Inhalt - Steuertipps...Überleitung von 2016 bereits Pflegebedürftigen in die neuen Pflegegrade...

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Stand: August 2016

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ISBN 978-3-86817-766-4

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Inhalt

1 Pflegestärkungsgesetz II: Verbleibende Übergangszeit in 2016 noch sinnvoll nutzen . . . . . . . . . 41 .1 Viele Verbesserungen – kaum Verschlechterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 .2 Vorteile für Pflegegeldbezieher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 .3 Pluspunkte auch für »Sachleistungsbezieher« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 .4 Dies gilt für Pflegebedürftige im Heim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 .5 Antrag auf Pflegeleistungen und Höherstufung jederzeit möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2 Bei Einschränkungen der Alltagskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3 Ausblick: So funktioniert künftig die Feststellung � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � der Pflegebedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 .1 Beurteilung nach Lebensbereichen (Modulen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 .2 Die Anzahl der Punkte zur Ermittlung der Pflegegrade im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 .3 Bei geringen Handicaps im Januar 2017 die Anerkennung

als pflegebedürftig beantragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

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1 Pflegestärkungsgesetz II: Verbleibende Übergangszeit in 2016 noch sinnvoll nutzen

Ab 2017 gelten bei der gesetzlichen Pflegeversicherung ganz neue Regeln für die Begutachtung und Einstufung von Pflegebedürftigen. Künftig kommt es dabei auf den Grad der Selbstständigkeit der Betroffenen an . Doch was bedeutet die Rechtsumstellung für die fast drei Millionen Menschen, die heute bereits Leistungen der Pflegeversicherung erhalten? Wer bislang bereits als pflegebedürftig anerkannt ist, muss sich nicht um eine neue Begutachtung bemühen . Die Überleitung von den alten Pflegestufen in die neuen Pflegegrade geschieht automatisch – ohne neue Begutachtung . Für die Um-stellung gibt es dabei klare gesetzliche Regeln .

1.1 Viele Verbesserungen – kaum Verschlechterungen

Durch die Umstellung zum Jahreswechsel 2016 / 17 werden Leistungsempfänger vielfach besserge-stellt . Verschlechterungen für aktuelle Leistungsbezieher gibt es nicht . Es gibt vor allem zwei Perso-nengruppen, die von der Umstellung profitieren werden:

� Pflegebedürftige, die in ihrem häuslichen Umfeld betreut werden, also (noch) nicht in einem Pflegeheim leben, und

� Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (EA) . Zu den Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz gehören beispielsweise Personen mit beginnender Alzheimer-Krankheit .

Festgestellt werden muss der Betreuungsbedarf vom medizinischen Dienst der Krankenkassen. Soweit die Betroffenen noch keine klassische körperliche Pflege benötigen, sondern »nur« geistige Einschränkungen haben, spricht man derzeit noch von Pflegestufe »Null« . Weitere Erläuterungen zu dieser Personengruppe finden Sie noch später in diesem Beitrag .

Von Pflegestufe zu Pflegegrad: Überleitung von 2016 bereits Pflegebedürftigen in die neuen Pflegegrade

Alte Pflegestufe Neuer Pflegegrad

Null (erheblich eingeschr. Alltagskompetenz – EA) 2

I 2

I + EA 3

II 3

II + EA 4

III 4

III Härtefall 5

III + EA 5

EA = Einschränkung der Alltagskompetenz

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In der »Überleitungs-Tabelle« werden Sie möglicherweise den »Pflegegrad 1« vermissen . Dies ist kein Fehler in der Tabelle . Denn niemand, der 2016 bereits pflegebedürftig ist, wird 2017 in Pflege-grad 1 übergeleitet . Die heute Pflegebedürftigen und diejenigen, die mit einer erheblich eingeschränk-ten Alltagskompetenz derzeit in Pflegestufe »Null« eingestuft sind, erhalten künftig mindestens den Pflegegrad 2.

Der Pflegegrad 1 kann – nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums – ab 2017 bis zu 500 000 Menschen zuerkannt werden, die nach den 2016 geltenden Regelungen noch nicht pflege-bedürftig wären . Dies sind Personen, die eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit haben . Die Leistungen, etwa ein Zuschuss zur Wohnungsanpassung in Höhe von bis zu € 4 000,–, sollen dazu dienen, ihre Selbstständigkeit zu erhalten bzw . wiederherzustellen und eine schwere Pflegebedürftig-keit zu vermeiden .

