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Bernhard Schmidt Informelles Lernen in der beruflichen Bildung, in der Erwachsenen- und Medienbildung Fachtagung des DJI und des ZSL „Informelles Lernen und Kompetenzerwerb in schulischen und außerschulischen Lernkontexten?“ Halle, 19. Oktober 2006

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Bernhard Schmidt

Informelles Lernen in der beruflichen Bildung, in der

Erwachsenen- und Medienbildung

Fachtagung des DJI und des ZSL

„Informelles Lernen und Kompetenzerwerb in schulischen und außerschulischen Lernkontexten?“

Halle, 19. Oktober 2006

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Zum Begriff „Informelles Lernen“

• Älteste Form des Lernens

• Umfasst intendierte und inzidentelle Lernprozesse

• Informelles Lernen vs. informelle Bildung

• Ist pädagogische Restkategorie und als solche schwer zu operationalisieren

• Erfassung informellen Lernens:Zwischen Forschungspragmatismus und der Relevanz impliziten Wissenserwerbs

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Organisationsgrad

Reflexivität

Institutionelle Einbettung

Lernen durch neue Aufgaben

Reactive LearningInzidentelles/

beiläufiges Lernen

Selbstorganisiertes Lernen

Erfahrungs-lernen

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Repräsentativstudien zum Weiterbildungsverhalten

• Berichtssystem Weiterbildung (Kuwan u.a. 2006):

Informelle Lernaktivitäten sind besonders ausgeprägt bei Personen...

... mit höherer beruflicher Ausbildung

... die an formeller allgemeiner Weiterbildung teilnehmen

... mit höherem Haushaltseinkommen

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Selbstlernen und Haushaltsnettoeinkommen

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Unter 500 €

500 bis unter 750 €

750 bis unter 1.000 €

1.000 bis unter 1.250 €

1.250 bis unter 1.500 €

1.500 bis unter 1.750 €

1.750 bis unter 2.000 €

2.000 bis unter 2.250 €

2.250 bis unter 2.500 €

2.500 bis unter 3.000 €

3.000 bis unter 3.500 €

3.500 bis unter 5.000 €

5.000 € und mehr

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Repräsentativstudien zum Weiterbildungsverhalten

• Berichtssystem Weiterbildung (Kuwan u.a. 2006):

• BIBB/IAB-Erhebung (Dostal 2003):

Formelles und informelles Lernen bilden gemeinsam die Grundlage für berufliche Kompetenz

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Bedeutung informellen Lernens für Kompetenzentwicklung (nach Dostal 2003, S. 109)

28

22

22

21

23

33

8

11

12

13

13

11

46

45

43

40

40

37

18

22

23

26

25

19

0% 20% 40% 60% 80% 100%

unter 25

25-34

35-44

45-54

55-64

ab 65

nur informell

1. informell /2. formell1. formell / 2.informellnur formell

N = 34.343

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Repräsentativstudien zum Weiterbildungsverhalten

• Berichtssystem Weiterbildung (Kuwan u.a. 2006):

• BIBB/IAB-Erhebung (Dostal 2003):

• Milieu-Studie (Barz/Tippelt 2004):

Partizipation an informellem Lernen ist auch von formaler Bildung abhängig.

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Wie stark sind Sie interessiert an folgenden Lernformen?

