Intelligent Design - Wer Ist Der Urheber - Bibel Jesus Gott Religion Glaube Esoterik

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› BIOLOGIE

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Reinhard Junker

D ie öffentliche Auseinandersetzung um dieUrsprungsfrage in der Biologie wurde diesen

Sommer ungewöhnlich heftig geführt. Auch inden Medien hierzulande erfuhr das Thema unge-ahnte Aktualität. Hat Gott die Welt geschaffenoder ist sie durch ungelenkte Prozesse evolu-tionär entstanden? Das neue Reizwort in derKontroverse heisst «Intelligent Design» – für vieleBiologen ein rotes Tuch.

Die auflagenstarke «Süddeutsche Zeitung» be-fasste sich im Juni und Juli in einer Artikelseriemit dem «Streitfall Evolution». Im April war «In-telligent Design» sogar das Titelthema der re-nommierten Wissenschaftszeitschrift «Nature».

Am 7. Juli 2005 publizierte die «New YorkTimes» einen Aufsatz des Wiener Kardinals Chris-toph Schönborn mit dem Titel: «Finding Design inNature». Schönborn schrieb darin: «Evolution imSinne einer gemeinsamen Abstammung kannwahr sein, aber Evolution im neodarwinistischenSinne – als ungeleiteter, ungeplanter Prozess zu-fälliger Variation und natürlicher Selektion – istes nicht. Jedes Gedankengebäude, welches dieüberwältigenden Hinweise für Design in der Bio-logie leugnet und wegzuerklären versucht, istIdeologie und keine Wissenschaft.»

Schönborns Aussage provozierte einen Auf-schrei in Presse und Rundfunk. Die Reaktionenreichten von Unverständnis bis zu schweren Be-leidigungen. Man beachte: Der Kardinal hatte dasEvolutionsgebäude gar nicht in Frage gestellt,sondern im Wesentlichen nur bestritten, dassEvolution ungelenkt ihre Produkte hervorge-bracht habe.

Doch bereits dieser Einspruch ist für viele Zeit-genossen in der wissenschaftlichen Welt und fürderen Presseleute offenbar unerträglich. Die Hef-tigkeit der Reaktionen und die damit verbunde-nen persönlichen Angriffe zeigten, dass der Kar-dinal einen empfindlichen Nerv getroffen hatte.Worum geht es beim «Intelligent Design»?

DER GRUNDGEDANKE HINTER IDDer Begriff «Design» muss in diesem Zusammen-hang umfassend verstanden werden. Gemeint istvor allem eine zweckvolle Anordnung von Teilen,die geeignet ist, eine ausgeklügelte Funktion aus-zuüben, so dass eine Zielorientierung erkennbarist.

Zum Design können auch spielerische Ele-mente und andere Komponenten gehören. Nachmenschlicher Erfahrung wird dafür ein intelli-genter Urheber (Designer, Konstrukteur, Schöp-

Die Frage nach dem UrheberHat Gott die Welt geschaffen oder ist sie durch ungelenkte Prozesse evolutionär entstanden?Ein Begriff entfacht die Diskussion neu: «Intelligent Design».

Phillip Johnson,prominenterVertreter der«IntelligentDesign»-Bewegung inden USA.

Der BiochemikerMichael Behe.Behe lehntebenso wiemanche andereID-VertreterMakroevolutionnicht grundsätz-lich ab, bestrei-tet aber, dasssie durch unge-lenkte Mecha-nismen erfolgte.

Titelgeschichte im US-Magazin «Time»:Hat Gott in der Wissenschaft einen Platz?

’’

‘‘Jedes Gedankengebäude,welches die überwältigen-den Hinweise für Designin der Biologie leugnetund wegzuerklären versucht, istIdeologie und keine Wissenschaft.Christoph Schönborn

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fer) benötigt. Die Frage ist: Trifft dies auch auf dieLebewesen und die unbelebte Welt zu?

Die Bibel gibt uns eine eindeutige Antwort:«Denn was man von Gott erkennen kann, das istunter ihnen wohlbekannt; Gott selbst hat es ihnenja kundgetan. Sein unsichtbares Wesen lässt sichja doch seit Erschaffung der Welt an seinen Wer-ken mit dem geistigen Auge deutlich ersehen,nämlich seine ewige Macht und göttliche Grösse»(Römer 1,19–20; nach Menge).

Diese Sätze aus dem Neuen Testament be-schreiben auf anschauliche Weise den Grundge-danken des «Intelligent Design»-Konzepts. DieWendung «mit dem geistigen Auge» («noumena»)kann auch mit «denkend» übersetzt werden. Ge-meint ist also, dass ein aufmerksames Beobach-ten der Schöpfung unter Einsatz des Verstandesauf einen Urheber schliessen lässt, ja sogar, dassman auf diesem Wege etwas über sein Wesen er-kennen kann.1

Etwas nüchterner formuliert: Die Hauptaus-sage des «Intelligent Design» (ID)-Konzepts be-sagt, dass man an Strukturen der Lebewesen(oder auch der unbelebten Welt) Eigenschaften(«Signale») erkennen kann, die auf das Wirken ei-nes intelligenten, willensbegabten Urhebers (De-signer, Schöpfer) hinweisen und andere Möglich-keiten ihrer Herkunft unwahrscheinlich machenoder sogar ausschliessen.

Das ID-Konzept rechnet mit der Möglichkeit,dass es allgemein in der Natur und insbesonderein der Organismenwelt Planung gibt, und gehtder Frage nach, ob dafür Hinweise durch empi-rische Forschung gefunden werden können.Solche Hinweise werden als «Design-Signale»bezeichnet.

Der ID-Ansatz versteht sich nicht als Lücken-büsser für Unerklärtes aufgrund offener Fragen,sondern beansprucht, anhand nachweisbarer In-dizien positive Belege für seine Position vorbrin-gen zu können. Phillip Johnson, bekannt durchdas Buch «Darwin on Trial», schreibt: «Intelli-gente Ursachen können bewirken, was nicht in-telligente Ursachen nicht können, und eine na-turwissenschaftliche Untersuchung kann diesenUnterschied aufzeigen» (Johnson 1999).

