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Seminar des FA Ultraschallprüfung Vortrag 15 1 Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/ Innovative Ultraschallprüfung komplexer Bauteile vom Guss bis zur additiven Fertigung Hans RIEDER 1 , Martin SPIES 1 , Joachim BAMBERG 2 1 Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP Campus E3 1, 66123 Saarbrücken 2 MTU Aero Engines AG Dachauer Straße 665, 80995 München Kurzfassung Die Ultraschallprüfung ist sowohl bei klassischen Metallverbindungen als auch bei modernen Herstellungsverfahren von großer Bedeutung. Die Prüfung komplexer Bauteile unterliegt besonderen Randbedingungen. Dazu gehören die Bauteilgeometrien und - dimensionen, Materialeigenschaften wie Anisotropie und Inhomogenität, aber auch die starke Schallschwächung in Gussbauteilen. Trotz größter Sorgfalt bei dem Gießen können Unregelmäßigkeiten nicht ausgeschlossen werden. Da Gasporositäten, Schrumpfungsfehler und metallurgische Fehler, wie Heißrisse entstehen können, sind geeignete Qualitätssicherungsverfahren notwendig. Den traditionellen Gussverfahren stehen heute moderne Herstellungsverfahren, wie das Selektive Laserschmelzen (SLM, Selective Laser Melting) gegenüber. SLM ist ein generatives Fertigungsverfahren, welches zu der Gruppe der Strahlschmelzverfahren gehört und auch als 3D-Drucken mit Metallpulver bezeichnet wird. Dieses Verfahren ist für Titan- und Inconel-Legierungen sowie verschiedene Edelstähle anwendbar. Ähnliche Verfahren sind das Elektronenstrahlschmelzen sowie das selektive Lasersintern. Auch bei SLM stehen derzeit Maßnahmen für die Qualitätssicherung im Fokus. Dies betrifft neben den offline Methoden der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung auch Verfahrensansätze, welche während des Herstellungsprozesses mittels Monitoring den Prozess beobachten und frühzeitig Probleme anzeigen. Wir werden in diesem Beitrag die innovative Ultraschallprüfung komplexer Bauteile sowohl bei Anwendungen aus dem Bereich der klassischen Metallverbindungen (Guss, Schweißnähte) als auch bei dem Selektiven Laserschweißen vorstellen und diskutieren. More info about this article: http://www.ndt.net/?id=20951

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Seminar des FA Ultraschallprüfung – Vortrag 15

1 Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/

Innovative Ultraschallprüfung komplexer Bauteile – vom Guss bis zur additiven

Fertigung

Hans RIEDER 1, Martin SPIES 1, Joachim BAMBERG 2 1 Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP Campus E3 1, 66123

Saarbrücken 2 MTU Aero Engines AG Dachauer Straße 665, 80995 München

Kurzfassung

Die Ultraschallprüfung ist sowohl bei klassischen Metallverbindungen als auch bei modernen Herstellungsverfahren von großer Bedeutung. Die Prüfung komplexer Bauteile unterliegt besonderen Randbedingungen. Dazu gehören die Bauteilgeometrien und -dimensionen, Materialeigenschaften wie Anisotropie und Inhomogenität, aber auch die starke Schallschwächung in Gussbauteilen. Trotz größter Sorgfalt bei dem Gießen können Unregelmäßigkeiten nicht ausgeschlossen werden. Da Gasporositäten, Schrumpfungsfehler und metallurgische Fehler, wie Heißrisse entstehen können, sind geeignete Qualitätssicherungsverfahren notwendig. Den traditionellen Gussverfahren stehen heute moderne Herstellungsverfahren, wie das Selektive Laserschmelzen (SLM, Selective Laser Melting) gegenüber. SLM ist ein generatives Fertigungsverfahren, welches zu der Gruppe der Strahlschmelzverfahren gehört und auch als 3D-Drucken mit Metallpulver bezeichnet wird. Dieses Verfahren ist für Titan- und Inconel-Legierungen sowie verschiedene Edelstähle anwendbar. Ähnliche Verfahren sind das Elektronenstrahlschmelzen sowie das selektive Lasersintern. Auch bei SLM stehen derzeit Maßnahmen für die Qualitätssicherung im Fokus. Dies betrifft neben den offline Methoden der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung auch Verfahrensansätze, welche während des Herstellungsprozesses mittels Monitoring den Prozess beobachten und frühzeitig Probleme anzeigen. Wir werden in diesem Beitrag die innovative Ultraschallprüfung komplexer Bauteile sowohl bei Anwendungen aus dem Bereich der klassischen Metallverbindungen (Guss, Schweißnähte) als auch bei dem Selektiven Laserschweißen vorstellen und diskutieren.

