Instrumente des Technologietransfers - Europäische Life Science Cluster im Vergleich
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3
Studie
Instrumente des Technologie transfers Europäische Life Science Cluster im VergleichTS
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Eine Publikation der TSB Technologiestiftung Berlin
Herausgeberin
TSB Technologiestiftung Berlin
Fasanenstraße 85 · 10623 Berlin
Telefon +49 30 46302 500 · Telefax +49 30 46302 444
[email protected] · www.tsb-berlin.de
© TSB Juni 2012
Redaktionsschluss: April 2012
Autor: Wolfgang Korek (TSB Innovationsagentur Berlin GmbH)
Redaktion: Dr. Dieter Müller (TSB Technologiestiftung Berlin)
Layout: WEBERSUPIRAN Kommunikationsgestaltung
Druck: Druckerei Hermann Schlesener KG
Titelbild: © Gina Sanders (fotolia.com) (Puzzle);
Reshavskyi (Molekül) Kirsty Pargeter (DNA) (dreamstime.com)
In der vorliegenden Studie werden Personenbezeichnungen wie "Unternehmer"
oder "Wissenschaftler" als Oberbegriffe für beide Geschlechter verwendet. Der
Verzicht auf die gemeinsame Nennung der weiblichen und männlichen Form
dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit.
Studie
Instrumente des Technologie transfers Europäische Life Science Cluster im Vergleich
4
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im Vergleich
Vorwort der TSB Technologiestiftung Berlin
Technologietransfer: Der Vergleich lohnt sich
Seit 2005 stieg das Bruttoinlandsprodukt in Berlin jähr-
lich um rund 2,5 Prozent und damit deutlich stärker als
im Bundesdurchschnitt. Das Wachstum findet vor allem
in den technologiegetriebenen Bereichen wie der Ge-
sundheitswirtschaft, dem Bereich Verkehr und Mobilität,
der Informations- und Kommunikationstechnologie, den
Optischen Technologien und der Energietechnik statt.
Damit bestätigen die Zahlen die grundsätzliche Entschei-
dung, auf bereits vorhandene Stärken zu setzen und die-
se systematisch auszubauen. In der Hauptstadtregion mit
ihrer exzellenten Forschungslandschaft bedeutet dies,
die Wege in die Wirtschaft kurz und schnell zu machen
und Wissenschaft und Wirtschaft eng miteinander zu
vernetzen. Genau dies ist die Mission der TSB Techno-
logiestiftung Berlin, die die Forschungslandschaft kennt
und viele Kontakte in die innovative Wirtschaft hat. Sie
nutzt diese Kontakte, um Innovationen voranzubringen.
Technologietransfer zu initiieren und zu organisieren, ist
in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema.
Für diese Aufgabe kann es nicht schaden, über den Teller-
rand hinaus zu sehen. Dies tut die vorliegende Studie, die
sich mit dem Technologietransfer im Life Science-Bereich
beschäftigt und europäische Regionen unterschiedlicher
Größe und verschiedener Entwicklungsstufen unterein-
ander und mit Berlin-Brandenburg vergleicht. Aus dem
Vergleich ergeben sich Empfehlungen für die weitere Ent-
wicklung im Life Science-Bereich sowie darüber hinaus
für die anderen technologieorientierten Cluster in Berlin-
Brandenburg.
Norbert Quinkert
Vorsitzender des Vorstandes
TSB Technologiestiftung Berlin
5
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im Vergleich
Vorwort der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH · Geschäftsbereich Life Science/Gesundheit
Technologietransfer in den Lebenswissenschaften: Eine Herausforderung für ganz Europa
Der Technologietransfer von der Wissenschaft in die In-
dustrie ist nicht nur in Berlin-Brandenburg ein zentrales
Thema. Dabei stellen sich für verschiedene Branchen be-
sondere Anforderungen. In den Lebenswissenschaften
mit extrem langen Entwicklungszeiten und hohen Kosten
sind die Translationsbarrieren besonders hoch. Die syste-
matische Zusammenarbeit von Wirtschaft und Industrie
ist weniger stark ausgeprägt als zum Beispiel bei den
Ingenieurswissenschaften.
Mittlerweile haben verschiedene Regionen in ganz Eu-
ropa ein breites Spektrum an Instrumenten zur Unter-
stützung des Transfers entwickelt. Die Bandbreite dieser
Unterstützung reicht dabei von wirtschaftlichen Quali-
fizierungsmaßnahmen für Wissenschaftler über Netz-
werkaktivitäten bis hin zu Förder- und Finanzierungs-
programmen für Frühphasenprojekte mit kommerziellem
Potenzial.
Berlin-Brandenburg ist als eine der größten europäischen
Life Science Regionen sowohl in der Breite der Unter-
stützungsmaßnahmen als auch in deren Tiefe exzellent
aufgestellt. So können an einer Verwertung ihrer Projek-
tideen interessierte Wissenschaftler in der Region u.a.
auf ein überdurchschnittliches Angebot an staatlichen
Fördermitteln zurückgreifen.
Gerade vor dem Hintergrund begrenzt verfügbaren Eigen-
kapitals stellt dies im europäischen Vergleich einen be-
deutenden Standortvorteil dar.
Auf anderen Feldern besteht allerdings noch Nachholbe-
darf, was ein Vergleich mit den besten Regionen zeigt.
Herausforderung für Berlin-Brandenburg wie auch für
ganz Europa ist es, das rein regionale Denken zu über-
winden, von Best-Practice zu lernen und regionale An-
strengungen zu harmonisieren.
In diesen Kontext passt der Ansatz der gemeinsamen
Inno vationsstrategie innoBB, die die exzellente For-
schung der Region und leistungsfähige Unternehmen zu-
sammenbringt, um international marktfähige Produkte
zu schaffen sowie Wertschöpfungsketten zu schließen,
und dabei gezielt auf Internationalisierung der länder-
übergreifenden Cluster setzt.
Dr. Kai Bindseil
TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
Geschäftsbereichsleiter Life Science/Gesundheit
Clustermanager Gesundheitswirtschaft
6
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im Vergleich
A. Technologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen 10
1. Zentrale Problematik und Erkenntnisinteresse 11
2. Vorgehensweise und Übertragbarkeit der Ergebnisse 12
2.1 Abgrenzung des untersuchten Gegenstands 12
2.2 Gegenüberstellung europäischer Rahmenbedingungen und Instrumente 12
2.3 Interne Übertragbarkeit auf die Region Berlin-Brandenburg 12
2.4 Externe Übertragbarkeit auf andere Zukunftsfelder 13
2.5 Handlungsempfehlungen 13
3. Technologietransfer: Begriff, Prozesse und Komponenten 14
3.1 Begriffsklärung 14
3.2 Phasen und Kriterien zur Analyse 14
B. Technologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen 18
1. Gegenüberstellung europäischer Cluster 19
1.1 Die Cluster im Vergleich: Entstehung und Entwicklungsstufen 19
1.2 Koordinatoren des Transfers: Cluster-Management-Organisationen 20
1.3 Transferrelevante Infrastruktur der regionalen Cluster:
Technologieparks und Gründerzentren 25
1.4 Unternehmen als Akteure des Technologietransfers 27
1.5 Wissensbasis des Transfers: Grundlagenforschung und klinische Forschung 28
2. Analyse der Cluster: Stärken und Schwächen im Technologietransfer 32
2.1 Stärken und Schwächen ausgewählter europäischer Regionen 32
3. Analyse ausgewählter Transferinstrumente 38
3.1 Vorgehen beim Identifizieren regionaler Modelle 38
3.3 Berlin-Brandenburg mit zahlreichen Transferinstrumenten in allen Kategorien 51
Inhalt
7
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im Vergleich
C. Optionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle 52
1. Überprüfung der Implementierbarkeit in anderen Regionen 53
1.1 Nutzung von europäischer Best-Practice 53
1.2 Fallbeispiele: Transferinstrumente der Regionen aus verschiedenen Bereichen 54
2. Erkenntnisse für das Zusammenwirken der Regionen 60
2.1 Zahlreiche und oft ähnliche Transferinstrumente in den Clustern 60
2.2 Auswahl von Transferinstrumenten, die der strategischen Positionierung des Clusters dienen 60
2.3 Setzen auf Instrumente, die spezifische regionale Problemstellungen lösen 61
3. Handlungsempfehlungen für die Region 62
3.1 Übernahme von europäischer Best-Practice 62
3.2 Kontinuierliche Weiterentwicklung regionaler Expertise 63
3.3 Schaffung neuer Instrumente zur Förderung des Technologietransfers 64
4. Übertragbarkeit auf andere Zukunftsfelder 65
4.1 Life Sciences als repräsentatives Modell für andere Zukunftsfelder in Berlin-Brandenburg 65
4.2 Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien 65
4.3 Bereich Verkehrssystemtechnik 66
4.4 Frage der Übertragbarkeit der Ergebnisse 67
D. Fazit 68
Glossar 70
Quellenverzeichnis 71
8
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im Vergleich
Zusammenfassung
Homogene Bedürfnisse, heterogene Strukturen im europäischen Technologietransfer
Die Strukturen und Prozesse des Technologietransfers mögen in den verschiedenen
europäischen Regionen unterschiedlich sein, die gemeinsamen Bedürfnisse, Heraus-
forderungen und Schwierigkeiten sind überwiegend identisch. In ganz Europa ist Tech-
nologietransfer geprägt vom Bestreben, die Brücke zwischen wissenschaftlicher For-
schung und industrieller Produktentwicklung zu bauen. Überall sind die Erschließung
geeigneter Finanzierungsquellen und von Management-Know-how für die Weiterent-
wicklung dieser frühen, noch in der Wissenschaft verhafteten Projekte die zentralen
Herausforderungen.
Technologietransfer ist ein Prozess, der von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst ist
und daher viele Ansatzpunkte für gezielte Unterstützung bietet. Um das Zusammen-
spiel verschiedener Einflussgrößen untersuchen und bewerten zu können, wurde in der
Studie ein breiter Ansatz gewählt. Auf der Suche nach Erfolgsrezepten für den Tech-
nologietransfer müssen insbesondere auch die Bereiche Gründung, Patentierung, FuE-
Verbünde sowie Finanzierung betrachtet werden. Zudem muss beachtet werden, dass
in einzelnen Bereichen jeweils mehrere Unterstützungsangebote unterschiedlicher Ein-
richtungen zur Verfügung stehen: Technologietransferstellen, Patentverwertungsagen-
turen sowie FUE-Förderprogramme. Auch deshalb verbietet sich die isolierte Betrach-
tung einzelner Instrumente. Eine Optimierung ist immer auch durch eine Verbesserung
des Zusammenspiels anzustreben.
Schließlich muss der Prozess des Technologietransfers auch vor dem Hintergrund ei-
ner allgemeinen Strategie der Clusterentwicklung gesehen werden. Wenn etwa eine
Region eine inhaltliche Schwerpunktsetzung in der Diagnostik hat und in Hinblick auf
die wirtschaftliche Entwicklung vor allem die Neugründung von Unternehmen fördert,
dann sollte auch der Technologietransferprozess an dieser strategischen Orientierung
ausgerichtet sein.
Diese Betrachtung des Gesamtsystems heißt keinesfalls, dass nicht einzelne Instrumen-
te als besonders wirkungsvoll identifiziert und im Sinne einer Best-Practice auf andere
Regionen übertragen werden können. Es bedarf jedoch einer aktiven Anpassung an
das jeweilige Innovationssystem. Theoretisch können viele Konzepte von Transfer-
instrumenten von einer Region in eine andere übertragen werden. Jedoch existieren in
einigen Clustern oft sehr ähnliche Instrumente. Diese sollten stärker als bisher gemein-
sam weiterentwickelt werden.
Beim Vergleich der fünf europäischen Benchmark-Regionen wurden der Bereich der
Projektentwicklung (mit dem Fokus auf Beratung, Unterstützung und Frühphasenfinan-
zierung), Weiterbildung sowie Qualifikationsmaßnahmen als die zentralen Handlungs-
felder identifiziert und näher analysiert.
9
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im Vergleich
Unter Projektentwicklung versteht man konkrete Unterstützungsmaßnahmen für Wis-
senschaftler, die selbst an ihrer Erfindung weiterarbeiten wollen, um sie für die Indus-
trie interessant zu machen. Dabei geht es um Identifikation möglicher Anwendungs-
felder, Entwicklungspläne, IP-Schutz und Prototypen-Entwicklung. In aller Regel muss
auch ein Weg gefunden werden, diese Schritte zu finanzieren.
Qualifizierung von Führungspersonal und Mitarbeitern ist deshalb als wichtiger Be-
standteil eines Systems zum Technologietransfer anzusehen, weil in den Lebenswis-
senschaften die Ausgründung als Möglichkeit des Technologietransfers eine große
Rolle spielt. Mit der Gründung begibt sich der Wissenschaftler in ein unternehmeri-
sches Umfeld – worauf er vorbereitet sein muss, wenn das FuE-Projekt erfolgreich in
ein unternehmerisches Projekt verwandelt werden soll. Weiterbildungsangebote in den
Themenbereichen Entrepreneurship, Projektentwicklung, Finanzierung und IP-Manage-
ment sind in dieser Situation sehr hilfreich. Hier kann durch gezielte Maßnahmen sehr
viel erreicht werden.
Doch in Zukunft wird wohl noch viel Potenzial ungenutzt bleiben. Denn ein entschei-
dender Faktor entzieht sich weitgehend der Einflussnahme durch Clusterentwicklungs-
organisationen. Es ist die überall in Europa mangelnde Verfügbarkeit von Venture-Ca-
pital – ein zentrales Hemmnis erfolgreichen Technologietransfers und zugleich einer
der wichtigsten Unterschiede zur Biotechnologieszene in den USA. Es bleibt vertiefend
zu untersuchen, ob hierin ein Marktversagen vorliegt, das mit Programmen der Wirt-
schaftsförderung behoben werden kann.
Berlin-Brandenburg im europäischen Vergleich
Berlin-Brandenburg legt als einer der wichtigsten europäischen Biotech-Standorte gro-
ßen Wert darauf, im europäischen Rahmen Erfahrungen auszutauschen. Damit wird ein
Beitrag geleistet, die Strukturen für Technologietransfer und Kommerzialisierung der
ausgezeichneten Life-Science-Forschung in Europa und insbesondere der deutschen
Hauptstadtregion zu verbessern.
Der Vergleich zwischen den Regionen hat gezeigt, dass im europäischen Vergleich die
Region Berlin-Brandenburg über gute Voraussetzungen verfügt und eine hohe Dichte
an Technologietransfereinrichtungen und -projekten aufweist, die der Größe und Be-
deutung der Life-Science-Region angemessen ist. Ausbaufähig erscheint die Abstim-
mung der Akteure. Ebenso ist der Stellenwert des Technologietransfers nicht in allen
beteiligten Institutionen gleich hoch.
Dennoch gilt die Hauptstadtregion im europäischen Ausland in der Etablierung und
Umsetzung des Technologietransfers als fortgeschritten, in Teilaspekten (zum Beispiel
Projektentwicklung im Biotech-Bereich) sogar als vorbildlich.
A. Technologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
11
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
1. Zentrale Problematik und Erkenntnisinteresse
Die Art und Weise, wie Technologien im Life-Science-Bereich nutzbar gemacht werden,
ist sehr heterogen. Während vielerorts ein erfolgreicher Technologietransfer ausschließ-
lich von den Aktivitäten von Wissenschaftlern und Unternehmern abhängt, werden an-
dernorts ausgefeilte, komplexe Systeme zum Aufspüren von Projekten, zur Patentie-
rung, zur Projektentwicklung und zum Transfer entwickelt.
Oftmals wird erfolgreicher Technologietransfer in den Lebenswissenschaften durch ei-
nen unzureichenden Entwicklungsstand der Technologien verhindert. Wegen fehlender
Daten zum „Proof of Concept“ ist eine Lizenzierung von Forschungsergebnissen nicht
möglich.
Europäische Regionen haben zur Entwicklung von Frühphasenprojekten zweckgebun-
dene Mittel sowie Maßnahmen und Instrumente bereitgestellt. Diese gilt es zu analy-
sieren und ihre Übertragbarkeit auf die Region Berlin-Brandenburg zu prüfen. Ziel der
Studie wird also sein:
k Europäische Best-Practice im Technologietransfer zu analysieren
k Die Übertragbarkeit europäischer Modelle und Instrumente des Technologietrans-
fers auf die Region Berlin-Brandenburg zu prüfen
k Die Möglichkeit zu beleuchten, geeignete Konzepte auch auf andere Technologie-
felder neben den Lebenswissenschaften zu übertragen
12
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
2. Vorgehensweise und Übertragbarkeit der Ergebnisse
2.1 Abgrenzung des untersuchten Gegenstands
In einem ersten Schritt wird definiert, was im Rahmen dieser Untersuchung unter Tech-
nologietransfer verstanden werden soll. Dabei sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass
Technologietransfer in einem weiten Sinne interpretiert wird und auch vorbereitende,
begleitende und unterstützende Maßnahmen einschließen soll.
2.2 Gegenüberstellung europäischer Rahmenbedingungen und Instrumente
Es werden wesentliche Rahmenbedingungen in europäischen Biotechnologieregionen
verglichen und der Situation in Berlin-Brandenburg gegenübergestellt. Vergleichsregi-
onen sind dabei:
k Île-de-France / Paris (Frankreich)
k Katalonien / Barcelona (Spanien)
k Piemont / Turin (Italien)
k Észak-Alföld / Debrecen (Ungarn)
Es handelt sich hier um Regionen mit unterschiedlichen Entwicklungsstufen.
Darüber hinaus werden Stärken und Schwächen der verglichenen Regionen in ausge-
suchten Bereichen betrachtet und Rückschlüsse auf die Situation in Berlin-Brandenburg
gezogen. Als Grundlagen der Arbeit dienen eigene Recherchen sowie eine im Rahmen
eines europäischen Projekts erstellte Potenzialanalyse1.
Schließlich werden vorhandene Transferinstrumente der Region Berlin-Brandenburg
genannt, den Projektentwicklungsprogrammen aus verschiedenen Regionen und Län-
dern gegenübergestellt und dabei näher betrachtet.
2.3 Interne Übertragbarkeit auf die Region Berlin-Brandenburg
Unter dem Gesichtspunkt der vorhandenen regionalen Defizite im Bereich Projektent-
wicklungsmodelle wird der Versuch unternommen, den Einsatz verschiedener Transfer-
modelle anderer europäischer Regionen in Berlin-Brandenburg zu prüfen.
13
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
2.4 Externe Übertragbarkeit auf andere Zukunftsfelder
Eine weitere Aufgabe der Studie ist es, die ermittelten Handlungsempfehlungen und
potentiellen Indikatoren zu den oben genannten Problemfeldern (die so oder ähnlich
auch in anderen Kompetenzfeldern bestehen) auf ihre Anwendbarkeit dort zu unter-
suchen und übertragbare Ansätze hervorzuheben. Diese werden zunächst den Kompe-
tenzfeldmanagern für Verkehrssystemtechnik und Informations- und Kommunikations-
technologien vorgestellt.
