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Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland Situation und Perspektiven

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Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland

Situation und Perspektiven

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Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland Situation und Perspektiven 19-Punkte-Erklärung des VDI zur Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Herausgeber: VDI Verein Deutscher Ingenieure VDI-Hauptgruppe Beruf und Gesellschaft Margret Sitzler, Geschäftsführerin Dr. Volker Brennecke, Abteilungsleiter Gesellschaft und Politik Dr. Susanne Ihsen, Abteilungsleiterin Beruf und Karriere Klaus Siebertz, Abteilungsleiter Büro Berlin Dr. Jörg Niehoff, Abteilungsleiter Büro Brüssel Graf-Recke-Straße 84, D-40239 Düsseldorf Tel. 0211 / 6214-274, Fax 0211 / 6214-148 e-mail: [email protected], Internet: www.vdi.de Auflage: 5000 Copyright: VDI Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf April 2002

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Inhalt

Seite

Vorwort 5

Auf einen Blick: Die 19 Punkte 7

Arbeitsmarkt 9

Schule und Studium 17

Berufsfelder und Internationalisierung 23

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Vorwort Der VDI zählt mit seinen 126.000 Mitgliedern zu den größten Ingenieurvereinen. In drei großen Ge-bieten ist dieses Netzwerk der Ingenieure präsent. Erstens auf dem technisch-wissenschaftlichen Gebiet: Über 800 Fach-Ausschüsse arbeiten an den unterschiedlichsten Fragestellungen von Automatisierungstechnik bis Zukunftstechnologien. Zweitens die regionale Präsenz: In allen Bundesländern hat der VDI Landesvertretungen. Bundesweit gibt es 45 Bezirksvereine mit rund 100 Bezirksgruppen. Drittens das gesellschaftspolitische Feld: Rund 80 Arbeitskreise in 10 Bereichen der VDI-Hauptgruppe und die VDI-Büros in Berlin und Brüssel engagieren sich für Themen rund um den Be-ruf des Ingenieurs bzw. der Ingenieurin. Einige Beispiele sind: Karrierefragen, Diskussionen über Studieninhalte in der Aus- und Weiterbildung, Stellungnahmen zur internationalen Anerkennung von Qualifikationen, Schulpolitik, Initiativen zu Jugend und Technik. Es geht immer darum, die Zusam-menhänge zwischen technischer und gesellschaftlicher Entwicklung aufzuzeigen.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

1980 1985 1990 1995 1998 2000

0

100000

200000

300000

400000

500000

600000

1,6%1,8%

2,0%2,2% 2,3%

2,4%

1993

7000002,3%

2,4%2,3%

2,3% 2,4% 2,2% 2,1%

GesamtdeutschlandWestdeutschlandOstdeutschland

Anteil der sozialversicherungspflichtigbeschäftigten Ingenieure

Quelle: Beschäftigtenstatistik, IAB

Der Anteil der Ingenieure und Ingenieurinnen an der Gesamtzahl der Beschäftigten in Deutsch-land wächst stetig (Darstellung ohne Freiberufler). Ingenieurinnen und Ingenieure sind nicht nur die größte Akademikergruppe in Deutschland, sie sind auch die wesentlichen Treiber des technologischen und wirtschaftlichen Strukturwandels.

Aus der VDI-Hauptgruppe „Beruf und Gesellschaft“ haben folgende Damen und Herren mit ihren Ausschüssen ehrenamtlich an der vorliegenden 19 Punkte Erklärung des VDI mitgewirkt. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich für ihr Engagement und die konkreten Beiträge gedankt. Prof. Dr.-Ing. Klaus Henning, VDI-Präsidiumsmitglied und Vorsitzender des Berufspolitischen Beira-tes, Prof. Dr.-Ing. Moniko Greif, Stellv. Vorsitzende des Berufspolitischen Beirates und Vorsitzende des VDI-Bereiches Berufs- und Standesfragen, Dr.-Ing. Helge B. Cohausz, Vorsitzender des VDI-Bereiches Technik und Recht, Dr.-Ing. Kruno Hernaut, Vorsitzender des VDI-Bereiches Ingenieuraus- und -weiterbildung, Prof. Dr. Christoph Hubig, Vorsitzender des VDI-Bereiches Mensch und Technik, Prof. Dr. Herwig Hulpke, Vorsitzender des VDI-Bereiches Technikbewertung, Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf Reichwald, Vorsitzender des VDI-Bereiches Technik und Wirtschaft, Mark Scherr, Vorsitzender des VDI-Bereiches Studenten und Jungingenieure, Prof. Dr. Hans Schulte, Vorsitzender des VDI-Bereiches Technik und Bildung, Prof. Dr. Ulrich Wengenroth, Vorsitzender des VDI-Bereiches Technikgeschichte, Prof. Dr.-Ing. Burghilde Wieneke-Toutaoui, Vorsitzende des VDI-Bereiches Frauen im Ingenieurbe-ruf.

Margret Sitzler, Geschäftsführerin

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Auf einen Blick: Die 19 Punkte

Der VDI legt mit dieser Broschüre einen aktuellen Statusbericht zur Situation und den Perspektiven der Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland vor. Die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Bundestag und ihre Beantwortung durch die Bundesregierung bietet sich die Gelegenheit, um die zentralen Fragen dieser Berufsgruppe für den Technologie- und Wirtschaftsstandort Deutsch-land öffentlich zu diskutieren. Die 19 Punkte-Erklärung ist gegliedert in die Themen Arbeitsmarkt (Punkte 1 - 8), Schule und Studi-um (Punkte 9 - 15) sowie Berufsfelder und Internationalisierung (Punkte 16 - 19). 1. Ingenieure und Ingenieurinnen gehören langfristig zu den am intensivsten nachgefragten Akade-

mikern

2. Der Bedarf von Ingenieuren in den Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt sich besonders stark

3. In den nächsten 10 Jahren wird das Angebot an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern voraus-sichtlich bei ca. 70.000 pro Jahr liegen

4. Der Anteil von Ingenieurinnen muss in Deutschland - auch im europäischen Vergleich - deutlich erhöht werden

5. Der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland ist durch die Auswirkungen des Fachkräf-temangels gefährdet

6. Ingenieure und Ingenieurinnen übernehmen ethische Verantwortung

7. Die Integration beschäftigungsloser Ingenieure in den Arbeitsmarkt muss wegen der unverzichtba-ren vorhandenen Erfahrung auch bei der Altersklasse über 55 Jahre angestrebt werden

8. Berufliche Weiterbildung von Ingenieuren: das Zusammenspiel von persönlicher, betrieblicher und gesellschaftlicher Verantwortung

9. Ein Drittel der Unterrichtszeit für naturwissenschaftlichen und technischen Unterricht

10. Schule muss lebensnäher werden

11. Ingenieurwissenschaftliche Curricula durch Vermittlung von Schlüsselqualifikationen anreichern

12. Wettbewerbsvorteile durch die studienbegleitende Berufstätigkeit von Ingenieurstudenten nutzen

13. Bereits erprobte Maßnahmen steigern den Anteil der Studentinnen und fördern die Qualität des Studiums für Frauen

14. Bachelor- und Masterstudiengänge sind eine Erweiterung des deutschen Hochschulsystems

15. Ingenieurgesetze brauchen nicht geändert werden. Die Abschlüsse zum Bachelor und zum Master sind kompatibel

16. Die internationale Anerkennung neuer Studienabschlüsse muss durch geeignete Kriterienbildung zur Qualitätssicherung unterstützt werden

