kein Twitter. Und dennoch hat die Botschaft der Heiligen Nacht, die Botschaft von der Geburt des Gotteskindes die Welt verändert – und ist bis heute nicht vergessen, auch wenn damals längst nicht alle davon etwas mitbekommen haben. Mancher Mächtige war zu sehr in seiner Selbstherrlichkeit gefangen. Da fiel die Geburt eines kleinen Kin-des nicht auf. »Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf«, schreibt Johannes achtzig Jahre nach der Geburt Jesu Christi. Aber die Menschen haben es weitererzählt: Gott wird Mensch, er wird einer von uns, er tritt ein in un-sere Geschichte.

Weihnachten will Mut machenWeihnachten muss überleben, denn es ist das Fest unserer Hoffnung und unseres Gottvertrauens, das Fest, das uns Mut macht, in die Zukunft zu schauen, weil Gott unser Leben mit uns lebt. Wir sollten uns diese unerhörte Geschichte nicht neh-men lassen. Was damals geschehen ist, kann und will auch heute noch die Welt, die Menschen bewegen. Vielleicht sollten wir wieder anfangen, wo es schon vergessen ist, mehr denn je auch die alten Lieder wieder zu singen, die seit Jahrhunderten unzäh-ligen Menschen Trost und Hoffnung geben, die tief in den Herzen vieler Menschen aufbewahrt wurden wie ein kostbarer Schatz, der Schatz unseres Glaubens an den Gott, der uns seinen Sohn als Erlöser gesandt hat.

An Weihnachten werden Gefühle wach. Mancher Mensch spürt seine Einsamkeit, seine Not, seinen Schmerz deutlicher als sonst. Diese Sehnsucht, dieses Spüren der eigenen, manchmal trotz aller Überlegenheit verwundbaren Menschlichkeit macht uns zu wahren Menschen. Und die Antwort darauf sind nicht ein paar Feiertage. Die Antwort darauf ist Gottes Wort selbst. Denn Gott hat sein Wort gehalten – das Wort ist Fleisch geworden, sagt Johannes in seinem Evangelium.

Page 9: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Gott hat sein Wort gehaltenDenn Weihnachten sagt uns: Gottes Wort hat Menschengestalt angenommen, hat ein Gesicht bekommen, hat Hand und Fuß, ist also begreiflich geworden. Für uns, die wir Weihnachten noch wirklich feiern können und wollen, muss doch gewiss sein: Nur einer ist der wahre Herr der Welt, und der hat sich kleingemacht, ist Kind geworden, heruntergekommen in unsere Geschichte, um durch die Macht der Liebe zu heilen, was menschliche Macht verwundet, tödlich verwundet hat.

Das Evangelium des Johannes erzählt nichts vom Kind in Betlehem. Da steht nur ganz einfach: »Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.«

Worte, wenn es nicht gerade gescheite und aufgeblasene Reden irgendwelcher Grö-ßen aus Politik, Wirtschaft oder auch Kirche sind, Worte sind oft klein und können, könnten so viel bewegen. Ja, ein Wort kann etwas von jener Güte und Menschen-freundlichkeit in die Welt bringen, die wir in diesen Weihnachtstagen besingen und feiern.

Worte – mehr als nur WünscheWir wünschen einander »frohe Weihnachten« oder heute oft nur »schöne Feiertage«. Worte als Wünsche sind gut und schön, aber es sollten nicht nur Wünsche stehen bleiben. Gottes Wort hat Folgen, Gottes Wort hat die Welt bewegt – im Kind, das da zur Welt kam als Erlöser. Manches unserer Worte könnte mehr sein als nur schnell dahingesagt. Es könnte vieles bewegen, manche Wunde heilen, auch manche jener Wunden, die wir einander mit Worten zufügen. Ein ehrliches Wort des Dankes kann mehr sein als ein noch so kostbares Geschenk. Ein Wort der Anerkennung kann mehr sein als die schönste Ehrenurkunde. Aber da sind wir heute auch Kinder un-serer Zeit, in der alles oder wenigstens sehr vieles nur nach Nützlichkeit betrachtet wird – auch ein Mensch, auch menschliches Tun. Weihnachten ist das Fest der Er-innerung daran, dass Gott aufmerksam auf uns Menschen schaut, dass er uns nicht allein lässt, dass er hereinwirkt in unsere Welt durch Menschen, die aufmerksam miteinander umgehen, die nicht aneinander vorbeigehen.

Gottes Wort darf nicht vergessen werdenGott will uns bewegen, dass auch wir aus uns herausgehen, offen, ehrlich, verwund-bar, ohne Hintergedanken und Berechnung. Weihnachten ist nichts für die Mäch-tigen, nichts für die Supergescheiten und alle, die sich dafür halten, sondern für die kindlich einfachen Armen, die sich auch noch wirklich beschenken lassen können, beschenken lassen auch durch ein ehrliches Wort. Gott macht damit einen Anfang, für uns alle, immer noch. »Im Anfang war das Wort« – sein Wort, das zur Welt

Page 10: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

gekommen ist, um uns zu erlösen. Sein Wort ist immer noch in unserer Welt – es ist die Botschaft, die uns immer noch bewegt, auch in unserer Zeit der schnellen Nachrichten. Gottes Wort ist mehr als eine schnelle Nachricht. Es hat Gewicht, es wirkt. Darum darf es nicht verloren gehen und vergessen werden – weit über Weih-nachten hinaus.

Impuls für eine kreative Aktion für die Weihnachtsfeier

VorbereitungFür die kreative Aktion ist Folgendes vorzubereiten:

ΐ die Kopie eines Bildes mit einer weihnachtlichen Szene oder eine Postkarte mit einem weihnachtlichen Motiv (die Rückseite des Bildes sollte nicht beschriftet sein)

ΐ Stifte für die Teilnehmenden ΐ eine größere Holzkrippe (eventuell mit Stroh gefüllt) ΐ eine Bibel (oder ein Messlektionar), diese wird in die Krippe gelegt

Kopien sowie Stifte sollten in ausreichender Anzahl für die Teilnehmenden bereit-liegen!

Aktion»Das Wort ist Fleisch geworden« – wir legen es in die Krippe»Das Wort ist Fleisch geworden« – so steht es bei Johannes im Evangelium. Es will uns sagen: Gottes Wort hat Gewicht und Bedeutung, von ihm geht Segen aus für uns Menschen.

Page 11: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Wir machen viele Worte, tagein – tagaus. Vieles wird gesagt, aber gar nicht mehr be-wusst gehört. Nicht nur, weil das Gehör nachlässt, sondern weil es zu viele Stimmen, zu viele Worte sind, die uns umgeben.Worte, die aufgeschrieben werden, haben mehr Gewicht als schnell dahingesagte Worte. Worte und gute Wünsche sollten nicht allzu schnell wieder vergehen und vergessen werden.Wir laden Sie darum ein, Worte als Weihnachtswünsche aufzuschreiben. Sie bekom-men eine Karte, ein Weihnachtsbild, und auf dessen Rückseite können Sie einen Weihnachtsgruß, einen Segenswunsch, ein gutes, liebes Wort aufschreiben. Wir haben eine leere Krippe aufgestellt. Eigentlich liegt darin ja zu Weihnachten das Jesuskind. Wir legen in diese Krippe eine Bibel, Gottes Wort. Das Wort Got-tes kommt zur Welt, es bewegt, verwandelt diese Welt. Und in der Krippe ist auch Platz für Ihr Wort, für Ihre Weihnachtswünsche, die Sie auf Ihre Karte geschrieben haben. Legen Sie bitte auch Ihr Weihnachts-Wort zum Wort Gottes in die Krippe. Es wäre schön, wenn am Ende der Weihnachtsfeier, wenn Sie wieder nach Hause gehen, jede Besucherin, jeder Besucher, einen Weihnachtswunsch aus der Krippe wieder mit nach Hause nimmt – als Gruß, als Zeichen des Segens und der Verbun-denheit.

Meditationstexte

Wenn es Weihnachten nicht gäbe

Wenn es Weihnachten nicht gäbegäbe es dann die Feiertagegäbe es dann Geschenkeden Christbaumdie Liederdie Feierndas gute Essen

Wenn es Weihnachten nicht gäbegäbe es dann leuchtende Kinderaugengäbe es die Familienfeierngäbe es den Besuch bei der Omaim Altenheim

Page 12: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

gäbe es die stille Trauerum einen Menschender im Leben so nahedurch den Tod genommen ist

Wenn es Weihnachten nicht gäbegäbe es dann die Lichteran den Häuserndie Kerzen die Zweigedie Unrast die Hetzevor dem Festdie kleinen Geheimnisse und die große Bescherung

Wenn es Weihnachten nicht gäbewäre die Welt um vieles ärmerdenn Weihnachten heißtGott kommt in dieser Weltimmer noch anGottes Liebe kommt zur Weltim Kind von Betlehemund da wo wir einander diese Liebeauch heute schenken

Gott sei Dankes gibt Weihnachten noch

Page 13: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Gott kommt überall zur Welt

Gott kommt überall zur Weltbei denen die suchennach Trost und Mutbei denen die fragennach dem Warumin ihrer Notbei denen die liebeneinfach ehrlich und freibei den Kinderndie sich noch freuen könnenohne Misstrauen und Angst

Gott kommt überall zur Weltwo wir unseren Glauben feiernin froher dankbarer Gemeinschaftwo wir diese Freudehinaustragenüber unsere Kirchenmauernhineintragenin das Leben

Gott kommt überall zur Welter will auch in unsauch heute nochzur Welt kommenuns und aller Weltzur Freude

Gott kommt überall zur Welter hat den Anfang gemachtfür uns und mit unsund wir dürfen weitermachenheute und immer wieder

Page 14: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.3 Fest des heiligen Stephanus (26. Dezember) – Der erste Märtyrer und die letzten Märtyrer (Philipp Schmitz)

EinführungDer heilige Stephanus war der erste christliche Märtyrer. Nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte wird er vom Hohen Rat in Jerusalem verhört und schließlich un-ter Mitwirken eines Saulus gesteinigt, weil er zu Christus hält. Der junge Saulus wird einige Jahre später mit dem Namen Paulus ebenfalls den Märtyrertod sterben.

Christliche Märtyrer hat es nicht nur vor 2000 Jahren gegeben. Auch heute noch werden Menschen wegen ihres Glaubens an Christus ermordet. Die selige Schwes-ter Leonella Sgorbati, 2007 wegen ihres Glaubens ermordet, ist eine der jüngsten Zeuginnen des Glaubens an Christus, dessen Liebe keine Kugel zu erschießen und kein Stein zu erschlagen vermag. An sie alle denken wir heute und schließen sie in unser Gebet ein.