2.5 Handlungsempfehlungen
Zur Weiterentwicklung der regionalen Innovationsstrategie in Bezug auf die bekannten
Schwachpunkte „geringe Kapitaldecke der regionalen klein- und mittelständischen Un-
ternehmen (KMU)“ und „regionale KMU sind alle in frühen Phasen der Technologieent-
wicklung“ benennt die Studie schließlich Handlungsempfehlungen.
14
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
3. Technologietransfer: Begriff, Prozesse und Komponenten
3.1 Begriffsklärung
Zunächst ist zu klären, wie Technologietransfer im Rahmen dieser Studie verstanden
werden soll. Es wird darauf eingegangen, aus welchen Komponenten er besteht und
welchen Prozessen und Regelmäßigkeiten er unterliegt.
Technologietransfer wird oft als Weitergabe von technischem Wissen, also zum Beispiel
von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, für die Anwendung im Produktionspro-
zess verstanden2: Ein planvoller, zeitlich begrenzter, privatwirtschaftlich oder staatlich
unterstützter Prozess, dem in der Regel eine vertragliche Vereinbarung (zum Beispiel
Lizenzvertrag) zugrunde liegt. Technologietransfer findet auf vielen Ebenen statt: Zwi-
schen Hochschulen, Erfindern, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, innerhalb
multinationaler Unternehmen sowie zwischen verschiedenen Unternehmen.
Im Technologietransfer werden Technologien und Produkte im Nutzungsgrad gesteigert.
Deshalb ist der Transfer von großer Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum.
3.2 Phasen und Kriterien zur Analyse
Zur Analyse des Technologietransfers von der Wissenschaft in die Wirtschaft ist es hilf-
reich, den Ablauf des Transfers in drei Phasen zu beschreiben, die außer dem eigentli-
chen Transfer im engeren Sinne (der Verwertung) auch vorbereitende, begleitende und
unterstützende Maßnahmen umfassen.
3.2.1 Scouting3- und PatentierungsphaseKriterien zur Analyse sind hier:
a) Methoden
Bei dieser Dimension der Analyse ist zu prüfen, ob gescoutet und patentiert wird, und
wenn ja, wie das geschieht. Das heißt: Kommen dabei Push- oder Pull-Strategien zum
Einsatz? Wird also eher technologie- oder marktorientiert vorgegangen?
b) Akteure
Hier wird danach gefragt, wer das Scouting und die Patentierung betreibt. Dafür kom-
men sowohl Erfinder, Patentverwertungsorganisationen und Hochschulen in Betracht.
c) Rechtlicher Rahmen
Die Frage nach dem juristischen Eigentum der Erfindung beziehungsweise des Patents
(Erfinder, Vermittler, Verwerter) ist an dieser Stelle zentral.
15
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
d) Kosten
Hier ist von Interesse, wer für die Kosten der Patentierung aufzukommen hat.
Abbildung 1: Scouting- und Patentierungsphase4
3.2.2 ProjektentwicklungsphaseFür die nachfolgende Untersuchung werden insbesondere Transferinstrumente der Pro-
jektentwicklungsphase betrachtet. Diese Phase setzt sich aus folgenden Komponenten
zusammen:
a) Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen
Qualifikation meint in diesem Kontext vor allem Weiterbildung in unternehmerischem
Denken und Handeln (Entrepreneurship) sowie in regulatorischen Aspekten der Pro-
duktentwicklung.
b) Beratung und Unterstützung
Unter diesem umfangreichen Oberbegriff wird hier eine Reihe von Maßnahmen ver-
standen. Zum einen die Unterstützung des Technologietransfers über das Bereitstellen
von Infrastrukturen (Geräten, Laboren etc.) und bebauten beziehungsweise bebauba-
ren Flächen (zum Beispiel Inkubatoren). Zum anderen sind Coaching-Maßnahmen zur
wirtschaftlichen Weiterentwicklung des Projekts erfasst. Integrationsmaßnahmen be-
zeichnen eine Kombination aus verschiedenen Elementen zur Unterstützung des Tech-
nologietransfers.
Forschung und EntwicklungAusgangspunkt: Gemeinsamer Pool europäischen Know-hows
patentiert
Methode: Wie wird patentiert? k Push-Strategiek Pull-Strategie
Akteure: Wer patentiert?k Erfinderk Patentverwertungsagentur k Universität
Rechtlich: Wessen Eigentum?k Erfinderk Intermediär
Kosten: Wer zahlt?k Erfinderk Nutzer
Regionales Patentportfolio vorhanden?k Existenzk Vollständigkeit
nicht patentiert
Transparenz: Existiert verfügbare Information?k quantitativk qualitativ
16
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
c) Finanzierung
Hier ist zunächst die Finanzierung für reine Forschungsprojekte zu nennen, Dimen-
sionen der Analyse sind Höhe und Zusammensetzung sowie Herkunft der Förderung.
Weitere, spätere Schritte der Finanzierungskette werden von Preseed- und Seed-Finan-
zierungen erfasst.
Abbildung 2: Projektentwicklungsphase5
3.2.3 Verwertungs-/TransferphaseDie Verwertung bzw. die eigentliche Transferphase im Prozess findet statt in:
a) Ausgründungen aus der Universität / außeruniversitäre Einrichtungen
Ausgründungen sind eine häufige Form des Technologietransfers und in vielen Regio-
nen (zum Beispiel Berlin-Brandenburg) eine sehr geläufige Praxis zur Weiterverwertung
von Innovationen.
b) Kooperationen mit der Industrie
Hier sind Forschungskooperationen und Auftragsforschung zu unterscheiden.
c) Lizenzierungen
Die Übertragung von Nutzungsrechten an Technologien im Sinne von Technologietrans-
fervereinbarungen ist ein gängiges Modell der Innovationsverwertung.
Transfervorbereitung durch Dimensionen in Berlin-Brandenburg
Beratung undUnterstützung
Infrastruktur und Einrichtungen
Coachingk zu Form und Inhaltk zu betriebswirtschaftlichen Fragen
Grundstücke/Immobilienk z.B. Inkubatoren/Gründerzentren
Integration
Pharma Experts Service,Technologie Coaching Center
Top 50
Finanzierung
Förderung von F&E Projektenk nationale/regionale Ebenek Verbundfinanzierungk Förderratek Gesamtförderung
Preseed-Finanzierung
Seed-Finanzierung
Pro FIT (regional)
GoBIO (national)
High-Tech-Gründerfonds (national)
Qualifikations- und Weiterbildungs-maßnahmen
Produktentwicklungk Lizenzierungk regulatorische Fragen
Entrepreneurship
Charité Entrepreneurship Summit
17
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in den Lebens wissenschaften: Grenzen und Chancen
Abbildung 3: Verwertungs-/Transferphase6
Ausgründungen
Kompetente Behörden/StellenVorhandene Förderprogrammek nationalk regional
Leitfrage für den gesamten Transferprozess: Was kann auf regionaler Ebene unter Rückgriff auf europäische Mittel,
Konzepte und Instrumente getan und verbessert werden?
mit KMUsmit Großindustrie
Verwertung/Transfer durch:
Kooperationen Lizenzierung
B. Technologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
19
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
1. Gegenüberstellung europäischer Cluster
Zunächst gilt es, Eckdaten des Technologietransfers in den betrachteten Regionen zu
vergleichen. Von besonderem Interesse sind hierbei vor allem die Cluster-Management-
Organisationen der Regionen als Koordinationsstellen des Transfers, die Technologie-
parks und Gründerzentren als wichtige Orte des Transfers, Wissenschaft und Forschung
sowie die Unternehmenslandschaft in den Clustern. All diese Bereiche bilden zusam-
men den Technologietransfer innerhalb einer Region ab und bestimmen seine Rahmen-
bedingungen.
1.1 Die Cluster im Vergleich: Entstehung und Entwicklungsstufen
Ein Cluster braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Es gibt mehrere Phasen in der Entwick-
lung eines Clusters: Vom Beginn der Vernetzung bis hin zu einer echten Zusammenar-
beit zwischen den Mitgliedern des Clusters, die dann durch eine nachhaltige Cluster-
Management-Organisation unterstützt wird. Die Phasen sind im Einzelnen:
k Vorlauf: Geprägt von der Konsolidierung früher Industrie-Initiativen
k Gründung: Hier kommt es zur Vernetzung etablierter Organisationen vor Ort
k Cluster Initiative: Beginn kollektiver Aktionen und Projekte zwischen den regionalen
Akteuren
k Kooperationsphase: Zusammenarbeit regionaler Institutionen
Der Cluster Paris / Region Île-de-France wird von Medicen koordiniert, das die kom-
plexe Aufgabe übernommen hat, alle Gesundheitsorganisationen im Großraum Paris
zu bündeln. Da Medicen erst vor wenigen Jahren gegründet wurde, sind die Strukturen
noch wenig gefestigt, zum Teil fehlen noch umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen
für den Cluster.
In Barcelona / Region Katalonien wird der Cluster durch Biocat repräsentiert. Biocat
ist als Organisation ebenfalls noch relativ jung und ist derzeit vor allem bemüht, ge-
meinsame Aktionen unter seinen Mitgliedern zu initiieren. Für Turin / Region Piemont
wurde bioPmed vor kurzem zur Zentralstelle für Gesundheitsfragen ernannt. Vorher
wurde das Cluster-Management durch den Businesspark von Turin betrieben. Das Ma-
nagement konzentrierte sich daher eher auf Turin und Umgebung sowie speziell auf die
Entwicklung des Science-Parks. Debrecen / Region Észak-Alföld steht mit dem Cluster
PHARMAPOLIS am Anfang der Clusterinitiative, in der die Mitglieder beginnen, auf
Projektbasis zusammenzuarbeiten.
Berlin-Brandenburg verfügt im Vergleich über eine fortgeschrittene Cluster-Organisa-
tion: Sämtliche Akteure der regionalen Biotechnologielandschaft sind inzwischen gut
miteinander vernetzt und kooperieren in verschiedenen Projekten. Dabei können sie
20
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
auf ein breites Portfolio an Unterstützungsangeboten zurückgreifen und werden durch
eine funktionierende, gewachsene Support-Infrastruktur durch BioTOP Berlin-Branden-
burg koordiniert.
1.2 Koordinatoren des Transfers: Cluster-Management-Organisationen
1.2.1 Paris / Île-de-FranceDer Cluster Medicen wurde in Paris eingerichtet, um die Attraktivität und Wettbewerbs-
fähigkeit der Region Île-de-France auf dem Gebiet der biomedizinischen Forschung zu
stärken. Medicen ist ein „pôle de competitivité“ (französisch für: Zentrum des Wettbe-
werbs). Das heißt, es wurde auf nationaler Ebene, nach einem durch das Ministerium
für Industrie veranstalteten nationalen Aufruf, ausgewählt und unter 71 Zentren des
Wettbewerbs in Frankreich als Weltklasse-Cluster eingestuft.
a) Ziele
k Sicherstellung einer effektiven Governance für die Region
k Stärkung der Dynamik des Zentrums sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Akteure
k Steigerung der Attraktivität und Internationalisierung des Clusters
b) Struktur und Aufgaben
k Stärkung der Industrie
k Ausbau der Wissenschaftsbasis des privaten und öffentlichen Sektors
k Unterstützung der Entwicklung enger Partnerschaften und aktiver Kooperationen
k Bildung eines Reservoirs für High-Level-Fähigkeiten
k Verbesserung der Rahmenbedingungen für erfolgreiche Finanzierungen
k Ausstattung des Clusters mit starker internationaler Sichtbarkeit
c) Organisationsform und Finanzierung7
k Non-Profit-Organisation in der Form eines Verbands bestehend aus zwei Gruppen:
a) „Ordinary Members“ mit Stimmrecht im Vorstand (KMU, große Unternehmen,
wissenschaftliche Institutionen und Forschungsinstitute sowie lokale/regionale
Verwaltungen mit den Wirtschaftsförderungseinrichtungen)
b) „Honorary Members“ ohne Stimmrecht (renommierte, durch die Verbands-
gremien ernannte Experten)8
k Jährliches Budget von 2 Millionen Euro
k Zuschüsse für Kooperationsprojekte pro Jahr: 20 Millionen Euro
k Herkunft der Mittel: 80 Prozent öffentliche und 20 Prozent private Mittel
21
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Abbildung 4: Organisationsdiagramm Medicen Cluster Paris9
1.2.2 Barcelona / KatalonienBioCat wurde in Barcelona mit dem Ziel gegründet, die Cluster-Politik im Bereich der
Biomedizin auf regionaler Ebene zu unterstützen.
a) Ziele
k Fortentwicklung regionaler Aktivitäten im Bereich Personalwesen
k Weiterentwicklung der ansässigen Unternehmen: Zugang zum industriellen Bereich
sowie zu großen Plattformen, Finanzierungen und Entrepreneurship
k Internationalisierung des Clusters
b) Struktur und Aufgaben
BioCat ist in drei Abteilungen organisiert:
k Innovation: Zuständig für Business-Development, Gewinnung von qualifizierten
Kräften für die Region, Ausbildung, IP-Angelegenheiten
k Kommunikation, Außenbeziehungen
k Administrative und finanzielle Angelegenheiten
c) Organisationsform und Finanzierung
BioCat wird getragen von der Regionalregierung Kataloniens und dem Stadtrat von
Barcelona. Der Beirat besteht aus Unternehmen und anderen Organisationen aus den
Bereichen Biotechnologie, Biomedizin und Medizintechnik10.
Small Companies
Steering Comitteesk Nervous System Diseasesk Oncologyk Infectious Diseasesk Biomedical Imagingk Molecular and Cellular Therapiesk Drug Design Science and Technology
Cluster Operating Team
Large ComaniesAcademia and
Research InstitutionsState, Region and
Local Governing Bodies
Executive Board
elect
appoints
CEO
Board of Directors
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
BioCat hat einen Jahresetat von 2 Millionen Euro. Der Themenbereich Personal und
Personalentwicklung ist in Barcelona und Umgebung stark ausgeprägt, was sich unter
anderem in besonders innovativen Transferinstrumenten der Region bemerkbar macht.
Abbildung 5: Organisationsdiagramm Biocat Barcelona11
1.2.3 Turin / Piemonta) Ziele
In Turin ist der Technologiepark „Bioindustry Park Silvano Fumero“ von den regionalen
Behörden beauftragt worden, ab 2009 das Management des regionalen Biotechnolo-
gie-Clusters bioPmed zu übernehmen. Dieser ist somit für dessen Entwicklung verant-
wortlich12. Der Bioindustry Park als Cluster-Management-Organisation ist auch für die
Förderung und Unterstützung des Technologietransfers zuständig.
b) Struktur und Aufgaben
Im Bioindustry Park gibt es 35 KMU und Forschungseinrichtungen. Der Park führt eine
Vielzahl von Technologietransferaktivitäten durch, an denen bislang mehr als 200 KMU
teilgenommen haben. 17 Unternehmensgründungen wurden bislang im Park getätigt.
c) Organisationsform und Finanzierung
Der Technologiepark wird als Projekt vom Europäischen Fonds für regionale Entwick-
lung gefördert. Die regionale Verwaltung und der italienische Staat investierten ge-
meinsam etwa 52 Millionen Euro13. Der Bioindustry Park Silvano Fumero ist eine Akti-
engesellschaft mit mehr als 12 Millionen Euro Grundkapital. Die größten Anteilseigner
sind die Provinz Turin, die staatliche Finanzierungsgesellschaft Finpiemonte, I.F. Serono
und Bracco Imaging14.
General Management
International Centre for Scientific Debate (ICSD)
Innovation DepartmentCommunications
and External Relations Department
Administration andFinance Department
Strategic Projects Unit
Executive Comittee
Board of Trustees
23
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Abbildung 6: Anteilseigner am Bioindustrypark Silvano Fumero in Turin15
1.2.4 Debrecen / Észak-Alfölda) Ziele
In Debrecen wurde der Cluster PHARMAPOLIS als Top-Down-Ansatz nach einer nati-
onalen Ausschreibung gegründet. Das Projekt beziehungsweise der Cluster wurde im
September 2008 von der nationalen Entwicklungsbehörde akkreditiert.
b) Struktur und Aufgaben
Der Cluster besteht aus 26 Unternehmen, vor allem KMUs, aber auch Start-ups und
einem großen Unternehmen (Gedeon Richter), das am Aktienmarkt notiert ist. PHAR-
MAPOLIS bietet spezielle Fonds für Cluster-Mitglieder. Innovative Therapien und mole-
kulare Bildgebung sind maßgebliche Schwerpunkte im Raum Debrecen.
c) Organisationsform und Finanzierung
PHARMAPOLIS gilt als eines der acht wichtigsten Innovationsprojekte im Programm
2007–2013 der Stadt Debrecen, deren Universität von Anfang an eine treibende Kraft
des Clusters war. Die ungarische Regierung hat jedoch angeordnet, eine unabhängige
Organisation für die Cluster-Verwaltung zu schaffen. Diese gehört der Universität (zu
40 Prozent), der Stadt und der Handelskammer. Der Cluster wird von der nationalen
Regierung und der Europäischen Union unterstützt16.
2%Sonstige
7%Chamber of Commerce of Turin
12%Merck Serono-RBM
17%Bracco Imaging
23%Province of Turin
39% Finpiemonte S.p.A.
24
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
1.2.5 Berlin-Brandenburga) Ziele
BioTOP Berlin Brandenburg ist die zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle für alle Be-
lange der Biotechnologie in Deutschlands Hauptstadtregion. Als Netzwerkknotenpunkt
unterstützt BioTOP bei allen Fragestellungen, vernetzt relevante Akteure und koordi-
niert die regionalen Aktivitäten in der Biotechnologie zur Initiierung konkreter Projek-
te. Ziel ist es, Berlin-Brandenburg als Kompetenzzentrum für Biotechnologie zu einem
weltweit führenden Standort zu entwickeln.
b) Struktur und Aufgaben
In Berlin-Brandenburg ist BioTOP eine Initiative der Länder Berlin und Brandenburg
innerhalb der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, einer Tochter der Technologiestif-
tung Berlin, und zuständig für das Cluster-Management der Biotechnologiebranche in
den beiden Ländern Berlin und Brandenburg. Die strategische Arbeit von BioTOP wird
durch einen Beirat von 12 führenden Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft unter-
stützt. Aufgaben sind17:
Aufbau und Koordination von Netzwerken
k Initiierung von Forschungsverbünden
k Technologietransfer durch Verbundprojekte
k Interdisziplinäre Vernetzung in wissenschaftlichen Schwerpunktthemen
Gründung, Finanzierung, Business Development
k Unterstützung bei der Erstellung des Geschäftsplans
k Strategieberatung
k Direkter Zugang zu Investoren
k Einbindung in das regionale Netzwerk
Technologietransfer
k Unterstützung bei der Verwertung von Forschungsergebnissen
k Einschätzung der Verwertungsidee durch Experten
k Identifikation der passenden Finanzierungsinstrumente
Bildung und Jobs
k BB-LIFE-Weiterbildungsseminare zu Regulatory Affairs
k Online-Stellenmarkt
k Informationen über Qualifizierungsmöglichkeiten
Marketing und Öffentlichkeitsarbeit
k Umfassende Informationen aus der Bioregion und für die Bioregion
k Newsletter, Magazin „BioTOPics“ und Branchenreport
k Standortmarketing durch Publikationen und Messeauftritte
25
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
c) Organisationsform und Finanzierung:
BioTOP ist eine Initiative der TSB Technologiestiftung Berlin. Diese wird aus Mitteln der
Länder Berlin und Brandenburg und der Investitionsbank Berlin gefördert und kofinan-
ziert von der Europäischen Union – Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. Der
Jahresetat beträgt circa eine Millionen Euro.