Wer am 31 . 12 . 2016 Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung hat, wird nach klaren Re-geln von den heutigen drei Pflegestufen in die künftigen fünf Pflegegrade übergeleitet. Dabei gilt für Personen ohne Einschränkungen der Alltagskompetenz die »Plus-eins-Regel« . Aus Pflegestufe I wird danach ab 2017 beispielsweise automatisch Pflegegrad 2 .

Für Personen mit Pflegestufe »Null« und Pflegebedürftige, bei denen neben körperlicher Pflegebe-dürftigkeit zusätzlich noch eine Einschränkung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, gilt die »Plus-zwei-Regel«. Das bedeutet zum Beispiel: Aus Pflegestufe »Null« wird Pflegegrad 2 .

1.2 Vorteile für Pflegegeldbezieher

Das volle Pflegegeld der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten zu Hause (also nicht in einem Heim) lebende Pflegebedürftige, die zur Bewältigung ihres Alltags keinen sozialen Dienst bzw . Pfle-gedienst in Anspruch nehmen, sondern von Angehörigen oder Freunden betreut werden . Das Pflege-geld können die Betroffenen auch künftig den Personen weitergeben, die sich um sie kümmern . Das Pflegegeld steigt 2017 für die meisten heute bereits als pflegebedürftig Anerkannten stark an . So er-halten Personen mit Pflegestufe I und eingeschränkter Alltagskompetenz künftig € 545,– statt bisher € 316,– . Lediglich bei den relativ wenigen zu Hause lebenden Pflegebedürftigen, die derzeit in Stufe III eingeordnet sind, gibt es unverändert € 728,– monatlich .

Umstellung zum Jahreswechsel 2016 / 2017: Die neuen Leistungsbeträge beim Pflegegeld für Bestandsfälle

Einstufung 2016 2016 2017

Pflegestufe Null € 123,– € 316,–

Stufe I € 244,– € 316,–

Stufe I und EA1) € 316,– € 545,–

Stufe II € 458,– € 545,–

Stufe II und EA1) € 545,– € 728,–

Stufe III € 728,– € 728,–

Stufe III und EA1) € 728,– € 901,–

1) Einschränkung der Alltagskompetenz

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1.3 Pluspunkte auch für »Sachleistungsbezieher«

Statt Pflegegeld können Betroffene auch Leistungen von ambulanten Pflegediensten in Anspruch neh-men . Der Gesetzgeber spricht hier von »Pflegesachleistungen«. Das Geld hierfür wird allerdings nicht an die Pflegebedürftigen ausgezahlt, sondern steht als Budget für Dienstleistungen von Pfle-gefachkräften zur Verfügung – etwa für Hilfen beim Aufstehen, bei der Körperpflege, dem Essen und Trinken, dem Gang zur Toilette oder der hauswirtschaftlichen Versorgung . Das Budget, das die Betroffenen monatlich zur Verfügung haben, erhöht sich künftig teils drastisch . Wer bislang in Pflege-stufe Null eingruppiert ist, »rutscht« 2017 automatisch in den neuen Pflegegrad 2 und erhält künftig beispielsweise einen Etat in Höhe von monatlich € 689,– statt bislang € 231,– .

Folgend ein Beispiel für die Leistungsabrechnung:

» Beispiel: Die Pflegedienste rechnen zumeist nach sogenannten Leistungskomplexen ab. So gehört etwa zum Komplex »Ganzwaschung« neben dem Duschen oder Baden die Mund-, Haut-, Haar- und Nagelpflege, das Rasieren, An- und Auskleiden sowie die Vorbereitung und hinterher das Aufräumen. Die Caritas in Köln stellt dafür seit Februar 2016 für einen Einsatz genau € 22,30 in Rechnung. Das Deutsche Rote Kreuz in Köln berechnet € 21,32. Die Preise differieren nach Pflegediensten und regional.