17. Zu einer optimalen Bedarfsanpassung bei neuen Berufsfeldern ist eine Reform der traditionellen Curricula erforderlich

18. Ausländische Studierende in Deutschland sollen angemessen unterstützt werden

19. Die Bedeutung der Humanressourcen sollte bei der Ausrichtung der Innovationspolitik stärker beachtet werden

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Arbeitsmarkt

1. Ingenieure und Ingenieurinnen gehören langfristig zu den am intensivsten nachgefragten Akademie-kern

Ingenieurinnen und Ingenieure gehören zu der gefragtesten Berufsgruppe am Arbeitsmarkt. Langfris-tig ist aufgrund des steigenden Fachkräftebedarfes von einer guten Arbeitsmarktperspektive auszuge-hen. Bei Fortschreibung augenblicklicher Trends wird der Bedarf an Ingenieuren in den nächsten Jahren um jährlich ca. 6% steigen. Mittelfristig ist dann im Laufe der nächsten 10 Jahre mit einer Steigerung um rund 5 % zu rechnen. In mehreren Szenarien hat der VDI Bedarfszahlen bis 2005 für ausscheidende und für zusätzliche Ingenieure in unterschiedlichen Fachrichtungen vorgelegt: • Für den Maschinenbau kann danach ein Anstieg des Bedarfs von 4.200 in 2000 bis auf 9.000 Inge-

nieuren in 2005 prognostiziert werden. Ab 2005 ist dann aufgrund des Angebotes mit einem deut-lichen Mangel an Ingenieuren zu rechnen.

• Für die Elektrotechnik hingegen ist ein jährlicher Mangel von 12.000 - 14.000 Ingenieuren gegen-über dem Bedarf sehr wahrscheinlich. In 2000 stand der Zahl der Absolventen ein Bedarf von 10.000 gegenüber, der sich bis auf 16.000 Ingenieure in 2005 steigern wird.

• Bei den Bauingenieuren ist wegen der wirtschaftlichen Entwicklung im Bausektor eine andere Entwicklung festzustellen. Aufgrund der schwierigen Baukonjunktur wird sich der Bedarf von 2600 im Jahr 2000 auf einen Wert von 1800 im Jahr 2005 abschwächen.

Der Arbeitsmarkt für Ingenieure zeichnet sich besonders durch konjunkturelle Einflüsse aus. Das Einstellungsverhalten der Unternehmen wirkt intensiv auf die Studienwahl junger Menschen. Bei hoher Nachfrage nach Ingenieuren sind die Einschreibungen besonders hoch, die dann nach einer durchschnittlichen Studiendauer zu einem erhöhten Angebot auf dem Arbeitsmarkt führen. Eine damit möglicherweise einher gehende schlechtere Arbeitsmarktlage wirkt sich wiederum auf die Studienmo-tivation negativ aus, was - verzögert - wieder zu einem Mangel führen kann. Dieser Zusammenhang wird in Anlehnung an die Effekte an der Börse als „Schweinezyklus“ bezeichnet. Der VDI tritt für Anstrengungen aller beteiligten Akteure ein, frühzeitig den Effekten eines zu hohen Pegelausschlags der Studienmotivation entgegenzuwirken.

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2. Der Bedarf von Ingenieuren in den Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt sich besonders stark

Aus Sicht des VDI ist mit einem erheblichen Mangel in den Informations- und Kommunikationstech-nologien - gerade in Kombination mit Ingenieurwissenschaften - zu rechnen. Denn die breite Anwen-dung dieser Funktionen betrifft die gesamte Wirtschaft. In den Unternehmen werden in zunehmendem Maße Ingenieure mit Informatik-Kenntnissen (z. B. Software-Ingenieure) oder Informatiker mit einem Zweitfach aus den Ingenieurwissenschaften gebraucht. Dies ist ein wichtiges Signal für Abiturienten und Hochschulen, schon frühzeitig auf eine Integration dieser Fächer zu setzen. Denn reine Informatiker wären zu weit von technischen Fragestellungen ent-fernt und könnten trotz ihrer ebenfalls sehr guten Ausbildung die Unternehmen nicht ausreichend bei den anstehenden Veränderungsprozessen unterstützen.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

70000

80000

90000

100000

1996 1997 1998 1999 2000

E-Technik

Maschinenbau/Verfahrenstechnik

Bauing.

Wirtschaft.-Ing.

Informatik

Studienanfänger, 1. FachsemesterIngenieurwissenschaftliche Kerndisziplinen

15.07015.070 17.03317.033 22.18122.181 28.07928.079 38.03838.038

7.7347.734 8.3808.3808.6638.663

9.2109.210

9.6609.660

12.33512.335 11.52011.5209.9089.908

8.7598.759

8.4258.425

19.78019.780 19.76519.76521.11121.111

22.30422.304

24.85424.85411.91511.915 11.53311.533

13.03813.03813.98813.988

14.99214.992

Quelle: Statistisches Bundesamt

Ende der 90er Jahre setzte ein regelrechter Boom für die Ingenieurwissenschaften und die In-formatik ein. Hierdurch wurde der Einbruch der Studienzahlen in den Ingenieurwissenschaften Anfang der 90er Jahre kompensiert. Denn seit Mitte der 90er zeigt der Trend nach oben.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

Bergbau, Hüttenwesen

Verkehrstechnik, Nautik

Architektur, Innenarchitektur

Raumplanung

Vermessungswesen

Studienanfänger, 1. FachsemesterWeitere ingenieurwissenschaftliche Disziplinen

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

14000

16000

1996 1997 1998 1999 2000

1.6421.642 1.4821.482 1.2601.260 1.1711.171 1.1561.156

1.3511.351 1.1401.140 1.3041.304 1.5681.568 1.5861.586

9.2369.236 8.8998.899 8.8558.855 8.5948.594 8.5818.581

2.0002.000 2.0752.075 2.3742.374 2.5652.565 2.3942.394

579579507507 436436 371371 440440

Quelle: Statistisches Bundesamt

Die übrigen Fächer der Ingenieurwissenschaften haben sich auf hohem Niveau stabilisiert.

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3. In den nächsten 10 Jahren wird das Angebot an In-genieuren und Naturwissenschaftlern voraussicht-lich bei ca. 70.000 pro Jahr liegen

Das Angebot an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, soweit es die Absolventen von Universitäten und Fachhochschulen betrifft, wird sich in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich bei ca. 70.000 pro Jahr stabilisieren. Die neueste Prognose der Kultusministerkonferenz vom Juni 2001 prognostiziert eine Entwicklung bei den Ingenieurwissenschaften von 32.800 Absolventinnen und Absolventen in 2001 bis auf 35.000 in 2010. Das Angebot im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften (inkl. Informatik) wird gerade wegen der prognostizierten stark ansteigenden Zahl von Absolventen in der Informatik mit 23.600 in 2001 bis auf 32.600 in 2010 beziffert. Die genauen Differenzierungen können der Tabelle entnommen wer-den. Das Angebot wird auch beeinflußt von der Entwicklung der Situation der älteren Arbeitskräfte, die vom Arbeitsmarkt nicht mehr genügend nachgefragt, aber möglicherweise durch geeignete Maßnah-men in Zukunft wieder stärker einbezogen werden können.

