Innovation – Herausforderung und Chance für Wirtschaft und...

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Innovation – Herausforderung und Chance für Wirtschaft und Umwelt Studie von Umwelt Management Austria im Auftrag der Wirtschaftskammer Niederösterreich St. Pölten, im März 2009

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Innovation – Herausforderung und Chance für Wirtschaft und Umwelt

Studie von

Umwelt Management Austria

im Auftrag der

Wirtschaftskammer Niederösterreich

St. Pölten, im März 2009

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Autoren:

Prof. Dr. Reinhold Christian (Umwelt Management Austria, Geschäftsführer)

Dipl.-Ing. Ralph Feichtinger

(Umwelt Management Austria, Wissenschaftlicher Mitarbeiter)

Impressum:

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Umwelt Management Austria 3109 St. Pölten, Neue Herrengasse 17 A

Tel. 02742/294-17451; Telefax 02742/294-17452 E-Mail: [email protected], Homepage: www.uma.or.at

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INHALTSVERZEICHNIS VORWORT …………………………………………………………………………………………………………….4

1 HINTERGRUND UND ZIELSETZUNG ................................................................................................... 5

2 METHODIK.............................................................................................................................................. 5

3 ERGEBNISSE DER EXPERTENINTERVIEWS...................................................................................... 6

3.1 Gesamtsituation in Wirtschaft und Gesellschaft ............................................................................... 6 3.1.1 Gefahren und Chancen für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem............................................ 7 3.1.2 Instrumente für eine positive Zukunft.................................................................................................... 8 3.1.3 Änderungen im Wirtschaftssystem ....................................................................................................... 8 3.1.4 Techniken und Branchen – Gewinner und Verlierer in der Zukunft...................................................... 9

3.2 Energiewirtschaft ................................................................................................................................ 10 3.2.1 Bedeutung erneuerbarer Energieträger in der Zukunft....................................................................... 10 3.2.2 Bedeutung einzelner Technologien in der Zukunft ............................................................................. 10 3.2.3 Forschungs- und Entwicklungsbedarf zur Sicherung der Energieversorgung ................................... 11 3.2.4 Rahmenbedingungen für eine langfristig gesicherte Energieversorgung........................................... 12 3.2.5 Strategien und Maßnahmen für Unternehmen zur Sicherung der Energieversorgung...................... 13 3.2.6 Expertenwünsche hinsichtlich Technologie und Lenkungsmaßnahmen............................................ 13

3.3 Klimaschutz ......................................................................................................................................... 14 3.3.1 Expertenrat an Unternehmen, um nachteilige Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden ....... 15 3.3.2 Bedeutung von Branchen und Technologien angesichts des Klimawandels ..................................... 16 3.3.3 Expertenwünsche hinsichtlich Technologien und Lenkungsmaßnahmen.......................................... 17

3.4 Zusammenfassung.............................................................................................................................. 17

4 BEST-PRACTICE BEISPIELE .............................................................................................................. 18

5 RESÜMEE UND EMPFEHLUNGEN..................................................................................................... 22

6 LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................................................. 25

ANHANG 1: INTERVIEWLEITFADEN .......................................................................................................... 26

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TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Experteninterviews ............................................................................................................ 6

Tabelle 2: Branchen und Technologien, die künftig an Bedeutung gewinnen/verlieren werden ....... 9

Tabelle 3: Einschätzung der Bedeutung einzelner Technologien in der Zukunft ............................. 11

Tabelle 4: Wünsche der Experten .................................................................................................... 14

Tabelle 5: Bedeutung von Branchen und Technologien in der Zukunft ........................................... 16

Tabelle 6: Wünsche der Experten nach Lenkungsmaßname und zu entwickelnder Technologie... 17

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VORWORT Aktiv gegen die Krise! Krise sei immer auch Chance – so liest man in klugen Büchern und hört man von klugen Menschen. Die Beobachtung der österreichischen (und auch der weltweiten) Realpolitik der letzten Monate erweckt den gegenteiligen Eindruck: Krise ist Gefahr. Krise führt zu panikartigen Reaktionen. Krise unterbindet zukunftsweisende Überlegungen. Konkret: Verursacher und besondere Problemkinder (z.B. Banken und Autokonzerne) werden mit horrend hohen Beträgen „gerettet“. Konjunkturpakete greifen auf alte und oft veraltete Projekte (die schon in der Schublade liegen) zurück. Lobbys packen ihre „Patentrezepte“ aus, um eventuell in der Panik eine Chance für bereits zurückgelegte Dinge zu finden. New deal with old projects? Ganz nebenbei sei erwähnt, dass in diesem rückwärtsgewandten Aufschwung auch zum großen Angriff auf Bürgerrechte, auf Natur- und Umweltschutz geblasen wird. Aktuelle Appelle für den Ausbau (der bereits weitgehend ausgebauten) Wasserkraft verdeutlichen das konkret. Aktiv in der Krise ist hingegen die Wirtschafskammer Niederösterreich. Sie hat die Standortinitiative 2010+ gestartet, um in der Krise und für die Zeit danach, auf lange Sicht bestens gerüstet zu sein. Als einer der inhaltlichen Schwerpunkte für eine solche innovative Kampagne wurde der Themenbereich Klima und Energie geortet. Hier warten überaus vielversprechende Zukunftschancen auf uns. Energieeffizienz, regionale Energieversorgung mit erneuerbaren Energieträgern hilft gegen Klimawandel und für gute Umweltqualität, sichert aber auch regionale Einkommen und Arbeitsplätze, verhindert Abflüsse von Milliarden € in Erdöl- und Erdgasländer. Umwelt Management Austria hat es daher sehr gerne übernommen, diese zukunftsweisende Initiative zu unterstützen. Aus Interviews mit überaus kompetenten Persönlichkeiten aus Wissenschaft, höherer Verwaltung und Wirtschaft, mittels Literaturrecherche, durch Auffinden von internationalen Best-Practice Beispielen und aus eigenen Überlegungen wurde die gegenständliche Studie zum Thema zusammengestellt. Bei der Umsetzung der Empfehlungen wird zu berücksichtigen sein, dass in Niederösterreich (wie überhaupt in Österreich) die Klein- und Mittelbetriebe die überwältigende Mehrheit der Unternehmen stellen und daher auf deren spezifische Möglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist. Der Wirtschaftskammer Niederösterreich wird dabei zweifellos eine ganz wichtige Rolle bei Koordination, Informationsvermittlung, Bildungsangeboten und Beratung zukommen. Wir hoffen mit dieser Studie und den Empfehlungen einen hilfreichen Mosaikstein für das Engagement der Wirtschaftskammer Niederösterreich und ihrer Präsidentin KommR. Sonja Zwazl gesetzt zu haben.

Univ.-Prof. DI Dr. Alfred Schmidt Prof. Dr. Reinhold Christian

Präsident Geschäftsführer

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1 Hintergrund und Zielsetzung Die Wirtschaftskammer Niederösterreich setzt im Jahr 2009 eine wesentliche Initiative mit dem Titel „Standortinitiative 2010+“ mit dem Ziel, ein diesbezügliches Leitbild im Herbst des selben Jahres fertig zu stellen und der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Zur Vorbereitung werden unter anderem vier Symposien stattfinden, deren eines sich der Thematik von Innovation und Technologie am Beispiel Klima und Energie widmet. Umwelt Management Austria wurde von der Wirtschaftskammer Niederösterreich beauftragt, Grundsätze, aktuelle Trends und aktuelle Herausforderungen im Bereich von Innovation und Technologie zum Themenschwerpunkt Energie und Klima zusammenzustellen und vor allem auch mögliche Chancen für die Wirtschaft und Umwelt durch innovative Entwicklungen darzustellen.