Umstellung zum Jahreswechsel 2016 / 2017: Die neuen Leistungsbeträge bei den Sachleistungen für Bestandsfälle

2016 2017

Pflegestufe Null €   231,– €   689,–

Stufe I €   468,– €   689,–

Stufe I und EA1) €   689,– € 1 298,–

Stufe II € 1 144,– € 1 298,–

Stufe II und EA1) € 1 298,– € 1 612,–

Stufe III € 1 612,– € 1 612,–

Stufe III und EA1) € 1 612,– € 1 995,–

Härtefall € 1 995,– € 1 995,–

1) Einschränkung der Alltagskompetenz

! Auch zukünftig können Pflegesach- und Geldleistungen miteinander kombiniert werden. Wer z. B. nur die Hälfte des Etats für die Pflegesachleistungen in Anspruch nimmt, erhält gleich-zeitig das halbe Pflegegeld.

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1.4 Dies gilt für Pflegebedürftige im Heim

Wer bereits 2016 in einem Pflegeheim lebt, hat auch 2017 weiterhin Anspruch auf mindestens den Zu-schuss zu den Pflegekosten, der derzeit gewährt wird . Für Heimbewohner sind dabei die Bestands-schutzregeln besonders wichtig . Denn nach den »regulären« neuen Regeln für die geltenden Leis-tungssätze würden sich die Leistungen für die Betroffenen häufig verschlechtern . Insbesondere gilt dies für Pflegebedürftige, die derzeit in Pflegestufe I eingruppiert sind und künftig entsprechend dem oben geschilderten »Stufensprung« automatisch in Pflegegrad 2 »rutschen« . In diesem Fall würde es für einen Pflegeheimbewohner künftig »eigentlich« nur einen Zuschuss in Höhe von € 770,– geben (statt bislang € 1 064,–) . Aufgrund des geltenden Bestandsschutzes bleibt es aber auch künftig bei € 1 064,– .

Umstellung zum Jahreswechsel 2016 / 2017: Die neuen Leistungsbeträge bei der vollstationären Pflege für Bestandsfälle

Einstufung 2016 2016 2017

Pflegestufe Null €   231,– €   770,–

Stufe I € 1 064,– € 1 064,– (statt € 770,–)

Stufe I und EA1) € 1 064,– € 1 262,–

Stufe II € 1 330,– € 1 330,– (statt € 1 262,–)

Stufe II und EA1) € 1 330,– € 1 775,–

Stufe III € 1 612,– € 1 775,–

Stufe III und EA1) € 1 612,– € 2 005,–

Härtefall € 1 995,– € 2 005,–

1) Einschränkung der Alltagskompetenz

Künftig gibt es für Pflegeheimbewohner eine weitere wichtige Neuerung: Ab 2017 soll der nach den Leistungen der Pflegeversicherung verbleibende Teil der Pflegekosten, den die Betroffenen selbst ent-richten müssen, für alle Heimbewohner ab Pflegegrad 2 gleich sein . Bislang steigt der Eigenanteil von Pflegestufe zu Pflegestufe an . Die Neuerung hat zweierlei zur Folge:

� Zum einen wird künftig innerhalb der Heimbewohner so etwas wie eine »Querfinanzierung« stattfinden . Wer Pflegegrad 2 hat, wird dann deutlich »zu viel« zahlen . Personen mit Pflegegrad 4 oder 5 werden dafür entlastet .

� Zum anderen wird hierdurch die Belastung von Personen mit niedrigem Pflegegrad kräftig steigen, was viele in Zukunft von einem frühzeitigen Umzug ins Pflegeheim – etwa bereits mit Pflegegrad 2 – abschrecken wird .

Doch all dies braucht diejenigen, die bereits 2016 in einem Pflegeheim leben, nicht zu kümmern . Da-für sorgt eine weitere Bestandsschutzregel. Danach soll der Eigenanteil, den Pflegeheimbewohner entrichten müssen, auf den Betrag »gedeckelt« werden, den die Betroffenen 2016 entrichten mussten .