Wie aber wird erkannt, ob Phänomene in derNatur auf intelligente Ursachen zurückgehen?Aus der oben zitierten Passage aus dem Römer-brief geht schliesslich keine Anleitung für einewissenschaftliche Vorgehensweise hervor. Woranwerden Design-Signale, also die Hinweise auf ei-nen Urheber, festgemacht, welche Kriterien kannman dafür einsetzen?

HINWEISE AUF ID: «DESIGN-SIGNALE»Für die Gestalt von Naturgegenständen kommengrundsätzlich drei Faktoren in Frage: Zufall, Na-turgesetze und Wille (Planung, Design). Um nach-zuweisen, dass ein Designer am Werke war, kön-nen zwei Wege beschritten werden:1. Negatives Argument: Zufall und Naturgesetze,bzw. allgemein ungelenkte Prozesse oder natürli-che Vorgänge, werden als hinreichende Ursachenausgeschlossen (Abb. 1 und 2).2. Positives Argument: Es werden Hinweise auf dieTätigkeit eines intelligenten Urhebers gefunden.

Der erste Weg ist insofern problematisch, alsnie garantiert werden kann, dass alle denkbarennatürlichen, ungelenkten Mechanismen ent-deckt und auf ihre Leistungsfähigkeit hin getestetwurden. Man kann allenfalls sagen, dass auf der

Abb. 2: Zufällig geformte Gesteinsbrocken oderWerkzeuge? Kenner von Steinwerkzeugen könnenan bestimmten Formen von Abschlägen erkennen,ob ausschliesslich natürliche Prozesse für die Formverantwortlich gemacht werden können, oder obein Urheber am Werke war, der das Objekt gezieltbearbeitet hat. Hier handelt es sich um einfacheGeröllgeräte aus der Olduwan-Kultur. Wichtig ist,dass auf einen Urheber geschlossen werden kann,auch wenn weder seine Identität noch seineVorgehensweise bekannt sind.

Der ID-Ansatzverstehtsich nichtals Lücken-büsser fürUnerklärtes,sondernbean-sprucht,positiveBelege fürseinePositionvorbringenzu können.

Abb. 1: Rippel-marken amSandstrand:schön geformt,aber ohneDesigner durchNaturgesetzeerklärbar.

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Basis bekannter Daten ein natürlicher Weg bis-lang unbekannt ist. Dennoch: Je häufiger sichFehlschläge bei den Bemühungen um ausschliess-lich natürliche Erklärungen einstellen, desto un-plausibler wird ein solcher Weg.

Im Folgenden soll daher der zweite Weg ver-folgt werden. Hinweise auf einen intelligentenUrheber werden als «Design-Signale» bezeich-net. Drei Sorten von Design-Signalen sollen kurzerläutert werden (es gibt noch mehr; vgl. Kastensowie Abb. 5 und 6).

• Irreduzible KomplexitätAls Hinweise für ID gelten vor allem komplexe,synorganisierte Strukturen. Solche Strukturenbesitzen verschachtelte Wechselbeziehungenzwischen ihren Bestandteilen. Das heisst: Es wir-ken viele Komponenten zusammen, um eineoder mehrere Aufgaben zu erfüllen. Mindestensein Teil dieser Systeme scheint unverzichtbar fürdie Funktion zu sein; er ist irreduzibel, d. h. erkann nicht mehr ohne kompletten Funktionsver-lust verkleinert werden. Ein System ist irreduzibelkomplex, wenn es notwendigerweise aus mehre-ren fein aufeinander abgestimmten, interagie-renden Teilen besteht, die für eine bestimmteFunktion benötigt werden. Die Entfernung einesbeliebigen Teils zerstört die Funktion restlos.2

Das Konzept der irreduziblen Komplexität wurdedurch das viel beachtete Buch «Darwin’s BlackBox» des Biochemikers Michael Behe bekannt(Abb. 4).

• Spielerische KomplexitätEin weiteres Design-Signal sind Konstruktions-merkmale von Lebewesen, die ausgefallener er-scheinen, als die Funktion der Struktur erwartenlässt. Man könnte hier von «Luxusstrukturen»oder von «spielerischer Komplexität» sprechen.Beispielsweise erfüllen einfach gebaute Blütenden Zweck der Anlockung von Bestäubern ge-nauso gut wie komplizierte; weshalb gibt es also

so überaus ausgefallene Einrichtungen? (sieheBeispiel im Kasten «Design-Signale: Sahnespritzeim Schiffchen».) Es gibt Strukturen dieser Art inHülle und Fülle; man studiere dazu nur Werkeüber Blütenbiologie.

• Potentielle KomplexitätEine dritte Sorte von Design-Signalen sind Fähig-keiten von Lebewesen, die bei Bedarf in Erschei-nung treten können und die durch aktuelle Selek-tionsbedingungen (oder auch durch Selektions-bedingungen ihrer mutmasslichen Vorfahren)nicht erklärt werden können. Man könnte vonVariationsprogrammen sprechen, die den Lebe-wesen schöpfungsgemäss mitgegeben wurden,eine Art Rucksack mit Vorrat für die Zukunft. Bei-spielsweise ist bekannt, dass Bakterien unterStressbedingungen die Mutationsrate erhöhenkönnen, um sich schneller anpassen zu können,und die Mutationen sind in Bereichen konzen-triert, wo sie am ehesten zu nützlichen Verände-rungen führen. Man hat den Eindruck, als seienWege der «Anpassung bei Bedarf» bereits ange-legt, also vorgeplant, und damit ein Hinweis aufDesign (Hunter 2004, 204). Streng naturalistischeAnsätze können dagegen nur streng gegenwarts-orientiert sein, da sie keine vorausschauende In-stanz kennen.

HINWEISE AUF EINEN DESIGNER?Die Suche nach Spuren eines Urhebers wird inder Forschung häufig praktiziert, z. B. in der Ar-chäologie, wenn Artefakte von Naturproduktenunterschieden werden (vgl. Abb. 2), oder in dersog. SETI-Forschung (SETI = Search for Extra-Ter-restrial Intelligence), wenn im Weltall nach Spu-ren intelligenter Wesen gesucht wird. Der dortübliche Schluss von Designer-Spuren (also De-sign-Signalen) auf das Wirken eines Designersfindet exakt nach dem ID-Konzept Anwendungauf die Lebewesen.