2 Methodik Um ein möglichst breites Spektrum an Informationen, Erfahrungen und Wissen in den Prozess der Standortinitiative 2010+ einbringen zu können, wurden mehrere unterschiedliche Methoden bei der Erstellung dieser Studie angewandt. Einerseits wurden Interviews mit insgesamt 11 renommierten, nationalen Top-Experten aus Wissenschaft, höherer Verwaltung und Wirtschaft durchgeführt, um deren exzellentes Wissen und ihre umfangreichen Erfahrungen in unterschiedlichen Themenbereichen für die Initiative der Wirtschaftskammer Niederösterreich zu erschließen. Somit sind verschiedenste Zugänge zum Bereich Innovation zu erwarten und es wird ein sehr breites diesbezügliches Spektrum abgedeckt. Die Experteninterviews wurden im Zeitraum vom 18.02.2009 bis 16.03.2009 von Prof. Dr. Reinhold Christian und Dipl.-Ing. Ralph Feichtinger anhand des im Anhang 1 dargestellten Interviewleitfadens durchgeführt. In nachstehender Tabelle 1 (Anhang 2) sind die befragten Experten ersichtlich. Neben den Experteninterviews wurde eine gründliche Literatur- und Internetrecherche zu möglichen Best-Practice Beispielen zu Innovationen im Bereich Klima und Energie durchgeführt. Dabei wurden an die 30 Best-Practice Beispiele ermittelt. Anhand dieser Beispiele ist ersichtlich, wie es gelingen kann, durch Innovationen im Bereich Klima und Energie Vorteile für Unternehmen, die Umwelt und die Wirtschaft insgesamt zu lukrieren. Darüber hinaus verfügt Umwelt Management Austria aufgrund diverser Forschungsarbeiten über umfangreiche eigene Erfahrungen. Aus all diesen Quellen und Erkenntnissen wurden grundsätzliche Aussagen, Chancen und zukunftsfähige Lösungen für Wirtschaft und Umwelt abgeleitet und in Form von Empfehlungen dargestellt.

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Tabelle 1: Experteninterviews

Name des Experten Organisation Datum des Interviews

Interview durchgeführt

o.Univ.-Prof. DI Dr. Ing. Günther Brauner

TU-Wien Institut für elektrische Anlagen und Energiewirtschaft

19.02.2009 Prof. Dr. Reinhold Christian

Dr. Angela Köppl

WIFO Forschungsbereiche: Umwelt, Landwirtschaft, Energie

18.02.2009 Dipl.-Ing. Ralph Feichtinger

o.Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb

BOKU-Wien Institut für Meteorologie

19.02.2009 Prof. Dr. Reinhold Christian

Mag. Herbert Lechner

Österreichische EnergieagenturWissenschaftlicher Leiter

19.02.2009 Dipl.-Ing. Ralph Feichtinger

Univ.-Prof. Mag. DI Dr. Ingo Marini

TU-Wien Institut für Verfahrenstechnik

18.02.2009 Dipl.-Ing. Ralph Feichtinger

MinR. DI Michael Paula

BMVIT Abteilung Energie und Umwelttechnologien

04.03.2009 Prof. Dr. Reinhold Christian

Univ.-Prof. Dr. Stefan Schleicher

WIFO Forschungsbereiche: Umwelt, Landwirtschaft, Energie

23.02.2009 Prof. Dr. Reinhold Christian

a.o.Univ.-Prof. DI Dr. Josef Michael Schopf

TU-Wien Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

18.02.2009 Dipl.-Ing.Ralph Feichtinger

MinR. DI Michael Tschulik

BMLFUW Abt. Betrieblicher Umweltschutz und Technologie

11.03.2009 Prof. Dr. Reinhold Christian

Univ.-Doz.Dr. Peter Weish

Uni-Wien Institut für Ökologie und Naturschutz

19.02.2009 Dipl.-Ing.Ralph Feichtinger

Ing. Gerhard Drexler, MMSc

Mondi Uncoated Fine & Kraft Paper GmbH Innovation Direktor

16.03.2009 Prof. Dr. Reinhold Christian

3 Ergebnisse der Experteninterviews Nachfolgend werden die Ergebnisse der Experteninterviews zusammenfassend dargestellt. Dabei wird zu Beginn die Gesamtsituation der Wirtschaft und der Gesellschaft in Österreich betrachtet. In weiterer Folge erfolgt eine spezifische Betrachtung der Themenbereiche Energie und Klima.

3.1 Gesamtsituation in Wirtschaft und Gesellschaft Die Experten stellen übereinstimmend fest, dass es den Österreicherinnen und Österreichern im Großen und Ganzen gut bis sehr gut geht. Verständlicherweise wird allerdings darauf hingewiesen, dass entsprechende Unterschiede in der Gesellschaft zu verzeichnen sind und die Beantwortung dieser Frage sehr stark mit dem Bewertungsrahmen (was ist uns wichtig?) zusammenhängt.

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Hinsichtlich der Frage, ob sich die Situation der Österreicherinnen und Österreicher in den nächsten Jahrzehnten verbessern oder verschlechtern wird, gehen die Meinungen der Experten allerdings auseinander. Ein Experte ist der Meinung, dass sich die Situation insgesamt verbessern wird. Die anderen Experten gehen davon aus, dass sich die Situation verschlechtert (40%) oder gleich bleibt (40%). Besonders letztgenannte Gruppe weist darauf hin, dass sich die Situation in Österreich sicherlich verändern wird, dies gleichzeitig aber mit einem Wertewandel verbunden sein wird, wodurch neue Werte an Bedeutung gewinnen werden und deshalb keine Verschlechterung eintreten wird.

3.1.1 Gefahren und Chancen für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem Gefahren Kurzfristig sehen die Experten vor allem die Finanz- und Wirtschaftskrise mit all ihren Folgen (z.B. Arbeitslosigkeit) als eine Gefahr für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Langfristig wird vor allem die Ressourcenverknappung (Rohstoffe und Energie) als Bedrohung angesehen. Sowohl Konflikte hinsichtlich der Verteilung der knappen Ressourcen aber auch der Lasten zum Schutz dieser Ressourcen (z.B. wer muss wie viel an Emissionen reduzieren?) können eine Gefahr darstellen. Als großes Problem wird zudem der Versuch gesehen, das bisherige System, den Status-quo mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Zu diesem Zweck wird derzeit sehr viel Geld investiert, ohne über eine langfristige Strategie und entsprechende Vorbereitung auf derartige Krisen zu verfügen. Dieser Beharrungswille versucht nicht nur die bereits absehbaren Folgen zu ignorieren, sondern verzögert letztlich auch die jedenfalls erforderliche Umorientierung in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Maßgeblich verantwortlich hierfür sind nach Meinung der Experten vor allem die Entscheidungsträger in der Politik. Als weitere Gefahren werden vor allem der Klimawandel, eine mögliche schlechte Ausbildung (vor allem von Immigranten) sowie der Verlust des Sozialkapitals in unserer Gesellschaft gesehen. Mehrere Experten sehen durchaus auch die Gefahr von Kriegen aufgrund zunehmender Knappheit der Ressourcen. Chancen Dem gegenüber sehen die Experten allerdings auch zahlreiche Chancen für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Vor allem vertreten sie die Auffassung, dass die Krise als Chance genutzt werden sollte; auch um die Werte und Zielrichtungen unserer Gesellschaft zu diskutieren und zu reformieren. Jedenfalls sehen es die Experten als notwendig an, langfristige, nachhaltig tragfähige Strategien zu entwickeln und diese konsequent umzusetzen. Vor allem die soziale Kompetenz, die Bildung und Ausbildung sowie das inter- und transdisziplinäre Arbeiten werden als besondere Chance für das österreichische

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Gesellschafts- und Wirtschaftssystem gesehen. Ebenso die Nutzung von Nischenmärkten. Weitere Chancen bestehen durch die Senkung des Ressourcenverbrauchs, beispielsweise durch die Nutzung der Passivhaustechnologien sowie durch den Einsatz dezentraler Energiesysteme.