Kyrie-RufeHerr Jesus, du stehst zur Rechten Gottes, des Vaters. Kyrie, eleison.Herr Jesus, du bist die Liebe Gottes auf Erden. Christe, eleison.Herr Jesus, deine Märtyrer bezeugen deine Wahrheit. Kyrie, eleison.

Impulsgedanken für eine AnspracheWer in die San Bartolomeo-Kirche auf der Tiberinsel in Rom kommt, merkt gleich, dass dies keine ganz normale Kirche ist. Vorne über dem Altar sieht man in der Ferne eine ungewöhnlich moderne Ikone, die man in solch einer alten Kirche nicht unmittelbar vermuten würde.

Geht der Blick nach rechts oder links, entdeckt der Besucher Seitenkapellen, wie es sie in vielen Kirchen gibt. Doch auch die Seitenkapellen sind in San Bartolomeo etwas anders.

San Bartolomeo ist eine Gedenkkirche für die Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Jede Seitenkapelle erzählt die Geschichte von Menschen, die in jüngster Zeit für ihren christlichen Glauben gestorben sind.

In einer Kapelle befindet sich ein Messbuch des heiligen Óscar Romero, der 1980 beim Feiern der Heiligen Messe erschossen worden ist. Neben dem Messbuch finden weitere Erinnerungsstücke anderer Märtyrer des amerikanischen Kontinents Platz:

Page 15: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Ein Kreuz, ein Messkelch und sogar ein paar Sandalen sind auf dem Seitenaltar zu sehen.

Eine andere Kapelle ist den Märtyrern des Naziregimes gewidmet. Hier finden sich ein Gebetbuch und ein Reliquiar von Maximilian Kolbe, der sich 1941 im Kon-zentrationslager Auschwitz stellvertretend für einen Familienvater in den Hunger-bunker stecken ließ. Betend und singend lebte er dort länger als seine Mitinsassen und wurde schließlich durch eine Giftspritze ermordet.

Daneben liegt auf dem Altar ein Brief des seligen Stanislaw Kostka Starowieyski. Als sogenannter politischer Häftling feierte er im Konzentrationslager Dachau mit anderen Gefangenen die Messe, hörte die Beichte, sprach mit den Menschen. In der Osternacht 1941 starb er.

Eine weitere Kapelle zeigt ein Reliquiar des seligen Jerzy Popiełuszko, der 1984 von den Kommunisten in Polen ermordet wurde, weil er sie kritisierte.

Das Brustkreuz der seligen Schwester Leonella Sgorbati erinnert an eine Frau, die ihr ganzes Leben als Krankenschwester in Afrika arbeitete. 2006 ist sie in der Nähe ihrer letzten Wirkungsstätte, einem SOS-Kinderdorf in Mogadischu, Somalia, auf offener Straße von Islamisten erschossen worden, weil sie Christin war. Die letzten Worte dieser Märtyrerin waren übrigens: »Perdono, perdono!« – »Ich vergebe Ihnen!«

Die Gegenstände, die in den Seitenkapellen von San Bartolomeo auf der Tiberinsel aufbewahrt werden, erinnern an Märtyrer der jüngeren Zeit. Die Gegenstände, ob Reliquiar, Messbuch oder Kreuz, sind Symbole des Glaubens dieser Menschen. Sie repräsentieren ihr Glaubenszeugnis, welches diesen Menschen ihr irdisches Leben gekostet hat. Für die Besucherinnen und Besucher von San Bartolomeo sind sie ein sinnbildliches Zeichen für den Mut, bis zum Schluss aus dem Glauben heraus zu leben. Diese Gegenstände stehen in beeindruckender Weise stellvertretend für die Kraft und die Stärke des christlichen Glaubens.

Das griechische Wort »Märtyrer« heißt nichts anderes als »Zeuge«. In diesem Sinne ist Jesus Christus selbst Märtyrer. Er stirbt als Zeuge für Gottes bedingungs-lose Liebe zu uns Menschen, die Christus in seinem Leben gelebt hat und die darin ihren Höhepunkt findet, dass er sich sogar schuldlos ans Kreuz schlagen lässt und so brutal ermordet wird. Auch dafür gibt es übrigens einen hervorragenden »Gegen-stand«, der dieses Martyrium real vergegenwärtigt. Bloß steht er nicht auf einem Sei-tenaltar, sondern auf dem Hauptaltar: Es ist das Brot, von dem Christus gesagt hat: »Das ist mein Leib, für euch hingegeben.« Sein ganzes Leben, seine ganze Existenz, die darin bestand, für andere zu sein, anderen die Liebe Gottes zuteilwerden zu las-

Page 16: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

sen, ist in einem kleinen Stück Brot begreiflich gegenwärtig, um uns zu stärken im Glauben an ihn, der sein Leben für uns hingab, damit wir leben mögen in Ewigkeit.

Kreativer Impuls für die GestaltungDie Gegenstände auf den Seitenaltären von San Bartolomeo vergegenwärtigen den Glauben ihrer Besitzer. Auch viele von uns haben einen besonderen Gegen-stand, den sie mit ihrem Glauben verbinden. Das können Kreuze, Rosenkränze, ein Buch, eine Ikone oder Statuen sein.

Laden Sie die Gottesdienstteilnehmerinnen und -teilnehmer vor dem Gottes-dienst ein, einen solchen Gegenstand zur Gottesdienstfeier mitzubringen. Der Gegenstand soll für ihren Glauben stehen und eine Bedeutung im Glaubens-leben der Teilnehmenden haben. Im Gottesdienst (z. B. nach einem Predigt-impuls) oder im Anschluss an den Gottesdienst können Sie die Teilnehmerin-nen und Teilnehmer einladen, den anderen ihren Gegenstand kurz vorzustellen und den Bezug zum eigenen Glaubensleben zu erläutern.

Vielleicht besteht die Möglichkeit, die gesammelten Gegenstände nach dem Vorbild von San Bartolomeo auf einem Altar in einer Seitenkapelle für einige Zeit »auszustellen« oder sie auch nur für die Dauer des Gottesdienstes dort abzulegen.

FürbittenMärtyrer bezeugen Gott, der seine Liebe zu uns Menschen in seinem Sohn offenbart hat. Auf die Fürsprache der vielen Glaubenszeugen rufen wir zu ihm: Wir bitten dich, erhöre uns.

ΐ Wir beten für alle, die im Namen Christi Gutes in dieser Welt tun und so Zeu-ginnen und Zeugen des Glaubens sind. – …

ΐ Wir beten für alle, die um ihren eigenen Glauben ringen. – … ΐ Wir beten für alle, die ihren Glauben nicht frei leben können oder sogar wegen

ihres Glaubens verfolgt werden. – … ΐ Nach dem Vorbild des heiligen Stephanus wagen wir zu beten für alle, die Chris-

tinnen und Christen verfolgen. – … ΐ Wir beten für alle, die in der Hoffnung des christlichen Glaubens aus dieser

Welt gegangen sind.

Page 17: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.4 Fest des heiligen Apostels und Evangelisten Johannes (27. Dezember) – Gott schreibt Geschichte (Philipp Schmitz)

EinführungDas Evangelium am Fest des heiligen Apostels und Evangelisten Johannes befremdet zunächst ein wenig. Nach den beiden Weihnachtsfeiertagen versetzt es uns in die Stimmung des Ostermorgens.

Doch was zunächst befremdlich wirkt, eröffnet einen großen heilsgeschichtlichen Gesamtblick auf die Geschichte Gottes mit uns Menschen: An Weihnachten tritt Gott in unsere Geschichte und der Ostermorgen zeigt, warum er das tut: weil der Tod nicht das letzte Wort haben soll, weil Leben mehr wiegt als Tod.

Der Evangelist Johannes überliefert uns diese »Liebesgeschichte« Gottes zu den Menschen.

Kyrie-RufeAus Liebe zu uns bist du in unsere Welt gekommen. Herr, erbarme dich unser.Du sprachst davon, dass Gottes Liebe größer sei, als Menschen es erdachten. Christus, erbarme dich unser.Deine Liebe hat den Tod besiegt, damit auch wir leben. Herr, erbarme dich unser.

Impulsgedanken für eine AnspracheVom Ende her versteht man eine Geschichte anders. Wer ein Buch zum zweiten Mal liest oder einen Film zum zweiten Mal anschaut und schon weiß, wie es aus-geht, entdeckt beim zweiten Lesen oder Schauen anderes. Er nimmt mehr Details wahr, versteht einen Charakter besser, achtet auf Nebenhandlungen; er ist imstande, bestimmte Szenen als Schlüsselszenen für die gesamte Handlung zu identifizieren; ja, vielleicht versteht er beim zweiten Mal die ganze Handlung besser, das heißt in einem tieferen Sinne.

Wenn wir Weihnachten von Ostern her betrachten, nehmen wir die großen Schlüsselszenen der Heilsgeschichte Gottes in den Blick. Durch Ostern wissen wir schon, wie die Geschichte des kleinen Kindes, das uns zu Betlehem geboren ist, aus-geht. Und dieses Ende wirft sein besonderes Licht auf Weihnachten.

Page 18: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Impuls 1Zu Recht gilt Weihnachten als das Fest der Liebe. Aus Liebe zu uns Menschen sen-det Gott seinen Sohn in diese Welt. Aus Liebe schafft er einen neuen Anfang der Gott-Mensch-Beziehung, indem er selbst Fleisch annimmt (wie es das Evangelium vom Weihnachtstag sagt).

Dieser neue Anfang der Geschichte Gottes mit den Menschen unter dem Vorzei-chen der Liebe Gottes zu uns buchstabiert sich im Leben Jesu weiter aus. Er begegnet jedem Menschen mit Achtung und Respekt; auch vor den Ausgegrenzten und Ver-achteten macht er nicht halt; nein, auch mit ihnen hält er Mahl und verheißt ihnen ein Leben in Fülle. Im Johannesevangelium gewinnt Gottes Liebe klare Konturen in Jesu Zeichenhandlungen, wenn er einen blinden Menschen sehend macht (Joh 9,1–12), wenn ein Lahmer wieder geht (Joh 5,1–18) oder wenn er Menschenmassen speist (Joh 6,1–15). All jenen wird Gottes Liebe offenbar in diesem Menschen aus Nazaret.

