Infozeitung zur Urabstimmung - WordPress.com · 2010-01-02 · Ernst Moritz Arndt sollte es in...

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Informationen für Arndtals Namenspatron

• Ernst Moritz Arndt nicht nur auf der Briefmarke!• Für die Beibehaltung des Namenspatrons

Ernst Moritz Arndt

Infozeitung zur Urabstimmungi

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Initiative: Arndt AG Uni GreifswaldHauptverantwortlicher: Thorben Vierkant (V.i.S.d.P.)E-Mail:[email protected]

Text: Thorben Vierkant, (AG Vorstellung), Marco Wagner.Weitere Mitglieder (u.a.): Ivo Sieder, Henning Krüger, Konrad UlbrichWir danken allen Beteiligten für die Entstehung dieser Zeitschrift.Titelbild: wikimedia.org

Willkommen!Vorstellung der Arndt AG

Die Arndt AG Greifswald sind Studen-ten verschiedener Studiengänge. In-

itiiert wurde sie auf Bestreben des RCDS Greifswald und alle Mitglieder verbindet, dass der Name unserer Universität nicht geändert wird. Vielmehr sollte erst jeder Student in der Lage sein, sich selbst ein Bild von den Hintergründen und heutigen Bewertungsmöglichkeiten Ernst Moritz

Arndts machen zu können. Aus diesem Grund haben wir uns der gemeinsamen Stupa-AG Namensgebung angeschlossen, auch um in dieser Zeitung einen Blick auf beide Sichtweisen zu ermöglichen. Ernst Moritz Arndt ist einfach eine so vielseitige Persönlichkeit gewesen, dass es zu seiner Bewertung einer umfangreichen Informati-onsbeschaffung bedarf.

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„Sie kommen jedes Jahr. In kleinen Gruppen mit den Leinenbeutel vol-ler Infos ziehen die Erstis von der Mensa durch die alte Hansestadt bis zur Universität, immer ihren Tutoren lauschend. Mit leuchtenden Augen und voller Erwartung sitzen sie im Dom, feiern die Immatrikulation mit einem Fass Freibier des Oberbürgermeisters. Sie haben alles aus ihrer alten Hei-mat mitgebracht, Religion, Sitten und Bräuche, Schulbildung und die guten Wünsche der Eltern. Jugend und Leidenschaft lassen alsbald erkennen; Sie wollen den schweren Stein der Geschichte für einen Augenblick bewegen. Im Jetzt und Heute Revolution, zur Geschichte von gestern, versuchen sie die alten Männer von den Säulen zu stürzen und glauben es recht zu tun. Die Menschen der Stadt, mit dem schweren Stein der Geschichte stark ver-wurzelt, stehen oft tief in der Schuld derselben und ehren sie. So geht die Zeit ins Land und die jungen Wilden gehen nach Jahren intensiven Studiums mit einem Diplom oder Doktor, manchmal mit leicht ergrauten Schläfen, in die Welt der Erkenntnis um selbst ein Teil der Säule zu werden. So ein über 550-jähriger vorpommerscher Stein hat so seine Last. Ihn zu bewegen, ja, da braucht man alle Menschen dieser Stadt. Ernst Moritz Arndt (* 26. Dezember 1769 in Groß Schoritz auf Rügen – da-mals Schwedisch-Pommern; † 29. Januar 1860 in Bonn) war ein deutscher Dichter, Revolutionär und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversamm-lung. In seiner Frühzeit kämpfte Arndt gegen das Leibeigentum, erreichte die Abschaffung im schwedischen Pommern, später widmete er sich haupt-sächlich der Mobilisierung gegen Napoleon, wozu er in der Erweckung eines deutschen Nationalgefühls das geeignete Mittel sah. Arndt war Professor in Greifswald, musste wegen seiner antifranzösischen Propaganda jedoch vo-rübergehend flüchten. Nach den Karlsbader Beschlüssen wurde er von den monarchistischen Kräften als „Demagoge“ erneut verfolgt und erst 1840 re-habilitiert.