3.1.2 Instrumente für eine positive Zukunft Um die dargestellten Gefahren abwehren und die sich bietenden Chancen nutzen zu können sehen es die Experten als notwendig an, eine öffentliche Diskussion über die Ziele und Werte unserer Gesellschaft zu führen und eine gemeinsame Zielfindung durchzuführen. Darauf aufbauend sollen Tabus abgebaut, langfristige Strategien entwickelt und ein aktives Handeln forciert werden. Hierdurch soll eine grundlegende Änderung in der Wirtschaftspolitik und im Wirtschaftssystem (durch zielorientiert veränderte Rahmenbedingungen für den Markt) sowie im Energiesystem möglich sein (z.B. Ökologisierung der sozialen Marktwirtschaft, aber auch strengere Regeln, öffentliche Aufträge bzw. Vorgaben und Kontrollen z.B. im Energiebereich). Zudem sollte eine gemeinsame globale Position Europas und ein gemeinsamer globaler Auftritt Europas erreicht werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist ein globales Denken, vor allem auch in der Lösungsfindung, notwendig. Neben der Bewusstseinsbildung werden vor allem konkrete ordnungsrechtliche und fiskalische Maßnahmen als notwendig erachtet. Diese können von der Forcierung der Energieforschung, über die Einführung einer Energiesteuer, einer ökologischen Steuerreform, dem Abbau von gesetzlichen und finanziellen Hemmnissen für eine nachhaltige Entwicklung bis zum Passivhausstandard im Neubau als Bauvorschrift reichen. Zudem wird es als wesentlich erachtet, dezentrale Strukturen zu bewahren, aufzubauen und zu stärken.

3.1.3 Änderungen im Wirtschaftssystem Manche der Experten gehen davon aus, dass die Entwicklung in unserem Wirtschaftsystem auch künftig in „Wellenform“ verlaufen wird – Phasen starker staatlicher Intervention wechseln mit solchen mit geringem staatlichem Eingriff. Zudem werden Aufgaben existentieller Bedeutung in staatlicher Hand sein (Infrastruktur, Wasser, Medizin, etc.). Künftig werden kleine Unternehmen bessere Chancen am Markt haben als große. (höhere Flexibilität)

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Der Dienstleistungssektor wird an Bedeutung gewinnen, ebenso wie lokale Lösungen. Die Energie- und Ressourceneffizienz in unserem Wirtschaftssystem wird zunehmen. Die nachwachsenden Rohstoffe werden an Bedeutung gewinnen. Energieintensive Produkte werden künftig nur mehr für hochwertige Zwecke eingesetzt, bei denen sie nicht substituierbar sind. Die Systemfertigung wird auf Kosten der Komponentenfertigung an Bedeutung gewinnen. Aufgrund der zu erwartenden steigenden Arbeitslosigkeit wird der Non-Profitbereich wachsen.

3.1.4 Techniken und Branchen – Gewinner und Verlierer in der Zukunft Die Experten wurden befragt, in welchen Branchen und bei welchen Technologien sie erwarten, dass diese künftig an Bedeutung gewinnen bzw. verlieren werden. Es hat sich gezeigt, dass die Experten eine Vielzahl von „Gewinnern“ identifiziert haben, die möglichen „Verlierer“ sich allerdings in Grenzen halten. Die diesbezüglichen Antworten der Experten sind in nachfolgender Tabelle 2 dargestellt: Tabelle 2: Branchen und Technologien, die künftig an Bedeutung gewinnen/verlieren werden

An Bedeutung gewinnend An Bedeutung verlierend

• Unterstützung alter Menschen • IT • Dezentrale Lösungen • Ressourcenschonende Lösungen • Automatisierungstechnik • Wasseraufbereitung • Klimatechnik • Werkstofftechnik/Leichtbau • Nanotechnologie • Energieeffizienz • Sanierung • Solararchitektur • Niedrigenergiehäuser • Solarthermie • Elektroantrieb • Raumplanung, Verkehrsvermeidung • Pumpspeicher, große Netze • Landwirtschaft

(Energie, Rohstoffe, Lebensmittel)

• Großsysteme • Verbrennungsmotoren in der Mobilität • Arbeitsintensive Prozesse • Zement-, Holz- und Plattenindustrie • Energieintensive Industrie, wenn das zur

Produktion erforderliche Know-How gering ist

• Aluminium • Autoindustrie

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3.2 Energiewirtschaft Hinsichtlich der Entwicklung des Energieverbrauchs geht der Großteil Experten davon aus, dass der Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 noch steigen wird. Ab diesem Zeitpunkt sollte dann der Gesamtenergieverbrauch allerdings sinken. Der Verbrauch an elektrischer Energie wird nach Meinung einer Mehrheit der Experten weiterhin steigen.

3.2.1 Bedeutung erneuerbarer Energieträger in der Zukunft Übereinstimmend gehend die Experten davon aus, dass besonders Solarthermie und Photovoltaik verstärkt zum Einsatz kommen und besonders bedeutsam sein werden. Auch die Energieerzeugung aus Wind wird ausgebaut. Die Energieerzeugung aus Wasserkraft wird weiterhin von besonderer Bedeutung sein, allerdings nur einen sehr geringen zusätzlichen Ausbau aufweisen können. Auch die Bedeutung der Biomasse wird künftig gegeben sein. Hier gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass es in diesem Bereich vielfältige Konkurrenzen gibt. Vor allem in diesen Konkurrenzbereichen (stoffliche Nutzung) wird Biomasse vermutlich künftig verstärkt eingesetzt werden. (Substitution des dzt. gegebenen nichtenergetischen Verbrauchs fossiler Energieträger) Auch Biogas und Biotreibstoffe werden eine Bedeutung in der zukünftigen Energieversorgung haben, keinesfalls allerdings die Stellenwerte der anderen Energieträger einnehmen. Besonders bedeutsam wird die Berücksichtigung von Bioraffinerien sein. Die Energieerzeugung aus Kernkraft wird auch künftig keine Rolle spielen.

3.2.2 Bedeutung einzelner Technologien in der Zukunft Bei der Einschätzung, welche Technologien im energetischen Bereich künftig an Bedeutung gewinnen und welche an Bedeutung verlieren werden, zeigt sich – wie bereits bei einer ähnlichen Frage in Kapitel 3.1.4. – dass die Experten eine große Zahl an Technologien genannt haben, die gewinnen werden. Die Nennungen von Technologien, die künftig an Bedeutung verlieren werden, sind nur sehr gering. In nachfolgender Tabelle 3 wird die Einschätzung der Experten dargestellt.

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Tabelle 3: Einschätzung der Bedeutung einzelner Technologien in der Zukunft

An Bedeutung gewinnend An Bedeutung verlierend

• Wärmepumpen • Niedrig- und Passivhaustechnologien • Wärmen und Kühlen ohne Strom • Erdwärme • Solaranlagen

(Solarthermie und Photovoltaik) • Brennwertkessel • Wärmerückgewinnung • Regionale Energiegewinnung • Smart Grids • Methantechnologie • Mobilitätsmanagement • Elektroantrieb • „Concentrated Solar“ und Windenergie für

den Exportmarkt • Biomasseanwendung

• Ineffiziente Großanlagen (Trennung von Strom- und Wärmegewinnung)

• Verbrennungsmotoren • Heizölbrenner

Betont wird, dass Technologien nicht isoliert per se zu sehen sind, sondern jeweils in ihrem System- und Wirkungszusammenhang.

3.2.3 Forschungs- und Entwicklungsbedarf zur Sicherung der Energieversorgung

Hinsichtlich der Frage, in welchen Bereichen der größte Forschungs- und Entwicklungsbedarf gesehen wird um langfristig unsere Energieversorgung zu sichern, ist eine breite Meinungsvielfalt der Experten festzustellen. So vertreten einige Experten die Auffassung, dass der technische Bereich im Wesentlichen bestens abgedeckt ist und vor allem Forschungs- und Entwicklungsbedarf im Bereich der nicht technischen Aspekte besteht. Dieser umfasst sowohl die Frage der Energiedienstleistungen, des Verhaltens der Endnutzer sowie die Energiebedarfsreduktion (Raumordnung, Verhaltenspsychologie, etc.). Andererseits sehen einige Experten gerade im technologischen Bereich noch Forschungs- und Entwicklungspotenzial. Dieses umfasst neben der dezentralen Energiebereitstellung, den effizienten Netzen, der Bioraffinerie, der Photovoltaik, der Energiespeicherung (z.B. Erhöhung der Energiedichte in Batterien), auch die Substitution knapper Ressourcen, die Entwicklung neuer Werkstoffe oder aber die Schaffung von energieaktiven Siedlungen.

