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28 SPONSORING extra Februar 2012 INTERVIEW SPORT Herr Damaso, was ist neu am diesjäh- rigen 44. Engadin Skimarathon? Alles wie gehabt? Ivo Damaso: Nein. Ich bin jetzt das zweite Jahr als OK-Präsident tätig, und in meinem ersten Jahr ging es für mich primär darum, die Komplexität dieser Sport-Grossveranstaltung in all seinen Facetten kennenzulernen und den bis- herigen hohen Qualitätsstandard min- destens halten zu können. Gleichzeitig haben wir bei allen Teilnehmern eine umfangreiche Onlinebefragung durch- geführt. Die Rücklaufquote der Fra- gebogen betrug 46 Prozent, was zeigt, dass die Teilnehmer eine starke Ver- bundenheit mit dem Engadin Skimara- thon haben. Wer einmal dabei war, wird dieses einmalige Erlebnis wohl nie ver- gessen. Aufgrund der Umfrageergeb- nisse haben wir für dieses Jahr nun einige Veränderungen vorgenommen: Zur Entschärfung des Stauproblems – beispielsweise in St. Moritz und im Sta- zerwald – werden die Startblöcke neu zehn Minuten früher respektive später starten, das verlängert die Startabstän- de um insgesamt 20 Minuten. Eine wei- tere Neuerung wird im Verpflegungs- bereich stattfinden, durch bessere Ori- entierungshilfen für alle Teilnehmer, damit die vielen spezifischen Verpfle- gungsposten einfacher zu finden sind. Das Verpflegungsangebot ist aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse für Weltklasse- und Spitzenläufer bis hin zur grossen Masse der Breitensport- ler extrem gewachsen. Mit Enervit ha- ben wir neu einen Partner gefunden, mit dem wir nun auch die funktionale Sportlerernährung gut abdecken. Ein weiteres Thema ist die Steigerung der Stimmung im Zielbereich. Da wollen wir allen Teilnehmern den Zieleinlauf noch emotionaler, persönlicher gestal- ten. Unter anderem durch den Einsatz von Guggenmusik-Formationen, eines Glockenspiels und einer Pistenveren- gung beim Zieleinlauf, wo die Zuschau- er ähnlich wie im Lauf- und Radsport auf die Werbebanden klatschen können. Neu ist auch, dass der Nachtsprint erst- mals in St. Moritz stattfindet und mitten durch das Marathon-Village führt. Auf diese Weise findet das Spektakel an ei- ner zentralen Lage statt, wodurch letzt- lich auch die kommerziellen Partner ei- nen Mehrwert erhalten. In den nächsten Jahren werden wir nun schrittweise und je nach Dringlichkeit weitere Optimie- rungen vornehmen. Was sind die grössten Herausforderun- gen, die Sie in naher Zukunft meistern müssen, speziell bei der Vermarktung? Damaso: Im Sponsoring sind wir auf der Suche nach einem vierten Der Engadin Skimarathon am 11. März findet in diesem Jahr zum 44. Mal statt und ist mit jeweils über 11'000 Teilnehmenden der grösste Wintersportanlass der Schweiz. Als Sponsoring- und Eventplattform bietet die «Engadiner Marathonwoche» (3. bis 11. März) einzigartige und qualitativ interessante Ansprachemöglichkeiten für eine breite Zielgruppe. Gesucht wird neben Coop, Helvetia und Rivella ein vierter Hauptsponsor. Ivo Damaso [email protected] OK-Präsident Engadin Skimarathon «Der Engadin Skimarathon ist nicht nur ein grosser Tagesevent, sondern eine Wochenveranstaltung»

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28 SPONSORING extra Februar 2012INTERVIEW SPORT

Herr Damaso, was ist neu am diesjäh-rigen 44. Engadin Skimarathon? Alles wie gehabt?

Ivo Damaso: Nein. Ich bin jetzt das zweite Jahr als OK-Präsident tätig, und in meinem ersten Jahr ging es für mich primär darum, die Komplexität dieser Sport-Grossveranstaltung in all seinen Facetten kennenzulernen und den bis-herigen hohen Qualitätsstandard min-destens halten zu können. Gleichzeitig haben wir bei allen Teilnehmern eine umfangreiche Onlinebefragung durch-geführt. Die Rücklaufquote der Fra-gebogen betrug 46 Prozent, was zeigt, dass die Teilnehmer eine starke Ver-bundenheit mit dem Engadin Skimara-thon haben. Wer einmal dabei war, wird