Die Universität ehrte Arndt, als Vertreter der Philosophischen Fakultät im Fi-gurenprogramm des Rubenow – Denkmals. Nach der 1840 erfolgten Reha-bilitierung Arndts und den Missbrauch des Namens durch die Nazis erfolgt nun 2009/10 postum die Hinrichtung des Namens Ernst Moritz Arndt?“

Diesen sehr schön formulierten, und zum romantisierenden Denken des Dichters und Denkers Ernst Moritz Arndt passenden Kommentar für eine Beibehaltung des Namens vom Blogleser „Klaus“ möchten wir an dieser Stelle als Einleitung für unsere Meinung zum Patron verwenden.

Zukunft kommt von Herkunft Für Ernst Moritz Arndt als Patron

Willkommen!Vorstellung der Arndt AG

Den tiefen Ernst des Lebens zu verkünden Winkt, weist und spielt die Allmacht aus Geschichten. Die Vorwelt einzig darf die Nachwelt richten, Die Gegenwart tappt taumelnd fort. . . . . E.-M.-Arndt

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Das Lebenswerk Ernst Moritz Arndts

Das Lebenswerk Ernst Moritz Arndts ist von vielen Höhen und Tiefen be-

einflusst. Er befasste sich mit verschiede-nen gedanklichen Strömungen und ließ sich insbesondere in seinen Studienjah-ren in Jena (August 1793 - Mai 1794) von den Gedanken seines Dozenten Johann Gottlieb Fichte, aber auch von den Ideen Johann Gottfried Herders, „Ideen zur Phi-losophie der Geschichte der Menschheit“, inspirieren, die allerdings nicht immer in zukunftsweisende, aufklärerische Gedan-ken und Äußerungen bei Arndt münde-ten.Auch eine Beeinflussung von den Ideen Friedrich Schillers, die er in seinen Vorle-sungen zur Universalgeschichte äußerte, ist nicht gänzlich auszuschließen, schließ-lich gibt es verblüffende Ähnlichkeiten zwischen den Aufzeichnungen von Schil-lers Vorlesungen und seinem 1800/ 1801 in Greifswald erschienenen Büchlein „Ein menschliches Wort über die Freiheit der Alten Republiken.“ 1

Unter den bekanntesten Leistungen des Dichters und Denkers ist zum

einem die tatkräftige Unterstützung der Abschaffung der Leibeigenschaft in

schwedisch-Pommern zu nennen. So verfasste er im Jahre 1803 die Schrift „Versuch einer Geschichte der Leibeigen-schaft in Pommern und Rügen“, in denen

er die Missstände der unter dieser Knecht-schaft leidenden Bauern anprangerte.

So schreibt er:

Abschaffung der Leibeigenschaft

Ernst Moritz Arndt im hohen Alter

„Die freie, fortschreitende Gesellschaft will freie Bauern des Landes. Was einst erlaubt war, ist es nicht mehr für unsere Zeit; wir haben vom menschlichen und politischen Unrecht ein Wissen und Gewissen ganz anderer Art als unsere Väter, wir sollen auch Bürger sein in einem ganz anderen Sinne als die Väter.“ 2

1 Pakulla, Maria: Arndts Jenaer Universitätszeit, in: Hefte der Ernst Moritz Arndt Gesellschaft (HEMAG), Heft 1, Putbus 1992, S.65f.2 Ernst Moritz Arndt in: Gysi, Klaus (Hrsg.): Zur Literatur der Befreiungskriege, Berlin 1959, S.52.

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Und:

„Wenn dem so ist, so hat der Mann recht.“ 5

Zwar war der schwedische König bereits seit 1796 bemüht, die Leibeigenschaft abzuschaffen, allerdings scheiterte er immer wieder am Widerstand der Großbauern.3

Ernst Moritz Arndt sollte es in diesem Zusammenhang ganz ähnlich ergehen.