4. Der Anteil von Ingenieurinnen muss in Deutschland - auch im europäischen Vergleich - deutlich erhöht werden

Nur rund zehn Prozent der erwerbstätigen Ingenieure und Ingenieurinnen sind Frauen. Der Anteil der Ingenieurinnen in den Kernbereichen Maschinenbau und Elektrotechnik liegt deutlich unter zehn Pro-zent. Der VDI geht deshalb davon aus, dass eine bislang nicht angesprochene Gruppe von Frauen zu motivieren ist, deren Begabung für technische Berufe bislang nicht hinreichend gefördert wird. Auch bei gleichbleibenden Studienangeboten wird der Frauenanteil in Ingenieurwissenschaften gene-rell weiter leicht ansteigen. Gezielter Maßnahmen bedarf es aber, um in Fächern wie Maschinenbau (z. Zt. 11 %) und Elektrotechnik (z. Zt. 6 %) eine deutliche Steigerung der Absolventinnenzahlen zu erreichen. Der VDI geht davon aus, dass auch in diesen Fächern langfristig eine Steigerung bis zu 30% möglich ist. Diese Annahme wird noch dadurch unterstützt, dass der deutsche Absolventinnenanteil von 18% in Ingenieurwissenschaften im europäischen Durchschnitt (22%) und gegenüber einzelnen europäischen Staaten (Italien und Spanien mit je 27%) niedrig ausfällt. Vielfältige Aktivitäten und Modellvorhaben in Schulen, im Studium, aber auch in Betrieben sind be-reits ins Leben gerufen worden. Sie zielen darauf ab, junge Frauen stärker für den Ingenieurberuf zu motivieren. Der VDI spricht sich dabei für eine flächendeckende Umsetzung von Aktivitäten wie einem teilweise nur für Mädchen gestalteten Schulunterricht in Technik und Informatik, Schnupper-Exkursionen für Mädchen in der Berufsfindungsphase, Tutorinnen und Mentorinnen für Studentinnen in den Ingenieurwissenschaften aus. Der Anteil erwerbstätiger Ingenieurinnen mit Universitäts- bzw. Fachhochschulabschluss liegt bei 14% bzw. 11%, ihr Anteil bei den Stellensuchenden liegt bei 25% bzw. 17%. Innerhalb der Ingeni-eurwissenschaften schwanken die Daten (Erwerbstätige) noch einmal zwischen Architek-tur/Innenarchitektur und Raumplanung (ca. 20%) und Elektrotechnik (3-5%). Da die Studien- und Berufswahl bei Ingenieurinnen und Ingenieuren gleichermaßen, neben dem fachlichen, auch vom

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ökonomischen Interesse geprägt ist, wird sich eine stärkere Motivierung junger Frauen in technische Berufe längerfristig nur durch zwei Wege steigern lassen: 1. eine dieser Zielgruppe besser entspre-chende Studiengestaltung und 2. eine stärkere berufliche Nachfrage der Betriebe. Der VDI regt an, einen europäischen Vergleich hinsichtlich der Studienmotivation, den Studienbedin-gungen, der spezifischen Problematik des Berufseinstiegs (höhere Arbeitslosigkeit) vorzunehmen, um gemäß des „best practice“ für die deutsche Situation Veränderungspotenziale abzuleiten und den Un-ternehmen Argumentationen für die verstärkte Einstellung von Ingenieurinnen anzubieten.

5. Der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutsch-land ist durch die Auswirkungen des Fachkräfte-mangels gefährdet

Der Mangel an Ingenieuren wird zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für den Forschungs- und Technologiestandort Deutschland. Trotz hoher Arbeitslosenzahlen haben die deutschen Unternehmen erhebliche Probleme, gerade freie Stellen für Ingenieure adäquat zu besetzen. Der Fachkräftemangel wirkt sich bei Ingenieuren inzwischen noch stärker aus als bei den IT-Experten. Nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wurden Ingenieure mit knapp 23 % mit Abstand als häufigster Mangelberuf überhaupt genannt. „Jedes zweite Unternehmen, das derzeit Stellen nicht besetzen kann, sucht dabei mindestens einen Ingenieur“, so das IW. Den Unternehmen fehlen insbesondere Maschinenbau- und Elektroingenieure, Informatiker werden nach dieser Befra-gung immerhin noch von jedem fünften Betrieb gesucht. Sonstige Akademiker wie Betriebswirte und Chemiker wurden von rund einem von zehn Betrieben als Bedarf gemeldet. Durch den Fachkräftemangel ist zunächst der wissenschaftliche Nachwuchs an den Universitäten betroffen. Dies schwächt die Hochschulen. Gerade im Ingenieurbereich ist die dort geforderte Grund-lagenforschung für die technische Spitzenstellung der deutschen Wirtschaft lang- und mittelfristig von entscheidender Bedeutung. Der Personalmangel ist inzwischen innovationshemmender als der Mangel an Finanzierungsquellen. Gerade Branchen mit großem Anteil an hoch qualifizierten Beschäftigten, und darunter zumeist spe-ziell ausgebildeten Ingenieuren, trifft der Fachkräftemangel besonders. Langfristig führt diese Ent-wicklung zu einem strategischen Nachteil im nationalen und globalen Wettbewerb. Gerade kleine und mittlere Betriebe mit weniger als tausend Mitarbeitern werden besonders hart getroffen. Sie sind aber Hauptarbeitgeber für Ingenieure und Informatiker und beschäftigen mehr als zwei Drittel aller technischen Fach- und Führungskräfte.

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VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

StudienabsolventenIngenieurwissenschaftliche Kerndisziplinen

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20000

30000

40000

50000

60000

70000

80000

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100000

1996 1997 1998 1999 2000

6.6676.667 7.0887.088 6.6176.617 6.3846.384 5.8065.8063.7363.736 3.8963.896 3.8913.891 3.6953.695 3.6973.6976.2376.237 6.3306.330 6.8596.859 7.0267.026 7.0407.040

22.30422.304 20.32720.327 16.30416.304 15.44115.441 13.46613.466

13.75413.75412.38312.383

10.65710.657 9.3439.3437.8907.890

E-Technik

Maschinenbau/Verfahrenstechnik

Bauing.

Wirtschaft.-Ing.

Informatik

Quelle: Statistisches Bundesamt

Anfang bis Mitte der 90er Jahre gab es einen dramatischen Rückgang in den Studienanfänger-zahlen in den Kerndisziplinen der Ingenieurwissenschaften. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf das Fachkräfteangebot.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

StudienabsolventenWeitere ingenieurwissenschaftliche Disziplinen

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

1996 1997 1998 1999 2000

Bergbau, Hüttenwesen

Verkehrstechnik, Nautik

Architektur, Innenarchitektur

Raumplanung

Vermessungswesen

1.0501.050 1.0201.020 1.1161.116 1.1191.119 996996

729729 738738 691691 777777 812812

5.9505.950 6.2066.206 6.3186.318 6.6666.666 7.0667.066

1.4631.463 1.2981.298 1.3121.312 1.2511.251 1.2241.224475475 417417 353353 286286 284284

Quelle: Statistisches Bundesamt

Die hohen Studienanfängerzahlen insbesondere der Architektur Mitte der 90er Jahre führen jetzt zu einem großen Angebot an Architekten.