1.3 Transferrelevante Infrastruktur der regionalen Cluster: Technologieparks und Gründerzentren
Gründerzentren beziehungsweise Inkubatoren unterstützen innovative, technologie-
orientierte Neugründungen von Unternehmen. Sie bieten Jungunternehmen ein breites
Spektrum an Serviceleistungen wie etwa Beratung, Kontaktvermittlung und Infrastruk-
turausstattungen18.
1.3.1 Paris / Île-de-FranceEs existieren insgesamt sechs Gründerzentren (zum Teil in den Technologieparks) mit
einer Gesamtfläche von 41.000 m², unter ihnen Pasteur BioTop, Paris Biotech Santé,
Incuballiance und zehn Technologietransferbüros der wissenschaftlichen Einrichtungen.
Mit BIO-CRITT ist ein regionales Zentrum für biomedizinische Innovation und Technolo-
gietransfer vorhanden. Im Großraum Paris / Île-de-France gibt es vier Technologieparks:
k Paris Biopark
k Biocitech
k Scientipôle de Saclay
k Genopole
1.3.2 Barcelona / KatalonienIn Katalonien gibt es insgesamt 23 Wissenschafts-, Technologie- und Gewerbeparks. 17
dieser Wissenschaftsparks (davon 12 in Barcelona) haben ihren Schwerpunkt in den
Lebenswissenschaften und stehen für 50.000 Arbeitsplätze (davon 60 Prozent in FuE).
Neun Wissenschaftsparks sind speziell der Biotechnologie gewidmet. In den 17 Grün-
derzentren sind insgesamt 312 Unternehmen angesiedelt.
1.3.3 Turin / PiemontDer Bioindustry Park Silvano Fumero beherbergt mehr als 40 Unternehmen und For-
schungseinrichtungen und hat 17 Unternehmensgründungen aktiv unterstützt19. Es gibt
drei universitäre Patentverwertungsagenturen20, und man ist im länderübergreifenden
Cluster-Netzwerk EEN Alps (Enterprise Europe Network) integriert, das als Mitglied des
EEN Netzwerks regionales Unternehmertum unterstützt. Außerdem ist der Bioindustry
26
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Park als Cluster-Management-Organisation auch für die Förderung und Unterstützung
des Technologietransfers zuständig. In Turin / Piemont gibt es vier Gründerzentren:
k Discovery (1.000 m²) ist spezialisiert auf die Life-Science-Branche in der Region
Piemont
k I3P (3.000 m²) beherbergt alle Technologien
k 2I3T mit allen Technologien
k Inkubator der West Piemont Universität
1.3.4 Debrecen / Észak-AlföldIn der Észak-Alföld Region gibt es neben zahlreichen Industrieparks und Inkubator-Zen-
tren auch Innovationsagenturen speziell für Biotechnologie. Zwei zentrale Akteure sind
hier das Technologietransferbüro (TTO) und die Agentur Innova:
k Das TTO der Universität Debrecen betreibt die Verwertung von FuE-Ergebnissen und
Technologien, die an der Universität Debrecen entwickelt wurden, mit Schwerpunkt
auf Gründung und Lizenzierung.
k Es wurden 25 Unternehmen aus der Universität ausgegründet.
k Der Fokus der regionalen Innovationsagentur Innova liegt vor allem auf der
Unterstützung der Unternehmen des Clusters.
Debrecen selbst beherbergt vier Industrieparks; ein fünfter ist im Bau. Zwei Parks unter-
stehen der lokalen Regierung, einer der Universität von Debrecen. Der vierte Park wird
von einer Vereinigung von privaten Unternehmen betreut.
1.3.5 Berlin-BrandenburgEs gibt zahlreiche Technologieparks in Berlin-Brandenburg21. Neben fünf Biotechno-
logieparks gibt es noch drei weitere Parks mit Aktivitäten im Bereich Life Science. Die
Parks sind insofern von zentraler Bedeutung für die Region, als dass deutlich mehr als
die Hälfte der regionalen Biotechnologie-Unternehmen in Parks angesiedelt sind22.
Regionale Biotechnologieparks:
k BiotechPark Berlin-Buch (ca. 26.000 m²)23
k Biotechnologiepark Luckenwalde (Technologie- und Gründerzentrum mit
13.000 m²)24
k berlinbiotechpark (ca. 55.000 m² Mietfläche)25
k co:bios Technologiezentrum Hennigsdorf
k Biotech Campus Potsdam (8.400 m² vermietbare Fläche)26
Weitere Technologieparks mit Biotech-Schwerpunkt:
k Berlin Adlershof, Center for Science, Business and Media
k Innovationspark Wuhlheide Berlin
k GO:IN Golm Innovationszentrum
27
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Innerhalb der Parks werden verschiedene Serviceleistungen für Unternehmen vor Ort
angeboten wie zum Beispiel Entwicklung und Ausbau der technischen Infrastruktur so-
wie Instandhaltung von Infrastruktur und Gebäuden im Park, Aus- und Weiterbildungs-
möglichkeiten in Bildungszentren.
1.4 Unternehmen als Akteure des Technologietransfers
Für Unternehmen wird der Technologietransfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft
immer wichtiger. Unternehmen müssen sich mehr denn je darauf einstellen, ihre Kern-
kompetenzen den schnellen technologischen Umwälzungen und den damit verbun-
denen Marktveränderungen anzupassen. Als Mittel hierzu dient der Technologie- und
Wissenstransfer von außen ins Unternehmen, um sowohl Kosten als auch Zeit einzu-
sparen27.
Letztlich spielen Unternehmen eine Hauptrolle in der Verwertung von Innovationen, sei
es durch Lizenzierungen, Kooperationen oder in Form von Ausgründungen. Im Folgen-
den wird näher betrachtet, wie die Unternehmenslandschaften im Bereich der Biotech-
nologie in den Vergleichsregionen charakterisiert sind.
1.4.1 Paris / Île-de-FranceIn der Region Paris / Île-de-France sind 320 Unternehmen auf dem Gebiet der Phar-
mazie tätig28. 215 Unternehmen legen ihren Schwerpunkt auf das Gebiet der Biotech-
nologie, was 50 Prozent aller französischen Biotechnologie-Unternehmen entspricht.
Zusätzlich sind dort international führende Unternehmen der pharmazeutischen Indus-
trie, wie Sanofi-Aventis und Pfizer, angesiedelt. Im Großraum Paris sind 32.000 Per-
sonen in pharmazeutischen und 4.000 Personen in biotechnologischen Unternehmen
beschäftigt.
1.4.2 Barcelona / KatalonienIn Barcelona / Katalonien gibt es 350 Life-Science-Unternehmen, von denen 65 auf
Biotechnologie ausgerichtet und 65 reine Pharmaunternehmen sind. Die meisten in-
ternationalen Pharmaunternehmen sind in Katalonien vertreten: Pfizer, Bristol-Myers
Squibb, Sanofi-Aventis, GlaxoSmithKline, Novartis und Roche. Darüber hinaus gibt es
wichtige katalanische Pharmakonzerne im Familienbesitz.
Die Gesamtzahl der Arbeitnehmer beträgt rund 1.000 in der Biotechnologie und
20.000 im pharmazeutischen Bereich. Das jährliche Wachstum in Bezug auf die Grün-
dung neuer Biotech-Unternehmen in der Region beträgt 30 Prozent.
28
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
1.4.3 Turin / PiemontIn Turin / Piemont werden 127 KMU im Kernbereich Biotechnologie/-medizin gezählt.
Die Zahl der Beschäftigten in den Lebenswissenschaften und den damit verbundenen
Sektoren in der Region beträgt etwa 3.800, die jährliche durchschnittliche Wachstums-
rate bei den Unternehmensgründungen liegt bei 8 Prozent.
1.4.4 Debrecen / Észak-AlföldVon den 77 Biotech-Unternehmen in Ungarn ist etwa ein Drittel in der Region Észak-
Alföld angesiedelt. Der Cluster PHARMAPOLIS hat 26 Mitgliedsunternehmen, 22 davon
sind KMU. Es gibt vier große Pharmaunternehmen (TEVA, Gedeon Richter, Actavis und
Sun Pharma) und insgesamt 3.000 Arbeitsplätze im pharmazeutischen Bereich in De-
brecen. TEVA als einer der weltweit führenden Generika-Hersteller hat sein wichtigstes
europäisches Produktions- und FuE-Zentrum in Debrecen. Die örtliche Gesundheits-
Industrie insgesamt beschäftigt rund 10.000 Menschen.
1.4.5 Berlin-BrandenburgIn Berlin-Brandenburg gibt es gut 190 Biotechnologie- und über 200 Medizintechnik-
unternehmen. Auch eine Reihe großer Pharma-Unternehmen wie Bayer Health Care,
Menarini Group / Berlin-Chemie und Sanofi-Aventis sind vertreten.
Die stetig wachsende Anzahl der Beschäftigten im Bereich Biotechnologie beträgt rund
3.700, im pharmazeutischen Bereich sowie in der Medizintechnik je 10.000 Beschäftig-
te29. Im gesamten Gesundheitssektor arbeiten etwa 350.000 Personen; das entspricht
mehr als jedem achten Erwerbstätigen in der Region und etwa zehn Prozent der Ber-
liner Bevölkerung. Mit einer Wertschöpfung von knapp 14 Milliarden Euro sichert die
Gesundheitswirtschaft in Berlin und Brandenburg, wie in kaum einer anderen Region
Deutschlands, Beschäftigung und Wachstum30.
Im Durchschnitt werden etwa zehn neue Unternehmen pro Jahr gegründet, was etwa
sechs Prozent der gesamten Biotech-Unternehmen in der Region darstellt.
1.5 Wissensbasis des Transfers: Grundlagenforschung und klinische Forschung
Ausgangspunkt des Technologietransfers im Bereich der Lebenswissenschaften sind
in der Regel (sehr) frühe Projekte, die einen kommerziellen Mehrwert in sich tragen.
Diese Projekte sind oft in der Grundlagenforschung angesiedelt und werden entweder
durch gezieltes Scouting in den wissenschaftlichen Einrichtungen oder eher zufällig
„entdeckt“ und – im besten Fall – der weiteren Projektentwicklung und damit den dafür
entwickelten Instrumenten zugeführt. Wie stark die wissenschaftliche Basis für Inno-
29
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
vationen im Bereich der Biotechnologie in den Vergleichsregionen ist, soll nachfolgend
erörtert werden.
1.5.1 Paris / Île-de-FranceÜber 40 Prozent der französischen Forschungsaktivitäten im Bereich der Lebenswis-
senschaften werden im Großraum Paris durchgeführt, wobei der Cluster Medicen mit
seinen Mitgliedern eine entscheidende Rolle spielt. Die Region beherbergt mehr als die
Hälfte der renommierten Inserm Institute (Institut national de la santé et de la recher-
che médicale) und mehr als 2.300 Forscher des CNRS (Centre national de la recherche
scientifique). Weitere weltbekannte Einrichtungen wie das Institut Pasteur sowie das
AP-HP Krankenhausnetzwerk sind ebenfalls in der Region Île-de-France beheimatet31.
Im Großraum Paris gibt es insgesamt 25 Organisationen für Forschung und Hochschul-
bildung wie beispielsweise die genannten Inserm, das CNRS, das Institut Pasteur etc.
Das Forschungspotenzial umfasst 300 Laboratorien. 11.800 Forscher (7.400 öffentli-
che und 4.400 private) arbeiten in den großen Forschungsinstituten sowie mehr als
5.000 Forscher, Ingenieure, Doktoranden und Post-Doktoranden an den Universitäten.
Es gibt ein Netzwerk von 39 Krankenhäusern in Paris mit insgesamt 25.000 Betten.
1.5.2 Barcelona / KatalonienIn Katalonien existieren 29 Forschungszentren, 11 davon sind im biomedizinischen
Sektor tätig. Des Weiteren gibt es 15 spanische (nationale) Forschungszentren (CSIC)
und 60 öffentliche Krankenhäuser, von denen 12 Grundlagen- und klinische Forschung
durchführen, sowie mehrere private Kliniken.
In Barcelona sind 230.000 Studenten immatrikuliert, 28.000 davon in den Biowis-
senschaften. Jedes Jahr gibt es in diesem Bereich 4.600 Absolventen und 2.640 Pro-
motionen. Die Biowissenschaften werden in neun Life-Science-Fachbereichen der 12
Universitäten und Hochschulen zusammengefasst.
1.5.3 Turin / PiemontIn Turin wird an vier öffentlichen Forschungs- und Bildungseinrichtungen (Universi-
tät Turin, Universität Oriental Piemont, Politecnico di Torino, CNR [National Research
Council]) und in einigen privaten beziehungsweise semi-privaten Forschungseinrich-
tungen (IRCC Candiolo, Enichem) geforscht. Neben diesen Forschungszentren gibt es
bedeutende Kliniken und insgesamt 80 Krankenhäuser in der Region Piemont mit mehr
als 20.000 Betten. In Turin sind von insgesamt 107.000 Studierenden etwa 30.000
Studenten im Bereich Life Science an vier Universitäten (Politecnico di Torino, Univer-
sità degli Studi di Torino, Università del Piemonte Orientale, Università delle Scienze
30
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Gastronomiche) immatrikuliert. Jedes Jahr gibt es über 6.200 Absolventen in den mit
den Biowissenschaften verwandten Disziplinen.
Die Investitionen in FuE betragen 1,4 Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP) im Pie-
mont (bei einem italienischen Durchschnitt von 1,1 Prozent), 80 Prozent davon kommt
aus privaten Quellen (italienischer Durchschnitt hier weniger als 50 Prozent). Deshalb
ist die Forschung im Piemont stark abhängig von privaten Akteuren. Eine der wichtigs-
ten Forschungseinrichtungen im BioIndustry Park ist das LIMA (Integrated Advanced
Methodology Laboratory). In Turin gibt es 2.000 Forscher im öffentlichen und 1.000
Forscher im privaten Bereich.
1.5.4 Debrecen / Észak-AlföldIn Debrecen wurde das Forschungszentrum für Molekulare Medizin als „Centre of Ex-
cellence“ von der Europäischen Union im Jahr 2004 ausgezeichnet. Das größte For-
schungsprojekt an der Universität ist das Genomnanotech University Knowledge Centre
mit 16 teilnehmenden Unternehmen mit biowissenschaftlichen Forschungsschwer-
punkten. In der Region gibt es 280 Forschungsgruppen und Entwicklungseinheiten,
von denen 49 kommerziell ausgerichtet sind. In diesen FuE-Einheiten arbeiten 3.271
wissenschaftliche Mitarbeiter.
Die Universität Debrecen hat 30.000 immatrikulierte Studenten, davon 7.000 in den
Naturwissenschaften. Es gibt 15 Fakultäten der Universität, die in drei Zentren zusam-
mengefasst sind. Eines dieser Zentren ist das Medical and Health Science Center mit
den Fachbereichen Pharmazie, Zahnmedizin, Medizin und Public Health. Es gibt acht
PhD-Schulen (höchste Anzahl in Ungarn) und 35 bis 50 neue PhD-Abschlüsse pro Jahr
im Bereich der Lebenswissenschaften. In den FuE-Einheiten/Forschungsgruppen arbei-
ten 3.271 Wissenschaftler an circa 2.000 Forschungsprojekten. 70 Prozent von ihnen
stehen in Zusammenhang mit der Universität Debrecen.
1.5.5 Berlin-BrandenburgDie besondere Stärke der Region Berlin-Brandenburg liegt in ihrem wissenschaftlichen
Potenzial begründet. Im Zuge der Neustrukturierung der Wissenschaftslandschaft An-
fang der 90er Jahre wurden Forschungspotenziale aus Ost und West zusammengeführt
und neue, leistungsstarke Wissenschaftseinrichtungen gegründet. Heute weist die Re-
gion die höchste Dichte an Hochschulen, Forschungsinstituten und Kliniken in Deutsch-
land auf und besitzt damit in Forschung und Ausbildung eine in Deutschland einzigar-
tige Konzentration und Vielfalt. So werden in der Region folgende wissenschaftliche
Einrichtungen mit Relevanz für die Lebenswissenschaften gezählt:
k fünf Universitäten
k vier Fachhochschulen
k vier Max-Planck-Institute
31
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
k zwei Fraunhofer-Institute
k zwei Helmholtz-Institute
k fünf Leibniz-Institute
sowie sechs weitere Institutionen mit Bedeutung für den Bereich Life Sciences (zum
Beispiel Deutsches Herzzentrum, Robert-Koch-Institut, Bundesanstalt für Materialfor-
schung und -prüfung).
In der Biotechnologie sind es vor allem die Handlungsfelder Regenerative Medizin, Mo-
lekulare Diagnostik und Bioanalytik, Drug Discovery and Development sowie Bio Clean
Tech, die alle durch ein stark wachsendes Marktvolumen gekennzeichnet sind. Diese
Kernbereiche der Biotechnologie in Berlin-Brandenburg werden durch wichtige Quer-
schnittstechnologien (Enabling Technologies) ergänzt. In diesen Bereichen bestehen
zudem starke regionale Netzwerke, die zugleich überregional und international einge-
bunden sind. Sie forcieren Technologie- und Forschungstransfer sowie Kooperationen
der Unternehmen und sind sehr erfolgreich in der Einwerbung von Drittmitteln32.
In Berlin-Brandenburg gibt es 15 Krankenhäuser, wobei die Charité – Universitätsmedi-
zin Berlin die größte medizinische Fakultät Europas und eines der ältesten und renom-
miertesten Krankenhausunternehmen Deutschlands ist. Es gibt 31 wissenschaftliche
Einrichtungen in der Region33, darunter die großen nationalen Forschungsorganisatio-
nen wie Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft und
Max-Planck-Gesellschaft, die jeweils mit mehreren Instituten vertreten sind. Darüber
hinaus gibt es acht Forschungseinrichtungen von Bundesministerien.