Die an Weihnachten begonnene Liebesgeschichte nimmt in Jesu Wirken ihren Lauf. In ihr erweist sich Jesus als die Inkarnation (das heißt die Fleischwerdung) göttlicher Liebe. Ihren radikalsten Ausdruck findet diese Liebe schließlich im Gang Jesu ans Kreuz. Dieser Liebesbeweis gleicht einem dramatischen Höhepunkt der Liebesgeschichte Gottes. Da opfert sich einer stellvertretend für andere auf. Er gibt sein Leben hin, damit andere es gewinnen. Schuldlos lässt er sich hinrichten, damit unser Tod, von Schuld beschwert, nicht ewige Finsternis bedeutet. Stellvertretende Lebenshingabe ist der Extremfall von Liebe!

Doch hier endet Gottes Liebesgeschichte noch nicht. Weihnachten ist kein Selbst-zweck, Jesu Leben und Sterben keine tragische Episode. Erst Ostern, die Auferste-hung Jesu aus dem Grab, ist die Erfüllung der Liebesgeschichte. Ostern ist die Be-stätigung Jesu und seines Wirkens. Ostern ist der endgültige Erweis der größeren Liebe Gottes.

Impuls 2Der reformierte Schweizer Theologe Karl Barth hat darauf aufmerksam gemacht, dass Gott zweimal in der Geschichte Jesu ganz unmittelbar in die materielle Welt eingreift: an Weihnachten, bei Jesu Geburt aus der Jungfrau Maria, und an Os-tern, bei seiner Auferstehung aus dem Grab. An diesen beiden Punkten greift Gott sozusagen senkrecht von oben in den Lauf der Geschichte ein, um sie zu seiner Heilsgeschichte für uns Menschen zu machen. In seinem Sohn kommt er selbst auf diese Erde. Isoliert betrachtet bliebe diese erste Szene allerdings unverständlich. Aber Weihnachten ist in Gottes ewigem Heilsplan fest verankert und schlichtweg notwendig, um sein »Werk«, wie es im Johannesevangelium oft heißt, zu erfüllen.

Page 19: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Ohne diese Schlüsselszene geht die Handlung nicht auf! An Ostern schließlich wird offenkundig: Jesus hat Geschichte geschrieben. Oder besser: In diesem Menschen hat Gott seine Geschichte mit uns geschrieben. Ostern als Schlüsselszene betrachtet schließt uns die Heilsgeschichte Gottes auf. Von hierher wird verständlich, wieso er gerade als wehrloses Kind in diese Welt kommt. Es wird auch verständlich, wa-rum er sich den Wehrlosen und Entrechteten zuwendet. Denn er selbst liefert sich schließlich Menschen aus, ist selbst wehrlos und wird schuldlos umgebracht. Doch wenn es wirklich Gott war, der, wie wir in diesen Tagen feiern, Mensch wird, der als Mensch lebt, so kann derselbe Gott doch nicht am Ende seiner Tage hier auf Erden tot im Grab liegen bleiben. Wenn das menschliche Urteil, das Jesus ermordet hat, das letzte Wort über Gott gehabt hätte, wäre Gott dann Gott?

Wo unsere Geschichten zu Ende geschrieben sind, da schreibt Gott selbst sie weiter. An Weihnachten ist es das Geschenk seines Sohnes, als das er in unsere Ge-schichte tritt. Entgegen menschlicher Geschichtsschreibung erweist sich ein kleines bettelarmes Kind als Herr der Welt. An Ostern ist es die Auferstehung aus dem Dunkel des Grabes, die nach demselben menschlichen Ermessen ein Ding der Un-möglichkeit ist.

Dennoch gibt es an Weihnachten wie an Ostern Menschen, die hier Gott am Werk vermuten, die erahnen, dass das, was geschieht, kein zufälliges Schicksal ist, sondern dass Gott hier zum Heil der Menschen Geschichte schreibt. An Weihnachten sind es die drei Könige, die von weither kommen, um das Kind anzubeten. Am Oster-morgen ist es der Jünger Johannes, der – auch wenn er kurioserweise namentlich gar nicht genannt wird – glaubt. Als er Leinenbinden und Schweißtuch sieht, ist ihm alles klar. Er weiß: Hier ist Gott am Werk, hier hat er seine Geschichte weiterge-schrieben. Wo für Menschen die Geschichte zu Ende ist, schreibt Gott sie weiter. Er lässt dem Tod nicht das letzte Wort in der Geschichte Jesu. Dieses Wort gehört dem, der das Leben des Menschen aus Nazaret bestimmt hat: Gott selbst.

Impuls 3Gott selbst ist der Autor der Geschichte Jesu; er schreibt sie als seine Heilsgeschichte. Der Jünger Johannes schreibt diese Liebesgeschichte Gottes auf; er verbreitet sie als Evangelium, als Frohe Botschaft, macht sie Menschen kund und holt sie mit hinein in die Handlung. Das Johannesevangelium bietet seinem Leser viele Identifikations-möglichkeiten. Plastisch schildert es einzigartige Charaktere: den gebildeten Niko-demus, die Frau am Jakobsbrunnen, die auf sein Wort hin glaubt, Nathanael, ein Israelit ohne Falsch, die geheimnisvolle erste Auferstehungszeugin Maria Magdalena,

Page 20: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

einen nachdenklichen Pilatus, die Kontrastjünger Petrus und Johannes und die Kon-trastschwestern Maria und Marta, den vermeintlich ungläubigen Thomas und den abgrundtiefen Unglauben in Gestalt des Judas Iskariot. Diese Figuren sind Identifi-kationsangebote für uns. Erzählerisch nehmen sie uns in die Geschichte Jesu hinein. Und so können wir selbst Teil der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen werden.

Weihnachten kommt Christus zu uns, aber nicht, um zu bleiben, sondern uns mit-zunehmen durch das Grab hindurch zu seinem und zu unserem Vater im Himmel.

Wie kommt man eigentlich drauf, so eine Geschichte zu schreiben? – »Aus Liebe«, würde Gott wohl antworten!

FürbittenAm Fest des Apostels und Evangelisten Johannes kommen wir mit unseren Bitten zu Gott, der uns aus Liebe seinen Sohn sandte. Gott, unser Vater: Wir bitten dich, erhöre uns.

ΐ Wir beten für alle, die sich mit Liebe und Fürsorge um Kranke und alte Men-schen sorgen. (Stille) – …

ΐ Wir beten für alle, die nicht mehr lieben können, und für alle, die sich nicht geliebt fühlen. – …

ΐ Wir beten für alle, die einen geliebten Menschen verloren haben und ihn in die-sen Tagen besonders vermissen. – …

ΐ Wir beten für alle, die in Vertrauen auf Gottes ewige Liebe von uns gegangen sind. – …

Ehre sei dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, dem einen Gott von Ewig-keit zu Ewigkeit.

Page 21: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Kreative Impulse für die GestaltungAls sinnliche Auseinandersetzung bietet es sich an, den alten Brauch des »Johan-nesweins« (auch »Johannessegen«) wiederzubeleben. Dieser bestand in einer Benediktion über Wein, welcher den Gläubigen nach dem Gottesdienst am Jo-hannistag mit den Worten »Trinke die Liebe des heiligen Johannes, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes« gereicht wurde.

Diese Tradition geht zurück auf eine Heiligenlegende, nach welcher der heilige Johannes im heidnischen Tempel von Ephesus gezwungen werden sollte, ein Op-fer darzubringen. Als dieser sich verweigert, wird ihm zur Strafe ein Giftbecher gereicht, den er zu trinken hat. Zwei Verbrecher waren bereits zuvor am Gift aus demselben Becher gestorben. Johannes schlägt daraufhin ein Kreuzzeichen über den Becher mit Gift, aus dem dieses sogleich in Form einer Schlange entweicht. Johannes kann den Becher gefahrenlos trinken und wird in der Kunst gerne mit einem Becher mit Schlange dargestellt.

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in vielen Regionen Deutschlands am Johannistag Wein gesegnet und den Gläubigen gereicht, damit er sie vor Krankheiten und Seuchen bewahre und Gesundheit von Leib und Seele erhalte.

Im aktuellen Benediktionale für den deutschen Sprachraum findet sich immer noch ein entsprechendes Segensformular »Segnung des Johannisweines«. Hier wird empfohlen, den Wein vor dem Schlusssegen des Gottesdienstes zu segnen. Vielleicht bietet es sich an, nach dem Gottesdienst noch gemeinsam ein Glas gesegneten Johanneswein zu trinken und auf Gottes unergründliche Liebe an-zustoßen, die uns der heilige Johannes bezeugt hat. Durch so einen »Becher voll Liebe« wird erlebbar, wie Gottes Liebe sich auch im Leben derjenigen Menschen bemerkbar gemacht hat, denen Jesus begegnet ist. Ein Leben in Fülle wurde ih-nen zuteil – bei der wundersamen Speisung der vielen oder beim Weinwunder Jesu in Kana. Johannes berichtet ausführlich davon. Also stoßen Sie doch ge-meinsam an! Wann fallen Ostern und Weihnachten schon mal auf einen Tag?

Page 22: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.5 Gottesdienst zum Jahresschluss (Matthias Feil)

Lesung: 1 Joh 2,18–21

Evangelium: Joh 1,1–18

EinführungDas Jahresende versetzt Menschen in eine besondere Stimmung: Revue passieren lassen, was das vergangene Jahr gebracht hat, an Erfolgen, an glücklichen Stunden und frohen Begegnungen genauso wie an Erlebnissen des Scheiterns, der Enttäu-schung und des Verlusts.

Es ist schön, wenn wir im Gottesdienst zum Jahresschluss die Gelegenheit haben, unsere Erfahrungen des letzten Jahres vor Gott zu bedenken, ihn um Vergebung zu bitten, wo wir Schuld auf uns geladen haben. Und wir wollen in dieser Abendstunde den Blick auf das neue Jahr wagen, das, was immer es bringen mag, wiederum ein annum Domini, ein Jahr des Herrn sein wird.

Im Evangelium hören wir von der Fleischwerdung des Wortes (Joh 1,1–18). Mit den Worten »im Anfang …« wird die Brücke zum Weihnachtsfest als der Geschichte des Anfangs vom »Wohnen« (V. 14) des Mensch gewordenen Gottessohnes unter uns geschlagen. Gleichzeitig verbindet sich mit diesem Evangelium am Jahresschluss die Bitte, dass Gottes weihnachtlicher Neuanfang sich auch auf das kommende Jahr auswirken möge.

Der Lesungstext aus dem 1. Johannesbrief stellt dem Anfang die »letzte Stunde« gegenüber. In der letzten Stunde (auch: des Jahres) ist von den Christen Wahrhaf-tigkeit (1 Joh 2,21) gefordert. Das schließt auch einen ehrlichen Blick auf das vergan-gene Jahr mit ein.

