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34 GIESSEREI 102 04/2015 TECHNOLOGIE & TRENDS VON HENNING MEISHNER, WERNIGE- RODE, UND FRANZ JOSEF FEIKUS, FRANKFURT D ie Notwendigkeit Emissionen und den CO 2 -Ausstoß der Fahrzeuge zu reduzieren, bedingt immer effizien- tere Motoren und eine Gewichtsreduktion des Gesamtfahrzeugs. Gusskomponenten aus Aluminium decken beide Anforderun- gen wirkungsvoll ab. Die Gießverfahren für Aluminium erlauben eine komplexe und gleichzeitig filigrane Konstruktion, welche, verbunden mit den metallurgischen Eigen- schaften des Aluminiums, ein leichtes und stabiles Bauteil garantieren. Im Weiteren werden sich die Ausfüh- rungen auf die verschiedenen Gießverfah- ren für die Herstellung von Zylinderköpfen und -kurbelgehäusen konzentrieren. Dabei werden die einzelnen Gießverfahren vor- gestellt und deren Einsatz erläutert. Der Werkstoff Aluminium erlaubt mit seiner geringen spezifischen Dichte eine wesentliche Gewichtsreduzierung gegen- über anderen Werkstoffen. Typischerwei- se können bei einem 4-Zylinderkurbelge- häuse Gewichtseinsparungen von mehr als 40 % gegenüber Gusseisen mit Lamel- lengrafit (EN-GJL) bei gleichzeitig höherer Funktionsintegration erreicht werden. Die modernen dynamischen Gießverfahren erlauben mittlerweile Festigkeiten im Alu- miniumbauteil, die deutlich über denen von konventionellem EN-GJL liegen, selbst bei dem Einsatz kostengünstiger Sekun- därlegierungen. Gießverfahren für Aluminium- Zylinderköpfe und -kurbelgehäuse Bild 1 gibt einen Überblick der Gießver- fahren für Zylinderköpfe und Zylinder- kurbelgehäuse. Unterschieden wird grundsätzlich in druckunterstützte und schwerkraftbasierte Verfahren. Die druckunterstützten Verfahren werden vor- zugsweise für die Großserienfertigung von FOTOS UND GRAFIKEN: NEMAK Endbearbeitung von Zylinderkurbelgehäusen im Werk Dillingen. KURZFASSUNG: So unterschiedlich die Anforde- rungen an Mobilität global sind, so vielfältig sind die Anforderun- gen an den automobilen Antriebs- strang. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bietet NEMAK als globaler Partner der Automo- bilindustrie ein breites Portfolio an Gießprozessen für Gusskompo- nenten im Antriebsstrang an. In dem vorliegenden Beitrag werden die entsprechenden Gieß- verfahren sowie die Auswahlkri- terien für deren Einsatz erläutert. Gießverfahren zur Herstellung von Aluminium-Zylinderköpfen und -Zylinderkurbelgehäusen © Giesserei-Verlag

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TECHNOLOGIE & TRENDS

VON HENNING MEISHNER, WERNIGE­RODE, UND FRANZ JOSEF FEIKUS, FRANKFURT

Die Notwendigkeit Emissionen und den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge zu reduzieren, bedingt immer effizien-

tere Motoren und eine Gewichtsreduktion des Gesamtfahrzeugs. Gusskomponenten aus Aluminium decken beide Anforderun-gen wirkungsvoll ab. Die Gießverfahren für Aluminium erlauben eine komplexe und gleichzeitig filigrane Konstruktion, welche, verbunden mit den metallurgischen Eigen-schaften des Aluminiums, ein leichtes und stabiles Bauteil garantieren.

Im Weiteren werden sich die Ausfüh-rungen auf die verschiedenen Gießverfah-ren für die Herstellung von Zylinderköpfen und -kurbelgehäusen konzentrieren. Dabei werden die einzelnen Gießverfahren vor-gestellt und deren Einsatz erläutert.