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6. Ingenieure und Ingenieurinnen übernehmen ethi- sche Verantwortung

Ingenieurinnen und Ingenieure bekennen sich zu ihrer Bringpflicht für technische Erfindungen und Lösungen. Technische und strategische Verantwortung nehmen sie wahr, indem sie für Qualität, Zu-verlässigkeit und Sicherheit sowie fachgerechte Dokumentation der technischen Produkte und Verfah-ren sorgen. Sie sind mitverantwortlich dafür, dass die Nutzer technischer Produkte über die bestim-mungsgemäße Verwendung und über die Gefahren eines naheliegenden Fehlgebrauchs hinreichend informiert werden. Der VDI hat in seinen „Ethischen Grundsätzen des Ingenieurberufs“ niedergelegt, dass widerstreitende Wertvorstellungen in fach- und kulturübergreifenden Diskussionen erörtert und abgewogen werden müssen. Daher erwerben und pflegen Ingenieurinnen und Ingenieure die Fähig-keit, sich an solchen Diskussionen zur Technikbewertung konstruktiv zu beteiligen.

Die Gesellschaft ist sich der Bedeutung der Ingenieure und der technologischen Entwicklung für ihren Wohlstand und der Sicherung der Lebensqualität nicht ausreichend bewusst. Technischer Fortschritt und technische Neuerung werden einerseits zwar als selbstverständlich von der sogenannten Erlebnis-gesellschaft aufgenommen. Andererseits wird in der öffentlichen Meinung sehr ausgiebig die Nega-tivseite und das Gefahrenpotential der Entwicklungen dargestellt (vgl. Biotechnologie, Gentechnik). Eine solche Beschreibung der Risiken sollte um die Beleuchtung der Chancen ergänzt werden.

Die gesellschaftliche Entwicklung wird immer stärker von der technologischen Entwicklung beein-flusst – und umgekehrt. Eine erfolgreiche und für die Gesamtgesellschaft nützliche Technik kann sich nur in einem positiven gesellschaftlichen Klima entwickeln. Denn ausreichender Kenntnisstand über die Möglichkeiten der Technik, Offenheit und Dialogbereitschaft gegenüber technischen Neuerungen und ein Vertrauen in wissenschaftliche Expertise sind eine wichtige Basis für gesellschaftlichen Fort-schritt.

7. Die Integration beschäftigungsloser Ingenieure in den Arbeitsmarkt muss wegen der unverzichtbaren vorhandenen Erfahrung auch bei der Altersklasse über 55 Jahre angestrebt werden

Die rund 51.000 arbeitslosen Ingenieure stehen in einem scheinbaren Gegensatz zum Fachkräfteman-gel bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Die Arbeitslosigkeit gerade älterer Ingenieure, ein Drittel sind über 55 Jahre, darf in der Debatte nicht gegen den Fachkräftemangel ausgespielt werden. Dabei ist die Schere zwischen der Fixierung auf sehr junge Beschäftigte und dem demografischen Altersaufbau kommender Generationen erheblich und erfordert ein Umdenken und neue Konzepte. Zwar passen die vorhandenen und über Jahrzehnte erworbenen Qualifikationen häufig nicht zu den ausgeschriebenen Stellen, für den Erfolg betrieblicher Prozesse sind aber neben der Entwicklung technischer Innovationen vor allem Kenntnis des Marktes und der betrieblichen Abläufe von hoher Bedeutung. Deshalb muss nach Wegen gesucht werden, ältere, beschäftigungslose Ingenieure wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, um ihr Erfahrungswissen so weit wie möglich zu nutzen. Konzep-te des „lebenslangen Lernens“ sollten dabei so angelegt sein, dass sie eine berufsbegleitende Weiter-bildung hinsichtlich dieser Zielgruppe berücksichtigen. Der VDI hat zahlreiche eigene Initiativen stellensuchender Ingenieure initiiert, die sich selbst in Gruppen organisieren und über gemeinsame Projektarbeit weiterqualifizieren. So hat zum Beispiel ein regionales Projekt mit dem Württembergischen Ingenieurverein, VDMA, Südwest Metall und Indust-rieverein Metall mit dem Ziel, innerhalb von drei Jahren 400 Ingenieure zu vermitteln, seit August

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2001 bereits 25 erfolgreiche Vermittlungen erreicht. Die „TechnoPools“ des VDI haben gute Erfolge mit dieser Form der Selbsthilfe beim beruflichen Wiedereinstieg gemacht.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

36,5%36,5%

27,3%27,3%

36,2%36,2%

unter 44 Jahre

45-54 Jahre

55 Jahre und älter

40,0%40,0%

29,6%29,6%

30,3%30,3%

unter 44 Jahre

45-54 Jahre

55 Jahre und älter

Dezember 2000 Dezember 2001

Gesamt: 50.282

Arbeitslose Ingenieure nach Altersgruppen (in %)

Gesamt: 53.483

Quelle: Landesarbeitsamt NRW

Ungefähr ein Drittel der arbeitslosen Ingenieure sind über 55 Jahre alt. Allerdings hat sich hier der Anteil an den arbeitslosen Ingenieuren von Dezember 2000 auf Dezember 2001 leicht er-holt. Von Dezember 2000 auf Dezember 2001 stieg die Zahl der arbeitslosen Ingenieure unter 44 Jahre nach langer Zeit wieder an.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

Dezember 2000 Dezember 2001

GesamtMaschinen- / FahrzeugbauElektrotechnikArchitektur / Bauingenieurwesen

50.28250.282 53.48353.48313.99513.995 14.20414.204

10.03010.03010.31710.317

14.86414.864 17.48217.482

Quelle: Landesarbeitsamt NRW

Arbeitslose Ingenieure im Bundesgebiet

Die Zahl der arbeitslosen Ingenieure hat sich im Dezember 2001 im Vergleich zum Stand des Vorjahres leicht erhöht. Insbesondere die Entwicklung auf dem konjunkturell sensiblen Ar-beitsmarkt für Architekten und Bauingenieure führte zum Anstieg.

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8. Berufliche Weiterbildung von Ingenieuren: das Zu-sammenspiel von persönlicher, betrieblicher und gesellschaftlicher Verantwortung

Lebenslanges Lernen ist gerade für Ingenieure eine Notwendigkeit. Als Innovationsträger müssen sie ihr Wissen in den verschiedenen Fachgebieten immer auf den aktuellen Stand bringen. Dabei sind weitergehende Anreizsysteme von staatlicher Seite nicht erforderlich. Gleichwohl ist festzustellen, dass Ingenieure aus großen Unternehmen sowie aus klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) unterschiedliche Wege bei der Informationsbeschaffung gehen. Gerade die KMU´s haben noch nicht durchgängig erkannt, wie wichtig die permanente Weiterbildung der Ingenieure ist. Hier ist noch Aufklärungsarbeit notwendig darüber, dass die Weiterbildung von Mitarbeitern eine Investition in die Zukunft des Unternehmens ist.