In Berlin gibt es 30.000 Studenten in den Bereichen Gesundheit und Biotechnologie
(bei insgesamt 170.000 Studenten)34, die an fünf Universitäten und vier Fachhochschu-
len immatrikuliert sind.
32
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
2. Analyse der Cluster: Stärken und Schwächen im Technologietransfer
Die europäischen Referenzregionen werden im Folgenden dahingehend untersucht,
wo ihre Stärken und Schwächen im Technologietransfer in den Lebenswissenschaften
liegen, um Rückschlüsse auf die Situation in Berlin-Brandenburg möglich zu machen.
Die Betrachtung konzentriert sich dabei auf die Projektentwicklungsphase und speziell
auf die Elemente Finanzierung, Beratung und Unterstützung des Technologietransfers
in den jeweiligen Regionen. Außerdem wird das Qualifizierungs- und Weiterbildungsan-
gebot der Cluster als Unterstützungsmaßnahme betrachtet, da im Technologietransfer
die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal von großer Bedeutung ist.
Für die Analyse der regionalen Stärken und Schwächen wurde vor allem auf ein im Rah-
men eines europäischen Projekts im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU zusammen
mit der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH / BioTOP Berlin-Brandenburg erarbeitetes
Dokument Bezug genommen35.
2.1 Stärken und Schwächen ausgewählter europäischer Regionen
2.1.1 Paris / Île-de-France Es sind drei Inkubatoren vorhanden, die ganz der Biotechnologie gewidmet sind:
Paris Biotech Santé, Pasteur, Genopole
Förderung von Innovationen und Unternehmensgründungen durch folgende Projekte
und Einrichtungen: Canceropôle, Gérontopôle, Paris-Biopark, Brain Institute, Diabetes
Institute
Mit BIO CRITT (Centre Régional d’Innovation et de Transfert de Technologie) steht eine
eigene Technologietransferplattform zur Verfügung, die regionale Unternehmen bei der
Entwicklung von FuE- und Innovationsprojekten unterstützt (z. B. Unterstützung und
Beratung bei regulatorischen und IP-Aspekten, Marktbeobachtung, Suche nach Part-
nern, Koordinierung, Unterstützung bei der Suche nach Fördermitteln)
Gutes Niveau der wissenschaftlichen Ausbildung und beruflichen Qualifizierung vor-
handen und maßgeblich gesichert durch neun Universitäten mit vollständigen Studien-
programmen in den Lebenswissenschaften
Wenig Frühphasenfinanzierung für die „Proof of Concept“-Phase erhältlich
Zu wenig Unternehmer in der Region
Kleiner und nicht diversifizierter Kapitalmarkt, geringe Liquidität
Niedrige Innovationsleistung der pharmazeutischen Unternehmen
Geringes Lohnniveau; Schwierigkeiten, ein attraktives Forschungsumfeld zu finanzieren
Zu wenig unternehmerische Profile und Managementkompetenzen
33
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
2.1.2 Barcelona / Katalonien Insgesamt gutes Beratungsangebot in der Region
Hohe Dichte an Gründerzentren
Ausreichend wissenschaftliche Profile in der Region vorhanden
Gute Ausbildung im Bereich Life Sciences
Vielzahl von innovativen Tools im Bereich der Weiterbildung und Qualifizierung
Schwächen in der Förderung notwendiger Management-Kompetenzen
Schwache Unterstützung bei der Finanzierung einer IP-Strategie
Unzureichende öffentliche Unterstützung bei der Finanzierung der Projektentwicklung
im frühen Stadium
Anzahl der Investitionen, wenig privates Kapital und Wagniskapitalgeber
Risikoaverse pharmazeutische Industrie, dadurch keine riskanten Projektentwicklun-
gen, keine Spin-off-Kultur
Schwache Verwertungsstrukturen bei Innovationen, die in Krankenhäusern entstehen,
kaum Transferkultur vor Ort
Wenig Patenterfahrung und Kompetenzen in Intellectual Property (IP) sowie kaum
IP-Berater in der Region vorhanden
Zu wenige erfahrene Geschäftsführer (in ganz Spanien): Mangel an strategischen
Profilen, z. B. Manager von Biotech-Unternehmen mit Branchenerfahrung
Schwierigkeiten bei der Einstellung von Personen mit dem notwendigen Profil, da
niedriges Gehaltsniveau
Keine öffentlichen Gelder und keine Dienstleistungen zum Aufspüren dieses Profils
vorhanden
2.1.3 Turin / Piemont Viele relevante Einrichtungen und Dienstleistungen zur Unterstützung des Technolo-
gietransfers vorhanden, wie z. B. drei akademische Gründerzentren
Im allgemeinen gute Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen
Kooperation zwischen Inkubator (mittels öffentlicher Zuschüsse, Gebäude, allgemeine
Services) und Venture-Captal-Firma (VC) Eporgen (Kapital, IP- und Management-
Unterstützung)
Unterstützende Beratung der Forschungsgruppen bei Projektaufbau und -planung,
Ausbildung, IP- und Patent-Beratung
Finanzielle Unterstützung durch Eporgen (durch Kapital, IP- und Management-Unter-
stützung) sowie andere VCs (Piemontec, Torino Wireless)
Finanzielle Unterstützung bei der Finanzierung von Kooperationsprojekten zwischen
Wissenschaft und Wirtschaft auf regionaler Ebene (Torino Provinz Grants)
Kapazitäten vorhanden, um wissenschaftliche Experten vorübergehend/testweise im
Park aufzunehmen (z. B. kostenlose Apartments)
Unterstützung der Region für die Ausbildung von Personal bei Unternehmensgrün-
dungen
Wenig finanzielle Unterstützung in Frühphasen der Projekte ohne „Proof of Concept“
Defizite bei der Unterstützung von Unternehmensgründungen
34
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Begrenztes Angebot an regulatorischer Beratung bei KMUs
Mehr Koordinierung zur Erschließung ausländischer Märkte nötig
Schwache Anziehungskraft der Region Piemont für Ausländer, da vergleichsweise
niedrige Gehälter, hoher administrativer Aufwand und keine spezifischen Anreiz-
projekte vorhanden
Begrenzte Verfügbarkeit von Menschen mit internationaler Erfahrung im Piemont
Qualität der Forschungsarbeit und Infrastrukturen muss verbessert und sichtbar
gemacht werden
Begrenzte Verfügbarkeit von erfahrenen Unternehmern und spezialisierten Führungs-
kräften
2.1.4 Debrecen / Észak-Alföld Für osteuropäische Verhältnisse finanziell gut ausgestattete KMU und Spin-off-
Unternehmen aufgrund erfolgreicher Tätigkeit beim Einwerben von Zuschüssen und
staatlichen Mitteln
Regionales Wissenszentrum an der Universität ermöglicht intensive Kooperation
zwischen Unternehmen und Wissenschaft auf regionaler wie auch auf nationaler/
internationaler Ebene
Gute Zusammenarbeit zwischen der Universität Debrecen und FuE-intensiven Unter-
nehmen
Die Region verfügt über eine hohe Dichte von Inhabern höherer Studienabschlüsse
und damit über beträchtliches intellektuelles Potenzial
Fortgesetzte Investitionen: Das Bio-Gründerzentrum ist an der Universität Debrecen
bereits im Betrieb, zwei Health-Science-Parks sind im Bau
Die Leitung der Universität Debrecen ist führend in der Vermittlung von unternehme-
rischem Wissen
FuE-Ausgaben und Investitionen wurden seit 1997 ständig angehoben
Pharmazeutische Industrie ist einerseits eine traditionell starke Branche in der Re-
gion, aber andererseits gibt es Schwächen im Cluster PHARMAPOLIS. Zum Beispiel
Dominanz von Gedeon Richter, Mangel an Internationalisierung und Cross-Clustering,
geringe Innovationstätigkeit
Wenig Managementkompetenzen und strategische Ressourcen
Mangel an Führungskräften und Business-Developern
2.1.5 Berlin-Brandenburg Einige interessante Ansätze des Technologietransfers, z. B. mit dem Projekt TOP 50
Privates Beratungsangebot in der Region ausreichend verfügbar, z. B. bei IP, Marketing,
Produktion
Transfer innerhalb eines starken Netzwerks mit BioTOP Berlin-Brandenburg
Große Investitionen in die Forschung und Verwertung der Forschungsergebnisse der
Region
35
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Spezialisierte Transferplattformen: Berlin Center for Regenerative Therapies (BCRT) für
den Bereich der regenerativen Medizin, das Zentrum für Molekulare Diagnostik und
Bioanalytik (ZMDB) für die In vitro-Diagnostik sowie das Netzwerk für Wirkstoffent-
wicklung (NetDDD)
Hohes wissenschaftliches Potenzial mit durchschnittlich 5.000 öffentlichen Forschern
Professionelles Team von BioTOP Berlin-Brandenburg: 11 Personen mit spezifischen
Qualifikationen (Erstellung und Koordinierung des Netzwerks, Gründung, Finanzie-
rung, Business Development, Technology, Transfer, Ausbildungs- und Stellenangebote,
Marketing und Public Relations); Angebot von spezifischen Seminaren für Wissen-
schaftler zur kommerziellen Verwertung von Forschungsergebnissen sowie für KMU
zu regulatorischen Fragestellungen
Region hat die höchste Dichte an Universitäten und Fachhochschulen im Vergleich
Strukturelles Problem der Region: viele kleine und mittlere Firmen, wenig große Un-
ternehmen
Mangel an personellen Ressourcen im Management-Bereich, z. B. Bedarf an Top-
Management-Fähigkeiten zusammen mit regulatorischen Erfahrungen im Bereich
klinischer Entwicklung
Mangel an Führungskräften und Business-Developern
2.2 Ergebnis: Großes Potenzial und gemeinsame Bedürfnisse
2.2.1 Großes Potenzial vorhandenJede betrachtete Region stellt einen bedeutenden Teil des jeweiligen nationalen Bio-
technolgie-Potenzials dar. Barcelona, Paris und Berlin können außerdem zu den wich-
tigsten europäischen Biotechnologie-Clustern gezählt werden. Die Region Piemont mit
der Hauptstadt Turin hat keinen großen Rückstand auf die Top-Cluster und verfügt
ebenso wie Debrecen, das von seiner Entwicklung her noch jünger als die anderen
Cluster ist, über einige Spezialkompetenzen, die in den anderen Regionen weniger
stark ausgeprägt sind, und kann somit die dort vorhandenen Potenziale ergänzen. Die
Cluster können also ihre Komplementarität stärken und gleichzeitig einen notwendigen
Wettbewerb untereinander forcieren. Die Analyse hat nicht nur gezeigt, was in welcher
Region stark und schwach ausgeprägt ist, sondern lässt auch Rückschlüsse auf die be-
stehenden Transferinstrumente zu, die von den Regionen entwickelt wurden, sowie
auf die Bedürfnisse, die noch mittels geeigneter Strukturen und Programme befriedigt
werden müssen.
36
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
2.2.2 Gemeinsame BedürfnisseHäufige Probleme, die in den fünf Bio-Regionen identifiziert werden können, betreffen:
a) Im Bereich Technologietransfer
k Abstimmung von FuE-Schwerpunkten auf den industriellen Bedarf
k Bereitstellen von Mitteln für die Erarbeitung des „Proof of Concept“
k Frühphasenfinanzierung
k Unterstützung von KMU bei der unternehmerischen Strategie, IP-Angelegenheiten
und beim Business Development
k Verlust von Expertise durch Auslizenzierung an globale Unternehmen
b) Im Bereich Human Capital
k Kaum Experten mit Patent-Erfahrung und IP-Kompetenzen
k Defizite im Bereich des regulatorischen Know-hows bei Start-up-Unternehmen
k Bei Start-ups Fehlen von Geschäftsführern mit Branchenerfahrung
k Mangelnde Anreize zur Rekrutierung internationaler Spitzenforschung
2.2.3 Überblick
Paris / Île-de-France
Vorhandene Biotech-Inkubatoren
Innovations- und Gründungsförderung
Dedizierte Technologietransferplattform
Gute Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten,
zahlreiche Studiengänge und -orte
Frühphasenfinanzierung
Unternehmerprofile
Liquidität am Kapitalmarkt
Innovationsleistung der Pharmaindustrie
Finanzierung hoher Löhne
Zugang zu spezifischen Profilen
Barcelona / Katalonien
Regionales Beratungsangebot
Gründerzentren
Vorhandene wissenschaftliche Profile
Ausbildungsmöglichkeiten in den
Lebens wissenschaften
Viele innovative Tools
Managementkompetenzen
Wenig Unterstützung in der frühen Projektphase
(IP, Business Development)
Wenig Investitionen durch privates Kapital und risiko averse
Mentalität der Pharmaindustrie
Verwertungsstrukturen bei Innovationen in Krankenhäusern
Wenig Kompetenzen/Beratung in IP
Mangel an Managerprofilen
Niedrige Löhne
Keine öffentliche Unterstützung bei Akquise von Manage-
ment-Kompetenz
37
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Turin / Piemont
Gutes Zusammenspiel zwischen den Akteuren
des Technologietransfers
Finanzielle Unterstützung durch verschiedene
Kapitalgeber (in späteren Phasen)
Regionale Unterstützung bei Ausbildung der
Mitarbeiter
Kaum finanzielle Unterstützung vor dem „Proof of Concept“
Regulatorische Beratung
Niedrige Gehälter, wenig Anreiz und hoher büro kratischer
Aufwand bei Einstellung von Ausländern
Wenig erfahrene Führungskräfte in der Region
Debrecen / Észak-Alföld
Finanzielle Ausstattung der KMUs
Gute nationale wie internationale Koopera-
tionen der Uni Debrecen mit KMUs
Fortgesetzte Investitionen in Infrastruktur
der Region sowie FuE
Vermittlung von unternehmerischem Wissen
durch Uni Debrecen
Wenig Internationalisierung im Cluster, geringe
Innovationstätigkeit der lokalen Pharmaindustrie
Wenig Führungskräfte und Business-Developer
Berlin-Brandenburg
Regionales Beratungsangebot
Dedizierte Instrumente des Technologietrans-
fers (z. B. TOP 50) sowie Transferplattformen
Starke, koordinierte Netzwerke
Hohes wissenschaftliches Potenzial durch
hohe Dichte an Universitäten und Forschungs-
einrichtungen
Angebote von BioTOP Berlin-Brandenburg im
Bereich Qualifizierung
Struktur der Unternehmenslandschaft in der Region
Personelle Ressourcen im Managementbereich
Wenig Führungskräfte und Business-Developer
38
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
3. Analyse ausgewählter Transferinstrumente
Die frühe Phase der Entwicklung gilt weltweit, zumindest aber in den betrachteten
Clustern, als das schwache Glied in der Innovationskette, und die Zeit, die für Innovati-
onen von der Wissenschaft bis zur industriellen Umsetzung vergeht, ist im Allgemeinen
sehr lang.
Eine zentrale Herausforderung ist es, ein Netzwerk von Projektentwicklungssystemen
und -instrumenten zu kreieren, die den besten europäischen Forschungsdurchbrüchen
eine Chance geben, die Marktreife zu erlangen; das heißt, schnell und kostengünstig
den industriellen Proof of Concept zu erbringen, der eine wirtschaftliche Verwertung
der Forschungsergebnisse im Bereich der Biotechnologie und der translationalen Medi-
zin begünstigt. Es müssen auf regionaler Ebene sowohl für den Finanzierungs- als auch
den Beratungs- und Unterstützungsbereich geeignete Instrumente zur Durchführung
der Projektentwicklung bereitgestellt werden.
Bei der Erstellung und Anwendung eines Portfolios von Technologietransferinstru-
menten können Regionen von Best-Practice-Beispielen anderer Regionen lernen und
schließlich – in einem folgenden Schritt – zusammenarbeiten, um bestehende Konzep-
te zu verbessern und gemeinsam weiterzuentwickeln.
3.1 Vorgehen beim Identifizieren regionaler Modelle
Der erste Schritt bei der Bewertung von Transferinstrumenten zielt darauf ab, einen
Überblick über die bestehenden Instrumente des Technologietransfers in jeder Biotech-
nologieregion zu geben. Dabei wird unterschieden zwischen den Technologietransfer-
komponenten
Personal
Unterstützung
Finanzierung
Region
Region
Region Region
Region
1
Transferinstrumente
39
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
k Personal (Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen),
k Beratung und Unterstützung
k sowie Frühphasenfinanzierung.
Jeder Cluster hat für diese Problemfelder eigene Instrumente entwickelt, wobei hier
Synergien entstehen und genutzt werden könnten.
3.2 Regionale Portfolios an Transferinstrumenten
3.2.1 Paris / Île-de-FranceDie Region Paris hat mit den beiden Instrumenten Genopole Entreprises und Centre
Francilien de l’Innovation zwei Beratungs- und Transferunterstützungsinstrumente, die
die gesamte Innovationskette vom wissenschaftlichen Nachweis bis zur Umsetzung
abdecken.
Bei der Frühphasenfinanzierung finanzieren APHP und ANR die Pre-Seed-Phase, drei
Instrumente die Seed-Phase (APHP, ANR und der Pasteur „Proof of Concept“-Fonds)
und G1J und CapDecisif die weitere Entwicklungsphase.
Bei den Transferinstrumenten im Bereich Qualifizierung und Weiterbildung bezieht sich
HEC Challenge Plus auf die Vermittlung von zusätzlichen Management-Kompetenzen
für Unternehmer, während die recht heterogenen Programme Groupe à 5 ans, ATIGE,
Science Accueil und EU-MIT den Transfer durch Vermittlung anderer Fertigkeiten un-
terstützen. Es fehlen jedoch spezialisierte Instrumente zur Vermittlung unternehmeri-
schen Know-hows speziell für Wissenschaftler.
Qualifizierung und Weiterbildung Beratung und Unterstützung Frühphasenfinanzierung
ATIGE Centre Francilien de l‘innovation ANR
EU-MIT Career Fair Genopole Entreprises CapDecisif
Groupe à 5 ans Funding for Preclinical Validation – APHP
HEC Challenge Plus G1J
Science Accueil „Proof of Concept“-Fond Pasteur
Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente des Technologietransfers näher be-
trachtet:
k HEC Challenge PlusHierbei handelt es sich um ein 26-tägiges Seminar, das über das ganze Jahr verteilt zur
Weiterbildung und Begleitung von Unternehmern dient. Das Seminar fokussiert auf
innovative Projekte und Hochtechnologie-Unternehmen. Die Weiterbildung erfolgt in
den Themenfeldern Vermittlung von Fertigkeiten zum Erstellen hochwertiger Business-
Pläne, Unterstützung des Unternehmensaufbaus und Einführung in Partnernetzwerke.