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© Fraunhofer

Innovative Ultraschallprüfung komplexer Bauteile –vom Guss bis zur additiven Fertigung

Seminar des FA Ultraschallprüfung

Saarbrücken, 3.-4. November 2015

Hans Rieder*, Martin Spies*Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP, Campus E3 1, 66123 Saarbrücken

Joachim BambergMTU Aero Engines AG, Dachauer Strasse 665, 80995 München

*Teile der vorgestellten Ergebnisse entstanden am Fraunhofer ITWM, Kaiserslautern

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Innovative Ultraschallprüfung komplexer Bauteile –vom Guss bis zur additiven Fertigung

Metallverbindungen klassisch

Schweißnähte

Stähle (Ferrit, Austenit)

Gusswerkstoffe

Moderne Fertigung

Selective Laser-Melting

Titan- und Inconel-Legierungen

verschiedene Stähle

Ultraschall-Prüfverfahren: mechanisiert

Sensoren: konventionell, Phased Array, EMAT

Signal- und Datenverarbeitung, Algorithmik

Ausblick

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Ultraschallprüfung von Schweißnähten in Bronzegussbauteilen

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Vor-Ort-Inspektion eines geschweißten Festpropellers

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Belastungszonen von Low-Skew/High-Skew Propellern

Quelle: Germanischer Lloyd, Hamburg (heute DNV-GL)

Low Skew High Skew

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Ermittlung der zulässigen Fehlergrößen

Quelle: Germanischer Lloyd, Hamburg (heute DNV-GL)

8.6 mm

6.4 mm

4 mm

2.5 mm

Beispiel: Kreisscheibendurchmesser

Kantenbereiche

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Ermittlung der Materialkenngrößen

Hydrodynamische Belastungsanalyse

für typische Manöver (bollard

ahead and back, turning circle, etc.)

=> maximale Spannungsamplitude

Bruchmechanische Analyse =>

Rissausbreitungsschwellwert

Quelle: GKSS, Geesthacht (heute)

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Prüfrandbedinungen – Zuverlässigkeit ZfP

komplexe Formen: Vielzahl von Krümmungen, abhängig vom Bauteiltyp

Gefügeinhomogenität, abhängig von der Bauteildicke

Schallschwächung => geringes Signal-Rausch-Verhältnis

Schalleigenschaften des Propeller-Materials

Grobkörnigkeit bei CuNiAl

Variierende Zuverlässigkeit der Prüfverfahren – viele Einflussparameter

MAPOD: Reduktion der Testkörper durch validierte Simulationen

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Probability of Detection POD

WA2

310 x 285 x 50 mm3

Schallschwächung 1.4 dB/cm (Long-Welle, 2 MHz)

FBB von 3 mm bis 8 mm

MessdatenSimulierte Daten

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EMAT und Phased Array - Ergebnisse

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Geschweißte Probe mit Modellfehlern

Testkörper No. 1

V-Naht, 40 mm

3mm Querbohrung in Schweißnahtflanke

3mm/4mm Nut in Schweißnahtwurzel

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Ergebnisse der verschiedenen Prüfungen

Ergebnis: 3D-SAFT-Rekonstruktion

Ergebnis: Phased-Array

Querbohrung

Nut

NutQuerbohrung

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Testkörper No. 2

V-Naht, 49 mm

3 mm Querbohrung in Schweißnahtflanke

3 mm / 4 mm Nut in Schweißnahtwurzel mittig

3 mm / 4 mm Nut in Wärmeinflusszone

3 mm Durchgangbohrung in Schweißnaht

Geschweißte Probe mit Modellfehlern

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Ergebnis: 3D-SAFT-Rekonstruktion

Ergebnis: Phased-Array

Nuten

Querbohrung

Durchgangsbohrung

Durchgangsbohrung

Nuten

Querbohrung

Ergebnisse der verschiedenen Prüfungen

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EMAT-Sensor und Frontend-Einheit