Der Werkstoff Aluminium erlaubt mit seiner geringen spezifischen Dichte eine wesentliche Gewichtsreduzierung gegen-über anderen Werkstoffen. Typischerwei-se können bei einem 4-Zylinderkurbelge-häuse Gewichtseinsparungen von mehr als 40 % gegenüber Gusseisen mit Lamel-lengrafit (EN-GJL) bei gleichzeitig höherer Funktionsintegration erreicht werden. Die modernen dynamischen Gießverfahren erlauben mittlerweile Festigkeiten im Alu-miniumbauteil, die deutlich über denen von konventionellem EN-GJL liegen, selbst bei dem Einsatz kostengünstiger Sekun-därlegierungen.

Gießverfahren für Aluminium-Zylinderköpfe und -kurbelgehäuse

Bild 1 gibt einen Überblick der Gießver-fahren für Zylinderköpfe und Zylinder-kurbelgehäuse. Unterschieden wird

grundsätzlich in druckunterstützte und schwerkraftbasierte Verfahren. Die druckunterstützten Verfahren werden vor-zugsweise für die Großserienfertigung von

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Endbearbeitung von Zylinderkurbelgehäusen im Werk Dillingen.

KURZFASSUNG:So unterschiedlich die Anforde-rungen an Mobilität global sind, so vielfältig sind die Anforderun-gen an den automobilen Antriebs-strang. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bietet NEMAK als globaler Partner der Automo-bilindustrie ein breites Portfolio an Gießprozessen für Gusskompo-nenten im Antriebsstrang an.

In dem vorliegenden Beitrag werden die entsprechenden Gieß-verfahren sowie die Auswahlkri-terien für deren Einsatz erläutert.

Gießverfahren zur Herstellung von Aluminium-Zylinderköpfen und -Zylinderkurbelgehäusen

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geometrisch weniger komplexen Open-Deck-Zylinderkurbelgehäusen mit mittle-ren mechanischen Festigkeitsanforderun-gen eingesetzt. Zur Umsetzung der ein-gangs erwähnten Anforderungen an Leichtbau bei hoher Leistungsdichte, ver-bunden mit komplexer Funktionsintegra-tion, finden zunehmend die schwerkraft-basierten Verfahren Anwendung. Diese sind in Tabelle 1 stichpunktartig charak-terisiert.

Die Entscheidung für das jeweilige schwerkraftbasierte Gießverfahren für Zylinderköpfe und Zylinderkurbelgehäuse (hauptsächlich Closed-Deck-Lösungen) ist von verschiedenen Aspekten abhängig, welche im Folgenden erläutert werden.

Grundkriterien zur Einteilung der schwerkraftbasierten Gießverfahren

Im Wesentlichen lassen sich die Gießver-fahren nach zwei Aspekten einteilen:> Art des Formfüllens,> Ausprägung des Temperaturgradien-

ten nach dem Formfüllen.

Hinsichtlich der Art des Formfüllens zeigt Bild 2 den Zusammenhang zwischen der Werkzeugposition bei Gießbeginn und

möglicher fließgeschwindigkeitsbeding-ter Oxideinschlüsse. Dafür wurden die Gießverfahren entsprechend ihrer typi-

Tabelle 1: Charakteristische Merkmale der bei Nemak eingesetzten schwerkraft­basierten Gießverfahren

Gießverfahren Merkmal

Bodengießen (GSPM) Formfüllen von unten über Schwerkraft, mittels Lauf- und Anschnitt-system, stehende Form

Rotacast Formfüllen durch 180°-Rotation, Drehpunkt außerhalb der Gussteil-kavität

NDCS analog Kopfguss mit >40° geneigter Kokille in Richtung Gießsystem zu Füllbeginn, Drehpunkt im Brennraum des Zylinderkopfes

Kippgießen Kippwinkel >90° zu Füllbeginn, Drehpunkt außerhalb der Gussteil-kavität

CPS Schwerkraft-Kontaktgussfüllen durch den Speiser mit anschließen-der 180°-Rotation des CPS-Sandpaketes

Kopfguss Formfüllen mittels Lauf- und Anschnittsystem von oben in eine stehende Form

Kopfguss plus analog Kopfgießen mit <40° in Richtung Gießsystem geneigter Kokille zu Füllbeginn, Drehpunkt im Zentrum des Gießtümpels

Lost-Foam- Gießen mit verlorenen Polistyrolmodellen, Formfüllen durch Gießverfahren Angusssystem mittels Schwerkraft

Kopfguss

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Kopfguss

Bild 1: Übersicht der Gießverfahren der NEMAK.