Für das kommende Jahr kann diese Wahrhaftigkeit bedeuten: Wir sollen die weihnachtliche Botschaft vom unter den Menschen wohnenden Wort Gottes als die eine Wahrheit Gottes gegen alle lebensabträgliche »Lüge« (V. 21) weitertragen.

Kyrie-Rufe mit LuzernarEs empfiehlt sich, die Kyrie-Rufe mit Strophen aus dem Lied »Von guten Mächten treu und still umgeben« (GL 430) zu rahmen. Die erste Strophe nimmt hierbei den Gedanken des Jahreswechsels auf, während die fünfte Strophe das Luzernar abrundet.Drei Personen sprechen jeweils einen Textabschnitt und zünden im Anschluss je eine

Page 23: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Kerze an. Diese kann an der Osterkerze entzündet und dann vor der Krippe abgestellt werden.

Lied: GL 430,1 (Von guten Mächten treu und still umgeben)

1. Allmächtiger Gott, barmherziger Vater,das alte Jahr vergeht, ein neues Jahr bricht an.Vieles hatten wir uns vorgenommen, weniges erreicht.Du siehst, wo wir gescheitert sind,wo wir uns selbst in den Mittelpunkt gestellt haben und unsere Mitmenschen vernachlässigten,wo wir mehr auf unseren eigenen Willen bedacht waren, als nach dir zu fragen.Für alle, die wir enttäuscht haben und an denen wir schuldig geworden sind,zünden wir eine Kerze an,bitten dich um Vergebung und rufen:

Kyrie-Ruf (z. B. GL 156)

2. Herr Jesus Christus, als Kind bist du geboren, ein neuer Anfang für die Welt.Wir vertrauen darauf, dass du den Kindern nahe bist,dass du die Alten und Kranken nicht vergisstund auch an jeden von uns denkst.Von lieben Menschen haben wir Abschied nehmen müssen.Verleihe allen, an die wir heute besonders denken, dass dein neuer Anfang auch ihnen gilt.(kurze Stille)Für sie zünden wir eine Kerze an,bitten dich um deine Begleitung und rufen:

Kyrie-Ruf (z. B. GL 156)

3. Herr Gott, Heiliger Geist,du eröffnest uns den Blick nach vorn und schenkst uns Mut zur Zukunft.Stärke uns das Vertrauen auf deine Gegenwart,damit wir getrost und mit Freude unsere Wege gehen

Page 24: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

im neuen Jahr.Entzünde in uns das Feuer deiner göttlichen Liebe.Für alles, worauf wir hoffen und worum wir dich bitten,zünden wir eine Kerze an,bitten dich um deine Zukunft und rufen:

Kyrie-Ruf (z. B. GL 156)

GL 430,5 (Lass warm und hell die Kerzen heute flammen)

Impulsgedanken zur Vorbereitung einer Ansprache

In einigen Gemeinden ist es guter Brauch, in der Predigt die Jahreslosung für das kommende Jahr auszulegen. Die Jahreslosungen werden von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) ausgewählt.

Als kleines Geschenk für die Teilnehmenden kann eine Postkarte mit der Jah-reslosung für das kommende Jahr in ausreichender Stückzahl bestellt und an die Mitfeiernden ausgeteilt werden.

Der Prolog des Evangeliums nach Johannes öffnet mit dem Wort »Anfang« den Raum der Predigt. Besonders Joh 1,5 legt nahe, in der Predigt den Bogen zum Lu-zernar vom Beginn des Gottesdienstes zu schlagen.

Folgende Fragen können den Prediger inspirieren:Was hat ein neuer Anfang mit Licht zu tun? Kann das weihnachtliche Licht (V. 9.14.18) in den Anfang des neuen Jahres hinein-strahlen?Wie können Menschen an der Perspektive der Hoffnung festhalten, gerade auch, wenn im Alter die Kräfte schwinden und als unmittelbares Erleben eher der Rück-schritt im Vordergrund steht?

Auf diese Fragen antwortet der Text in folgender Weise:Schon vor allen Vorbereitungen auf Weihnachten (V. 6 f), schon vor dem Schmü-cken des Christbaumes, vor dem Plätzchenbacken, vor den ersten Gedanken an das Fest, ja sogar vor unserer eigenen Geburt, nämlich ganz am Anfang, stand Gottes

Page 25: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Entschluss, dass unter den Menschen Weihnachten werden solle, dass sie mit Leben, Licht, Gnade und Wahrheit beschenkt werden sollen.

Diese Wahrheit stellt sich oftmals gegen die erlebbare Wirklichkeit, sowohl in-mitten des Weihnachtsfestes, bei welchem manche Erwartung an ein schönes Fest enttäuscht wurde, als auch danach, wenn das »Fest der Liebe« wieder ausklingt.

So steht mit dem Text aus Johannes 1 die universale Perspektive des Weihnachts-festes der individuellen gegenüber. Das individuelle und ambivalente Weihnachtserle-ben ist laut Johannes 1 eingebettet in die Realität des Zuspruches und des » Anfangs«, den Gott in der Geburt seines Sohnes der Welt bereitet hat.

Einen Hinweis auf die Möglichkeit, etwas vom Weihnachtslicht in den Alltag und ins neue Jahr hinüberzuretten, sehe ich vor allem in Vers 14 gegeben. Dort heißt es zwar in der Vergangenheitsform, dass das Wort unter uns »wohnte«, doch ist das Jo-hannesevangelium selbst Zeugnis jener »Kunde« (V. 18), durch die Gott auch heute Menschen anspricht und seiner Gegenwart versichert (Joh 14,18; 20,31).

Was die weihnachtliche Botschaft von der Gegenwart Gottes unter den Menschen auch im Leben der Gottesdienstbesucher lebendig halten kann, ist nicht zuletzt die Freude (Joh 15,11; 16,22) über diese Botschaft.

Wo gibt es im neuen Jahr Möglichkeiten, Glaubensfreude miteinander zu teilen?Welchen Rahmen dafür kann vielleicht auch die Kirchengemeinde bereiten?

Gewappnet mit Freude, Liebe, Gnade, Wahrheit, kurz: Gottes Weihnachten unter den Menschen, können dann auch die Warnungen aus 1 Joh 2,18 ff angemessen ein-geordnet werden.

Zwischen der »letzten Stunde« und dem »Anfang« besteht eine Schwelle, die sen-sibel macht für die eigenen Werte und das Stehen zur »Wahrheit« (V. 21).

Mit Weihnachten im Rücken: Wie disponiere ich mich für das neue Jahr? Möchte ich konsequent gemäß der Liebe Gottes leben oder hat mich die Erfah-

rung des faktisch Machbaren bereits desillusioniert?Wie im Johannesevangelium selbst (vgl. v. a. Kap. 15) empfiehlt auch der erste

Johannesbrief gegen die Unwägbarkeiten das »Bleiben« in Jesus Christus und der Kunde von ihm.

So ist es angemessen, wenn die Predigt mit den Worten aus 1 Joh 2,24 f schließt (obwohl diese Verse in der Leseordnung nicht aufgenommen sind).

Dadurch wird zur Motivik des »Anfangs« ein letztes Mal die Brücke geschlagen.

Page 26: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Fürbitten (in Form einer Fürbittlitanei)Allmächtiger, treuer Gott,der du die Zeit in Händen hast,wir bitten dich:Nimm auch dieses Jahres Last und wandle sie in Segen. (vgl. GL 257)

Wir bitten dich für deine ganze Kirche,für alle, die unter uns das Evangelium von deinem Sohn bezeugen,für alle, mit denen du einen neuen Anfang gemacht hast:die Kinder, die wir getauft haben unddie Taufanwärter, die wir begleiten.Für die, die schon lange in deiner Gemeinde sind und auf einen neuen Aufbruch hoffen,für die Arbeit in deiner gesamten Kirche und für alle, die um des Glaubens an dich willen verfolgt sind,und rufen zu dir:Herr, erhöre uns (oder Fürbittruf: GL 182,2)

Wir bitten dich für alle Regierendenum weise Entscheidungen, die dem Frieden und der Gerechtigkeit dienen.Um ertragreiche Arbeit,gedeihliches Wetter und gute Ernte.Für die Ehen und Familien bitten wirund um deinen Segen für unsern Ort und unser Land.Wir rufen zu dir:Herr, erhöre uns (oder Fürbittruf: GL 182,2)

Wir bitten dich für alle Armen und Kranken,für die Waisenkinder und Heimatlosen,für die Ratlosen und Gebeugten,für alle, die sich nach deiner Zukunft sehnen und den Weg nicht finden.Für alle, die unsern Herzen besonders nahe stehenund deren Namen wir dir jetzt in der Stille nennen.(kurze Stille)

Page 27: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Wir rufen zu dir:Herr, erhöre uns (oder Fürbittruf: GL 182,2)

Dir, guter Gott, vertrauen wir uns an mit unseren Bitten und Nöten.Nimm auch dieses Jahres Last und wandle sie in Segen.Begleite uns im neuen Jahr,führe uns dem Ziel entgegen (vgl. GL 257).Amen.

Page 28: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.6 Neujahr / Hochfest der Gottesmutter Maria (Matthias Feil)

Lesungen: Num 6,22–27; Gal 4,4–7

Evangelium: Lk 2,16–21

EinführungDas Neujahrsfest am 1. Januar ist zunächst durch den kalendarischen Jahreswechsel bestimmt. Eine christliche Festtradition hat sich erst in Reaktion auf diesen Um-stand herausgebildet: Christus als Herr der Zeit ist auch Herr des neuen Jahres. Das neue Jahr ist ein annum Domini, ein Jahr des Herrn.

Besonders klar leuchtet dieser Gedanke in der alttestamentlichen Lesung aus dem Buch Numeri auf. Wenn wir als christliche Gemeinde als ›erstes‹ Bibelwort im neuen Jahr den Aaronitischen Segen hören, wissen wir auch dieses kommende Jahr unter die Gnade und das »Angesicht« Gottes gestellt.

Die beiden neutestamentlichen Lesungen nehmen den bereits vor dem 7. Jahr-hundert in Rom verbreiteten Brauch der Feier eines Marienfestes am 1. Januar auf. Besonders im Evangelium schimmert noch das in Spanien und Gallien seit dem 6. Jahrhundert gefeierte Fest zur »Beschneidung und Namensgebung Jesu« durch.

Kyrie-Rufe (als Entfaltung von Gal 4,4–7)Gott, unser Vater,als die Zeit erfüllt war, sandtest du deinen Sohn,geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt.Kyrie, eleison – Herr, erbarme dich.