Dabei besteht ein Trend, stärker auf die personenbezogene Förderung zurückzugreifen. Denn dies nimmt jeden einzelnen mit in die Verantwortung. Sobald die Person finanzielle Mittel erhält, um sich zweckgebunden weiterzubilden, ist ein ganz persönlicher Anreiz geschaffen, der zudem zu einem Qualitätswettbewerb der Anbieter führt.

Die Bedeutung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens sollte bereits im Studium als eine wichtige Schlüsselqualifikation erkannt und gefördert werden. Das Bewusstsein über die Bedeutung der eigenen Kompetenzentwicklung ist mitentscheidend für das spätere Verhalten im Berufsleben.

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Schule und Studium

9. Ein Drittel der Unterrichtszeit für natur- wissenschaftlichen und technischen Unterricht

Technische Bildung muß deutlich mehr als bisher ein Bestandteil der Allgemeinbildung sein. Der VDI fordert die Ausweitung eines eigenständigen Technikunterrichts in den allgemeinbildenden Schulen. Die PISA-Studie hat die schulische Leistung in Deutschland in den Mittelpunkt der öffentlichen Dis-kussion gerückt. Sie zeigt, dass gerade deutsche Schüler und Schülerinnen eine zu geringe Kompetenz bei der Anwendung von Wissen auf praktische Probleme haben. Technik erlebt die heutige Generati-on der Schüler und Schülerinnen als eine revolutionäre Veränderung der Welt und ihres Alltags. Sie verbindet mit ihr vor allem Zukunft, Fortschritt und Chance. Der Unterricht in der Schule muß dem entsprechen: Er braucht mehr Lebensnähe und weniger Mathematisierung, um Schüler zu begeistern. Möglichkeiten zum praktischen Tun vermitteln das Gefühl, etwas selbst zu gestalten. Dies muß durch Kontakte mit der Arbeitswelt unterstützt werden, damit die Schüler den Nutzen ihres Wissens auch sehen. Technik muss einen den „klassischen“ Naturwissenschaften gleichrangigen Platz im Fächerkanon haben. Anders als die Naturwissenschaften ist die Technik von Menschen gestaltet. Hier stehen Krea-tivität, Urteilsvermögen, ökologische und ökonomische Aspekte wie auch ethische Verantwortung im Vordergrund. Deshalb sollte ein eigenständiger Technikunterricht an den allgemeinbildenden Schulen mit qualifiziert ausgebildeten Techniklehrern stattfinden. Bisher wird allerdings der Technik-Bereich des mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Aufgabenfeldes nicht in allen Bundesländern angeboten. Ferner zeigt das tatsächliche Wahlverhalten der Schülerinnen und Schüler, dass die traditionellen Naturwissenschaften oft zu den „nachrangigen“ Fächern zählen. Da diese Fächerwahl die Berufswahl stark beeinflußt, gewinnen Beratungs- und Un-terstützungsmaßnahmen für Schülerinnen und Schüler an Bedeutung. Gemeinsam mit dem Deutschen Philologenverband fordert der VDI in einem Memorandum „Für die Stärkung der naturwissenschaftlichen und technischen Bildung“, dass ein Drittel der Unterrichtszeit in allen Schulformen und -stufen dem mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Aufgabenfeld zur Verfügung stehen soll. Der Unterricht soll durchgängig erteilt werden und früh einsetzen. Mindes-tens zwei Kurse aus Biologie, Chemie, Physik und Technik sollen für alle Schülerinnen und Schüler obligatorisch sein und zum Kernbereich von Prüfungen gehören.

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10. Schule muss lebensnäher werden

Mit der Initiative „Jugend und Technik – Unsere Zukunft“ macht der VDI allen Lehrerinnen und Leh-rern ein Angebot, ihren Technikunterricht zu verbessern. Engagierte Technikdidaktiker haben im VDI Grundlagen für ein zukunftsorientiertes Curriculum entwickelt und Hilfen für den Technikunterricht erarbeitet.

Ein Netzwerk von ortsnahen Ansprechpartnern des VDI steht den Lehrern zur Verfügung, die sich über grundlegende und aktuelle Fragen aus nahezu allen Gebieten der Technik informieren wollen. Die Ansprechpartner sind aber auch gerne bereit, den Schülerinnen und Schülern im Unterricht Rede und Antwort zu stehen und ihnen so durch einen Einblick in den technischen und beruflichen Alltag Hilfen zur anstehenden Studien- und Berufswahl zu geben.

Außerdem schlägt der VDI eine Fülle von Maßnahmen vor, um die naturwissenschaftlichen und tech-nischen Fächer interessanter zu gestalten:

• Anreicherung des Unterrichts durch schüler- und lebensnahe Themen • grundlegende Revision der Curricula des naturwissenschaftlichen Unterrichts • Einführung und Stärkung des obligatorischen Technikunterrichts • Stärkere Pflichtbindung für Technik und die Naturwissenschaften bei der Kurswahl und Abiturprü-

fung • Erhöhung der Pflichtstundenzahl in den Sekundarstufen I und II für Naturwissenschaften und

Technik auf ein Drittel der Unterrichtszeit • Patenschaften für die Ausstattung des Unterrichts und die Durchführung außerschulischer Unter-

richtsanteile • Wettbewerbe zu naturwissenschaftlichen und technischen Themen • Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

Anmeldungen zu “Jugend forscht”

0

500

1000

1500

2000

1998 1999 2000 2001 2002

ArbeitsweltBiologieChemieGeo- und Raumwissen-schaftenMathematik/-InformatikPhysikTechnik

Quelle: Jugend forscht

Der VDI ist Mitträger von „Jugend forscht“ und stellt alle Juroren für das Fach Technik. Bei den Anmeldungen bei „Jugend forscht“ ist Technik das einzige Fachgebiet, das kein Schulfach „im Rücken hat“ und in der Schule von Lehrern flächenmäßig betreut wird. Mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler melden sich ohne diese schulische Betreuung dennoch regelmäßig an.