1,00

1,25

1,50

1,75

2,00

2,25

2,50

niedrigeSchulbildung

mittlereSchulbildung

hoheSchulbildung

Unterweisung/Anlernenam Arbeitsplatz

Unterweisung/Anlernenim priv. Umfeld

Selbstlernen durchBeobachten/Ausprobieren

Selbstgesteuertes Lernenmit Medien

Selbstgesteuertes Lernenmit virt. Lernumgebung

Lesen von Fach-/Sachbüchern /-ZeitschriftenLehrgänge/Kurse/Seminare im Betrieb

Lehrgänge/Kurse/Seminare außerhalb desBetriebs

***

***

***

***

***

***

***

* p < .05 ** p < .01 *** p < .001N=3.008

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Oberschicht/Obere

Mittelschicht

MittlereMittelschicht

UntereMittelschicht /Unterschicht

SozialeLage

Grund-orientierung

Traditionelle WertePflichterfüllung,

Ordnung

Modernisierung IIPatchworking, Virtualisierung

Modernisierung IKonsum-Hedonismus und

Postmaterialismus

DDR-Nostal-

gische87,0%

Konsum-Materialisten88,1%

Postmaterielle89,7%

Etablierte81,4%

Hedonisten92,2%

Experimentalisten89,6%

Moderne Performer

93,3%

Konservative80,3%

Traditions-verwurzelte

81,9%

Bürgerliche Mitte87,5%

*** N(gesamt)=1014, N(ETB)=196, N(PMA)=177, N(PER)=142, N(KON)=90, N(BÜM)=286, N(EXP)=123, gewichtete Daten

Selbstlernen durch Beobachten und Ausprobieren (ø87,6%)

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Oberschicht/Obere

Mittelschicht

MittlereMittelschicht

UntereMittelschicht /Unterschicht

SozialeLage

Grund-orientierung

Traditionelle WertePflichterfüllung,

Ordnung

Modernisierung IIPatchworking, Virtualisierung

Modernisierung IKonsum-Hedonismus und

Postmaterialismus

DDR-Nostal-

gische70,7%

Konsum-Materialisten72,6%

Postmaterielle89,4%

Etablierte75,4%

Hedonisten66,8%

Experimentalisten76,2%

Moderne Performer

80,4%

Konservative73,7%

Traditions-verwurzelte

72,0%

Bürgerliche Mitte77,2%

*** N(gesamt)=1014, N(ETB)=196, N(PMA)=177, N(PER)=142, N(KON)=90, N(BÜM)=286, N(EXP)=123, gewichtete Daten

Lesen von Fach- und Sachbüchern oder Fach- und Spezialzeitschriften (ø76,0%)

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Untersuchungen zu informellem beruflichem Lernen

• Hohe Relevanz informeller Lernprozesse im Rahmen beruflicher Weiterbildung(Livingstone 1999; Dehnbostel u.a. 2003)

• Entgrenzung von Arbeit und Freizeit (Kirchhöfer 2000)

• Möglichkeiten zu informellem Lernen sind stark anArbeitsplatz gebunden(Baethge & Baethge-Kinsky 2004)

• Nutzung informeller Lernformen variiert zwischen verschiedenen Tätigkeitsfeldern erheblich (Tikkanenu.a. 2002)

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Häufige Lernformen im Betrieb (nach Tikkanen et al. 2002, p. 47)

bis 45 Jahre

über 45 Jahre

bis 45 Jahre

über 45 Jahre

bis 45 Jahre

über 45 Jahre

Lieber selbst Lösungen finden statt andere zu fragen ** 87,7 76,5 56,6 72,5 78,6 72,5Wege Wissens zu aktualisieren:Kollegen fragen * 77,5 46,2 81,5 82,5 75 64,1Vorgesetzte fragen *** 48,7 35,7 72,4 59,7 47,2 28,2Mit Experten sprechen * 35,1 53,8 50,4 48,3 52,1 63,2Internet nutzen *** 8,3 0 8,9 19,1 31 7,9Handbücher / Herstellerinformationen lesen * 52,8 46,2 60,8 55,6 73,6 80Fachzeitschriftenlesen ***Selbstständig Kurse/Trainings besuchen ** 2,8 8,3 33,6 32,6 32,8 23,2Andere Wege 0 0 50 62,5 80 80

Manuelle Tätigkeiten

Dienstleistungen Büroarbeiten

24,3 30,8 42,3 48,3 64,8 79,5

X²Sig: *<.05, **<.01, ***<.001

N = 378

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Grenzen informellen Lernens

• Eraut:– Informelles Lernen erzeugt implizites Wissen

=> oft nur schwer explizierbar

– Möglichkeiten inf. Lernens durch Vorgesetzte determiniert

• Garrick:– Gefahr der Instrumentalisierung informellen Lernens

(hidden curiculum)

