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– 24 – 4/2015Im Blickpunkt: Hoch hinaus
Lage und Geometriedes neuen Büro- undVerwaltungsgebäudes
Der Entwurf sah ein vierge-schossiges Gebäude in Holz-bauweise vor. Es besteht aus zwei L-förmigen Baukörpern, die so zueinander angeordnet sind, dass sie einen Innenhof umschließen. Von außen er-scheint das Gebäude als recht-eckiger Komplex mit abgerun-deten Ecken und ungleichen Seitenlängen (64 m; 82 m,55 m; 75 m).
Die beiden Baukörper ver-bindet auf der einen Seite das sogenannte „Lichthaus“, ein nach Süden ausgerichtetes zentrales Foyer. Es bildet den Haupteingang und reicht über die gesamte Gebäudehöhe von knapp 15 m. Seine Nord- und Süd-Fassade besteht aus einer Pfosten-Riegel-Konstruktion aus BS-Holz mit einer Drei-Scheiben-Verglasung. Von dort erschließt ein Treppen-haus in Stahl die Baukörper.
Bürogebäude der Stadtwerke Lübeck
Groß, in Holz und ein PassivhausDie Stadtwerke Lübeck benötigten ein neues Büro- und Ver-waltungsgebäude, um die bisherigen Betriebsstrukturen auf einen Standort zu konzentrieren. Hierfür lobte die Gesell-schaft gemeinsam mit dem Projektsteuerungsbüro ipc Dr. Tal-kenberger GmbH einen Teilnahmewettbewerb aus.Das daraus hervorgegangene Verhandlungsverfahren konnte die Ed. Züblin AG für sich entscheiden, die dieses viergeschos-sige Objekt in Holzbauweise plante und erstellte. Wie dieses große und komplexe Bauvorhaben (knapp 14.000 m² Brutto-grundrissfl äche), das überdies ein Passivhaus werden sollte, vom Generalunternehmer umgesetzt wurde, beschreibt die-ser Beitrag.
Autoren:
Michael Keller,Züblin Holzingenieurbau, Aichach
Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe
Die Geschosse der beiden un-abhängigen Gebäudeteile sind untereinander über Brücken verbunden, die durch den ge-bäudehohen Luftraum desFoyers führen.
Auf der anderen Seite bleibt eine „Fuge“ zwischen denL-förmigen Baukörpern als Ein- und Ausgang zum In-nenhof. Hier sind die Ge-schosse über offene Außen-brücken verbunden. In die-sem Zugangsbereich findet auch eine Wendeltreppe Platz, die diese Brücken vertikal er-schließt und die im Brandfall als externes Fluchttreppen-haus fungiert. Die Geschoss-höhe im EG beträgt 4,20 m, die der OG liegt bei 3,50 m.
Der Gebäudekomplex steht auf einer Stahlbeton-Boden-platte und erhielt im nordöst-lichen Bereich eine Teilunter-kellerung für Haustechnik- und Lagerräume sowie Räume für Mitarbeiter der Mensa-küche. Im nordöstlichen Teil des Erdgeschosses befindet sich das Betriebsrestaurant zur Versorgung der Mitarbeiter sowie der Besucher der Semi-narbereiche. Diese Seminar- und Versammlungsräume sind direkt an das Betriebsrestau-rant angeschlossen. In den übrigen Bereichen des Erdge-schosses sowie in den drei Obergeschossen sind Büro- und Verwaltungsbereiche un-tergebracht.
Ein Holzskelett mitBSP-Decken und Rahmen-bauhülle
Für die Haupttragstrukturen des Gebäudes hat der Bauherr eine Holzbauweise gewünscht. Sie besteht aus Stützen- und Trägern aus Brettschicht(BS)-Holz, die in ihrer Anordnung über den Grundriss ein Holz-skelett bilden. Brettsperrholz(BSP)-Elemente (Typ: Leno), die über die Stützen-/Träger-Konstruktion spannen, bilden die Geschossdecken und stei-fen das Gebäude in Anleh-nung an die Stahlbeton-Trep-penhauskerne horizontal aus.
Die nichttragenden Außen-wände werden als vorgefertig-te Holzrahmenbau (HRB)-Ele-mente mit hinterlüfteter Fas-sade ausgeführt. Dabei kommt eine Mischung aus geschlos-sener Vollholzschalung in den Brüstungs- und Sturzbereichen sowie aus großformatigen Fassadenplatten zwischen den Fensteröffnungen zum Ein-satz. Die HRB-Außenwandele-mente sind an die Stützen-Träger-Konstruktion ange-hängt. Die Trennwände, mit Ausnahme der Brandwände, wurden in Trockenbauweise mit Metallständerwerk ausge-führt.
Die Holzdecken sollen wei-testgehend unterseitig sichtbar bleiben.