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Daneben werden als weitere Forschungsthemen die industrieunabhängige Risikoforschung, der Themenbereich der nachhaltigen Mobilität sowie die angewandte ökologische Forschung genannt. Ein Experte ist allerdings der Meinung, dass in Österreich zu breit geforscht wird. Es wird versucht alle Themenbereiche abzudecken. Seiner Meinung nach wäre es besser, sich in gewissen Bereichen zu spezialisieren und hier entsprechendes Know-How und Fachwissen aufzubauen. Insgesamt wird empfohlen, dass im Bereich der Forschung verschiedenste Institutionen und Einrichtungen projektspezifisch zusammenarbeiten sollten. Es sollte eine schlanke Struktur geschaffen und damit eine rasche Lösungserarbeitung durch flexible Kombination des jeweils benötigten Know-Hows erreicht werden. Hier ist vor allem die themen- oder projektspezifische Zusammenarbeit zwischen Unternehmen (hier insbesondere kleinere Unternehmen) und Forschungseinrichtungen gefragt. Nach Meinung vieler ist hierfür eine Koordinationsstelle wichtig und jedenfalls vorteilhaft.

3.2.4 Rahmenbedingungen für eine langfristig gesicherte Energieversorgung Der Großteil der Experten ist der Meinung, dass ein relativ hohes Maß an staatlicher Regelung notwendig ist um die Energieversorgung langfristig zu sichern. Zu diesem Zweck sollten auch entsprechende ordnungsrechtliche Maßnahmen gesetzt werden. Beispielsweise wird vorgeschlagen, die Mobilität durch geeignete Bestimmungen (z.B räumlich und zeitlich differenziert) zu beschränken, durch Standards, Grenzwerte sowie Ge- und Verbote ineffiziente Technologien vom Markt fernzuhalten (z.B. Stand-by, Glühbirne), sowie ein Energiekontingent für alle einzuführen. Die Experten schlagen auch finanzpolitische Steuerungsinstrumente vor. So soll beispielsweise durch die Einführung einer Energie- und Ressourcensteuer der Energiepreis steigen. Die von den Experten ebenfalls vorgeschlagene Kostenwahrheit zielt in die gleiche Richtung. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sollen künftig gefördert werden, ohne daraus allerdings eine Dauersubvention entstehen zu lassen. Neben diesen ordnungsrechtlichen und finanzpolitischen Instrumenten sollen vor allem auch Informations- und Bildungsdefizite überwunden werden. Es soll Bewusstsein geschaffen und Bildung forciert werden. Organisatorische Hürden sollen überwunden werden (z.B. One-Stop-Shop). Durch die Forcierung von Smart Grids sollen dezentrale Beiträge stärker in die Energiewirtschaft einbezogen werden. Durch derartige Steuerungsmaßnahmen sollen insgesamt dezentrale Strukturen und eine regionale Energieversorgung sowie eine Struktur der kurzen Wege gefördert werden. Bei all diesen Maßnahmen sollen auch die „Big Player“ in Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung (z.B. OMV, Verbund, etc.) verpflichtend einbezogen werden und einen öffentlichen Auftrag zur Energieversorgung erfüllen. Dabei soll ihnen der Übergang vom reinen Energieversorger zum Energiedienstleister gelingen.

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3.2.5 Strategien und Maßnahmen für Unternehmen zur Sicherung der Energieversorgung

Die Experten wurden befragt, welche Strategien und Maßnahmen sie Unternehmen empfehlen würden, sodass diese ihre Energieversorgung langfristig sichern können. Berechtigterweise haben dabei zahlreiche Experten festgestellt, dass dies natürlich sehr individuell auf einzelne Unternehmen zugeschnitten werden müsste und generelle Aussagen schwierig sind. Dennoch wurden folgende allgemeine Empfehlungen abgegeben: Vor allem empfehlen die Experten eine gründliche Analyse des Energieverbrauchs, der Energieströme und der Energierechnung der Unternehmen. Darauf aufbauend sollen langfristige Strategien (z.B. auch strategische Positionierung, Leitbild) erarbeitet werden. Umgehend, ab sofort sollen die Unternehmen die Potenziale zur Effizienzsteigerung möglichst weitgehend ausschöpfen. Einige Experten empfehlen auch, dass Unternehmen eine Energieunabhängigkeit anstreben sollen. Dies soll vor allem durch erneuerbare Energie, regionale Lösungen, kleine Netze und eine Dezentralisierung des Energiesystems gelingen. Zudem empfehlen die Experten, soweit technisch und ökonomisch machbar, Kooperation in Energieclustern (z.B. regionale Kleinkraftwerke für mehrere Unternehmen). Die Energieversorger sollen künftig zu Energiedienstleistern werden. Um diese Aufgaben in Unternehmen bewältigen zu können ist eine Beratung durch Experten und eine Schulung der eigenen Mitarbeiter unumgänglich. Zudem sollte ein Informationspool, der wichtige Ansprechpartner und wichtige Informationen für eine langfristige Energieversorgung bereithält, eingerichtet werden. An diesen sollten sich die Unternehmen dann wenden können.

3.2.6 Expertenwünsche hinsichtlich Technologie und Lenkungsmaßnahmen Zum Abschluss des Themenblocks Energie wurden die Experten eingeladen, jeweils einen Wunsch für eine zu entwickelnde Technologie sowie eine Lenkungsmaßnahme zu formulieren. Dabei hat sich gezeigt, dass die Experten nahezu übereinstimmend den Wunsch nach einer verbesserten und forcierten Nutzung der Solarenergie äußern. Zudem wird im Bereich der Lenkungsmaßnahme vor allem das Thema der Energiesteuer und der Kostenwahrheit angesprochen. Die detaillierten Wünsche der Experten sind in nachfolgender Tabelle 4 dargestellt.

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Tabelle 4: Wünsche der Experten

Gewünscht Technologie Gewünscht Lenkungsmaßnahme

• Energiedienstleistungen von Energievorsorgungsunternehmen

• Lösungen für thermische Solarnutzungen im mehrgeschossigem Wohnungsbau

• Photovoltaik • Nutzung der Solarenergie sowie dessen

Speicherung • Bei den Energieverbrauchstechnologien

und bei Energieeffizienz auch den Bedarf nach einzelnen Technologien reflektieren.

• Technologien zur Speicherung und optimalen Nutzung der Sonnenenergie

• Solare Kühlung im großen Maßstab

• CO2-Steuer • Ökologische Steuerreform • Bindende Energieauflagen im

Gebäudebereich (zu einem bestimmten Zeitpunkt ist auch im Altbau ein bestimmter Energiestandard verpflichtend)

• Energieausweis oder -Index, dessen Überschreitung auch mit entsprechenden Konsequenzen einhergeht

• Einrichtung eines Energieeffizienz-Fonds zur Unterstützung energieeffizienz-fördernder Maßnahmen

• Maximale finanzielle Unterstützung für die Forschung im Bereich der Solarenergie

• Berücksichtigung der Energieeffizienz, aber auch des Bedarfs nach Technologien bei den Energieverbrauchstechnologien

• Abbau von Barrieren für dezentrale Strukturen

3.3 Klimaschutz Nach der Einschätzung der gesamten wirtschaftlichen Situation sowie der Beantwortung der Fragen zur Energiewirtschaft wurden die Experten noch hinsichtlich ihrer Einschätzung im Themenbereich des Klimaschutzes (zusätzliche Aspekte) befragt. Dabei hat sich verständlicherweise gezeigt, dass es zahlreiche Überschneidungen mit dem Themenbereich der Energieversorgung gibt. Um Redundanzen zu vermeiden werden daher nachfolgend ausschließlich die zusätzlichen bislang nicht berücksichtigten Erkenntnisse aus dem Fragenbereich Klimaschutz dargestellt. Die möglichen Auswirkungen des Klimawandels sehen die Experten in vielerlei Bereichen. Erwartet werden wesentliche Auswirkungen auf den Tourismus und auf die Produktionsmöglichkeiten in der Landwirtschaft. Auch extreme Wetterereignisse sind zu nennen. Zudem ist mit Überflutungen, Dürren, etc. zu rechnen. Insgesamt wird es zu einer Verschiebung im österreichischen Wasserhaushalt kommen. Auch Infrastrukturprobleme, Probleme beim Absatz bestimmter Güter sowie im Bereich der Energieversorgung (Wasserführung der Flüsse) sind wahrscheinlich. Zudem ist eine Umstrukturierung in den Budgets zu erwarten. Dies gilt sowohl für die öffentliche Hand (z.B. Förderung an Klimaschutz gebunden) als auch für die privaten Haushalte. Diese werden künftig mehr Kapital für die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens aufzuwenden haben, weshalb deren „freie“ Kaufkraft insgesamt sinkt. Dies

