Immer ein bisschen sozialarbeiterisch€¦ · Das kommt nicht so gut an in Djibouti und a n d e r s...

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THEMEN DER REPUBLIK Immer ein bisschen sozialarbeiterisch Auf dem deutschen Weg in Djibouti. Impressionen von einem Marinestützpunkt in Afrika VON HANS-PETER BARTELS (TEXT) UND FRANK BEHLING (FOTOS)

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Immer ein bisschen sozialarbeiterisch

Auf dem deutschen Weg in Djibouti. Impressionen von einem Marinestützpunkt in Afrika

VON HANS-PETER BARTELS (TEXT) UND FRANK BEHLING (FOTOS)

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E in Wegweiser an der Wand des Hangars zeigt indie Ferne, nach Hause. „5390 Kilometer“ steht

darauf, und „Kiel“. Auf der Platte vor dem Hangarstehen zwei deutsche Marinehubschrauber. Schön istes hier nicht, nur heiß, staubig, infektiös, elend,ereignisarm. Die Truppenkontingente, tausendMann, wechseln alle drei beziehungsweise sechsMonate. Deutscher Marinestützpunkt Djibouti,

Afrika. Vielleicht ein Hinterland des Terrors. Wie istdie Stimmung in der Truppe, Herr Admiral? – Gut,sagt der Befehlshaber, der auch den multinationalenEinsatzverband im Indischen Ozean kommandiert. –Gut? Wir fragen andere Soldaten. Hören Klagen überdas Klima, die Bekleidung, den Dienstplan.

Aber da ist ein Unterton. Abends, nach dem zwei-ten Gin Tonic, beginnt gesprächsweise die kompara-

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tive Lageverbesserung. Die Deutschen seien beliebt andiesem Ende der Welt. Gewiss beliebter als die ehe-maligen Kolonialherren, die Franzosen, die noch imLand stationiert sind. Die Deutschen haben Medi-kamente gespendet und Geld gesammelt für das örtli-che Waisenhaus. Sie zahlen für jede tatsächliche odervermeintliche Dienstleistung der Gastgeber und sagendazu auch noch Dankeschön. Die Deutschen fragen

nach Problemen und bieten Rat und Tat an, immerein bisschen sozialarbeiterisch – Entwicklungshelferin Uniform. Sie schotten sich nicht so sichtblenden-perfekt und stacheldrahtschroff von der Stadt ab wiedie Amerikaner. Überhaupt die Amerikaner! Immereinen Dreh zu zackig, zu überlegen, zu weltmachtbe-wusst. Das kommt nicht so gut an in Djibouti unda n d e r s w o .

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Der deutsche Weg, nach dem vierten Gin Tonic,bedeutet, dass man weiß, was man tut. Dass auchklappt, was man anpackt. Dass Gewalt das wirklichallerletzte Mittel ist. Dass man kooperativ, multilate-ral, internationalistisch vorgeht. Dass man auch zukleinen, unnützen Partnern nett, nett, nett ist; be-stimmt kann man gut „zusammenarbeiten“, vielleichtsind sie „anders begabt“. Dass man sich da nicht aufjeden verlassen kann, wird bei der Planung diskretberücksichtigt.

So ist das Image der deutschen Soldaten hier, unserSelbstbild in einem fernen, kleinen Land in Afrika:selbstbewusst, gründlich, effektiv. Einer sagt, daraufsei er stolz. Und irgendwie schwingt dabei immer derkritische Vergleich mit dem supergroßen Verbünde-ten mit. Freundlich betrachtet bedeutet diese neuedeutsche Perspektive aber keine antagonistischeKonkurrenz zu den Amerikanern, sondern bloß einbißchen mehr außenpolitischen Wettbewerb um denrichtigen Weg – zum gleichen Ziel. Die gemeinsameOperation heißt Enduring Freedom, dauerhafteFreiheit. ■