Dabei wird ein Analogieschluss wie folgt gezo-gen (vgl. Abb. 5 und Tab. 1): Lebewesen zeichnensich durch den Besitz synorganisierter, irreduzi-bel komplexer, zweckvoller Strukturen aus (seienes Organe oder Stoffwechselwege u. a.). Wir wis-sen bei technischen Geräten oder bei Werkzeu-gen, dass nur eine planende, bewusst agierendePerson solche Strukturen herstellen kann. Auf-grund sehr ähnlicher Konstellationen bei den Le-

Abb. 4: Auch von derFachpresse starkbeachtet und vielfachkritisiert: «Darwin’sBlack Box» vonMichael Behe.

➁ Der Metallbügel, umdie Maus zu töten.

➃ Der Halter für denKöder gibt beileichtem Druck denHaltedraht frei.

➄ Der Haltedraht hält den Bügel zurück.

➂ Die Feder mit denverlängerten Endenpresst den Bügel aufdas Brettchen.

Eine Mausefalle. Sie besteht ausfünf verschiedenen Teilen, von de-nen keines fehlen darf, sonst kann manmit der Falle keine Mäuse fangen. Jedesder Teile muss zudem sinnvoll zum Ganzenpassen. Die Falle ist somit ein nicht reduzierbarkomplexes System. Ein solches System kann nichtzufällig entstehen.

> DIE LOGIK DERMAUSEFALLE

➀ Einfaches Holzbrettdient als Basis.

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bewesen wird geschlossen, dass auch bei diesenein Urheber angenommen werden muss.

Man kann also sagen: Der Gedanke an Planungin der Natur drängt sich aufgrund von Verglei-chen mit technischen Systemen auf. ID ist alsonahe liegend.

Die Schlussfolgerung von «Design» auf einen«Designer» wird im täglichen Leben ständig undzu Recht gezogen und ist dort völlig unproblema-tisch. Damit ist auch klar: Die Beweislast liegtnicht bei denjenigen, die ID behaupten, sondernbei denen, die das offenkundige intelligente De-sign als scheinbar entlarven wollen (vgl. dazu denAbschnitt über Kritik am ID-Konzept).

Es gibt noch eine weitere – bislang eher theore-tische – Möglichkeit, das Wirken eines Designersplausibel zu machen. Man könnte versuchen,

den Entstehungsvorgang experimentell nachzu-vollziehen. Tatsächlich ist es z. B. möglich, kom-plexe, funktionelle Moleküle im Labor zu erzeu-gen, doch gelingt dies nur unter Einsatz vonKnow-how. Wenn man so will: Die Entstehungvon Design-Strukturen kann im Labor nachge-stellt werden, und es zeigt sich bislang, dass diesnur gelingt, wenn Designer (in diesem Fall Bio-chemiker) planend und steuernd agieren.

Alle beschriebenen Hinweise auf einen Ur-heber sind natürlich abhängig vom Kenntnis-stand; doch das gilt für Wissenschaft immer. Wei-tere Kenntnisse könnten diese Hinweiseschwächen, sie könnten sie aber auch stärken.

Dass es Hinweise auf einen intelligenten Ur-heber gibt, wird auch von vielen Biologen be-stätigt, die nicht an dessen Existenz glauben. Sobeschreibt Richard Dawkins (Autor des Bestsel-lers «Der blinde Uhrmacher») die Biologie als«das Studium komplizierter Dinge, die so ausse-hen, als seien sie zu einem Zweck entworfen wor-den» (Dawkins 1987, 13). Oder in den Worten desEvolutionsbiologen Francisco Ayala: «Das funk-tionelle Design von Organismen und ihre Eigen-schaften scheinen für die Existenz eines Desig-ners zu sprechen» (Ayala 1994, 4). Und über dasMaskottchen der ID-Bewegung, den Bakterien-

Als Hin-weise fürID geltenkomplexe,synorga-nisierteStrukturen.

Abb. 5: Veranschaulichung der Analogie zwischenlebendiger und technischer Konstruktion. Links istdie grundsätzliche Konstruktion eines Motors dar-gestellt, rechts der Nanomotor eines E. coli-Bakte-riums. Beide Strukturen sind zweckgerichtet, vieleKomponenten sind offenkundig auf ein Ziel hinorganisiert. (Nach Nachtigall 2002, S. 126)

Abb. 6: Schemazeichnung einer Bakterienzelle mitRotationsmotor und Geissel. Das Feld am «Vorder-ende» des Bakteriums bezeichnet einen Bereich derCytoplasmamembran, welcher dicht mit Chemosen-soren besetzt ist. Man hat dieses Chemosensoren-feld auch die «Nase» des Bakteriums genannt. Vondort werden Steuersignale (Pfeile) an die Motorenübertragen, die ihrerseits die Flagellen in Rotationversetzen. Flagellen erzeugen durch Rotation denVortrieb. (Aus: Junker & Scherer 2001)

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Hornklee und Lupinen gehören zur Familie derSchmetterlingsblütler, genau wie diverse Klee-Gattungen, Wicken, Besenginster, Lupinen, Boh-nen und Erbsen. Ihren Namen verdankt dieseFamilie dem eigenartigen Blütenbau (Abb. 8).

Die zweiseitig symmetrischen Blüten bestehenaus der Fahne, die als meist grösstes Kronblatt alsLockorgan für bestäubende Insekten dient, weiteraus den Flügeln und dem darunter verborgenenSchiffchen, das aus zwei zusammengewachsenenKronblättern besteht. In dessen Innerem sind zehnverwachsene Staubblätter (manchmal isteines davon frei) und der Griffel versteckt. Diesefür die Fortpflanzung wichtigen Organe sind vonaussen nicht zu erkennen. Flügel und Schiffchensind oft teilweise verwachsen und bilden denLandeplatz für die Bestäuber.

Lupinen und die Hornklee-Arten haben in ihrenBlüten einen sonderbaren Pumpenmechanismuseingebaut, der an eine im Haushalt übliche Sahne-spritze (Abb. 7) erinnert. Das Schiffchen ist vornezugespitzt, besitzt aber eine kleine Öffnung. Be-reits im Knospenzustand entleeren die Staubblät-ter den Pollen in die Schiffchenspitze hinein. DieStaubblätter sind besonders lang und an ihremEnde knollig verdickt. Diese Verdickungen sorgenzunächst dafür, dass der Pollen in der Schiffchen-spitze festgehalten wird.

