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Inhalt Zum Geleit 3 Brennpunkt Zeitgeschichte 4 Vorstoss für ein liberales Archivierungsgesetz 5 Medienpräsentation und Einweihung 6 Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte 9 Historisches Archiv des Verbandes Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF) 9 Engagement der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich 13 JUNA-Archiv 14 Historisches Archiv des Verbandes Jüdischer Studenten in der Schweiz (VJSS) 15 Kulturgemeinschaft der Emigranten und Schutzverband deutscher Schriftsteller 16 Bibliothek Erwin Leiser 17 Kontaktpflege, Projekte im Ausland 17 Dokumentierte Einzelschicksale 18 Weitere Bestände zur Flüchtlingshilfe 24 Historisches Archiv der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) 24 Schenkung des Flüchtlingsarchivs Gertrud Kurz 25 Historisches Restarchiv der Caritas 25 Evangelische Flüchtlingshilfe 26 Schweizerische Oekumenische Flüchtlingshilfe 27 Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte 28 Vorort-Archiv 28 Dokumentationsarchiv der Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft (Wf) 29 Inventarisierungsprojekt Bally-Archive 30 Arbeitsgruppe >Archive der privaten Wirtschaft des VSA und andere Kontakte 31 Schenkungen zu verschiedenen Themen 32 Oral History: Kolloquien zur Zeitgeschichte 35 Eigene Schriftenreihe 36 Ausstellung zu Walter Bosshard 37

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InhaltZum Geleit 3Brennpunkt Zeitgeschichte 4Vorstoss für ein liberales Archivierungsgesetz 5Medienpräsentation und Einweihung 6Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte 9

Historisches Archiv des Verbandes Schweizerischer JüdischerFürsorgen (VSJF) 9

Engagement der Evangelisch-reformierten Landeskirche desKantons Zürich 13

JUNA-Archiv 14Historisches Archiv des Verbandes Jüdischer Studenten in der

Schweiz (VJSS) 15Kulturgemeinschaft der Emigranten und Schutzverband

deutscher Schriftsteller 16Bibliothek Erwin Leiser 17Kontaktpflege, Projekte im Ausland 17

Dokumentierte Einzelschicksale 18Weitere Bestände zur Flüchtlingshilfe 24

Historisches Archiv der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) 24Schenkung des Flüchtlingsarchivs Gertrud Kurz 25Historisches Restarchiv der Caritas 25Evangelische Flüchtlingshilfe 26Schweizerische Oekumenische Flüchtlingshilfe 27

Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte 28Vorort-Archiv 28Dokumentationsarchiv der Gesellschaft zur Förderung der

schweizerischen Wirtschaft (Wf) 29Inventarisierungsprojekt Bally-Archive 30Arbeitsgruppe >Archive der privaten Wirtschaft des VSA und

andere Kontakte 31Schenkungen zu verschiedenen Themen 32Oral History: Kolloquien zur Zeitgeschichte 35Eigene Schriftenreihe • 36Ausstellung zu Walter Bosshard 37

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EDV 39Das Archiv für Zeitgeschichte im Internet 40

Sammlungen und Präsenzbibliothek 41Benutzung 41Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 43Stiftungen und Fonds 43

Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin Goldschmid-Bollag 43Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich 44Karl-Schmid-Stiftung 45Jaeckle-Treadwell-Stiftung 45Emil Friedrich Rimensberger-Fonds 46

Dank 47Öffnungszeiten 48

Zum Geleit

Noch nie zuvor stand die Schweiz wegen ihrer Vergangenheit derart imBrennpunkt des internationalen Interesses wie 1997 — eine Herausforderung,die in ihrer Dimension unterschätzt wurde mit Folgen, die ein eigentlichesKrisenmanagement erforderlich machten. Während sich im Ausland >Enthül-lungem und Anschuldigungen häuften, war es für die Medien in der Schweizschwierig, rasch zu reagieren, solange ausreichende Detailkenntnisse fehlten.Vor allem während der ersten Jahreshälfte bestand ein akuter Abklärungs-und Informationsbedarf, mit dem sich auch das Archiv für Zeitgeschichte(AfZ) konfrontiert sah. So wurde schon das erste Jahr im neuen Haus amHirschengraben 62 zur Bewährungsprobe. Sprunghaft zugenommen habenauch die Aufgaben im Archivierungsbereich. Waren in den letzten Jahren dieAufnahmekapazitäten im AfZ erschöpft, so werden jetzt vordringlich diejeni-gen Quellenbestände gesichert, die akut gefährdet und seit längerem zurÜbernahme vorgesehen sind.Zu den positiven Ergebnissen gehört, dass die wichtigsten Zielsetzungenrascher als erwartet erreicht worden sind. Dies gilt insbesondere für denAusbau der DOKUMENTATIONSSTELLE JÜDISCHE ZEITGESCHICHTE im AfZ. Sieist in dieser Form die einzige in der Schweiz. Inzwischen hat sie sich imForschungsbetrieb fest etabliert und findet auch in der Öffentlichkeit eineerfreuliche Resonanz. Im Vordergrund ihrer Tätigkeit stand die Übernahmedes VSJF-Archivs — eines Bestandes, der für die Erforschung der Flücht-lingshilfe in der Schweiz von zentraler Bedeutung ist und der noch nahezuunberührte Quellen enthält. Dass dieses Flüchtlingsarchiv vor weiteren Pa-pierschäden bewahrt und sachgerecht archiviert werden kann, ist ganz we-sentlich der finanziellen Unterstützung durch die Evangelisch-reformierteLandeskirche des Kantons Zürich zu verdanken.Auch die DOKUMENTATIONSSTELLE WIRTSCHAFT UND ZEITGESCHICHTEberichtet über erfreuliche Fortschritte. Sie betreut neben dem Archiv desSCHWEIZERISCHEN HANDELS- UND INDUSTRIE-VEREINS (Vorort) nun auch diehistorischen Dokumentationen der GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DERSCHWEIZERISCHEN WIRTSCHAFT (Wf). Beide Institutionen leisten einen we-sentlichen Beitrag an die Betriebskosten unserer Dokumentationsstelle zurneuesten Wirtschaftsgeschichte.

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Das AfZ darf auf eine vielfältige Förderung zählen. Es dankt den mit ihmverbundenen Stiftungen und Fonds, den Gönnerinnen und Sponsoren undinsbesondere Herrn Octav Botnar ganz herzlich für die im Berichtsjahr ge-währte Hilfe; sie alle werden am Schluss des Jahresberichts namentlich ge-nannt. Ein besonderer Dank gilt Frau Nationalrätin Cécile Bühlmann. Sie hatam 3. März im Nationalrat eine Motion zur finanziellen Unterstützung desAfZ eingereicht, die von 78 Parlamentsmitgliedern mitunterzeichnet wordenist. Inzwischen ist die Motion als Postulat überwiesen worden; so bleibt zuhoffen, dass das Ziel der angestrebten langfristigen Sicherung doch nocherreicht wird. Gedankt sei auch denjenigen, die bei der Förderung des AfZ anerster Stelle stehen: der ETH Zürich, dem ETH-Rat und der ETH-Leitung,dem Institut für Geschichte sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, diesich auch 1997 mit grossem Engagement für ihre Aufgaben eingesetzt haben.

Brennpunkt Zeitgeschichte

Der Leiter des AfZ hatte am 30. Oktober 1996 in einem Fernsehinterview dieGründung einer autonomen Schweizerischen Holocaust-Gedenkstiftungvorgeschlagen. Sie sollte in Erinnerung an den Holocaust für die Opferhilfe,aber auch für gegenwarts- und zukunftsbezogene Aufgaben tätig werden. DerVorstoss erfolgte zu einem Zeitpunkt, als noch die Möglichkeit bestand selbstzu bestimmen, wie die Schweiz ihrem humanitären Bekenntnis Ausdruckgeben wollte.Zu Jahresbeginn wurde dieser Vorschlag durch heftige Kontroversen um eineangebliche Lösegeld-Erpressung aus dem Ausland wieder in Erinnerunggerufen. Im AfZ häuften sich die Anfragen. In verschiedenen Interviewserläuterte der Archivleiter Sinn und mögliche Aufgaben einer Holocaust-Gedenkstiftung (u.a. Basler Zeitung, Nr. 13 v. 16.1.1997; Weltwoche, Nr. 13v. 6.2.1997). Der neue Bundespräsident liess sich am 21. Januar direkt überden Stiftungsvorschlag informieren. Hierfür wurde ein detailliertes Statut zurSchweizerischen Holocaust-Gedenkstiftung ausgearbeitet und überreicht. DasKonzept ist in dieser Form nicht verwirklicht worden, doch fand es in Teileneine Fortsetzung. Der vorgeschlagene Stiftungszweck sah eine Hilfe fürHolocaust-Opfer vor, »die wegen der Rückweisung durch die Schweiz Scha-

den an Leib und Seele erlitten haben oder die Ansprüche auf Vermögenswertein der Schweiz plausibel geltend machen können, nach denen die Suchebisher oder definitiv erfolglos geblieben ist.« Auch der vom Bundesrat am 26.Februar 1997 beschlossene SPEZIALFONDS ZUGUNSTEN BEDÜRFTIGER OPFERVON HOLOCAUST/SHOA bezweckt eine rasche Opferhilfe. Ihm geht es abernicht darum, dort prioritär Hilfe zu leisten, wo die Schweiz aus eigener Mit-verantwortung direkt angesprochen ist. Der Hilfsfonds steht im Grundsatzallen bedürftigen Holocaust-Opfern offen — ein in der Anlage grosszügigesKonzept, das hohe Erwartungen weckt, wegen der Vielzahl der Empfängeraber nur die Auszahlung kleiner Beiträge erlaubt. Das Fondsreglement be-schränkt sich auf Hilfeleistungen für bedürftige Einzelpersonen, unterstütztaber nicht weiterführende und möglicherweise wirksamere Projekte zurhumanitären Hilfe.Weitere Zielsetzungen der vorgeschlagenen Schweizerischen Holocaust-Gedenkstiftung waren auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet, wobei diehumanitären Ansätze in der vom Bundesrat am 5. März 1997 vorgeschlagenenSCHWEIZERISCHEN STIFTUNG FÜR SOLIDARITÄT teilweise Aufnahme gefundenhaben. Das Anliegen, die Erinnerungs- und Bildungsarbeit zum Holocaust zufördern und durch Projekte allen Tendenzen entgegenzuwirken, die durchAusgrenzung und Menschenverfolgung, durch Gewalt und Krieg die Grund-werte demokratischer Kultur gefährden und zerstören, wird im Rahmen dieserKonzeption — soweit bisher ersichtlich — hingegen nicht wahrgenommen.

Vorstoss für ein liberales Archivierungsgesetz

Die Schweiz erhält erstmals ein Archivierungsgesetz. Die Vorlage dazustammt aus dem Jahr 1993. Das AfZ hatte schon während der Vernehmlas-sung Gelegenheit Stellung zu nehmen, auch wenn das Gesetz seine Tätigkeitnicht unmittelbar berührt. Die bundesrätliche Botschaft hält hierzu fest: »BeiBundesstellen, deren Aufgabe im Sammeln und Archivieren von bestimmtenDokumenten besteht (z.B. die zahlreichen Archive im ETH-Bereich, die SLBusw.), fallen selbstverständlich nur die Geschäftsunterlagen, nicht aber derenSammlungsgut in den Geltungsbereich.« (Bbl. 1997, Bd. II, S. 952). DasGesetz stellt auch Weichen für die künftigen Forschungsverhältnisse in der

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Schweiz und geht über Archivierungsfragen weit hinaus. Trotz der gegenwär-tigen Sensibilität für zeitgeschichtliche Fragen fand die Vorlage zunächstwenig Beachtung. Dass sie politisches Konfliktpotential enthielt, zeigte sichbei der Behandlung im Ständerat, der den Gesetzesentwurf noch verschärfte.Von seilen des AfZ wurde für eine Berechnung der Schutzfrist plädiert, diesich nicht am jüngsten Dokument eines Dossiers orientiert, sondern am Da-tum der Information, die benutzt werden soll. Das Archiv sprach sich für eineklare Definition der schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen aus,mit denen eine restriktive Handhabung der Einsichtnahme begründet wird;insbesondere sollten politische Aktivitäten nicht unter den Schutz privaterInteressen fallen. Als inadäquat erachtete das AfZ die vom Ständerat be-schlossene Verlängerung der Schutzfristen. Zudem warnte es vor einer mögli-chen Kriminalisierung der Forschung durch die vorgesehenen rigorosenStrafbestimmungen, für deren Streichung es eintrat. Kurz bevor die Vorlagein der Rechtskommission des Nationalrats behandelt wurde, sind diese Anre-gungen vom Archivleiter auch öffentlich vorgebracht worden (>Politischbrisantes neues Archivierungsgesetz<( NZZ, Nr. 245 v. 22.10.1997). DerNationalrat hat sich Anfang 1998 gegen eine Verschärfung der Vorlage undfür die liberalere Fassung des Bundesrates ausgesprochen.

Medienpräsentation und Einweihung

Die Einweihung des neuen Domizils am Hirschengraben 62 bot die will-kommene Gelegenheit, das Institut für Geschichte, das AfZ und seine Doku-mentationsstellen mit ihren inhaltlichen Schwerpunkten der Öffentlichkeit zupräsentieren. Zu diesem Anlass wurde eine Informationsbroschüre herausge-geben, die das AfZ und seine Dokumentationsstellen vorstellt und einenÜberblick über seine Bestände gibt. Sie ist von DANI SCHNEIDER von derFirma INFORM graphisch anspruchsvoll gestaltet worden mit Illustrationen,die durch die Überlagerung von Bild und Text eigene Aussagekraft gewinnen.Von ihm stammt auch das AfZ-Logo und der optisch darauf abgestimmteneue Umschlag für den Jahresbericht.

