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www.wirtschaftsforum.de Wirtschaftsforum: Interview mit Marianne Boskamp, CEO, und Dr. Thomas Höppner, Geschäftsführer der G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG Spüren, wie es wirkt Seit über 175 Jahren produziert die G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG Medikamente. Auch wenn sie stolz auf die Geschichte ihres Unternehmens ist, blickt CEO Marianne Boskamp am liebsten nach vorn, immer auf der Suche nach neuen Entwicklungen und Märkten. Sie weiß: „Starke Wurzeln sind toll. Aber Vergangenheit kauft keiner.“ In der Geschäftsführung wird die Chefin unterstützt von einem Führungsteam, dem auch Dr. Thomas Höppner angehört. Im Interview geben die beiden Einblicke in eine unternehmerische Erfolgsgeschichte und Herausforderungen der Pharmazie. WF: Was ist Arbeitsqualität für Sie? Marianne Boskamp: Arbeit muss für mich in einem Umfeld pas- sieren, wo ich gern hingehe. Ich möchte von Menschen umgeben sein, die dafür sorgen, dass ich mit einem Lächeln hereinkomme. Das haben wir bei uns immer an- gestrebt: mit Menschen zu arbei- ten, die man gern trifft. Thomas Höppner: Für mich ist G. Pohl-Boskamp ein cooler Laden. Es macht Spaß, dorthin zu fahren, denn die Atmosphäre kann wahn- sinnig inspirieren. WF: Auch bei Ihren Produkten set- zen Sie auf ein ganz bestimmtes Feeling. Wie äußert sich das? Marianne Boskamp: Wir streben immer einen spürbaren Effekt an, für Patienten und Arzt gleicherma- ßen. Bei vielen unserer Produkte können Sie sofort spüren, wie es wirkt. Nehmen wir zum Beispiel Nitrolingual, ein Spray zur Notfall- behandlung von Angina pectoris. Die Leute fühlen sich wirklich elend. Sie haben wahnsinnige Herzschmerzen – und die ver- schwinden mit Nitrolingual inner- halb von Sekunden. Thomas Höppner: Oder GeloRe- voice. Es gibt auf dem Markt viele Halsschmerz-Medikamente zum Lutschen, aber all das nützt nicht richtig. Mit GeloRevoice haben wir einen Coup gelandet, weil wir ent- deckt haben, dass Hyaluronsäure dort hineingehört. Dabei stammt das Produkt vollständig aus unse- rer eigenen Entwicklung. Forschung und Entwicklung haben einen großen Stellenwert bei G. Pohl-Boskamp. Von der Politik wünschen sich die Verantwortlichen deshalb mehr Planungssicher- heit Im Alter von 25 Jahren ist Marianne Boskamp in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und hat die Geschäftsführung des Familienunternehmens übernommen Dr. Thomas Höppner gehört zur Führungsriege von G. Pohl-Boskamp. Seit 20 Jahren ist er beim Unternehmen und sagt: „Es ist ein cooler Laden.“

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Interview mit Marianne Boskamp, CEO, und Dr. Thomas Höppner, Geschäftsführer der G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG

Spüren, wie es wirktSeit über 175 Jahren produziert die G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG Medikamente. Auch wenn sie stolz auf die Geschichte ihres Unternehmens ist, blickt CEO Marianne Boskamp am liebsten nach vorn, immer auf der Suche nach neuen Entwicklungen und Märkten. Sie weiß: „Starke Wurzeln sind toll. Aber Vergangenheit kauft keiner.“ In der Geschäftsführung wird die Chefin unterstützt von einem Führungsteam, dem auch Dr. Thomas Höppner angehört. Im Interview geben die beiden Einblicke in eine unternehmerische Erfolgsgeschichte und Herausforderungen der Pharmazie.

WF: Was ist Arbeitsqualität für Sie?

Marianne Boskamp: Arbeit muss

für mich in einem Umfeld pas-

sieren, wo ich gern hingehe. Ich

möchte von Menschen umgeben

sein, die dafür sorgen, dass ich mit

einem Lächeln hereinkomme.