Landet ein Insekt auf der Blüte, drückt es die«Flügel-Schiffchen-Einheit» nach unten. Jetzt wir-

> DESIGN-SIGNALE: «SAHNESPRITZE IM SCHIFFCHEN»

Blütenauf-bau undBestäu-

bungsme-chanismus

beimHornklee

und beiden Lupinenzeigen zwei

Arten vonDesign-

Signalen.

Abb. 7: Pumpenmechanismus bei der Lupine (Lupinus polyphyllus).Das Insektengewicht drückt beim Blütenbesuch das Schiffchen nachunten (Pfeil). Dadurch pressen die oben verdickten starren Staub-blätter den zuvor in die Schiffchenspitze entlassenen Pollen auseiner kleinen Öffnung an der Spitze des Schiffchens heraus aufden Unterleib des Insektes. Links: Schiffchenspitze mit austreten-dem Pollen. Rechts unten: Sehr schön zu sehen: Die Verdickungenoben an den Staubblättern des Hornklees (Lotus corniculatus).

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motor (vgl. Abb. 5 und 6), schreibt De Rosier inder renommierten Zeitschrift «Cell» (Jg. 93, S. 17):«Mehr als andere Motoren ähnelt die Bakteri-engeissel einer vom Menschen konstruiertenMaschine.»

Besonders beeindruckend ist schliesslich dasfolgende Zitat von Michael Ruse: «Wir untersu-chen Organismen – mindestens ihre Teile – alswären sie erschaffen, als wären sie entworfenworden («designed»), und dann versuchen wirihre Funktionen herauszufinden. Zielorientiertes– teleologisches – Denken ist in der Biologie an-gebracht, weil, und nur weil Organismen so aus-sehen, als wären sie konstruiert, als wären sie voneiner Intelligenz erschaffen worden» (Ruse 2003,268).

KRITIK AN IDViele factum-Leser werden den Schluss von De-sign auf einen Designer für geradezu selbstver-ständlich halten. Christen, die vom Schöpfungs-glauben geprägt sind, tun sich häufig schwer, zuverstehen, weshalb dieser so nahe liegendeSchluss von den meisten Biologen heutzutagenicht gezogen wird.

In der Tat betrachten die Kritiker des ID-Ansat-zes den beschriebenen Schluss auf einen Desig-ner in der Natur als Trugschluss. Es wird daraufverwiesen, dass man doch seit Darwin grund-sätzlich gezeigt habe, wie Design bei den Lebewe-sen durch natürliche, ungelenkte Mechanismenentsteht (durch Mutation, Selektion und je nachVorliebe verschiedene weitere Faktoren). Dochdavon kann nicht die Rede sein. Die bekanntenEvolutionsmechanismen vermögen wohl vor-handene Strukturen zu variieren, an veränderli-che Umweltbedingungen anzupassen und zuspezialisieren, nicht aber neue Apparate zu kreie-ren.3 Dies nachzuweisen, ist eines der Ziele derID-Forscher. Das Ausloten der Leistungsfähigkeitder Evolutionsmechanismen soll zeigen, dassPlanung erforderlich ist, um zu neuen biologi-schen Apparaten oder Stoffwechselwegen zu ge-langen (vgl. das negative Argument im Abschnitt«Hinweise auf ID»).

Es gilt festzuhalten, dass ID nicht als Ersatz fürnatürliche Mechanismen zu verstehen ist, son-dern als Zusatz. Im Rahmen von ID werdennatürliche Mechanismen nicht geleugnet, son-dern als unzureichend betrachtet, um die Entste-hung von Design-Strukturen zu verstehen.

Abgesehen von diesem grundlegenden Ein-wand werden in der kritischen Diskussion desID-Ansatzes eine Reihe weiterer Kritikpunkte ge-nannt (siehe Kasten «Intelligent Design»: Ein-wände und Entgegnungen).

DIE EMOTIONALE SEITEPresseberichte und Internetaufsätze zum Themaverraten, dass die Auseinandersetzung um ID oftsehr emotional und auch beleidigend geführtwird. In einer Besprechung eines 800-Seiten-Sammelbandes über ID schreibt der ID-SkeptikerDel Ratzsch (2002): «Mindestens in den USA führt

ken die steifen, verdickten Staubblätter wie einKolben im Zylinder. Sie pressen den Blütenstaubvor sich her und dadurch aus der Spitze desSchiffchens heraus auf den Unterleib des Insekts.

Ist nach mehrmaligem Pressen der Pollen ab-gegeben, stösst an seiner Stelle die Narbe ausder Schiffchenspitze heraus. Sie kann nun denPollen aufnehmen, den ein anderes Insekt mit-bringt.

Offenkundig funktioniert die Apparatur nur,wenn alle Bauteile komplett ausgebildet sind:Wir sehen hier das Design-Signal der irreduziblenKomplexität.

Nicht alle Schmetterlingsblütler besitzen die-sen ungewöhnlichen Pumpenmechanismus.Beim verbreiteten Wiesenklee und anderen Klee-Arten fehlt er; beim Blütenbesuch klappen dieStaubblätter einfach oben aus dem Schiffchenheraus. Diese Pflanzen existieren und gedeihentrotzdem gut; sie sind sogar sehr weit verbreitet.

Hier stellt sich die Frage: Warum so kompli-ziert, wenn’s auch einfacher geht? Es drängt sichder Eindruck auf, dass wir es mit «spielerischerKomplexität» zu tun haben – ein zweites Design-Merkmal. Es handelt sich – wenn man so will –um eine Luxusstruktur, die wunderbar funktio-niert, aber nicht nur durch ihre Zweckmässigkeitallein erklärbar erscheint, sondern darüber hin-aus auf spielerische Phantasie hinweist. (rj.)

DiebekanntenEvolutions-mechanis-men ver-mögenwohl vor-handeneStrukturenzu variie-ren, an ver-änderlicheUmweltbe-dingungenanzupassenund zu spe-zialisieren,nicht aberneueApparate zukreieren.Dies nach-zuweisen,ist eines derZiele der ID-Forscher.