„Mein Büchlein machte natürlicherweise Hass und Lärm...nicht bloß bei dem Adel, welchen ich darin am meisten anzuklagen schien, sondern auch bei anderen Halbvornehmen und bei manchen reichen und jun-kerisch gesinnten Großpächtern, welche schrien, ich sei ein Leuteverderber und Bauernaufhetzer.“

So schreibt er:

„Die Herren hätten mir gar gern einen Majestätsprozess auf den Hals gehetzt.“ 4

So entsendeten nicht nur die Adligen ein Exemplar der Schrift zur Anklage gegen Ernst Moritz Arndt vor dem schwedischen König Gustav IV. Adolf, auch Arndt entsandte ein Manuskript zu seiner

Verteidigung bzw. Anklage des Adels.Da diese Schrift ganz im Interesse des Königs war, reagierte die-ser wie folgt:

Somit wurde nicht zuletzt durch diese Schrift die Leibeigenschaft in Schwe-

disch Pommern 1806/07 abgeschafft und damit sechs Jahre früher als im benach-barten preußischen Pommern.Auch wenn die Vermutung nahe liegen könnte, dass Arndt diese Schrift im Auf-trag des Schwedenkönigs verfasst hätte, um Druck auf den Adel auszuüben, so gibt es dafür keine Hinweise.6 Es ist damit wohl eher davon auszugehen, dass Arndt und der Schwedenkönig unab-hängig voneinander dieselben Bestrebun-gen hatten.

Im pommerschen Raum gab es bereits Kaufleute, die Bauern von der Leibeigen-schaft befreiten, allerdings ausschließlich aus dem Hintergrund, dass man an freien Bauern mehr Geld verdienen könne, als mit unfreien.Arndts Schrift gegen die Leibeigenschaft fußt allerdings auf aufklärerischen Ide-en, d.h. auf der Idee, dass alle Menschen gleich sind und alle Menschen gleiche Rechte haben sollen.In einer weiteren Schrift über das Bauern-tum, im „Bauernstand politisch betrach-tet“ schreibt Arndt daher:

„Der Gedanke des Vaterlandes erwächst aus dem Gefühl, dass wir alle Bürger sind mit gleichen Rechten und Pflichten...“ 7

3 Buchholz, Werner: Ernst Moritz Arndt und Schweden, in: HEMAG: Ernst Moritz Arndt weiterhin im Widerstreit der Meinungen, Heft 8, 2003, S.47.4 Ernst Moritz Arndt in: Gysi, Klaus (Hrsg.): a.a.O., S.53.5 König Gustav IV. Adolf, in: a.a.O.6 Buchholz, Werner: Ernst Moritz Arndt und Schweden, in: HEMAG: a.a.O., S.47.7 Ernst Moritz Arndt in: Gysi, Klaus (Hrsg.): a.a.O., S.55.

Die Schrift „Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft“ gab dem schwedischen König eine besonders große Schützen-hilfe, weshalb ihr auch heute noch große Bedeutung zukommt. Wäre diese Schrift

nicht erschienen, kann nicht ausgeschlos-sen werden, dass der Schwedenkönig mit seinen Reformen gescheitert wäre.Sie stellt damit ein wichtiges Zeugnis im Kontext der Bauernbefreiung in Pommern

und auf Rügen dar.

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Arndt als Kämpfer gegen imperiale Angriffskriege

Doch Arndt setzte sich nicht nur für eine bessere Stellung des Bauernstandes ein. Er setzte sich, gerade im Kontext des

Napoleonischen Russlandfeldzuges mit Krieg und Soldatentum auseinander.