Pressekonferenz vom 5. Juni 1997 mit (v.l.n.r.) M. Kummer, P. Hutzli,D. Nerlich, H. W. Tabler, J.-F. Bergier, R. Guggenbühl, K. Urner, U.Gast, R. Block (Foto: AfZ)

Das >Haus der Geschichte< der ETH Zürich wurde am 5. Juni offiziell eröff-net. Am Vormittag fand eine Medienkonferenz statt, an der Prof. Dr. Dr. h. c.JEAN-FRANÇOIS BERGIER und Prof. Dr. HANS WERNER TOBLER über dieTätigkeit des Instituts für Geschichte informierten. Das AfZ stellte nacheinem allgemeinen Überblick seine neue Dokumentationsstelle JüdischeZeitgeschichte vor, gefolgt von einem Grusswort von Dr. ROLF BLOCH, demPräsidenten des SCHWEIZERISCHEN ISRAELITISCHEN GEMEINDEBUNDES sowieder STIFTUNG JÜDISCHE ZEITGESCHICHTE AN DER ETH ZÜRICH. Die Präsenta-tion der Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte erfolgte inAnwesenheit von Direktor MATTHIAS KUMMER, Gesellschaft zur Förderungder schweizerischen Wirtschaft, und Dr. PETER HUTZLI vom Vorort.Zwei bedeutende Schenkungen konnten bekannt gegeben werden: das um-fangreiche Dokumentationsarchiv der Wirtschaftsförderung, auf welches ineinem eigenen Abschnitt eingegangen wird, sowie eine Sammlung von Kin-derzeichnungen, die Flüchtlingskinder nach der Rettung in der Schweiz

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angefertigt haben und die S. W.JEANRICHARD dem AfZ zur Haus-einweihung überreicht hat. Zujeder Zeichnung liegt ein Erhe-bungsbogen vor, der über dasSchicksal des Kindes und über dieVerfolgung seiner Eltern Aus-kunft gibt. Die Medienorientie-rung wurde von Fernsehen, Radiound Printmedien sehr gut besuchtund fand positive Resonanz. DerArtikel >Les historiens suisses ontenfin intégré l'histoire juive. Pasla Confédération in >Le NouveauQuotidiem vom 6. Juni führte so-gar zur spontanen und grosszügi-gen Spende von Octav Botnar, fürwelche ihm die STIFTUNO JÜDI-SCHE ZEITGESCHICHTE AN DERETH ZÜRICH und das AfZ sehrdanken.Die eigentliche Einweihungsfeierfand am späten Nachmittag statt

und wurde von Rektor Prof. Dr. KONRAD OSTERWALDER eröffnet. Sie war vorallem ein Anlass des Dankes an die zahlreichen Gönnerinnen und Gönner, diedas Archiv für Zeitgeschichte und insbesondere seine DokumentationsstelleJüdische Zeitgeschichte fördern und einen wesentlichen Beitrag an die Mietedes Hirschengraben 62 leisten. Nach den Reden und der musikalischen Um-rahmung bestand Gelegenheit zu einem Rundgang durch die vier Ober- unddrei Untergeschosse. Der für das AfZ wichtige Tag endete mit regen Gesprä-chen beim anschliessenden Apéro.

Selbstbildnis eines fünfjährigenFlüchtlingskindes, 1945 (SchenkungS. W. JeanRichard)

Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte

Seit der Gründung von 1996 erlebt die DOKUMENTATIONSSTELLE JÜDISCHEZEITGESCHICHTE eine dynamische Entwicklung, über die nachfolgend zuberichten ist. Unter der Leitung von Dr. Uriel Gast hat sie ihre Arbeit geraderechtzeitig aufgenommen, um auf die akuten Forschungs- und Sicherungs-anliegen eingehen zu können.

Historisches Archiv des Verbandes Schweizerischer JüdischerFürsorgen (VSJF)Zu den Hauptereignissen des Jahres 1997 gehört die Übernahme des histori-schen Archivs des VERBANDES SCHWEIZERISCHER JÜDISCHER FÜRSORGEN(VSJF). Dieser zentrale Bestand zur Flüchtlingsgeschichte in der Schweiz littunter ungünstiger Lagerung und war in seiner Substanz gefährdet. Da derVSJF umzog, bestand unmittelbarer Handlungsbedarf. Tausende von Dossierszu Flüchtlingen, die seit den dreissiger Jahren bis 1990 in der Schweiz Auf-nahme und Hilfe gefunden haben, harren der Bearbeitung. Der Bestand zähltzu den bedeutendsten Flüchtlingsarchiven in der Schweiz. Ihm kommt für dieHolocaust-Forschung auch gesamteuropäische Bedeutung zu.Der VSJF blickt auf eine Geschichte von mehr als siebzig Jahren zurück. Biszu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es nur lokale jüdische Armenfürsorgen.1925 wurde der VERBAND SCHWEIZERISCHER ISRAELITISCHER ARMENPFLE-GEN (VSIA) gegründet, der sich als gesamtschweizerische Dachorganisationauch für die verschiedenen gemeindeübergreifenden Einrichtungen wieSanatorien, Kinder- und Altersheime einsetzte. Ab 1933 wurde der VSIAmehr und mehr zu einer Zentralstelle für jüdische Flüchtlinge, die als Ver-folgte des Nationalsozialismus in die Schweiz kamen. Da sie hier auf Dauernicht bleiben durften, hatte der Verband unter dem Druck der fremdenpolizei-lichen Auflagen kaum eine andere Wahl, als nach einem anderen Aufnahme-land zu suchen; bis 1937 fand-er für fast alle der rund 5*000 von ihm betreu-ten Flüchtlinge eine Zuflucht ausserhalb der Schweizer Grenzen.Da es die Behörden ablehnten, die Flüchtlingshilfe zu finanzieren, musstendie Schweizer Juden für den Lebensunterhalt derjenigen jüdischen Flücht-linge aufkommen, denen eigene Mittel fehlten. Die Schweizer Behördenverlangten zwar auch bei anderen Flüchtlingsgruppen Bürgschaften; die

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kleine jüdische Gemeinde der Schweiz mit rund 20'000 Personen, von denenetwa ein Viertel erwerbstätig war, trug jedoch besonders schwer unter derrasch zunehmenden Last. Als im März 1938 nach dem >Anschluss< Öster-reichs an das nationalsozialistische Deutschland Tausende von Verfolgtenüber die Schweizer Grenze kamen, war sie diesen enormen finanziellenAnforderungen alleine nicht mehr gewachsen. International tätige jüdischeHilfsorganisationen leisteten ab diesem Zeitpunkt zunehmende Unterstützung,vor allem der Dachverband der amerikanisch-jüdischen HilfsorganisationenJOINT (American Jewish Joint Distribution Committee). Im Inland erwies sichdie Zusammenarbeit der verschiedenen Hilfswerke als unentbehrlich. 1936gehörte der VSIA zu den Gründungsmitgliedern der SCHWEIZERISCHEN ZEN-TRALSTELLE FÜR FLÜCHT-LINGSHILFE. Seit 1938 wur-de die Weiterwanderungwegen der restriktiven Ein-reisebestimmungen fast al-ler Staaten immer schwieri-ger. Nach Kriegsbeginn undder Blockierung der Flucht-wege musste sich der VSIAauf eine längerfristige Be-treuung von Tausenden vonFlüchtlingen einstellen. Ab1943 nannte er sich Ver-band Schweizerischer Jü-discher Fürsorgen/Flücht-lingshilfen (VSJF). Im Zen-trum seiner Tätigkeit stand1933 bis 1945 die Betreu-ung von rund 23'000 Flücht-lingen. Er bemühte sich umdie Beschaffung von Klei-dung, um ärztliche Verpfle-gung, um die Zusammenle-gung von Familien und Un-terbringung in Privatunter-

Das VSJF-Archiv am alten Ort — im Hin-tergrund Frau J. Gross, die lang/ährigeFlüchtlings- und Archivbetreuerin (Foto:Frédéric Comtesse, ©A/Z)

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Vorbereitungen des Umzugs — ProjektleiterinClaudia Hoerschelmann und Uriel Gast im VSJF-Archiv (Foto: Vivianne Berg)

künften. Er halfbei Nachfor-schungen nachVermissten, er-teilte Rechtsbera-tung, unterstütztedie beruflicheAusbildung alsVorbereitung füreine spätereZukunft, insbe-sondere in Palä-stina. Als nachl a n g w i e r i g e nVerhandlungenum die Jahres-wende 1944/45Überlebende ausden Konzentrationslagern Bergen-Belsen und Theresienstadt in die Schweizausreisen konnten, wurden sie der Fürsorge des VSJF anvertraut, ebenso wiemehrere hundert Kinder und Jugendliche aus dem befreiten Konzentrations-lager Buchenwald.Nach Kriegsende drängten die Behörden erneut auf die Weiterreise derFlüchtlinge. Erst mit der Gewährung des Dauerasyls für Alte, Kranke undJugendliche im Jahr 1947 bestand für den VSJF die Möglichkeit, sich für dieIntegration von knapp l'OOO jüdischen Flüchtlingen einzusetzen. Bis 1952hatten schliesslich nahezu alle übrigen Flüchtlinge die Schweiz verlassen. Inden folgenden Jahrzehnten unterstützte der VSJF Wiedergutmachungsanträge,die sich an die Bundesrepublik Deutschland oder Österreich richteten. Nebenseinen fürsorgerischen Aufgaben setzte er die Flüchtlingsarbeit fort, wobei erauch Flüchtlinge zu betreuen hatte, die unter anderem aus Ungarn, der Tsche-choslowakei, Ägypten, der Sowjetunion oder aus Bosnien kamen.Indem sie Leben und Geschichte der Flüchtlinge aus der Perspektive ihrerInteressenvertretung widerspiegeln, bilden die Dossiers des VSJF-Archivsden Gegenpart zu den Behördenakten. Sie dokumentieren den schwierigen,oft auch entwürdigenden Weg durch die Instanzen und geben Einblick in die

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Nöte, Bedürfnisse und Leiden der Verfolgten. Geplant ist eine biographischeSpurensicherung mittels elektronischer Datenerfassung, die auch für die mehrund mehr international vernetzt verlaufende Holocaust-Forschung, für dieRekonstruktion von Familiengeschichten und Einzelschicksalen von Nutzenist. Der Bestand wird durch weitere im AfZ betreute Quellenmaterialien zurFlüchtlingsthematik in vorzüglicher Weise ergänzt: so unter anderen durchdas Archiv der Schweizerischen Zentralstelle für Flüchtlingshilfe (SFH),durch einen kleineren Bestand der CARITAS, durch die Nachlässe von PAULVOGT oder OTTO ZAUGG und künftig auch durch das Archiv von GERTRUDKURZ.Am 18./19. August 1997 wurde der gesamte historische Bestand des VSJF imUmfang von 170 Laufmetern aus den Jahren 1938 bis 1990 in das AfZ über-führt. Das VS JF-Archiv durchlief entsprechend den aktuellen Bedürfnissen derGeschäftsführung während der letzten fünf Jahrzehnte verschiedene Ablage-varianten. Dossiers von Personen, die verstorben oder wegen Ausreise nichtmehr zu betreuen waren, wurden aus der ordentlichen Ablage herausgenommenund separat aufbewahrt. Für jedes Jahr begann die alphabetische Reihenfolgevon neuem. Die Karteien erfassen nur einen Teil der Dossiers; auch innerhalbder verschiedenen Segmente war manches durcheinander geraten. Nach Er-stellung eines Übernahmeverzeichnisses wurde mit der Neuordnung begonnen.Eine konsequente Systematik ist nur dadurch zu erreichen, dass sämtliche Per-sonendossiers in einer alphabetischen Ordnung zusammengeführt werden.Unter der Leitung von Dr. Claudia Hoerschelmann wurden die Vorbereitungendafür getroffen, damit das Projektteam Anfang 1998 mit den eigentlichenErschliessungsarbeiten beginnen konnte. Schon jetzt ist eine beschränkte Benut-zung dieses Flüchtlingsarchivs möglich. Sie erfolgt unter Berücksichtigung desArchivgesetzes und des Datenschutzes in Absprache mit dem VSJF. Währendder Erschliessungsphase haben die Mitglieder der Unabhängigen Experten-kommission sowie ehemalige Betreute und deren Angehörige, die Einblick indie eigenen Dossiers nehmen wollen, auf Gesuch hin und nach Voranmeldungprioritären Zugang.