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Nachteile bei Umzug ins Pflegeheim 2017

Pflegebedürftige, die 2016 (noch) zu Hause leben und ab 2017 in ein Pflegeheim wechseln, haben allerdings unter Umständen das Nachsehen: Ihre Leistungsbeträge richten sich dann nach dem 2017 geltenden Recht für die stationäre Pflege . Das kann gegenüber denjenigen, die bereits 2016 – also nach dem vor der Rechtsumstellung geltenden Recht – im Heim gelebt haben, eine deutliche Verschlechte-rung bedeuten . Dies gilt insbesondere für diejenigen, die derzeit in Pflegestufe I eingestuft sind .

! Für Pflegebedürftige mit Stufe I, die grundsätzlich in ein Pflegeheim ziehen möchten, kann es sich finanziell gesehen lohnen, den Umzug noch unbedingt in diesem Jahr vorzunehmen.

1.5 Antrag auf Pflegeleistungen und Höherstufung jederzeit möglich

Viele Menschen sind derzeit »am Rande der Pflegebedürftigkeit«, haben aber noch keinen Antrag auf Anerkennung als pflegebedürftig gestellt . Bei anderen hat sich der Zustand seit der letzten Begutach-tung deutlich verschlechtert . In solchen Fällen dürfte es sich häufig anbieten, noch vor dem Jahres-wechsel 2016 / 17 einen Antrag auf Höherstufung zu stellen, bzw . erstmals Leistungen der Pflegever-sicherung zu beantragen .

Solche Anträge können jederzeit bis zum Jahresende 2016 gestellt werden . Einen Antragsstopp gibt es nicht . Auch Anträge auf Anerkennung einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz können jederzeit erfolgen . Lediglich Wiederholungsbegutachtungen, die turnusmäßig oder auf eine Anmerkung der Gutachter bei der letzten Begutachtung erfolgen, werden derzeit (und bis Ende 2018) nicht durchgeführt .

! Bei entsprechenden Anträgen gilt die Regel: Bis zum 31. 12. 2016 wird nach altem Recht be-gutachtet. Das gilt auch für Anträge, die noch 2016 gestellt werden, aber erst 2017 bearbeitet werden – was angesichts des zu erwartenden Antragstaus relativ häufig passieren wird.

2 Bei Einschränkungen der Alltagskompetenz

Besonders günstig sind die Überleitungsbedingungen in die neuen Pflegestufen für Personen, bei de-nen eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz (»Pflegestufe Null«) vorliegt .

! Wenn es Hinweise dafür gibt, dass derzeit bereits eine solche Beeinträchtigung vorliegt, sollte in jedem Fall noch 2016 ein Antrag auf Anerkennung als Pflegebedürftiger bzw. auf eine Höher-stufung gestellt werden.

Festgestellt werden muss der besondere Betreuungsbedarf der Betroffenen vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Wichtig ist allerdings: Auch bei Pflegestufe Null gibt es die Leistungen der Pflegekasse nur dann, wenn zumindest ein Minimum an »klassischer« Pflege erforderlich ist – also etwa: Hilfe beim Ankleiden . Dabei reicht – so der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der Krankenkassen – »im Extremfall eine Minute pro Tag« .

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! Angehörige sollten beim Besuch des Gutachters des Medizinischen Dienstes darauf achten, dass auch körperliche Defizite der Betroffenen zur Sprache kommen. Wer beispielsweise be-tont, dass der Begutachtete eigentlich alle Verrichtungen des täglichen Lebens selbst in ei-gener Regie verrichten kann, kann ggf. – bei harter Beurteilung – ungewollt eine Ablehnung jeglicher Leistungen der Pflegeversicherung erreichen, obwohl der Betroffene ggf. bereits er-heblichen Betreuungsbedarf hat.

Den Begriff »Pflegestufe Null« werden Sie im Sozialgesetzbuch (SGB XI) vergebens suchen . Hier gibt es nur eine ausführliche Definition, wann eine Einschränkung der Alltagskompetenz vorliegt . Anhaltspunkte dafür könnten z . B . sein, wenn sich Menschen wiederholt in gefährliche Situationen bringen, einen starken Bewegungsdrang bei fehlendem Orientierungsvermögen oder einen gestörten Tag-und-Nacht-Rhythmus haben .

