Illustriertesung von Kaffee, anderen war-men Getränken u. Erfrischun-gen, sowie von Liqueuren...

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EXTRABLATT Wien, 2004 Ausgabe Nummer 4 Verlagspostamt 1010 Wien Cafétiers: Familie Querfeld Dr. Karl Lueger-Ring 4 Illustriertes A M 1. M AI 1873 öffnete im Prater die Wiener Weltausstellung ihre Pforten. Der ersten Euphorie folgten aufgrund enttäuschender Besucherzahlen bald Ernüchterung, der Einbruch des Aktienmarktes und ein Börsenkrach. Unzählige Anleger, Banken und Unter- nehmen schlitterten in den Ruin. Unbeirrt davon eröffnete Franz Landtmann am 1.Oktober 1873 „Wiens eleganteste Café-Localität“. Die Ringstraße - ein Gesamtkunstwerk A m 20. Dezember 1857 schrieb Kai- ser Franz Joseph I. an seinen Innen- minister folgendes Billet: „Es ist mein Wille, daß die Erweite- rung der Inneren Stadt Wien mit Rücksicht auf eine entsprechende Ver- bindung derselben mit den Vorstädten ehemög- lichst in Angriff genom- men und hiebei auch auf die Regulierung und Ver- schönerung meiner Resi- denz- und Reichshaupt- stadt Bedacht genom- men werde. Zu diesem Ende bewillige ich die Auflassung der Umwallung und der For- tifikation der Inneren Stadt sowie der Gräben um dieselbe ...“. Damit fiel der Startschuss für den Bau der Ringstraße; ein Prachtboulevard mit öf- fentlichen Bauten, pri- vaten Palais und auf- wändigen Mietshäusern von circa 4 Kilometern Länge und 57 Metern Breite. Vorherrschender Stil ist der Historismus, der mit unglaublicher Konsequenz bei der Verwirklichung aller Ge- bäude umgesetzt wurde. Einzig beim letzten Bauabschnitt, dem Stubenring, kam es zur Errichtung einiger Jugendstil-Gebäude. Die Baukosten der Ringstraße – für Verkehrsflächen und öffentliche Bauten – betrugen rund 130 Millionen Kronen (circa 1 Milliarde Euro), der Abbruch der alten Stadtbefestigung weitere 50 Millionen Kronen. Das Haus, in dem sich das Café Landtmann befin- det, wurde 1873 errichtet. Den Gesamt- eindruck seiner Hauptfront kann man als ein konzentriertes Aufsteigen bezeichnen, wodurch das Haus von seiner Charakte- ristik her in die Nähe eines Palais rückt. Heute gehört es der IG (Immobilien Gesellschaft) und erstrahlt – prächtig renoviert – in neuem alten Glanz. Eröffnung der 1. Wiener Hochquellenwasserleitung Weltausstellung, Wirtschaftskrise, Wasserleitung F ranz Landtmann wurde am 9. März 1841 als Sohn des Fabrikanten Carl Josef Landtmann und sei- ner zweiten Frau Magdalena in Perchtoldsdorf bei Wien ge- boren. Über die Jugend Franz Landtmanns ist nichts be- kannt; überliefert ist, dass er im Jahr 1865 seine Gattin Maria (geborene Frankl) geheiratet hat. Im Jahr 1867 wurde den Landtmanns die Tochter Maria Franziska, 1869 der Sohn Karl und 1870 ein weiterer Sohn namens Franz Michael gebo- ren. Zwischen 1860 und 1870 hatte Franz Landtmanns Vater Carl Josef seine Wachskerzen- und Honig-Fabrik in Perch- toldsdorf verkauft und ist mit seiner Familie nach Währing übersiedelt, wo er eine Feigen- kaffee-Fabrik gründete. 1873, als der „Schwarze Freitag“ an der Wiener Börse die Aktien- kurse ins Bodenlose stürzen ließ, scheint Carl Josef Landt- mann kein Geld verloren zu haben Dadurch war es ihm offenbar möglich, seinem Sohn Franz bei der Eröffnung von „Wiens elegantester Café- Localität“ (Zitat aus Franz Landtmanns Eröffnungsanzei- ge) finanziell unter die Arme greifen zu können. Rätselhafter Verkauf WARUM F RANZ L ANDT - MANN bereits im Winter 1880/81 sein neues, elegantes und mittlerweile auch gut ein- geführtes Kaffeehaus verkaufte, wissen wir nicht. Wir können nur Vermutungen anstellen, wie zum Beispiel, dass ihm die jahrelange Großbaustelle vis-à- vis seines Kaffeehauses missfiel (Hier wurde das neue Burgthea- ter errichtet; der Spatenstich erfolgte im Dezember 1874, die Eröffnung 1888). Ein wei- terer Grund könnte folgender gewesen sein: Nach dem Ab- leben des Vaters im Jahr 1878 dürften Franz Landtmann, seine Schwester Josefa Fellner sowie die Stiefgeschwister aus Carl Josefs erster Ehe eine ziemlich große Erbschaft an- getreten haben. Dies bewog Franz Landtmann vielleicht dazu, seinen Beruf als Cafetier aufzugeben und ein geruh- sames Leben als Privatier zu führen. Dank der Fellner’schen Familienchronik wissen wir, dass er nach dem Verkauf mit seiner Familie nach Südtirol übersiedelt ist und dort ein Leben in bürgerlichem Wohl- stand genossen hat. Um das Jahr 1884 hat die Familie Landtmann in Franzensfeste (heute: Fortezza) in dem schö- nen Ortsteil „Mittenwald“ ge- wohnt. Verstorben ist Franz Landtmann am 19. August 1905 in Brixen in Südtirol. Alle Nachforschungen in Süd- tirol haben bisher keinen Hin- weis auf Nachfahren von Franz Landtmann ergeben. Auch die Chronik der Familie Fellner gibt darüber keinen Aufschluss. A m 24. Oktober 1873 wurde nach dreijähriger Bau- zeit die erste Hochquellenleitung im Beisein Kaiser Franz Josephs I. sowie hochrangiger Vertreter der Stadt- verwaltung mit einem feierlichen Festakt unter reger Anteilnahme der Wiener Bevölkerung eröffnet. Als Ausdruck und Symbol dieser neuen Lebensquelle wurde der Hochstrahlbrunnen in Betrieb genommen. Damit war die unzulängliche Wiener Trink- wasserversorgung durch kleine vor- städtische Wasserleitungen, aufbe- reitetes Donauwasser (Kaiser-Ferdi- nands-Wasserleitung), Hausbrunnen und Wasserwagen beendet. Seit die- sem Tag kann der berühmte Wiener Kaffee mit frischem Hochquellen- wasser zubereitet werden. Franz Landtmann zu der Zeit, als er das Kaffeehaus gründete. Das Haus um1880 (mit Burgtheater-Baustelle davor)

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EXTRABLATT ��Wien, 2004

Ausgabe Nummer 4Verlagspostamt 1010 Wien

Cafétiers: Familie Querfeld

Dr. Karl Lueger-Ring 4

Illustriertes

AM 1. MAI 1873 öffnete im Prater die Wiener Weltausstellung ihre Pforten. Der ersten Euphorie folgten aufgrund enttäuschender

Besucherzahlen bald Ernüchterung, der Einbruch des Aktienmarktesund ein Börsenkrach. Unzählige Anleger, Banken und Unter-

nehmen schlitterten in den Ruin. Unbeirrt davon eröffnete Franz Landtmann am 1. Oktober 1873 „Wiens eleganteste Café-Localität“.

Die Ringstraße - ein GesamtkunstwerkA m 20. Dezember 1857 schrieb Kai-

ser Franz Joseph I. an seinen Innen-minister folgendes Billet: „Es ist meinWille, daß die Erweite-rung der Inneren StadtWien mit Rücksicht aufeine entsprechende Ver-bindung derselben mitden Vorstädten ehemög-lichst in Angriff genom-men und hiebei auch aufdie Regulierung und Ver-schönerung meiner Resi-denz- und Reichshaupt-stadt Bedacht genom-men werde. Zu diesemEnde bewillige ich die

Auflassung der Umwallung und der For-tifikation der Inneren Stadt sowie derGräben um dieselbe ...“. Damit fiel der

Startschuss für den Bauder Ringstraße; einPrachtboulevard mit öf-fentlichen Bauten, pri-vaten Palais und auf-wändigen Mietshäusernvon circa 4 KilometernLänge und 57 MeternBreite. VorherrschenderStil ist der Historismus,der mit unglaublicherKonsequenz bei derVerwirklichung aller Ge-bäude umgesetzt wurde.

Einzig beim letzten Bauabschnitt, demStubenring, kam es zur Errichtung einigerJugendstil-Gebäude. Die Baukosten derRingstraße – für Verkehrsflächen und öffentliche Bauten – betrugen rund 130Millionen Kronen (circa 1 Milliarde Euro),der Abbruch der alten Stadtbefestigungweitere 50 Millionen Kronen. Das Haus,in dem sich das Café Landtmann befin-det, wurde 1873 errichtet. Den Gesamt-eindruck seiner Hauptfront kann man alsein konzentriertes Aufsteigen bezeichnen,wodurch das Haus von seiner Charakte-ristik her in die Nähe eines Palais rückt.Heute gehört es der IG (Immobilien Gesellschaft) und erstrahlt – prächtig renoviert – in neuem alten Glanz.

Eröffnung der 1. Wiener Hochquellenwasserleitung

Weltausstellung, Wirtschaftskrise, Wasserleitung

F ranz Landtmann wurdeam 9. März 1841 alsSohn des Fabrikanten

Carl Josef Landtmann und sei-ner zweiten Frau Magdalena inPerchtoldsdorf bei Wien ge-boren. Über die Jugend FranzLandtmanns ist nichts be-kannt; überliefert ist, dass er imJahr 1865 seine Gattin Maria(geborene Frankl) geheiratethat. Im Jahr 1867 wurde denLandtmanns die Tochter MariaFranziska, 1869 der Sohn Karlund 1870 ein weiterer Sohnnamens Franz Michael gebo-ren. Zwischen 1860 und 1870hatte Franz Landtmanns VaterCarl Josef seine Wachskerzen-und Honig-Fabrik in Perch-toldsdorf verkauft und ist mitseiner Familie nach Währingübersiedelt , wo er eine Feigen-kaffee-Fabrik gründete. 1873,als der „Schwarze Freitag“ ander Wiener Börse die Aktien-kurse ins Bodenlose stürzenließ, scheint Carl Josef Landt-mann kein Geld verloren zu

haben Dadurch war es ihm offenbar möglich, seinemSohn Franz bei der Eröffnungvon „Wiens elegantester Café-Localität “ (Zitat aus FranzLandtmanns Eröffnungsanzei-ge) finanziell unter die Armegreifen zu können.