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TECHNOLOGIE & TRENDS

schen Fließgeschwindigkeiten beim Fül-len der Gießform in Abhängigkeit zur Werkzeugposition bei Gießbeginn ange-ordnet. Zu beachten ist, dass bei einem Kippwinkel der Gießform von <45° zu

Gießbeginn das Gießsystem direkt befüllt werden kann, während bei einem Kipp-winkel >45° in der Regel ein zweiter Um-füllvorgang der Schmelze in eine zusätz-liche Gießwanne erfolgt. Als kritisch wer-

den Fließgeschwindigkeiten >0,5 m/s eingestuft.

Das Formfüllen des CPS-Verfahrens, unterstützt durch das Kontaktgießprinzip, und das Formfüllen des Bodengießverfah-rens, zeigen mit Hilfe des entsprechend ausgelegten Gießsystems ein laminares Füllverhalten und erreichen hiermit ge-ringe maximale Fließgeschwindigkeiten, vergleichbar mit dem rotatorischen Füllen beim Rotacast-Verfahren. Als Konsequenz zeigen das CPS-Verfahren, das Boden-gießverfahren und das Rotacast-Verfah-ren die geringste Neigung zu einer form-füllbedingten Oxidgenerierung.

Als zweites Kriterium eignet sich der Temperaturgradient nach dem Formfül-len zur Differenzierung der Gießverfahren (Bild 3). Der Temperaturgradient, der sich am Ende des Formfüllens ergibt, hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Ent-stehung von Schwindungsporositäten. Relevant ist insbesondere der Gradient zwischen dem eigentlichen Gussstück und dem Speiser. Ein hoher Gradient zwi-schen heißerem Speiser und kälterem Gussstück verbessert die Möglichkeiten zur Dichtspeisung und reduziert die Ent-stehung von erstarrungsbedingten Mik-ro- und Makroporen. Bei einem Zylinder-kopf ist es beispielsweise das Ziel, den Bereich des späteren Brennraums durch eine gekühlte Bodenplatte für eine opti-male Gefügeausbildung möglichst schnell erstarren zu lassen. Die Nach-speisung erfolgt dann über die im Be-reich der Nockenwellenlager platzierten Speiser. Als Maß für den Temperaturgra-dienten soll daher die Temperatur zum Ende des Formfüllens im Speiser im Ver-hältnis zum Gussstück gelten. So muss beim statischen Bodengießverfahren die gesamte zum Formfüllen benötigte Schmelze über die gekühlte Kokillen-grundplatte, bzw. bei Zylinderkurbelge-häusen über den gekühlten Kurbelraum-einsatz, geführt werden. Dabei kühlt die Schmelze stark ab, folglich verringert sich der Temperaturgradient zwischen Speiser und Gussstück – die Nachspei-sung ist nur eingeschränkt möglich. Schwindungsbedingte Bauteilfehler wäh-rend oder direkt nach dem Füllen drohen als Folge.

Mit zunehmendem Kipp- oder Dreh-winkel wird der Temperaturgradient er-höht und findet im Falle des CPS- und Rotacast-Verfahrens mit einem Rotations-winkel von 180° sein Optimum. Durch das schichtende Füllen beim Rotacast-Verfah-ren wird kontinuierlich heiße Schmelze von oben nachgeführt. Als Resultat lässt sich das Speiservolumen gegenüber an-deren Gießverfahren deutlich reduzieren.

Tabelle 2: Typische Merkmale für das Bodengießen und das Rotacast­Verfahren.