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
20 Teilnehmer nehmen pro Jahr an der Maßnahme teil (Zulassung und Auswahl nach
Bewerbungsverfahren).
k Einordnung: Nicht-branchenspezifische Qualifizierungsmaßnahme
k Budget: Kosten von 14.000 Euro, davon 5.900 Euro durch Unternehmer;
Rest wird durch die Partner finanziert.
k Ergebnis: Bislang 26 „Abschlüsse“
k Träger: HEC School, sechs Partner: CEA, Conseil Général Yvelines, Malajoff,
GAN, Caisse des Dépôts, INPI
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Mit der BBB Summer School verfügt
die Region über ein Seminarangebot, das zeitlich auf eine Woche beschränkt ist.
Es vermittelt nicht primär unternehmerische Fertigkeiten, sondern gibt anhand
von Praxisbeispielen einen grundlegenden Überblick über den Wertschöpfungs-
prozess bei der Arzneimittelentwicklung – von der Idee über die Entwicklung bis
hin zum Markt. Im Sinne einer „translationalen Medizin“ will die Summer School
der fehlenden Integration von anwendungsbezogenem und unternehmerischem
Denken in der akademischen Ausbildung entgegenwirken. Darüber hinaus will
sie Naturwissenschaftlern den Einstieg in die Praxis eines Biotech-Unternehmens,
eines forschenden Arzneimittelherstellers oder die Umsetzung eigener Ideen er-
leichtern. Fertigkeiten für (angehende) Unternehmer werde in TOP 50-Semina-
ren vermittelt, regulatorisches Know-how für KMU in den Kursen von BB Life.
k Genopole EntreprisesDieses Technologietransferinstrument ist eine Kombination aus einem für zwei Jahre
zur Verfügung stehenden Inkubator und einem Mentoring-Paket mit sieben dedizierten
Beratern ohne Mandat innerhalb der inkubierten Unternehmen. Es beinhaltet die Bera-
tung zu Fördermöglichkeiten, Marketing etc. Genopole Entreprises besteht aus einem
Team aus insgesamt zehn Mitarbeitern und setzt sich folgende Ziele: Gründung neuer
Unternehmen in Genopoles-Standorten sowie Unterstützung der Unternehmensent-
wicklung.
k Einordnung: Branchenspezifisches Integrationsinstrument der Region
k Budget: 1 Millionen Euro Grundausstattung;
0,8 Millionen Euro Gehälter im Jahr
k Ergebnis: In zehn Jahren hat Genopole Entreprises 100 Unternehmen inkubiert
oder gegründet, davon sind 64 Biotechnologieunternehmen im
Portfolio (Stand 31. Dezember 2007)
k Träger: Genopole
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: TOP 50 bietet in Berlin-Branden-
burg Hilfe bei der Weiterentwicklung von frühen Projekten durch Scouting, Eva-
luation durch Experten sowie Beratung und Unterstützung bei der Beantragung
von Fördermitteln beziehungsweise beim Eingehen von Kooperationen, Lizen-
zierungen etc.
k „Proof of Concept“-FondsEin Fonds zur Gründung von Unternehmen durch Förderung über 1,5 bis zwei Jahre
der Projektentwicklung; Finanzierungsprojekt über 500.000 Euro bis 1 Millionen Euro
auf der Basis des wissenschaftlichen Proof of Concept; daneben Unterstützung durch
Wissenschaftler und Management-Team
k Einordnung: Branchenspezifische Fördermaßnahme
k Budget: Fonds mit 60 Millionen Euro von Institut Pasteur
k Ergebnis: Derzeit laufendes Projekt
k Träger: Institut Pasteur
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Mit der Fördermaßnahme „Vali-
dierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP“ will das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Potenziale für Inno-
vationen erschließen, welche in der akademischen Forschung von Hochschulen
und von außeruniversitären Forschungseinrichtungen liegen. Bei erfolgreicher
Verwertung wird die Innovation in den Markt eingeführt. Zuwendungen können
im Wege der Projektförderung für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren gewährt
werden. Die Zuwendung soll die Summe von 500.000 Euro pro Vorhaben und
Jahr (d.h. insgesamt 1,5 Millionen Euro) nicht überschreiten. Das Programm ist
technologieoffen, am Ende muss nicht zwangsläufig eine Unternehmensgrün-
dung stehen. Ebenfalls in diesem Kontext interessant ist der neue Technologie-
Entwicklungs-Fonds (TEF) der Investitionsbank Berlin, der von ipal betreut und
koordiniert wird. Daneben seien auch der High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie
das nationale GO Bio-Programm erwähnt.
3.2.2 Barcelona / KatalonienBei den Beratungs- und Unterstützungstools zeigt sich die große Vielfalt der Region
Katalonien: Der Aspekt des Aufspürens von geeigneten Projekten (Scouting), die ei-
gentliche Projektentwicklung sowie die Umsetzungsphase werden von zahlreichen Pro-
grammen thematisiert.
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Bei der Frühphasenfinanzierung sind Darlehen und Zuschüsse zu finden. Innocash und
NEBT finanzieren die Pre-Seed-Phase, alle weiteren Programme die Seed- und Entwick-
lungsphase.
Im Bereich Qualifizierung behandelt Biocapsules den Ausbildungsaspekt, drei Instru-
mente befassen sich mit der Vermittlung von eher laborrelevanten Fertigkeiten (ICREA,
Technisches Support Programm und Torres Quevedo) und drei mit der Vermittlung un-
ternehmerischer Fähigkeiten (Torres Quevedo, Porta 22 und Talent Entreprise), also der
eigentlichen Qualifizierung.
Qualifizierung und Weiterbildung Beratung und Unterstützung Frühphasenfinanzierung
Biocapsules Bioemprendedor XXI Avalis of Catalunya
PORTA 22 Programme CEFIE – Center for family business and entrepreneurship
Caja de ahorros de Navarra (CAN)
Talent entreprise CEIE – Entrepreneurs, investors and businessmen club
Enisa Loans
Technical support personnel programme Center for entrepreneurship and business incubators
Genesis Programme
Torres Quevedo Competitive Talent Programme Innocash
Innova programme Innovation Poles
Investment readiness Keiretsu Forum
Medical entrepreneur programme NEOTEC
Office of ínnovation and business creation Nuevas empresas de base tecnologicas (NEBT)
The Arnella Programa de iniciativas locales de ocupacion
UPF Business Shuttle Programa XIP
Uptake of entrepreneurial and managerial talent
„Proof of Concept“-Programme
Xarcactiva
Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente des Technologietransfers näher be-
trachtet:
k BiocapsulesBiocapsules bietet Führungskräften aus biotechnologischen und biomedizinischen
Unternehmen Kurse in unternehmerischem Know-how an. Die wissenschaftlich-tech-
nischen Fertigkeiten der Teilnehmer werden um Kenntnisse des strategischen Ma-
nagements zur Führung von Unternehmen ergänzt. Dabei werden Kenntnisse aus fünf
Bereichen, die direkten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens
haben, im Rahmen von jeweils eintägigen Intensivtrainings vermittelt: Verhandlungs-
führung, Business Development, Finanzierung, Projektmanagement und strategisches
Management des geistigen Eigentums36.
k Einordnung: Branchenspezifische Qualifizierungsmaßnahme der Region
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
k Budget: Subventioniert durch das SOC (Servei Ocupació Catalunya) mit
74.000 Euro; Kosten von 1.350 Euro für fünf Biocapsules oder
300 Euro pro Modul (wird von teilnehmenden Unternehmen bezahlt)
k Ergebnis: Programm wurde 2009 begonnen; 17 bis 20 Alumni pro Modul;
100 Prozent Weiterempfehlungsrate
k Träger: Biocat und Wirtschaftsabteilung der Regionalverwaltung Generalitat
de Catalunya
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Unternehmerisches Know-how –
angefangen von der Unternehmensgründung – wird in den TOP 50-Seminaren
von BioTOP angeboten. Diese richten sich jedoch ausschließlich an unternehme-
risch ausgerichtete, gründungsorientierte Wissenschaftler. Die Zielgruppe Unter-
nehmen wird von den ebenfalls von BioTOP veranstalteten BB-Life-Seminaren
bedient: Hier stehen aber regulatorische Themen (ergänzt um drei betriebswirt-
schaftliche Angebote pro Jahr) eindeutig im Fokus. Auch das Technologie Coa-
ching Center (TCC) bietet als Angebot der Investitionsbank Berlin die Vermittlung
unternehmerischen Know-hows in verschiedenen Geschäftsbereichen an, ist da-
bei allerdings nicht branchenspezifisch.
k „Competitive Talent“-Programme (CTP)Gutschein für KMUs (aus der biotechnologischen/biomedizinischen Industrie) um ad-
hoc strategisches Management-Personal mit umfassender internationaler Expertise in
folgenden Themengebieten zu akquirieren: Geistiges Eigentum, Business Development,
Management und Forschung. CTP zielt ab auf Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und
Internationalisierung von KMUs. Das akquirierte Personal arbeitet auf Basis von Ser-
viceverträgen in den KMUs (keine Festanstellungen). Die Auswahl der Fördernehmer
erfolgt durch ein spezielles Komitee.
k Einordnung: Branchenspezifisches Unterstützungsinstrument der Region zur
Akquise von Managementkompetenz für KMUs
k Budget: 200.000 Euro Gesamtbudget;
bis zu 20.000 Euro an Zuschüssen pro Jahr und KMU
k Ergebnis: Programm wurde 2009 aufgelegt;
bislang erhielten 15 KMUs, die die Kriterien erfüllten, den Zuschlag
k Träger: Biocat und Finanzabteilung der Regionalverwaltung
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Mit dem „Innovationsassistent“
der Investitionsbank Berlin (IBB) beziehungsweise der Investitionsbank des Lan-
des Brandenburg (ILB) wird innovativen, technologieorientierten KMUs der Regi-
on die Möglichkeit gegeben, bis zu 50 Prozent des Gehalts eines Mitarbeiters für
bis zu zwei Jahre über Fördermittel zu finanzieren. Der Innovationsassistent muss
dabei eine Schlüsselqualifikation besitzen, um eine bestehende technologische
Lücke im Unternehmen zu füllen. Hier wird jedoch keine Management-Expertise
erworben.
k „Proof of Concept“-ProgrammeProgramm zur Aufwertung von innovativen Forschungsprojekten mit hohem Markt-
potenzial, die für eine Förderung ausgewählt wurden, bis hin zum Proof of Concept
beziehungsweise Entwicklung eines Prototyps. Die Unterstützung wird für zwei Jahre
gewährt.
k Einordnung: Nicht-branchenspezifische Fördermaßnahme der Region
k Budget: Fonds mit 1,2 Millionen Euro Volumen
k Ergebnis: Bislang sechs Projekte gefördert, drei davon im biomedizinischen
Bereich
k Träger: Universität Barcelona und Banco Santander
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Eventuell mit der Fördermaßnah-
me „Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP“
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zu vergleichen, wo-
bei bei VIP das Gesamtfördervolumen wesentlich höher ist. Auch das regionale
Programm zur Förderung von Forschung, Innovationen und Technologien (Pro
FIT) kommt dann infrage, wenn ein KMU am Forschungsvorhaben beteiligt ist
und durch die Innovation aus der Wissenschaft seinen Marktwert steigern kann.
3.2.3 Turin / PiemontDas Inkubationssystem der Region Piemont deckt das Spektrum von Erkennung der
Projekte bis zur Umsetzung ab.
Bei der Frühphasenfinanzierung dienen Discovery und Eporgen Venture der Finanzie-
rung der Pre-Seed-Phase. Drei Programme der Kategorie Frühphasenfinanzierung fi-
nanzieren darüber hinaus die Seed-Phase, während die Entwicklungsphase von allen
Instrumenten dieser Kategorie finanziert wird.
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
In der Region Piemont befassen sich Fondazione Biotecnologie (FoBiotech) und Polo
IFTS mit Aspekten der Ausbildung, Lagrange Fellows zielt auf die Vermittlung von wis-
senschaftlichen Fertigkeiten, während Giovani Ricercatori, Biotech Job und Polo IFTS
auf die Vermittlung unternehmerischer Kenntnisse spezialisiert sind.
Qualifizierung und Weiterbildung Beratung und Unterstützung Frühphasenfinanzierung
Biotech Job BD Support Desk Converging technologies call
Fondazione Biotecnologie (FoBiotech) Incubation System Discovery
Giovani Ricercatori in Impresa Patent Information Point / PATLIB EPORGEN Venture
Lagrange (Senior) Fellows Polo di innovazione services for R&D Piemontech
Polo IFTS Biotechnology Polo di innovazione services for R&D
Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente des Technologietransfers näher be-
trachtet:
k FoBiotechDie Biotechnologiestiftung Turin / Fondazione Biotecnologia ist eine Non-Profit-Orga-
nisation, die eingerichtet wurde, um die Entwicklung der regionalen Branchen zu ver-
bessern und die öffentliche Wertschätzung ihrer Rolle in der modernen Gesellschaft zu
erhöhen. Die Stiftung bietet Trainingskurse auf hohem Niveau, zum Beispiel in Regula-
tory Affairs, Nahrungsmittelsicherheit, Bioinformatik und Diagnostik.
k Einordnung: Branchenspezifische Qualifizierungsmaßnahme der Region
k Budget: Abhängig von den durchgeführten Projekten wird das Budget jährlich
beschlossen
k Ergebnis: In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 90 Messen, Workshops
und Biotechnologieseminare organisiert; derzeit werden auch
Masterstudiengänge (zum Beispiel Bioinformatik) konzipiert
k Träger: Akteure dieser Maßnahme sind Fondazione per le Biotecnologie,
Region Piemont, Region Aosta-Tal und die Bank Compagnia di San
Paolo
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Eventuell mit der Qualifizierungs-
maßnahme BB-Life-Seminare vergleichbar, die Seminare vor allem zu regulatori-
schen Themen im Biotechnologiebereich für Unternehmen anbietet. Fondazione
Biotecnologie konzipiert und organisiert darüber hinaus Messen, Workshops etc.
k PATLIBEin Serviceangebot im Sinne einer Patentberatung der Turiner Handelskammer über
das Patlib Büro, auf lokale Biotech-/Medtech-Firmen abzielend. Organisiert Seminare
und berät vornehmlich wissenschaftliches Personal, aber auch KMU zum Umgang mit
Patenten37. Durch ein spezielles Abkommen mit professionellen IP-Beratern wird der
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Service kostenlos angeboten. Patlib Turin ist dabei ein „Hub“ eines Netzwerks von über
300 Patentdokumentierungszentren in ganz Europa. Patlib erlaubt Zugang zu Patentda-
tenbanken und unterstützt durch eigenes Personal beim:
k Monitoring des aktuellen Stands von Technologiefeldern auf internationaler Ebene
k Identifizieren von technologischen Trends
k Schutz von Produkten
k Einordnung: Branchenspezifisches Beratungsinstrument der Region
k Budget: Etwa 100.000 Euro Budget pro Jahr
k Ergebnis: Service bislang von etwa 100 Unternehmen in Anspruch genommen,
Tendenz steigend
k Träger: Handelskammer Turin
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Derzeit gibt es mit dem Patentser-
vice des SIGNO-Netzwerks ein im Wesentlichen vergleichbares regionales Ange-
bot der TSB Technologiestiftung Berlin. Daneben existierte bis vor einigen Jahren
der ebenfalls von der TSB Technologiestiftung Berlin angebotene, spezialisierte
BioPatent-Service Berlin-Brandenburg. Weiterhin gibt es das Angebot privater
Firmen und Kanzleien zur Patentberatung und -recherche.
k Discovery InitiativeDiscovery identifiziert als Private-Public-Partnership innovative unternehmerische Ide-
en und installiert ausgewählte Projekte im Bioinkubator des Bioindustryparks. Exper-
ten und Vertreter aus Industrie, Forschung und internationaler Finanzwirtschaft wäh-
len diese Projekte aus, während die Finanzierung hauptsächlich von Eporgen Venture
kommt und ein Minimum an bürokratischem Aufwand gewährleistet wird.
Eporgen Venture ist das erste italienische Venture-Capital-Unternehmen, das sich auf
Life Sciences spezialisiert hat. Es beschäftigt sich mit der Beschaffung finanzieller Res-
sourcen für Neu-Unternehmer und bietet diesen darüber hinaus eine breites Netzwerk
an Unterstützung in den Bereichen Management, Marketing und Business-Develop-
ment-Kompetenzen. Jedes Start-up erhält durchschnittlich 700.000 Euro für die ersten
drei Jahre.
k Einordnung: Branchenspezifische Fördermaßnahme der Region
k Budget: Eporgen verfügt über sechs Millionen Euro an Private Equity, die
Region Piemont steuert im Rahmen der Public-Private-Partnership
rund drei Millionen Euro bei
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
k Ergebnis: Seit Beginn der Discovery Initiative wurden acht Start-ups mit der
Unterstützung von Eporgen Venture gegründet
k Träger: Bioindustrypark, Eporgen Venture, Region Piemont
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Zu nennen sind hier die die Ange-
bote der IBB Bet in Berlin sowie der BC Brandenburg Capital, die Wagniskapital
für technologieorientierte KMU zur Verfügung stellen. Auch der (nationale) High-
Tech Gründerfonds (HTGF) ist in diesem Feld aktiv.
Abbildung 5: Funktionsweise des Discovery Models in der Region Piemont38
3.2.4 Debrecen / Észak-AlföldFrühphasenfinanzierung: Das einzige Instrument der Region Debrecen / Észak-Alföld
in diesem Bereich umfasst die Finanzierung der Pre-Seed- und Seed-Phase. Bei den
Qualifizierungsprogrammen besitzt die Region das „Spin-off Business Development
Programme“.
Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente des Technologietransfers näher be-
trachtet:
k Spin-off Business Development ProgrammePraxisorientiertes Trainingsprogramm für PhD-Studenten oder Studenten mit Master-
abschluss in Biologie, Chemie, Medizin, Informatik und Landwirtschaft, die danach an
bestehende oder projektierte Start-ups vermittelt werden sollen. Die Trainingsinhalte
Public GrantsRegione Piemonte | EU
Private Money: ~ 6 Mio. EuroEporgen Venture
~ 3 Mio. EuroIndustry Park Canavese
Seed Financing andManagement Support
Premises andGeneral Services
Selected Projects
Start-upCompanies
Discovery Project
Public Private Partnership
Research Ideas
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
behandeln Themen wie Finanzierung, Marketing, Technologie Transfer, Einwerben von
Venture Capital und Innovationsmanagement.
k Einordnung: Branchenspezifische Qualifizierungsmaßnahme der Region
k Budget: Honorar für vortragende Experten
k Ergebnis: Zehn Abschlüsse wurden für 2010 erwartet, anschließender
Matchmaking-Event zwischen Teilnehmern des Programms und
Start-up-Unternehmen
k Träger: Regionale Innovationsagentur Innova Észak-Alföld und Technologie-
transferstelle der Universität Debrecen
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: MBA BioMedTech der Universität
Potsdam als unternehmerische Weiterbildung speziell für Führungskräfte aus
Life-Science Unternehmen.
k Technology Incubator ProgrammeEin Modell zur Versorgung von Spin-offs und forschungsintensiven Start-up-Unterneh-
men mit Venture Capital (VC) und Dienstleistungen eines Technologieinkubators. Der
VC-Geber verpflichtet sich, 15 Prozent der Gesamtkosten der Projektentwicklungsphase
zu tragen (der Rest wird durch nationale staatliche Förderung finanziert) und erhält
im Gegenzug nach erfolgtem „Proof of concept“ maximal 49 Prozente der Anteile am
Unternehmen.
k Einordnung: Nicht-branchenspezifische Fördermaßnahme der Region
k Budget: Circa 185.000 Euro für den Inkubator für zwei Jahre und circa
370.000 Euro für das inkubierte Unternehmen, finanziert von der
ungarischen Regierung.
k Ergebnis: Das Programm läuft seit Anfang 2010. Es werden vier bis sechs
inkubierte Unternehmen in der Bioregion Észak-Alföld erwartet.