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11. Ingenieurwissenschaftliche Curricula durch Ver- mittlung von Schlüsselqualifikationen anreichern

Kundenorientierung, Managementkompetenz, Methodensicherheit, Innovationsfähigkeit und Teamfä-higkeit gehören in den technischen Berufen zu den wichtigsten Schlüsselqualifikationen. Außerdem ist ein sicherer Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien erforderlich. Durch die voranschreitende Internationalisierung werden der Umgang mit fremden Kulturen, flexiblem Denken, eigener Mobilität und Sprachkompetenz immer wichtiger. Neue Arbeits- und Produktionsformen füh-ren zu einer stärkeren Kooperationsfähigkeit in interdisziplinären Arbeitsteams und Kreativität im Denken und Handeln. Eine allgemeine Überprüfung der Ingenieurstudiengänge auf aktuelle und bedarfsgerechte Inhalte ist aus Sicht des VDI erforderlich. Dabei sollte insbesondere die Hochschuldidaktik um neue Arbeits- und Lehrmethoden ergänzt werden. Denn wichtige Schlüsselqualifikationen werden in erster Linie durch spezifische hochschuldidaktische Instrumente, beispielsweise Gruppen- und Projektarbeit, er-worben. Der VDI fordert seit langem einen Anteil von 20% überfachlicher Studieninhalte. Folgende wichtige fachübergreifende Studieninhalte sollten nach Auffassung des VDI zum Beispiel in die ingenieurwis-senschaftlichen Curricula übernommen werden: Erkenntnis- und Problemlösungsmethoden in Wis-senschaft und Technik, Innovationspolitik und Technologie-Transfer, Technikfolgen-Abschätzung und Technikbewertung, Philosophie der Technik, Berufsethik des Ingenieurs sowie Industriesoziolo-gie.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

Inhalte der Ingenieurausbildung

Mathematisch-Mathematisch-naturwissenschaftlichenaturwissenschaftliche

GrundlagenGrundlagen

AnwendungsbezogenesAnwendungsbezogenesBasiswissenBasiswissen

IngenieurmäßigeIngenieurmäßigeProblemlösungsmethodikProblemlösungsmethodik

~ 30%~ 30%

~ 20%~ 20%

Diplom-ArbeitDiplom-Arbeit

Diplom-IngenieurDiplom-IngenieurWissenstiefe

TechnischeTechnischeGrundlagenGrundlagen

~ 30%~ 30%

ÜbergreifendeÜbergreifendeQualifikationQualifikation

~ 20%~ 20%

Quelle: Thesen zur Weiterentwicklung der Ingenieurausbildung in Deutschland, Düsseldorf, Mai 1998

Wissensbreite

Das Fundament der deutschen Ingenieurausbildung bilden zwei starke Grundlagenblöcke: Ma-thematisch-naturwissenschaftiche Grundlagen und technische Grundlagen. Sie sollten aufgrund ihrer wichtigen Bedeutung als Basis für die rasche Erschließung von neuem Spezialwissen ei-nen dominierenden Anteil im Studium von ca. 60% des Gesamtumfangs einnehmen. Der dritte Block im Studium ist das anwendungsbezogene Basiswissen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Studiums ist die Vermittlung von übergreifenden Qualifikationen.

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12. Wettbewerbsvorteile durch die studienbegleiten- de Berufstätigkeit von Ingenieurstudenten nutzen

Die studienbegleitende Berufstätigkeit der Mehrheit der Studierenden in den Ingenieurwissenschaften ist im internationalen Vergleich ein Wettbewerbsvorteil. Ausbildung in Deutschland liefert damit parallel zum Studium berufspraktische Fähigkeiten und Fertigkeiten und zeichnet sich – wie im Be-reich der Berufsbildung – durch das duale Prinzip aus. Frühzeitige Praxiskontakte im ingenieurnahen Tätigkeitsfeld fördern bei Studierenden die Erfahrun-gen in beruflicher und betrieblicher Praxis. Die betriebliche Praxis wird, z. B. im Grundpraktikum vor Studienbeginn, in vielen Betrieben genutzt, den künftigen Ingenieuren und Ingenieurinnen die hand-werkliche Seite einer Bearbeitung nahe zu bringen. Die Sicht von Facharbeitern sowie technischen Fach- und Führungskräften in den betrieblichen Abläufen bestimmt auch die weiteren Pflicht-Praktika. Hinsichtlich Zeiteinsatz und Bearbeitung der Studieninhalte muß das Ziel einer effizienten Qualifikation im Vordergrund stehen. Die Vorteile aus der Erwerbstätigkeit während des Studiums stellen sich beachtlich dar: Für etwa 70 % hatten die Studentenjobs über den reinen Gelderwerb hinaus beachtlichen Nutzen; knapp 90 % kommen zu dem Schluß, dass die Jobs während des Studiums weder zu einer Verlängerung der Stu-diendauer beigetragen noch die Konzentration auf das Studium gestört hätten. Das durchschnittliche Alter der Absolventen liegt bei 28,5 Jahre. Dennoch sollte sich der Erwerb von Praxiserfahrung in einem Rahmen halten, der das Studium nicht unnötig weit verlängert. Ebenso soll mit der neuen BAFöG-Initiative dafür gesorgt werden, dass Er-werbstätigkeit parallel zum Studium allenfalls eine Mitfinanzierungsmöglichkeit ist, nicht aber ein Hinderungsgrund für ein rasches und zielorientiertes Studium.

13. Bereits erprobte Maßnahmen steigern den Anteil

der Studentinnen und fördern die Qualität des Studiums für Frauen

Aus diversen Projekten sind Ergebnisse von Maßnahmen zur Förderung des Anteils der Studentinnen in den Ingenieurwissenschaften bekannt, für die es lohnen würde, sie aus dem Projekt in die Fläche von Schule und Hochschule zu integrieren. Der VDI verspricht sich von folgenden Vorschlägen Ver-besserungen:

1. Teilweise Schulunterricht in Naturwissenschaften und Informatik ausschließlich für Mädchen 2. Schnupper-Exkursionen für Mädchen in der Berufsfindungsphase in ausgewählte Betriebe 3. Schnupperstudium, wie bereits in etlichen Hochschulen vor Beginn des Semesters angeboten 4. Tutorinnen und Mentorinnen für Studentinnen in Ingenieurwissenschaften 5. Lehrangebote, die unterschiedliche Interessen ansprechen 6. Lehrangebote, die aktivierende Lernmethoden beinhalten und in kleinen Gruppen stattfinden 7. Frauentutorien, wie bereits an einigen Hochschulen angeboten 8. Frauenstudiengänge, wie bereits an einigen Hochschulen angeboten 9. Spezielle Förderprogramme zur Erhöhung des Frauenanteils in ingenieurwissenschaftlichen Stu-

diengängen. Studienreform für Frauen ist ein Motor für Veränderungen, die Frauen und Männern zugute kommen. Aktivierende Lehr- und Lernformen wie Projekt- und Gruppenarbeit, problemorientiertes Lernen und

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interdisziplinäre Fragestellungen sprechen das Lernverständnis von Frauen besonders an, führen aber auch generell zu einem innovativen Fachverständnis. Die Studiengänge sollten sich auf heterogene Zielgruppen ausrichten („Diversity-Konzept“) und das Lehrangebot inhaltlich und methodisch an die neuen Anforderungen anpassen.