Abb. 8: Blütenbau eines Schmetterlingsblütlersam Beispiel des Besenginsters (Sarothamnus).Die hier herausgesprungenen Staubblätter undGriffel sind normalerweise im Innern des Schiff-chens verborgen.

Fahne

Flügel

Schiffchen

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jede Diskussion über Evolution, Design usw. in-nerhalb von Minuten in theologisches Gebiet.Daraufhin gehen schnell die Wogen hoch, es wirdam Verstand gezweifelt, Extremisten bezichtigendie anderen als Extremisten, und die volle Wuchtvon ad-hominem-Argumenten wird eingesetzt.»7

(Unter ad-hominem-Argumenten werden solcheArgumente verstanden, die nicht sachlich, son-dern an der Person orientiert sind, indem zumBeispiel auf die Unglaubwürdigkeit eines Kontra-

henten verwiesen wird, um der sachlichen Aus-einandersetzung entgehen zu können.)

Ratzsch (2002) beklagt sich weiter: «Meinehauptsächliche Beschwerde betrifft den verach-tenden Ton, den Spott und die persönlichen An-griffe, die einige Artikel dieses Buches durchzie-hen. ... Eine signifikante Anzahl von Anti-ID-Arti-keln ist gespickt mit beleidigenden Ausdrücken.... Obwohl die überwältigende Mehrheit der ad-hominem-Formulierungen von den ID-Kritikern

1. Einwand: Das ID-Argument lebt vomNichtwissen (sog. «argumentum adignorantiam»). Die wohl am häufigstengeäusserte Kritik gegen den ID-Ansatzlautet: ID beruht auf Kenntnislückenbei den Evolutionsmechanismen.Weitere Forschung wird diese Lückenverkleinern und irgendwann ganzschliessen.

Entgegnung: Ein Hinweis voraus:Hinter diesem Einwand steht das Einge-ständnis, dass die Entstehungsweisevon Design-Strukturen durch unge-lenkte Prozesse derzeit ungeklärt ist.4

Der Einwand selbst trifft nur einen Teildes ID-Arguments (das negative Argu-ment im Abschnitt «Hinweise auf ID»).Im Kern aber ist der Einwand nicht be-rechtigt: Denn das ID-Argument beruhtauf Wissen, nämlich auf dem Nachweisvon Design-Signalen und auf dem Wis-sen, wie Design-Signale nach aller bis-heriger Erfahrung ausnahmslos entste-hen (vgl. das positive Argument im Ab-schnitt «Hinweise auf ID»).

Ausserdem hat sich gezeigt, dass

Wissenszuwachs verstärkt für einenintelligenten Urheber spricht. Es tunsich zunehmend grössere Erklärungs-probleme auf. Charles Darwin schrieb1859: «Wenn gezeigt werden könnte,dass irgendein komplexes Organ exis-tiert, das nicht durch zahlreiche, auf-einander folgende, geringfügige Verän-derungen gebildet worden sein kann,würde meine Theorie absolut zusam-menbrechen», meinte aber, er könnekeinen solchen Fall finden.5 Diese Si-tuation hat sich mittlerweile gründlichgeändert.

Für Darwin waren viele Vorgänge inden Lebewesen «Black Boxes», alsogrosse Unbekannte. Diese Prozessesind mittlerweile teilweise entschlüs-selt und haben sich als viel komplizier-ter erwiesen, als man früher dachte.Michael Behe schreibt dazu: «Vor 50Jahren schien die Zelle viel einfacher zusein und in unserer Unkenntnis war esdamals einfacher, Darwinsche Prozessedafür verantwortlich zu machen. Abermit dem Fortschritt der Biologie ver-

schwand die Vorstellung von Einfach-heit und die Idee des Design wurde im-mer zwingender» (Behe 2004, 367).

Und der bekannte LehrbuchautorBruce Alberts (der ID ablehnt) stelltfest: «Die Zellen sind immer wiederunterschätzt worden; dies trifft zweifel-los auch für die heutige Zeit zu» (zit.nach Behe 2004, 360).

Schliesslich können teilweise ID-Strukturen nachgemacht werden, sodass mögliche Entstehungswege aufge-klärt werden können. So wird in der ex-perimentellen Archäologie die Herstel-lungsweise eines Faustkeils durchNachmachen erforscht. Ähnlich könnteman durch die Herstellung von Struktu-ren der Lebewesen im Labor zeigen,dass der Weg zum Leben nur mit durch-dacht konstruierten Apparaturen undkontrolliertem Timing möglich ist (vgl.dazu auch den 6. Einwand).

2. Einwand: Wir wissen noch zu wenigüber die Evolutionsfähigkeiten der Le-bewesen. Dieser Einwand hängt mit

> «INTELLIGENT DESIGN»: EINWÄNDE UND ENTGEGNUNGEN

Tab. 1: Gegenüberstellung von Artefakten und Organismen:Ist angesichts der vergleichbaren Eigenschaften ein Analo-gieschluss auf die Entstehungsweise der Organismen ge-rechtfertigt oder machen die Unterschiede dies unmöglich?Die nachfolgenden Anmerkungen machen deutlich, dass die Unterschiede nicht grundsätzlicher Art sind.(1) In der SETI-Forschung («Search for Extra-Terrestrial Intelli-gence») ist die Handlungsweise der Urheber unbekannt;streng genommen ist das auch bei Faustkeilherstellern derFall, denn ein Nachmachen durch experimentelle Archäologiezeigt nur, wie es funktionieren könnte.(2) Analog zur experimentellen Archäologie versucht manauch eine experimentelle Biogenese-Forschung zu betreiben.Wenn es nicht einmal unter Einsatz von Design gelingensollte, Leben zu erzeugen, weshalb sollte es dann ohne De-sign funktionieren?(3) Im Text wird erläutert, dass und weshalb dieser Unterschiedkeine Rolle spielt. Der entscheidende Punkt ist der Nachweisvon irreduzibler Komplexität. Diese muss definitionsgemäss ineiner einzigen Generation entstehen.

(4) Heutige Lebewesen entstehen (soweit empirisch nach-weisbar) durch Information von innen. Doch dies ist für denVergleich «Artefakte-Organismen» irrelevant, da es um dieerstmalige Entstehung geht, ausgehend von einer Situation,in der die Information von «innen» noch nicht vorhanden war.(5) Auf diese Gemeinsamkeit kommt es im Analogieschlussan.