Positive Erfahrungen mit einem ähnlichen Inkubationsprogramm
kommen aus Israel, wo in acht Jahren mehr Rückflüsse als staatliche
Anschubfinanzierung generiert wurden.
k Träger: Regionale Innovationsagentur Innova Észak-Alföld und Technologie-
transferstelle der Universität Debrecen
Vergleichbares Format in Berlin-Brandenburg: Kein vergleichbares Angebot.
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
3.2.5 Berlin-BrandenburgTOP 50 ist ein Unterstützungsprogramm des Technologietransfers, das die Innovations-
kette von der Erkennung bis zum Umsetzungsaspekt abdeckt. Ebenfalls thematisiert
werden die Gestaltung der Projektentwicklung bis zur Exit-Strategie, die eigentliche
Projektentwicklung und Umsetzung. Darüber hinaus hat man spezialisierte Transfer-
instrumente im Projektentwicklungsdesign (BCRT One-Stop-Service) und auch in der
Umsetzung (Innoman Programme) entwickelt.
Bei der Frühphasenfinanzierung existieren Programme zur Finanzierung der Pre-Seed-
und Seed-Phase sowie der Entwicklungsphase.
Im Bereich Qualifizierung wurden ebenfalls zahlreiche Transferinstrumente gefunden,
so dass die Region insgesamt über ein breites Spektrum an Instrumenten verschiedens-
ter Art verfügt.
Qualifizierung und Weiterbildung Beratung und Unterstützung Frühphasenfinanzierung
BBB Summer School Technologie Coaching Center EXIST Forschungstransfer
BB-Life-Seminare BCRT One-Stop-Service GO Bio
Brandenburg Service / Berlin Business Recruiting Package
Innoman Programme High-Tech Gründerfonds (HTGF)
Charité Entrepreneurship Summit und Entrepreneurship Workshops
Innovationsassistent Pro FIT
MBA Biomedtech Innovationsgutschein/TransferbonusVC Fonds der IBB Bet / BC Brandenburg Capital
MBA Health Care Management Pharma Experts Service VIP Programm
TOP 50-SeminareSystem und Angebot der Patentver-wertungsagenturen (ipal/BRAINSHELL)
Pro FIT - Komplexe Verbünde
TOP 50 Zuschüsse und zinsverbilligte Darlehen (Pro FIT)
Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente des Technologietransfers näher be-
trachtet:
k BBB Summer SchoolEinwöchiger Lehrgang zu Biotechnologie- und Pharmaindustrie, der einmal jährlich auf
dem Campus Berlin-Buch stattfindet und an Teilnehmer aus Universitäten, Forschungs-
instituten sowie Biotech- und Pharmafirmen gerichtet ist. Zum Programm gehören Prä-
sentationen, Vorlesungen und praktische Trainingskurse.
Die Biotech & Pharma Business Summer School (BBB Summer School) zeigt heraus-
fordernde Forschungsprobleme am Schnittpunkt zwischen klinischer Forschung und
kommerzieller Verwertung auf. Das Ziel ist, einen vertieften Einblick in die Schwierig-
50
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
keiten bei der Arzneimittelforschung, der vorklinischen und klinischen Prüfung sowie
der Herstellung und Zulassung von Arzneimitteln zu vermitteln.
k Einordnung: Branchenspezifische Qualifizierungsmaßnahme der Region
k Budget: Keine Angabe
k Ergebnis: Durchführung jährlich seit 2006; 20 bis 30 Teilnehmer pro Jahr, gute
Resonanz
k Träger: BBB Campus Management GmbH
k TOP 50TOP 50 ist ein Verbundprojekt der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Freien Uni-
versität, der Universität Potsdam, BioTOP Berlin-Brandenburg sowie den Patentverwer-
tungsagenturen ipal und BRAINSHELL.
Interessierte Wissenschaftler erhalten konkrete Hilfen zur praktischen Weiterentwick-
lung ihrer Idee. Zur effektiven Umsetzung bezieht TOP 50 dazu interdisziplinäre Ex-
perten mit ein oder knüpft erste Kontakte zu zukünftigen Partnern aus der Wirtschaft.
TOP 50 unterstützt ebenso bei der Auswahl und Erstellung von Förderanträgen und
bietet gezielte Schulungen für erste Schritte in Richtung Technologieverwertung an. Der
Service steht im Bereich Life Science grundsätzlich allen Wissenschaftlern aus Berlin-
Brandenburg zur Verfügung. Das Leistungsportfolio umfasst:
k Einen kostenfreien Zugang zu erfahrenen Experten aus dem Bereich
Wirkstoffentwicklung
k Kontakte zur Wirtschaft
k Hilfe bei Patentfragen
k Unterstützung bei Förderanträgen
k Seminare und Workshops
k Einordnung: Branchenspezifische Transfermaßnahme der Region
k Budget: Etwa 500.000 Euro für Gesamtlaufzeit des Projekts
k Ergebnis: Bisher 85 Projekte bewertet, davon 26 erfolgreich in Förderung/
Weiterentwicklung gebracht, 15 aktuell in Bearbeitung
(Stand April 2012)
k Träger: BioTOP Berlin-Brandenburg (Gesamtkoordination), Freie Universität
Berlin, Universität Potsdam, Charité – Universitätsmedizin Berlin
(alle Scouting, Beratung und Unterstützung), ipal und BRAINSHELL
(Patentverwertung)
k GO BioFörderinstrument zur Überbrückung der Lücke zwischen Forschung und marktnaher
Anwendung, zum systematischen Aufbau von unternehmerischem Know-how und zur
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Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichTechnologietransfer in Europa: Rahmenbedingungen und Instrumente ausgewählter Regionen
Finanzierung riskanter Frühphasenprojekte mit mittelfristig vielversprechenden Markt-
aussichten; nationales Förderinstrument speziell für den Biotechnologiesektor
k Einordnung: Branchenspezifische nationale Fördermaßnahme
k Budget: Gesamtvolumen von 150 Millionen Euro; bis zu drei Millionen Euro
(durchschnittlich 2,2 Millionen Euro) pro Projekt für drei Jahre
k Ergebnis: Seit Beginn des Programms wurden 28 Projekte für die Gründung
ausgewählt (Stand März 2010, nach der 3. Ausschreibung)
k Träger: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
3.3 Berlin-Brandenburg mit zahlreichen Transferinstrumenten in allen Kategorien
Im Vergleich haben die Regionen Berlin-Brandenburg und Barcelona die größte An-
zahl von Unterstützungsinstrumenten im Life-Science-Bereich. Tatsächlich setzen die
dortigen Cluster stark auf die Gründung neuer Biotech-Unternehmen und haben daher
zahlreiche unterstützende Maßnahmen ins Leben gerufen, um die Erfolgsrate in diesem
Bereich zu erhöhen.
Berlin-Brandenburg steht ebenfalls aufgrund der hohen Anzahl von Transferinstrumen-
ten im Bereich Weiterbildung und Qualifizierung an vorderer Stelle. Dadurch wird die
Region dem hohen Bedarf an qualifiziertem Personal gerecht.
Turin und Paris liegen mit ihren Instrumenten, welche relativ gleichmäßig auf die drei
Themenblöcke Qualifizierung, Beratung und Unterstützung bei der Projektentwicklung
und Frühphasenfinanzierung verteilt sind, dahinter. Dies kann dadurch erklärt werden,
dass in diesen beiden Regionen die Cluster-Verwaltung und die Strukturen bis vor kur-
zem noch im Aufbau waren. Debrecen als aufstrebender Cluster befindet sich noch im
Aufbau geeigneter Strukturen und Instrumente.
52
C. Optionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
53
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
1. Überprüfung der Implementierbarkeit in anderen Regionen
1.1 Nutzung von europäischer Best-Practice
Jeder betrachtete Cluster steht vor dem gleichen Problem: Wie können Forschungser-
gebnisse in die wirtschaftliche Entwicklung gebracht werden, entweder durch Grün-
dung neuer Unternehmen oder durch Technologietransfer in bestehende Unternehmen
oder andere Organisationen?
Im weiteren Verlauf der Untersuchung sollen die exemplarisch betrachteten Transfer-
instrumente dahingehend untersucht werden, inwiefern sie auch in anderen Regionen
zum Einsatz kommen könnten39.
Folgende Möglichkeiten sind denkbar, wie in der Region Berlin-Brandenburg europäi-
sche Best-Practice-Beispiele genutzt werden könnten:
k Übernahme und Implementierung eines Transferkonzepts: Was in einem Cluster
funktioniert, kann unter Berücksichtigung lokaler Anpassungen auch in einer
anderen Region funktionieren.
k Gemeinsame Weiterentwicklung bereits bestehender, ähnlicher Instrumente: Jeder
Cluster hat in speziellen Bereichen ähnliche Tools wie die anderen Regionen
entwickelt; Verbesserungen und mehr Synergien können durch Lernen von
europäischem Best-Practice sowie durch eine gemeinsame Weiterentwicklung der
Maßnahmen in den einzelnen Regionen erreicht werden.
k Gemeinsame Nutzung einzelner Instrumente durch andere Regionen/Akteure:
Diese Möglichkeit bietet sich bei Transferinstrumenten an, die teuer, langwierig und
schwierig zu implementieren sind. Hier könnte entschieden werden, diese lokalen
Instrumente wenn möglich für andere Regionen zu öffnen und zugänglich zu
machen.
Personal
Unterstützung
Finanzierung
Region
Region
Region Region
Region
2
Best-Practice
54
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
1.2 Fallbeispiele: Transferinstrumente der Regionen aus verschiedenen Bereichen
Qualifizierung und Weiterbildung Beratung und Unterstützung Frühphasenfinanzierung
HEC Challenge Plus Genopole Entreprises „Proof of Concept“-Fund
Biocapsules Competitive Talent Programme „Proof of Concept“-Programme
FoBiotech Patlib Discovery Initiative
BBB Summer School TOP 50 GO Bio
Aus jeder der drei Kategorien Qualifizierungsmaßnahmen, Beratung und Unterstützung
sowie Frühphasenfinanzierung wurde ein Instrument pro Region40 ausgewählt und an-
hand festgelegter Kriterien analysiert.
Die untersuchten Transferinstrumente sind teils ähnlicher Natur (wie zum Beispiel Aus-
bildungsmaßnahmen), teils andersartig. Dies erklärt sich dadurch, dass die Life-Science-
Regionen naturgemäß nicht alle denkbaren Varianten von Transferinstrumenten be-
reitstellen können, sondern Schwerpunkte auf bestimmte Aspekte des Transfers legen.
1.2.1 Transferinstrumente im Bereich Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen
Programm HEC Challenge Plus Biocapsules FoBiotech BBB Summer School
Region Paris / Île-de-France Barcelona / Katalonien Turin / Piemont Berlin-Brandenburg
Charakter Nicht-branchenspezifische Weiterbildungsmaßnahme
Branchenspezifische Wei-terbildungsmaßnahme der Region
Branchenspezifische Wei-terbildungsmaßnahme der Region
Branchenspezifische Wei-terbildungsmaßnahme der Region
Budget Kosten von 14.000 Euro, davon 5.900 Euro durch Un-ternehmer; Rest wird durch die Partner finanziert.
Subventioniert durch SOC (Servei Ocupació Catalunya- Government) mit 74.000 Euro
Abhängig von durchgeführ-ten Projekten; wird jährlich beschlossen
10.000 Euro pro Jahr
Auswirkung Bislang 26 Abschlüsse Programm wurde 2009 begonnen; 17 bis 20 Alumni pro Modul; 100 % Weiter-empfehlungsrate
Bislang wurden mehr als 90 Messen, Workshops und Bio-technologieseminare in den letzten 10 Jahren organisiert; ist derzeit mit der Organi-sation von Masterstudien-gängen (z. B. Bioinformatik) beschäftigt
20 bis 30 Teilnehmer pro Jahr, gute Resonanz
Träger HEC School, 6 Partner: CEA, Conseil Général Yvelines, Malajoff, GAN, Caisse des Dépôts, INPI
Biocat und Wirtschaftsabtei-lung der Regionalverwaltung Generalitat de Catalunya
Akteure dieser Maßnahme sind Fondazione per le bio-tecnologie, Region Piemont, Region Aosta-Tal, Compagnia di San Paolo (Bank)
BBB Campus Management GmbH
Inhalt Seminar (26 Tage) zur Wei-terbildung und Begleitung von Unternehmern
Unternehmerische Weiter bildung für Biotech-Führungskräfte
Biotechnologiespezifische Trainingskurse
Einwöchiger Lehrgang zur Weiterbildung in Biotechno-logie- und Pharmaindustrie
55
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
Nutzung in anderen Regionen
k Paris / Île-de-France: HEC Challenge PlusGroßes Potenzial zur Übernahme auch in anderen Regionen; könnte mit ähnlichen
Formaten anderer Regionen gemeinsam weiterentwickelt werden
k Barcelona / Katalonien: BiocapsulesSehr hohes Potenzial zur Übernahme auch in anderen Regionen; könnte mit anderen
regionalen Angeboten weiterentwickelt werden
k Turin / Piemont: Fondazione BiotecnologieMittleres Übernahmepotenzial, da nicht nur Trainingskurse beinhaltet sind
k Berlin-Brandenburg: BBB Summer SchoolSehr hohes Potenzial zur Übernahme auch in anderen Regionen; könnte mit bereits
bestehenden Tools anderer gemeinsam weiterentwickelt werden (notwendig: eng-
lischsprachiges Format)
Gemeinsamkeiten und Unterschiede; Implementierbarkeit Abgesehen von der unterschiedlichen Trägerschaft (HEC School, Biocat / Wirtschaftsab-
teilung der Regionalverwaltung, Betreibergesellschaft des Biotech-Parks Berlin-Buch)
sind Maßnahmen zur Vermittlung unternehmerischen Wissens und von Management-
Know-how fester Bestandteil in Paris, Barcelona und Berlin. Die jeweiligen Maßnah-
men variieren sowohl in ihrer zeitlichen Dimension (HEC Challenge Plus: 26 Tage über
ein ganzes Jahr verteilt, BBB Summer School: eine Woche) als auch in ihren Inhalten
(HEC mit starkem unternehmerischem Fokus und Ziel der Firmengründung, BBB Sum-
mer School mit breiterer Ausrichtung und auch wissenschaftlichen Aspekten der Phar-
maindustrie und -forschung). Allen Qualifizierungsmaßnahmen gemein sind jedoch
die hohen Weiterempfehlungsraten. Abgesehen davon, ist in diesem Teilbereich eine
Übernahme von Instrumenten anderer Regionen besonders einfach, da Seminare und
seminarähnliche Formate regelmäßig keine oder nur geringe Anforderungen an Orts-
gebundenheit, politische Programme und Einschränkung des Teilnehmerkreises stellen.
Notwendig wäre allerdings ein (zusätzliches) englischsprachiges Format, um Zugäng-
lichkeit und Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Bei diesen Instrumenten können besonders einfach durch Vergleich der Formate Syn-
ergien erzeugt werden und eventuell Teilnehmern aus mehreren Regionen ein diversi-
fiziertes Programm geboten werden.
56
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
1.2.2 Transferinstrumente im Bereich Beratung und Unterstützung
Programm Genopole EntreprisesCompetitive Talent
ProgrammePatlib TOP 50
Region Paris / Île-de-France Barcelona / Katalonien Turin / Piemont Berlin-Brandenburg
CharakterBranchenspezifisches Integrationsinstrument der Region
Branchenspezifisches Unterstützungsinstrument der Region
Branchenspezifisches Bera-tungsinstrument der Region
Branchenspezifische Trans-fermaßnahme der Region
Budget
1 Mio. Euro Grundausstat-tung, 800.000 Euro Gehälter
200.000 Euro Gesamt-budget; bis zu 20.000 Euro an Zuschüssen pro Jahr und KMU
Etwa 100.000 Euro Budget pro Jahr
Etwa 500.000 Euro für Gesamtlaufzeit des Projekts (180.000 Euro pro Jahr)
Auswirkung
In 10 Jahren hat Genopole Entreprises 100 Unterneh-men inkubiert oder ge-gründet, davon sind aktuell 64 Biotechnologieunter-nehmen im Portfolio (Stand 31.12.2007)
Programm wurde 2009 aufgelegt; bislang erhielten 15 KMUs, die die Kriterien erfüllten, den Zuschlag
Service bislang von etwa 100 Unternehmen in An-spruch genommen, Tendenz steigend
Bisher 78 Projekte bewertet, davon 23 erfolgreich in Förderung/Weiterentwick-lung gebracht, 25 aktuell in Bearbeitung, Rest vorzeitig beendet (Stand Okt. 2010)
Träger
Genopole Biocat und Finanzabteilung der Regionalverwaltung
Handelskammer Turin BioTOP Berlin-Brandenburg (Gesamtkoordination), Freie Universität Berlin, Universität Potsdam, Charité – Universitätsmedizin Berlin (alle Scouting, Beratung und Unterstützung), ipal und BRAINSHELL (Patentverwer-tung)
Inhalt
Kombination aus Inkubator und Mentoring-Paket zur Gründung neuer KMU
Gutschein zur Akquise von qualifiziertem Management-Personal für Biotech-KMU
Patentberatungszentrum für Wissenschaft und KMU, kostenloser Service
System aus lokalem Scouting, Projektbewer-tung durch Experten und Patentverwertungsagenturen (PVA) sowie Unterstützung bei Kooperationen und För-dermittelbeantragung
Nutzung in anderen Regionen
k Paris / Île-de-France: Genopole EntreprisesKann gut mit ähnlichen Formaten weiterentwickelt werden
k Barcelona / Katalonien: Competitive Talent ProgrammeGutes Potenzial zum Einsatz des Instruments auch außerhalb der Region
k Turin / Piemont: PatlibMittleres Potenzial zur Übernahme
k Berlin-Brandenburg: TOP 50Könnte einfach und relativ kostengünstig in andere Regionen exportiert werden bezie-
hungsweise zusammen mit ähnlichen Formaten weiterentwickelt werden
57
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
Gemeinsamkeiten und Unterschiede; Implementierbarkeit Mit Genopole Entreprises und TOP 50 stehen in Paris / Île-de-France und Berlin-
Branden burg zwei ähnliche integrierende Instrumente zur Förderung des regionalen
Technologietransfers zur Verfügung. Von den beiden ist Genopole Entreprises das um-
fangreichere, aufwändigere Programm mit einem höheren Gesamtbudget und größerer
Betreuung über einen längeren Zeitraum. Das von BioTOP Berlin-Brandenburg koor-
dinierte TOP 50-Projekt ist jedoch gerade wegen seiner einfachen, flexiblen Struktur
und seiner Nähe zu den wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen (durch Scouts vor
Ort) besonders interessant und geeignet, um in anderen europäischen Regionen in
ähnlicher Form implementiert zu werden. Dafür spricht auch der bisherige Erfolg von
TOP 50 mit 26 erfolgreich in Weiterentwicklungen, Förderungen und Kooperationen ge-
brachten Projekten. Das Entwicklungstool „Competitive Talent“ ist spezialisiert auf die
ad-hoc-Akquise von spezieller Management-Erfahrung für KMUs, während Patlib sich
hauptsächlich mit qualifizierter Beratung zum Thema geistiges Eigentum beschäftigt.