Die Schrift „Katechismus für den teutschen Kriegs- und Wehr-mann“ ist in diesem Kontext besonders hervor zu heben.So schreibt er in dieser über den Krieg:

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„Denn Krieg ist ein Übel und Gewalt ist das Größte Übel.“ 8

8 Arndt, Ernst Moritz: Katechismus für den teutschen Kriegs- und Wehrmann, Köln 1815, S.32.9 Arndt, Ernst Moritz: a.a.O., S.29.10 Arndt, Ernst Moritz: a.a.O., S.31.

Über Soldaten schreibt er:

„Und soll der rechte christliche Soldat wild sein wie ein Lamm und mutig wie ein Löwe.“ 9

„Nicht gegen den unbewehrten Bürger und Bauer, nicht gegen Greise und Weiber und Kinder soll der Soldat feurig, trotzig und wild sein...“ 10

Und:

Russlandfeldzug Napoleons. Arndt sprach sich gegen jegliche Angriffskriege aus.

Insgesamt prangert Arndt in dieser Schrift den Krieg der „Tyrannen“ an, da diese „Freiheit und Gerechtigkeit zu vertilgen verstan-den.“

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Doch warum setzte er sich nicht für die Demokratie ein? In einer Rede

im Jahre 1848 vor der Nationalversamm-lung begründet der Liberale dies mit dem Scheitern der Demokratien in Frankreich und England. Beide Revolutionen, welche die Demokratie zum Ziel hatten führten zu blutigen Bürgerkriegen. Einen blutigen Bürgerkrieg, der letztendlich, wie es die damalige Geschichte zeigte, die konstituti-onelle Monarchie als Resultat hatte, wollte er nicht verantworten.17 Er setzt sich für die Errichtung eines Zwei-Kammernparlamentes, in Form eines Oberhauses für den Adel und eines Un-terhauses für das Volk (ähnlich dem Briti-schen Parlament), ein.

Allerdings wollte er andererseits einen Deutschen Kaiser haben und prägte somit auch das Denken des 1871 gegründeten Kaiserreiches.

Die Nationalversammlung in der Frank-furter Paulskirche 1848

17 Arndt, Ernst Moritz: Reden und Glossen, 1848, S.12f.18 siehe: Gysi, Klaus: Literatur der Befreiungskriege, Berlin 1959.19 Herr Prof. Karl-Ewald Tietz in einem Gespräch mit der Arndt-AG und dem Webmoritz.

Der Lyriker der Befreiungskriege und Märchensammler

In Pommern ist Ernst Moritz Arndt vor allem für seine gesammelten Märchen

und Sagen bekannt, die ohne ihn gänzlich in Vergessenheit geraten wäre.In seinen Märchen und Jugenderinne-rungen sind sowohl Geschichten in Platt-deutsch, als auch in Hochdeutsch zu fin-den. So zum Beispiel „De witte Frau to Löbnitz“, „De Raw de Ringdeef“ oder aber die Sage vom „Silberglöckchen“.Des weiteren ist er auch als Dichter der Befreiungskriege bekannt. 18

Seine Verse waren explizit gegen die französische Fremdherrschaft gerichtet, mit dem Ziel, die Deutschen zum Kampf gegen die Napoleonische Fremdherr-schaft aufzurufen. Wenngleich Napole-on zunächst als Befreier innerhalb der Deutschen Bevölkerung aufgenommen worden war, so kippte die Stimmung ge-genüber Napoleon ganz schnell um, als er seinen Russlandfeldzug fortsetzte und die Rheinbundstaaten (die ersten Staaten in Deutschland, in denen der „Code Ci-

vil“ , ein Bürgerliches Gesetzbuch, ein-geführt worden ist) zum Aufmarschgebiet für seinen Angriffskrieg missbrauchte. Die vermeintlichen Befreier wandelten ihr Gesicht zunehmend zu militanten Be-satzern und Unterdrückern der Deutschen Bevölkerung. Zu den bekanntesten Ge-dichten zählen das Vaterlandslied und die im 19. Jahrhundert als inoffizielle Hymne geltenden Verse „Was ist des Deutschen Vaterland?“, in denen er die Zersplitte-rung Deutschlands anprangert.Ein weiteres ehrgeiziges Ziel Arndts war die angestrebte Reform des evangeli-schen Kirchenliedes in Pommern. Seine zahlreichen Kirchenlieder machen einen großen Bestandteil seines Werkes aus und einige von ihnen finden sich noch heute in evangelischen Gesangbüchern Deutsch-lands und der Schweiz.19