Rätselhafter Verkauf

WARUM FRANZ LANDT-M A N N bereits im Winter1880/81 sein neues, elegantesund mittlerweile auch gut ein-geführtes Kaffeehaus verkaufte,wissen wir nicht. Wir könnennur Vermutungen anstellen,wie zum Beispiel, dass ihm diejahrelange Großbaustelle vis-à-vis seines Kaffeehauses missfiel(Hier wurde das neue Burgthea-ter errichtet; der Spatensticherfolgte im Dezember 1874,die Eröffnung 1888). Ein wei-terer Grund könnte folgendergewesen sein: Nach dem Ab-leben des Vaters im Jahr 1878dürften Franz Landtmann,

seine Schwester Josefa Fellnersowie die Stiefgeschwister ausCarl Josefs erster Ehe eineziemlich große Erbschaft an-getreten haben. Dies bewogFranz Landtmann vielleichtdazu, seinen Beruf als Cafetieraufzugeben und ein geruh-sames Leben als Privatier zuführen. Dank der Fellner’schenFamilienchronik wissen wir,dass er nach dem Verkauf mitseiner Familie nach Südtirolübersiedelt ist und dort einLeben in bürgerlichem Wohl-stand genossen hat. Um dasJahr 1884 hat die FamilieLandtmann in Franzensfeste(heute: Fortezza) in dem schö-nen Ortsteil „Mittenwald“ ge-wohnt. Verstorben ist FranzLandtmann am 19. August1905 in Brixen in Südtirol.Alle Nachforschungen in Süd-tirol haben bisher keinen Hin-weis auf Nachfahren von FranzLandtmann ergeben. Auch dieChronik der Familie Fellnergibt darüber keinen Aufschluss.

A m 24. Oktober 1873 wurde nach dreijähriger Bau-zeit die erste Hochquellenleitung im Beisein Kaiser

Franz Josephs I. sowie hochrangiger Vertreter der Stadt-verwaltung mit einem feierlichen Festakt unter reger Anteilnahme der Wiener Bevölkerung eröffnet . AlsAusdruck und Symbol dieser neuen Lebensquelle wurdeder Hochstrahlbrunnen in Betrieb genommen. Damit war die unzulängliche Wiener Trink-wasserversorgung durch kleine vor-städtische Wasserleitungen, aufbe-reitetes Donauwasser (Kaiser-Ferdi-nands-Wasserleitung), Hausbrunnenund Wasserwagen beendet. Seit die-sem Tag kann der berühmte WienerKaffee mit frischem Hochquellen-wasser zubereitet werden.

Franz Landtmann zu der Zeit, als er das Kaffeehaus gründete.

Das Haus um1880 (mit Burgtheater-Baustelle davor)

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SE I T E 2 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2004CH RO N I K� 1881 B I S 1916 �

Amalia Kerl hatte esnicht leicht. Ihr MannCarl Natal war 1865

im Alter von 56 Jahren relativfrüh verstorben. Gemeinsammit ihrem Sohn Eduard führ-te sie die familieneigene Sei-denfabrik weiter und beob-achtete mit Sorge, wie ihrebeiden jüngeren Söhne Ru-dolf und Wilhelm ein lieder-liches Leben führten. Wie sahum 1880 ein liederliches Le-ben aus? Dazu gehörte einmal,spät aufzustehen und zu Mit-tag das Frühstück im Kaffee-haus einzunehmen. Danach

machte man einen Verdau-ungsspaziergang durch dieStadt , mit dem Ziel, ein wei-teres Café aufzusuchen. Hierverbrachte man den Nach-mittag folgendermaßen: dis-kutieren, Karten oder Billardspielen, Zeitung lesen oder einkleines Nickerchen machen.Wenn man so die Stundenzwischen Mittag und Abendüberwunden hatte, ging manin ein Speisehaus soupieren.Danach frequentierte man einNachtcafé, in dem man bis indie frühen Morgenstundenhinein – oft in Gesellschaft

von Damen, deren Ruf eherzweifelhafter Natur war – einefeuchtfröhliche Zeit verbrach-te. Danach fiel man todmüdeins Bett , um erst am nächstenTag zu Mittag wieder zu er-wachen. So oder so ähnlichhatten wahrscheinlich auchRudolf und Wilhelm Kerl gelebt . Geld spielte dabeikeine Rolle, da ihr Vater – sowie in dem berühmten Wie-nerlied besungen – ein „Haus-herr und Seidenfabrikant“war. Und weil ihre beidenSöhne sowieso viel Zeit indiversen Kaffeehäusern zu-

brachten, hatte Amalia Kerlwahrscheinlich die Idee, ih-nen ein eigenes Kaffeehaus zukaufen. So konnten sie ihrerPassion frönen und hattengleichzeitig aber einen bür-gerlichen Beruf sowie eineigenes Auskommen.

Franz LandtmannsNachfolger

AM 24. FEBRUAR 1881erhielten die Brüder Rudolfund Wilhelm Kerl vom Ma-gistrat der k.u.k. Reichshaupt-

und Residenzstadt Wien die„Konzession zur Verabreich-ung von Kaffee, anderen war-men Getränken u. Erfrischun-gen, sowie von Liqueuren al-ler Art u. zur Haltung vonerlaubten Spielen für dieStadt Wien“. Betriebsstandortwar der Franzensring 14 –heute Dr. Karl Lueger-Ring 4– das Café Landtmann. Imfolgenden Jahrzehnt wurdevor allem Wilhelm Kerl Cafe-tier mit Leib und Seele, Ru-dolf Kerl hingegen schien dasFühren eines Kaffeehausesnicht sonderlich gereizt zu

haben. Anders ist sein Rück-zug aus der Geschäftsführungdes Kaffeehauses im Jahre1894 wohl nicht erklärbar. Biszu seinem Ableben im Jahr1930 (23. Juli) führte er dasLeben eines Privatiers, ob-gleich er sich selbst weiterhinals Cafetier bezeichnete. Diesist auch in seinem Toten-schein als Beruf vermerkt .Sein Bruder Wilhelm hinge-gen führte das Café Landt-mann sehr erfolgreich über35 Jahre lang. Er war nichtnur ein bekannter WienerKaffeesieder, sondern auch

WAS KONNTE UM 1880 eine besorgte Mutter tun, wenn zwei ihrer drei erwachsenen Söhne keinerlei Anstalten machten,

einen anständigen Beruf auszuüben bzw. ein geordnetes, bürgerliches Leben zu führen? Entweder resignieren oder

den „Buam“ ein Geschäft kaufen, in der Hoffnung, dass sie dadurch solide werden würden. Im Falle der Amalia Kerl, einer

wohlbestallten Seidenfabrikanten-Witwe aus der Mariahilfer Vorstadt, war dieses Geschäft das Café Landtmann.

Familiengeschichten & Kaffeehaussachen

Wilhelm Kerl

Rudolf Kerl

Elsa Kerl (Rudolf Kerls Ehefrau)

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Wien, im November 2004 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 3CH RO N I K� 1881 B I S 1916 �

ein stadtbekanntes Original. Wiesich sein langjähriger Markör (Zahl-kellner) in einem Artikel der „Kro-nen Zeitung“ erinnerte: „Wie eineUhr hat er Tag für Tag seine Zeitdurchmessen“. Um 7.00 Uhr frühkam er aus seiner Wohnung imLandtmann-Haus (sein Bruder Ru-dolf wohnte weiterhin im Haus derEltern in der Lindengasse 46) insKaffeehaus. Dort überprüfte er alsErstes die Vorräte in Küche undKeller, begrüßte die ersten Früh-stücksgäste und machte sich dannauf, um Einkäufe zu erledigen bzw.Besuche in den Kaffeehäusern derKonkurrenz zu absolvieren. Mittagsum 12.00 Uhr erschien er wiederim Landtmann, wo er zu Mittag aß.Danach zog er sich in seine Woh-nung auf ein Mittagsschläfchenzurück und erschien Punkt 15.00Uhr wieder im Kaffeehaus. Nunbegab er sich in das Spielzimmer,wo er täglich bis um 19.00 UhrTarock spielte. Nach einem abend-lichen Rundgang durch das Kaffee-haus und einer Kontrolle der Kassaverließ er das Landtmann. Darauf-hin kehrte er erst wieder um 10.00Uhr abends zurück, immer auf dieMinute pünktlich, aber oft nichtmehr ganz nüchtern. Er kümmertesich bis zur Sperrstunde persönlichum seine Gäste und rechnete an-schließend die Tageslosung ab.Dieses exakt geregelte Leben wurdedurch den Ausbruch des ErstenWeltkriegs empfindlich erschüttert:Aufgrund des allgemeinen Milch-mangels wurden im August 1915 inden Wiener Cafés der „Einspänner“und die „Sachertorte mit Schlag“von den Karten gestrichen. Es gab

nur mehr „Melange ohne“, für dasdazugehörige Kipferl brauchte man– infolge von Getreideknappheit –eine Brotkarte. Im November des-selben Jahres wurde dann Zuckerdurch Sacharin ersetzt , im Jänner1916 die Milch zum Jausenkaffeegestrichen. Zusätzlich zu all diesenkriegsbedingten Ärgernissen er-krankte auch Wilhelm Kerls FrauFanny. All das zermürbte den Cafe-tier so sehr, dass er im Oktober1916 das Kaffeehaus um 240.000Kronen an Karl Kraus verkaufte. Mit dem Verkauf des Kaffeehausesgab er auch seine Wohnung imLandtmann-Haus (OppolzergasseN° 6) auf und übersiedelte in dasKerl’sche Stammhaus in die Linden-gasse 46. Kurz darauf, ausgerechnet

am 24. Dezember um 19.00 Uhr,starb seine Frau Fanny. Dieses Er-eignis sowie die rapide Geldent-wertung in den folgenden Jahrenund der damit verbundene rasante

Verfall seines Vermögens verbitter-ten den ehemals so leutseligen undwohlhabenden Mann. Er zog sichvöllig zurück, ließ sich einen weißenVollbart wachsen und ging nur ein-mal am Tag aus, um in einer Ge-meinschaftsküche ein kärglichesMittagsmahl zu sich zu nehmen. Im September des Jahres 1922schied er schließlich im Alter von68 Jahren durch das Einatmen vonLeuchtgas freiwillig aus dem Leben.Anlässlich seines Ablebens verfass-te die Illustrierte Kronen Zeitungam 17. September 1922 folgendenNachruf:

„ .. . In den Siebzigerjahren hatder damals blutjunge Wilhelm Kerlgemeinsam mit seinem Bruder Ru-dolf das Kaffeehaus auf dem dama-ligen Franzensring von dem Grün-der des Lokals, dem KaffeesiederLandtmann, gekauft. Einige Jahrespäter war er der alleinige Besitzerdes Kaffeehauses, welches das bes-sere Bürgertum, berühmte Schrift-steller und Schauspieler zu seinenStammgästen zählte.