Vier-Element EMAT-Array

30° bis 60° SH-Wellen

Frequenz 680 kHz

EMAT-Frontend-Einheit

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EMUS – SAFT-Ergebnisse (neu)

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Vor-Ort-Ultraschallprüfung T-Fitting

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Mechanisierte Prüfung der Längsschweißnaht

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Prüfrandbedingungen und Prüfablauf

- Mechanisierte Ultraschallprüfung, verschiedenen Sonden und Frequenzen- Koppelmittel: Öl- Inspektionswinkel : + 45 °, -45 °, 60 °, -60 ° (optimale Prüffrequenz: 2 MHz) - Inspektion beidseitig der SW- Datenerfassung und Speicherung- Nachbearbeitung durch das Rekonstruktionsverfahren SAFT ++ für gekrümmte

Geometrien- Scan-Index-Auflösung: 0,33 mm x 1 mm

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Prüfsystem

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Bereich der Schweißnaht Prüfbereich

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Number Area X Y Z dx dy1 98.0 62.2 125 43.2 14.0 11.52 42.0 75.3 124.9 43.8 8.0 9.03 21.0 105.6 125.8 44.0 8.0 4.0

Ind

ex

Scan

Fragestellung:

‐ Zusammenhängend oder nicht?

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Additive Manufacturing

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Additive Manufacturing

Rapid Prototyping: seit etwa 25 Jahren in Forschung und Entwicklung

Additive Manufacturing (AM) für die Herstellung metallischer Bauteile:

seit ca. 10 Jahren

Getriebegehäuse

Quelle: FIT AG, Lupburg – www.pro-fit.de

©FIT AG 2015

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Motorradrahmen

Quelle: FIT AG, Lupburg – www.pro-fit.de

©FIT AG 2015

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Herausforderungen

Treibstoffreduktion

Gewichtsreduktion

Kostenreduktion

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Herangehensweise

Innovatives Design ‚Fast rotating turbine‘

Innovatives Material TiAl-Schaufeln

Innovative Produktion Additive Manufacturing

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Boroskop-Auge - erstes MTU-Serienbauteil

Plattform mit 16 Boroskop-Augen und Zugproben

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Additive Manufacturing AM –Verfahren und Qualitätssicherung

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Additive Manufacturing – NICHT ‘3D-Drucken’

Pulverbett-Schweißen ist die am häufigsten eingesetzte Methode für den 3D-Druck metallischer Objekte

Selective Laser Melting (SLM)

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Selective Laser Melting SLM

Prinzip

Additive Manufacturing

Quelle: Fraunhofer ILT, Aachen

3D-CAD-Modell

Metallpulverbett

Schicht-für-Schicht-Schmelzen mittels Laser

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Selective Laser Melting

IN718-Bauteil auf der Plattform

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Qualitätssicherung der kompletten Prozesskette

vorher

Pulver

Maschine

währendProzessparameter

Ultraschall-MonitoringOptische Tomographie

nachher

MetrologieRöntgen & FPI

Materialprüfung

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Ultraschall-Monitoring

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Monitoring-Ansatz

nur ‚on-line‘ während des Prozesses möglich!

Ultraschall-Monitoring während des Herstellungsprozesses

Einschallung von der Unterseite der Bauplattform

Ziele: Beobachtung/Kontrolle/Detektion

der Dynamik des Schichtaufbaus

der Interface-Anbindung

der lokalen Materialeigenschaften

von Eigenspannungen

von Porosität

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Monitoring Set-Up

Schematischer Aufbau

Versiegelte Installation der HF- und Kontroll-kabbel unterhalb der Bauplattform

Prüfkopf ist an der Unterseite der Bauplattform fixiert

10 MHz, ¼ Inch, unfokussiert

Koppelmittel

Sensor angeklebt

Problem: restriktive Randbedingungen für die Installation zusätzlicher Komponenten im Bauraum, spezifische ‚Umwelt‘

© Fraunhofer

Ultraschall-Monitoring-System – Integration und Test

AM-Lab @ MTU Aero Engines:Integration und Test des Prüfsystems

offener Bauraum:Vorbereitungen für den Baujob

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Demo: Baujob und Ultraschallsignale