Gastronomiebereich und Teilunterkellerung hat man in
Abb. 1:Vorderansicht des fertigen Gebäudes© Ed. Züblin AG
– 25 –4/2015 Im Blickpunkt: Hoch hinaus
Stahlbeton und Mauerwerk errichtet. Auch die Brandwän-de und die tragenden Bauteile der notwendigen vier Treppen-räume sind aus Stahlbeton.
Gebäudehohe Stahlbeton-Wandscheiben unterteilen die Gebäudeflügel in jeweils drei Brandabschnitte mit einer Länge von weniger als 40 m je Richtung.
Gebäudeachsen und -raster
Die BS-Holz-Träger bzw. -Unterzüge verlaufen in den Längsachsen der beiden L-för-migen Gebäudeteilen. Dies sind die Außenwandachsen, zwei Innenachsen sowie eine Mittelachse. Aufgrund der sich aufweitenden L-Schenkel verlaufen zwar die Außen-wandachsen parallel zu den Innenachsen, die beiden In-nenachsen selbst öffnen sich
jedoch zunehmend über die Länge der Gebäudeschenkel. Sie haben mit der Mittel-achse außerhalb der Gebäude-schenkel einen gemeinsamen Schnittpunkt. Dabei bildet die Mittelachse ihre Winkelhal-bierende.
Die Stützen folgen dem Ge-bäuderaster in Querrichtung mit 5,40 m. Die Unterzüge schließen über eingeschlitzte Bleche und Stabdübel an sie an. Zur besseren Ausnutzung der BS-Holz-Querschnitte sind die Unterzüge in den Innen-achsen als Durchlaufträger konzipiert – in den Außen-wandachsen dagegen – ferti-gungsbedingt – als Gerberträ-ger, sprich BS-Holz-Unterzüge mit Gelenk.
Durch diese Geometrie spannen die BSP-Deckenele-mente von den beiden Außen-wandachsen kommend zu den
Mittelachsen als Zweifeldträ-ger über die Unterzüge – ein-mal mit konstanter Feldlänge von rund 4,50 m und einmal mit variabler Feldlänge zwi-schen 3 m und 5,40 m.
Die Elemente wurden mit aufgeschraubten Kerto-La-schen zu aussteifenden De-ckenscheiben verbunden.
Die Bauteile sind lastbezo-gen über die Geschosse hin-weg gestaffelt dimensioniert – das heißt, sie werden nach oben hin schlanker – oder be-stehen aus BS-Holz bzw. BSP unterschiedlicher Festigkeits-klassen. Dennoch haben nicht alle Stützen innerhalb eines Geschosses die gleichen Ab-messungen, da bereichsweise unterschiedlich große Kräfte wirken. Die Planung zielte je-doch darauf ab – wo möglich – gleiche Querschnitte auszu-bilden.
Abb. 2: Grundriss 3.OG undAnsicht Nordfassade© Stadtwerke Lübeck
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Holzstütze
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Ø4x60 mm24 CNA Kammnägel
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Abb. 3:Ausbildung Deckenscheibe© MERK Timber
Abb. 4:Montage Stützen/Unterzüge/Decken-elemente© MERK Timber
Abb. 5:Anschluss Stütze-Unterzug© MERK Timber
KraftdurchleitendeKnotenverbindungenzwischen den Stützen
Damit die Geschossdecken keine Querpressung durch aufstehende Stützen erhalten, sind die BSP-Elemente um die Stützen herum ausgespart. Zur direkten Weiterleitung der Vertikallasten von Stütze zu Stütze haben die Tragwerks-planer einen speziellen kraft-
durchleitenden Stahlknoten entwickelt, der unsichtbar in Deckenebene eingebaut ist. Die Stahlknoten verbindensowohl die Stützen mit den Unterzügen als auch die über-einanderstehenden Stützen. Um die Vertikallasten ge-schossweise abtragen zu kön-nen, wurden die Unterzüge unterseitig mit Schrauben ge-gen Querdruck verstärkt.
Der in der Holzkonstruktion eingebettete Stahlknoten er-füllt als unsichtbare Verbin-dung einerseits die ästheti-schen und optischen Anforde-rungen an den Detailpunkt, andererseits ist er im Brand-fall aber auch vor Feuer ge-schützt.