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Engagement der Evangetisch-reformierten Landeskirche desKantons Zürich

Kirchenbote Kl. Zürich 7/97

Jüdische Flüchtlings-geschichte sichernZur Sicherung und Aufarbeitung jüdischer Flüchtlingsakten willder Zürcher Kirchenrat 600 000 Franken der «Stiftung für jüdi-sche Zeitgeschichte,» zur Verfügung stellen. 400 000 Franken sol-len andere Kantonalkirchen und Werke beisteuern. Im Juni wirddie Synode über diesen Kredit abstimmen.A" f "«her hundert Laufmeter er- mats für die FHir |'ti;n<»r -nter-

• Ann Ver- nali'~>

So vordringlich die Übernahme des VSJF-Archivs war, so ungewiss blieb dieFinanzierung dieses mehrjährigen Projekts, das zu den bisher grössten Vorha-ben des AfZ gehört. Der Kostenaufwand wird unter Einbezug der Mikro-verfilmung auf rund 1,3 Millionen Franken veranschlagt. Dass diese Mittelnicht vom VSJF und damit zu Lasten der Flüchtlingsbetreuung aufzubringensind, stand von Anfang an fest. Um so freudiger wurde die Initiative desKirchenrats der EVANGELISCH-REFORMIERTEN LANDESKIRCHE DES KANTONSZÜRICH begrüsst, der ein Zeichen der Solidarität mit einem direkten Bezugzur Schweiz setzen wollte. Diese Bereitschaft, Hilfe zu leisten und sich mitder eigenen Geschichte kritisch auseinanderzusetzen, fand an der Medien-präsentation vom 13. März 1997 breite Beachtung: »Es muss in unseremLand«, so führte Kirchenratspräsident Pfarrer RUEDI REICH aus, »und imbesonderen auch in der Landeskirche und im jüdisch-christlichen Dialogdarum gehen, nie mehr zu vergessen, was dem jüdischen Volk an unver-gleichlich Grausamem angetan wurde. Gerade dieses Erinnern und Gedächtnis

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ermöglicht einen verstehenden, gemeinsamen Weg in Gegenwart und Zu-kunft.« Diesem Grundsatz folgend setzte sich die Landeskirche gezielt füreine umfassende Dokumentation der Vergangenheit im Bereich der jüdischenFlüchtlingsgeschichte ein. Die Kirchensynode vom 10. Juni 1997 stimmtedem Antrag des Kirchenrates, aus den Mitteln der Landeskirche in den näch-sten 4 Jahren 600'OGO Franken an die Erschliessungskosten beizutragen, mitganz überwiegender Mehrheit zu. Zudem versprach sie, sich für die Beschaf-fung weiterer 400'000 Franken einzusetzen, die aus zusätzlichen Quellenbeigebracht werden sollen. Dank dieser grosszügigen Hilfe konnte sogleichmit der Umsetzung der Projektplanung begonnen werden.

JUNA-ArchivDie Erschliessung des JUNA-Archivs wurde mit finanzieller Unterstützungdes Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) unter der Anlei-

tung von lie. phil. Werner Hag-mann durch stud. phil. MichaelFunk fortgeführt. Die erste Priori-tät galt dabei den Unterlagen zur

^ Schweizer Geschichte der dreissi-ger Jahre und des Zweiten Welt-kriegs. Die umfangreichen Mate-rialien zur Flüchtlingsthematikwurden systematisch gegliedertund detailliert erfasst. Beinahe

tüf • *̂ L.- *^ -̂• •- • TSmËË8M*-"1{éyF"V lückenlos wird die Asyldebatte(P,."/ MffîMîMwJItË>' während des Zweiten Weltkrieges

dokumentiert. Als besondersreichhaltig erweisen sich die JU-NA-Dossiers, die Dr. BENJAMINSAGALOWITZ Mitte der fünfzigerJahre für den Ludwig-Bericht zu-sammengestellt hat. Weitere Un-terlagen, die nun auch zur Nach-kriegszeit erschlossen wordensind, beziehen sich auf den Antise-

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Flüchtlinge im Arbeitseinsatz ineinem Lager bei Vouvry, Wallis(Foto: JUNA-Archiv) mitismus und Rechtsextremismus,

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darunter Akten der SIG-Kommission >Abwehr und Aufklärung<. Die Ende1996 begonnene Feinerfassung des Teilbestandes zum Finanzplatz Schweiz inder NS-Zeit wurde von lie. phil. Daniel Gerson mit der Erstellung einesentsprechenden Verzeichnisses abgeschlossen. Diese Unterlagen beziehensich vor allem auf die bis in die siebziger Jahre geführten Diskussionen umdie nachrichtenlosen Vermögen, darunter zahlreiche Anfragen von Betroffe-nen an den SIG.Erneut wurden Dossiers aus dem JUNA-Archiv für verschiedene Forschungs-vorhaben und für journalistische Recherchen beigezogen. Weitaus am häufig-sten verlangt wurden Unterlagen zur schweizerischen Flüchtlingspolitik.Weitere Themen waren unter anderem die Schweiz und der Holocaust, derAntisemitismus nach 1945, die schweizerische Nachkriegshilfe, nachrichten-lose Vermögen, NS-Fluchtgelder und Raubgut.

Historisches Archiv des Verbandes Jüdischer Studenten in derSchweiz (VJSS)Im April 1997 erhielt das AfZ vom früheren Präsidenten des VERBANDESJÜDISCHER STUDENTEN IN DER SCHWEIZ, Prof. ALEXANDER DE BEER, das vonihm aufbewahrte historische Verbands—Archiv. Der VJSS wurde 1946 alsDachorganisation der jüdischen Studierenden in der Schweiz gegründet. ImBestand befinden sich Unterlagen der Sektionen Basel, Bern, Genf und Zü-rich. Kernmaterialien sind die Protokolle und Berichte der General- undDelegiertenversammlungen zwischen 1946 und 1957 sowie die Mitteilungs-blätter und Rundschreiben. War der Verband auch nicht gross, so gehört seineTätigkeit mit zur schweizerischen Hochschulgeschichte; gerade in der frühenNachkriegszeit leistete er für ausländische Studierende eine hilfreiche Betreu-ungsarbeit. Sie wird vor allem aus der überlieferten Korrespondenz unter denStichworten >Soziales<, >Wiedergutmachung< oder auch >Studentenlager<ersichtlich. Ausser über die Mitarbeit in verschiedenen Kommissionen derStudentenschaft (Kulturelles, Studentenwohnheim, Umfragen und Statistiken)gibt der Bestand über die Beziehungen zu ausländischen Studentenorganisa-tionen und internationalen Organisationen Aufschluss, als es auch im Hoch-schulbereich galt, aus der Isolation wieder herauszukommen.Die Dokumentation beginnt kurz vor der offiziellen Gründung des Verbandes1945 und endet 1969. Für diesen Zeitraum ist die Tätigkeit der grösstenSektion (Zürich) umfassend, wenn auch nicht vollständig dokumentiert. Zu

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den anderen Sektionen weist der Bestand erhebliche Lücken auf. Prof. deBeer beabsichtigt, dem AfZ die noch in seinem Besitz befindlichen Akten ausseiner Amtszeit (ca. 1968-1975) zu einem späteren Zeitpunkt zu übergeben.

Kulturgemeinschaft der Emigranten und Schutzverband deut-scher SchriftstellerDie KULTURGEMEINSCHAFT DER EMIGRANTEN in Zürich wurde im Oktober1941 vor allem mit dem Ziel gegründet, durch »Förderung des kamerad-schaftlichen Zusammenhaltes und durch Pflege der alten Kultur« der »sichunter den Emigranten ausbreitenden Entmutigung entgegenzuwirken«. DenFlüchtlingen und Emigranten in der Schweiz war bekanntlich jegliche berufli-che und politische Tätigkeit untersagt. Die Kulturgemeinschaft, die durchzahlreiche Veranstaltungen einen geistigen Austausch ermöglichte, wurde vonder Polizei denn auch argwöhnisch beobachtet. Trotzdem boten die Theater-abende, die wissenschaftlichen Vorträge und dichterischen Lesungen für diezur Untätigkeit gezwungenen Flüchtlinge eine Plattform, um den eigenenWünschen und Sorgen Ausdruck zu geben.Ab Sommer 1944 beteiligte sich die Kulturgemeinschaft über den von ihr 'gebildeten Initiativausschuss an den Diskussionen über die Zukunft nachKriegsende (Rück- oder Weiterreise) und setzte sich dafür ein, dass auchEmigranten an der Flüchtlingskonferenz von Montreux (Februar/März 1945)Gehör fanden. Ein Teil der Mitglieder der Kulturgemeinschaft gründete inZürich im Mai 1945 den SCHUTZVERBAND DEUTSCHER SCHRIFTSTELLER INDER SCHWEIZ (SDS) als Nachfolgeorganisation des 1933 in Paris gegründetenSchutzverbandes deutscher Schriftsteller.Beim vorliegenden Bestand, den uns dipl. arch. JAKOB ZWEIFEL freundlicher-weise als Schenkung überreichte, handelt es sich um administrative Akten derKulturgemeinschaft sowie um Materialien zu ihrer vielfältigen kulturellenTätigkeit. Ausserdem finden sich im Bestand einige Restakten zur Gründungdes SDS. Der Bestand ist im Rahmen der allgemeinen Benutzungsbestimmun-gen des AfZ frei zugänglich. Ergänzende Unterlagen zum Wirken der Kultur-gemeinschaft finden sich in folgenden Beständen des AfZ: im NachlassHermann Levin Goldschmidt, im historischen Archiv der SchweizerischenZentralstelle für Flüchtlingshilfe, im Archiv des Verbandes SchweizerischerJüdischer Fürsorgen und im JUNA-Archiv.

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Bibliothek Erwin LeiserIm Februar 1997 konnte das AfZ von Frau VERA LEISER für seine Dokumen-tationsstelle Jüdische Zeitgeschichte zu äusserst günstigen Konditionen Teileder Arbeitsbibliothek ihres verstorbenen Mannes Erwin Leiser erwerben. Eshandelt sich dabei um Bücher zum Themenkomplex >Holocaust/National-sozialismus/Drittes Reich<, die ERWIN LEISER als Arbeitsgrundlage für seineviel beachteten Dokumentarfilme dienten. Zusammen mit laufenden Neu-anschaffungen und früheren Schenkungen verfügt die Dokumentationsstelleüber eine eigene Handbibliothek, die von Daniel Gerson gegliedert und in dieBibliotheksdatenbank aufgenommen wurde.

Kontaktpflege, Projekte im AuslandDr. Uriel Gast und lie. phil. Monika Bucheli haben in New York mit ver-schiedenen jüdischen Archiven und Institutionen Verbindung aufgenommen.Mit dem Archiv des AMERICAN JEWISH JOINT DISTRIBUTION COMMITTEE(Joint) wurde ein weiteres Verfilmungsprojekt vorbereitet. Im Joint-Archivbefinden sich auch Protokolle und Korrespondenzen zur Arbeit des VSJF ausden dreissiger Jahren, die im Originalarchiv nicht mehr vorhanden sind. DieAbklärungen beim lYVO-lNSTlTUTE FOR JEWISH RESEARCH, beim LEOBAECK-INSTITUTE, bei den YESHIVA UNIVERSITY ARCHIVES und dem Archivder AGUDAT ISRAEL ergaben, dass sich auch hier für die Schweiz wichtigeQuellen finden. Am 6.11. Dezember 1997 veranstaltete das CENTRE DE DOCU-MENTATION JUIVE CONTEMPORAINE in Paris ein internationales Kolloquiumzum Thema >Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg^ an dem Uriel Gast für dasAfZ teilnahm.

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Dokumentierte Einzelschicksale

Einige Schenkungen dokumentieren das Schicksal von jüdischen und nicht-jüdischen Verfolgten während des Zweiten Weltkriegs oder geben Einblick inHilfeleistungen von Einzelpersonen. Wer auf der Flucht war, konnte nurwenige Dokumente bei sich tragen. Der Umfang dieser Bestände ist zumeistklein, doch enthalten sie Zeugnisse, welche die individuelle Betroffenheitdurch den nationalsozialistischen Terror, aber auch die Hoffnungen undEnttäuschungen, die mit der >Rettungsinsel< Schweiz verbunden waren,unmittelbar zum Ausdruck bringen.MARTIN BIER wurde ein Opfer der Nürnberger Rassengesetze. Er wurde am19. August 1919 in Tübingen geboren und ist katholischen Glaubens, zu demsich auch seine ursprünglich jüdische Mutter bekannte. Nach dem Abiturwurde er zum Militärdienst eingezogen und nahm 1940 am Frankreichfeldzugteil. Im Oktober des gleichen Jahres wurde er als >Mischling 1. Grades< ausder Wehrmacht entlassen. Nach einjährigem Kampf mit den Behörden konnteer in Stuttgart vier Semester lang Technik studieren und arbeitete in einemRüstungsbetrieb in Kiel.Nachdem auch er im Herbst 1943 von der Deportation bedroht war, plante er,sich mit seinen beiden Brüdern in die Schweiz hinüberzuretten. Schliesslichgelang ihnen die Flucht im März 1944 durch den Absprung aus einem fahren-den Zug nahe bei Basel. Martin Bier wurde an diversen Orten interniert, u. a.im Lohnhof in Basel sowie in den Lagern Bremgarten und Luzern. Ab 1944erhielt er die Erlaubnis für ein Studium an der ETH Zürich; seine deutschenStudienjahre wurden ihm jedoch nicht angerechnet. Am 10. Juli 1945 kehrteer auf illegalem Weg nach Deutschland zurück.Der Kopienbestand von Martin Bier umfasst in erster Linie Dokumente,Korrespondenzen und Unterlagen zu seinem Aufenthalt als Flüchtling in derSchweiz. Seine Flucht in die Schweiz am 13./14. März 1944 wird durchhandschriftliche Notizen zu seinen Vorbereitungen und durch ein Manuskriptvon 38 Seiten belegt, das er 50 Jahre später verfasst hat. Auch über seinenAufenthalt in der Schweiz schrieb er einen ausführlichen Bericht. Als Ergän-zung zu seinem Bestand wurde im AfZ ein mehrstündiges Interview aufTonband aufgenommen.