© Fraunhofer

• Zylinder mit innenliegendem Fehler:

– 20 mm Durchmesser

– 10 mm Höhe

– Pore (sphärisch, 2 mm Ø)

• Baujob:

– 40 μm Schichtdicke

– 250 Schichten

– 90 Minuten Bauzeit

Aufgebauter Testkörper

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Ergebnisse

Auflösung der einzelnen Schweißlage,

Aufbau wird kontinuierlich aufgezeichnet

Ermittlung der lokalen

Schallgeschwindigkeit

Echtzeit-Detektion künstlicher Fehler

40 µmLauf

zeit

Scha

llges

chw

indi

gkei

t

Bauzeit

Bauhöhe

Time

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A*-Scan = Mittelung aller A-Scans des Baujobs

- Rauschreduktion

- nur statische Objektewerden sichtbar(Interface-Echo, Defekte)

- Rückwandechos mittelsich weg

- Pore im A-Scan schlecht sichtbarwg. Ausrichtung des Prüfkopfes

IE

Pore 2. IE

A-Scan-Darstellung

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Off-line Validierung nach Ende des Baujobs

Immersionsprüfung: C-Scan

10 MHz, 3 Inch Fokus

Fehlerabbildung

keine weiteren Anzeigen

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Metallographie Pore

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Metallographie Halbkugel - Kreisscheibenreflektor

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Untersuchung des Einflusses der Laser-Leistung auf die Ausbildung der Mikrostruktur

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Testkörper – Variation der Laser-Leistung

Bauhöhe Laser-Leistung0 mm – 5 mm 285 W (100%)5 mm – 7 mm 150 W (50%)7 mm – 12 mm 285 W (100%)

12 mm – 14 mm 75 W (25%)

Aufbaurichtung

5 mm

5 mm

2 mm

2 mm

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B-Bild und Ereignis-Korrelation

100 A-Scans/s * 60 Sekunden * 90 Minuten = 540.000 A-Scans

Aufbaurichtung

Laser-Leistung B-Bild

Ba

uh

öh

e

Bauzeit

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Validierung

Untersuchte Proben nach Abtrennung von der Plattform

Metallographie

Röntgen-CT

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Validierung II

50%

25%

B-Bild

100%

100%

starkePorosität(30%)

geringe Porosität(3%)

Laser-Leistung Röntgen-CT-Bild

Ultraschall-Online-Detektion von geringer Porosität (< 3%) ist möglich

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Metallographie - ungeätzt

© Fraunhofer

Metallographie - ungeätzt

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Validierung III

Bezug zu metallographischen und Röntgen-CT Untersuchungsergebnissen

Künstliche Fehler: < 3 mm²

Porosität (metallo): < 3 %

Porosität (Rö-CT): < 100 μm axialeAuflösung in Aufbaurichtung

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Wie geht es weiter?

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SLM-Testblock mit Halbkugelreflektoren

Aufb

auric

htun

g

Sensor

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Smart SLM-Testblock

Online-Prüfung

permante Messung der Schallgeschwindigkeit /Ermittlung der inkrementellen

Schallgeschwindigkeit

Rückschlüsse auf lokale Mikroporosität

Messung der Ersatzreflektor-Amplituden (Selbstreferenzierung an aktueller

Rückwand!)

Rückschlüsse auf Homogenität des Gefüges

Offline-Prüfung (mit Linear-Array)

Sektorscan -> Rückschlüsse auf Anisotropie und Textur

Erweiterung: zweiachsiger Testblock -> Rückschlüsse auf volle 3D-Textur

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Zusammenfassung

ganzheitlicher Ansatz bei der Schweißnahtprüfung bei hochbelasteten Bauteilen

Material, Prüfrandbedingungen, Zuverlässigkeit (POD)

Signal- und Datenverarbeitung, Algorithmik (inkl. Simulation)

Laser-Schmelzen als neuer Fertigungsprozess

Übertragung der Erfahrungen für das Online-Monitoring mit Ultraschall durch die Bauplattform ist machbar

Ausblick speziell für AM

Ultraschall-Monitoring als Kontroll- und Referenzmethode

Charakterisierung der Materialeigenschaften

Überwachung mittels Kontrollkörpern

Bauraumkontrolle!

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