Das haben wir bei uns immer an-

gestrebt: mit Menschen zu arbei-

ten, die man gern trifft.

Thomas Höppner: Für mich ist G.

Pohl-Boskamp ein cooler Laden.

Es macht Spaß, dorthin zu fahren,

denn die Atmosphäre kann wahn-

sinnig inspirieren.

WF: Auch bei Ihren Produkten set-

zen Sie auf ein ganz bestimmtes

Feeling. Wie äußert sich das?

Marianne Boskamp: Wir streben

immer einen spürbaren Effekt an,

für Patienten und Arzt gleicherma-

ßen. Bei vielen unserer Produkte

können Sie sofort spüren, wie es

wirkt. Nehmen wir zum Beispiel

Nitrolingual, ein Spray zur Notfall-

behandlung von Angina pectoris.

Die Leute fühlen sich wirklich

elend. Sie haben wahnsinnige

Herzschmerzen – und die ver-

schwinden mit Nitrolingual inner-

halb von Sekunden.

Thomas Höppner: Oder GeloRe-

voice. Es gibt auf dem Markt viele

Halsschmerz-Medikamente zum

Lutschen, aber all das nützt nicht

richtig. Mit GeloRevoice haben wir

einen Coup gelandet, weil wir ent-

deckt haben, dass Hyaluronsäure

dort hineingehört. Dabei stammt

das Produkt vollständig aus unse-

rer eigenen Entwicklung.

Forschung und Entwicklung haben einen großen Stellenwert bei G. Pohl-Boskamp. Von der Politik wünschen sich die Verantwortlichen deshalb mehr Planungssicher-heit

Im Alter von 25 Jahren ist Marianne Boskamp in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und hat die Geschäftsführung des Familienunternehmens übernommen

Dr. Thomas Höppner gehört zur Führungsriege von G. Pohl-Boskamp. Seit 20 Jahren ist er beim Unternehmen und sagt: „Es ist ein cooler Laden.“

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WF: Welchen Stellenwert haben

Forschung und Entwicklung in Ih-

rem Unternehmen?

Marianne Boskamp: Natürlich ei-

nen sehr hohen. Ich würde gern

alle zwei Jahre ein Produkt einfüh-

ren, das einschlägt. Wir haben ein

großes Entwicklungslabor. Und wir

möchten gern wachsen, denn in

der Pharma-Branche ist das leider

notwendig, weil wir immer neue

Hürden aufgestellt bekommen.

Andererseits sind unsere Möglich-

keiten zu wachsen begrenzt. Be-

sonders im Krankenhausbereich

quälen uns ein Preismoratorium

und Ausschreibungen.

WF: Welche Rolle spielt die Politik?

Marianne Boskamp: Es gibt tolle

Wirkstoffe mit toller Wirkung, die

man aber nicht erforschen kann,

da die Gesetzgebung nur neue

Moleküle subventioniert. Wenn wir

auch mit bekannten Stoffen mehr

Forschung betreiben könnten,

würde noch mehr gehen im Be-

reich Entwicklung. Aber wir brau-

chen auch die Sicherheit, dass

man das Geld hinterher bekommt.

Unser Wunsch wäre es, mehr

Planungssicherheit zu bekommen,

um auch mit alten Molekülen ex-

perimentieren zu können.

Thomas Höppner: Dabei geht leider

auch Wissen verloren. Denn es

sind oft neue Indikationen in der

Wirkung, die nicht erforscht sind.

WF: Wie haben Sie dennoch in ei-

nem so schwierigen Umfeld Erfolg?

Thomas Höppner: Wir sind den an-

deren immer einen Schritt voraus

und bewegen uns nicht im Main-

stream. Zum Beispiel sind

wir mit GeloMyrtol forte als einer

der Ersten ins Fernsehen gegan-

gen und als Erste auch wieder

herausgegangen. Zudem disku-

tieren wir im Unternehmen immer

über den richtigen Weg. Das ist

einer unserer Erfolgsfaktoren,

denn wir haben so die Flexibilität

in beide Richtungen. Dabei ist Ent-

wicklung ein langfristiges Projekt.

Wir aber sind bereit, dieses unter-

nehmerische Risiko einzugehen.