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hat entsprechende Auswirkungen auf die Wirtschaft und kann zu einer Vergrößerung der Kluft zwischen arm und reich führen. Aufgrund der Klimaerwärmung wird zudem der Kühlbedarf steigen. Dies kann vor allem im städtischen Bereich durch große Hitze zu gesundheitlichen Problemen führen. Aufgrund dieser zu erwartenden Folgen sind Anpassungen in der österreichischen Gesellschaft und in der österreichischen Wirtschaft erforderlich. Vor allem wird es zu Änderungen im Produktionsmitteleinsatz (z.B. Saatgut) kommen müssen. Auch sind Absicherungen gegen Extremereignisse (Sturm, Überschwemmung, etc.) erforderlich. Es wird zu Änderungen im Konsumverhalten kommen (mehr regionale Produkte). Die Qualifikation der Mitarbeiter von Unternehmen wird an Bedeutung gewinnen. Kleinere Unternehmen werden diese Anpassungen voraussichtlich besser vollziehen können als größere, weil hier mehr Flexibilität gegeben ist. Auch das Gesundheitssystem wird an die neuen Gegebenheiten anzupassen sein. In der Gebäudetechnik wird vor allem die Althaussanierung besonders an Bedeutung gewinnen. Im Tourismus ist ein radikaler Strukturwandel notwendig.

3.3.1 Expertenrat an Unternehmen, um nachteilige Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden

Um mögliche nachteilige Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden, würden die Experten Unternehmen im touristischen Bereich raten, ihre Angebote zu ändern (weg vom Wintersport und Schifahren). Zudem empfehlen die Experten Umstrukturierungsmaßnahmen um den Emissionsausstoß in den Unternehmen zu reduzieren und die Ressourceneffizienz zu verbessern. Die Unternehmen sollten ihre Produktentwicklung, das Marketing, etc. an die zu erwartenden Entwicklungen anpassen und hierfür die Klimaentwicklung in die Marktforschung integrieren. Die Unternehmen sollten zudem Maßnahmen ergreifen, um künftig die Belegschaft vor Hitze zu schützen. Die Photovoltaik sollte zur Deckung des Energiebedarfs für das Unternehmen herangezogen werden. Ein Mobilitätsmanagement sollte eingerichtet werden. Erneuerbare Energieträger sollen so weit als möglich zum Einsatz kommen.

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3.3.2 Bedeutung von Branchen und Technologien angesichts des Klimawandels

Hinsichtlich der Frage welche Branchen bzw. Technologien angesichts des Klimawandels künftig an Bedeutung gewinnen bzw. an Bedeutung verlieren werden, sind die Meinungen der Experten sehr heterogen. Einige Experten gehen davon aus, dass es keine Änderungen geben wird, andere Experten meinen, dass alle Branchen ihre Angebote entsprechend anpassen werden müssen. Zudem gehen einige Experten davon aus, dass es innerhalb der Branchen zu einer deutlichen Verschiebung der Aufgaben kommen wird. Installateure werden künftig nicht „nur“ Heizungen sondern Gebäudetechnik installieren. Baumeister werden ihr Hauptbetätigungsfeld vor allem im Bereich der Sanierung und nicht mehr dem Neubau haben. Hierfür ist die Qualifikation zu adaptieren und es sind adäquate Bildungsmaßnahmen erforderlich. Die Meinungen der Experten sind in nachfolgender Tabelle 5 überblicksmäßig dargestellt. Tabelle 5: Bedeutung von Branchen und Technologien in der Zukunft

An Bedeutung gewinnend An Bedeutung verlierend

• Neue Werkstoffindustrie • Technologien zur Energieerzeugung, bei

denen keine Brennstoffkosten anfallen • Langlebige Produkte, die Reparatur

könnte an Bedeutung gewinnen • Nachhaltige Stromerzeugung • Forschung zur Vermeidung von CO2-

Ausstoß • Gebäudesanierung • Kühlung • Gestaltung des öffentlichen Raums (z.B.

Kleinklima) • Niedrig- und Passivhaustechnologien • Antriebe mit hohem Wirkungsgrad • Effiziente Transformationstechnologien • Neue Formen der Landwirtschaft • Dämmung/Dämmstoffe • Nutzung erneuerbarer Rohstoffe

• Emissionsintensive Produktion • Werkstoffindustrie, die Produkte herstellt,

die durch neue Werkstoffe abgelöst werden

• Energieintensive Branchen, die auf fossile Energieträger angewiesen sind

• Flugzeug, große Autos

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3.3.3 Expertenwünsche hinsichtlich Technologien und Lenkungsmaßnahmen Auch beim Themenblock Klima wurden die Experten eingeladen, jeweils einen Wunsch für eine Lenkungsmaßnahme und eine zu entwickelnde Technologie zu nennen, um den Klimawandel zu reduzieren oder aber seine negativen Auswirkungen hinanzuhalten. Die diesbezüglichen Wünsche der Experten sind in nachfolgender Tabelle 6 dargestellt: Tabelle 6: Wünsche der Experten nach Lenkungsmaßname und zu entwickelnder Technologie

Gewünscht Lenkungsmaßnahme Gewünschte Technologie

• Prioritäre Kommunikation des Problems des Klimawandels (nicht jeweils nach Tagespolitik zurückgestellt)

• Verbot von Kohle, eventuell auch anderen fossilen Energieträgern

• Bildungsverpflichtung • CO2-Steuer • Betriebscluster mit ÖV-Anschluss • Notwendige Dinge müssen verpflichtend

sein • Verpflichtende Zertifizierungen von

Unternehmen (z.B. Umweltmanagement)

• Vermeidung von Baufehlern • Auch künftig hohe Innovationsaktivität von

Unternehmen im Bereich des Klimaschutzes

• Kühlung • Nachhaltige Energiespeicherung • Wettbewerbsfähige alternative

Energieversorgung • Systemadäquate Technologien

3.4 Zusammenfassung Die Interviews mit den Experten zeigten zwar eine gewisse Meinungsvielfalt ließen aber wichtige Wegweiser erkennen, in welche Richtung sich Politik, Verwaltung und Unternehmen für die Zukunft orientieren sollten. Zahlreiche Denkanstöße und innovative Ideen zeugen von hohem Expertenwissen und Kreativität. Nachfolgend wird ein Auszug der wesentlichsten Aussagen, Empfehlungen und Meinungen der Experten zusammenfassend dargestellt. Vor allem die bevorstehende Energie- und Ressourcenverknappung wird als Problem für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem identifiziert. Die Experten haben festgestellt, dass es starke Tendenzen gibt, das derzeit existierende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem zu erhalten, obwohl langfristig absehbar ist, dass dies nicht möglich sein wird. Durch die Verzögerungen in der Entscheidungsfindung, vor allem aber auch in der Umsetzung von Maßnahmen wird die Chance, unser Gesellschafts- und Wirtschaftsystem zukunftsfähig auszurichten, drastisch verringert. Als besondere Chancen für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem werden vor allem die soziale Kompetenz der Österreicherinnen und Österreicher sowie das hohe Bildungsniveau mit interdisziplinären Fähigkeiten genannt. In den energieintensiven