1.2.3 Transferinstrumente im Bereich Frühphasenfinanzierung
Programm „Proof of Concept“-Fund„Proof of Concept“-
ProgrammeDiscovery Initiative GO Bio
Region Paris / Île-de-France Barcelona / Katalonien Turin / Piemont Berlin-Brandenburg
CharakterBranchenspezifische Förder-maßnahme
Nicht-branchenspezifische Fördermaßnahme der Region
Branchenspezifische Förder-maßnahme der Region
Branchenspezifische, natio-nale Fördermaßnahme
Budget Fonds mit 60 Mio. Euro von Institut Pasteur
Fonds mit 1,2 Mio. Euro Volumen
280.000 Euro pro Jahr (selbst finanziert)
Gesamtvolumen von 150 Mio. Euro, bis zu 3 Mio. Euro pro Projekt für 3 Jahre
Auswirkung
Derzeit laufendes Projekt Bislang 6 Projekte gefördert, 3 davon im biomedizini-schen Bereich
Seit Beginn der Discovery Initiative wurden 8 Start-ups mit der Unterstützung von Eporgen Venture gegründet
Nach dem 3. Aufruf 28 Projekte für die Förderung ausgewählt (Stand März 2010)
TrägerInstitut Pasteur Universität Barcelona und
Banco SantanderBioindustrypark, Eporgen Venture, Region Piemont
Bundesministerium für Bil-dung und Forschung BMBF
Inhalt
Fonds zur Gründung von Bio-tech-KMU durch Förderung der Projektentwicklung
Programm zur Weiterent-wicklung vielversprechender Forschungsprojekte mit hohem Marktpotenzial
Programm zur Gründung von Biotech-KMU in Kooperation mit lokalem Venture-Capital-Unternehmen
Programm zur Finanzierung riskanter Frühphasenpro-jekte aus dem Biotechnolo-giesektor
58
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
Nutzung in anderen Regionen
k Paris / Île-de-France: „Proof of Concept“-FundMittleres Potenzial zur Übernahme in andere Regionen;
nur lokale Investitionen zulässig
k Barcelona / Katalonien: „Proof of Concept“-ProgrammeKönnte auch in anderen Regionen zum Einsatz kommen;
nur lokale Investitionen zulässig
k Turin / Piemont: Discovery InitiativeLokaler VC wie Eporgen zur Umsetzung nötig
k Berlin-Brandenburg: GO BioSchwierig, in der jetzigen Form auch in anderen europäischen Regionen eingesetzt zu
werden, da a) nationales Programm und b) für die einzelne Region sehr hoher Finanz-
bedarf
Gemeinsamkeiten und Unterschiede; Implementierbarkeit Die drei Regionen Île-de-France, Katalonien und Berlin-Brandenburg können auf Fonds
zur Finanzierung des „Proof of Concept“ zurückgreifen. Diese werden von der Regi-
on (Katalonien), einem renommierten Institut (Île-de-France) beziehungsweise einem
Bundesministerium (Berlin-Brandenburg) getragen. GO Bio ist finanziell am reichhal-
tigsten ausgestattet, wobei die Förderung an hohe Anforderungen geknüpft ist und
nur ein kleiner Teil der Projektanträge den Zuschlag erhält. Das umfangreiche Förder-
volumen macht es als Bundesinstrument für eine europäische Biotechnologieregion
allerdings sehr schwierig, GO Bio in angepasster Form zu übernehmen. Das kleinere
„Proof of Concept“-Programm der Region Katalonien ist in dieser Hinsicht als regionales
Instrument einfacher zu übernehmen, als Instrument ist es jedoch nicht biotechnolo-
giespezifisch. Bei der Discovery-Initiative handelt es sich um eine Finanzierung mit Hilfe
des lokal ansässigen Venture-Capital-Gebers Eporgen Venture.
1.3 Ergebnis nach Transferbereichen
1.3.1 QualifizierungsmaßnahmenEs ist überall in Europa wichtig, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, um auch Frühpha-
senprojekte weiterzuentwickeln und schließlich einer marktnahen Verwertung zuzu-
führen – also Mitarbeiter, die sowohl mit wissenschaftlicher Kompetenz als auch mit
unternehmerischem Know-how ausgestattet sind. Ein wichtiges Thema in Europa ist der
Zugang zu Mitarbeitern durch EU-interne Mobilität.
59
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
Transferinstrumente in diesem Bereich können in aller Regel gut gemeinsam weiter-
entwickelt werden. Dies erklärt sich durch die Tatsache, dass die meisten Cluster relativ
ähnliche Tools mit gleichen Zielen entwickelt haben. Außerdem ist dieses Feld gut für
öffentliche Mittel, das heißt Förderung, zugänglich.
Wenn es andererseits darum geht, Talente und qualifizierte Arbeitnehmer für die eigene
Region zu gewinnen beziehungsweise anzuwerben, wird es schwierig sein, Instrumente
der Regionen gemeinsam zu nutzen, da hier jede Region eigene Interessen verfolgt.
1.3.2 Beratung und Unterstützung bei der ProjektentwicklungDa jede Region ähnliche Strategien in der Beratung und Unterstützung von Projekten
verfolgt und daher auch mit ähnlichen Mitteln und Methoden agiert, haben die Clus-
ter in diesem Bereich sehr ähnliche Transferinstrumente entwickelt, die gemeinsam
weiterentwickelt werden können. Eine echte gemeinsame Nutzung ist allerdings un-
gleich schwieriger, weil es das gemeinsame Ziel aller Regionen ist, das Projekt in einer
bestimmten Region zu halten, und auch deshalb, weil regionale Nähe hier eine große
Rolle spielt.
Allein durch gemeinsame Weiterentwicklung der verschiedenen bestehenden Instru-
mente und Anstrengungen könnte jedoch bereits eine Verbesserung des Technologie-
transfers in einer oder mehreren Regionen erreicht werden.
1.3.3 FrühphasenfinanzierungIm Gegensatz zu den unterstützenden Instrumenten sind Finanzierungsinstrumente
eher schwierig gemeinsam zu nutzen oder weiterzuentwickeln, da die Mittel hier oft
von öffentlichen Stellen kommen, denen es nicht erlaubt ist, außerhalb ihrer Region
beziehungsweise ihres Landes (bei nationalen Instrumenten) zu investieren. Durch das
spärliche Vorhandensein von Venture Capital sind derzeit die öffentlichen Mittel in Eu-
ropa von umso höherer Bedeutung. Nationale sowie europäische Regulierungen lassen
im Regelfall nicht zu, dass öffentliche Gelder in anderen Regionen investiert werden.
Trotzdem kann theoretisch jedes Finanzierungstool, das in einer Region entwickelt wur-
de beziehungsweise dort zur Verfügung steht, in einer anderen Region – mit Anpassun-
gen – ebenso angewandt werden.
60
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
2. Erkenntnisse für das Zusammenwirken der Regionen
2.1 Zahlreiche und oft ähnliche Transferinstrumente in den Clustern
Die große Zahl von identifizierten Instrumenten belegt, wie aktiv Cluster und Regionen
zur Gestaltung ihrer eigenen Entwicklung beitragen. Die meisten regionalen Transfer-
instrumente können theoretisch auch in anderen Regionen angewendet beziehungs-
weise übernommen werden. Jedoch existieren in den Clustern bereits oft sehr ähnliche
Instrumente. Anstatt also neue Instrumente einfach zu übernehmen, wäre es in diesem
Fall angebracht, von Best-Practice-Beispielen zu lernen und bestehende Formate stärker
gemeinsam weiterzuentwickeln als bisher. Dadurch könnte die Effizienz der Instrumen-
te verbessert und Synergien ermöglicht werden.
2.2 Auswahl von Transferinstrumenten, die der strategischen Positionierung des Clusters dienen
Es ist wichtig, Transferinstrumente entsprechend ihrer Relevanz und Effektivität aus-
zuwählen. Gleichzeitig ist es notwendig, dass sie zur mittel- und langfristigen strategi-
schen Positionierung der einzelnen Cluster beitragen.
Obwohl ein gutes Transferinstrument dazu beitragen kann, bestimmte Probleme in ei-
nem Cluster zu lösen, so ist dieses Tool nicht oder nur sehr eingeschränkt nützlich, wenn
es nicht mit der allgemeinen Strategie des Cluster kompatibel ist. Wenn man also an die
Übernahme erfolgreicher Transferinstrumente anderer Regionen denkt, so sollte dies
vor dem Hintergrund der strategischen Zielsetzungen des Clusters Berlin-Brandenburg
geschehen.
Personal
Unterstützung
Finanzierung
Region
Region
Region Region
Region
3
Mehrwert für alle / Kooperation
61
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
2.3 Setzen auf Instrumente, die spezifische regionale Problemstellungen lösen
Neben der Tatsache, dass die ausgewählten Instrumente die allgemeine Strategie des
Clusters unterstützen müssen, ist es wichtig, dass sie durch ihre konkrete Leistungsfä-
higkeit legitimiert werden. In jedem Cluster gibt es offene Fragen und konkrete Prob-
leme, ausgewählte Instrumente sollten dafür Lösungen bieten können. Für die Region
Berlin-Brandenburg sollten etwa primär die Probleme der geringen Kapitaldecke der
KMUs sowie der eingeschränkten Verfügbarkeit von Managementexpertise mittels ge-
eigneter Tools angegangen werden.
Neben diesen überall auftretenden Schwierigkeiten, die alle Regionen betreffen, kon-
zentrieren die Cluster ihre Anstrengungen auf andere Spezialthemen und haben insofern
eigene Bedürfnisse an zusätzlichem Know-how. Um Transferinstrumente auszuwählen,
die einem Cluster die Expertise zu verschaffen, die originär von beziehungsweise in
anderen Regionen entwickelt wurde, kann deswegen eine genaue Analyse dieser spe-
ziellen Präferenzen weiterhelfen.
62
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
3. Handlungsempfehlungen für die Region
Folgende Strategien können aus den Befunden für die Life Science Region Berlin-Bran-
denburg abgeleitet werden:
Als Leitbild zukünftiger Anstrengungen zum weiteren Ausbau des Technologietransfers
in der Region Berlin-Brandenburg könnte das Modell eines „idealen“ Cluster-Umfelds
dienen, das zentrale Erkenntnisse der Untersuchung beinhaltet und verwertet. Aus den
gewonnenen Ergebnissen geht hervor, dass ein fortgeschrittener Life-Science-Cluster
wie Berlin-Brandenburg über folgende Elemente des Technologietransfers verfügen
sollte:
k Einen flexibel strukturierten Scouting- und Evaluierungsmechanismus für
frühe Projekte an wissenschaftlichen Einrichtungen unter Einbindung von
Industrieexperten
k Eine bedarfsgerechte regionale (eventuell nationale) Finanzierung beziehungsweise
Förderung für Frühphasenprojekte
k Ein effizientes Patentverwertungssystem
k Dedizierte Weiterbildungsangebote in unternehmerischem und regulatorischem
Know-how an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
k Eine idealerweise im Cluster-Management angesiedelte Dialogplattform zur
Anbahnung von Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Vieles davon ist in der Region Berlin-Brandenburg bereits verwirklicht. So verfügt man
etwa mit TOP 50 über ein etabliertes Instrument des Technologietransfers mit bewähr-
tem Scouting- und Projektbewertungssystem, mit den BB-Life-Seminaren deckt man
die Nachfrage an der Vermittlung von regulatorischem Wissen ab. Des Weiteren ist in
Berlin-Brandenburg das Angebot an bestehenden Fördermitteln aller Art im europäi-
schen Vergleich als überdurchschnittlich einzustufen. Auch im Hinblick auf Dialogplatt-
formen wird in der Region einiges getan (z. B. Angebote des Zentrums für Molekulare
Diagnostik und Bioanalytik [ZMDB]).
Grundsätzlich ist dieses Modell für alle fortgeschrittenen Cluster wie etwa auch Paris
und Barcelona gültig und anwendbar, da es auf gemeinsam identifizierten Bedürfnissen
beruht und dafür Lösungen aufzeigt. Der Weg hin zu diesem Idealzustand des Techno-
logietransfers wird für unterschiedliche Regionen unterschiedlich lang und aufwändig
ausfallen. Folgende Schritte werden dabei zu bewältigen sein:
3.1 Übernahme von europäischer Best-Practice
Es zeigt sich, dass verschiedene Regionen besondere Kompetenzen darin ausgebildet
haben, spezifische Maßnahmen des Technologietransfers zu entwickeln. Für die Regi-
on Berlin-Brandenburg kann insofern gelten, von der Expertise und Erfahrung anderer
Regionen mit Instrumenten des Technologietransfers zu lernen, wenn diese weiter fort-
63
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
geschritten sind als lokale Angebote und Maßnahmen beziehungsweise wenn dafür in
der Region noch kein Angebot besteht.
Im Bereich Qualifizierungsmaßnahmen könnte beispielsweise überlegt werden, be-
stehende Formate zur Entwicklung von unternehmerischem Wissen im Bereich der
Lebenswissenschaften (wie etwa die TOP 50-Seminare) zu verstetigen, auszubauen
und dahingehend zu professionalisieren, eine Kooperation mit einem renommierten
(Bildungs-)Partner (zum Beispiel eine vor Ort ansässige Business School) einzugehen.
Dabei könnte man auf Erfahrungen bestehender Formate wie etwa HEC Challenge Plus,
das sich in Paris bewährt hat, aufbauen.
Auf der anderen Seite ist zu prüfen, ob es in jedem Fall sinnvoll ist, europäische Best-
Practice in der Region einzusetzen. So besitzt die Region Île-de-France mit Genopole En-
treprises ein bewährtes Instrument zur Gründung neuer Unternehmen und zur Unter-
stützung der Entwicklung von im Technologiepark Genopole inkubierten Unternehmen.
Auf der einen Seite spricht die Zahl der neu gegründeten Unternehmen deutlich für eine
Übernahme eines derartigen Tools. Andererseits ist fraglich, ob der hohe finanzielle Auf-
wand gerechtfertigt werden kann, wenn ähnliche Formate vorhanden und – gemessen
am verfügbaren Budget – ähnlich erfolgreich sind. In diesem Fall sollte eher auf beste-
hende regionale Konzepte zurückgegriffen und diese erweitert werden.
3.2 Kontinuierliche Weiterentwicklung regionaler Expertise
Berlin-Brandenburg ist im Vergleich zu den anderen Regionen hinsichtlich seiner Be-
ratungs- und Unterstützungsangebote gut ausgestattet und verfügt über eine Vielzahl
verschiedener Formate.
So hat man mit TOP 50 ein sehr flexibles, unbürokratisches Instrument, um den Tech-
nologietransfer zu befördern. Mit 85 bewerteten Projekten, von denen 26 erfolgreich in
eine Förderung beziehungsweise Weiterentwicklung gebracht wurden, und 15 aktuell
in Bearbeitung sind, hat sich dieses Tool als sehr effizient erwiesen und ist auf reges
Interesse anderer europäischer Partnerregionen gestoßen. Hier gilt es, TOP 50 als in der
Region erfolgreiches Konzept weiterzuentwickeln und angesichts des hohen Interesses
anderer Regionen zu verstetigen.
Des Weiteren besteht in Berlin-Brandenburg – wie in allen hier verglichenen Regionen
– ein Bedarf an erfahrenen Start-up-Managern mit Branchenkenntnissen, die ein neu
gegründetes Unternehmen nicht nur beraten, sondern darüber hinaus „an die Hand
nehmen“ und während der ersten Schritten begleiten. Hilfreich und sinnvoll wäre hier
ein Pool eben dieser Profile, auf den KMUs bei Bedarf zurückgreifen könnten. Derzeit
existiert ein solches Tool in keiner der Vergleichsregionen. Dennoch ist es möglich, ein
derartiges Instrument aufzubauen. In Berlin-Brandenburg wären die „Pharma Experts“,
64
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
also ausgewiesene Fachleute und Experten, die im Rahmen der Tätigkeit von TOP 50
Projekte zum Beispiel im Bereich Arzneimittelentwicklung hinsichtlich ihrer Marktfä-
higkeit bewerten, ein erster Ansatzpunkt. Dieses Expertenportfolio könnte Schritt für
Schritt weiter ausgebaut und eventuell um Experten aus anderen europäischen Regio-
nen erweitert werden.
3.3 Schaffung neuer Instrumente zur Förderung des Technologietransfers
Alle Regionen im Vergleich sehen sich mit zurückgehender Aktivität und Investitionen
der Venture-Capital-Firmen konfrontiert. Folglich schwindet die Kapitaldecke vieler
KMUs in vielen europäischen Life-Science-Clustern. Gerade in der Region Berlin-Bran-
denburg nehmen der Anteil – und damit die Bedeutung –öffentlicher Fördermittel an
der Finanzierung der kleinen und mittleren Unternehmen zu.
In diesem Zusammenhang wird die Schaffung eines europäischen Frühphasenfonds zur
Förderung und Finanzierung vielversprechender Projekte aus dem Bereich der Lebens-
wissenschaften diskutiert. Ausgehend von einem identischen Defizit könnten europäi-
sche Life-Science-Regionen in einer konzertierten Aktion auf die Notwendigkeit eines
solchen Fonds hinweisen und die europäischen Institutionen mit Konzepten versorgen.
Derartige Empfehlungen, die von den Regionen umgesetzt werden sollen, werden ak-
tuell für die Region Berlin-Brandenburg durch das Projekt Bio-CT, bei dem die Region
durch die TSB Innovationsagentur/BioTOP vertreten ist, erarbeitet.