Bodengießen Rotacast

> Arbeitsbereich – statisch> Füllen der Kavität mittels Schwerkraft-

gießsystem bei stehender Form> Gießsystem und Bauteil durch definierte

Anschnitte verbunden> Erstarrung unter Schwerkrafteinwirkung

> Arbeitsbereich – dynamisch, 180°> Rotationsachse = Bodenplatte der Kokille> Füllen der Kavität durch Rotation von

180°-Position (Speiser unten) auf 0°-Posi-tion (Speiser oben)

> Schmelze wird mittels separater Gieß-wanne durch den Speiser in der Kavität „geschöpft“

> Erstarrung unter Schwerkrafteinwirkung> kein Anschnittsystem notwendig

Kopfguss

Kopfguss Kopfguss +

Bild 2: Einfluss der Werkzeugposition zu Gießbeginn auf eine mögliche Oxidbildung.

Bild 3: Zusammenhang zwischen Werkzeugposition zu Gießbeginn und Speisungsverhalten.

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Gießverfahren für Zylinderköpfe

Hauptbelastung am ZylinderkopfDas Belastungsprofil innerhalb eines Zy-linderkopfes ergibt sich durch seine Funktion, den Verbrennungsraum am oberen Totpunkt des Kolbens abzuschlie-ßen.

So erfordert die motorische Verbren-nung neben hoher statischer und dyna-mischer Festigkeit eine hohe Warmfes-tigkeit im Bereich des Brennraums und der Zylinderkopfdichtfläche. Diese Anfor-

derungen müssen im Gießverfahren ent-sprechend dargestellt werden.

Hierzu gilt es, in den hochbelasteten Bereichen des Brennraums oder der Zy-linderkopfdichtfläche eine möglichst feine und fehlerfreie Gefügestruktur einzustel-len. Ziel ist dabei die Realisierung eines Dendritenarmabstandes DAS ≤ 20 µm. Dies ist nur durch die Einstellung eines hohen Temperaturgradienten nach dem Formfüllen mit einer daraus resultieren-den hohen lokalen Abkühlrate zu errei-chen.

Auswahlkriterien der Zylinderkopf­GießverfahrenAufgrund des geforderten komplexen De-signs aller bekannten Zylinderköpfe sowie der hohen Festigkeitsanforderungen eig-net sich neben den schwerkraftbasierten Verfahren nur noch das Niederdruck-Ko-killengießverfahren für die Herstellung von Zylinderköpfen. In den weiteren Be-trachtungen liegt der Fokus auf den schwerkraftbasierten Gießverfahren, die sich für hoch- und höchstbelastete Zylin-derköpfe in der Großserienfertigung eta-bliert haben.

Für Zylinderköpfe lassen sich die schwer-kraftbasierten Gießverfahren wie folgt einteilen:> klassisches Bodengießen mit stati-

schem Formfüllen mit Gieß- und An-schnittsystem,

> Verfahren mit dynamischem Formfül-len:

> mit Gieß- und Anschnittsystem: Kopfguss plus (TP+), NDCS,

> ohne Gieß- und Anschnittsys-tem: Kippgießverfahren, Rota-cast.

Alle Gießverfahren können mit anorga-nisch oder organisch gebundenen Kernen für die Innenkonturen betrieben werden.

Die Auswahlkriterien, nach welchen das passende Gießverfahren für den je-weiligen Zylinderkopf und das dazugehö-rige Motorenprogramm ausgewählt wird, zeigt die Matrix in Bild 4.

Ähnlich einer Nutzwertanalyse (Ver-fahren zur Bewertung von Alternativen bei mehreren Zielgrößen) werden verschie-dene zylinderkopfspezifische Kriterien in

Bild 4: Zylinderkopfspezifische Entscheidungskriterien zur Gießverfahrensauswahl.