In § 45 a SGB XI findet man eine Liste von 13 Voraussetzungen für eine Einschränkung der Alltagskompetenz. Diese müssen nicht alle erfüllt sein . Es reicht, wenn zwei der unten genannten Punkte vorliegen . Dabei muss einer der Sachverhalte der Punkte 1 bis 9 erfüllt sein . Der andere Punkt kann aus den anderen Bereichen stammen . Ist dies der Fall, so liegt eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz vor .

Die 13 gesetzlichen Prüfkriterien für Einschränkungen der Alltagskompetenz:

1. unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereiches (Weglauftendenz);

2. Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen;

3. unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen oder potenziell gefährdenden Substanzen;

4. tätlich oder verbal aggressives Verhalten in Verkennung der Situation;

5. im situativen Kontext inadäquates Verhalten (Anm. d. Red.: Erklärung weiter unten);

6. Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen;

7. Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung;

8. Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben;

9. Störung des Tag-und-Nacht-Rhythmus;

10. Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren;

11. Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssituationen;

12. ausgeprägtes labiles oder unkontrolliert emotionales Verhalten;

13. zeitlich überwiegend Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund einer therapieresistenten Depression.

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Die Rolle der Angehörigen

Um festzustellen, ob die genannten Beeinträchtigungen vorliegen, ist das Urteil der pflegenden An-gehörigen von ausschlaggebender Bedeutung . Sinnvoll ist es in jedem Fall, wenn Angehörige vorab ein Pflegetagebuch führen und Ereignisse, die im Zusammenhang mit der Beurteilung der Alltags-kompetenz wichtig sind, notieren, etwa:

� Hat der Pflegebedürftige Kochplatten oder Gas angelassen?

� Lässt er die Haustür offen stehen?

� Läuft er unkontrolliert über die Straße?

Nach Erfahrung der Gutachter überschätzen Angehörige vielfach sogar die Kompetenzen von geistig Verwirrten. So meinen sie beispielsweise, der Betroffene könne noch kochen und sich ver-pflegen, wenn er noch in der Lage ist, gemeinsam mit und unter Anleitung durch die Pflegeperson Essen zuzubereiten .

In vielen Fällen wird der Gutachter mit relativ einfachen Mitteln die Fähigkeiten des Pflegebedürf-tigen testen . Etwa mit Fragen nach dem aktuellen Datum, dem Geburtstag oder der Bitte, eine Uhr zu zeichnen . Ggf . wird der Gutachter die oder den Pflegebedürftigen auch bitten, ihm die Wohnung zu zeigen und zu schildern, was er an welcher Stelle der Wohnung macht .

3 Ausblick: So funktioniert künftig die Feststellung der Pflegebedürftigkeit

Die ab 2017 geltende neue Definition der Pflegebedürftigkeit braucht diejenigen, die derzeit – also 2016 – bereits pflegebedürftig sind, zunächst gar nicht unbedingt zu interessieren . Denn eine neue Prüfung der Pflegebedürftigkeit – nach den neuen Regeln – findet beim Übergang ins neue System nicht statt . Der neue »Pflegebedürftigkeits-Begriff« spielt für die aktuell bereits Pflegebedürftigen erst dann eine Rolle, wenn sie – ab 2017 – eine Höherstufung ihres Pflegebedarfs beantragen .

! Gegebenenfalls kann eine neue Begutachtung auch eine Einstufung in einen niedrigeren Pfle-gebedarf bringen – etwa die Einstufung in Pflegegrad 2 statt in Pflegegrad 3. Doch auch in die-sem Fall gilt ein Bestandsschutz. Die Betroffenen erhalten also weiterhin die Leistungsbeträge des vorherigen Pflegegrads, im Beispielfall also von Pflegegrad 3.

Zudem wird – natürlich – ab 2017 bei allen neu Pflegebedürftigen nach den neuen Regeln geprüft . Daher wird im Folgenden ein kurzer Überblick über das gegeben, was Pflegebedürftige ab 2017 er-wartet:

Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wurden die Leistungen der Pflegeversicherung sowie die gesetzliche Definition der Anspruchsvoraussetzungen neu ausgerichtet . Grundlage ist ein umfassenderes Verständnis von Pflegebedürftigkeit und ein neues, auf wissenschaftlicher Basis entwi-ckeltes Verfahren der Begutachtung .