Wilhelm Kerl erwies sich alsäußerst tüchtiger Geschäftsmann.Er verstand es, durch sein geradesWesen und durch die gediegeneGeschäftsführung die alten Gästezu halten und neue heranzuziehen.Er war sehr sparsam, fast knicke-risch, aber nur für die eigenePerson.

Sein Personal hielt er gut. Werim Café Landtmann, sei es als Mar-

kör oder Koch oder sonst angestelltwar, blieb jahrelang, denn der Kaf-feesieder setzte seinen Stolz darein,nur mit verläßlichem Personal zuarbeiten.“

Das Entree des Café Landtmann vor der Art déco-Neugestaltung

Die erste Landtmann-Terrasse befand sich auf der Ringstraßen-Seite

Kaffeehaus - In deinem Lager ist Österreich !

Die Cafetiers des Café Landtmann

Z ur Zeit als Wilhelm Kerl Cafetier im Landtmann war,erschien in Wien ein schmales Bändchen, dessen Titel

„Wiener Skizzen aus der Vaterstadt“ lautete. In ihm schrieb der bekannte Feuilletonist Eduard Pötzl folgende Hymne aufdas Wiener Kaffeehaus:

„Das Wiener Kaffeehaus hat seine gute alte Seele auch in die neue Zeit herübergerettet , und bald wird der Tag kommen , an dem man zu ihm sagen muß: In deinem Lager ist Österreich!

Sind auch die allertraulichsten, verrauchtesten, altmo-dischen Kaffeehäuser verschwunden, so haben doch die ele-ganten, blitzblanken, neuen Lokale die überlieferte Gemütlich-keit aufgenommen und pflegen sie weiter. Die Kinder undKindeskinder des alten Kaffeehauses sind wohl schon einwenig protzig verzogen, aber den Familienzug haben sie dochalle und setzen einen gewissen Stolz darein, von der ehr-würdigen, mehr als zweihundertjährigen Kaffeehaus-Dynastieabzustammen.

... Das Kaffeehaus putzt sich mehr als ehedem, aber esbleibt der Wiener Mode treu, und darum hat es Schulegemacht in der ganzen Welt , ist vorbildlich geworden undunerreichbar geblieben; denn außerhalb unseres Vaterlandesgibt es zwar viele Erfrischungsstätten, die sich „Wiener Café“nennen, aber ein Wiener wird lachen über diese hilfloseUnähnlichkeit oder er ärgert sich sogar und bekommtHeimweh ...“

Wenn man als Landtmann-Gast heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, diesen Text liest , fällt einem seine ver-blüffende Gültigkeit auf. Und man stellt fest , dass sich dasWiener Kaffeehaus in seinem über 300-jährigen Bestehenzwar immer verändert und weiterentwickelt hat , im Kern seinesWesen aber unverändert blieb – eine Wiener Institution mitzeitlos junger Seele.

1873 B I S 1881 · Franz Landtmann

1881 B I S 1916 · Wilhelm & Rudolf Kerl

1916 B I S 1921 · Karl Kraus

1921 B I S 1926 · Hokare Ges.m.b.H.

1926 B I S 1949 · Konrad Zauner

1949 B I S 1976 · Erwin & Tamara Zauner

S E I T 1976 · Familie Querfeld

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SE I T E 4 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2004CH RO N I K� 1916 B I S 1926 �

Die Gründung der jun-gen Republik war mitheftigen Geburtswe-

hen verbunden – Gefahr droh-te dem jungen Staat sowohlvon außen als auch von innen.So wurde im November 1918Innsbruck von italienischenTruppen besetzt (sie blieben bis1920 ! ), im Dezember besetztenbewaffnete südslawische Ver-bände Teile von Kärnten undder südlichen Steiermark – eskam zu Kämpfen, zu einemWaffenstillstand sowie zu einerVolksabstimmung im Jahr 1920,in der sich die Kärntner Bevöl-kerung für einen Verbleib beiÖsterreich entschied. Unruheund Kämpfe gab es auch in

Wien. Hier versuchten dieKommunisten mehrmals zuputschen, weiters gab es wie-derholt Hungerdemonstratio-nen. All das fand naturgemäßvor dem Wiener Parlamentund somit unmittelbar vor demCafé Landtmann statt. So be-schreibt Josefine Winter, diedamals im Landtmann-Hauswohnte, in ihrem Buch „50Jahre eines Wiener Hauses“folgende Szenen:

„Das Haus, das so vielefriedliche Aufzüge und schöneFeiern gesehen hatte, wurde imNovember 1918 Zeuge der Re-volution; vom Parlament herü-ber knatterten die Schüsse derKommunisten, die Massen flu-

teten fliehend in die Oppolzer-gasse und hätten beinahe dasTor gestürmt. Drei Jahre späterwar es umsaust von der brüllen-den Horde, die Hoteliers, Kaf-feehausbesitzer und Geschäfts-leute des Rings und der Kärnt-nerstraße für die Fehler der Re-gierung büßen ließ. Das Hauskam durch kluges Verhandelndes Gastwirtes im Parterrelokalohne Schaden davon.“

Die HokareGes.m.b.H.

Der mutige „Gastwirt“, dersich am 21. November 1921der aufgebrachten Menschen-menge entgegengestellt hatte,

war David Müller. Er hatte ge-meinsam mit Philipp Färber imFebruar 1921 die „Hokare Ges.m.b.H.“ (Hotel, Kaffee- und Res-taurationsbetriebs Ges.m.b.H.)mit einem Stammkapital von900.000 Kronen gegründet.Diese Gesellschaft kaufte derFamilie Kraus (siehe gegenüber-liegende Seite) das Café Landt-mann ab und übernahm ab 2. Juni 1921 die Leitung desLandtmann. Im Zuge der Über-nahme scheint es zu einemStreit zwischen David Müllerund Philipp Färber gekommenzu sein, denn dieser schied bereits am 20. April aus der„Hokare Ges.m.b.H.“ als Ge-schäftsführer aus. Statt ihm

wurde Eugenia „ Jenny“ Chlam-tatsch Geschäftsführerin, aufsie war auch die Kaffee- undGastgewerbe-Konzession aus-gestellt. Die 1873 als EugeniaSchnur geborene Jenny Chlam-tatsch hatte zu dieser Zeitschon einige Erfahrung in derGastronomie gesammelt . Siebetrieb unter anderem Gast-wirtschaften am Stubenring 18sowie in der Rauhensteingasse8; als „g’standene“ Wirtin führ-te sie das Café Landtmannsicher mit strenger Hand ... Fak-tum ist, dass es damals allesandere als ein Kinderspiel war,einen so großen Betrieb wiedas Landtmann zu leiten. Dennmit dem rasanten Wertverfallder österreichischen Währung(Krone) war sinnvolles Wirt-schaften kaum möglich. Hiereinige Beispiele: Im Jahr 1919zahlte man für 100 SchweizerFranken 576 Kronen, 1920 waren es bereits 2.702 Kronen,1921 dann 12.200 Kronenund im darauffolgenden Jahrsogar 360.000 Kronen. EndeSeptember 1924 erreichte dieInflation dann ihren Höhe-punkt: für einen Laib Brotmusste man 8.500 Kronen, für1 Ei 1.650 Kronen bezahlen.Das führte am 12. Dezemberzur Einführung einer neuenWährung, des Schillings.

Ab 20 Dezember begann derWährungsumtausch, bei demman für 10.000 Papierkronen1 Schilling bekam. Zu diesemZeitpunkt war Jenny Chlam-tatsch aber nicht mehr Landt-mann-Geschäftsführerin. Stattihr übernahm der GastwirtLeopold Müller (wahrscheinlichein Verwandter David Müllers),der im 3., 9., 14. und 16. BezirkGasthäuser betrieben hatte, dieGeschäftsführung. Am 17. März1925 schließlich wurde dieHokare Ges.m.b.H. aufgelöst ,eineinhalb Jahre später (13.September 1926) wurde dasCafé Landtmann an die Fami-lie Zauner verkauft. Die Liqu-idation der Hokare Ges.m.b.H.erfolgte am 6. Oktober 1926.Sowohl David als auch Leo-pold Müller erlebten die Liqui-dation ihres Betriebs nichtmehr, beide starben Anfang desJahres 1926 an Herzversagen.Eugenie Chlamtatsch lebte inbürgerlichen Verhältnissen bis1939 in Wien (ihr um 11 Jahreälterer Mann Isidor war unteranderem Geschäftsführer einesKaffeehauses in der Roten-turmstraße). Am 22. Juli 1939wurde Eugenie Chlamtatsch indas Konzentrationslager The-resienstadt deportiert, wo sie 3Wochen später, am 13. Auguststarb.

Wilde Jahre & Wechselsp

Dort reizte ein hellerleuchtetes Kaffeehaus, vor dem mehrere Autos warte-ten, die Wut der Demonstranten ... Ein junger Bursche warf den ersten

Stein gegen das Lokal und zertrümmerte die großen Spiegelscheiben desKaffeehauses. Eine panikartige Angst erfaßte die Gäste, als sie den lärmendenHaufen junger Burschen vor den Fenstern sahen, alles sprang von den Sesselnauf, die entsetzten Gäste ließen Überröcke, Hüte, Stöcke und Schirme im Stichund flüchteten vor den hereinsausenden Steinen und Glassplittern in dasrückwärtige Spielzimmer, denn schon drang die johlende Meute durch dieTüre und die zertrümmerten Fenster in das Lokal, dessen Einrichtungs-gegenstände binnen weniger Minuten zertrümmert waren, ein ...

Diese Szene stammt aus dem 1921 von Leopold Ed. Weydhoff veröffent-lichten Revolutionsroman „Österreichs Ende?“. Die Szene des Romans spieltzwar nicht im Landtmann, wenn man aber an die diesbezügliche Briefpassagevon Karl Kraus Schwiegertochter Hedwig denkt („ ... der Pöbel zerstörte öftersdie Einrichtung des Cafés“), hat sich Ähnliches auch im Café Landtmann abgespielt. Hier eine Chronologie der Ausschreitungen:

191812. NOVEMBER Zehntausende Menschen, vorwiegendRotgardisten, versuchen zu putschen. Es kommt zu Schießereien, es gibt 2 Tote und 40 Verwundete.