Herr Jesus Christus,du hast uns befreit, damit wir die Sohnschaft erlangen,hast uns aus Knechten zu Erben gemacht.Christe, eleison – Christus, erbarme dich.

Herr, Gott, Heiliger Geist,du erleuchtest unsere Herzen, sodass wir rufen: Abba, Vater.Du nimmst dich unserer Schwachheit an und vertrittst uns im Gebet.Kyrie, eleison – Herr, erbarme dich.

Page 29: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Impulsgedanken zur Vorbereitung einer AnspracheOft – allzu oft – wird in diesem Gottesdienst über Sinn und Unsinn guter Vorsätze für das neue Jahr gepredigt. Sinnvoller erscheint mir, die Gottesdienstbesucher, die sich bestimmt nicht zufällig eingefunden haben, des Segens und der Verheißung Gottes für das neue Jahr zu vergewissern.

Durch Lk 2,16 ff hat das Kind in der Krippe nochmals einen Auftritt. Es steht zu hoffen, dass zuhause zumindest jetzt noch nicht die Weihnachtsdeko-

ration entfernt ist.Ist alles Weihnachtliche nun mehr oder minder vergangen? Kommen die Weisen

aus dem Morgenland gefühlsmäßig viel zu spät?Wie umgehen mit dieser Zwischenzeit?Sie könnte positiv gestaltet werden. Gott, der Herr der Zeit, schenkt seinen Menschen Zeit, um mit Weihnachten

umzugehen.Maria nutzt diese Zeit, um alle Geschehnisse in ihrem Herzen zu bewahren und

zu erwägen (Lk 2,19), während die Hirten sich schon aufmachen und Gott loben und preisen (V. 20).

Weihnachten wird lange vorbereitet und ist dann häufig blitzschnell vorbei.Gleichviel, ob die Reaktion auf Weihnachten eher im kontemplativen (Maria)

oder im aktiven (Hirten) Weg besteht: Der Hinweis auf ein retardierendes Moment im Weihnachtsstrudel tut allen gut.

Die Gemeinde mag überrascht sein, wenn man sie darauf hinweist, dass der, für den wir seit Heiligabend unter dem Tannenbaum Lieder gesungen haben, eigentlich bis zum heutigen Tag noch gar keinen Namen hatte. Jedenfalls nicht offiziell.

Mit einem neuen Namen geht es also ins neue Jahr.Jesus.Das bedeutet: Der Herr schafft Heil. Der Herr rettet. (Vgl. Mt 1,21)Hilfreich kann im Zusammenhang des Namens Jesu auch der Hinweis sein, dass

Aaron und seine Söhne aufgefordert werden, mit dem Segen aus Num 6,24–26 den Namen Gottes auf die Israeliten zu ›legen‹.

Was bedeutet der Name Jesu konkret? Für mich?Wie schafft Gott im neuen Jahr Heil? Indem er mitgeht, segnend und begleitend, mit seinem Angesicht (Num 6,25 f),

einer Umschreibung seiner wirklichen Gegenwart.Nichts anderes besagt die Inkarnation, nämlich, dass Gott segnend und beglei-

tend »mit uns« ist. Immanuel (Mt 1,23). Auch das: ein Name Jesu.

Page 30: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Dass der Sohn Gottes von einer Frau geboren wurde, unterstreicht im Kontext von Gal 4 die vollständige Teilhabe Jesu an menschlichem Schicksal.

Obwohl er schon vor aller Zeit existierte, wird er als Mensch von einer mensch-lichen Mutter geboren. Er ging ganz in die verderblichen Zusammenhänge des Menschseins ein, damit wir davon befreit werden (Gal 3,13).

Spätestens seit Weihnachten ist also klar, dass Gott nichts Menschliches fremd ist. Und er wählt den Weg der stellvertretenden Anteilnahme – bis hin ans Kreuz.

Dort sind wir noch lange nicht.Jetzt müssen erst einmal die drei Weisen kommen.Bis dahin bleibt uns noch Zeit, um mit Maria zu bedenken, was Weihnachten

bedeuten könnte.Das Neujahrsfest als Fest der Namensgebung Jesu kann eine Möglichkeit des

Verstehens eröffnen.

Fürbitten (in Form einer Fürbittlitanei)Herr Gott, himmlischer Vater,lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig,wenn wir zu dir rufen und dich bitten:Herr, erhöre uns.

Lass dein Angesicht leuchtenüber deiner weltweiten Kirche,über alle, die sich um die Verbreitung des Evangeliums sorgen,über unsere Kinder und unsere Alten,über unsere Familien und unsere Freunde,über alle, die mit Worten und Taten Jesus Christus bezeugen,über alle, die wegen ihres Glaubens an dich verfolgt werden.Mit dir beginnen wir dieses neue Jahr,sei uns gnädig, wenn wir zu dir rufen und dich bitten:Herr, erhöre uns.

Lass dein Angesicht leuchtenüber alle Menschen ohne Obdach,über alle, die ihr Zuhause verloren haben,über alle, die in der Fremde leben,über alle, deren Heimat zerstört ist,

Page 31: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

die verfolgt sind von Krieg und Unruhe,über alle, die keine Arbeit finden,über die Verzweifeltenund die Kranken.Mit dir beginnen wir dieses neue Jahr,sei uns gnädig, wenn wir zu dir rufen und dich bitten:Herr, erhöre uns.

Lass dein Angesicht leuchtenüber unser Land und alle, die uns regieren,über alle, die sich für die Bewahrung deiner Schöpfung engagieren,über alle, die sich für Gerechtigkeit einsetzen,und über alle, die sich deinem Frieden noch verschließen und deren Herz hart geworden ist.Mit dir beginnen wir dieses neue Jahr,sei uns gnädig, wenn wir zu dir rufen und dich bitten:Herr, erhöre uns.

Herr Gott, du unsere Hoffnung,lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig,Wende uns dein Angesicht zuund schenke uns Frieden.Amen.

Aaronitischer Segen – entfaltetDer Vorsteher spricht die kursiv gesetzten Zeilen als Segen vom Altar. Die Entfaltungen können von mehreren Sprechern von einem Lesepult aus vorgetragen werden.

Der Herr segne dich und behüte dich.1 Er lasse deinen Glauben erstarken,2 deine Hoffnung aufblühen,3 deine Liebe entflammen.

Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten 4 wie ein Leuchtturm Orientierung gibt

auf rauer See.

Page 32: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Er sei dir gnädig,5 wenn du abkommst vom rechten Weg

und umkehren willst,komme er dir entgegen und heiße dich willkommen in seinem Haus.

Der Herr wende sein Angesicht dir zu, 6 sein Blick sehe deine Freude und dein Leid,7 Gott helfe dir und befreie dich.

und schenke dir Frieden8 ein neues Jahr für deine Träume,9 seinen Segen für deine Hoffnung.

Amen.

Page 33: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III. 7 Fest der Erscheinung des Herrn (6. Januar) – Weltkirche, Inklusion, Einheit in Vielfalt (Regina Groot Bramel)

Lesungen: Jes 60,1–6; Eph 3,2–3a.5–6

Evangelium: Mt 2,1–12

Impulsgedanken für eine AnspracheIn den heutigen Texten klingen viele wundersame Begebenheiten und Orte an, die an eine Geschichte aus 1001 Nacht erinnern: Völker und Könige machen sich mit Kind und Kegel, Schätzen und Geschenken auf den Weg; Dromedare aus Midian, Efa und Saba, beladen mit Gold und Weihrauch werden angekündigt; Könige aus Tarschisch und von den Inseln wollen kostbare Gaben bringen und die Sterndeuter aus dem Osten schließlich fragen konkret nach dem Weg zum Ziel. Das Ziel hat einen Namen – Jesus.

Wie verträgt sich diese märchenhafte Darstellung einer weltumspannenden Be-wegung mit dem schlichten Bild vom Kind in der Krippe? Wie passt sie zum einge-spielten Ritual in unseren Gemeinden vor Ort?

Es ist eine Vision, die uns da farbenprächtig ausgemalt wird und uns ahnen lässt, welch ein Schatz unser Glaube an den Gottessohn im Stall ist. Stellvertretend für die internationale Völkerwanderung zum neuen Stern am Himmel der Glaubenshoff-nung sind die »Heiligen Drei Könige«, wie sie in der Volksfrömmigkeit heißen, in unseren Krippendarstellungen zu sehen. Sie stehen dort als Abgeordnete der künfti-gen »katholischen«, also der allgemeinen, für alle Menschen offenen Weltkirche. So die Vision. Oder ist es eine Illusion?

Wir alle wissen: Illusionen sind nur Seifenblasen, Visionen sind Hoffnungsbilder. Damit sie Wirklichkeit werden, müssen kleinschrittige, überprüfbare Ziele wie Stu-fen auf einem steilen Weg gefunden und angelegt werden. Die schöne Vorstellung gewinnt erst dann Gestalt, wenn wir mit dem Bild im Herzen aktiv werden.

Es geht um »Inklusion«. Das ist ein schillernder Begriff in der Flüchtlings- und Bildungspolitik und ein wichtiges Thema moderner Pädagogik. Inklusion ist ein be-deutsames Ziel für die gesamte Gesellschaft. Es meint die Teilhabe, das Mitsprache-recht und die Wertschätzung aller Menschen in ihrer Verschiedenheit. Damit wird dem Grundgesetz von der Gleichheit und Gleichberechtigung Geltung verschafft, und am besten fängt man schon im Kindergarten damit an!

Page 34: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Noch vor wenigen Jahren praktizierte man »Integration«, und damit war gemeint, dass wenige Besondere, die von der Norm abweichen, aus Menschenfreundlichkeit in die Gruppe der »Gleichen«, der »Richtigen«, aufgenommen und dort mit ihrem Sonderstatus geduldet wurden.

Es bestand Einigkeit darüber, was denn als »normal« anzusehen sei. Für die Ab-weichenden gab es eigene Angebote und Alternativen.

Denken wir an die Schulausflüge bis in die Neunzigerjahre des letzten Jahrhun-derts. Da wurde ein Ziel vorgegeben und ein Weg eingeschlagen. Bei der Rast gab es für alle Kinder einen Imbiss – beispielsweise einen Wecken und eine Wurst. Den wenigen, seltsam anmutenden »Vegetariern« stand es frei, die Wurst einfach wegzu-lassen und nur vom Wecken satt zu werden.

Ein Fortschritt war es bereits, für die wachsende Zahl der »Ausnahmen« ein Stück Käse zu besorgen, um sie gleichgestellt zu integrieren.