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Pflegebedürftigkeit hat sich bisher vor allem auf körperliche Beeinträchtigungen bezogen und wurde deshalb pflegebedürftigen Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen nur zum Teil gerecht . Das betraf auch viele Menschen mit Demenzerkrankungen. Der Pflegebedürftigkeits-begriff, von dem der Pflegegrad und damit die Leistungshöhe der Pflegeversicherung abhängt, war deshalb schon seit seiner Einführung in der Kritik . Zudem steigt auch die Anzahl der Menschen mit Demenzerkrankungen – weil die Menschen in Deutschland im Schnitt inzwischen deutlich älter wer-den und mit zunehmendem Alter der Eintritt von Demenz wahrscheinlicher wird .

Demenzkranke Menschen sind häufig aber körperlich kaum eingeschränkt und können dennoch ih-ren Alltag nicht selbstständig bewältigen . Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff nimmt den Menschen in seiner Lebenswelt in den Blick und berücksichtigt alle für das Leben und die Alltagsbewältigung eines Pflegebedürftigen relevanten Beeinträchtigungen . Körperliche, kognitive und psychische Be-einträchtigungen werden bei der Einstufung gleichermaßen und pflegefachlich berücksichtigt . Mit dem neuen System kann auch besser geplant werden, welche Art von Unterstützung ein pflegebedürf-tiger Mensch tatsächlich braucht .

Zukünftig schätzen die Gutachter / -innen der Medizinischen Dienste (MD) der Krankenversicherung nicht mehr ein, wie hoch der pflegerische Hilfebedarf eines Menschen ist – immer umgerechnet in Hilfs-Minuten . Stattdessen erfassen sie, wie selbstständig er bei der Bewältigung seines Alltags ist . Für den Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung ist es dabei künftig völlig egal, ob die Beein-trächtigungen eines hilfebedürftigen Menschen körperlich oder geistig bedingt sind .

Nach der neuen Definition von Pflegebedürftigkeit gilt nun jemand als pflegebedürftig, wenn er gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb Hilfe durch andere benötigt . Das bestimmt der neu gefasste § 14 SGB XI . Die Pflegebedürf-tigkeit muss dabei – wie bisher – auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestehen . In § 15 neu ist weiter festgeschrieben, dass Pflegebedürftige, je nach der Schwere der Beeinträchti-gungen, der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad) erhalten . Zukünftig werden fünf Pflegegrade unterschieden .

Der Pflegegrad wird durch die Gutachter / -innen der Medizinischen Dienste mithilfe eines neuen Instruments ermittelt . Selbstständigkeit ist dabei als die Fähigkeit eines Menschen definiert, eine Handlung allein, d . h . ohne Unterstützung durch andere Personen, durchzuführen, und zwar unab-hängig davon, ob jemand dazu Hilfsmittel benötigt (z . B . einen Rollstuhl) . Entsprechend führen Ein-bußen in der Selbstständigkeit dazu, dass personelle Hilfe erforderlich wird . Im Gegensatz zum heute gültigen Verfahren ist es für die gutachterliche Einschätzung nicht von Bedeutung, ob eine bestimmte Unterstützung durch eine andere Person (z . B . beim Treppensteigen) tatsächlich erbracht wird . Es geht darum, was ein Mensch noch kann und was nicht .

3.1 Beurteilung nach Lebensbereichen (Modulen)

Welche Kriterien für die Beurteilung maßgeblich sind und wie diese bewertet werden, wird in sechs Lebensbereichen – den sogenannten »Modulen« – beurteilt . In Klammern wird dabei jeweils angege-ben, welches Gewicht, also welche Bedeutung, der jeweilige Bereich hat .

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Modul 1: Mobilität 10 %

Modul 2 und 3: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten / Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

15 %

Modul 4: Selbstversorgung 40 %

Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen

20 %

Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte 15 %

Deutlich wird dabei, dass der Punkt »Selbstversorgung« das stärkste Gewicht hat . Beispielhaft soll hier kurz erläutert werden, welche Aspekte dabei untersucht werden . Hierbei geht es um

� das Waschen des vorderen Oberkörpers,

� die Körperpflege im Kopf-Bereich (einschließlich Rasieren, Kämmen, Zahn- / Prothesenpflege),

� Waschen des Intimbereichs,

� Duschen und Baden,

� An- und Auskleiden des Oberkörpers und des Unterkörpers,

� Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen der Getränke,

� Essen und Trinken,

� Benutzen der Toilette oder eines Toilettenstuhls,

� Bewältigung der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter oder Urostoma (künstlicher Blasenausgang), sowie

� Bewältigung der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma .