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kommt, gibt es auch einige auf seiten der ID-Ver-treter.» Warum diese Emotionalität?

Eine biblische Orientierung zu dieser Frage gibtdie eingangs zitierte Passage aus dem 1. Kapiteldes Römerbriefs. An den Satz «(...) sein unsichtba-res Wesen lässt sich ja doch seit Erschaffung derWelt an seinen Werken mit dem geistigen Augedeutlich ersehen, nämlich seine ewige Macht undgöttliche Grösse» (...) schliesst sich eine bedeut-same Schlussfolgerung an: «(...) daher gibt es

keine Entschuldigung für sie, weil sie Gott zwarkannten, ihm aber doch nicht als Gott Verehrungund Dank dargebracht haben, sondern in ihrenGedanken auf nichtige Dinge verfallen sind undihr unverständiges Herz in Verfinsterung habengeraten lassen. (...)»

«Intelligent Design» hat nicht nur eine sachli-che Ebene (die zweifellos wichtig ist und ihrRecht hat). Römer 1,21 macht klar: Gott erwartet,dass die Menschen den deutlichen Hinweisen,

dem 1. Einwand zusammen. Er drücktdie Hoffnung aus, dass weitere Kennt-nisse eine natürliche Erklärung ermögli-chen werden.

Entgegnung: Weitere Forschungkönnte die Argumentation mit ID durch-aus schwächen. Es liegt im Wesen derWissenschaft begründet, dass ihre Aus-sagen durch neue Befunde sich be-währen oder eben auch unplausibelwerden können. Dieser Einwand be-stätigt indirekt also, dass ID seinenPlatz zu Recht auf wissenschaftlichemTerrain hat, denn das Konzept ist, wennes konkretisiert wird, widerlegbar.

Doch es gibt auch den umgekehrtenFall: Mehr Wissen könnte das Argumentfür Design auch verstärken. Es ist kei-neswegs ausgemacht, dass Wissenszu-wachs die Ursprungsfrage einer natura-listischen Antwort näher bringt – imGegenteil: In der Vergangenheit war dasgerade nicht der Fall.

3. Einwand: Lebewesen sind Viele-Generationen-Systeme, sie können sichselber fortpflanzen und sich Schritt fürSchritt ändern. Dieser Einwand zieltdarauf ab, dass eine synorganisiertelebendige Konstruktion, die den An-schein von ID erweckt, in vielen aufein-ander aufbauenden Generationen suk-zessive auf natürliche Weise entstan-den sein könnte.

Entgegnung: Bei irreduzibel komple-xen Systemen greift dieser Einwandnicht, da der Erwerb einer solchenStruktur definitionsgemäss in einer ein-zigen Generation erfolgen muss undeben nicht schrittweise entstehen kann.Denn Zwischenstadien würden der Se-lektion restlos zum Opfer fallen. Selek-tion kann nämlich erst ins Spiel kom-men, wenn eine Funktion ausgeübt wird.

Kritiker müssten also zeigen, wieirreduzibel komplexe Strukturen schritt-weise durch ungelenkte Prozesse entste-hen können, so dass in jeder Generation

eine selektierbare Funktion ausgeübtwird. Das heisst: Es müsste gezeigt wer-den, dass es gar keine irreduzibel kom-plexe Strukturen gibt. Dieser Nachweissteht aus.6 Die Tatsache, dass Lebewe-sen Viele-Generationen-Systeme sind,spielt hier also keine Rolle.

Ob eine Struktur irreduzibel komplexist, ist empirisch prüfbar. Man muss«nur» abwechselnd jedes Bau- oderStoffwechselelement eines Systemsentfernen und dann prüfen, ob nochwenigstens Restfunktionen vorhandensind, die selektierbar sind. Wie solcheStrukturen entstehen, könnte dadurchgezeigt werden, dass man einen realis-tischen natürlichen Entstehungswegdemonstriert. Gelänge dies, wäre dasID-Argument der irreduziblen Komple-xität erledigt. Ob dieser Nachweisgrundsätzlich nicht geführt werdenkann, muss offen bleiben.

4. Einwand: ID ist nicht falsifizierbar(widerlegbar). Dieses Standard-Argu-ment gegen die Wissenschaftlichkeitvon ID besagt, dass man – gleichgültig,welche Forschungsergebnisse erzieltwerden – immer das Wirken einesSchöpfers annehmen könnte. DessenWirken könnte also nie widerlegtwerden.

Entgegnung: Diesem Einwand liegtein verbreitetes Missverständnis zu-grunde. Es geht nicht um den Nachweiseines Designers, sondern um den Nach-weis von Design-Signalen. Das Wirkeneines Urhebers kann in der Tat nichtfalsifiziert werden. Daher muss der ID-Ansatz konkretisiert werden, um ihnprüfbar und widerlegbar zu machen.

Falsifizierbar ist zum Beispiel die Be-hauptung von irreduzibler Komplexität(s. o.). Dies geht nur durch Forschungund führt damit zu neuen Erkenntnis-sen. Es wurde tatsächlich vielfach(vergeblich) versucht, das Konzept derirreduziblen Komplexität zu widerlegen

(Behe 2001; 2004). Offenbar sehenID-Kritiker also durchaus Ansatzpunktefür eine Falsifizierung.

Manchmal wird auch behauptet, derID-Ansatz sei wertlos, weil mit ihm alleserklärt werden könne. Eine Theorie, diealles erkläre, erkläre nichts. Dasstimmt, doch mit dem ID-Ansatz wirdnicht alles erklärt. Erst eine eingehendeUntersuchung des jeweiligen Gegen-standes kann zeigen, ob die Annahmevon ID überhaupt plausibel ist, und invielen Fällen wird diese Möglichkeitverworfen. Ausserdem ersetzt ID dasWirken von Mechanismen nicht, son-dern ergänzt sie.

5. Einwand: Der ID-Ansatz bedeutet Er-kenntnisverzicht. Es wird argumentiert,dass mit der Auffassung, eine be-stimmte Struktur oder das Leben sei er-schaffen worden, sich weitere For-schung zur Entstehungsweise erübrigenwürde. Durch diesen Forschungsver-zicht würde man sich mögliche weitereErkenntnisse verbauen und damit Wis-senschaft blockieren.