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Einige wenige Unterlagen verdankt das AfZ NANNY FISCHHOF (1901-1997).Sie wuchs in Zürich als Tochter von HERMANN BARTH auf, einem der Begrün-der der Israelitischen Religionsgesellschaft (IRG). Nach einem Auslandsauf-enthalt in England heiratete Nanny Barth 1921 in Luzern und war viele Jahreals Sozialarbeiterin tätig. Zum tragischen Erlebnis wurde für sie die Ermor-dung ihrer Schwester Margrit. Diese hatte in den dreissiger Jahren nachHolland geheiratet und verlor dadurch ihre schweizerische Staatsbürgerschaft.Ihr Antrag auf ein Visum zur Rückkehr in die Schweiz wurde vom SchweizerKonsulat in Holland abgewiesen. Als es für sie unter der deutschen Besetzungimmer gefährlicher wurde, schlug sie sich dennoch mit ihrem Mann bis Genfdurch, wurde aber von der Schweiz zurückgewiesen und von der Grenze wegnach Auschwitz deportiert. Während des Zweiten Weltkriegs machte NannyFischhof Bekanntschaft mit ihrem nachmaligen zweiten Mann, dem Opern-sänger ERICH FISCHHOF. Auch sie verlor durch Heirat das schweizerischeBürgerrecht und erhielt es erst mit der Einbürgerung ihres Mannes wiederzurück. Nach dessen Tod errichtete Nanny Fischhof in Erinnerung an ihn undan sein Flüchtlingsschicksal eine durch ihre Preisverleihungen inzwischenbekannte Stiftung. Nanny Fischhof starb am 5. August 1997.Wichtigstes Dokument im vorliegenden Bestand ist ein Schreiben der Polizei-abteilung des EJPD an Frau Fischhof von 1944 mit der Warnung, dass sie dasSchweizer Bürgerrecht verlieren werde, sollte sie einen Ausländer heiraten.Hinzu kommen Kopien von Zeitungsausschnitten zur NANNY UND ERICHFISCHHOF-STIFTUNG und eine Zusammenstellung von biographischen An-gaben zur Stifterin. Das AfZ betreut auch einen kleinen Bestand von ErichFischhof.Für die jüdische Flüchtlingshilfe begann sich ERICH A. HAUSMANN schon vordem Krieg einzusetzen. Der Sohn eines jüdischen Religionslehrers war 1915in Basel geboren worden, wo er 1939 seine Ausbildung als Mittelschullehrerabschloss. Als 1938 die VEREINIGTE JÜDISCHE JUGEND BASELS (VJJB) ge-gründet wurde, übernahm er das Präsidium. Unter dem Eindruck der Pogromevom 9. November 1938 setzte sich das SCHWEIZERISCHE HlLFSWERK FÜREMIGRANTENKINDER erfolgreich dafür ein, dass 300 jüdische Kinder ausFrankfurt vorübergehende Aufnahme fanden. Erich A. Hausmann übernahmdie Betreuung und Erziehung von rund fünfzig Kindern, die zunächst imHeim >Aufgent< in Buus Unterkunft erhielten, bis sie nach Kriegsausbruch in

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Langenbruck (BL) eine Bleibe fanden. Im Zweiten Weltkrieg verbrachteHausmann ingesamt 733 Tage im Aktivdienst.Nach dem Krieg wurde ihm die Ausübung seines Lehrerberufs in Basel ver-wehrt, weil er am Samstag die strengen Sabbatregeln befolgen wollte. Ernahm in Frankreich diverse Stellen im Dienst der O.S.E. (OEUVRE DE SE-COURS AUX ENFANTS) an, so auch die Leitung des Heimes Fontenay-aux-Roses bei Paris und 1957 der Ecole Normale Juive in Paris. 1960 wurde er andie Jüdische Schule nach Zürich berufen. Bei den geschenkten Unterlagenhandelt es sich um einen kleinen, aber aufschlussreichen Bestand zur schwei-zerisch-jüdischen Betreuung von Flüchtlingskindern vor und während desZweiten Weltkriegs. Darunter befinden sich auch das Ringbuch mit den vonden Frankfurter Kindern am Ankunftstag selbst geschriebenen persönlichenDaten sowie sein Buch >Hineni — Erinnerungen eines jüdischen Pädagogen.Ein Bericht aus bewegter Zeit<, Basel 1996.Der Nachlass von ALBERT MÜLLI (1916-1997) dokumentiert das Schicksaleines Schweizers, der im Untergrund den Nationalsozialismus aktiv bekämpftund als Häftling schlimmste Jahre im Konzentrationslager Dachau verbrachthat. Im Alter von elf Jahren trat er den >Roten Falkem bei, einer Jugend-organisation der SOZIALDEMOKRATISCHEN PARTEI DER SCHWEIZ. Während derLehre gehörte er zur SOZIALISTISCHEN ARBEITERJUGEND (SAJ, Gruppe >Vik-tor Adler<) und war später Vorstandsmitglied und zeitweise auch Präsidentder Zürcher Metallarbeiterjugend, einer Sektion des SCHWEIZERISCHENMETALL- UND UHRENARBEITERVERBANDES (SMUV). 1934 trat Albert Müllider Sozialdemokratischen Partei Zürich (Sektion Aussersihl) bei. Schliesslichstellte er seine Dienste auch einer Widerstandsorganisation gegen den Na-tionalsozialismus zur Verfügung. Nachdem er sich bereits an illegalen Hilfs-aktionen für in die Schweiz eingeschleuste Emigranten beteiligt hatte, erhielter im Herbst 1938 den Auftrag, einen "Kleiderkoffer nach Wien zu trans-portieren, in dessen doppeltem Boden ein Begleitschreiben mit Anweisungenfür die kommunistische Untergrundarbeit und etwa tausend antinazistischeFlugblätter versteckt waren.Albert Mülli reiste am 20. November 1938 nach Wien. Am Treffpunkt für dieÜbergabe des Koffers wurde er jedoch von der Gestapo verhaftet. Am 12.Dezember 1940 wurde er in einem Hochverratsprozess mit zwei weiterenAngeklagten zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Abzug der Untersu-

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Albert Mülli (vorne mit Mütze) an der 1. Mai-Demonstration 1929 inZürich (NL Albert Mülli)

chnungtshaft verblieb noch ein Jahr Zuchthaus, das er in der Haftanstalt Steinan der Donau absass. Trotz der Interventionen der eidgenössischen Behörden,die auch während des Strafverfahrens für Albert Mülli tätig geworden waren,wollten ihn die deutschen Behörden auch nach Verbüssung der Strafe nichtfreilassen und nahmen ihn wegen >Verdachts auf weitere kommunistischeTätigkeit aus dem Ausland< als politischen Gefangenen in >Schutzhaft<. Erbefand sich von Ende Februar 1942 bis zur Befreiung durch amerikanischeTruppen unter traumatischen Verhältnissen im Konzentrationslager Dachau,wobei er auch in verschiedenen Aussenkommandos arbeiten musste. Das AfZdankt Alice Zweifel, Verena Sommer und Ursula Zellweger für die Überlas-sung des Nachlasses als ständiges Depot.Frau REINE SEIDLITZ verdankt das AfZ weitere Materialien zu ihrem Vorlass.Sie ist 1913 in Paris als Tochter polnisch-jüdischer Eltern geboren worden.Während des Ersten Weltkriegs kam die Familie aus Frankreich in dieSchweiz und kaufte in Zürich ein Haus. Nach einem zweijährigen Aufenthalt

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in Deutschland wurde der Familie 1925 trotz anderslautendem früheremBescheid die Aufenthaltsgenehmigung in Zürich verweigert, weshalb sie nachBaden (AG) zog. Reine Seidlitz bildete sich in der Schweiz zur Kinder- undKrankenschwester aus und erhielt im Gegensatz zu ihren Eltern die Niederlas-sungsbewilligung. Diese wurden vom Kriegsausbruch in Frankreich über-rascht. Im Sommer 1940 flüchteten sie von Paris nach Savoyen in der Hoff-nung, in die Schweiz zurückkehren zu können. Sie wurden jedoch trotz ein-dringlicher Interventionen der Tochter zurückgewiesen. Von der Gestapoverhaftet, wurden sie am 1. April 1944 in den Gaskammern von Auschwitzumgebracht.Reine Seidlitz engagierte sich für jugendliche Flüchtlinge und leistete 1950bis 1954 Sozial- und Pflegearbeit in Israel. 1954 bis 1960 arbeitete sie in derPrivatklinik Dr. Bircher-Benner in Zürich. Von 1949 bis 1984 gehörte siedem Fürsorgedienst der SCHWEIZERISCHEN STIFTUNG FÜR DAS CEREBRALGELÄHMTE KlND an. 1962 wurde sie beauftragt, einen gesamtschweizerischenSozialdienst für Cerebralgelähmte aufzubauen. Von 1977 bis 1984 war siePräsidentin der HELVETAS Zürich.Der Vorlass, der nun neu geordnet vorliegt, umfasst Materialien zu ihrerBiographie, zum kaum fassbaren Leidensweg ihrer von der Schweiz zurück-gewiesenen und in Auschwitz ermordeten Eltern, aber auch zum vielfältigensozialen Engagement von Reine Seidlitz.Seit Februar 1997 erhält das AfZ von HENRY SPIRA, Genf, kontinuierlich dieneuesten Ergebnisse seiner Recherchen zu jüdischen Flüchtlingen, die zwi-schen 1939 und 1945 interniert oder abgewiesen worden sind. 1961 begannHenry Spira seine Familiengeschichte zu erforschen. Dabei entdeckte er, dasssich seine verstorbenen Eltern in Pruntrut während des Zweiten Weltkriegesfür die Rettung jüdischer Flüchtlinge eingesetzt hatten, die illegal über dieGrenze gekommen waren. Da er festgestellt hatte, dass abgewiesene Flücht-linge vor ihrer Ausschaffung inhaftiert und namentlich erfasst worden waren,konzentrierte er seine Nachforschungen auf die Gefangenenregister derGefängnisse im gesamten Jurabogen (Pruntrut, Neuenburg, Waadt, GenfundLausanne). Auf diese Weise konnte er zahlreiche Namen von Ausgeschafftenausfindig machen, deren Spuren bis dahin als verloren galten. Seine For-schungen dehnte er auch auf die Archive der jüdischen Gemeinden in derWestschweiz sowie auf das Schweizerische Bundesarchiv in Bern aus.

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Zu den Unterlagen, die das AfZ von Henry Spira erhalten hat, gehören unteranderem die Kopien diverser Gefängnisregistraturen; in einigen Fällen wur-den sie von Henry Spira kommentiert. Zudem informieren einige Zeitungs-artikel aus den Jahren 1996/1997 über seine Forschungstätigkeit.Einen überraschenden Hinweis erhielt das AfZ über das Sekretariat der Israe-litischen Cultusgemeinde Zürich. Bei der Auflösung des Hotels Zelthof warenhistorische Akten zum Vorschein gekommen. Bei der Durchsicht stellte sichheraus, dass die Koffer und Kisten im Estrich des Hotels dem ehemaligenHECHALUZ- und nachmaligen HiSTADRUT-Vertreter in der Schweiz und inEuropa, NATHAN SCHWALB-DROR, gehörten. Dieser hatte dem AfZ schonfrüher Materialien übergeben. Die jetzt aufgefundenen Dokumente stammenaus den sechziger bis achtziger Jahren. Sie beziehen sich auf Wiedergutma-chungsfragen und auf die Auslandsbeziehungen der israelischen Gewerk-schaftsbewegung.Einen kleinen Einzelbestand verdankt das AfZ Frau NELLY WERMUS-KAEGI.Die gelernte Kinderpflegerin kam 1941 zum Schweizerischen Hilfswerk fürkriegsgeschädigte Kinder, welches später dem Schweizerischen Roten Kreuzunterstand. Sie half in verschiedenen französischen Lagern, u.a. in Rivesaltesan der spanisch-französischen Grenze, wo katastrophale Bedingungenherrschten. Nach dem Zweiten Weltkrieg heiratete sie HENRI WERMUS, der alspolnisch-jüdischer Militärinternierter in der Schweiz schwierige Jahre ver-bracht hatte, wodurch sie die schweizerische Staatsangehörigkeit verlor. Diewenigen Unterlagen zeugen einmal mehr vom humanitären Wirken einer inder schweizerischen Öffentlichkeit kaum bekannten Frau, die vom belgischenRoten Kreuz und von Yad Vashem für ihre Hilfstätigkeit in den LagernRivesaltes und Banyuls geehrt worden ist.

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Weitere Bestände zur Flüchtlingshilfe

Das Engagement zugunsten von Flüchtlingen und Verfolgten umfasst einbreites Spektrum von Hilfeleistungen, zu denen sich im AfZ vielfältige Quel-len finden, die weit über die jüdische Zeitgeschichte hinausgehen. Es gehörtzum grosszügigen Charakter der mit dem AfZ verbundenen Stiftungen, dassgemäss ihrem Zweckartikel die Sicherung und Erschliessung historischerQuellen gesamtschweizerisch gefördert wird und zwar zu allen Formen vonVerfolgung und Ausgrenzung. Gerade das historische Archiv der Dachorgani-sation der wichtigsten Hilfswerke erweist sich für die Erforschung der Flücht-lingspolitik in ihrem Gesamtkontext als unentbehrlich.

Historisches Archiv der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH)Die von lie. phil. Jonas Arnold durchgeführte Ordnung des Archivs derSCHWEIZERISCHEN FLÜCHTLINGSHILFE ist so weit gediehen, dass die Doku-mentationen aus der Zeit von 1936 bis 1955 nun weitgehend erfasst vorliegen.Damit rücken die Quellenmaterialien zur jüngeren Flüchtlingshilfe ins Zen-trum der Erschliessungstätigkeit. Um der Forschung, die sich primär für dieinstitutionelle Entwicklung interessiert, den Einblick zu erleichtern, wurdendie für die Geschäftsführung zentralen Amtsakten (Protokolle, Satzungen,Finanzakten) bis 1980 nach archivalischen Gesichtspunkten vorgeordnet. Beider Erfassung der Arbeitsbereiche der SFH standen die Unterlagen desRechtsdienstes im Vordergrund. Diese zentrale Abteilung setzte sich unterLeitung von Dr. Dr. h. c. ARTHUR EMSHEIMER in der Nachkriegszeit für dieVerbesserung der Rechtsstellung der Flüchtlinge ein. Nach der Ratifikationder internationalen Flüchtlingskonvention von 1954 und der Öffnung derSchweiz für Flüchtlinge aus den Ostblockstaaten rückten die sozialversiche-rungsrechtlichen Aspekte in den Vordergrund. Der Rechtsdienst bemühte sichzusammen mit den der SFH angeschlossenen Hilfswerken darum, dass dieFlüchtlinge aus der Kriegszeit bei begründeten Ansprüchen auch Leistungenaus der Wiedergutmachung der Bundesrepublik Deutschland zugesprochenerhielten.