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Lützowsches Corps, welches gegen die französische Fremdherrschaft kämpfte. Arndts patriotischen Gedichte machten den Soldaten Mut, den Kampf gegen den Besatzer nicht aufzugeben.

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Andererseits meint er auch, dass der, der gegen den Tyrannen kämpfe,

Gottes Dienst daran tue, und das der Krieg sei, der dem Herren gefalle. 11

Doch wofür steht nun diese Schrift? Was sagt sie uns über Arndt aus?Der „Katechismus für den Teutschen Kriegs- und Wehrmann“ steht auch noch heute dafür, dass Arndt Teil der antiimpe-rialen Bewegung war. Er stellte sich ge-gen zerstörerische Angriffskriege.In dieser Schrift stellt er sich gegen Plün-derungen im Krieg, gegen Vergewalti-gung und Misshandlung, und setzt sich

für Menschenrechte und Moral im Krieg ein.Die Grundidee seiner Forderungen finden sich heute noch in den Genfer Konventio-nen wieder. Das Verbot der Durchführung von Angriffskriegen ist in dem Grund-gesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert.Arndt kann somit als Vordenker der Antikriegsbewegung, als gedanklicher Vorreiter der Genfer Konventionen und des Grundgesetzes der Bundesre-publik Deutschland in Betracht gezo-gen werden.

Dass für Arndt Moral immer sehr viel be-deutete, zeigte er nicht nur in seiner Mär-chensammlung, die für Pommern eine große Bedeutung hat, sondern auch in der Schrift „Beherzigungen vor dem Wiener Kongress“.In dieser stellt Arndt seine Vision eines zukünftigen vereinigten Deutschlands vor.Darin prangert er nicht nur den „Solda-tensklavenhandel“ an, sondern auch den Menschenhandel im allgemeinen:

„Darum muss er im Reiche abgeschafft werden und ein ausdrückliches Gesetz muss für Deutschlands Kinder sorgen und verbieten, dass Fürsten ihre Günstlinge hinfort nicht Menschen um Gold verkaufen dürfen.“ 12

„Die öffentliche Meinung allein, die mit edlem Stolz und freier Sicherheit auf den Willen eines großen und wackeren Volks gestützt ist,(...) kann (...) ein Zaum und Gebiss werden. Darum müssen wir freie und gesetzliche Deutsche, welchen Aufruhre und Getümmel nie gefallen haben, auf die Pressefreiheit bestehen.“ 13

„...das Volk muss wieder mitraten und mitregieren, damit sich wieder rüstige und weise politische Män-ner bilden, die in Gefahren vor den Riss treten und halten und helfen können. (...) Jede Landschaft wählt sich ihre Verwaltung und Polizei, besondere Räte, welche als ordentliche Kollegien zusammengesetzt sind. (...) Die gesamten Stände der Landschaften schicken wieder ihre besonderen Boten, welche mit dem Minister ratschlagen.“ 16

Einsatz für die Meinungs-, Pressefreiheit und Parlamentarismus

Des weiteren setzt sich der Politiker, Theologe, Historiker, Dichter und Publizist in dieser Schrift für die Meinungs-

und Pressefreiheit ein. So stellt er dazu fest:

Doch er setzt sich in seinem Leben auch mit den Begriffen von Demokratie und Freiheit auseinander. Obwohl er in der Schrift „Über künftige ständische Verfas-sungen in Deutschland“ schreibt, dass der „moderne Staat... demokratisch“ zu sein habe14 , so stellt er sich damit noch keine Demokratie im heutigen Sinne vor.