14. Bachelor- und Masterstudiengänge sind eine Erweiterung des deutschen Hochschulsystems

Die Bildungsminister der Europäischen Union haben in ihrer Erklärung von Bologna 1999 einen 10jährigen Prozess zur grundsätzlichen Angleichung der Studienabschlüsse in den Mitgliedsstaaten eingeleitet. Danach sollen Curricula künftig aus zwei Zyklen bestehen. Der erste akademische Grad soll nach drei bis vier Jahren erlangt werden können. Ein postgraduierten Grad nach weiteren ein bis zwei Jahren Studium ist ebenfalls vorgesehen. Diese Maßnahmen werden vom VDI als wichtiger Schritt zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsys-tems betrachtet. Der VDI empfiehlt hierzu als Ergänzung zu den bewährten Diplomstudiengängen eine schnelle Ein-führung von international kompatiblen Bachelor- und Masterstudiengängen an den deutschen Hoch-schulen in Ergänzung zu den bestehenden Studiengängen. Die Einrichtung von Bachelor- und Master-studiengängen wird zu einer Internationalisierung der deutschen Hochschulen führen, die globale Marktfähigkeit deutscher Absolventen verbessern und dazu beitragen, vermehrt ausländische Studie-rende für deutsche Hochschulen zu gewinnen. Der Mangel geeigneter Schnittstellen zu den Diplom-studiengängen hat in der Vergangenheit zu einer Entkoppelung der deutschen Ingenieurausbildung vom globalen Bildungsmarkt geführt. Die Einführung internationaler akademischer Grade wirkt dieser Entwicklung entgegen. Der VDI verweist auf die bereits existierenden Konzepte und ihre Umsetzung hinsichtlich der weite-ren Integration dieser Abschlüsse in die deutsche Bildungslandschaft. Eine Akkreditierung zur Quali-tätssicherung und für die internationale Vergleichbarkeit wird ebenfalls bereits erfolgreich durchge-führt. Darüber hinaus schlägt der VDI vor, ein Ingenieurregister für die gegenseitige Anerkennung von Ingenieurprofilen aufzubauen.

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VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

Alle Bachelor- und Masterstudienmöglichkeitenan deutschen Hochschulen

147147159159

8888

152152

4848

154154

7272

8787

52524141

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

Ingenieur-wissenschaften

Mathematik,Naturwissen-schaften

Rechts-,Wirtschafts-,Sozialwissen-schaften

Sprach-,Kulturwissen-schaften

Sonstige

Bachelor

Master

Quelle: Hochschulrektorenkonferenz, Umfage zum Sommersemester 2002 Die Ingenieurwissenschaften nehmen mit insgesamt 301 Bachelor- und Masterstudiengängen eine Vorreiterrolle im Internationalisierungsprozess der deutschen Hochschullandschaft ein. In-nerhalb der mathematisch-naturwissenschaftliche Fächergruppe werden zum Sommersemester insgesamt 231 Bachelor- und Masterstudiengänge angeboten.

15. Ingenieurgesetze brauchen nicht geändert werden. Die Abschlüsse zum Bachelor und zum Master sind kompatibel Durch die Einführung neuer Hochschulabschlüsse sind bei den meisten Ingenieurgesetzen Änderun-gen derzeit nicht erforderlich. Für die Berufsbezeichnung "Ingenieur" genügt nach diesen Bestim-mungen u.a. der erfolgreiche Abschluß des Studiums einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung an einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule oder an einer deutschen Fachhoch-schule. Auf die Art des Abschlusses (Diplom, Magister, Master, Bachelor etc.) kommt es hierbei nicht an. Die Ingenieurgesetze der Länder Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg stellen demgegenüber auf bestimmte Abschlüsse, in erster Linie auf das Diplom, ab.

Neben der Berufsbezeichnung ist darüber hinaus für die Ingenieure das Recht zur Führung eines aka-demischen Grades von Bedeutung. Bundesrechtlich ist in § 19 Hochschulrahmengesetz die Grundlage für Bachelor- und Masterstudiengänge sowie für die Verleihung entsprechender akademischer Grade geschaffen. In den Bundesländern wird dieses Recht durch die Hochschul-, Universitäts-, Fachhoch-schul- ,und zum Teil Sondergesetze, geregelt. Hier fehlt es vielfach noch an Bestimmungen zur Ver-leihung des (akademischen) Bachelor- oder Mastergrades, insbesondere auch zur unterschiedlichen Bedeutung im Verhältnis zu anderen Abschlüssen wie dem Diplom. Ähnlicher Regelungsbedarf be-steht auch zur Handhabung anderer internationaler Abschlüsse.

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Berufsfelder und Internationalisierung

16. Die internationale Anerkennung neuer Studienab-schlüsse muss durch geeignete Kriterienbildung zur Qualitätssicherung unterstützt werden

Die internationale Anerkennung der neuen Studienabschlüsse hat für einen globalen Arbeitsmarkt eine herausragende Bedeutung. Der VDI hat ein international anerkanntes System von Kriterien zur Sicherung der Qualität der Ingenieurausbildung gefordert und seine Bereitschaft signalisiert, an einem international abgestimmten, studieneingangsbezogenen Kriteriensystems zur Sicherung der Qualität der Ingenieurausbildung mitzuarbeiten. Die europäischen Bildungsminister haben sich in Paris (Sorbonne) 1998, Bologna (1999) und in Prag (2001) über die Schaffung eines europäischen Bildungsraumes ausgetauscht. Gemeinsames Ziel ist es, möglichst kompatible Studienstrukturen zu erreichen. In diesem Zusammenhang ist die Einführung des ECTS-Systems (European Credit Transfer System) in der Diskussion. Durch dieses System kann die wechselseitige Anerkennung von Studienleistungen gewährleistet werden.

Wichtig im Zusammenhang mit der wechselseitigen Anerkennung von Studienabschlüssen im ingeni-eurwissenschaftlichen Bereich ist die Gründung des sogenannten European Standing Observatory for the Engineering Profession (ESOEPE). ESOEPE ist eine Übereinkunft einer Vielzahl europäischer Akkreditierungsagenturen (darunter von deutscher Seite die Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften und der Informatik e.V. ASII) mit dem Ziel, den Informationsaustausch über die Akkreditierungssysteme in Europa zu forcieren und zu Abkommen über eine gemeinsame Anerkennung von akkreditierten Studiengängen zu kommen.

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17. Zu einer optimalen Bedarfsanpassung bei neuen Berufsfeldern ist eine Reform der traditionellen Curricula erforderlich

Die Entwicklung von neuen Berufsbildern unterliegt aufgrund der immer kürzeren Lebenszyklen neu-er Technologien einer hohen Dynamik. Die Diversifizierung der ingenieurwissenschaftlichen Stu-diengänge ist eine Folge der spezifischen Anforderungen der Industrie an die fachliche Qualifikation der Berufsanfänger. Neue Studiengänge mit Querschnittsgebieten (z. B. Mechatronik) und sogenannte „Bindestrich-Fächer“ (z. B. Medien-Technik) haben stark zugenommen. Auf dem Arbeitsmarkt haben die so qualifizierten Personen derzeit hervorragende Chancen. Nur knapp die Hälfte der Arbeitsleis-tungen entfällt noch auf "klassische" Ingenieuraufgaben. Dies macht deutlich, dass die traditionellen Curricula dringend reformbedürftig sind. Es ist zu erwarten, dass diese Diversifizierung und Spezialisierung weiter fortschreiten wird und dass auch künftig sowohl Bedarf an Ingenieuren und Ingenieurinnen besteht, die aus verschiedenen bislang getrennt gelehrten Studienfeldern (z. B. Mechanik und Elektrotechnik) kommen und neuartige Pro-dukte, z. B. mechatronische Systeme entwickeln und ausbauen. Andere Lehr- und Forschungsgebiete werden sich aufgrund der schnellen Entwicklungen immer wei-ter spezifizieren, wie z. B. von der Elektrotechnik zur Informationstechnik und zur Medientechnik. Durch Schaffung neuer Produkte mit erhöhter Leistungsfähigkeit sind die Spezialisten in Maschinen-bau, Elektrotechnik und Informatik gefordert, neue, systembezogene Lösungen zu finden. Trotz dieser neuen Bereiche und Studienmöglichkeiten bleibt der Anspruch der Wirtschaft nach Ge-neralisten bestehen. Gerade von Universitätsabsolventen wird ein breites Grundlagenwissen und die Fähigkeit der Ein- und Zuordnung bestimmter technischer Themenfelder erwartet. Sie sollen nach einer betrieblichen Einarbeitung in der Lage sein, den Markt einer Branche zu überblicken, neue Pro-dukte und die spezifische Verbesserung bestehender anzuregen.