Schenkung des Flüchtlingsarchivs Gertrud KurzFrau ROSMARIE KURZ und dem Christlichen Friedensdienst verdankt das AfZdie Schenkung des Flüchtlingsarchivs von Dr. h. c. GERTRUD KURZ-HOHL(1880-1972). Sie setzte sich ungeachtet aller Schwierigkeiten aus innererÜberzeugung für die Zufluchtsuchenden ein und ist durch ihr mutiges Wirkenals Flüchtlingsmutter bekannt geworden — beispielhaft für diejenigen Frauen,die durch ihren Einsatz eine effiziente Flüchtlingshilfe erst ermöglicht haben.Das AfZ hat im März in einer Medienmitteilung über diese bedeutende Schen-kung informiert. Der Bestand selbst befindet sich noch bei der Familie undwird in den nächsten Jahren übergeben.

Historisches Restarchiv der CaritasAm 7. Juli 1997 übernahm das AfZden Rest des historischen Ge-schäftsarchivs der Flüchtlingsab-teilung des SCHWEIZERISCHEN CA-RITAS VERBANDES. Das katholischeHilfswerk hatte das AfZ über einebevorstehende Räumung seinerälteren Archivbestände informiertund ihm diese als Schenkung ange-boten. Der Bestand enthält Mate-rialien zur Wiedergutmachung so-wie zu allgemeinen Flüchtlings-fragen aus der unmittelbarenNachkriegszeit, die vielfach auchBezüge zur Zeit vor 1945 aufwei-sen. Weitere thematisch verwandteUnterlagen betreffen das Flücht-lingsheim der Caritas in Sächseln(OW), wo auch katholische Flücht-linge aus der Zeit des ZweitenWeltkriegs ihren Lebensabend ver-brachten. Die Zahl der deutschenKatholiken und Katholikinnen, diezu Beginn der Naziherrschaft in

Betagter russischer Flüchtling imCaritas-Flüchtlingsheim >Felsen-heim<, Sächseln (OW) (Foto: FredWirz)

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die Schweiz flüchteten, war zunächst relativ klein, stieg dann aber durch dieAnwendung der Nürnberger Rassengesetze (1935) auf die sogenannten >nicht-arischem Christen an. Nachdem die Flüchtlinge anfangs durch lokale Hilfs-komitees (z. B. in Zürich) oder durch die bestehenden Fürsorgeeinrichtungender Pfarreien und Klöster unterstützt worden waren, erforderte die zunehmen-de Hilfs- und Betreuungsarbeit ein koordiniertes Vorgehen. Zu diesem Zweckwurde 1936 die Kommission der katholischen Flüchtlingshilfe des Schweize-rischen Caritasverbandes in Luzern gegründet. Damit begann die Flüchtlings-arbeit der Caritas Schweiz. Nach dem >Anschluss< Österreichs an Na-zi-Deutschland im März 1938 haben sich die Unterstützungskosten innertkurzer Zeit mehr als verzehnfacht. Während des Krieges war die Caritas infinanzieller Hinsicht das viertgrösste Flüchtlingshilfswerk. Sie verzeichnetedank ihrer weitverzweigten internationalen Verbindungen zu den damaligenklassischen Einwanderungsländern in Übersee einige Erfolge bei der Weiter-wanderungshilfe, die angesichts des behördlich verordneten Transitprinzipsdie prioritäre Säule auch der katholischen Flüchtlingshilfe bis nach demZweiten Weltkrieg blieb.In der Nachkriegszeit erwuchsen der Caritas durch die Betreuung zahlreicherFlüchtlinge aus dem Ostblock (Ungarn, Tschechoslowakei, Polen) sowie ausIndochina laufend neue Aufgaben. Sie unterhält zu ihrer jüngeren Flücht-lingsarbeit ein eigenes Geschäftsarchiv, für dessen Führung sie auch weiter-hin besorgt ist. Aus früherer Zeit ist leider nur ein historisches Restarchiverhalten geblieben, das im AfZ auf Gesuch hin und mit dem Einverständnisder Caritas eingesehen werden kann.

Evangelische FlüchtlingshilfeWährend der für die evangelische Flüchtlingshilfe zentrale Bestand (HEKS)im Schweizerischen Bundesarchiv zugänglich ist, finden sich im AfZ hierzuneben dem Nachlass von Flüchtlingspfarrer PAUL VOGT weitere ergänzendeQuellen. Durch die freundliche Vermittlung von BEAT HÄCHLER erhielt dasAfZ im November 1997 Materialien aus dem Besitz von EMMA PFISTER. Siewar ab 1940 gemeinsam mit ihrem Vater ERNST PFISTER, dem Präsidenten derKirchenpflege in Rapperswil, und ihrer Schwester HANNI PFISTER in derlandeskirchlichen Flüchtlingshilfe des Kantons St. Gallen tätig gewesen.Hierzu gehörten neben der Sammlung des Flüchtlingsbatzens zugunsten desSchweizerischen Hilfskomitees für Evangelische Flüchtlinge die Mitwirkung

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bei der evangelischen Freiplatzaktion von Pfarrer Paul Vogt, die Beteiligungam Liebesgabenpaketdienst des SCHWEIZERISCHEN HILFSWERKS FÜR DIEBEKENNENDE KIRCHE IN DEUTSCHLAND und an Kinderpatenschaften desHILFSWERKS DER EVANGELISCHEN KIRCHEN IN DER SCHWEIZ (HEKS) und desSCHWEIZERISCHEN ROTEN KREUZES (SRK). Der Bestand, der auf schriftlichesGesuch hin frei einsehbar ist, bietet aus der Perspektive einer engagiertenFamilie Einblicke in die konkrete Flüchtlings- und Nachkriegshilfe. Zahlrei-che Dankesbriefe vergegenwärtigen die Nöte von Verfolgten und Kriegs-opfern des Zweiten Weltkriegs sowie von Bedürftigen während der Nach-kriegszeit.

Schweizerische Oekumenische FlüchtlingshilfeDie Schenkungen von Frau SILVIA PLÜSS-Pozzi geben Einblick in weitereHilfstätigkeiten. Sie stammt aus Massagno bei Lugano (TI) und war alsprivate Sprachlehrerin und in der Jugendarbeit tätig. Nach Einsätzen in dermilitärischen Sanität und im Aufklärungsdienst von Heer und Haus begann imJuni 1945 ihre Mitarbeit in der SCHWEIZERISCHEN ZENTRALSTELLE FÜRFLÜCHTLINGSHILFE. Für die zahlreichen osteuropäischen nichtjüdischen,vorwiegend orthodoxen Flüchtlinge wurde Ende 1945 eine eigene Kommis-sion für orthodoxe Flüchtlinge (KOF) geschaffen, deren Leitung Silvia Plüss-Pozzi 1955 übertragen wurde.Im Laufe der Nachkriegszeit kamen Flüchtlinge auch aussereuropäischenUrsprungs in die Schweiz. Der KOF erwuchsen weitere Aufgaben, die sich inihrem neuen Namen SCHWEIZERISCHE OEKUMENISCHE FLÜCHTLINGSHILFE(SOEF) niederschlugen. Regionalstellen in Genf, Lausanne, Bern und Bielwurden errichtet, deren Betreuungsarbeit von der Zentrale in Zürich koordi-niert wurde. Silvia Plüss-Pozzi leitete das Hilfswerk bis zu ihrer Pensionie-rung 1983 und blieb auch danach in der Flüchtlingshilfe aktiv.Am 12. Dezember 1997 überreichte sie dem AfZ die noch in ihrem persönli-chen Besitz befindlichen Akten. Neben gedruckten Materialien zur Tätigkeitder SOEF enthält der Privatbestand Vorträge und Berichte, in denen dieNachlasserin auf die Problematik und Entwicklung der Flüchtlingsarbeit inder unmittelbaren und späteren Nachkriegszeit eingeht. Diverse Fotos vonFlüchtlingsveranstaltungen und -helferinnen ergänzen den Bestand. DieEinsicht in diese Unterlagen steht allen Interessierten frei.

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Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeit-geschichte

Die Vernachlässigung und mangelhafte Führung von Archiven im Wirt-schaftsbereich zeitigt heute Folgen, die Kosten von Hunderten von MillionenFranken verursachen. Wie verletzlich Unternehmen sind, die ihre Geschäfts-tätigkeit nicht zuverlässig belegen können, ist erst durch die in den USAgegen Schweizer Banken und Versicherungen angestrengten Sammelklagenauch einer breiteren Öffentlichkeit bewusst geworden. Das AfZ betreut durchseine DOKUMENTATIONSSTELLE WIRTSCHAFT UND ZEITGESCHICHTE zentraleQuellenbestände zur schweizerischen Wirtschaftsgeschichte. Ohne sie lässtsich die schweizerische Wirtschafts- und Aussenwirtschaftspoltik aus derSicht der Privatwirtschaft kaum umfassend dokumentieren. Seit dem Bezugdes Hirschengraben 62 hat auch dieser Schwerpunktbereich im AfZ unter derLeitung von Dr. Daniel Nerlich einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfah-ren. Ganz wesentlich hierfür ist die Zusammenarbeit im Archivierungsbereichmit dem Vorort und neu mit der Wirtschaftsförderung. Beiden Institutionendanken wir auch für ihre Kostenbeteiligung. Ziel bleibt weiterhin die Schaf-fung einer Stiftung >Wirtschaft und Zeitgeschichte^ welche die Arbeit derDokumentationsstelle dauerhaft unterstützt.

Vorort-ArchivAnfang 1997 sind diejenigen Bestände des VORORT-Archivs von der Aussen-stelle Hönggerberg ins Zentrum transferiert worden, die am häufigsten bei-gezogen werden. Die Verlegung hat sich für die Benutzung positiv ausge-wirkt. Über 100 Einzelbenutzungen des Vorort-Archivs konnten im Lesesaalam Hirschengraben registriert werden. Die Arbeitstitel der rund 20 For-schungsvorhaben, für die neu ein Gesuch gestellt worden ist, spiegeln dasbreite thematische Spektrum des Bestandes. Die meisten Untersuchungenbeschäftigten sich erwartungsgemäss mit dem Zweiten Weltkrieg. AndereStudien befassten sich mit den bilateralen Beziehungen der Schweiz zu ein-zelnen Ländern in der Nachkriegszeit. Aber auch für die Umwelt- und Agrar-geschichte, für Forschungen zur Konjunktur- oder Familienpolitik und fürvieles mehr wird der Bestand in wachsendem Ausmass konsultiert.

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Der Vorort, der Schweizerische Arbeitgeberverband und die Gesellschaft zurFörderung der schweizerischen Wirtschaft haben beschlossen, ein gemein-sames >Haus der Wirtschaft an der Hegibachstrasse 47 in Zürich zu beziehen.Der Umzug des Vororts an sein neues Domizil im Dezember führte noch vorJahresende zur ersten grossen Aktenablieferung seit der Archivübernahmevon 1991. Sie umfasst rund 50 Laufmeter Unterlagen vor allem aus der Zeit-spanne von 1980 bis 1995.

Dokumentationsarchiv der Gesellschaft zur Förderung derschweizerischen Wirtschaft (Wf)Die GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER SCHWEIZERISCHEN WIRTSCHAFT(Wf) hat seit 1943 ein Dokumentationsarchiv aufgebaut, das zu dieser Thema-tik im Wirtschaftsraum Zürich an erster Stelle steht. Es gehört zu den bedeu-tendsten Wirtschaftsdokumentationen der Schweiz. Da es seit 1993 auf elek-tronischer Basis weitergeführt wird, bestand die Gefahr, dass das Papierarchivohne vorherige Sicherung auf einen anderen Datenträger vernichtet wird. Eineimmense Arbeitsleistung drohte zum Schaden der gegenwärtigen und künfti-gen Forschung unwiderbringlich verloren zu gehen. Um so erfreulicher ist dienun vereinbarte Lösung. Das AfZ übernimmt das Dokumentationsarchiv derWf und ist bestrebt, den Bestand in geeigneter Form zu ordnen und zu verfil-men, wobei auch die neuesten durch die EDV gebotenen Nutzungsmöglich-keiten geprüft werden. Die Wf leistet ihrerseits einen wesentlichen finanziel-len Beitrag an den Aufbau und Betrieb der Dokumentationsstelle Wirtschaftund Zeitgeschichte im AfZ — ein Modell der Zusammenarbeit in Archi-vierungsfragen, das langfristig angelegt ist und das in vergleichbarer Weisebereits in den Vereinbarungen mit dem Vorort verwirklicht worden ist.Das Dokumentationsarchiv der Wf bezieht sich auf den Zeitraum 1943 bis1993 und umfasst rund 3'000 Archivschachteln mit Zeitungsausschnitten,Exposés, Reden und einer lückenlosen Sammlung der Sessionsberichterstat-tung zu grundlegenden Wirtschaftsfragen, zu Handel, Verkehr, Geld- undSozialpolitik, zur Landwirtschaft, zum politisch-administrativen Systemsowie zur Medienpolitik. Es ermöglicht einen Blick in den Spiegel der öffent-lichen Diskussion während eines halben Jahrhunderts schweizerischer Wirt-schaftsgeschichte und ist eine vorzügliche Ergänzung zum Aktenarchiv desVororts. Der Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft undinsbesondere ihrem Direktor Matthias Kummer danken wir für die Zusam-

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menarbeit. Im April wurde wie vereinbart ein erster Teilbestand zu den Jahren1943 bis 1974 mit rund l'100 Archivschachteln übernommen. Die bestehendeKlassifikation der Wf wird verfeinert, wobei auch die chronologische Ord-nung in den Sachdossiers überprüft und gegebenenfalls wiederhergestelltwerden muss. Dabei handelt es sich um eine äusserst arbeitsintensive Auf-gabe. Sämtliche Einzelblätter und gehefteten Papiere müssen im Hinblick aufeine Mikroverfilmung und Digitalisierung von Büro- und Bostitch-Klammernbefreit und durch weiteres Zuschneiden oder Kopieren auf ein einheitlichesFormat gebracht werden.