1919 31. JÄNNER Demonstration von Arbeitslosen. Es kommt vor dem Parlament zu Zusammenstößen mit der Polizei.12. APRIL Demonstration von Arbeitslosen. 17. APRIL „Gründonnerstagsputsch“: Kommunisten versuchen das Parlament zu stürmen. Es gibt 6 Tote und 76 Verletzte.25. APRIL Nach dem Begräbnis der Opfer des „Gründon-nerstagsputschs“ kommt es zu schweren Ausschreitungen.1. JUNI Demonstration der Kommunisten.5. JUNI Rotgardisten demonstrieren vor dem Parlament.15. JUNI Kommunistischer Putschversuch. In der Hörlgassefindet eine Schlacht mit 20 Toten und 80 Verletzten statt.

19211. NOVEMBER Demonstrationen infolge extremerTeuerungen. Es kommt zu Krawallen und Plünderungen im ganzen 1. Bezirk sowie in der Mariahilfer Straße.

Politische Unruhen vor den Toren des Landtmann

AM 11. NOVEMBER 1918 verzichtete Kaiser Karl I. auf die Ausübung der Regierungs-geschäfte, am 12. November wurde von der provisorischen Nationalversammlung die

Republik Deutschösterreich ausgerufen. Dieses Datum war für das Café Landtmann insofernwichtig, da es sich in den kommenden Jahrzehnten in seiner Adresse wiederfand: Aus demnach dem Kaiser Franz benannten Ringabschnitt wurde nun der Ring des 12. November.

Die Landtmann-Terrasse zur Zeit der Hokare Ges.m.b.H.

Demonstration vor dem Parlament

Eine Ansichtskarte vom Landtmann aus dem Jahr 1922

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iel der Besitzverhältnisse

K arl Kraus – nichtverwandt mit demSchriftsteller gleichen

Namens! – wurde am 16. Ok-tober 1864 im damaligenWiener Vorort Fünfhaus ge-boren. Er entstammt einerwohlbestallten Familie, die eine Fleischhauerei besaß.Der junge Karl Kraus führteetliche Jahre lang eine eigeneFleischhauerei in der Schön-brunnerstraße 31 (die Gewer-bekonzession legte er im Jahr1905 zurück). Am 15.Oktober 1889 hei-ratete Karl Kraus dieebenfalls aus gutbür-gerlichen Verhältnis-sen stammende RosaKupferschmied. DasEhepaar hatte zweiKinder Karoline MariaKraus (genannt „Mur-la“) sowie Karl Krausjunior, der den fami-lieninternen Spitzna-men „Bonki“ trug. Ineinem Brief aus demJahr 1986 beschriebdie damals 82-JährigeHedwig Kraus (Ehe-frau von Karl „Bonki“Kraus) ihrer Nichte(Tochter von Karoline„Murla“ Kraus ) d ie

Kraus’sche Familiengeschichtefolgendermaßen:

„Die Familie Kraus stammtaus Wien. Deine Urgroßelternwaren biedere Geschäftsleute,hatten eine gute Fleischerei,waren wohlhabend. Dein Groß-vater Karl Kraus (= spätererLandtmann-Cafetier) lerntedasselbe Handwerk, war aberdamit unzufrieden. Er heirate-te Deine Großmutter, die ausdem gleichen Milieu kam. Siebetrieben ca. 10 Jahre das Ge-

schäft , waren wohlhabend,hatten für Deine Murla (=Tochter Karoline) und Bonki(= Sohn Karl junior) eineGouvernante, die Kinder spra-chen mit 3 Jahren besser fran-zösisch als deutsch, das er-zählte mir Bonki oft. EineKutsche, ein Kutscher, etc.Aber Dein Großvater wolltehöher hinaus. Er hatte einemusische Ader, liebte dasTheater, etc. Auf Rat einesFreundes kaufte er das damals

nobelste Hotel inSalzburg. Es wohntenviele Adelige dort ,auch ein Erzherzog(Prinz) das ganze Jahr,ebenso Dein Vater.Der Erzherzog war einNeffe des Kaisers .Bonki und Murla sag-ten zu ihm „Erzi“, eraß mit ihnen amMittagstisch, fuhr mitIhnen Rad in demgroßen Park. Es hieß„Parkhotel“, existiertnicht mehr. Der Erz-herzog lebte nicht nurim Hotel , sondernauch in der FamilieKraus, er haßte dashöfische Zeremoniell,wollte nicht nur in

seinem kalten Schloß Kleß-heim leben. Er war ledig, jungund fühlte sich in der Unge-zwungenheit der Familie Krauswohl. Er flirtete mit DeinerMurla. Aus Angst , es würdedaraus eine Liaison entstehen,bevorzugten sie Deinen Vater,der um die Hand DeinerMurla angehalten hatte. Daswar damals so Brauch. DeineMurla 17 Jahre alt. Sie liebtedeinen Vater nicht . Aber erwar ein korrekter, eleganter,wohlhabender Mann, die El-tern meinten es gut und soheiratete er Deine Murla. DieEhe war natürlich nicht glück-lich, die Charaktere zu ver-schieden. Dein Vater liebteDeine Murla sehr auf seineArt, aber sie war immer un-glücklich. ...

Der Erwerb desLandtmann

Inzwischen verkauftenDeine Großeltern das Hotel,Deine Großmutter war dieUrsache, die unbedingt inWien sein wollte. Sie machteDeinem Großvater das Lebenschwer, war schwer depressiv,fast psychopathisch. Sie kauf-ten in Wien das elegante Café

Landtmann. In den Revoluti-onsjahren nach 1918, war dasLeben hier sehr schwer, derPöbel zerstörte öfters die Ein-richtung des Cafés, die Groß-eltern verloren die Nerven,der Ring (wo ich heute nochwohne) war sehr oft derKampfplatz der Kommunisten.Bonki (= Karl junior) war 61/2 Jahre in Sibirien in Gefan-genschaft , kam erst 1921 ausdem Krieg zurück. Seine El-tern (= Kaffeesieder Karl undRosa Kraus) wußten über 2Jahre nicht, ob er noch lebte.Knapp bevor er kam, verkauf-ten sie das Café an die Hoka-re Ges.m.b.H.. Sie erwarteten

ihn nicht mehr. Das ganzeGeld dafür ging in der Infla-tion verloren. Sie waren plötz-lich ganz arm. Bonki wurdezuerst Bankbeamter, wir hei-rateten in dieser schwierigenLage. Wir wohnten 4 Jahremit Bonkis Eltern zusammenin dieser Wohnung. Schwerdieser Anfang. Aber wir beka-men Wolfi (= Wolfgang Kraus)und waren mit ihm glücklich.Bonkis Eltern fanden danneine kleine Wohnung nachmißglückten Versuchen, eineneue Existenz aufzubauen.Wir blieben hier, es war eineböse Zeit der Arbeitslosigkeit ,Inflation etc. ...“

Dieser Brief schildert sehrgenau die Fakten: Karl Kraus’Kinder, Karoline Maria undKarl junior, wurden 1891 bzw.1892 geboren, 1924 heirateteKarl junior die Verfasserin desBriefes, die Familie Kraus be-saß bis um 1990 eine herr-schaftliche Wohnung am Dr.Karl Lueger-Ring 22. Zwei De-tails sind nicht ganz korrekt:Der erwähnte Erzherzog warhöchstwahrscheinlich ViktorLudwig (1842 –1919), der aufSchloß Kleßheim in Salzburglebte. Er war allerdings nichtder Neffe, sondern der jüng-ste Bruder von Kaiser FranzJoseph I. Und die Sorgen derFamilie Kraus, dass er ihreTochter verführen würde, wa-ren unbegründet , denn ViktorLudwig war für seine homo-phile Neigung bekannt.

Seine wirtschaftlichen Sor-gen konnte Karl Kraus, nach-dem er das Café Landtmannverkauft und den Erlös in derInflation verloren hatte, ab demJahr 1928 wieder in den Griffbekommen. Ab dem 20. Märzdieses Jahres war er bis zu sei-nem Tod im Jahr 1933 wiederCafetier: zuerst in der Burg-gasse 28-32 und ab 1931 im18. Bezirk, in der Gymnasium-straße 2. Sein Enkel WolfgangKraus, ein bekannter Kultur-und Fernsehjournalist, kehrteoft und gerne an die Wir-kungsstätte seines Großvaterszurück und war jahrzehntelangStammgast im Landtmann.

Die Familie Kraus

Karl „Bonki“ Kraus in der Kraus’schen Wohnung am Dr. Karl Lueger-Ring 22

Dr. Wolfgang Kraus, Enkel des Cafetiers undLandtmann-Stammgast Ansicht um 1918

LANDTMANN-CAFETIERS VON 1916 BIS 1921

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K onrad und sei-ne Frau An-gela Zau-

ner besaßen impolnischen – bis1918 zu Öster-reich gehören-den – Ort Bielitz( B i e l s ko - B i a l a )das Hotel Royal.Da die politischeLage in Polen KonradZauner zunehmend ver-unsicherte, verkaufte er dasHotel und zog gemeinsam mitseiner Familie nach Wien.Hier suchte er ein beruflichesBetätigungsfeld in der Gast-ronomie und kam so auf dasLandtmann, dessen beideBesitzer gerade verstorbenwaren. Das Landtmann kann-te er aus seiner Jugend, als ereine Kellnerlehre in einemGasthaus, das unmittelbarneben dem Café lag, absol-vierte. Da Gasthäuser damalskeinen Kaffee führten, wurdeder Piccolo Konrad, wannimmer ein Gast Kaffee wün-schte, ins benachbarte Landt-mann geschickt , um dort wel-chen zu holen. Erwerb undRenovierung

des Landtmann war KonradZauner deshalb möglich, weiler kurze Zeit zuvor seine An-teile am Hotel seiner Elternin Zell am See an seinenBruder verkauft hatte. Mit derRenovierung und Innen-ausstattung des Kaffeehausesbeauftragte Konrad Zaunerden Architekten Ernst Meller.Dieser holte den BildhauerHans Scheibner, der die vierimposanten Holzsäulen imEntree gestaltete. Die Reliefsder Holzsäulen stellen be-rühmte Premierenszenen desBurgtheaters dar. Im Zuge desUmbaus wurde auch die Ter-rasse in ihrer heutigen Formund Größe geschaffen. ImJahr 1976, als das Landt-mann unter Denkmalschutzgestellt wurde, hieß es in der

Begründung des Denkmal-schutzamtes: „Der Schöpferder Ausstattung war ProfessorErnst Meller, der zahlreiche,heute nicht mehr bestehendeWiener Kaffeehäuser einge-richtet hat. ... Die vier skulp-tierten Säulen sind Unikate,die thematisch auf ein imKrieg verschollenes Holz-schnittbuch des Burgtheaterszurückgehen. In den Räumendes Café Landtmann hat sichmit der Ausstattung eine At-mosphäre erhalten, die heutein Wien kaum noch zu fin-den ist ...“.