Herwig BaumannTalweg 875433 MaulbronnFon : +49 (0) 70 43 / 20 96Fax : +49 (0) 70 43 / 88 05Internet : www.ibb-baumann.deE-mail : [email protected] w

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TECHNOLOGIE & TRENDS

Hauptkriterien gruppiert. Hauptkriterien sind Designvorgaben und Bauteilfestig-keit. Insofern fokussiert sich Nemak für Neuprojekte auf zwei Technologien – das Rotacast-Verfahren und das klassische Bodengießverfahren. Die weiteren Aus-führungen konzentrieren sich daher auf diese beiden Gießverfahren.

Bodengießen und Rotacast im Ver­gleichIn Tabelle 2 sind die charakteristischen Merkmale beider Gießverfahren zusam-mengefasst.

Im Gegensatz zum Bodengießen er-folgt das Formfüllen beim Rotacast-Ver-fahren nicht durch ein strömungstech-nisch auszulegendes Gieß- und An-schnittsystem, sondern direkt durch den Speiser mittels Rotation der Kokille. Durch die anlagenseitig variable Dreh-geschwindigkeitsanpassung wird ein tur-bulenzarmer, schichtender Füllvorgang sichergestellt.

Die eingangs beschriebenen, daraus resultierenden Vorteile für den Tempe-rarturgradienten zeigen sich eindrucksvoll in messbaren Eigenschaften wie z. B. dem Flächenanteil der Porosität, wie Bild 5 zeigt.

Verglichen wurden die Bauteileigen-schaften für jeweils identische Bauteilde-signs, gegossen im Bodengieß- und im Rotacast-Verfahren. Bezogen auf den Flä-chenanteil der Porosität werden mit dem Rotacast-Verfahren für alle Bauteilberei-che bessere Ergebnisse erzielt. Für den DAS bestätigt sich der theoretische An-satz des besseren Temperaturgradienten auch anhand der im speisernahen No-ckenwellenbereich gemessenen hohen DAS-Werte aufgrund der heißen Schmel-ze zum Ende des Formfüllens.

Gießverfahren für Zylinderkurbel-gehäuse

Hauptbelastungen am Zylinder­kurbelgehäuseBei Zylinderkurbelgehäusen resultieren aus der Funktion mehrere Bereiche mit hohen Festigkeitsanforderungen [1]:> Kurbelwellenlagerbereich (statisch

und dynamisch),> Zylindersteg,> Zylinderkopfdichtfläche,> Zylinderkopf- und Hauptlagerver-

schraubungen.

Für diese Bereiche gilt es, analog zu den Zylinderköpfen, durch geeignete Konzep-te hohe Abkühlraten für feine Gefüge-strukturen und damit hohe Festigkeiten sicherzustellen. Im Gegensatz zur klassi-

Brennraum Stehbolzen

Rotacast Bodengießen

Nockenwellenlager

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DAS

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Brennraum Stehbolzen

Rotacast Bodengießen

Nockenwellenlager

1,2

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0

DAS

in µ

m

Bild 5: Vergleich der Bauteileigenschaften Bodengießen/Rotacast: a) DAS-Vergleich, b) Flächenanteil der Porosität.

Bild 6: ZKG-spezifische Entscheidungskriterien zur Gießverfahrensauswahl.

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TECHNOLOGIE & TRENDS

EXHIBITION

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GIFA DUSSELDORF

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X:\00-Küttner-Image\AA01-Inserate\00-Giesserei\2015\Giesserei-99x60-Ecke.cdrMontag, 26. Januar 2015 13:24:28Farbprofil: Deaktiviert

Composite Standardbildschirm

schen, gerichteten Schwerkraftspeisung bei Zylinderköpfen (Brennraum unten, Nachspeisung über den Nockenwellenbe-reich) ist bei Zylinderkurbelgehäusen der Zielkonflikt zwischen lokaler Kühlung in verschiedenen Bereichen (Kurbelwellen-lager, Top Deck/Zylindersteg, Zylinder-kopfverschraubung) und ausreichender Nachspeisung für eine geringe Porosität im Bauteil zu lösen.