Entgegnung: Der ID-Ansatz ist breiterangelegt als eine Forschung, die über-natürliche Ursachen nicht als Möglich-keit ins Auge fasst. Er ist sowohl für Pla-nung als auch für natürliche mechanis-mische Erklärungen offen und schliesstkeine der beiden Möglichkeiten vor-schnell aus. («Mechanismisch» meint:sich auf einen gesetzmässig beschreib-baren Mechanismus beziehend.) Damitist der ID-Ansatz geeignet, historischeFragestellungen zu bearbeiten, denn eskann ja nicht ausgeschlossen werden,dass in der Vergangenheit ID eine Rollegespielt hat.

Nur mit dem ID-Ansatz besteht zu-dem überhaupt Motivation, nach De-sign-Signalen zu suchen. Wichtig ist,dass nicht vorschnell auf ID geschlos-sen wird, sondern erst nach eingehen-der Prüfung, die für verschiedene Mög-

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› BIOLOGIE

› factum 7 I 200536

die er in der Schöpfung hinterlassen hat, folgenund zum Dank ihm gegenüber und zur AnbetungGottes gelangen. Das heisst: Die Frage, ob es Hin-weise auf einen intelligenten Urheber gibt, ist zu-gleich die Frage, ob es einen Urheber gibt, dermich selbst erschaffen hat und vor dem ich michdaher für mein Tun und Lassen verantwortenmuss. Wer diese Frage an sich herankommenlässt, kann nicht mehr distanziert bleiben.

Diese Einschätzung ist rein geistlich begrün-det, durch die Offenbarung in der Heiligen

Schrift. Logisches Argumentieren kann höchs-tens plausibel machen, dass es deutliche Hin-weise auf einen Schöpfer gibt. Es liefert aber kei-nen zwingenden Beweis, den jeder anerkennenmuss. Wenn wir mit empirischen Befunden argu-mentieren, gibt es Deutungsspielräume.

Der Schlussfolgerung, dass es einen Schöpfergibt, lässt sich argumentativ entkommen. Die-se Möglichkeit besteht. Doch Design-Signale zei-gen, dass es vernünftig ist, an einen Schöpfer zuglauben.

lichkeiten offen sein muss. Der ID-An-satz führt also in die Forschung hinein,nicht von ihr weg. ID ist zunächst eineHypothese, die geprüft werden und diesich bewähren muss. Wenn die For-schung gar nicht für die Möglichkeitvon ID offen ist, ist sie ideologisch, weilsie eine mögliche Wirklichkeit von vorn-herein ausblendet.

6. Einwand: Es gibt keinen ID-Mecha-nismus. Kritiker bemängeln, dass imRahmen des ID-Ansatzes auf mechanis-mische Erklärungen verzichtet werde.So schreibt Waschke (2003): «Es gibtweder Aufstellungen von allgemeinenGesetzesaussagen noch Erklärungen,wie Design mechanismisch funktionie-ren soll ...» ID-Vertreter würden auchgar nicht den Anspruch stellen, mecha-nismische oder auch nur kausale Er-klärungen zu liefern.

Entgegnung: Ursprungsforschungvermag Prozesse, die lange vergangensind, nur zu simulieren, nicht aber dieseinerzeit abgelaufenen Mechanismendirekt zu erforschen. Auch die Evoluti-onsbiologie wird grundsätzlich nie de-monstrieren können, durch welche Me-chanismen z. B. erste Lebewesen aufder hypothetischen frühen Erde ent-standen sind. Vielmehr könnte allen-falls durch Simulationsexperimentegezeigt werden, unter welchen Rand-bedingungen auf welche Weise Lebenentstehen könnte.

Und nun wird es spannend: WelcheSchlussfolgerungen werden gezogenwerden, wenn sich wiederholt zeigt,dass Leben oder wenigstens wichtigeMakromoleküle oder Apparate heutigerLebewesen nur durch Einsatz von Pla-nung, durch einen geordneten Ver-suchsaufbau und durch ein kontrollier-tes Timing entstehen? Damit hätte maneine Erklärung gefunden, wie Lebenentstehen kann; man würde einen Vor-

gang kennen, der zu Leben oder wenigs-tens von Teilstrukturen von Lebewesenführt. Man hätte demonstriert, dassund wie mit «Design» Lebensstrukturenerzeugt werden können.

Natürlich hätte man auch damit nichtgezeigt, wie Leben auf unserer Erde inder Vergangenheit tatsächlich entstan-den ist. Aber es wäre demonstriertworden, wie es möglich gewesen seinkönnte. Mehr kann grundsätzlich nichtgeleistet werden, weil es um ein Ereig-nis in der Vergangenheit geht – in die-ser Hinsicht sitzen alle Ursprungsfor-scher im selben Boot.

7. Einwand: Ein Designer hat in derWissenschaft nichts zu suchen. Die wis-senschaftliche Methode der Erkenntnis-gewinnung kann einen Schöpfer und

schöpferische Eingriffe nicht erfassen.Entgegnung: Dieser Einwand ist be-

rechtigt, aber irrelevant. Denn in der ID-Forschung wird nach klar definierten«Design-Signalen», wie z. B. irredu-zibler Komplexität gesucht, nicht nacheinem Designer. Auf das Wirken einesDesigners wird dann geschlossen,wenn sich die Existenz von Design-Sig-nalen plausibel machen lässt.

Ob man den Urheber kennt, spielt beider Untersuchung potentieller Design-Signale keine Rolle. Auch in anderenFällen ist es unerheblich, ob man denUrheber kennt, etwa bei der Untersu-chung von Faustkeilen oder archäologi-schen Artefakten. Die ID-Forschung be-wegt sich also auf der empirischenEbene, genauso wie jede andere natur-wissenschaftliche Forschung auch.