Das Bestreben nach Inklusion geht weit über diesen gut gemeinten Käse hinaus. Es geht nicht mehr darum, zu definieren, was gebräuchlich und was ungewöhnlich ist. Es gibt nicht mehr die »Normalen« und die »Abweichenden«, sondern alle sind selbstverständlich verschieden auf der Basis ihrer Gleichheit. Das klingt kompliziert. Es wird verständlich, wenn wir wieder an das Sinn-Bild vom Schulpicknick denken – dieses Mal auf dem Wanderweg zur Inklusion. Da gibt es kein Standard-Lunchpaket mehr. Stattdessen packt jeder und jede aus, was schmeckt und mit Sorgfalt zubereitet ist, und alle gemeinsam tragen so zu einem stattlichen Büffet bei. Dort gibt es Be-kanntes neben Neuem, Duft von Vertrautem und den Geschmack von Freiheit und Abenteuer. Man ist eingeladen, zu kosten und auszuprobieren, was die anderen mit-gebracht haben. Alle werden satt und die Reste reichen noch zur Füllung mehrerer Körbe, die gerecht verteilt werden.

Inklusion – das ist auch ein wichtiges Ziel, eine Haltung, eine Vision in der christlichen, der katholischen Kirche. Und das nicht erst seit der letzten Reform des Bildungs- und Erziehungsplanes, nicht erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, der letzten Bischofskonferenz, sondern schon ganz am Anfang! Heute hören wir da-von! Wir erfahren in den Tageslesungen, wer sich da alles auf den Weg macht, um dem Herrn der Welt zu huldigen. Von allen Ecken und Enden sind Mensch und Tier unterwegs. Sie alle bilden die Gemeinschaft im Glauben, tragen ihre Traditio-nen und Sichtweisen als Geschenke und Schätze zum Ganzen bei, mischen sich und profitieren voneinander. Einheit in Vielfalt ist das Motto an der Krippe am Tag der Erscheinung des Herrn und ab da an jedem Tag!

Damit Inklusion keine Illusion wird, damit unser Denken nicht exklusiv bleibt, feiern wir heute Gottesdienst und senden die Sternsinger in den nächsten Tagen

Page 35: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

durch die Straßen und in die Häuser. Wir wollen miteinander beten und feiern, für-einander sammeln und verteilen. Wir wollen ein Büffet anrichten, auf dem nicht nur konsekrierte Gaben Platz haben und nicht nur eine besondere Gruppe speisen darf! Das sind konkrete Zielschritte zur Weltkirche, die in Bethlehem ihren Anfang nahm. Auch hier und heute beginnt sie. Unser Glaube hat viele Farben. Amen

FürbittenDer dreifaltige Gott ist selbst die Einheit in der Vielfalt. An ihn wenden wir uns in aller Einfalt: Wir bitten dich, erhöre uns.

ΐ Zeige den christlichen Gemeinschaften den Weg zu einer Einheit in allen Far-ben des Regenbogens. – …

ΐ Lehre uns das inklusive Denken und Handeln, das niemanden ausgrenzt und abstempelt. – …

ΐ Erinnere uns an die Bedeutung der Sterndeuter, die den Weg zur Krippe fan-den. – …

ΐ Schenke uns Visionen und hilf uns bei der Zielfindung, damit sie Wirklichkeit werden. – …

ΐ Lass uns über die Steine, die auf dem beschwerlichen Weg zur inklusiven Kirche liegen, nicht stolpern und fallen. – …

ΐ Segne die Bestrebungen aller Frauen und Männer, die über den eigenen Kirch-turm hinaus Verbindungen herstellen. – …

ΐ Begleite die Jungen und Mädchen, die sich in den nächsten Tagen als Könige und Königinnen auf den Weg machen, um deinen Segen in alle Häuser zu brin-gen. – …

ΐ Schenke den Menschen mit Behinderung die Erfahrung bedingungsloser Zu-gehörigkeit. – …

ΐ Sei besonders bei denjenigen werdenden Eltern, die ein Kind mit Beeinträchti-gung erwarten. – …

ΐ Steh den Familien bei, die durch Behinderungen belastet sind. – …

Gott, du hast die Schöpfung so angelegt, dass sie in zahllosen Variationen deine Herrlichkeit abbildet. Wir sind Teile dieser Vielfalt. Dafür danken wir dir. Dessen wollen wir uns würdig erweisen.

Page 36: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.8 Andacht beim Besuch der Sternsinger (Fabian Brand)

Lied: z. B. GL 261 (Stern über Bethlehem)

HinführungDie Weihnachtskrippen haben noch einmal Zuwachs bekommen. Drei fremde Män-ner stehen nun an der Krippe, um das Kind anzubeten. Sie tragen prächtige Gewän-der, sie haben kostbare Geschenke dabei. Begleitet werden sie von Dienern, Kamelen und Elefanten. So wird der Zug der Dreikönige in manchen Weihnachtskrippen dargestellt.

Wir feiern das Fest, an dem die Sterndeuter aus dem Osten zum Jesuskind kom-men. »Dreikönig« nennen wir es im Volksmund, »Erscheinung des Herrn« heißt der Tag im offiziellen kirchlichen Festkalender. Gott erscheint in einem Menschen. Viel-mehr noch: Gott erscheint in einem Säugling, in einem Kind, das in einer Krippe liegt. Die Hirten, die in der Heiligen Nacht zum Stall kommen, sind die Ersten, die das bezeugen. Und nach ihnen sind es die Sterndeuter, die fremden Männer aus der Ferne. Sie fallen vor dem Kind auf die Knie, sie kommen, um es anzubeten. Und dadurch zeigen sie: Hier ist wirklich Gott unter uns Menschen gegenwärtig. Gott ist wirklich unter uns als Mensch erschienen.

Kyrie-RufeHerr Jesus, Gottessohn und Menschenkind, Heiland und Retter: Herr, erbarme dich.Herr Christus, Krippenkind und Gekreuzigter, Guter Hirt und Tür zum Leben: Christus, erbarme dich.Herr Jesus, Gestorbener und Auferstandener, Liebe des Vaters und Weg zum Him-mel: Herr, erbarme dich.

GebetHerr Jesus Christus, in dir ist Gott auf dieser Erde als Mensch erschienen. In dir dürfen wir Gottes Liebe spüren, in dir dürfen wir unserem Vater im Himmel ganz nahe sein. Mit den Sterndeutern aus dem Osten kommen wir zu dir und beten dich an. Erfülle uns mit deiner Liebe! Schenke uns dein Leben! Lass uns in dir den Zu-gang zum Himmel finden. Darum bitten wir dich, der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.

Page 37: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

LesungMt 2,1–12

Impulsgedanken für eine AnspracheSterne besitzen eine ganz eigentümliche Faszination. Nicht nur die Hobby-Astrono-men begeistert der nächtliche Sternenhimmel. Ein Blick hinauf zum sternenübersä-ten Himmel macht zunächst sprachlos. Die Fülle der Sterne, die in tausenden und abertausenden entfernten Galaxien leuchten, zeigen, wie klein unsere Erde eigent-lich ist. Wir halten uns manchmal für das Zentrum des Universums; der Blick zum Sternenhimmel aber zeigt: Wir sind eigentlich winzig klein, die Erde: ein Staubkorn inmitten von unendlichen Galaxien und Weiten.

Neben den Astronomen gibt es auch noch die Astrologen: Sie befragen »die Sterne«, wenn sie wissen wollen, wie es um die Zukunft steht. Und manch einer verfolgt sehr aufmerksam sein Horoskop, um sich auf die bevorstehenden Ereig-nisse einstellen zu können. »Ein Stern, der deinen Namen trägt«, haben DJ Ötzi und Nik P. vor einigen Jahren gesungen. Und dass die Sterne nicht lügen, hat schon Friedrich Schiller in seinem »Wallenstein« festgehalten.

Sterne begeistern uns Menschen. Sie wecken unsere Sehnsucht, in entfernte Wel-ten reisen zu können. Und sie scheinen geeignet, um daraus etwas für das eigene Le-ben abzuleiten. Nicht umsonst sagen wir auch: Eine Sache steht »unter einem guten Stern«. Sterne begleiten uns in unserem Leben: Beinahe jede Nacht können wir sie am Himmel entdecken. Sie sind da – egal, wie es uns auch gehen mag, ob wir uns schlaflos hin und her wälzen oder die Ruhe der Nacht auskosten. Die Sterne leuch-ten über uns. Sie erhellen die Nacht und verschwinden am Firmament, sobald der neue Tag naht.

Von Menschen, für die ein Stern von besonderer Bedeutung war, haben wir auch im heutigen Evangelium gehört. Es sind die Männer aus dem Osten, die zum Krip-penkind kommen, um es anzubeten. Wer sie sind, das erfahren wir nicht. Der Evan-gelist Matthäus verschweigt es uns einfach. Im griechischen Original des Evangeli-ums werden sie als »Magoi«, als »Magier«, bezeichnet. Wohl sind sie Priester einer Re-ligion, die besonders im heutigen Persien verbreitet war. Vermutlich gehörte auch das Handwerk des Lesens aus den Sternen zu ihrem Beruf; daher nennen wir sie heute auch gerne »die Sterndeuter aus dem Osten«. Wer sie auch immer waren, ein Stern hat ihr Leben verändert. Die Stunde, in der sie den aufgehenden Stern am Himmel erblicken, ist für sie im wahrsten Sinne des Wortes zur Sternstunde geworden.

Dieser Stern, den sie erblicken, fasziniert sie. Er begeistert sie so sehr, dass sie al-les in der Heimat zurücklassen. Sie folgen seinem Lauf, sie nehmen eine weite und

Page 38: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

beschwerliche Reise auf sich. Am Ende bleibt der Stern über einem ärmlichen Dorf stehen, das die Einwohner »Betlehem« nennen. Sie huldigen einem Kleinkind, sie beschenken es mit ihren reichen Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Ihre Reise, so müssen sie feststellen, hat sich gelohnt. Der Stern hat sie zum Kind geführt, in dem sie Gott gefunden haben. Er ist Mensch geworden. Und die Sterndeuter aus dem Osten dürfen ihm ganz nahe sein. Der Stern hat ihr Leben verändert, er hat sie zu dem geführt, der für die Menschen das Leben in Fülle bereitet hat. Mit dem Licht des Sternes finden die Magier zum Licht der Welt.