Für die Mitarbeit konnte György Csernyik gewonnen werden. Er ist als lang-jähriger Mitarbeiter der Wf mit deren Dokumentation bestens vertraut. Par-allel zu den weiteren Systematisierungs- und Vorbereitungsarbeiten kann inden nächsten Monaten mit ersten Testverfilmungen begonnen werden.

Inventarisierungsprojekt Bally-ArchiveDie intensive Diskussion um die Geschichte der Schweiz im Zweiten Welt-krieg und insbesondere die Fragen nach der Geschäftstätigkeit einzelnerWirtschaftsunternehmungen brachten der Dokumentationsstelle Wirtschaftund Zeitgeschichte zusätzliche Aufgaben. Zu ihren Dienstleistungen gehören

auch externe Beratungs-mandate, die sich al-lerdings nur auf Archi-vierungsfragen beziehenund deren Annahmeoder Ablehnung sichdas AfZ vorbehält.Wie aus dem letztenJahresbericht hervor-geht, war das AfZ imSommer 1996 von derO E R L I K O N - B Ü H R L EHOLDING AG (OBH)

— angefragt worden, ob esInventarisierungsarbeit im BALLY-Archiv, ein Mandat zur Sichtung0,-Z.A- -JSchönenwerd

der BALLY-Archive inSchönenwerd überneh-

men würde. Dabei sollte auch abgeklärt werden, ob und welche Firmenaktensich dort zur Geschäftstätigkeit im nationalsozialistischen Deutschland auf-finden lassen. Vereinbart wurde ein Vorprojekt zur Erfassung der vorhande-nen Akten; für die Abklärungen sollte freier Zugang zu allen Bally-Archivengewährt werden. Daniel Nerlich inventarisierte zwischen Februar und Juli umdie 700 Laufmeter Akten und den Inhalt von rund 50 Registratur- und Holz-schränken. Als Ergebnis wurden ein Abschlussbericht sowie ein Findmittel zuden Unterlagen aus der rund 150jährigen Firmengeschichte erstellt, das vonder OBH inzwischen auch der Unabhängigen Expertenkommission für ihreAbklärungen übergeben worden ist. Die fachgerechte Lagerung und Siche-rung der Bally-Archive war nicht Gegenstand des Vorprojekts und steht nochaus. Diese Bestände bleiben ohne die notwendigen Mittel für eine Bearbei-tung und Betreuung gefährdet. Das AfZ schloss seinen Auftrag mit der Emp-fehlung an die OBH ab, für die Sicherung, Erschliessung und Öffnung ihrerhistorischen Archivbestände eine Gesamtlösung zu verwirklichen, die überBally hinaus alle Unternehmensbereiche umfasst.

Arbeitsgruppe >Archive der privaten Wirtschaft des VSA undandere Kontakte1994 formierte sich eine Arbeitsgruppe der Vereinigung SchweizerischerArchivarinnen und Archivare, die sich mit vereinten Kräften für die Siche-rung von Archiven der privaten Wirtschaft einsetzt. In einer ersten Phasewerden die Wirtschaftsbestände in öffentlichen Archiven eruiert und ver-zeichnet, in einem zweiten Schritt folgt auch der Einbezug von Privatar-chiven. Daniel Nerlich beteiligte sich als Mitglied dieser Arbeitsgruppe an derAusfertigung eines detaillierten Fragebogens und der Evaluierung einerangemessenen Software für die Verarbeitung der ermittelten Daten.

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Schenkungen zu verschiedenen Themen

1997 war angesichts der Vielzahl der Übernahmen ein Ausnahmejahr, wurdendoch nach dem aus Platzgründen faktisch bestehenden Aufnahmestopp ins-gesamt 31 Laufmeter Nachlässe und Einzelbestände sowie 270 LaufmeterArchivbestände von Institutionen ins Akzessionsarchiv übernommen, von woaus die Weiterbearbeitung erfolgt. Nachdem die grossen Neuzugänge imZusammenhang mit den beiden Dokumentationsstellen bereits vorgestelltworden sind, möchte das AfZ auch für Schenkungen aus Privatbesitz danken,deren Auswertung für verschiedene Forschungsthemen von Interesse sind.Frau ELISABETH IMBODEN und die von ihr vertretene Erbengemeinschaftübergaben auf Initiative von Prof. Dr. DIETER M. IMBODEN die bisher nichtzugänglichen Teile des Nachlasses von Prof. Dr. MAX IMBODEN (1915-1969).Der bekannte Staats- und Verwaltungsrechtler lehrte seit 1948 zunächst inZürich, seit 1953 als Professor an der Universität Basel. Dem Basler GrossenRat gehörte er vier Jahre und dem Nationalrat von 1965 bis 1967 an. Er warmassgeblich am Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Bundes beteiligt.In der Öffentlichkeit trat er Anfang der sechziger Jahre wegweisend hervor,als in der Schweiz mit den Diskussionen um die Staatsverdrossenheit nachWegen der Neuorientierung gesucht wurde. Bekannt ist seine Schrift helveti-

sches Malaise< von 1964. Die Ge-dankenverbindung zu Karl Schmidliegt nahe, dessen Nachlass eben-falls vom AfZ betreut wird. Dankdem Entgegenkommen des Staats-archivs Zürich konnten auch diedort deponierten Nachlassteile mitdem nun von der Familie Imbodengeschenkten Bestand vereint wer-den.Das AfZ verdankt a. NationalratHEINRICH SCHALCHER die Schen-kung seines Vorlasses. Die Über-nahme erfolgt schrittweise. Seit1954 führte er eine eigene Anwalts-

Prof. Dr. Max Imboden (1915-1969)

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praxis in Winterthur, war im Nebenamt während vielen Jahren auch Richteram Zürcher Verwaltungsgericht und verfügte als Justizoffizier auch über einereiche militärjuristische Erfahrung. Als Mitglied der EVANGELISCHEN VOLKS-PARTEI (EVP) gehörte er zunächst dem Grossen Gemeinderat der Stadt Win-terthur (1954-1963), dem Zürcher Kantonsrat (1955-1959; 1963-1971) undseit 1968 dem Nationalrat an, wo er während seines fünfzehnjährigen Man-dats an die hundert zum Teil wegweisende parlamentarische Vorstösse lan-cierte. Sein Bestand dokumentiert daher die schweizerische Innenpolitik zueiner Vielfalt von Themen. So setzte sich der Mitbegründer der Schweizeri-schen Stiftung für biologischen Landbau, deren erster Präsident er war, schonfrüh für eine umweltverträgliche Landwirtschaft ein. Ein wichtiger Erfolg fürihn war die Annahme seiner Motion zur Ergänzung der Verwaltungskontrolle(1976). Im November übergab Heinrich Schalcher dem AfZ einen ersten Teilseiner Unterlagen: eine Grundlagendokumentation zu seinem beruflichenWerdegang und zu seiner politischen Tätigkeit.Frau MARGOT SCHWARZ schenkte den Nachlass ihres verstorbenen GattenProf. Dr. iur. URS SCHWARZ, nachdem dieser schon früher erste Unterlagendem AfZ übergeben hatte. Nach einem Volontariat bei der NZZ-Redaktionwar Urs Schwarz 1935 Auslandkorrespondent in Paris geworden, berichtete1936 bis 1939 über den Spanischen Bürgerkrieg und in den Kriegsjahren ausBerlin. 1942 erfolgte die Ernennung zum Redaktor. 1950 gehörte er zu denGründern des Internationalen Presseinstituts IPI und war Mitinitiator derenglischsprachigen NZZ-Ausgabe >Swiss Review of World Affairs<. Ergehörte dem >Institute for Strategie Studies< und dessen Executive Commit-tee< in London an. 1965 erfolgte sein Rücktritt aus der NZZ-Redaktion. Von1968 bis 1976 lehrte er als Professor für Strategie am Institut Universitaire deHautes Etudes in Genf und veröffentlichte auch später noch Beiträge zurZeitgeschichte und Strategie.Aus dem Nachlass von OSKAR BERTSCHY (1897-1964), Bern, der vom 2.August bis 18. September 1919 als Füsilier auf einem Warentransportzug nachRumänien unterwegs war, ist ein Fotoalbum mit dem Titel SchweizerischeHandelseskorten: 5. Rumänenzug< erhalten geblieben. Durch die Vermittlungvon RENÉ BERTSCHY konnte das AfZ von den Originalabzügen Negative undKopien erstellen. Insgesamt liegen über hundert Fotographien vor, welche dieganze Reise ab dem Grenzbahnhof Buchs durch Österreich, Ungarn und Jugo-

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slawien nach Rumänien doku-mentieren. Dem Album liegenBildlegenden sowie ein Verzeichnis aller Teilnehmer bei.Dieser Fund weist auf ein neu-tralitätspolitisch brisantes,aber heute weitgehend verges-senes Kapitel der schweizeri-schen Zeitgeschichte hin: Un-mittelbar nach dem ErstenWeltkrieg begleiteten bewaff-nete Schweizer Soldaten ein-zelne Gütertransportzüge vonder Schweiz nach Osteuropa.Die militärisch eskortiertenZüge wurden offenbar von pri-vater Seite organisiert, wie auseinem zeitgenössischen Presse-inserat hervorgeht: Die in Ba-sel, Genf, St. Gallen undBuchs (SG) ansässige Firma A.Natural, Le Coultre & Cie AGzeichnet darin verantwortlichfür den »Extra-Zugsverkehr nach den osteuropäischen Staaten mit ziviler undmilitärischer Begleitung«. Geplant waren »direkte Züge nach Polen, Serbien,Rumänien, Bulgarien, Tschecho-Slovakien und Oesterreich«. Der Grund fürdie militärische Eskortierung der Handelszüge lag in den politisch instabilenVerhältnissen der Nachkriegszeit.Zu den Sammlungen des AfZ gehören auch Fotos, doch fehlten die finanziel-len Mittel, um eine umfangreiche Bilddokumentation zum politischen undwirtschaftlichen Leben aufzubauen. Um so willkommener ist die von Dr.PETER KECKEIS geschenkte Fotosammlung zur schweizerischen Zeitgeschich-te. Während seiner langjährigen Tätigkeit als Verleger gab er auch vorzüglichillustrierte Sachbücher heraus, wobei er sich persönlich für die Bildbeschaf-fung eingesetzt hat. Auf Grund seines Engagements, das schon früh derAufarbeitung der neuesten Schweizergeschichte galt, entstand eine Fotodoku-

Teilnehmer der Handelseskorte (5. Ru-mänenzug) vor ihrer Lokomotive (Be-stand Oskar Bertschy)

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mentation, bei der thematisch der Zweite Weltkrieg und die Armee mit Ge-neral Guisan einen Schwerpunkt bilden.Das AfZ durfte im Berichtsjahr wiederum eine Reihe kleinerer Schenkungenentgegennehmen, darunter Bücher, Einzelbestände im Umfang von wenigenDossiers sowie ergänzende Unterlagen zu schon früher übergebenen Vor- undNachlässen. Insbesondere danken wir: Dr. REGULA BoCHSLER; lic.phil.MONIKA BUCHELI, Chronos Verlag; Frau CASTELBERG, Zollikon; Dr. GUSTAVDÄNIKER; Dr. HANS ECKERT; Dr. VINCENT C. FRANK; PD Dr. HANS RUDOLFFUHRER; Dr. RICHARD GILG; Dr. BEAT CLAUS; Dr. MANFRED GRIEGER;ALEXANDER GROSSMAN; WALTER S. GUT; lic.phil. WERNER HAGMANN;Dr.h.c. ALFRED A. HÄSLER; THOMAS HENNE; Dr. MANE HERING; HARRYHERZ-HABLÜTZEL; LISELOTTE HILB; SUSANNE HÖHN; Dr. CLAUDIA HOER-SCHELMANN; Prof. Dr. ERIC HOMBURGER; Prof. Dr. GEORG KREIS; OTTO S.LEIB; VERA LEISER; CAROLA LEPPING; Dr. RUDOLF MAURER; ERWIN OERT-LIN; FRITZ N. PLATTEN; a. NR WILLY SAUSER; Dr. THÉO TSCHUY; ANNEMA-RIE VOGT ; Dr. ROBERT U. VOGLER; Dr. STEFAN WAGNER; Dr. STEPHANWINKLER; LUCIE E. ZEHNDER; Dr. RUDOLF ZIPKES. BASLER MISSION (M.Buess); BOTSCHAFT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND; IKRK (Divisiondes Archives, Georges Willemin); KARL MAYER STIFTUNG, TRIESEN; MEDIO-THEK DER ETH-BlBLiOTHEK (Hans Koch); SCHWEIZER FERNSEHEN (Redak-tion >Spuren der Zeit<, Christian J. Huber); WISSENSCHAFTSHISTORISCHESAMMLUNG DER ETH-BIBLIOTHEK; ZENTRALBIBLIOTHEK ZÜRICH.