Das in neuem Glanz er-strahlende Kaffeehaus zogeine schillernde Klientel,die sich aus Schauspie-lern, Politikern, Univer-sitätsprofessoren undKünstlern zusammen-setzte, an. Bereits inden ersten Tagen

nach der Eröffnung, im Juni1927, trugen sich in das neuaufgelegte „Goldene Buchdes Café Landtmann“ unteranderem die Burgtheater-Schauspieler Hedwig Bleib-

treu, Raoul Aslan und Hans Marr,

der KomponistEmmerich Kál-mán , d e s s enTe x t d i c h t e r Alfred Grün-wald ein. Wei-tere berühmte

Stammgäste wa-ren Ewald Balser,

Albin Skoda, Hele-ne Thimig, Paul und

Attila Hörbiger, Paula Wes-sely sowie Gustav Fröhlich,Franz Lehar, Felix Salten undLuis Trenker. Auch den ehe-maligen englischen KönigEdward VIII . (er verzichtete1936 auf den Thron undführte danach den Titel„Herzog von Windsor“) sahman des öfteren als Gast im Café Landtmann. Er warPatient des berühmten HNO-Arztes UniversitätsprofessorHeinrich von Neumann, derseine Praxis und Wohnungim Landtmann-Haus hatte.

Was die im Landtmannverkehrenden Politiker be-trifft , hatte Konrad Zaunereine ganz klare Linie, die fol-gendermaßen lautete: „Fürmich gibt es keine Parteien,so lange sich ein Gast an-ständig aufführt , ist er inmeinem Kaffeehaus König.“Dies war umso bemerkens-werter, als in den 20er und30er Jahren die politischenParteien in Österreich ja totalzerstritten und verfeindetwaren. Da Konrad Zaunerjedoch strikt darauf achtete,dass sein Kaffeehaus nicht indie innenpolitischen Turbu-

Konrad und Angela Zauner

DAS CAFÉ LANDTMANN, das der seit 1925 in Liquidation befindlichen Hokare Ges.m.b.H. gehörte, wurde

am 13. September 1926 vom Hotelier Konrad Zauner gekauft. Das Erste, was der neue Eigentümer unternahm, war,

den bekannten Architekten Ernst Meller mit dem Umbau und der Renovierung des Kaffeehauses zu betrauen.

Am 8. Juni 1927 eröffnete er dann das im modernen Art déco-Stil neu gestaltete Kaffeehaus.

Art déco, Weltkrieg,Staatsvertrag

Bildhauer Hans Scheibner bei der Arbeit an einer Säule für das Café Landtmann (1926) Konrad Zauners Café-Restaurant Landtmann in den 30er Jahren

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lenzen hineingezogen wur-de, blieb das Landtmannein neutraler Ort . Hier tran-ken sowohl prominente Sozialdemokraten, wie Bür-germeister Karl Seitz (einenger Freund der FamilieZauner), Theodor Körner (er kam entgegen den dama-ligen Modegepflogenheitenimmer ohne Hut ins Landt-mann) und Karl Rennerunbehelligt ihren Kaffee, als auch führende Vertreterder Christlich-Sozialen unddes Ständestaates, wie En-gelbert Dollfuß, Kurt Schu-schnigg und Graf Starhem-berg (Letzterer hatte sichhier immer mit der Burg-schauspielerin Nora Gregorget ro f fen . . . ) . Nach demAnschluss Österreichs ansDeutsche Reich im Jahr1938 verkehrten dann auchdie neuen Machthaber imCafé Landtmann. Dem na-tionalsozialistischen Regimegegenüber musste KonradZauner natürlich Kompro-misse eingehen. Und sowurde das bis dahin striktüberparteiliche KaffeehausMitglied der „Deutschen Ar-beitsfront“. Es handelte sichdabei um eine Zwangsge-meinschaft von Arbeitneh-mern und Arbeitgebern, diemit 25 Millionen Mitglie-dern die größte Massen-organisation im DeutschenReich war und die sich innahezu alle Bereiche derWirtschafts- und Sozial-politik einmischte. Dass daselegante Kaffeehaus auchvon den neuen Macht-habern frequentiert wurde,versteht sich von selbst (sofindet sichim „Golde-nen Buchde s Ca f éL a n d t -mann“ eineEintragungH e r m a n nGörings ausd e m J a h r1941).

Erwin undTamara Zauner

BIS ZUM SOMMER 1940bestand die Familie Zauner inWien aus den Eltern Konradund Angela sowie aus ihrenbeiden Kindern Erwin undEdith. Wobei Erwin jahrelang

nicht im Kaffeehaus präsentwar, da sein Vater ihn zuerstzu einer Zuckerbäckerausbil-dung nach Radstatt und da-nach auf die Hotelfachschule„Ecoles Professionelles de laSociété des Hôteliers“ nach

Lausanne schick-te. Im Jahr 1939wu rde E rw inZauner zur deut-s chen Wehr -macht eingezo-gen, im selbenJahr lernte erseine Frau Ta-mara kennen.Sie heirateten1 9 4 0 , d i eHochzeitsfeierfand natürlich

im Landtmann und zwar im„Löwel-Zimmer“ statt. ErwinZauner musste zurück an dieFront und Tamara Zauner ar-beitete fleißig im Betrieb ihrerSchwiegereltern mit. Durchden Krieg wurden die Le-bensmittel knapp und daherrationiert , doch das Landt-mann bekam ausreichend Le-

bensmittelmarken, um denBetrieb aufrecht erhalten zukönnen. Als Wien in den Jah-ren 1943 bis 1945 immermassiver von der alliiertenLuftwaffe angegriffen wurde,flüchtete die Familie Zaunersamt ihren Kaffeehausgästenoft mehrmals täglich in dieKeller, die sich mehrere Stock-werke tief unter dem Café be-finden. Auch die Kaffeehaus-küche wurde in den Kellerverlegt – in die Räume desdort befindlichen Theaters.Als am 12. März 1945 einBombentreffer den bei derAlbertina gelegenen Philipp-hof so sehr zerstört hatte, dassdie in den Kellern verstecktenBewohner nicht geborgen

werden konnten und elendumkamen, nahm ein Burg-schauspieler immer eine Pis-tole in den Landtmann-Kellermit (um sich im Fall einerähnlichen Katastrophe er-schießen zu können ...). DasHaus, in dem sich das CaféLandtmann befindet, wurdeim Großen und Ganzen ver-schont (abgesehen von einemleichten Treffer links oben imletzten Stock); nicht verschontwurde es im April 1945 vonden russischen Soldaten, dienicht nur die Spirituosen-Vorräte des Ka f feehausesplünderten, sondern auchalle Spiegel im großen Saaldes Café Landtmann zer-schossen. Sie stellten auf derTerrasse des Landtmann eineStalinorgel auf, mit der sieden 2. und 20. Bezirk be-schossen. Nach dem Ende derKampfhandlungen wurde einrussisches Garderegiment imLandtmann-Haus einquar-tiert. Der Major dieses Regi-ments war ein gebildeter, welt-gewandter Mann, der weitereVerwüstungen im Landtmannverhinderte. In den Räumendes Kaffeehauses wurden Gu-laschkanonen aufgestellt undeine Ausspeisung eingerich-tet. Hier konnte die Bevölke-rung des 1., 8. und 9. Bezirksgegen Abgabe von Lebens-mittelmarken Essen ausfassen.Als die Familie Zauner fürden Betrieb des KaffeehausesLebensmittel zugeteilt bekam,begann wieder der normaleKaffeehausbetrieb. Nicht nurder oben erwähnte russischeMajor wurde Stammgast imKaffeehaus, sondern auchviele Offiziere der anderendrei Besatzungsmächte. Na-türlich verkehrten im Landt-mann auch bald wieder öster-reichische Politiker, Schau-spieler und Künstler. Unteranderem Paula von Prerado-vic, die den Text „Land derBerge, Land am Strome...“ ver-fasste. Dieser Text sowie dieMelodie „Brüder reicht dieHand zum Bunde“ wurde am25. Februar 1947 per Minister-ratsbeschluss zur österreichi-schen Bundeshymne erklärt .

Erwin und Tamara Zauner mit ihrem Sohn Heinz, Weihnachten 1946(links oben) • Tamara Zauner mit Kanzler Julius Raab bei einer

Balleröffnung (rechts oben) • Erwin und Tamara Zauner mit Kaffee-köchin und Ober Ehrlich, im Jahr 1958 (unten Mitte)

Das Landtmann und der

Staatsvertrag

Als im Dezember 1949 Konrad Zauner starb, übernahmsein Sohn Erwin die Leitung des Cafés. Erwin Zauner war einweltgewandter Cafetier, der 6 Sprachen sprach und der stell-vertretender Obmann der Kaffeesieder war und der auch zuallen führenden Politikern einen guten Draht hatte. Den eng-sten Kontakt hatten er und seine Frau Tamara zu dem dama-ligen österreichischen Bundeskanzler Julius Raab. Er warregelmäßiger Landtmann-Stammgast, ihn begleitete TamaraZauner sogar zur feierlichen Eröffnung von Bällen.

Als 1955 der österreichische Staatsvertrag und damitÖsterreichs Freiheit nach Verhandlungen in Moskau endlichunter Dach und Fach gebracht waren, organisierte TamaraZauner eine kleine Überraschung für den Kanzler.Gemeinsam mit Julius Meinl und der Firma Gerstner, die einkaltes Buffet bereitstellte, organisierte sie für den erschöpftins Bundeskanzleramt zurückkehrenden Julius Raab einekleine Feier. Und als sie ihm auch noch in seiner gewohntenKaffeeschale (die größer als die anderen Schalen desLandtmann war) seinen geliebten, sehr hellen Milchkaffeeservierte, murmelte Julius Raab gerührt:

„Sie haben mir so eine große Freude gemacht ...“

Edith Zauner mit Luis Trenker

Außenminister Leopold Figl auf der Landtmann-Terrasse, im Jahr 1957 Zeppelin über dem Burgtheater; fotografiert von Erwin Zauner, im Jahr 1931

Julius Raab auf seiner Regierungsbank im Landtmann

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Seine Frau Tamara undsein Sohn Heinz führ-ten das Kaffeehaus so-

wie das ebenfalls von ihnenbetriebene Buffet im Burg-theater ein Jahr lang gemein-sam weiter. Im Laufe diesesJahres beschlossen sie, dassHeinz Zauner das Burgthea-terbuffet alleine führen solle.Tamara Zauner aber hattenach 35 bewegten Berufs-jahren wenig Lust , das rie-sengroße Kaffeehaus weiter-zuführen. So begann sie,einen Käufer für das Landt-mann zu suchen. Dieser tratschließlich in Gestalt vonHerbert Querfeld auf den

P l a n . E i n W i en e r a l t e nSchlags, der bisher in denunterschiedlichsten Bran-chen als Unternehmer undGewerbetreibender tätig war.Er übernahm von der FamilieZauner das Landtmann undes gab bis zu seinem Tod imFrühjahr 2004 kaum einenTag, an dem er nicht in sei-nem Kaffeehaus saß.