Solche Sternstunden, wie sie die Männer aus dem Ostern erleben durften, gab es im Laufe unserer Geschichte immer wieder: Augenblicke, in denen Menschen von einem Moment auf den anderen neue Hoffnung schöpfen, in denen Perspektiven aufreißen und neues, anderes Leben möglich wird. Das war so, als Martin Luther King im August 1963 in Washington D. C. seine berühmten Worte sprach: »I have a dream.« Er träumte von Gleichberechtigung und einem Ende von Sklaverei und Unterdrückung. Eine Sternstunde für die Verteidiger der Menschenrechte und für die schwarze Bevölkerung in den USA! Eine Sternstunde, als die deutsch-deutsche Grenze sich öffnete, die Mauer fiel und Menschen aus Ost und West endlich wieder in Frieden zusammenleben konnten. Eine Sternstunde, als der sonst so schüchterne Junge von einer Klassenkameradin gefragt wird, ob er nicht mir ihr spielen wolle. Nicht mehr allein sein, endlich dazugehören, Freunde haben, die einen halten und tragen. Eine Sternstunde auch am 24. Dezember, in der Christmette, als am Ende des Gottesdienstes die Lichter ausgehen und nur noch der Christbaum hell erleuchtet strahlt. Es ist Weihnachten geworden, Gott ward Mensch – Sternstunde!

Es gibt sie, die Sternstunden, in unserer Zeit, in unserer Welt und Gesellschaft. Es gibt sie, die Sternstunden, im Leben eines jeden von uns. Manchmal stellen sie sich ganz unerwartet ein, oftmals bleiben sie für unsere Mitmenschen verborgen. Wir dürfen sie spüren und erleben, denn sie verändern unser Leben! Wie schon die Sterndeuter damals, können wir nicht anders als andere Wege einzuschlagen, Neues zu wagen, verändert zu leben. Sternstunden gehen uns an und ergreifen uns. Sie er-möglichen ein anderes Leben, sie eröffnen Hoffnung, schenken uns Licht und Liebe.

Ich lade Sie ein, jetzt noch ein wenig Stille zu halten. Blicken wir einmal in unser eigenes Leben und überlegen wir, wo wir Sternstunden erlebt haben oder wo wir an-dere mit Sternstunden beschenken durften. Und für die Zukunft: Werden wir nicht müde, selbst in der dunkelsten Nacht Ausschau zu halten nach den Sternen und selbst in größter Hoffnungslosigkeit noch die Sternstunden zu erahnen.

Page 39: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Stille – dazu meditative Orgelmusik als Überleitung zum Lied: z. B. GL 259 (Gottes Stern, leuchte uns)

FürbittenDie Sterndeuter aus dem Osten kommen, um das Krippenkind anzubeten. Auch wir dürfen zu Jesus bringen, was uns bedrückt und bewegt, was uns freut und fröhlich macht. Zu ihm, dem Mensch gewordenen Gott, beten wir: Christus, Herr, erhöre uns.

ΐ Wir beten für alle Kinder und Jugendlichen, die sich in diesen Tagen aufma-chen, um den Segen des göttlichen Kindes in die Häuser und Wohnungen der Menschen zu bringen. – …

ΐ Wir beten für alle Menschen, die sich für Not leidende Kinder überall auf der Welt einsetzen. – …

ΐ Wir beten für alle, die sehnsüchtig auf Sternstunden in ihrem Leben warten, die auf das Licht in der Finsternis des Lebens hoffen. – …

ΐ Wir beten für alle, die reich beschenkt sind mit Begegnungen und Gesprächen, und für alle, die niemanden haben, der sie in diesen weihnachtlichen Festtagen begleitet. – …

Ehre sei dem Vater, dem Sohn, dem Heiligen Geist. Wir loben den dreifaltigen Gott, heute und in Ewigkeit.

HaussegnungWenn Sternsinger gekommen sind, um die Haussegnung vorzunehmen, können sie die Gaben, die sie mit sich tragen, einzeln vorstellen. Andernfalls kann man die Gaben auch vor dem Altar bzw. inmitten der zum Gottesdienst Versam-melten ablegen und vom Gottesdienstleiter oder einer anderen Person erklä-ren lassen.

Stern: Sternstunden, in den Sternen lesen, unter einem guten Stern stehen: Der Stern leitet die Sterndeuter aus dem Osten. Er führt sie zum Kind in der Krippe. – Der Stern lädt uns ein, nicht nur auf unser eigenes Geschick zu vertrauen. Glauben wir an Gott und legen wir unser Leben in seine Hände. Er führt und leitet uns zu einem guten Ziel.

Page 40: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Kreide: C, M und B werden wir über die Türen schreiben: Caspar, Melchior und Balthasar oder »Christus, mansionem benedicat – Christus, segne dieses Haus«. – Der Segenswunsch erinnert uns, auch im Laufe des Jahres die Augen offen zu hal-ten. Wie die Männer aus dem Osten den Blick auf die Sternstunden zu richten, die unserem Leben geschenkt sind.

Weihrauch: Symbol für den Gott, Heiland und König; Zeichen für unsere Gebete, die zum Himmel emporsteigen; Wohlgeruch und duftendes Räucherwerk. – Ein neuer Geruch kommt in unsere Häuser: der Duft des Mensch gewordenen Gottes, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern. Der Gestank von Hass und Zwietracht muss weichen. Das Leben siegt!

Gelddose: Weihnachten, Fest der Liebe und der Geschenke. Gott schenkt uns seinen Sohn und wir sollen füreinander liebevoll eintreten. – Weihnachten heißt auch: an die denken, die nicht das zum Leben Nötigste haben. Für Kinder in Not sammeln wir an diesem Dreikönigsfest, damit sie etwas von der Liebe spüren dürfen, die an Weihnachten für uns Mensch geworden ist.

Einladung zur HaussegnungMit den Sternsingern wollen wir nun singend und betend durch die Räume des Hauses ziehen. Sie bringen uns den Segen des Mensch gewordenen Gottes. Wir dürfen unser Leben unter seinen Segen stellen. Wir dürfen uns in diesem Jahr von ihm umfangen und beschützt wissen. Der Segenswunsch, den die Sternsinger mit Kreide über die Türen schreiben, erinnert uns an diese Zusage – alle Tage des be-vorstehenden Jahres.

Wo es möglich ist, können die Gottesdienstteilnehmenden (oder zumindest ei-nige von ihnen) gemeinsam mit den Sternsingern durch das Haus ziehen. Als Gesang zur Prozession eignet sich z. B. GL 219 (Mache dich auf und werde Licht), im Wechsel mit Vaterunser / Gegrüßet seist du, Maria.Wenn eine gemeinsame Haussegnung nicht möglich ist, endet die Feier mit dem Vaterunser, dem Segensgebet und einem Abschlusslied.

Page 41: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Einladung zum VaterunserMiteinander wollen wir das Gebet sprechen, das Jesus, unser Herr, uns zu beten ge-lehrt hat: Vater unser im Himmel …

SegensgebetGott, wir bitten dich um deinen Segen für dieses Haus und für alle Menschen, die darin leben und arbeiten. Begleite uns in diesem Jahr, das uns nun bevorsteht. Halte deine schützende Hand über uns, damit wir vor allem Unglück und allem Bösem bewahrt bleiben. Mehre das Gute in uns: Stärke die Hoffnung, entzünde die Liebe, mache unseren Glauben an dich, den Gott, der mit uns ist, groß. Bleibe bei uns, Gott, und umfange uns mit deiner heiligen Gegenwart. Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

Lied: z. B. GL 262 (Seht ihr unsern Stern dort stehen)

Page 42: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

III.9 Fest der Taufe des Herrn (Sonntag nach Erscheinung des Herrn) – »Du bist mein geliebtes Kind« (Regina Groot Bramel)

Das Fest der Taufe des Herrn kann dazu anregen, über die Bedeutung der Taufe in der kirchlichen Praxis und im eigenen Leben nachzudenken. Durch die Jahrhunderte hat die Taufpraxis sich immer wieder verändert. Die Taufe zur Buße und Reinigung, zu der Johannes im Evangelium aufruft, betont die Tatsache, dass alle Menschen sündi-gen und der Umkehr bedürfen. Die Spendung der Nottaufe für kranke und vom Tod bedrohte Kinder resultiert aus der Sorge, die ewige Seligkeit stünde nur den durch die Taufe von der Erbsünde reingewaschenen Menschen offen. Theologische Gedankenkon-strukte schufen die Annahme einer »Vorhölle« für die unschuldig Verstorbenen und die gottgefälligen Menschen der Zeiten vor Jesu Erlösungswerk. Zum Glück ist diese Sicht-weise durch die Erkenntnis ersetzt worden, dass der gütige Gott Wege weiß, um jeden Menschen zu sich zu führen.

Das Sakrament der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Christinnen und Christen hat einen hohen Stellenwert in der ökumenischen Annäherung. Indem es gegenseitig anerkannt wird, verbindet es die Konfessionen.

Eröffnungslied: GL 489 (Lasst uns loben, freudig loben)

EinführungWir feiern heute das Fest der Taufe Jesu. Das heutige Evangelium erzählt die Begeg-nung von Johannes und Jesus am Jordan. Johannes tauft mit Wasser und ermahnt die Menschen, sich von Sünde und Schuld zu reinigen. Jesus wird mit Heiligem Geist taufen und will das Feuer der Begeisterung in uns entzünden. Damit werden zwei Seiten der menschlichen Natur aufgezeigt: Wir sind sündige Geschöpfe, die der Umkehr bedürfen. Und wir haben Gott sei Dank das Zeug dazu, begeisterungs-fähige Zeuginnen und Zeugen zu sein!

Kyrie-RufeHerr Jesus Christus, du bist Gottes geliebter Sohn. Herr, erbarme dich.Herr Jesus Christus, du taufst uns mit Heiligem Geist. Christus, erbarme dich.Herr Jesus Christus, du entzündest in uns das Feuer der Liebe. Herr, erbarme dich.

Page 43: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

GebetGuter Gott, durch das Kommen deines Sohnes in diese Welt hast du dich endgültig an unsere Seite gestellt und unsere Wirklichkeit zu deinem Hauptanliegen gemacht. Wir sind nicht mehr allein mit alledem, was uns umtreibt und belastet. Du bist da, wo wir sind. Du begegnest uns auf vielfältige Weise. Hilf uns, so zu leben, zu denken und zu handeln, dass du Gefallen an uns findest. Amen.

Zur Lesung (Jes 42,5a.1–4.6–7)Jesaja zeichnet ein eindrückliches Profil des Menschen, an dem Gott Gefallen hat, und füllt es mit farbigen Bildworten. Als Christinnen und Christen haben wir uns an seiner Vorlage zu messen, wenn es uns mit der Nachfolge Jesu ernst ist.