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18. Ausländische Studierende in Deutschland sollen angemessen unterstützt werden

Neben den bereits eingeführten Bachelor- und Masterstudiengängen und der Implementierung dieser neuen Studienstruktur ist es auch in deutschen Studiengängen erforderlich, ausländische Studierende stärker anzusprechen. Deshalb sollten die Hochschulen stärker als bisher Lehrveranstaltungen und Prüfungen in englischer Sprache anbieten. Unberechtigte Zugangshürden ausländischer Studenten zum Studium in Deutschland sollten beseitigt werden. Hierzu gehört auch die Überprüfung der Studienbedingungen für ausländische Studenten, z. B. schnellere Genehmigungsverfahren, bessere Informationen über Studienmöglichkeiten und die Lockerung der auf 90 Tage im Jahr begrenzten Arbeitserlaubnis für ausländische Studenten. Der VDI unterstützt die Bemühungen der deutschen Bundesregierung um den deutschen Beitrag zu der in der Bologna-Erklärung geforderten Harmonisierung der europäischen Hochschulausbildungen. Für die Harmonisierung müssen deutsche Studienvoraussetzungen angepaßt und Schnittstellen des deutschen Studiensystems zum international üblichen System von Bachelor- und Masterstudiengän-gen definiert werden. Ferner wird ein System zur Anerkennung im Ausland erworbener Studienleis-tungen nötig. Die Verbindungen zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt müssen für ausländische Studierende durch eine Möglichkeit der Beschäftigung in Deutschland nach Studienabschluß erweitert werden. Die jetzt erzwungene bzw. praktizierte sofortige Ausreise nach dem Examen bildet keinen Anreiz für ausländische Studenten, sich in deutschen Projekten einzubinden.

VDI-HauptgruppeDer Ingenieur in Beruf und Gesellschaft

20.58520.58521.21621.216

22.62122.621

24.92824.928

28.93728.937

32.33532.335 32.54432.544 33.05733.05733.91333.913

35.33035.330

20.000

22.000

24.000

26.000

28.000

30.000

32.000

34.000

36.000

1996/97 1997/98 1998/99 1999/2000 2000/2001

Ausländische Studierende in denWintersemestern 1996/97 bis 2000/2001

Quelle: Statistisches Bundesamt, WS 2000/2001

Mathem./Naturwissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Die Ingenieurwissenschaften konnten ihre Attraktivität für ausländische Studierende weiter ausbauen. Vom Wintersemester 1996/1997 auf das Wintersemester 200/2001 betrug die Steige-rung knapp 10%.

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19. Die Bedeutung der Humanressourcen sollte bei der Ausrichtung der Innovationspolitik stärker beachtet werden

Die Bedeutung der Humanressourcen für die Innovationsfähigkeit wird heute allgemein erkannt. Da-her ist ihre gezielte Förderung notwendig, insbesondere auch an der Schnittstelle zur reinen Techno-logieförderung. Der VDI begrüßt in diesem Zusammenhang entsprechende Programme des BMBF wie „Dienstleistung des 21. Jahrhunderts“, „Innovative Arbeitsgestaltung“, „Lernkultur und Kompetenzentwicklung“ sowie Programme zu multimedialen Lernsystemen. Der Begriff der humanressourcenorientierten Innovation hat die Integration von Technik, Mensch und Organisation zum Ziel. Die Kommission der Europäischen Union verfolgt bei der Durchführung ihrer Forschungspolitik ebenfalls den Ansatz der Investition in Humanressourcen. Sie führt in ihrem aktuellen Vorschlag für das 6. Forschungsrahmenprogramm die Ansätze aus dem 5. Forschungsrahmenprogramm (1998-2002) im wesentlichen fort. Prinzipiell wird die besondere Bedeutung, die dem Aspekt der Humanressour-cen im neuen Forschungsrahmenprogramm zugemessen wird, durch den VDI begrüßt. Zur Stärkung des europäischen Innovationssystems ist neben Forschung und Entwicklung, Ausbau von Produkti-ons- und Dienstleistungsinfrastruktur, Entwicklung gesetzlicher Rahmenbedingungen, etc. gleicher-maßen die Entwicklung von Humanressourcen als ein Erfolgsfaktor zu werten. Der VDI sieht sowohl auf nationaler Ebene als auch in Bezug auf den Kommissionsvorschlag Hand-lungsbedarf. Bei der nachhaltigen Verknüpfung von Forschung und Kompetenzentwicklung und In-novationsfähigkeit besteht unbestritten eine hohe Interdependenz. Um die Innovationsfähigkeit zu stärken, ist eine stärkere Verknüpfung von Forschung und Umsetzungskompetenz notwendig. Dazu gehören auch die Ermittlung des aktuellen und des zukünftigen Qualifikationsbedarfs, um die Kompe-tenzprofile von Forschern sinnvoll zu ergänzen, und zum anderen die institutionelle Verknüpfung von Forschung und Ausbildungsinstitutionen. Die Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität gilt als ein besonders wirksames und leistungsfä-higes Mittel, um die Spitzenkapazitäten sowie deren Verteilung zu verbessern. Entscheidend ist dabei die Verknüpfung mit anderen Programmen im Bereich Aus- und Weiterbildung: Bildungsprogramme, Verknüpfung von Forschung, Qualifizierung und Public Understanding of Science; Maßnahmen, die dem Nachwuchsmangel frühzeitig begegnen. Insbesondere die Motivations- und Begeisterungsfähig-keit von Schülerinnen und Schülern, sich der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschung zu-zuwenden, sollte nicht außer Acht gelassen werden. Hierfür ist die didaktische, das heißt auch ver-ständliche und attraktive Vermittlung von Forschungsinhalten ein wichtiges Element. Die Wirkung, Angemessenheit und Effizienz von neuen Formen und Inhalten der Ausbildung sollten systematisch analysiert werden, um die Voraussetzung für eine europäische Weiterentwicklung von Berufsprofilen zu schaffen. Auch innovative und attraktive Curricula können die Bedeutung der Hochschulen und damit die langfristige Bindung von Absolventen an den Standort Deutschland bzw. Europa befördern. Die Mobilität insbesondere von Studentinnen und Studenten wird gefördert durch eine europaweite Harmonisierung der Curricula. Dies ist eine der Voraussetzungen gegenseitige An-erkennung von Studienleistungen zu gewährleisten. Dabei sollten aber die spezifischen Schwerpunkte der Ausbildungscurricula und ihre Vielfalt und Differenzierung im europäischen Ausbildungssystem berücksichtigt werden.

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