Oral History: Kolloquien zur Zeitgeschichte

Das AfZ führt seit 1974 im Rahmen seines Freundes- und FördererkreisesKolloquien zur Zeitgeschichte mit Zeugen durch, deren Erinnerungen alsDokument ad personam auf Tonband festgehalten werden. Inzwischen sindüber 100 derartige Aufnahmen zustande gekommen. Im Berichtsjahr hieltenfolgende Referenten Rückblick:2. 4. 1997 Dr. ROBERT HOLZACH: Engagiert für eine schweizerische

Grossbank 1964-19889.7. 1997 ELSIE ATTENHOFER: Gegen den Faschismus — Erinnerungen3.12. 1997 Pfr. Dr. h. c. HANS SCHAFFERT: Kirchliche Hilfe in der Kon-

troverse—Rückblick 1942-1984

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Den Mitgliedern des Freundes- und Fördererkreises des AfZ sei für ihrewertvolle Unterstützung der Archivarbeit auch hier gedankt.

Eigene Schriftenreihe

Um relevante Forschungsarbeiten publik zu machen, hat das AfZ mit einereigenen Schriftenreihe VERÖFFENTLICHUNGEN DES ARCHIVS FÜR ZEITGE-SCHICHTE ETH ZÜRICH begonnen, die im Chronos Verlag erscheint. Die Reihewurde mit der erweiterten Dissertation unseres langjährigen MitarbeitersUriel Gast eröffnet: Von der Kontrolle zur Abwehr. Die eidgenössischeFremdenpolizei im Spannungsfeld von Politik und Wirtschaft 1915-1933,Zürich 1997. Zu diesem Anlass veranstaltete das AfZ im März eine Ver-nissage, wobei dem Autor, aber auch dem Chronos-Verlag und seiner Lekto-rin Frau lic.phil. Monika Bucheli für diesen inhaltlich fundierten und in derAusstattung ansprechenden ersten Band gedankt wurde. Er fand in verschie-denen Rezensionen eine positive Aufnahme.Hinweisen möchten wir auch auf die im Berichtsjahr als Buch erschieneneDissertation unserer Mitarbeiterin Claudia Hoerschelmann: Exilland Schweiz.Lebensbedingungen und Schicksale österreichischer Flüchtlinge 1938-1945,Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte undGesellschaft, Band 27, Innsbruck 1997. Die Vernissage zu ihrem Werk, dasim Jubiläumsjahr des Ludwig-Boltzmann-Instituts erschien, fand in Wienstatt.Am 27. Mai 1997 beteiligte sich der Leiter des AfZ mit einem Referat an dervon Prof. Dr. HANS WERNER TOBLER organisierten Informationsveranstaltung>Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg — Forschungsstand, Kontroversen,offene Prägern. Die Beiträge sind in der Reihe >Kleine Schriftem der ETHZürich erschienen.

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Ausstellung zu Walter Bosshard

Das Archiv für Zeitgeschichte und die SCHWEIZERISCHE STIFTUNG FÜR DIE PHO-TOGRAPHIE haben in gemeinsamer Arbeit den journalistischen und fotographi-schen Nachlass von WALTER BOSSHARD (1892-1975) mit Unterstützung desSchweizerischen Nationalfonds seit 1991 erschlossen und ausgewertet. DasErgebnis wurde nun im Rahmen einer Ausstellung im Kunsthaus Zürich(6.11.1997-15.2.1998) und mit einer Buchpublikation (Benteli-Verlag) derÖffentlichkeit vorgestellt. Die sehr gut besuchte Ausstellung ermöglichte dieWieder- und Neuentdeckung des fotographischen und journalistischen Lebens-werkes von Walter Bosshard.In seinen Dokumentationen und Beschreibungen widerspiegeln sich die ver-schiedenartigen Lebensverhältnisse und Kulturen vor allem Ostasiens. Schon inden zwanziger Jahren befand sich Bosshard auf abenteuerlichen Wegen — aufExpeditionen, die seinen Ruf als Pionier des internationalen Fotojournalismusbegründeten. Mehr und mehr wurde er aber auch zum Augenzeugen und Bericht-erstatter gewaltsamer Veränderungen, die er in eindrücklichen Bildern dokumen-tiert hat. Hautnah verfolgte er den japanisch-chinesischen Krieg sowie die inner-chinesischen Machtkämpfe, zu deren Exponenten er hervorragende Beziehungenknüpfen konnte. So sind auch aus den dreissiger Jahren zahlreiche Bilder, Artikel,Bücher, ja sogar Filme von ihm erhalten geblieben — Zeitzeugnisse, denen dankihrer Qualität und Authentizität bleibende historische Relevanz zukommt.Kein anderer Schweizer hat den Zweiten Weltkrieg als Journalist auf alliierterSeite so mitverfolgt wie Walter Bosshard. Während die Achsenmächte die vonihnen umringte Schweiz mit Propaganda überfluteten, informierte Bosshardcouragiert und mit Engagement über die Kriegsanstrengungen der Alliierten.Unter schwierigsten Umständen und von der Zensur behindert berichtete er vorallem für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG zunächst aus Osteuropa, dann aus demmittleren Osten, aus Griechenland und der Türkei, Nordafrika und seit November1942 als NZZ-Korrespondent aus den USA.In der heissen Phase des kalten Krieges befand er sich wieder in Ostasien. Nocheinmal nahm er festen Wohnsitz in Peking und erlebte die endgültige Machtüber-nahme durch die Kommunisten, bis er unter Verlust seines dort angelegten Ar-chivs aus China fliehen musste. Seine Tätigkeit als NZZ-Korrespondent führte ihnnach Korea und bis Ende 1956 zu zahlreichen anderen Krisenherden der Welt-

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EldgênoitliçhiTuchnltctt* HoctitcttultZurich

fco/« pofytfcttniQua Itdérfl* d» ZurieftPolMcntço rmfere/« diZuriyoSwist Ffdorfl Initittllo öl Tecttnotoffit Zurich

Findmittel zu don Beständen des Archivs fUr Zeitgeschichte

NachlassWalter Bosshard

(1892-1975)

Im Archiv für Zeitgeschichte der BTH Zürich

und

In der Schweizerischen Stiftung fUr die Photographie, Zurich

bearbeitet von

Verena MUnzer

unter Mitarbeit von Annemarie HOrlimannund unterstützt durch den Schweizerischen Nationalfonds

politik in Ostasienund Nahost. Als ersich nach einem Un-fall ins Privatlebenzurückzog, wurde esum ihn zunehmendstiller. Sein letztesBuch >Im goldenenSand von Asswamerschien 1962.Die Ausstellung, dievon Dr. PETERPFRUNDER im Auf-trag der von WALTERBINDER geleitetenSchweizerischenStiftung für die Pho-tographie unter Mit-wirkung von lie. phil.VERENA MUNZERund dem AfZ gestal-tet worden ist, soll1998 auch in Lausan-ne gezeigt werden.Frau Münzer hat seitAnfang der neunzi-ger Jahre zumeist inihrer Freizeit eineimmense Erschlies-sungsarbeit geleistet,die für das Gelingendes Gesamtprojektesgrundlegend war. Für ihren Einsatz und die Ordnung des rund 70 Archivschach-teln umfassenden Nachlasses sei ihr auch hier sehr herzlich gedankt. Das von ihrerstellte detaillierte Verzeichnis ist ein Arbeits- und Findmittel, das zu weiterenForschungen und zur Entdeckung noch ungehobener Schätze einlädt.

Zürtcli. November 1997

Das von Verena Münzer erarbeitete Findmittelzum Nachlass Walter Bosshard

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EDV

Nach der Umstellung unseres PC-Netzes mit einem Server und mittlerweile16 PC's auf Windows NT 4.0 bedurfte es im ersten Halbjahr 1997 noch eini-ger Installations- und Konfigurationsarbeit, bis das System inklusive automa-tischer Datensicherung zuverlässig arbeitete. Im Folgenden standen dasProjekt >Zentrale Datenbank^ die Einrichtung einer neuen Flücht-lings-Datenbank und die Präsentation des AfZ im Internet im Vordergrund.Die bisherige Zentrale Datenbank basiert noch auf dem DOS-ProgrammDataPerfect, das nicht mehr weiterentwickelt wird und nach nunmehr zehn-jährigem Einsatz durch ein modernes System abgelöst werden muss. Es sollgrundsätzlich aus einer professionellen relationalen Datenbank unter Wind-ows NT im Verbund mit dem an der ETH entwickelten Information RetrievalSystem Eurospider bestehen, das eine schnelle und >probabilistische< Voll-textsuche erlauben soll, die die Treffer nach ihrer wahrscheinlichen Relevanzfür die gestellte Abfrage gewichtet und ordnet. In den WISSENSCHAFTSHISTO-RISCHEN SAMMLUNGEN (WHS) der ETH-Bibliothek hat das AfZ ideale Part-ner gefunden, mit denen im Herbst eine Vereinbarung für die Zusammen-arbeit in diesem Bereich unterzeichnet wurde. Die WHS haben als Archiv mitvorwiegend privaten Nachlässen ähnliche Aufgaben und Probleme wie dasAfZ und arbeiten als Teil der ETH Zürich in einem analogen Umfeld, wo-durch eine unkomplizierte und effiziente Zusammenarbeit begünstigt wird.Neben der Zentralen Datenbank wird es auch weiterhin nötig sein, kurzfristigkleinere Datenbanken für Spezialaufgaben zu erstellen. Dazu wird neu dasrelationale Standarddatenbankprogramm Filemaker eingesetzt, das es erlaubt,benutzerfreundliche und stabile Datenbanken in kurzer Zeit zu entwickeln.Eine erste und zugleich besonders wichtige Filemaker-Datenbank, die Dos-siers nicht nur nachweist, sondern Aufgaben einer eigentlichen Forschungs-datenbank erfüllt, wird diejenige für das VSJF-Archiv sein. Dr. ThomasEhrsam, verantwortlich für den EDV-Bereich, hat zusammen mit der Projekt-leiterin VSJF, Claudia Hoerschelmann, ein Datenmodell ausgearbeitet, dasAnfang 1998 umgesetzt werden soll.

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Archiv für Zeitgeschichte

Willkommen im Archivßir Zeitgeschichte l

Das Arrhiv fttr Zeitgeschichte fördert diehistorische Forschung in der Schweiz. Seit 1974gehört «i nun Institut für Geichicht« dir ETHZürich. Es sichert und erschliesst Quellen vorallem privater oder institutioneller Frovenienz.Seine Bestände reichen vom Ersten Weltkriegbis xur Gegenwart. Heute macht es rund 200Originalbestande, aber auch Akten ausauslandischen Archiven auT Mikrofilmen,thematische Dokumentationen, Zeitzeugnisse zuroral history und anderes mehr zugänglich. Als

| Füotvirsuchkann der Bestand "Dokumentation der NZZ-Redaktion" nacheinzelnen Dossiers abgefragt werden.

Infos / Benutzung

Bestände

DokumentationsstelleJadische Zeitgeschichte

DokumentationsstelleWirtschaft&Zciteeschichte

Unk»

l Letzte Änderung: 19. Februar 1998 II WebMarter)jj^J

Das Archiv für Zeitgeschichte im InternetVor einem Jahr wurden alle Archiv-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen miteinem Zugang auf das Internet ausgerüstet. Seit November 1997 ist dasArchiv nun auch selbst in diesem modernen Medium vertreten. Die Websitemit der Adresse http://www.afz.ethz.ch bietet nicht nur allgemeine Informa-tionen zur Tätigkeit des AfZ und seiner beiden Dokumentationsstellen, son-dern erleichtert den Einstieg in die Benutzung mit detaillierten Angaben zuden Beständen (Liste der betreuten Archive von Institutionen, Privatnachläs-se, Mikrofilme, Zeitungsdokumentationen etc.). Das Findbuch zum Zeitungs-ausschnittarchiv der NZZ-Redaktion, das dem AfZ übergeben worden ist,kann direkt abgefragt werden. Da die Dokumentationen der Wirtschafts-redaktion bereits 1924 beginnen und auch diejenigen der Auslandredaktion(ab 1954) chronologisch die gesamte Berichterstattung der NZZ bis ca. 1980enthalten, ist dieser Bestand ein rasch greifbares Arbeits- und Nachschlage-

mittel zur allgemeinen Zeitgeschichte. So kann man sich schon über Interneteine Liste der Dossiers über ein bestimmtes Land oder ein bestimmtes Sach-gebiet — z.B. über vorhandene Unterlagen zur Bankentätigkeit in den ver-schiedenen Ländern — anzeigen lassen. Auf der Website des AfZ finden sichauch Links zu anderen Archiven und zu Institutionen, die für die Zeitge-schichtsforschung relevant sind. Dass die Präsenz des AfZ im Internet inrelativ kurzer Frist und in ansprechender Form realisiert werden konnte, istdem Gymnasiasten Martin Urner zu danken, der die Website unter der Lei-tung von Thomas Ehrsam gestaltet und programmiert hat.

Sammlungen und Präsenzbibliothek

Zu den am häufigsten benutzten Beständen gehören die vom AfZ angelegtenund laufend aktualisierten Presseausschnittdokumentatiohen, welche die dreiAbteilungen Sammlung Geschichte, Biographische Sammlung sowie einesystematische Dokumentation zum Zeitgeschehen in der Schweiz beinhalten.Sie bilden eine wichtige Quelle für Semesterarbeiten von Studierenden undzunehmend auch für Medienschaffende. Doch auch als Einstiegshilfe fürgrössere Forschungsarbeiten werden diese Dokumentationen immer wiedermit Gewinn beigezogen. Angesichts der anhaltenden öffentlichen Diskussionum die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg war die Auswertung deraktuellen Presse im vergangenen Jahr gerade unter zeitgeschichtlichen Aspek-ten besonders ergiebig. An dieser Stelle möchten wir den verschiedenenZeitungs- und Zeitschriftenverlagen für die Gewährung der Gratisabonne-ments herzlich danken. Die Präsenzbibliothek konnte aus Budgetgründen nurzurückhaltend ergänzt werden.