Zwischengesang: GL 263 (Dein Lob, Herr, ruft der Himmel aus) oder Antwortpsalm vom Tag

Evangelium: vom Tag

Impulsgedanken für eine Ansprache

Im Kirchenraum ist das Taufbecken geschmückt und beleuchtet und die Oster-kerze wird dort aufgestellt. Falls das Taufbecken in einer Seitenkapelle oder schlecht sichtbar platziert ist, kann ein großer Bottich mit einer kleinen Teich-pumpe versehen und vor dem Altar aufgestellt werden, der »lebendiges Wasser« symbolisiert. Mit einfachen Naturgegenständen (Steine, Zweige, Moos) entsteht ein schönes Bild. Drei Lektoren / Lektorinnen ergänzen die Ansprache mit einem Einschub.

Kennen Sie dieses Gefühl? Die Ruhe des frühen Morgens am Wasser ist wohltuend. Einfach auf einem Baumstumpf sitzen und die Stille genießen.

Da weht von einem anderen Uferabschnitt auf einmal eine Melodie herüber und dort sind jetzt auch einige Menschen zu sehen. Sie stehen am Ufer und singen ge-meinsam – und dann lösen sich zwei aus der Gruppe und gehen mit entschlossenen Schritten direkt ins Wasser. Sie verweilen, als sie bis zur Hüfte darin stehen, und jetzt fasst der eine den anderen um die Mitte und taucht ihn nach hinten vollstän-dig unter!

Page 44: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Die Worte, die gesprochen werden, als er wieder hochgekommen ist, sind über die Distanz nicht zu verstehen, aber sie scheinen verheißungsvoll zu sein, denn der wieder Aufgetauchte strahlt! Er umarmt sein Gegenüber und die Menschen am Ufer klatschen in die Hände und stimmen ein weiteres fröhliches Lied an.

So oder ähnlich war es vielleicht am Jordan, als Jesus auf Johannes traf und sich von ihm taufen ließ. So werden auch in unserer Zeit Jugendliche und Erwachsene in vielen freien christlichen Gemeinden getauft. Man hält dort an der Taufe im entscheidungsfähigen Alter fest und betont damit die bewusste Entscheidung des Taufbewerbers.

Alle hier Versammelten können Geschichten von Tauffeiern erzählen, die sie im Laufe ihres Lebens erlebt haben. Da sind die sorgfältig vorbereiteten Kindstaufen, bei denen die erweiterte Familie und der Freundeskreis zusammenkommen. Meis-tens ist der Täufling entspannt und gibt allenfalls eine Unmutsbekundung ab, wenn das Wasser, das man über sein Köpfchen gießt, ihn aus dem Schlaf reißt. Die Riten und Gebete, die zur Kindertaufe gehören, können den Eltern und Verwandten aus der Seele sprechen.

L 1 tritt nach vorn oder, wenn die Räumlichkeiten es zulassen, ans Taufbecken und ent-zündet eine (Tauf-)Kerze an der dort aufgestellten und geschmückten Osterkerze. Die kursiven Texte werden, wenn möglich, durch Lektor*innen vorgetragen:

» … Ihr Kind wird beim Namen genannt und mit Freude in eine Gemeinschaft auf-genommen, in der es geborgen sein soll und im Glauben aufwachsen kann. Sie hö-ren, dass es willkommen ist und eine Heimat hat, auch wenn die Lebenswogen hoch gehen und ihm manches zugemutet wird. Es wird unter den Schutz des Höchsten gestellt. Es soll mit Gottes Hilfe seine Sinne öffnen und beisammen haben und sie für ein gutes Ziel einsetzen. Die Eltern danken für die gute Geburt. Die Mutter wird besonders gesegnet. Die Paten werden in ihr Amt eingeführt. Ein Licht wird ange-zündet. Die Gemeinde freut sich, die Orgel jubelt. Viele Fotos erinnern in späteren Jahren an den wichtigen Tag.«

Vielleicht hat jemand der hier Anwesenden eine Nottaufe erlebt oder sogar selbst ge-spendet? In früherer Zeit war es eine theologische Spekulation, dass ungetauft ver-storbene Kinder nicht in die ewige Seligkeit der Gottesschau eingehen könnten. Man nahm an, ihre Seelen seien an einem Ort am Rande der Hölle, an dem sie zwar nicht

Page 45: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

leiden, aber auch nicht von der Erbsünde erlöst werden könnten. Und eben die Erb-sünde sei es, die einen Zugang zu Gott unmöglich macht, wenn ein Mensch nicht durch die Taufe von ihr gereinigt wird. Papst Benedikt XVI hat 2007 ausdrücklich betont, dass es sich hierbei um eine »ältere theologische Meinung« handle, die er per-sönlich aufzugeben rät. Zum Glück hat die Erkenntnis der Barmherzigkeit und Güte Gottes die Glaubensgewissheit reifen lassen, dass kein Mensch in der Gottferne ver-weilen muss, weil er nicht getauft werden konnte. Die Angst vor Verdammnis oder einer Ewigkeit im Limbus, der Vorhölle oder wie immer man den Ort und Zustand nannte, treibt nicht mehr zu einer Nottaufe.

L2 entzündet eine weitere Kerze:» … Dennoch ist es für die Eltern und Angehörigen von unvorhersehbar Sterbenden ein Trost und eine Beruhigung, wenn diese durch die Spendung des Sakramentes auf ihre bevorstehende Reise, den Übergang aus dieser Welt vorbereitet sind. Die Mutter eines Frühgeborenen beschreibt es so:›Ich hielt mein todkrankes Mädchen auf dem Schoß und dachte: Du hast noch nichts Böses getan. Du hast in der Zeit, in der wir dich erwartet ha-ben, unsere Freude und Hoffnung geweckt. Wenn du jetzt die Segnung der Taufe erlebst, fühlt es sich für mich an, als würden dir Flügel geschenkt, die dich an un-ser gemeinsames Ziel bringen. Dann wünsche ich mir, dass Jesus dich in die Arme schließt wie damals die Kinder, die von ihren Müttern zu ihm gebracht wurden.‹«

Wahrscheinlich sind einige unter uns, die schon selbst Rede und Antwort stehen konnten, als sie zu Beginn des Taufrituals gefragt wurden, was sie von der Kirche Gottes erbitten. Immer häufiger erlebt man, dass Kinder während der Vorbereitung auf die Erstkommunion getauft werden. Im Alter von acht oder neun Jahren sind Kinder in der Lage, die Bedeutung des Vorgangs zu verstehen und feierlich mitzu-gestalten. Sie erfassen intuitiv die Bedeutung der heiligen Handlung und tragen sie auf ihrem weiteren Glaubensweg als etwas Kostbares mit sich.

L3 stellt eine weitere Kerze auf, dazu folgender Text:» … Ein Siebenjähriger hatte sich lange auf seine Taufe gefreut, die aus rechtlichen Gründen immer wieder aufgeschoben worden war. Am Tag der Hochzeit seiner Pa-tentante durfte er sie endlich empfangen. Er stand vorne am Altar und wurde nach seinem Namen gefragt und nach seinem Anliegen: ›Möchtest du, Elias, getauft und in die Gemeinschaft der Kinder Gottes aufgenommen werden?‹

Page 46: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Er hatte sich mit dem wichtigen Wort befasst, das auch die Brautleute heute laut und deutlich sagen würden, um zu bestätigen, dass sie bereit sind! Ihm war klar, was er jetzt sagen würde! Seine Begeisterung und Erwartung waren deutlich spürbar. Seine Antwort rief er ins Mikrofon und sie war bis in den letzten Winkel des Doms deutlich zu hören: ›Ja, ich will!‹«

Ein Satz aus dem heutigen Evangelium hat Gültigkeit für die getauften Christinnen und Christen bis heute. Gott sagt zu uns allen: »Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. An dir habe ich Gefallen gefunden.«

Diese wunderbare Zusage steht wie ein Licht über unserem Leben. Sie ist verbun-den mit einem Auftrag, der in der ersten Lesung (Jes 42,5a.1–4.6–7) anklingt. Die Worte enthalten das Programm für Menschen, die in der Nachfolge Jesu zu Gott gehören wollen. Recht bringen, nicht schreien und lärmen, das geknickte Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht löschen. Blinde Augen öffnen, Gefan-gene aus dem Kerker und der Dunkelhaft befreien. Licht der Welt sein. Nicht mehr und nicht weniger. Mit unserem Leben und mit Gottes Hilfe wird das Sakrament der Taufe wirksam und heilsam für die Welt.

Kurze Stille

Im Gedenken an unsere eigene Taufe singen wir gemeinsam das Lied, das uns an unseren Bund mit dem Gott der Liebe und des Lebens erinnert.

Lied: GL-Diözesananhänge oder Liederbücher (Fest soll mein Taufbund immer stehn)

FürbittenLasst uns Gott um seinen Beistand bitten in allen Anliegen, die wir aussprechen oder im Herzen tragen: Schenke ihnen ein Leben in Fülle.

ΐ Für alle, denen das Wasser bis zum Halse steht: – … ΐ Für alle, die an Dürre und Unfruchtbarkeit zugrunde zu gehen drohen: – … ΐ Für alle, in deren Leben die Wogen hochgehen und kein Land in Sicht ist: – … ΐ Für alle, die am Boden sind und Staub schlucken: – … ΐ Für alle, die anderen das Wasser abgraben: – … ΐ Für alle, die den Weg zur Quelle des Lebens noch suchen: – … ΐ Für alle, die sich auf das Sakrament der Taufe vorbereiten: – … ΐ Für alle, die dich nicht kennen: – …

Page 47: III. Gottesdienste und Feiern zu Weihnachten...kann Weihnachten ehrlich feiern. Für viele, die selbst alles haben, bleibt Weihnach-ten ein frommes Theater. Und selbst da ist es so:

Fabian Brand (Hg.), »Alle Jahre wieder« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Herr, du kennst uns und weißt, was wir zum Leben brauchen. Wir vertrauen auf deinen Beistand heute und an allen Tagen unseres Lebens.

Lied: GL 458 (Selig seid ihr)

Einladung zum VaterunserBei Gott ist die Fülle der Hoffnung, der Freude und der Liebe. Zu ihm wollen wir nun beten, wie Jesus es getan hat: Vater unser im Himmel …

Danklied: GL 405 (Nun danket alle Gott)

Gebet zum AbschlussHerr und Gott,wir können vieles schaffen und tun, aber an deinem Segen ist alles gelegen, was ge-lingen und Bestand haben soll. Wir wollen unseren Weg mit deinem Segen gehen, um den wir dich bitten und den wir weitergeben wollen. Segne unser Tun und un-ser Lassen, unsere Gedanken, Worte und Werke. Lass uns selbst in deinem Namen zum Segen werden. Amen.