Als Abgeordneter der Paulskirchenver-sammlung und Unterzeichner der Verfas-sung der Nationalversammlung, die unter anderem die Gleichstellung der Juden beinhaltete, gehörte der 79-jährige der Liberalen Partei von Gagerns an, die sich für die Konstitutionelle Monarchie einsetzte.

In „Beherzigungen vor dem Wiener Kon-gress“, welches ebenfalls 1814 erschienen ist, äußert sich der „zu früh gekommene Politikwissenschaftler“ 15 ganz ähnlich:

11 Arndt, Ernst Moritz: a.a.O., S.10.12 Arndt, Ernst Moritz: Beherzigungen vor dem Wiener Kongress, 1814, 45.13 Arndt, Ernst Moritz: a.a.O., S.19.14 Gysi, Klaus (Hrsg.): a.a.O., S.57.15 Herr Prof. Karl-Ewald Tietz in einem Gespräch mit Vertretern der Arndt-AG und dem Webmoritz, am Freitag dem 4. Dezember 2009.16 Arndt, Ernst Moritz: Beherzigungen vor dem Wiener Kongress, 1814, S.31

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Doch Ernst Moritz Arndts Werk zeich-net sich nicht nur durch positive As-

pekte aus. So verfasste er vielfach auch Fremden- und Judenfeindliche Schriften. Der geistige Ursprung dieser Schriften ist in der im 18. Jahrhundert vom französi-schen Staatstheoretiker Montesquieu ent-wickelten „Klimatheorie“ zu suchen.20

Im Kontext der Befreiungskriege steiger-te sich die bereits durch seine Kindheit vorgeprägte Abneigung gegenüber Fran-zosen zu einem tiefen Hass hinein.21 So entwickelte er darauf aufbauend die Idee des Volkshasses, also, dass ein Staat und Volk nur dann Bestand haben könne, wenn es ein anderes Volk hassen würde. Das Ziel dieses „Volkshasses“ bestand in der Erhaltung der kulturellen Reinheit des Deutschen Volkes, die jedoch viel-fach zum Rassismus kippte.22 Auch seine Judenfeindlichkeit schwankte zwischen der Assimilation der Juden in die christ-liche Kulturgemeinschaft und dem Anti-

semitismus. Diese Ausführungen finden sich vor allem im Volkshass, Geist der Zeit, und dem Blick aus der Zeit auf die Zeit. Da die Initiative „Uni ohne Arndt“ ihre Argumentation hauptsächlich darauf stützt und auf ihren Webseiten darüber umfassend informiert hat, möchten wir an dieser Stelle nicht noch einmal im Be-sonderen darauf eingehen, wobei wir da-rauf hinweisen, dass unserer Auffassung nach weder der Antisemitismus, noch der Rassismus das Hauptwerk Ernst Moritz Arndts darstellen, sondern die vorangegangenen Aspekte, über die wir umfassend informiert haben.Des Weiteren dürften die vorangegan-genen Seiten deutlich hervor gehoben haben, dass Arndt eben nicht für „das volle Programm der Nazis“ stand, wie es viel zu oft dargestellt wird.

Nichtsdestotrotz müssen wir uns auch in Zukunft mit den drei Schriften „Über den

Volkshass und Gebrauch einer fremden Sprache“ und Teilen aus dem „Geist der Zeit“ und dem Kapitel „Noch etwas über die Juden“ stets auseinandersetzen.Denn weder eine wie auch immer gear-tete Fremdenfeindlichkeit noch Juden-feindlichkeit sollte in unserer heutigen Gesellschaft akzeptiert werden.Aufgrund der zahlreichen, breitgefächer-ten und vielseitigen positiven Leistungen Ernst Moritz Arndts halten wir eine Ab-legung des Namens Ernst Moritz Arndt als Patron für einen falschen Umgang mit Arndt. Er ist ein fester Bestandteil unserer Geschichte, sowohl im Positiven, als auch im Negativen, wobei unserer Auffassung nach das Positive überwiegt.