65
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
4. Übertragbarkeit auf andere Zukunftsfelder
4.1 Life Sciences als repräsentatives Modell für andere Zukunftsfelder in Berlin-Brandenburg
Die bisher für den Bereich Biotechnologie / Life Sciences erzielten Ergebnisse sollen
im Folgenden dahingehend überprüft werden, ob sie auch für andere Zukunftsfelder
der gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg zutreffen. Repräsentativ
werden hier die Zukunftsfelder Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)
sowie Verkehrssystemtechnik untersucht. Für die Region Berlin-Brandenburg werden
beide Bereiche als Kompetenzfelder durch die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
abgedeckt. Die Bereiche sind ebenso wie die Lebenswissenschaften in Form von Ini-
tiativen beziehungsweise Koordinierungsstellen für Industrie und Wissenschaft unter
einem Dach angesiedelt. Insofern ist ein direkter Vergleich möglich.
4.2 Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien
Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bilden seit Jahren die Schlüs-
seltechnologien für wesentliche Innovationen in Produktion und Dienstleistung. Mehr
als 80 Prozent der Innovationen in Deutschlands starken Branchen Automobil, Medi-
zintechnik und Logistik sind getrieben durch Informations- und Kommunikationstech-
nologien. Mittelfristig wird die Branche voraussichtlich um rund drei Prozent jährlich
wachsen. Die IKT als Querschnittstechnologie für viele Entwicklungen in anderen An-
wendungsfeldern, wie zum Beispiel der Verkehrstelematik oder den Bildgebenden Ver-
fahren, ist in Berlin sehr gut aufgestellt. Für Berlin spielt das Technologiefeld, dem rund
30 wissenschaftliche Einrichtungen und 3.300 Unternehmen mit circa 31.000 Beschäf-
tigten zuzurechnen sind, deshalb eine wichtige Rolle.
Im Bereich IKT besitzt die Region Berlin das größte Glasfasernetz Europas und stellte
entscheidende Weichen, indem sie das digitale terrestrische Fernsehen einführte. Ber-
lin gilt daher als Testmarkt für Entwicklungen der Informations- und Telekommunikati-
onsbranche41. Das Management des Kompetenzfeldes IKT/Medien obliegt dem Berliner
Senat für Wirtschaft, Technologie und Frauen (SenWTF), während die TSB drei der in
diesem Kompetenzfeld implementieren Handlungsfelder abdeckt:
k Mobile Anwendungen / Geoinformation (RFID/NFC)
k Open Source / Open Standard
k Vernetztes Leben
Das Kompetenzfeld soll im Rahmen der kohärenten Innovationsstrategie weiter ausge-
baut werden und gegenüber dem Bundesdurchschnitt um jeweils ein Prozent stärker
wachsen.
66
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
Kompetenzmanager für den Bereich ist das Projekt Zukunft, das bei der Senatsverwal-
tung für Wirtschaft und Technologie angesiedelt ist. Es setzt die im Berliner Masterplan
für IKT benannten Maßnahmen um.
Der IKT-Bereich innerhalb der TSB
k initiiert und betreut innovative Verbundvorhaben
k realisiert den Wissenstransfer zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und
Unternehmen
k organisiert Veranstaltungen zu aktuellen IKT-Themen, insbesondere zu neuen
Forschungs- und Entwicklungsergebnissen42.
4.3 Bereich Verkehrssystemtechnik
Verkehr und Mobilität sind bestimmende Faktoren für Wachstum und Beschäftigung
in der Region. Regional und international vernetzte Lösungen für Verkehrsleistungen
werden in den kommenden Jahren zu einem Schlüssel der Entwicklung von Wirtschaft
und Gesellschaft. Mobilität wird in der Zukunft nicht mehr durch einen einzelnen Ver-
kehrsträger oder eine bestimmte Technologie effizient zu erbringen sein. Der Schwer-
punkt der Bemühungen muss daher in einer Effektivitätssteigerung des Gesamtsystems
liegen. Dazu sind Innovationen notwendig. Entscheidend für den Erfolg sind Lösungen,
die wirtschaftlich und umweltverträglich sind und von den Nutzern akzeptiert werden.
Hierzu gehört in erster Linie die intelligente Vernetzung der verschiedenen Verkehrs-
träger (intermodale Mobilität).
Aktuelle Analysen sehen das Kompetenzfeld Verkehrssystemtechnik am Standort Ber-
lin-Brandenburg gut positioniert und mit einem hohen wirtschaftlichen Potential für
die Region. Charakteristisch für die Verkehrssystemtechnik in Berlin sind der Mix aller
Teilbranchen und Technologiefelder, das breite Forschungsumfeld sowie die enge Ver-
zahnung mit Anwendern und Betreibern. Große Potentiale liegen im Einsatz und in der
Nutzung multidisziplinärer Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft, um Mobilität
ökonomisch und ökologisch zu sichern.
Im Rahmen der Strategie des Senats zu einem Kompetenzzentrum Verkehr und Mobi-
lität wurden Handlungsfelder definiert, in denen eine intensivere Vernetzung von Wis-
senschaft und Wirtschaft erfolgen soll, und die sich durch heutige Prioritäten ergeben:
k Verkehrstelematik
k Logistik
k Schienenverkehrstechnik
k Luft- und Raumfahrt
k Straßenverkehr/Automotive
67
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichOptionen zur Nutzung europäischer Transfermodelle
Die Handlungsfelder unterliegen einer regelmäßigen Überprüfung vor dem Hinter-
grund der verkehrlichen, verkehrswissenschaftlichen und verkehrswirtschaftlichen
Randbedingungen. Handlungsfelder zeichnen sich dadurch aus, dass sie die gesamte
Wertschöpfungskette von der Forschung über Entwicklung, Produktion, Anwendung
und weltweite Vermarktung abdecken und damit der Region die Fähigkeit zur Beherr-
schung komplexer Systeme in der Verkehrssystemtechnik geben43.
4.4 Frage der Übertragbarkeit der Ergebnisse
Grundsätzlich muss genau geklärt werden, wie die finanziellen, rechtlichen sowie
administrativen Rahmenbedingungen des Technologietransfers für die Bereiche Ver-
kehrssystemtechnik und Informations- und Kommunikationstechnologien in Berlin-
Brandenburg ausgestaltet sind. Obwohl diese Handlungsfelder ebenso wie die Bio-
technologie als Kompetenzfelder unter dem Dach der TSB zusammengefasst sind, so
ergeben sich doch Differenzen, die im Aufbau, der Größe und beinhalteten Akteure
der Cluster für Verkehrssystemtechnik und IKT begründet sind. Darüber hinaus unter-
liegen die Industrien unterschiedlichen Zwängen. Als Beispiel können hier europäische
Harmonisierungsbestrebungen in der Bahntechnologie genannt werden, auf die Berlin-
Brandenburg beispielsweise mit verschiedenen europäischen Projekten reagiert (z. B.
EUDD plus)44, die von der TSB bearbeitet werden.
Konkret heißt das, dass erfolgreiche Modelle aus den Lebenswissenschaften einzeln auf
eine mögliche Übertragbarkeit geprüft werden müssen. Ein Integrationsansatz wie das
von BioTOP Berlin-Brandenburg betriebene Projekt TOP 50, das Elemente des Scou-
tings, der Bewertung und Beratung sowie des aktiven Projektmanagements miteinan-
der verbindet und gleichzeitig Seminare zur Vermittlung unternehmerischen Wissens
anbietet, könnte auch in anderen Kompetenzfeldern als Technologietransfermaßnahme
in ähnlicher Form angewendet werden, da es relativ kostengünstig und mit begrenz-
tem Aufwand an personellen wie finanziellen Ressourcen betrieben werden kann. Dafür
wäre allerdings vorab eine genaue Analyse notwendig, ob die in der Biotechnologie
vorgefundenen Problemfelder der Region (zum Beispiel wenig Möglichkeiten zur Früh-
phasenfinanzierung, begrenzte unternehmerische Kompetenz bei der Verwertung von
Forschungsergebnissen) auch für die Bereiche Verkehrssystemtechnik und IKT gelten.
Gleichzeitig ist zu beachten, dass nicht überall identische Strukturen und ausreichende
Kapazitäten zur Koordination beziehungsweise zum Betreiben von derartigen Transfer-
instrumenten bereitstehen.
Letztlich kann und muss für jedes Instrument des Technologietransfers, das ursprüng-
lich aus einem anderen Kompetenzfeld stammt, überprüft werden, ob es theoretisch
wie praktisch auch anderweitig zum Einsatz kommen kann. Eine generelle Übertragbar-
keit von in den Lebenswissenschaften erfolgreichen Modellen ist nicht gegeben – dazu
sind die Zusammenhänge und Strukturen in den Technologiefeldern zu heterogen.
D. Fazit
69
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichFazit
Die Analyse hat Informationen über die strategische Positionierung der einzelnen Clus-
ter, ihre Aktionspläne und die wichtigsten Fragen, mit denen sie konfrontiert sind, ge-
liefert. Außerdem wurde ein Beitrag zum Vergleich von Transferinstrumenten der ein-
zelnen Regionen im Hinblick auf ihre Implementierbarkeit in anderen Clustern geleistet.
In erster Linie können die Studienergebnisse als Hintergrund dienen, die Auswahl be-
ziehungsweise den Aufbau geeigneter Transferinstrumente in Berlin-Brandenburg zu
unterstützen. Sie müssen die Entwicklung der Biotechnologieregion Berlin-Branden-
burg voranbringen und eine langfristige Perspektive aufzeigen.
In einem nächsten Schritt müssen technische, rechtliche sowie finanzielle Details der
Implementierung von Transferinstrumenten geklärt werden. Die Zusammenarbeit zwi-
schen den betrachteten Biotechnologieregionen sollte im Rahmen geeigneter Projekte
und/oder Netzwerke in jedem Falle fortgesetzt werden, um die Ergebnisse zu verifizie-
ren und um neueste Entwicklungen und Innovationen im Bereich Technologietransfer
für die Region Berlin-Brandenburg weiterhin nutzbar zu machen. Gesamteuropäisch
sollten weiterhin auch andere Life-Science-Cluster in den Prozess einbezogen werden.
Ebenso können die Ergebnisse der Studie nicht nur als Leitlinie modellhaft für den
Biotechnologie- und Gesundheitsbereich, sondern ebenso für andere Handlungsfelder
dienen, was die Beispiele Verkehrssystemtechnik und Informations- und Kommunika-
tionstechnologien zeigen.
Die Studie hat außerdem gezeigt, dass erfolgreiche Instrumente aus einigen Bioregio-
nen in anderen implementiert werden könnten. Zu beachten sind hierbei die Anpassung
an die übergeordnete Strategie des Clusters sowie das Anknüpfen an den konkreten
Bedarf sowie an vorhandene, funktionierende Institutionen und Programme. Darüber
hinaus sollte angestrebt werden, gemeinsame Instrumente auf der europäischen Ebene
zu etablieren. Dies könnten gemeinsame Strukturen zur einheitlichen Bewertung als
Qualitätskriterium von Frühphasenprojekten sowie der Aufbau eines zentralen Pools
von Start-up-Managern sein, die im europäischen Netzwerk einen systematischen Er-
fahrungsaustausch pflegen.
Und schließlich sollen für zentrale Bereiche des Technologietransferprozesses standar-
disierte Best-Practice-Beispiele aufbereitet werden, die in Zukunft von Regionen mit
weniger Erfahrung übernommen werden können. Durch gezielte Maßnahmen kann
hier sehr viel erreicht werden. In Zukunft wird wohl dennoch viel Potenzial ungenutzt
bleiben. Denn ein entscheidender Faktor entzieht sich weitgehend der Einflussnah-
me durch Clusterentwicklungsorganisationen. Es ist die überall in Europa mangelnde
Verfügbarkeit von Venture Capital – ein zentrales Hemmnis erfolgreichen Technolo-
gietransfers und zugleich einer der wichtigsten Unterschiede zur Biotechnologieszene
in den USA. Darin könnte ein Marktversagen liegen, dass mit staatlichen Programmen
ausgeglichen werden muss. Letztlich kann die Thematik eines Marktversagens an dieser
Stelle jedoch nicht abschließend diskutiert werden, da dies weit über den Fokus dieser
Studie hinausreicht.
70
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichGlossar
Glossar
FrühphasenfinanzierungDie Frühphasenfinanzierung, auch Early-Stage-Finan-
zierung genannt, kann noch einmal in drei Finanzie-
rungsformen untergliedert werden. Im Einzelnen sind
dies die Seed-, Start-up und First-Stage-Finanzierung.
Die Seed-Phase umfasst die Vorbereitung der Unter-
nehmensgründung durch Finanzierung der Ausreifung
und Umsetzung einer Idee in verwertbare Resultate,
der Marktanalyse sowie der Erarbeitung eines Unter-
nehmenskonzeptes. Der Schwerpunkt der Aktivitäten
liegt hier in Forschungsinvestitionen und Produktent-
wicklungen bei Unternehmen in der Gründung. Dem
schließt sich die Start-up-Phase an, die vornehmlich der
Gründungsfinanzierung dient. Bei weitgehend abge-
schlossener Produktentwicklung liegt der Schwerpunkt
auf den ersten Marketingschritten und der Produktions-
vorbereitung sowie dem Ausbau der Produktionsanla-
gen. Die Frühphasenfinanzierung endet schließlich mit
der First-Stage-Phase, bei der es hauptsächlich die mit
der Markteinführung verbunden Kosten zu finanzieren
gilt45.
Proof of ConceptEin „Proof of Concept“ (dt: Machbarkeitsnachweis) ist
ein Meilenstein, an dem die prinzipielle Durchführbar-
keit eines Vorhabens belegt ist. Vielfach ist der positive
oder negative Machbarkeitsnachweis das Ergebnis ei-
ner Machbarkeitsstudie. In der Regel ist mit dem Proof
of Concept die Entwicklung eines Prototyps verbunden,
der die benötigte Kernfunktionalität aufweist46.
ScoutingGezielte Identifikation von potentiellen Kandidaten
(Projekten) durch ausgewählte Experten („Scouts“)47.
Instrumente des Technologie transfers · Europäische Life Science Cluster im VergleichQuellenverzeichnis
Quellenverzeichnis
1 Projekt Biotechnology Common Tools (Bio-CT) im 7. For-
schungsrahmenprogramm der EU
2 In Anlehnung an Meyers Lexikon Online 2.0, web.archive.org/
web/20080205041655/http://lexikon.meyers.de/meyers/
Technologietransfer
3 Zur Bedeutung des Begriffs „Scouting“ siehe Glossar
4 Quelle: TSB/Korek
5 Quelle: TSB/Korek
6 Quelle: TSB/Korek
7 Durchschnittswerte 2009
8 siehe www.medicen.org/en
9 Quelle a.a.O.
10 www.biocat.cat/en/about-biocat
11 www.biocat.cat/en/equip
12 www.bioindustrypark.eu/
13 www.bioindustrypark.eu/index.php?option=com_content&task
=view&id=20&Itemid=84
14 www.bioindustrypark.eu/index.php?option=com_content&task
=view&id=12&Itemid=73
15 www.bioindustrypark.eu/index.php?option=com_content&task
=view&id=12&Itemid=73
16 Vgl. www.pharmapolis-hungary.eu/introduction
17 www.biotop.de/about/tasks/
18 www.adt-online.de/zentren.html
19 www.bioindustrypark.eu/index.php?option=com_content&task
=view&id=17&Itemid=79
20 PEA = Patent Exploitation Agency; Patentverwertungsagentur
21 www.biotop.de/biocapital/bioparks/
22 Ausführlich dazu der BioTOP Report 2010, S. 30 ff., zu bezie-
hen unter www.biotop.de/downloads/biotopics
23 www.campus-berlin-buch.de/unternehmen.shtml
24 www.bio-luck.de/index_de.php?action=tgz&navig=1&navig_
bild=2
25 www.berlinbiotechpark.de/Masterplan_I_II.html
26 www.potsdam.de/cms/beitrag/10021446/34901/
27 Beeler, Franz J., Technologietransfer - verkannte Chance für
KMU und Grossfirmen, unter www.kmuinnovation.com/ratge-
ber/technologietransfer.htm
28 Zahlen stammen aus in den Regionen durchgeführten Inter-
views im Rahmen der SWOT-Analyse im EU-Projekt Bio-CT;
siehe innoTSD: SWOT Analysis of the mature research driven
clusters – Draft of the final report on the SWOT analysis; er-
stellt 2009-2010 im Rahmen des FP7- Projekts Biotechnology
Common Tools (BioCT), im Folgenden: SWOT BioCT
29 www.tsbmedici.de/fileadmin/downloads/Medizin_und_Medi-
zintechnik_in_Berlin_-_Brandenburg.pdf
30 www.healthcapital.de/ueber-das-netzwerk.html
31 Mehr dazu unter www.nature.com/nbt/advertorial/pa-
ris/2006/pdf/paris2006.pdf
32 www.biotop.de/biocapital/science/
33 www.biotop.de/research/
34 SWOT BioCT
35 SWOT BioCT
36 www.biocat.cat/en/news/training-biotech-business
37 images.to.camcom.it/f/PatLib/de/deppaten.pdf
38 www.provincia.mi.it/economia/doc/Silvano_Fumero.pps
39 Die beiden Instrumente der Region Debrecen/ Észak-Alföld
werden hier nicht näher untersucht, da für diese noch zu
wenig Erfahrungswerte vorliegen
40 Die Region Debrecen/ Eszak-Alföld wurde hier nicht näher
untersucht, da bislang noch keine hinreichende Anzahl von
Transferinstrumenten entwickelt wurde.
41 www.berlin-sciences.com/innovationsfelder/informations-und-
kommunikations-technologien/
42 www.tsb-berlin.de/ikt
43 www.fav.de/Wir_02_HF.html
44 www.fav.de/Pro_EUDDplus.html
45 www.teilhaber.de/artikel/artikel_kobabe_privateequity.html
46 de.wikipedia.org/wiki/Proof_of_Concept
47 TSB/Korek
Die aufgeführten Internetlinks wurden am 27.04.2012
zur Drucklegung zusammengetragen und geben den
damaligen Stand wieder.
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Die TSB Technologiestiftung Berlin steht für Innovation und Technologieentwicklung in der Hauptstadtregion. Sie fördert die
Wissenschaft und unterstützt die Wirtschaft. Schwerpunkte der Arbeit der Stiftung sind Strategieentwicklung, Bildung und
Wissenschaftskommunikation. Kernaufgaben der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH sind Clustermanagement, Vernetzung
und Technologietransfer auf den Feldern Life Science/Gesundheit, Verkehr und Mobilität, Energietechnik, Optik/Mikrosystem-
technik und IKT sowie in weiteren technologieorientierten Industriesegmenten.
www.tsb-berlin.de