Gegen ID wird auch argumentiert, esgebe viele Beispiele von Design-Feh-lern, Unvollkommenheiten und Kon-struktionsfehlern, die einem intelligen-ten Urheber nicht unterlaufen würden.Auch das Aussterben vieler Arten wirdim gleichen Atemzug genannt. Auf die-ses komplexe Thema kann im Rahmendieses Beitrags nicht angemessen ein-gegangen werden; es sei dazu auf Jun-ker (2001; 2004) verwiesen. EinigeHinweise dazu in Stichworten:• Die Existenz von Mängeln widerlegt

nicht das Auftreten von Design-Signa-len. Die Argumente für ID werden da-durch nicht entkräftet.

• Konstruktionsfehler wurden in derVergangenheit schon oft vorschnellkonstatiert und durch weitere For-schung widerlegt. Da im Rahmen desID-Ansatzes echte, auf die Schöpfungzurückgehende Mängel, in der Tat

nicht erwartet werden, bedeutet dieBehauptung, es gäbe solche Mängel,einen Forschungsanreiz, die Struktur-Funktions-Beziehungen genauer auf-zuklären und zu zeigen, dass in Wirk-lichkeit keine Mängel vorliegen. Obdieser Nachweis gelingt, muss dieForschung im Einzelnen erweisen.Das ID-Konzept motiviert hier dieForschung sehr stark.

• In biblischer Perspektive muss be-dacht werden, dass die heutigeSchöpfung nicht der ursprünglichenentspricht. Römer 8,19–22 zeichneteine leidende, seufzende, geknech-tete Schöpfung, verursacht durcheine «Unterwerfung» der Schöpfung.Mutmassliche Unvollkommenheitenkönnten also erst sekundär dieSchöpfung kennzeichnen (Junker2001).

> DESIGN-FEHLER

Es istvernünftig,

an einenSchöpfer zu

glauben.

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BIOLOGIE ‹

CHRISTEN UND INTELLIGENT DESIGNRömer 1,19 ff. besagt, dass Gott in der SchöpfungWegweiser zu ihm selbst hin aufgerichtet hat. Esist eine Aufgabe für Christen, diese Wegweiserkenntlich zu machen. So wie Verkehrsschilderdurch Buschwerk oder Schmutz verdeckt werdenkönnen, so scheinen auch die Design-Signale desSchöpfers durch weltanschaulich begründete Be-hauptungen unkenntlich gemacht worden zusein. Zum Beispiel durch die Behauptung, alleHinweise, die auf einen intelligenten Urheberdeuten, seien Illusionen.

Gerade auch die Behauptung, es sei geklärt,wie durch ungelenkte evolutionäre Prozesse dieKonstruktionen des Lebens entstanden seien,verdeckt die Design-Signale. Christen sollen dieUnhaltbarkeit dieser Behauptung aufzeigen.Dazu muss die Evolutionslehre nicht widerlegtwerden. Es genügt zu zeigen, dass viele der Be-hauptungen der Evolutionstheorie weder plausi-bel noch bewiesen sind.

Umgekehrt braucht es auch keine Beweise fürdas Wirken eines Urhebers; es genügt, die De-sign-Signale als Hinweise sichtbar werden zu las-sen. Auf diesem Wege kann hoffentlich auch beivielen Zeitgenossen der Boden fürs Evangeliumbereitet werden. Denn die Wegweiser in derSchöpfung sind dazu da, um ihnen zu folgen.

Um mehr über Gott zu erfahren als das, was erin der Schöpfung über sich geoffenbart hat (=sein «unsichtbares Wesen, nämlich seine ewigeMacht und göttliche Grösse»), brauchen dieMenschen Gottes Wort, die Bibel, welche ihnenden Weg zu Jesus Christus weist. ■

Hinweis: Eine ausführliche Darstellung des «IntelligentDesign»-Ansatzes und der daran geübten Kritik findet sichim Internet auf «Genesisnet» und kann kostenlos he-runtergeladen werden unter www.genesisnet.info/schoepfung_evolution/p1622.php

Anmerkungen1 Mit diesen Worten beschreibt das Theologische Wörterbuch zum

Neuen Testament (hgg. von Gerhard Kittel, Band IV, S. 949) dieBedeutung des Wortes «noumena».

2 Nach Behe (1996, 39) und Behe (2001, 694).3 Zur Begründung muss hier auf einschlägige kritische Literatur

verwiesen werden; zum Überblick siehe Junker & Scherer (2001). 4 Behe (2004, 368) zitiert zahlreiche Kritiker seines Buches «Dar-

win’s Black Box», die einräumen, dass eine natürliche Entstehungder von ihm geschilderten Strukturen bislang nicht gelungen sei.In «Darwin’s Black Box» weist er darauf hin, dass es in der Fachli-teratur kaum Arbeiten gibt, die sich mit den Details der Evolutionvon biochemischen IC-Strukturen befassen, und bringt dafüreine grössere Anzahl von Belegen (vgl. dazu auch Behe 2002).

5 Darwin (1859) im 6. Kapitel seines epochemachenden Buches«Über den Ursprung der Arten».

6 Eine ausführliche Begründung dazu findet sich in einem Text auf«Genesisnet»: www.genesisnet.info/schoepfung_evolution/p1624.php

7 Das besprochene 800-Seiten-Buch trägt den Titel «Intelligent Design Creationism and Its Critics» (hgg. von R. Pennock).

LiteraturAyala F (1994) Darwin’s Revolution. In: Campbell J & Schopf J (eds)

Creative Evolution?! Boston, Mass.Behe MJ (1996) Darwin’s Black Box: the Biochemical Challenge to

Evolution. New York.Behe MJ (2001) Reply to my critics: A response to reviews of Darwin’s

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Junker R (2001) Sündenfall und Biologie. Neuhausen-Stuttgart.Junker R (2004) Argumente gegen Design. www.genesisnet.info/

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eure und Naturwissenschaftler. Berlin, Heidelberg.Ratzsch D (2002) Design Theory and its critics. Monologues passing

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Waschke T (2003) Intelligent Design. Eine Alternative zur naturalisti-schen Wissenschaft? Skeptiker 16, 128–136. www.gwup.org/skeptiker/archiv/2003/4/ intellegentdesigngwup.html. Zugriff am 17.6. 05.

Es brauchtkeineBeweisefür das Wir-ken einesUrhebers;es genügt,die Design-Signale alsHinweisesichtbarwerden zulassen. Ummehr überGott zuerfahren,brauchendie Men-schenGottesWort, dieBibel.

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