Auswahlkriterien der Zylinderkurbel­gehäuse­GießverfahrenBezugnehmend auf Bild 1 kommen bei NEMAK zur Fertigung von Zylinderkur-belgehäusen folgende Gießverfahren zur Anwendung:> druckunterstützte Verfahren, > Standarddruckgießen, > vakuumunterstütztes Druckgie-

ßen für ZKG mit erhöhten Poro-sitäts-/Festigkeitsanforderun-gen,

> schwerkraftbasierte Gießverfah-ren – statisches Kokillen-Boden-gießen,

> Lost-Foam-Gießverfahren,> schwerkraftbasierte Gießverfahren –

dynamisch, > CPS (Roll-Over)-Kernpaketver-

fahren, > Rotacast – Kokille.

Bei beiden Kokillengießverfahren ist die Verwendung sowohl organisch als auch anorganisch gebundener Kerne möglich.

Die Methodik zur Festlegung des ge-eigneten Gießverfahrens ist analog der für Zylinderköpfe (vgl. Bild 4). Angepasst sind lediglich die für Zylinderkurbelgehäu-se spezifischen Entscheidungskriterien, welche in Bild 6 aufgeführt sind.

Das Druckgießverfahren ist mit seiner Einschränkung der Open-Deck-Konstruk-tion mit den verschiedenen Level der Va-kuumunterstützung nur für niedrig- und mittel-belastete Zylinderkurbelgehäuse-Konzepte möglich. Für höher belastete Zylinderkurbelgehäuse-Konstruktionen, gerade im Bereich der Dieselmotoren, fin-

den weitgehend Closed-Deck-Konstruk-tionen Anwendung [2, 4].

Lösungen für hochbelastete ZylinderkurbelgehäuseNEMAK realisiert Closed-Deck-Konstruk-tionen für hochbelastete Zylinderkurbel-gehäuse ausschließlich mit schwerkraft-basierten dynamischen Gießverfahren, entweder im CPS-Verfahren (Roll-Over) oder im Rotacast-Kokillengießverfahren.

In Tabelle 3 wurden die wesentlichen Merkmale beider Technologien

stichpunktartig zusammenge-

fasst. Aufgrund der Flexibilität beider Gießverfahren gelingt es, für alle Anfor-derungskriterien (Stückzahl, Modularität, Designfreiheit, Funktionsintegration) die passende Lösung zu finden. Ein entschei-dendes Merkmal sind allerdings die nachfolgend vorgestellten, erreichbaren mechanischen Eigenschaften.

Erreichbare Bauteilfestigkeiten für Zylinderkurbelgehäuse im VergleichIm CPS- und Rotacast-Verfahren gegosse-ne Zylinderkurbelgehäuse zeigen sehr ähn-liche, hohe mechanische Festigkeiten. So

Tabelle 3: Vergleich typischer Merkmale des CPS­Verfahrens und des Rotacast­ Kokillengießverfahrens.

Merkmal CPS­Verfahren (Roll­Over) Kokillengießen Sandpaket­Verfahren (statisches/dynamisches Formfüllen)

Formgebung auf regenerierbarem Cold-Box- permanente Außenform in System basierendes selbst- Kombination mit Sandkernen für tragendes Kernpaket mit höchster hohe Designfreiheit Designfreiheit durch Montage von EinzelkernenSeriengröße mittlere und hohe Stückzahlen kleine bis hohe StückzahlenAnlagekonzept hoch automatisierte Fertigung modulares AnlagekonzeptLegierung/ auf Gießverfahren ausgelegte unterschiedliche Legierungen und Wärmebehandlung Legierung und Wärmebehand- Wärmebehandlung unter Beach- lung tung der Gießbarkeit darstellbarKühlkonzepte Einsatz passiver Kühlelemente Einsatz passiver und aktiver und integrierte Wärmebehand- Kühlelemente / Heizelemente lung

Bild 7: Typische mechanische Eigenschaften für das CPS- und das Rotacast-Verfahren (die erreichbaren mechanischen Eigenschaften sind designabhängig).