WF: Stichwort diskutieren: Welches

Mitspracherecht haben Ihre Mit-

arbeiter?

Thomas Höppner: Wir sehen es als

Erfolgsmodell, immer ein Stück

weit unsere Mitarbeiter zu motivie-

ren, uns Fragen zu stellen und das

Ganze zu Papier zu bringen. Wir

brauchen keine Unternehmensbe-

ratung. Es hat bisher gut funktio-

niert. Der Erfolg spricht für uns.

WF: Das setzt einen guten Umgang

miteinander voraus.

Marianne Boskamp: Wir duzen

uns im Unternehmen. Bei neuen

Mitarbeitern müssen wir uns vor-

stellen können, dass sie gut zu uns

passen. Es ist ein Stück Heimat,

das wir ihnen bieten. Wir schenken

ihnen Beachtung als Mensch.

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Nitrolingual-Spray unterstützt Patienten bei akuten Angina pectoris-Anfällen

Auch das Kapselcoating, das Beschichten von Medikamentenkapseln, gehört zu den Produktionsprozessen

Nitronal ist ein klassisches Medi-kament zur Notfallmedikation. Eine Weichgelatine-Kapsel umgibt den Wirkstoff

Mit GeloRevoice gelang G. Pohl-Boskamp ein echter Coup: Als noch kaum jemand an den Erfolg des Medikaments glaubte, lie-ßen sich die Fachleute von G. Pohl-Boskamp nicht beirren und forschten konsequent weiter – mit großem Erfolg

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Interview mit Marianne Boskamp, CEO, und Dr. Thomas Höppner, Geschäftsführer der

G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG

WF: Inwieweit verändern digitale

Medien Ihre Arbeit?

Thomas Höppner: Das ist eines

der Dinge schlechthin, die uns

betreffen. Dr. Google sorgt dafür,

dass Patienten heute vermeintlich

besser informiert sind als der Arzt.

Dr. Youtube und Freunde in sozi-

alen Netzwerken – all das findet

heute statt. Es sind Touchpoints

mit unseren Kunden. Dort müssen

wir ihnen begegnen.

Marianne Boskamp: Dabei finden

die Verkäufe in Deutschland über-

wiegend noch stationär statt, zu

85% in Apotheken. Wenn ich zum

Beispiel Läuse habe, möchte ich

nicht bis morgen warten. In der

Apotheke werde ich auch noch

ganz toll beraten.

WF: Was macht Sie stolz?

Marianne Boskamp: Meine Tochter

war in Serbien. Sie war erkältet

und konnte dort GeloMyrtol forte

kaufen. Das Kind war wahnsinnig

stolz – und ich natürlich auch. ❙

In KürzeKernkompetenzProduktion und Entwicklung von Arzneimitteln und Medizin-produkten

Zahlen & Fakten• Gegründet: 1835• Struktur: Familienunternehmen• Niederlassung: Hohenlockstedt• Mitarbeiter: 580• Umsatz: 92 Millionen EUR• Export: etwa die Hälfte der Produkte wird exportiert

Leistungsspektrum Produktion und Entwicklung von Arzneimitteln von schneller Wirksamkeit und optimaler Verträglichkeit; Forschung und Entwicklung

ZielgruppenÄrzte, Apotheken und Großhandel

PhilosophieNach vorn schauen, neue Produkte entwickeln und den Mitar-beitern ein Stück Heimat bieten.

Zukunft Die Herausforderungen eines sich immer stärker konzen-trierenden Marktes annehmen und alle zwei Jahre ein neues Produkt auf den Markt bringen, das Erfolg hat.

G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KGKieler Straße 11 25551 Hohenlockstedt Deutschland

+49 4826 590 +49 4826 59109

[email protected] www.pohl-boskamp.de

Knapp 400 Millionen Kapseln und Tabletten werden Jahr für Jahr bei G. Pohl-Boskamp verpackt

Das bekannteste Produkt des Unternehmens ist GeloMyrtol forte. Das Präparat gegen Erkältungsbeschwerden ist das umsatzstärkste Produkt von G. Pohl-Boskamp

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