Die FamilieQuerfeld

H E R B E R T Q U E R F E L D

stammt aus einer Familie, diein Wien Hietzing beheimatetist . Sein Vater Karl Felix

Querfeld war Mittelschul-professor für Mathematikund Geographie, seine Mut-ter war Hausfrau. Als Bubwuchs er in den 30er Jahrenin einem kleinen Haus, dasin einer sehr grünen Gegendnahe des Lainzer Tiergartensliegt , auf. Zum Kummer sei-nes Vaters brach HerbertQuerfeld die Mittelschule abund machte stattdessen einekaufmännische Lehre. Im 2.Weltkr ieg wurde HerbertQuerfeld schwer verwundetund kam bereits vor demEnde des Kriegs wieder nachWien zurück. Nach demKrieg heiratete er seine erste

Ehefrau und schlug sich mitallerlei Jobs durchs Leben.Dabei kam ihm seine Bega-bung als brillanter Verkäuferzugute. Einer seiner erstengroßen beruflichen Erfolgewar die Mitbegründung desVertriebs der Buch-g e m e i n s c h a f tD o n a u l a n dund er ver-kaufte hun-derttausendeB ü c h e r i nganz Österreich.Mitte der 50er Jahrewechselte er von der Buch- in die Elektro-Branche undgründete sein eigenes Unter-

nehmen „Elektro Querfeld“.In den nun beginnendenWir t s cha ft swunde r j ah renverkaufte er den Österrei-chern und Österreicherinnendie neuesten Errungenschaf-ten auf dem Gebiet der nun

a u f k o m m e n d e ne l e k t r i s c h e n

Haushal tsge-räte: Wasch-masch inen ,Mixer, Kühl-

schränke undHerde. Ein wei-

terer kaufmänni-scher Geniestreich war derImport der ersten teflonbe-schichteten Pfanne aus Frank-

reich. Unter dem Namen„Wunderpfanne“ vermarkteteHerbert Querfeld die Teflon-pfanne, die bald in keinemösterreichischen Haushaltfehlte. 1960 heiratete Her-bert Querfeld seine zweiteFrau Anita. Mit ihr gemein-sam baute e r da s k le ineHaus seiner Eltern zu einemkomfortablen Familienwohn-sitz aus. Dies war insofernnotwendig, da Herbert undAnita Querfeld im Laufe der 60er Jahre insgesamt 4 Kinder (2 Söhne und 2Töchter) bekamen. Anfangder 70er Jahre war ElektroQuerfeld Österreichs größter

Vom Wiener Kaffeehaus zur Wiener InstitutionIM LAUFE DER 50ER, 60ER UND 70ER JAHRE wurde das Café Landtmann allmählich zu einer Institution.

Dies hing einerseits damit zusammen, dass in diesen beiden Dekaden viele Filme im Landtmann gedreht wurden. Andererseits

war das die Zeit des großen Wiener Kaffeehaussterbens, in dem unzählige Cafés in Bankfilialen, Autohäuser oder

Supermärkte umgewandelt wurden. Als im Jahr 1975 der Landtmann Cafetier Konrad Zauner völlig überraschend bei einem

Autounfall ums Leben kam, hing auch das Schicksal des Landtmann an einem seidenen Faden.

Anita Querfeld mit ihrem Sohn Berndt

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Bauknecht-Händler mit ins-gesamt 12 Filialen in Wienund Niederösterreich. Dochdie Konkurrenz im Elektro-handel wurde größer, derWettbewerb härter und dieGewinnspannen immer klei-ner. So kam es Mitte der70er Jahre zu einer Über-nahme von „Elektro Quer-feld“ durch die Fir-ma Bauknecht .H e r b e r tQ u e r f e l dzog sich ausdem Elektro-handel zurückund suchte sichein neues Betätigungs-feld. Gemeinsam mit seinerFrau Anita pachtete er am 1. M ä r z 19 76 d a s C a f éLandtmann für 25 Jahre (imJahr 2001 wurde die Pachtin eine Hauptmiete umge-wandelt).

Landtmann-Stil &Familienbetrieb

W I E H E R B E R T Q U E R -FELD später des öfteren er-zählte, war das Landtmanndamals zwar als Kaffeehausbereits eine Institution, vonseiner Infrastruktur und sei-ner Ausstattung aber nichtmehr ze i t gemäß . Und sosetzte er sich mit dem da-maligen Kulturstadtrat undLandtmann-Stammgast Hel-mut Zilk zusammen, um mit

diesem über eine von derStadt Wien geförderte Kom-plettrenovierung zu reden.Auch ein weiterer Landt-mann-Stammgast , der dama-lige Vizebürgermeister Er-hard Busek, engagierte sichfür dieses Vorhaben. So wur-de das Kaffeehaus im Jahr1982 um den damals nicht

ger ingen Bet ragvon 9 Millio-

nen Schil-ling (5 Mil-lionen ka-m e n a u s

dem Altstadt-erhaltungsfonds,

1 Millionen Schillingvom Bundesdenkmalamt , 3Millionen brachte die Fami-lie Querfeld auf) viereinhalbMonate lang liebevoll restau-riert . Da Herbert Querfeldseinen Gästen aber nichtnur einen Augenschmausbieten wollte, sondern zumKaffee auch köstliche Wie-ner Mehlspeisen, engagierteer den jungen Patissier Her-wig Gasser. Der begann inden Ke l l e rgewölben desLandtmann in Handarbeitmit klassischen Zutaten undnach traditionellen Rezep-ten, Mehlspeisen zu backen.Als die neue Mehlspeis-kultur im Landtmann immergrößeren Anklang fand, sahsich die Familie Querfeldgenötigt , eine eigene Pro-duktionsstätte zu finden.Dies geschah, indem eine

kleine Café-Konditorei mitangeschlossener Produktionim 2. Bezirk, in der Schmelz-gasse 3, erstanden wurde –das heutige „K.u.k. Mehl-speis-Paradies“. 1988 stiegBerndt Querfeld in den Be-trieb seiner Eltern ein. Ge-meinsam mit seinen Elternperfektionierte er den „Landt-mann-Stil“, der heute fürviele Menschen beispielge-bend für ein typisches Wie-ner Kaffeehaus ist . Diesertypische Kaffeehausstil wur-de von der Familie Querfeldäußerst erfolgreich auf ande-re Cafés, die nach und nacherworben wurden, übertragen:1992 auf das Café Mozart ,1999 auf das CaféRe s i d en z i nSchönbrunnund 2003auf das Ca-fé Hofburg,das sich imInneren Burg-hof befindet . In alldiesen Betrieben wird ge-pflegte Wiener Gastlichkeità la Landtmann zelebriert .Geführt werden die Kaffee-häuser von Familienmitglie-dern: das Café Mozart vonAndrea Winkler (Tochtervon Herbert & Anita Quer-feld), das Café Residenz vonIrmgard Querfeld (Ehefrauvon Berndt Querfeld) sowiedas Café Hofburg, um dassich Berndt Querfeld selbstkümmert .

Gerüstet fürs 3. Jahrtausend

IM SOMMER 2001 erfolg-te im Café Landtmann einekomplette Erneuerung vonKüche und Pressekonferenz-saal. Der alte Küchenbereichwurde komplett entfernt unddurch eine mit „State of art“-Equipment ausgestattete Kü-che ersetzt . Im Pressekonfe-renzsaal passte man die Wand-und Deckenverkleidungendem Stil der anderen Säle an,ein überlebensgroßes Portraitdes Kaffeehaus-Gründers ziertnun die eine Längsseite desSaals, der in Landtmann-Saalumbenannt wurde. Dieser ver-

fügt über modernsteKonferenztechnik

(Übe r e inenBeamer kön-nen Da t envon DVDs ,

VHS-Cassetten,Laptops und TV

auf eine reflexionsfreieWand projiziert werden; wei-ters gibt es Laptop-Anschlüs-se, einen PC mit Funktastatur,Tonabnahme-Möglichkeitenfür Journalisten sowie eineMikrofonanlage). Investitio-nen, die sich absolut bezahltmachen, denn im Schnitt werden hier 2,8 Pressekonfe-renzen pro Tag abgehalten.Damit ist das Landtmannwahrscheinlich das meistfre-quentierte Pressekonferenz-Zentrum Österreichs . . .

Der Cafetier und die

Stellenanzeige

HERBERT QUERFELD (1926 -2004) liebte es, sichin seinem Kaffeehaus aufzuhalten; sein Lieblingsplatzwar ein Tisch in der Mitte des großen Saals, dort woder Quergang zur Küche abzweigt. Hier thronte er inseinem Reich und beobachtete alles, was sich um ihnherum abspielte.

Vor einigen Jahren suchte eine gepflegte Dame vor-mittags im Landtmann ein freies Exemplar der Tages-zeitung „Kurier“. Nirgends im ganzen Café war jedoch ein„Kurier“ frei, es war schier zum Verzweifeln. Sie beschwer-te sich beim Ober, dass es im Landtmann zuwenig„Kuriers“ gäbe, worauf dieser lakonisch bemerkte:

„Sagen S’ das nicht mir. Sagen S’ das lieber demChef ...“

Und er führte die Dame zu besagtem Tisch in derMitte des Lokals, an dem Herbert Querfeld so wie jedenMorgen saß, sein Frühstück verzehrte und diverse Büro-arbeiten erledigte. Entschlossen trat die Dame an denTisch heran, räusperte sich und sprach den Cafetier an:

„Entschuldigen Sie, ich komm’ wegen dem „Kurier“ ...“ Herbert Querfeld blickte zu der Dame auf, musterte

sie erstaunt und fragte: „Was haben S’ denn vorherg’macht?“

Die Dame errötete leicht und antwortete irritiert:„Ich bin ins Lokal reinkommen, hab’ mich an einen

Tisch g’setzt, einen Kaffee bestellt und dann hab’ ich g’sehen, daß es zuwenige „Kurier“ hier im Lokal gibt.“

Herbert Querfeld murmelte unwirsch: „Ich wünschekeine Belehrungen!“

Darauf die Dame: „Warum sind S’ denn so strengmit mir? “

Herbert Querfeld, reichte ihr wortlos einen Personal-befragungsbogen samt Kugelschreiber und forderte sie in einem versöhnlichen Tonfallauf, denselbigen auszufüllen.Dies wurde von der Dameauch brav getan, nur ihr Alterließ sie offen. Als Herbert Quer-feld das sah, brummte er:

„Hör’n S’ warum schreibenS’ denn nicht Ihr Alter drauf ... ?Aber des is eh wurscht. Früheroder später komm’ ma ja so-wieso drauf ...“

Damit war die Sache für Her-bert Querfeld erledigt. Er war festentschlossen, die offene Stelle inseinem Kaffeehaus mit der ge-pflegten Dame zu besetzen. AmTag zuvor hatte er nämlich imKurier ein Stelleninserat ge-schaltet , in dem er dringendeine Klofrau ( ! ) suchte.