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Bereichen sehen die Experten Chancen für Standort Österreich, wenn es gelingt, know-how-intensive Produkte herzustellen. Als weitere wesentliche Entwicklungschance in Österreich wird eine verstärkte Dezentralisierung, verstärkte Aktivitäten in Marktnischen sowie in dezentralen kleinen Strukturen gesehen. Dies gilt vor allem auch für Unternehmen, da besonders kleinstrukturierte Einrichtungen flexibler auf Änderungen reagieren können. Dringend empfehlen die Experten die Energie- und Ressourceneffizienz in Österreich zu erhöhen, den Einsatz erneuerbarer Energieträger zu forcieren sowie durch einen Wertewandel in unserer Gesellschaft das Energiesparen, (insgesamt: Akzeptanz für einen zukunftsfähigen Lebensstil) anzuregen. Im Bereich der erneuerbaren Technologien wird der direkten Sonnennutzung (Solarthermie, Photovoltaik) das größte Potenzial und die größten Entwicklungschancen eingeräumt. Nahezu alle Experten fordern intensive Maßnahmen in diesem Bereich. Neben den technologischen Entwicklungen sollten allerdings auch Entwicklungen im gesellschaftlichen Bereich vorangetrieben werden. Neben dem bereits angesprochenen Wertewandel gilt es vor allem für eine hochstehende Bildung und zukunftsorientierte Qualifikation der Österreicherinnen und Österreicher bzw. der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen, aber auch des öffentlichen Sektors zu sorgen. Gerade dies stellt ein hohes Potenzial dar, das es zu erhalten und zu verbessern gilt. Im Bereich der Forschung und Entwicklung wurden bereits vielfältige Initiativen gesetzt. Auch wenn es im technologischen Bereich (z.B. Werkstoffe, Photovoltaik, etc.) noch Forschungsbedarf gibt, gilt dies verstärkt für den nicht technologischen Bereich, beispielsweise für Themen wie Raumordnung, Mobilitätsmanagement, etc. und für Systemzusammenhänge. Im Bereich der politischen Steuerungs- und Lenkungsmaßnahmen werden neben wirkungsvollen ordnungsrechtlichen Maßnahmen (Standards, Gebote, Verbote) vor allem finanzpolitische Maßnahmen gefordert. Die Herstellung von Kostenwahrheit und Ökologisierung der sozialen Marktwirtschaft soll zu einer Entlastung des Faktors Arbeit und zu einer verstärkten Belastung des Faktors Energie- und Ressourceneinsatz führen. Ziel muss es sein, dass sich Notwendiges rechnet. All diese Anregungen lassen sich unter dem Konzept der ökologischen Steuerreform zusammenfassen.

4 Best-Practice Beispiele In den Interviews wurden von den Experten einige Gefahren, aber auch Chancen für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem genannt. Chancen in der derzeitigen Krise. Chancen aber auch hinsichtlich einer langfristigen Perspektive. Diese Chancen wurden seitens der Experten vor allem auch im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes identifiziert.

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Gerade diese Bereiche werden oftmals als Belastung für Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt dargestellt. Investitionen in Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, strenge rechtliche Rahmenbedingungen in diesem Bereich, oder aber gesellschaftliche Forderungen werden oftmals als Gefährdung der österreichischen Wirtschaft und der österreichischen Unternehmen empfunden. Zahlreiche Studien von Umwelt Management Austria und vor allem die betriebliche Praxis zeigen allerdings, dass es möglich ist, durch zielführenden Umwelt- und Klimaschutz Vorteile zu lukrieren, ja sogar Kosten zu senken und „neue“ Gewinne zu erzielen. Fundiertes Know-How ist dafür – wie von den Experten bereits dargelegt – unabdingbar. In zahlreichen Bildungsangeboten werden daher Projekte in der Praxis durchgeführt, die zeigen, welche Chancen sinnvoller Umwelt- und Klimaschutz bieten. Im Zuge der Erstellung dieser Studie wurden umfangreiche Recherchen nach derartigen Best-Practice Beispielen durchgeführt, die zeigen, dass Wettbewerbungsvorteile, Kostensenkungen und zusätzliche Gewinne durch Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen möglich sind. Nachfolgend werden einige dieser Beispiele dargestellt.

Unternehmen: Der MANN Bäckerei und Konditorei GmbH & Co KG

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Druckluftoptimierung, Absenkung des Ein-/Ausschaltdrucks, Einbau eines Hilfskompressors

Erzielter Erfolg: • Energieeinsparung 66.000 kWh/a • Kosteneinsparung 6.600 EUR/a • Kostenreduktion 30 Prozent • einmalige Investition 3.000 EUR • Amortisationszeit 5,5 Monate • Realisierung 2008

Unternehmen: Landfrisch Molkerei reg. Gen.m.b.H.

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Europas erste Molke-Biogasanlage, Verwertung der anfallenden Molke zur Bereitstellung von Wärme und Strom

Erzielter Erfolg: • Energieeinsparung 3.688.000 kWh/a • Kosteneinsparung 450.000 EUR/a • Kostenreduktion 8 Prozent • einmalige Investition ca. 2.000.000 EUR • Amortisationszeit 4 ½ Jahre • Realisierung 2006

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Unternehmen: Knauf Ges.m.b.H.

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Optimierung der Ventilatorregelung, Tausch der Riemenscheiben an den Ventilatoren

Erzielter Erfolg: • Kostenreduktion 24.000 EUR/a • Kostenreduktion Strom Trockner 9 Prozent • einmalige Investition 3.500 EUR • Amortisationszeit 2 Monate • Gesamtes Einsparpotential im Unternehmen in

Motorsystemen ca. 866.000 kWh/a • Realisierung Feber 2006

Unternehmen: Lenzing AG

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

In der Lenzing AG wird Schutzgas bei chemischen Prozessen benötigt um die Entwicklung von explosionsfähigen Atmosphären in gefährdeten Bereichen zu verhindern. Bislang wurden zur Herstellung der Schutzgase fossile Brennstoffe verfeuert. Nunmehr erfolgt eine Umstellung der Schutzgaserzeugung auf das Inertgasmedium Stickstoff. Zu diesem Zweck wurde eine absorptive „Luftzerlegung“ installiert.

Erzielter Erfolg: • Energieeinsparung 119.537 EUR/a • Kostenreduktion: 109.515 EUR/a • Reduktion CO2-Äquivalente: 2188 t/a • Investitionskosten 128.000 EUR • Amortisationsdauer: 1,2 Jahre

Unternehmen: Knauf Ges.m.b.H.

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Der Trockner für die Produktion der Knauf Gipskartonplatten ist der energetisch bedeutendste Anlagenteil des Werks. Durch eine Erhöhung des Frischluftvolumenstroms, der im Wärmetauscher durch die Wärme der Abgase erhitzt wird, wurde eine Prämienenergieeinsparung erreicht.

Erzielter Erfolg: • Energieeinsparung: 3.200 MWh/a Erdgas • Kostenreduktion 71.000 EUR/a • Reduktion CO2-Äquivalente: zirka 36 t/a • Investitionskosten 238.000 EUR • Amortisationsdauer: 3,3 Jahre

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Unternehmen: Schenkmann-Piel-Engeneering GmbH, Leverkusen (D)

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Entwicklung eines Heißdampf-Fasertrockners zur Trocknung von mitteldichten Faserplatten.

Erzielter Erfolg: Gegenüber konventionellen Trocknern weist der Heißdampf-Fasertrockner einen deutlich reduzierten thermischen Energieverbrauch auf. Da keine Abluft anfällt, werden die bisher benötigten aufwändigen Filteranlagen überflüssig.

Unternehmen: E & J Gallo (Weingut), Kalifornien

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Betreiber des größten Weingutes der Welt. Nutzung der fertigen Weinprodukte als thermische Speicher. Teilweise Außerbetriebsetzung des Systems zur Energieeinsparung. Ersatz der 38 alten Kühler mit 2 Hocheffizienz-Umlaufkühlern, einem wassergekühlten System sowie 8 Luftaustauschsystemen.

Erzielter Erfolg: Reduktion des Energieverbrauchs um 23%

Neben diesen klassischen Beispielen aus Produktionsbetrieben unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Branche zeigt sich, dass auch im Handel, im Transport, etc. ähnliche Erfolge erzielt werden können. Durch Innovationen können neue Märkte erschlossen und Standorte gesichert werden: Unternehmen: Kiesling Fahrzeug GmbH,

Dornstadt-Tomerdingen (D)

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Entwicklung einer innovativen Trennwand für Kühlfahrzeuge zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und Rußpartikelausstoßes

Erzielter Erfolg: Mit fortschreitender Auslieferung wird immer weniger Platz für tiefzukühlende Frischwaren und immer mehr Raum für Leergut benötigt. Die variable und nachträglich installierbare Isolierwand trennt den Tiefkühlbereich im Fahrzeug vom nicht zu kühlenden Laderaum ab. Der Energieaufwand wird durch das verkleinerte Kälteraumvolumen über die Wand vermindert. Der Kraftstoffverbrauch und der umweltschädliche Rußpartikelausstoß werden um 30% verringert. Parallel dazu verlängert sich die Lebensdauer der Kühlmaschinen.