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sind in Teilbereichen der Zylinderkurbel-gehäuse Festigkeiten von bis zu 400 MPa mit entsprechend ausreichender Dehnung erzielbar. Bild 7 zeigt beispielhaft für zwei unterschiedliche Zylinderkurbelgehäuse die typischerweise in beiden Verfahren zu erreichenden Festigkeiten in Abhängigkeit von Wärmebehandlung und Position im Gussteil.

Erwartungsgemäß lassen sich mit ei-ner Wasserabschreckung höhere Festig-keiten bei geringerer Dehnung erzielen. Hervorzuheben ist das hohe Festigkeits-niveau in den beiden Belastungsberei-chen Kurbelwellenhauptlager und Steg-bereich/Top Deck. Allerdings ist zu be-achten, dass die ermittelten Kennwerte designabhängig und für jedes Bauteil neu zu entwickeln sind.

In Bild 8 werden die statischen mechani-schen Kennwerte für ein identisches Bau-teil bei gleicher Legierung und gleicher Wärmebehandlung, gegossen im Boden-gieß- und Rotacast-Verfahren, gegenüber-gestellt.

Bezogen auf den Qualitätsindex wer-den für das Rotacast-Verfahren um 8 % bessere Kennwerte im Vergleich zum Bo-dengießen ermittelt.

Der Qualitätsindex definiert sich:

Q = Rm + k ⋅ log A

Q Qualitätsindex in N/mm² Rm Zugfestigkeit in N/mm² k Konstante (für AlSi-Gusslegie-

rungen k = 150) A Bruchdehnung in %

Prinzipiell gelingt es im CPS- und Rota-cast-Verfahren durch den hohen Einsatz von verlorenen (Sand-)Kernen ein gerin-geres Bauteilgewicht bei höherem Funk-

tionsgrad zu erreichen als bei den her-kömmlichen Kokillengieß- und druckun-terstützten Verfahren (Druckgießen und Niederdruckkokillengießen).

Zusammenfassung

NEMAK als globaler Partner für an spruchs-volle Aluminiumgusskomponenten verfügt über ein breites Spektrum von Gießver-fahren für Zylinderköpfe und Zylinderkur-belgehäuse. Mittels bauteilspezifischer Bewertungsmatrizen erfolgt die Festle-gung des jeweiligen, für das Produkt und damit für den Kunden optimalen Gießver-fahrens. Dabei überzeugen die dynami-schen Gießverfahren CPS und Rotacast aufgrund ihres optimalen Temperaturgra-dienten nach dem Formfüllen mit sehr gu-ten mechanischen Kennwerten. In Kom-bination mit spezifischen Werkzeugkon-zepten werden einhergehend mit einem hohen Standardisierungsanspruch so Lö-sungen für höchste, zukunftsweisende motorische Anforderungen bereitgestellt.

Henning Meishner, NEMAK Wernigerode GmbH, Wernigerode, Dr.-Ing. Franz Josef Feikus, Nemak Europe GmbH, Frankfurt/Main

Literatur:[1] Braunhardt M.: Untersuchungen zum Schwerkraftkokillengießen von Zylinderkur-belgehäusen. Berichte aus dem Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung. Band 26. Shaker Verlag, Aachen, 2012. S. 9.[2] Giesserei-Rundschau 58 (2011), [Nr. 3/4], S. 70.[3] Hasse, S.: Gießerei Lexikon. 19. Aufl. Fachverlag Schiele & Schön, Berlin, 2008. S. 953.[4] MTZ – Motortechnische Zeitschrift 67 (2006), [Nr. 2], S. 118.

Bild 8: Vergleich der mechanischen Eigenschaften von Bodengießverfahren und Rotacast-Verfahren (bei identischem Bauteildesign).

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Salzburg

VORTRÄGE UND POSTER

ZfP in Forschung, Entwicklung und Anwendung

11. – 13. Mai 2015

Jahrestagung 2015

DGZfP e.V. | Max-Planck-Str. 6 | 12489 Berlin Tel.: +49 30 67807-120 | Fax: +49 30 67807-129

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