Benutzung

Das erste volle Betriebsjahr am neuen zentralen Standort in unmittelbarerNähe der Hochschulen und der Zentralbibliothek hat dem AfZ 1997 mit 689Benutzungen (gegenüber 458 im Vorjahr) erneut einen beträchtlichen Zu-wachs gebracht. Überdies wurden zahlreiche Anfragen telefonisch oder

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schriftlich beantwortet, ohne dass ein Besuch im Archiv erfolgte. Das starkgestiegene Interesse an den Dienstleistungen für die Forschung ist auch aufden Ausbau der Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte zurückzufüh-ren. Im Mittelpunkt des Interesses standen Fragen im Zusammenhang mit derRolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, namentlich zur schweizerischenFlüchtlingspolitik. Zahlreiche Forschungsvorhaben bezogen sich aber auchauf die schweizerische Nachkriegsgeschichte, etwa auf die politischen >Säube-rungem nach Kriegsende, den Antisemitismus, den Osthandel und die Atom-energiepolitik. Am häufigsten wurden die grossen institutionellen Beständekonsultiert, neben dem JUNA-Archiv und dem historischen Archiv derSchweizerischen Flüchtlingshilfe auch das Archiv des Vororts des Schweize-rischen Handels- und Industrie-Vereins. Im Zusammenhang mit dem laufen-den Projekt für eine Brief— und Werkausgabe erfreute sich bei den Privat-beständen der Nachlass von Prof. Karl Schmid erneut der grössten Nachfrage.Neben dem Auskunfts- und Beratungsdienst für Forschende häuften sichAnfragen von schweizerischen und ausländischen Medien. Durch Auskünftezur Forschungssituation sowie durch die Bereitstellung von gedruckten undungedruckten Quellen hat das AfZ seinen Beitrag zur Versachlichung derakutellen Diskussion erbracht. Hinzu kamen Konsultationen des Archivsdurch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unabhängigen Expertenkommis-sion und die Beantwortung von Anfragen der Task Force.Am 8. April besuchte das Proseminar von Prof. Dr. BRIGITTE STUDER vomHistorischen Seminar der Universität Bern das AfZ, am 26. Juni informiertesich die Leitung der .UNABHÄNGIGEN EXPERTENKOMMISSION über seineTätigkeit, am 25. August führten die Neuhistorikerinnen und Neuhistorikerim Lesesaal ihre Tagung durch. Die KOMMISSION FÜR RECHTSFRAGEN DESNATIONALRATES unter dem Präsidium von Dr. LILI NABHOLZ besichtigte dasAfZ am 18. November; am 11. Dezember-fand eine Führung für den Dozen-tenklub der ETHZ statt.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Das AfZ verfügt seit einem Jahrzehnt gleichbleibend über 2 Etatstellen undeinen ordentlichen Kredit von 29'500 Franken, während die übrigen Anstel-lungen durch ETH-Kredite, Mischfinanzierungen und Drittmittel ermöglichtwerden. Im Berichtsjahr waren 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitinsgesamt 900 Stellenprozenten im AfZ tätig. Die 1997 begonnene Zusam-menarbeit mit der Stiftung Chance ermöglichte zwei auf ein halbes Jahrbefristete Anstellungen im Rahmen des Arbeitslosenprogramms. Die organi-satorische Neustrukturierung im Personalbereich (Archivleiter, die Verant-wortlichen für die Dokumentationsstellen, den Benutzungs- und EDV-Bereich als Kader) hat sich bewährt. Das AfZ wird von einem engagiertenund leistungswilligen Team getragen. Seine Mitglieder besuchten verschiede-ne Weiterbildungskurse und Tagungen zu den Problemkreisen Archivierung,Informatik und Mikroverfilmung. Als besonders ertragreich erwies sich derBesuch des 69. Deutschen Archivtags in Ulm.

Stiftungen und Fonds

Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin Goldschmid-BollagDer Stiftungsrat hatte dem AfZ auch für 1997 ein Budget von SO'OOO Frankenbewilligt. Die Stiftung finanzierte einen Teil der Anstellung von Jonas Arnoldzur Aufarbeitung des Archivs der Schweizerischen Flüchtlingshilfe undleistete einen Beitrag an die Teilzeitstelle von stud. phil. Fritz Rigendinger.Zudem ermöglichte sie für die Monate Januar bis April 1997 die Finanzierungeines Praktikums für Dr. Kathrin Burkhard im AfZ. Die Stiftung beteiligtesich an den Druckkosten für den ersten Band der Buchreihe Veröffentlichun-gen des Archivs für Zeitgeschichte ETH ZürichsAm 6. Februar 1997 veranstaltete das AfZ-Team einen Empfang für dieStiftungsräte, Freunde und Bekannten der Stiftung Dialogik. Es war dies einAnlass, um die auch von der Stiftung Dialogik geförderte Arbeit der Doku-mentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte vorzustellen und über den Stand derErschliessungsarbeiten zu den Beständen der Stifter zu orientieren.

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Prof. Dr. Hermann LevinGoldschmidt-Bollag (1914-1998) (Foto: Vivianne Berg)

Im Gedenken an den 5. Todestag dei'Stifterin MARY LEVIN GOLDSCHMIDT-BOLLAO fand am 16. Dezember 1997 imAuditorium Maximum der ETH Zürichdie erste Mary Levin Gold-schmidt-Bollag Memorial Lecture statt.Sie wurde vom Rektor der ETHZ, Prof.Dr. KONRAD OSTERWALDER, eröffnet.Prof. HERMANN LEVIN GOLDSCHMIDTHess in eindrücklicher Weise die Erinne-rung an seine verstorbene Frau Maryaufleben. Den Hauptvortrag hielt Prof.Dr. GAYATRI CHAKRAVORTI SPIVAK vonder Columbia University New York: Im-peratives for reimagining the planet. Dergut besuchte Anlass war von Prof. Dr.WILLI GOETSCHEL initiiert und organi-siert worden und-fand auch in der PresseResonanz. Leider verstarb am 29. März 1998 unser Stifter Prof. Dr. HermannLevin Goldschmidt-Bollag. Der Stiftungsrat der Stiftung Dialogik und dasAfZ betrauern den Verlust eines guten Freundes, eines weltoffenen und gross-zügigen Menschen, der durch sein weitgespanntes Wirken die Schweizvielfältig beschenkt hat, obwohl ihm als Emigrant auch noch Jahre nach demKrieg das Leben hier von den Behörden erschwert worden ist. Auf seinenVorschlag hin ist im Juli 1997 Prof. Dr. DAVID SUCHOFF neu in den Stiftungs-rat aufgenommen worden. Im Dezember wurde Willy Goetschel als Nachfol-ger im Stiftungspräsidium designiert, gleichzeitig erfolgte die Hinzuwahl vonUriel Gast und Dr. GEORG HAFNER in den Stiftungsrat.

Stiftung JUdische Zeitgeschichte an der ETH ZUrichDie Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich beteiligte sich imBerichtsjahr an den Salärkosten für die Anstellung von Daniel Gerson. Siefinanzierte zum Teil die Kosten für die Forschungsreise von Uriel Gast undMonika Bucheli nach New York und übernahm die Kosten für die erworbenenFindmittel aus amerikanischen Archiven. An die Drucklegung der Disserta-tion von Uriel Gast über die Geschichte der Eidgenössischen Fremdenpolizei

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1915-1933 leistete die Stiftung ebenfalls einen Beitrag. Für die wertvolleUnterstützung und die geleistete Hilfe danken wir dem Stiftungsrat unddessen Präsidenten Dr. ROLF BLOCH sehr herzlich.Der Stiftungsrat bewilligte dem AfZ an seiner Jahressitzung vom 19. Juni1997 einen Budgetrahmen von 120'000 Franken für 1997. Mit Freude undDank hat der Stiftungsrat von den Erklärungen der Evanglisch-reformiertenLandeskirche des Kantons Zürich zum VSJF-Projekt und dessen FinanzierungKenntnis genommen. Während der vom ETH Rat und von der ETH Leitungbewilligte ausserordentliche Kredit von jährlich 250'000 Franken im Archivfür Zeitgeschichte den Basisbetrieb ermöglicht, kann sich die Dokumenta-tionsstelle Jüdische Zeitgeschichte mit Hilfe der Drittmittel ganz auf dieDurchführung ihrer gross angelegten Quellenerschliessungsprojekte konzen-trieren.

Karl-Schmid-StiftungIm Mittelpunkt der Editionsarbeit für die Gesammelten Werke KARL SCHMIDSstand die Erstellung des Textkommentars durch lie. phil. JUDITH NIEDER-BERGER. Die Publikation der Briefbände, zu denen das Manuskript von Dr.SYLVIA RÜDIN vorliegt, erfolgt 1999. Unter dem Titel >Karl Schmid alsstrategischer Denker — Beurteilungen aus historischer und aktueller Per-spektive< hat die Karl-Schmid-Stiftung zusammen mit der Forschungsstellefür Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse an der ETH am 1. Juli eine si-cherheitspolitische Tagung durchgeführt. Im Zentrum standen einerseits diesicherheitspolitischen Leistungen und Verdienste Karl Schmids und der nachihm benannten strategischen Kommission, gleichzeitig ging es auch um denVergleich der sicherheitspolitischen Lageanalyse durch die KommissionSchmid im Jahre 1969 mit der aktuellen Situation. Das von Fritz Rigendingerim AfZ geführte Stiftungssekretariat hat bei der Tagungsorganisation mitge-wirkt und die Durchführung der Veranstaltung logistisch unterstützt. Das AfZdankt dem Stiftungsrat und seinem Präsidenten, a. Regierungsrat Prof. Dr.HANS KÜNZI, für die gute Zusammenarbeit.

Jaeckle-Treadwell-StiftungAm 2. Oktober 1997 verstarb Dr. ERWIN JAECKLE nach schwerer Krankheit.Das AfZ ist ihm in mehrfacher Weise dankbar: Für die Schenkung seinespolitischen Nachlasses zu seiner langjährigen Tätigkeit als Nationalrat und

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Vertreter des Landesrings der Unabhängigen sowie für das in mehrerenAblieferungen übergebene Archiv der >Tat<-Chefredaktion, die ganz durchseine Persönlichkeit geprägt war. Zusammen mit seiner Frau ANNEBETHJAECKLE-TREADWELL hat er am 30. Januar 1992 die JAECKLE-TREADWELL-STIFTUNG ZUR FÖRDERUNO MITBÜRGERLICHEN KULTURSCHAFFENS errichtet,die neben anderen Aufgaben auch Forschungsprojekte und Quellenerschlies-sungen im Rahmen des AfZ unterstützt.

Emil Friedrich Rimensberger-FondsDer im Gedenken an Emil Friedrich Rimensberger (1894-1962) vom MalerRUDOLF ZENDER und von Frau PETRONELLA RIMENSBERGER errichtete Fondsfördert die Erschliessungsarbeit im AfZ und leistet seit 1981 eine kontinuier-liche Hilfe. Er beteiligte sich im Berichtsjahr an der Finanzierung einerTeilzeitstelle von 40% und ermöglichte die von Dr. Marie-Ciaire'Dänikerdurchgeführten Katalogisierungsarbeiten im Bibliotheksbereich, die laufendeAktualisierung des Inventars, die Erfassung von Neuzugängen sowie dieFortführung der Arbeiten am Handbuch zu den Beständen des AfZ (Archiv-führer), dessen Erscheinen für 1999 geplant ist.

Klaus Urner

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Dank

Das Archiv für Zeitgeschichte dankt folgenden Personen und Förderungs-werken für ihre 1997 gewährte wesentliche Unterstützung:• Octav Botnar• Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin Goldschmidt-Bollag• Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich zur Sicherung und

Erschliessung historischer Quellen in der Schweiz• Jaeckle-Treadwell-Stiftung• Emil Friedrich Rimensberger-Fonds• Karl Schmid-Stiftung

Beiträge an die Infrastrukturkosten der Dokumentationsstelle Jüdische Zeit-geschichte leisten:• George und Jenny Bloch-Stiftung• René und Susanne Braginsky-Stiftung• Angela und Peter Guggenheim-Ascarelli-Stiftung• Willi und Mimi Guggenheim-Stiftung• Israelitische Cultusgemeinde Zürich• Kirschner-Loeb-Stiftung• Saly Mayer Memorial Stiftung• Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund• Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus• Ernst und Jacqueline Weil-Stiftung• Dr. h. c. mult. Branco Weiss

Beiträge an die Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte leisten:• Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft• Schweizerischer Handels- und Industrie-Verein

Auch künftig sind das Archiv für Zeitgeschichte und seine Dokumentations-stellen auf die Förderung durch Drittmittel angewiesen. Für Stiftungen,Legate und Spenden freut sich Dr. Uriel Gast auf Ihre Kontaktnahme.

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Öffnungszeiten

Das Archiv für Zeitgeschichte ist von Montag bis Freitag zwischen 9.00 und17.00 Uhr geöffnet. Die Benutzung erfolgt auf Voranmeldung und gemässgeltendem Archivreglement; gedruckte Dokumentationen sind frei zugäng-lich, für die Einsichtnahme in ungedruckte Unterlagen ist ein schriftlichesGesuch erforderlich.

Adresse: Hirschengraben 62, 8001 Zürich (Tram 3, 4, 6, 7, 10, 15,Bus 31 bis Central)

Postadresse: Archiv für Zeitgeschichte, ETH Zentrum, CH-8092 ZürichTelefon: 01/632 40 03 (Benutzerdienst, Voranmeldung)Fax: 01 /6321392E-mail: [email protected]: www.afz.ethz.ch

Gedruckt mit Unterstützung der Stiftung Dialogik, Mary und Hermann LevinGoldschmidt-Bollag.

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