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Unternehmen: C&A Mode GmbH & CoKG Distributionscenter

Kurzbeschreibung der Maßnahme:

Lichtmanagement zur Optimierung der Lagerbeleuchtung, Anpassung der Lux-Lichtleistung an die gesetzlichen Regelungen (Reduzierung des Lichtstroms, entspricht Dimmung)

Erzielter Erfolg: • Energieeinsparung 105.600 kWh/a • Kosteneinsparung 11.300 EUR/a • Kostenreduktion 22 Prozent • einmalige Investition 37.115 EUR • Amortisationszeit ca. 28 Monate • Realisierung 2006

Die oben dargestellten Best-Practice Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass Maßnahmen und Innovationen im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes neben Vorteilen am Markt vor allem auch wirtschaftliche Vorteile bringen können. Aus den Meinungen der Experten und deren Einschätzung, sowie den zahlreichen Best-Practice Beispielen aus der Praxis lassen sich Strategien und Maßnahmen für die Zukunft ableiten, sodass der wirtschaftliche Erfolg langfristig gesichert werden kann. Dies wird in nachfolgendem Kapitel versucht.

5 Resümee und Empfehlungen Experteninterviews, Best-Practice Beispiele, eigene Überlegungen und umfangreiche Literaturrecherche machen klar: Die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise kann kaum unterschätzt werden, wird aber vergleichsweise kurz wirken. Langfristig erhalten bleibt die Problematik der Verfügbarkeit von stofflichen und energetischen Ressourcen. Langfristig begleiten werden uns Probleme des Klimawandels. Es gilt also, diese langfristigen Probleme offen anzugehen, zu lindern, oder zu vermeiden und dabei zugleich positives zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise beizutragen. Es sollte uns Mut und Kraft geben, dass dafür zahlreiche Optionen offen stehen:

Gesicherter Bereich: Es geht darum, das zu tun, was wir heute bereits kennen und wissen, was sich als sinnvoll erwiesen hat – was aber eben tatsächlich und wirksam in die Praxis umgesetzt gehört! Effiziente Nutzung der energetischen und stofflichen Ressourcen, Übergang zu erneuerbaren Materialien und Energien sowie regionale Versorgung wirken rasch, aber auch langfristig negativen Umwelteffekten und dem Klimawandel entgegen, sichern sofort Arbeitsplätze und Einkommen in der Region und machen unabhängig vom Ausland. Die dafür notwendigen Techniken sind längst bekannt und werden von Jahr zu Jahr noch wirksamer. Es geht darum, das Bewusstsein zu entwickeln, das Know-How für die technischen Optimierungen zu vermitteln. Die

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Interessenvertretung der NÖ Wirtschaft kann dazu durch Beratung, Seminare und andere Qualifikationsangebote, Informationsvermittlung, Präsentation von Best-Practice Beispielen, etc. wirkungsvoll beitragen. Über ihren eigenen Bereich hinaus kann sie dann glaubhaft fordern, dass die Rahmenbedingungen für ökologisches Wirtschaften verbessert werden müssen: Durch eine Anpassung des Steuersystems und der Förderungen, durch entsprechende ordnungsrechtliche Maßnahmen und durch Integration der Bewusstseinsbildung und des Grundlagenwissens in die allgemeine Aus- und Weiterbildung. Selbstverständlich gilt es dabei, sowohl wirtschaftliche, soziale als auch ökologische Interessen ausgewogen zu berücksichtigen. Dass dies möglich ist, zeigen zahlreiche Best-Practice Beispiele. Soziale, ökologische und ökonomische Überlegungen können einander wunderbar ergänzen. Dies hat jüngst Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des Deutschen Umweltbundesamtes, treffend festgestellt: „Ziel der Umweltpolitik ist eine ökologische Modernisierung, also: Entwicklung und Wohlstand im Einklang mit dem Schutz der natürlichen Umwelt und der Gesundheit der Menschen.“ Es geht also keinesfalls um Verzicht und Askese. Effizienz als zentrale Kategorie der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen sowie der Gestaltung von (betrieblichen) Abläufen sichert mehr Wohlstand mit deutlich reduziertem Einsatz von Ressourcen. Gerade im Bereich der Umwelttechnik und der Energietechnik scheint dies möglich: „Die weltweit positive Entwicklung umweltschonender Techniken in den vergangenen Jahren zeigt, dass sich umweltorientierte Innovationen auch wirtschaftlich lohnen. Der Markt für Umweltschutz und Energietechniken ist einer der weltweit am stärksten wachsenden Märkte“, so Andreas Troge.

Von der Theorie zur Praxis: Oft sind zwar Ziele grundsätzlich bekannt – Maßnahmen und technische Umsetzung noch nicht konkret entwickelt. In diesem Bereich besteht großer Bedarf nach Forschung und Entwicklung. Hier gilt es, für ein Bundesland – das sicher nicht mit großen Staaten und Vereinigungen von Staaten konkurrieren kann – die passenden Nischen zu finden. Kleine Unternehmen haben den Vorteil größerer Flexibilität. Gemeinsame Diskussion, suche nach Lösungen, Bündelung der Kräfte kann hier zum Erfolg führen (siehe auch Best-Practice Beispiele in dieser Studie). Hier kann und wird es Aufgabe der Wirtschaftskammer Niederösterreich sein, zu koordinieren, den Diskussionsprozess zu moderieren und voranzutreiben – wie eben mit der Standortinitiative 2010+ – aber auch Einsatz zu leisten für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen im Sinne der Ökologisierung der sozialen Marktwirtschaft auf nationaler und übernationaler Ebene. Andreas Troge meint dazu: „Eine aus globaler Krise und ökologischer Herausforderung animierte Modernisierung eröffnet den Blick auf Entwicklungschancen und schüttet alte Gräben zu“. Er weist allerdings auch

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daraufhin, dass es kein Wachstum ohne Schutz der Umwelt und der Schonung der Ressourcen geben darf.

Neuland: Wer möchte heute spontan sagen, mit welchen Dienstleistungen und Produkten er in 20 oder 30 Jahren am Markt reüssieren wird? – Innovationen entstehen immer auch dann, wenn es gelingt, sich aus dem Alltagsstress herauszunehmen, zurückzulehnen und nachzudenken: Techniken und systemische Kombinationen derselben können bei den Überlegungen ebenso eine wichtige Rolle spielen wie Kundenwünsche oder die Phantasien für einen künftigen, auf Dauer möglichen Lebensstil. Produkte und Dienstleistungen dementsprechend zu entwickeln bedeutet Vorsprung auf dem Markt der Zukunft. Energiesparen muss nicht zur Askese führen. Wir können mehr Wohlfahrt mit wesentlich weniger Energie genießen – das lässt sich einfach nachweisen. Was wir nicht wissen, ist die konkrete Situation der verfügbaren Ressourcen, vor allem aber: der Kundenwünsche in einigen Jahrzehnten. Die Aufgabe ist also nicht leicht. Die Chance, durch einen solchen bewussten (moderierten) Nachdenk-, Recherche- und Entwicklungsprozess Vorteile zu lukrieren, ist aber sehr groß. Vor allem gilt es dabei auch, Ängste und Vorbehalte zu überwinden. Die Angst vor Neuem. Die Angst vor neuen Entwicklungen. Die Angst vor Änderungen des Systems. Neues kann Chancen eröffnen. Innovationen neue Märkte erschließen. Beschränkt man sich auf das bereits Bekannte, auf bekannte Lösungen und bekannte Märkte, so kann man rasch ins Hintertreffen gelangen. Die Chance Neues zu nutzen gilt es zu propagieren. Durch Information, Bewusstseinsbildung, vor allem aber auch durch Unterstützung gilt es Ängste zu nehmen, Chancen aufzuzeigen und zu offenem Zugehen auf Neuerungen zu motivieren. Gerade Interessensvertretungen können hier wichtige und gute Dienste leisten. Zusammenfassend: Innovation heißt • das Zukunftsfähige heute zu realisieren • das beste gesicherte Wissen rasch für die Praxis nutzbar machen • ein gewisses Maß an Risiko bei der Einschätzung der Zukunft nicht zu scheuen:

Frühzeitige Kundenorientierung, Nutzanwendung zukunftsfähiger Technik, Minimierung der Krisenanfälligkeit und maximale Fehlerfreundlichkeit werden dann stabiles Wohlergehen für die NÖ Wirtschaft und die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sichern.