Ein Herz für Kinder

E s war an einem heißen Sommertag im Jahr1979: Die damalige Köchin des CaféLandtmann hatte viel zu viel Mehlspeise

aufgeschnitten. Da bei der Hitze die Landtmann-Gäste kaum Mehlspeise konsumierten, hatteHerbert Querfeld eine originelle Idee: er beauftrag-te seine Kellner, die erstbeste Schulklasse, die amRing vorbeikommt, zu einer Gratisjause ins Landt-mann einzuladen. Als kurze Zeit später die „3b“ ausder Volksschule Zennergassse in Wien-Hütteldorfan dem Ringstraßencafé vorbeispazierte, sagteHerbert Querfeld: „Herein mit der Schulklasse!“ Die Buben und Mädchen waren zuerst überraschtund dann total glücklich. Sie wurden auf EinladungHerbert Querfelds mit Mehlspeisen, Kaffee und Erfrischungsgetränken bewirtet . Ganz nach demMotto: „Ihr Kinderlein kommet ...“

Lesen S’ doch im Computer ...

Wenn Ihnen das Lesen vonZeitungen als nicht mehr zeit-gemäß genug erscheint, dannnehmen Sie doch Ihren Laptopins Landtmann mit. Hier könnenSie alle aktuellen News direkt ausdem Internet abrufen. Denn dasLandtmann ist an die „WirelessLAN“-Funknetzwerke von T-Mobile und Vienna Online an-

geschlossen ! Genießen Sie es,mit Ihrem Laptop (wenn er für„wireless LAN“ ausgerüstet ist)vom Kaffeehaustisch im Landt-mann ohne Kabelanschluss mitADSL-Geschwindigkeit im Inter-net zu surfen, E-Mails zu ver-schicken oder zu empfangen.Das ist garantiert ein ganz neues„Kaffeehaus-Gefühl“ ...

Herbert Querfeld lädt zur Gratis-Jause

Der rundum erneuerte Landtmannsaal mit dem Portrait des Kaffeehaus-Gründers

Herbert Querfeld auf seinem Stammplatz in der Mitte des Landtmann

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OB SCHAUSPIELER, SCHRIFTSTELLER, POLITIKER, Professoren oder Prominente, im Landtmann traf und trifft man alle. Fast ist man geneigt zu sagen:

In diesem Kaffeehaus trifft sich Gott und die Welt ...

Nicht nur ins Central, auch ins Landtmann!

Einer der bekanntesten Texte Peter Al-tenbergs – er entstand im Jahr 1918 –

ist wohl „Kaffeehaus“, in dem er auf alleAlltagssorgen ( zerrissene Stiefel, kein Geld,keine Frau, Selbstmordgedanken, keinKredit etc. ) immer mit folgender Patent-lösung antwortet: „ins Kaffeehaus !“. DieserText stammt aus dem 1918 im S. FischerVerlag erschienenen Altenberg-Buch „VITAIPSA“. Und wer bisher glaubte, dass esAltenberg vor allem ins Café Central gezo-gen hat, der muss nun sein Bild von demeigenwilligen Dichter revidieren. Dennauch das Landtmann schien eines seinerbevorzugten Kaffeehäuser gewesen zu sein.

Der Beweis dafür ist ein von Altenberghandsigniertes „VITA IPSA“-Exemplar, indas er folgendes schrieb: „ Dem CaféLandtmann gewidmet ! Peter Altenberg “ ;sowie der handschriftliche Zusatz „Eigen-tum des Café Landtmann“, bei dem dasWort „Eigentum“ doppelt unterstrichen ist.Dies tat Altenberg wahrscheinlich deshalb,weil er wusste, dass öffentlich aufliegendeBücher gerne „mitgenommen“ werden. Eraber wollte, dass dieses Buch speziell imLandtmann aufliegt. All das deutet daraufhin, dass er ein Exemplar seines neu er-schienen Buches dem Landtmann – alseinem seiner Stammcafés – widmete.

Zu Gast im Landtmann:

Von A wie Aslanbis Z wie Zweig

Die einmalige Atmosphäre, die imLandtmann herrscht, beschriebim Oktober 2003 der ehemalige

Wiener Stadtschulratspräsident KurtScholz in einem Zeitungsfeuilleton folgen-dermaßen:

„Alle Tische waren besetzt und dieAtmosphäre voll Betriebsamkeit . Anwe-send: Abgeordnete, Sozialpartner, Gene-raldirektoren, Jungpolitiker, alte Parla-mentshasen, Minister, Journalistinnen, ein

Staatssekretär, Landes- undBundespolitik buntgemischt: Ein ent-spannter Plaudertonallenthalben,ein freundli-ches Nicken,ein Scherzwort anVorübergehende, daund dort vielleichteine kleine Salon-intrige aber beileibe kein Kriegder Worte, das traute „Du“ zwi-schen Regierungs- und Oppositi-onsrednern, die Köpfe wie zurOhrenbeichte zusammengesteckt,kurzum: Mein Herz schlug höher.Ein Hauch von Schnitzler lag überden Kaffeehaustischen. Unverkenn-bar, dachte ich, das ist mein Land,

das ist das wahre Österreich!“Tja, im Landtmann haben

seit jeher Politiker aller Couleursverkehrt: Sowohl die WienerBürgermeister Karl Lueger, KarlSeitz, Theodor Körner, Leo-pold Gratz, Helmut Zilk undMichael Häupl, als auch dieösterreichischen Bundeskanzler IgnazSeipel, Engelbert Dollfuß, Kurt Schusch-nigg, Leopold Figl, Julius Raab, AlfonsGorbach, Josef Klaus, Bruno Kreisky, FranzVranitzky, Viktor Klima und Wolfgang

Schüssel. Aber auch die Liste der hoch-rangigen ausländischen Gäste kann sichsehen lassen: der ehemalige deutscheReichskanzler Brüning, die deutschenBundeskanzler Willy Brandt , HelmutKohl und Gerhard Schröder, der britischePremier Attlee Clement, der Gemahl derenglischen Königin Prinz Philipp, der in-dische Premierminister Pandit Nehru, dieniederländische Königin Juliane, HillaryRodham Clinton sowie Michail Gorbat-schow. Auch Bundespräsident HeinzFischer und Kaiserenkel Otto Habsburg

zieren die Gästeliste. Doch das Landt-mann war und ist nicht nur ein

Kaffeehaus der hohen Politik,seit jeher ist es auchein Lieblingsplatz derKünstler. Seit den20er Jahren verkehr-ten hier (Burgtheater-)Schauspieler und Re-

gisseure wie Raoul Aslan, Hedwig Bleibtreu, Hans Marr, Maria Eis,Hans Moser, Hans Jaray, Paula Wessely,Willy Forst, Helene Thimig, Max Rein-hardt, Hermann Thimig, Hugo Thimig,Rudolf Forster, HansiKnotek, Theo Lingen,Hans Albers, MarleneDietrich, Cornelia Fro-

b o e s s , J o h a n n e sHeesters, Marte Harell, KarlheinzBöhm, Gary Cooper, Paul Henreid,Fritz Kortner, Vivian Leigh, So-phia Loren, Johanna Matz, Lau-rence Olivier, Burt Lancaster,Oskar Werner , Pe t e r We c k ,Uschi Glas , Otto Preminger ...Apropos Otto Preminger: Als derberühmte Regisseur nach fast 20

Jahren wieder ins Landtmann kam,wurde er vom legendären OberkellnerZeidler begrüßt, zu seinem Stammplatz

geführt und gefragt: „Einen großen Brau-nen?“ Worauf Preminger verblüfft ant-wortete: „Wieso denn?“ Darauf Zeidler:„Aber den haben S’ doch immer gehabt...“ Eine weitere Anekdote betrifft RomySchneiders Familie. Ihre Mutter MagdaSchneider kam eines Tages mit der klei-nen Romy im Arm ins Landtmann. Alssie kurz darauf zu einer Filmbesprechungfortmusste, legte sie ihrem Mann, demBurgschauspieler Wolf Albach-Retty, diegemeinsame Tochter in den Arm. Diesertrank in Ruhe seinen Kaffee weiter, bis erplötzlich zu einer Probe am Burgtheaterfortgerufen wurde. Darauf legte er diekleine Romy dem Cafetier Zauner mitden Worten: „Nur ganz kurz ...“ in denArm und verschwand.

Das Landtmann war auch immer einKaffeehaus der Literaten und der Künstler.Es war das Stammcafé von Felix Saltenund Jura Soyfer, die Musiker Karl Gold-mark, Ignaz Brüll, Emmerich Kálmán,Gustav Mahler, Ex-Beatle Paul McCartneyund Rolling Stones-Drummer CharlieWatts verkehrten hier genauso wie Anton

Wildgans, Franz Karl Ginz-key, Franz Theodor

Csokor, ArnoldZweig, ThomasMann , F r i t z

Hochwälder, J.B. Priestley,Hans Weigel, Gerhard Bronner, HelmutQualtinger, Friedrich Torberg und JörgMauthe. Mauthe präsentierte 1974 imLandtmann seinen Roman „Die große Hit-ze oder die Errettung Österreichs durchden Legationsrat Tuzzi“. Wolfgang Kraus,Leiter der „Gesellschaft für Literatur“ sowieEnkel des Kaffeesieders Kraus, war nichtnur Landtmann-Stammgast, sondern trafsich hier auch mit Literaten, wie IngeborgBachmann, Ernst Jandl, Stefan Heym, Pavel Kohout und Peter Rosei.