Bei jedem Punkt wird eine vierstufige Einschätzung vorgenommen: von selbstständig über überwie-gend selbstständig bzw . unselbstständig bis hin zu völlig unselbstständig .

Der Pflegegrad ergibt sich aus der Zusammenführung der Teilergebnisse aus den sechs Modulen. Insgesamt werden bei den Modulen maximal 100 Punkte vergeben . Bei mindestens 90 Punkten liegt dabei eine schwerste Beeinträchtigung und somit Pflegegrad 5 vor . Ab 12,5 Punkten liegt nach dem neuen System Pflegegrad 1 und damit Pflegebedürftigkeit vor .

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3.2 Die Anzahl der Punkte zur Ermittlung der Pflegegrade im Überblick

Pflegegrad 1geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

12,5 bis unter 27 Punkte

Pflegegrad 2erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

27 bis unter 47,5 Punkte

Pflegegrad 3schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

47,5 bis unter 70 Punkte

Pflegegrad 4schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

70 bis unter 90 Punkte

Pflegegrad 5schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

90 bis 100 Punkte

3.3 Bei geringen Handicaps im Januar 2017 die Anerkennung als pflegebedürftig beantragen

Das neue ab Januar 2017 geltende Pflegerecht sollten insbesondere Menschen im Blick haben, deren Selbstständigkeit geringfügig eingeschränkt ist. Dies dürfte beispielsweise für Personen mit mä-ßigen, rein motorischen Einschränkungen etwa aufgrund von Wirbelsäulen-, Gelenkerkrankungen oder mit einer Restlähmung nach Schlaganfall infrage kommen, die Probleme mit dem Gehen und Stehen haben . Bei diesen Arten von Gesundheitsstörungen war bislang eine Anerkennung als pflege-bedürftig nicht möglich . Auch die Pflegestufe Null kam für die Betroffenen bislang nicht infrage . So-weit die Betroffenen dennoch bislang durch den medizinischen Dienst begutachtet wurden, wurden Anträge auf Pflegebedürftigkeit abgelehnt .

! Ab 2017 ändert sich dies grundlegend. Denn der neue Pflegegrad 1 ist eigens für diesen Per-sonenkreis zugeschnitten. Pflegegrad 1 wird bei einem Pflege-Score zwischen 12,5 und (unter) 27 Punkten anerkannt. Bei kleinen Einschränkungen Ihrer Selbstständigkeit sollten Sie des-halb sofort im Januar 2017 die Anerkennung als pflegebedürftig beantragen.

Mit der Anerkennung als pflegebedürftig mit Pflegegrad 1 werden die Betroffenen eine ganze Reihe von Leistungsansprüchen haben, etwa einen Anspruch auf den (zweckgebundenen) Entlastungs-beitrag in Höhe für Angebote zur Unterstützung im Alltag von monatlich € 125,–, auf € 40,– monat-lich für Pflegehilfsmittel und € 4 000,– für konkrete Maßnahmen zur Wohnungsanpassung .

! Wer davon ausgeht, dass ihm 2017 Pflegegrad 1 zuerkannt wird, sollte prüfen, ob angedachte Maßnahmen zur Wohnungsanpassung, etwa der Einbau einer barrierefreien Dusche, auf das kommende Jahr verschoben werden können. Maßnahmen, die in diesem Jahr durchgeführt werden, können nämlich durch die Pflegeversicherung ohne eine Anerkennung als pflegebe-dürftig nicht gefördert werden.

Wichtig: Ab 2017 haben die Angehörigen der Betroffenen – soweit es sich um Arbeitnehmer han-delt – Anspruch auf eine bis zu sechsmonatige Pflegezeit (wahlweise als Auszeit oder in Teilzeit) und auf eine bis zu 24-monatige Familienpflegezeit (nur Teilzeit) . Beide Maßnahmen dürfen insge-samt nicht länger als 24 Monate dauern .