– Ambivalente Rolle der Personalentwickler

• Künzel:– Gefahr der „rationalistischen Überplanung eingespielter

Lernkulturen“ (ebd. 2005, S. XI)

– Mit bestehenden Kategorien kaum wissenschaftlich fassbar

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Verzahnung informeller und organisierter Bildungsprozesse

• Erweiterung / Ergänzung von Lerngelegenheiten

• Reflexion informell erworbenen Wissens

• Explikation impliziter Wissensbestände

• Bewusstmachung eigener Kompetenzen

• Kritische Reflexion von Gelegenheitsstrukturen und Inhalten

• Dokumentation und Zertifizierung

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Medien als Ressource informeller Lernprozesse

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MediumModernePerformer

Experimenta-listen Konservative Etablierte

Literatur

TV:Umfang

Schwer-punkte

Lesen viel

Berufliches & priv. Interesse(Zeitschriften)

Lesen weniger

v.a. zur Freizeitplanung(Magazine)

Lesen viel(Bildungsmotiv)

Interesse an Geschichte

Lesen viel und vielseitig

Tageszeitung ist Pflichtlektüre

62 % (1/Monat)

unter-durchschnittlich

51 % (1/Monat)

unter-durchschnittlich

7 % (1/Monat)

über-durchschnittlich

15 % (1/Monat)

über-durchschnittlich

leicht unter-durchschnittlich

Unterhaltung (Filme, Serien, Shows)

leicht unter-durchschnittlich

Unterhaltung und zeitkritische Sendungen

durchschnittlich

Nachrichten, Information, Filmklassiker

durchschnittlich (aber gezielt)

Nachrichten, Hintergrund-berichte

Kino

Radio

WWW sehr häufig genutzt (62,5 %)

häufig genutzt (45 %)

wenig genutzt (12,7 %)

häufig genutzt (40,7 %)

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Internet-Nutzung der Milieus

4,9%

12,7%

16,0%

20,4%

22,1%

29,5%

34,1%

40,7%

45,0%

52,1%

62,5%

0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0%

Traditionsverwurzelte

Konservative

DDR-Nostalgische

Konsum-Materialisten

Bürgerliche Mitte

Gesamtbevölkerung

Hedonisten

Etablierte

Experimentalisten

Postmaterielle

Moderne Performer

Quelle: Schenk/Wolf 2003

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Oberschicht/Obere

Mittelschicht

MittlereMittelschicht

UntereMittelschicht /Unterschicht

SozialeLage

Grund-orientierung

Traditionelle WertePflichterfüllung,

Ordnung

Modernisierung IIPatchworking, Virtualisierung

Modernisierung IKonsum-Hedonismus und

Postmaterialismus

DDR-Nostal-

gische40,9%

Konsum-Materialisten40,4%

Postmaterielle52,4%

Etablierte59,1%

Hedonisten51,7%

Experimentalisten49,4%

Moderne Performer

61,7%

Konservative46,8%

Traditions-verwurzelte

34,5%

Bürgerliche Mitte45,4%

** N(gesamt)=1012, N(ETB)=196, N(PMA)=177, N(PER)=142, N(KON)=89, N(BÜM)=285, N(EXP)=123, gewichtete Daten

Selbstgesteuertes Lernen mit Hilfe von Medien (ø48,5%)

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Internetnutzung in Deutschland (2003)

13,360 Jahre und älter

48,850-59 Jahre

67,440-49 Jahre

73,130-39 Jahre

81,920-29 Jahre

92,114-19 Jahre

Internetnutzung in den letzten 4 Wochen

Quelle: Eimeren/Gerhard/Frees 2003

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Ältere Erwachsene und moderne Medien

• Studie von Schäffer (2003):

Generationenspezifisches Medienpraxiskulturen

• Umgang mit Medien als Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe

• Unterschiedliche Mediennutzung:

Spiel vs. Arbeit

Nähe vs. Distanz

• Ältere aus Sicht der jüngeren Generation

=> Generationen- statt Alterseffekte überwiegen

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