Otto Preminger Romy Schneider

Paul Hörbiger

Fred Liewehr

Hilde Krahl

Romy Schneider

Josef Meinrad

Sir Laurence Olivier

Otto Habsburg

Karl Seitz

Paul McCartney

Helmut ZilkErhard Busek

Karl Schranz

SE I T E 10 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2004GE S E L LS C H A F T

Page 11: Illustriertesung von Kaffee, anderen war-men Getränken u. Erfrischun-gen, sowie von Liqueuren al-ler Art u. zur Haltung von erlaubten Spielen für die Stadt Wien“. Betriebsstandort

Anita Querfeld mit Karlheinz Böhm

(Menschen für Menschen

PSK-Spendenkonto: 7.199.000)

Max Reinhardt

Emmerich Kálmán

Niki Lauda

Connie Froboess

Ewald Balser

Kurt Schuschnigg

Fritz Hochwälder

Felix Salten

Hans Moser

Dietmar Schönherr

Arnold Zweig

Burt Lancaster

J.B. Priestley

Raoul Aslan

Willy Forst

Theo Lingen

Anton Wildgans

Johannes Heesters

Michael Gorbatschov

Hillary Rodham Clinton

Oskar Kokoschka

Käthe Dorsch

Vivien Leigh

Josef Klaus

Gert Fröbe

Paula Preradovic

Paula Wessely

Annemarie DüringerThomas Mann

Helmut Qualtinger

Curd Jürgens

Wien, im November 2004 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 11GE S E L LS C H A F T

Moshe Katzav

Page 12: Illustriertesung von Kaffee, anderen war-men Getränken u. Erfrischun-gen, sowie von Liqueuren al-ler Art u. zur Haltung von erlaubten Spielen für die Stadt Wien“. Betriebsstandort

HERAUSGEBER: Familie Querfeld, Dr. Karl Lueger-Ring 4, 1010Wien KONZEPT, REDAKTION & TEXT: Gerhard LoibelsbergerA R T D I R E CTO R : Martin Gubo G R A F I K : Studio Gubo

FOTOS: Billard-Museum • Gertrude Jiranek • Gritschi KerlHerbert Krauss • Günter Menzl • Dr. Franziska Wallner • ÖNBBildarchiv / VGA • Gerhard Fally • Archiv des Café LandtmannILLUSTRATIONEN: Bauch & Kiesel • Archiv UNSER DANK GILT:Mag. Wilfried Fellner • Gritschi Kerl • Gertrude Jiranek

Mag. Gertrude Kothanek • Herbert Kraus • Mag. Norbert Lux Mag. Alexandra Ranninger • Sabine March • Lutz Maurer • GabyRaydon-Nechansky • Dr. Franziska Wallner • Herrn Weingartnerund seinem Billard-Museum • Heidrun Weiss • Tamara Zauner-Bucher und Heinz Zauner. I N T E R N E T : www.cafe-wien.at

I M P R E S S U M

Das Landtmann und seine Geschwister

DER STIL DES CAFÉ LANDTMANN ist zwar einzigartig, aber nicht einzig in Wien. Denn die Familie Querfeld,

die das Landtmann seit 1976 betreibt, versteht es, den unverwechselbaren Landtmann-Stil auf ihre anderen Kaffeehäuser zu

übertragen. Trotzdem hat jedes dieser Cafés seine ganz eigene Persönlichkeit und Atmosphäre.

L iebe Leserin, lieber Leser, machen wireinen kleinen Spaziergang durch Wien,der uns zu den Kaffeehäusern der

Familie Querfeld führt! Beginnen wir miteinem Bummel durch die Innere Stadt undlenken wir unseren Schritt in die Hofburg.Dort befindet sich in altehrwürdigem Ambi-ente das jüngste Café der Familie Querfeld.

Café Hofburg„Wie ein hoher fürstlicher Saal ist der In-

nere Burgplatz. Wundervolle Stille umfängteinen, wenn man aus dem Straßenlärm her-einkommt und es ist , als sei man hier in derimposanten Leere einer herrschaftlichen Anti-chambre. Man spaziert umher, verrastet Aug’und Sinne an der vornehmen Ruhe dieserMauern, wird langsam und ganz unmerklichvon einer ehrfürchtigen Stimmung beschli-chen. Das Kaiser Franz-Denkmal steht da, wieein einsames Zierstück in einem ausgeräum-ten Prunkgemach. Überall Strenge, steinernerErnst. Nur die Uhr auf dem First des Amalien-Traktes blickt auf die eingeschüchterten Un-tertanen herab. Wie ein rundes freundlichesAntlitz.“ So beschreibt Felix Salten in seinem1910 erschienenen Buch „Das österreichischeAntlitz“ den Inneren Burghof, wo sich heutedas Café Hofburg samt seinem sommerlichenSchanigarten befindet. Ein einmaliger Platz, andem man bei Kaffee und Kuchen den impe-rialen Glanz des alten Österreich erlebt.

Apropos imperaler Glanz: Unmittelbar ne-ben dem Café Hofburg befindet sich der Ein-gang zu den Appartements der Kaiserin Sissi !Wir verweilen aber nicht hier, sondern schlen-dern die Augustinerstraße entlang zur Oper.Vis-a-vis der Albertina befindet sich ein weite-res altehrwürdiges Kaffeehaus.1010 Wien, Hofburg Wien, Innerer BurghofTel. 01/24 100 - 0, Fax: 01/24 100 - 419E-Mail: [email protected]

Café MozartDas Mozart befindet sich an einem Platz,

auf dem es bereits andere, berühmte Vorgän-ger gegeben hat: 1794 eröffnete hier im „Bür-gerspitalzinshaus“ ein gewisser Georg Pöhleinein Café. Dieses wurde 1825 von SimonCorra übernommen und mit dem erstenKaffeehaus-Schanigarten Wiens versehen.Ab 1840 hieß das Café dann nach seinemBetreiber „Katzmayer“ und war ein Treffpunktfür Journalisten, Schauspieler und Literaten.Im Zuge der Stadterneuerung wurde das Bür-gerspitalzinshaus zwischen 1873 und 1883abgebrochen (1882: Abbruch des Kaffeehau-ses), auf seinem Areal entstanden eine Reiheneuer Häuser sowie die Tegetthoffstraße, dieFührich- und Maysedergasse. In dem neu er-richteten Haus Ecke Maysedergasse und Al-bertinaplatz gab es vorderhand kein Kaffee-haus, sondern die Gastwirtschaft „Zum rotenIgel“. 1924 übernahm Anna Stockinger dasLokal und wandelte es in ein Kaffeehaus um.1929 erwarben Oskar Hornik und JeanetteKessler das Kaffeehaus und gaben ihm denNamen „Café Mozart“. Die Familie Hornikführte das Mozart bis 1939 (Arisierung durchdie Nationalsozialisten) und nach der Rück-erstattung des Betriebs von 1949 bis 1985.Danach wurde das Café Mozart von einerjapanischen Kaufhauskette erworben. Seit1993 gehört es der Familie Querfeld, die andiesem historischen Platz mit viel Liebe undGefühl die Wiener Kaffeehaustraditionhochhält.

Von der Oper machen wir einen Abste-cher in den 2. Wiener Gemeindebezirk. Wirschlendern über die Schwedenbrücke, folgendem Verlauf der Taborstraße und spazierenan dem Gebäude der ehemaligen Frucht- undMehlbörse sowie der Kirche der Barmherzi-gen Brüder vorbei. Sodann biegen wir rechtsin die Schmelzgasse ab und sehen auf N°3eine Café-Konditorei.1010 Wien, Albertinaplatz 2, Tel. 01/24 100 - 0, Fax: 01/24 100 - 219, E-Mail:[email protected]

Das K.u.k. Mehl-speis-Paradies

Hinter der schönen 50er-Jahre-Fassadedes Cafés verbirgt sich ein gemütliches Vor-stadtkaffeehaus sowie die Mehlspeis’ Manu-faktur der Familie Querfeld. Das Kaffeehauswurde 1942 von der Konditorin Ida Podirskigegründet. Sie begann hier im Jahr 1943 mitdrei Angestellten Mehlspeisen zu erzeugen so-wie ein Kaffeehaus zu führen. 1954 verpach-tete sie es an Franz Kreuzberger, der es im Jahr1962 kaufte. Ihm verdankt das K.u.k. Mehl-speis-Paradies sein mittlerweile schon klas-sisch anmutendes 50er-Jahre-Design. Er führ-te das Geschäft bis 1976, danach folgten zweiweitere Besitzer.

Seit 1993 gehören Kaffeehaus und Kon-ditorei der Familie Querfeld. Der Betrieb wirdvon Meisterpatissier Herwig Gasser geführt,dessen Credo lautet: feinste Zutaten, absoluteFrische, beste Qualität und gediegene Hand-arbeit nach traditionellen Rezepten.

Nach dem Genuss von Köstlichkeiten wiez.B. eines Marmorgugelhupfs, einer Birnen-Williams-Torte oder eines Rehrückens fahrenwir mit der U-Bahn hinaus zum Schloß Schön-brunn. Durch den Haupteingang betreten wirden riesigen Schloßplatz. Wir gehen aber nichtgeradeaus auf das Hauptgebäude zu, sondernhalten uns links. Denn im sogenannten „Kava-lierstrakt“ befindet sich ein Café-Restaurant.1020 Wien, Schmelzgasse 3, Tel. 01/ 24 100 - 0, Fax: 01/24 100 - 519, E-Mail: [email protected]

Café ResidenzDie Räumlichkeiten dieses Kaffeehauses

haben eine lange gastronomische Tradition:Hier befand sich in der Kaiserzeit die soge-nannte „Polizeiküche“, in der die Wachmann-schaften des Schlosses verköstigt wurden. Nachdem 2. Weltkrieg, im Jahr 1948, beantragtedie Schloß-Hauptmannschaft eine Konzessionfür den Betrieb einer Gastwirtschaft in diesen

Räumlichkeiten. 1950 wurden sie an die BrauAG verpachtet, die hier mit verschiedenenPächtern bis 1956 ein Wirtshaus und danachbis 1967 ein Kaffee-Restaurant betrieb. Biszum Jahr 1992 gab es zwei weitere Pächter, abdiesem Zeitpunkt übernahm die SchloßSchönbrunn Kultur & Betriebsges.m.b.H. dieKonzession. Sie verpachtete das Lokal zuerstan Do & Co und nach einer Ausschreibungim Jahr 1998 erhielt die Familie Querfeld denZuschlag. Heute ist das Café-Restaurant Resi-denz eine gastronomische Institution inner-halb des Schlosses Schönbrunn. Sowohl Ein-heimische als auch Touristen lassen sich hiererstklassige Speisen, köstliche Mehlspeisensowie Wiener Kaffeespezialitäten munden. Inden Kellergewölben des Café Residenz gibt esein weiteres Lokal zu entdecken.1130 Wien, Schloß Schönbrunn, Kavaliers-trakt 52, Tel. 01/24 100 - 0, Fax: 01/24 100-319, E-Mail: [email protected]

Die HofbackstubeHier werden im Rahmen der „Apfelstrudel-

Show“ zu jeder vollen Stunde handgezogeneWiener Apfelstrudel vor Publikum hergestelltund gebacken. Ein absolutes Muss für Apfel-strudel-Liebhaber ! Und wer bei der Show Gusto auf ein Stück ofenfrischen Apfelstrudel bekommt, kann diesen Gustoan Ort und Stelle stillen:gemeinsam mit einemKaffee an einem derKaffeehaustischchen derHofbackstube.Im Gewölbekeller unter dem Café RestaurantResidenz. Tel. 01/24 100-310

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SE I T E 12 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2004ME LA N G E