Das unrühmliche Werk

20 Pakulla, Maria: Arndt und Jena, in: HEMAG, Heft 1, 1992, S.66.21 Bach, Reinhard: Ernst Moritz Arndt und die Franzosen, in: HEMAG: Ernst Moritz Arndt weiterhin im Widerstreit der Meinungen, Heft 8, 2003, S.66.22 Stamm-Kuhlmann, Thomas: Der Begriff der Nation bei Ernst Moritz Arndt, in: a.a.O., S.100-109.23 aus: Garbe, Irmfried: Arndt als Greifswalder Unipatron. Gesichtspunkte für die öffentliche Anhörung am 11. Dez. 2009, 11.12.2009.

Plädoyer für Arndt als Namenspatron

Wir möchten an dieser Stelle unsere Ausführungen mit Auszügen aus der Rede von Herrn Dr. Irmfried Garbe, Kirchenhistoriker der Ernst-Moritz-Arndt-Universität-Greifswald, beenden:

„...Die moralische Integrität Arndts sehe ich von dem, was in Bezug auf seine ideologischen Verungleisungen und Ausfälle zu sagen und zu kritisieren ist, im Kern nicht betroffen. (...) In der politischen Unfreiheit sah er das größte Übel. Das pu-blizistische Erbe Arndts – bis hin zu seinen Märchen – ist ethisch motiviert (...).Arndt repräsentiert einen homo politicus. Sein Lebens- und Denkhorizont ist europäisch-christlich bestimmt.Sein akademisches Lebenswerk bietet Stoffe, die sich über Literaturwissenschaft, Pädagogik, Geschichte, Altphilologie, Romanistik, Nordistik, Medien- und Kommunikationswis-senschaft, Politikwissenschaft, Staats- und Verfassungsrecht, Theologie, Philosophie, Geographie, Germanistik und Volks-

kunde erstrecken. Was sich an diesem Lebenswerk als all-gemeiner Problemhorizont abbildet, ist das von jeder Hoch-schulgeneration neu zu bestimmende und zu verantwortende Verhältnis von Wissenschaft, Gesellschaft und Gemeinwohl. An Arndt bieten sich Orientierungschancen – nicht im Sinne einer zeitlosen Dignität, sondern im Sinne von Möglichkeits-bereichen. (...)Die Beibehaltung des Greifswalder Universitätsnamens be-dingt eine ernsthafte Wiederentdeckung und Auseinanderset-zung mit Arndt als Erinnerungsort. Das birgt viel mehr Reiz und Ansporn als man diesem weithin vergessenen Erinne-rungsort im allgemeinen zutraut.“ 23

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Schlusswort

Das Schlusswort überlassen wir Ernst Moritz Arndt:

Lebensmut (1800)Steh und falle mit eignem KopfeTu das Deine und tu es frisch!Besser stolz an dem irdnen Topfe,Als demütig am goldnen Tisch:Höhe hat Tiefe,Und Weltmeer hat Riffe,Gold hat Kummer und Schlangenzisch

Bau dein Nest, weil der Frühling währet,Lustig bau’s in die Welt hinein;Hell der Himmel sich oben kläret,Drunten duften die Blümelein:Wagen gewinnet,Schwäche zerrinnet,Wage! Dulde! Die Welt ist dein.

Steh nicht horchend, was Narren sprechen,Jedem blüht aus der Brust sein Stern;Schicksal webet an stygischen Bächen,Feigen webet es schrecklich fern.Steige hernieder!Fasse die Hyder!Starken folget das Starke gern.

Wechselnd geht unter Leid und FreudenNicht mitfühlend der schnelle Tag.Jeder Suche zum Kranze bescheiden,Was von Blumen er finden mag.Jugend verblühet,Freude entfliehet:Lebe! Halte! Doch lauf nicht nach!