– 27 –4/2015 Im Blickpunkt: Hoch hinaus
• Bauweise: Holzskelett-Konstruktion kombiniert mit Stahlbeton und Mauerwerk
• Bauzeit:September 2013 bis Dezember 2014
• Bruttogrundrissfläche: 13.856 m²• Energiebezugsfläche: 10.004 m²• Bruttorauminhalt: 51.000 m³• Baukosten: ca. 17,5 Mio. €, davon Holzbau
(inkl. Fassaden): 4,95 Mio. €• Bauherr: Stadtwerke Lübeck GmbH
D-23547 Lübeckwww.sw-luebeck.de
• Totalunternehmer: Ed. Züblin AG
Bereich ThüringenD-07743 Jenain Zusammenarbeit mitMERK Timber GmbHStephan Holzbau GmbH,Züblin Holzingenieurbauwww.zueblin-timber.de
• Objektplaner(Leistungsphase 5: Werkplanung): pbr Planungsbüro Rohling AG D-07745 Jena, www.pbr.de
Aussteifung
Die Treppenhäuser der bei-den Baukörper fungieren als aussteifende Kerne. An ihnen sind die BSP-Geschossdecken angeschlossen – das vierstö-ckige Holzskelett lehnt sich quasi an die Erschließungs-kerne an bzw. stützt sich an ihnen ab. Die Horizontalaus-steifung erfolgt über die BSP-Deckenscheiben, die die Kräfte in die massiven Erschließungs-kerne weiterleiten. Auch die gebäudehohen Stahlbeton-Wandscheiben (Brandwände) dienen der Horizontalausstei-fung. Sie nehmen u.a. die auf die Fassade wirkenden Wind-kräfte auf.
Große Durchbrüche in den Unterzügen erhalten Verstär-kungen. Um die Installationen wie Elektrotrassen, Lüftungs- und Wasserleitungen unter den Decken führen zu können, war es teilweise notwendig, die Unterzüge mit Durchbrü-chen zu versehen – Lüftungs-leitungen erfordern dabei die größten. Je nach Ausspa-rungsquerschnitt mussten sie dann seitlich durch aufgekleb-te und aufgeschraubte Kerto-Laschen gegen Querzug ver-stärkt werden. Deckensegel verstecken die Leitungen auf optisch ansprechende Weise.
Brandschutz
Für das viergeschossige Ge-bäude war eine Feuerwider-standsklasse von F60 gefor-dert. Das spezifische Brand-schutzkonzept legte dar, dass die Decken-, Stützen- und Trägerquerschnitte aufgrund ihrer statisch erforderlichen Abmessungen bereits „von Haus aus“ eine Feuerwider-standsdauer von 60 Minuten erfüllen und dass der Brand-schutz des Tragwerks auch ohne Beplankung gewährleis-tet ist bzw. über den Abbrand nachgewiesen werden kann.
Die gebäudehohen Stahlbe-ton-Wandscheiben unterteilen die Gebäudeflügel in jeweils drei Brandabschnitte mit einer Länge von weniger als 40 m je Richtung (Brandabschnitts-grenze). Eine weitere Eintei-lung der Brandabschnitte in
Abb. 6: Übersicht Brandabschnitte (links: EG, rechts: OG)© Bauart
Nutzungseinheiten von weni-ger als 400 m2 Brutto-Grund-fläche erfolgt durch raumab-schließende Trennwände mit entsprechendem Feuerwider-stand.
Gebäudetechnik
Die Kennwerte für die Ein-stufung als Passivhaus wur-den erreicht durch:• Effiziente Dämmung der
Gebäudehülle• Dreifach-Verglasung• Vermeidung von Wärme-
brücken• Hohe Gebäudedichtigkeit• Durchdachte Anlagenkon-
zeption• Anlagen mit hohem Wir-
kungsgrad• Effiziente Leitungsdämmung • Intelligente Raumregelung
Nach 18 Monaten schlüssel-fertig übergeben
Die Bauherrin hatte mit der Ed. Züblin AG die funktions-fähige Übergabe des schlüs-selfertigen Gebäudes zu einem festgelegten Termin vertrag-lich vereinbart. Entsprechend hat das Bauunternehmen au-ßer der kompletten Planung auch sämtliche fachspezifi-schen Anforderungen gesteu-ert, wie z. B. das Brandschutz-konzept, das Bodengutachten oder den Schallschutznach-weis, und die Erkenntnisse da-raus in ihre Gesamtplanung integriert. �
Infokasten
Steckbrief Neubau Stadtwerke Lübeck:• Entwurf/Leitdetails: Architekturbüro
Klein architektenD-55257 Budenheimwww.klein-architekten.info
• Projektmanagement: ipc Dr. Talkenberger GmbH
D-23552 Lübeckwww.ipc-talkenberger.de
• Brandschutzkonzept: bauart Konstruktions GmbH + Co.
KG, D-36341 Lauterbachwww.bauart-konstruktion.de
• BS-Holz Herstellung: Stephan Holzbau GmbH
Züblin HolzingenieurbauD-74405 Gaildorf
• Plattenproduktion Leno-Elemente/Produktion HRB Elemente: MERK Timber GmbH
Züblin HolzingenieurbauD-86551 Aichach