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6 Literaturverzeichnis Jänicke M.: Megatrend Umweltinnovation – Zur ökologischen Modernisierung von Wirtschaft und Staat, oekom-Verlag Kelley T. (2001): Wie ihre Unternehmen auf neue Ideen kommen, München Leitner K. (2003): Von der Idee zum Markt – die 50 besten Innovationen Österreichs, Wien Pullig K. (2000): Innovative Unternehmenskulturen, Rosenberger-Verlag Timitrov-Ragadschnig H., Dullnig K. (2006): Best-Practice Beispiele für effizientes Energiemanagement, Wien: Umweltschutz der Wirtschaft Spezial, Wien Weitere Links: http://www.klimaaktiv.at/article/archive/16144/ http://www.klimaaktiv.at/filemanager/download/38519 http://www.klimaaktiv.at/article/archive/16144/ http://www.klimaaktiv.at/filemanager/download/38533 http://www.klimaaktiv.at/article/archive/16144/ http://www.klimaaktiv.at/filemanager/download/38554 http://www.klimaaktiv.at/article/archive/26456/ http://www.klimaaktiv.at/filemanager/download/18855/ Weitere Quellen: Energieeffizient. Wie Industrie und Gewerbe Energie sparen können, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, 2006

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Anhang 1: Interviewleitfaden

Standortinitiative Niederösterreich

Interviewleitfaden für Top-Experten-Gespräche 1. Einleitung Die Wirtschaftskammer Niederösterreich führt im Jahr 2009 eine Standortinitiative 2010+ durch. NÖ Unternehmen werden dabei unterstützt, sich zukunftsweisend am Markt zu positionieren bzw. rechtzeitig Marktchancen zu erkennen und zu ergreifen. Um diese Optionen auszuloten werden verschiedenste Techniken und Methoden angewandt. So werden beispielsweise im Rahmen von Veranstaltungen sogenannte „World-Cafes“ zur Ideenfindung und Erörterung wichtiger Fragen durchgeführt. Ganz wesentlich und wichtig sind Gespräche mit hochkarätigen Experten um deren Einschätzung von Zukunftschancen berücksichtigen zu können. Ich freue mich daher ganz herzlich, dass wir Sie für ein solches Gespräch gewinnen konnten. Sehr herzlich darf ich Sie einerseits um Ihre Gesamteinschätzung zu den einzelnen Fragen bitten und diese sodann spezifisch aus dem Blickwinkel der Energieversorgung und des Klimaschutzes zu betrachten. Diese beiden Bereiche sollen besondere Berücksichtigung finden. 2. Allgemeiner Überblick Bei den nachfolgenden Fragen soll nur ein erster allgemeiner Überblick, eine erste Einschätzung der generellen Situation erfolgen, noch ohne auf nähere Details hinsichtlich der Energieversorgung und des Klimaschutzes einzugehen. 2.1. Welche der folgenden Aussagen trifft Ihrer Meinung nach eher zu:

- Im Großen und Ganzen geht es den Österreichern O gut O schlecht.

- Die Situation der Österreicher wird sich in den nächsten Jahrzehnten O verbessern O verschlechtern.

2.2. Welche sind Ihrer Meinung nach die größten Gefahren, die unser Gesellschafts-

und Wirtschaftssystem bedrohen? Anm.: Bsp: Krieg, Wassermangel, Seuchen, Klimawandel, Begrenztheit von Ressourcen, Inflation, Arbeitslosigkeit, etc.

2.3. Welche sind Ihrer Meinung nach die größten Chancen, die sich in Zukunft

unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem bieten? 2.4. Welche sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Maßnahmen und Instrumente

um die Gefahren abzuwehren bzw. die Chancen zu nutzen? 2.5. Werden sich unsere Wirtschaftsformen und unser Wirtschaftssystem Ihrer

Meinung nach künftig ändern? Welche Änderungen erwarten Sie?

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2.6. Welche Techniken (Innovationen und technische Entwicklungen) werden Ihrer Einschätzung nach künftig besonders bedeutend sein, welche werden an Bedeutung verlieren?

2.7. Welche Branchen werden Ihrer Meinung nach den größten Aufschwung erleben?

Welche Branchen werden Ihrer Meinung nach mit großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben?

3. Innovation für Klimaschutz und eine zukunftsfähige Energieversorgung Bei nachfolgenden Fragen werden nun Aspekte der Energiewirtschaft und des Klimaschutzes detaillierter behandelt. Energiewirtschaft 3.1. Wie wird sich der Energieverbrauch insgesamt und im Speziellen im Bereich der

Elektrizität bis 2020 und 2030 entwickeln? Wie sollte er sich Ihrer Meinung nach entwickeln?

3.2. Welche erneuerbaren Energieträger werden Ihrer Einschätzung nach langfristig

die größte Bedeutung erlangen? 3.3. Welche Technologien werden Ihrer Meinung nach künftig wichtig sein bzw.

verstärkt zum Einsatz kommen? Welche werden an Bedeutung verlieren? 3.4. In welchen Bereich sehen Sie den größten Forschungs- und Entwicklungsbedarf

um langfristig unsere Energieversorgung zu sichern (sowohl technologisch als auch abseits von Technologien)?

3.5. Welche gesellschaftlichen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen

sind notwendig um unsere Energieversorgung langfristig zu sichern? Hinweise: Ökosoziale Marktwirtschaft, „Wünschenswertes muss sich rechnen“ Nachfrage: Glauben Sie, dass es langfristig möglich ist die Energieversorgung in Österreich zu sichern, ohne einschneidende Einschränkungen hinnehmen zu müssen. Wenn ja, wie müssten die Eckpunkte einer solchen Energiezukunft aussehen?

3.6. Welche Strategien und Maßnahmen empfehlen Sie Unternehmen sodass sie ihre

Energieversorgung langfristig sichern können? 3.7. Ihr Wunsch an Unternehmen und Entscheidungsträger: eine zu entwickelnde

Technologie sowie eine Lenkungsmaßnahme? Klimaschutz Zahlreiche Fragen aus dem Bereich des Klimaschutzes hängen sehr eng mit Fragen der Energiewirtschaft zusammen. Möglicherweise wurden Fragen bereits beim Themenbereich Energie beantwortet. Die jeweiligen Fragen können dann beim Bereich Klimaschutz entfallen. 3.8. Welche gesellschaftlichen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen

sind notwendig um wesentliche Fortschritte im Klimaschutz erzielen zu können? Hinweis: neben jenen, die bereits im Bereich E-Wirtschaft besprochen wurden

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3.9. Worin bestehen die Folgen für die österreichische Gesellschaft und die

österreichische Wirtschaft durch den Klimawandel? 3.10. Welche Anpassungen sind in der österreichischen Gesellschaft und der

österreichischen Wirtschaft sind hinsichtlich der Klimaänderungen erforderlich? 3.11. Welchen Rat würden Sie einem Unternehmen geben, sodass dieses mögliche

nachteilige Auswirkungen des Klimawandels vermeiden kann? 3.12. Welche Branchen werden angesichts des Klimawandels an Bedeutung

gewinnen, welche an Bedeutung verlieren? 3.13. Welche Technologien werden angesichts des Klimawandels an Bedeutung

gewinnen? 3.14. Ihr Wunsch an Unternehmen und Entscheidungsträger: eine zu entwickelnde

Technologie sowie eine Lenkungsmaßnahme? 4. Abschluss Vielen Dank für die Zeit und Mühe, die Sie uns und dem Projekt geschenkt haben. Die Ergebnisse der Befragungen werden zusammenfassend im Rahmen einer Innovationstagung der WKNÖ am 28.04.2009 in Wr. Neustadt vorgestellt. Schon heute dürfen wir Sie sehr herzlich zu dieser Tagung einladen und werden uns erlauben, Ihnen zeitgerecht eine detaillierte Einladung zukommen zu lassen.