dieses einmalige Erlebnis wohl nie ver-gessen. Aufgrund der Umfrageergeb-nisse haben wir für dieses Jahr nun einige Veränderungen vorgenommen: Zur Entschärfung des Stauproblems – beispielsweise in St. Moritz und im Sta-zerwald – werden die Startblöcke neu zehn Minuten früher respektive später starten, das verlängert die Startabstän-de um insgesamt 20 Minuten. Eine wei-tere Neuerung wird im Verpflegungs-bereich stattfinden, durch bessere Ori-entierungshilfen für alle Teilnehmer, damit die vielen spezifischen Verpfle-gungsposten einfacher zu finden sind. Das Verpflegungsangebot ist aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse für Weltklasse- und Spitzenläufer bis hin zur grossen Masse der Breitensport-ler extrem gewachsen. Mit Enervit ha-ben wir neu einen Partner gefunden, mit dem wir nun auch die funktionale Sportlerernährung gut abdecken. Ein weiteres Thema ist die Steigerung der Stimmung im Zielbereich. Da wollen wir allen Teilnehmern den Zieleinlauf noch emotionaler, persönlicher gestal-ten. Unter anderem durch den Einsatz von Guggenmusik-Formationen, eines Glockenspiels und einer Pistenveren-gung beim Zieleinlauf, wo die Zuschau-er ähnlich wie im Lauf- und Radsport auf die Werbebanden klatschen können. Neu ist auch, dass der Nachtsprint erst-mals in St. Moritz stattfindet und mitten durch das Marathon-Village führt. Auf diese Weise findet das Spektakel an ei-ner zentralen Lage statt, wodurch letzt-lich auch die kommerziellen Partner ei-nen Mehrwert erhalten. In den nächsten Jahren werden wir nun schrittweise und je nach Dringlichkeit weitere Optimie-rungen vornehmen.

Was sind die grössten Herausforderun-gen, die Sie in naher Zukunft meistern müssen, speziell bei der Vermarktung?

Damaso: Im Sponsoring sind wir auf der Suche nach einem vierten

Der Engadin Skimarathon am 11. März findet in diesem Jahr zum 44. Mal statt und ist mit jeweils über 11'000 Teilnehmenden der grössteWintersportanlass der Schweiz. Als Sponsoring- und Eventplattform bietet die «Engadiner Marathonwoche» (3. bis 11. März) einzigartige und qualitativ interessanteAnsprachemöglichkeiten für eine breite Zielgruppe. Gesucht wird neben Coop, Helvetia und Rivella ein vierter Hauptsponsor.

Ivo [email protected]äsidentEngadin Skimarathon

«Der Engadin Skimarathon ist nicht nur ein grosser Tagesevent, sondern eine Wochenveranstaltung»

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«Der Engadin Skimarathon ist nicht nur ein grosser Tagesevent, sondern eine Wochenveranstaltung»

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Hauptsponsor, als Nachfolger von In-terdiscount, der im letzten Jahr sein langjähriges Engagement beendet hat. Ein grosser Unsicherheitsfaktor ist na-türlich die weitere Entwicklung der Euro-Währung. Rund 25 Prozent der Engadin-Skimarathon-Teilnehmer kommen aus Euro-Ländern angereist. Und weil die Teilnahme für ausländi-sche Gäste immer mit einem mehrtägi-gen Aufenthalt im Engadin verbunden ist, könnte der starke Franken den einen oder anderen Teilnahmeentscheid nega-tiv beeinflussen. In diesem Jahr spüren wir glücklicherweise nichts davon. Der Anmeldestand ist ähnlich hoch wie be-reits im Vorjahr, sodass wir wiederum mit rund 12'000 Teilnehmern rechnen können.

Und wie wollen Sie das währungsbe-dingte Problem lösen?

Damaso: Indem wir uns schon heu-te Gedanken darüber machen, wie der mögliche Teilnehmerrückgang aus dem Euroraum unter anderem durch die Erschliessung neuer Märkte kompen-siert werden könnte. Beispielsweise die skandinavischen Länder, wo der Lang-laufsport traditionell einen sehr hohen Stellenwert hat.

Um diese Märkte erschliessen zu kön-nen, brauchen Sie nicht zuletzt eine starke Kommunikation. Inwieweit könnte der in skandinavischen Ländern wohl bestens bekannte Schweizer Aus-nahmeathlet Dario Cologna eine Bot-schafterrolle für den Engadin Skimara-thon übernehmen?

Damaso: Das wäre für uns natürlich eine gute Sache. Speziell in Norwegen gibt es im Langlaufsport zwei Namen, die man mit der Schweiz verbindet: Da-rio Cologna und der Engadin Skimara-thon. Cologna war bei uns schon mehr-mals am Start und kennt den Erlebnis-wert und die Bedeutung dieses Anlasses aus eigener Erfahrung. Er würde sehr gut in unsere bestehende Botschafter-Family passen, bestehend aus bekannten Persönlichkeiten wie etwa Altbundesrat Adolf Ogi und Klaus Schwab vom Wirt-schaftssymposium Davos (WEF).

Der Engadin Skimarathon kann seit der ersten Austragung im Jahr 1969 auf eine lange Geschichte zurückblicken. Was stellt der Anlass heute dar?

Damaso: Der Engadin Skimarathon ist, was die Teilnehmer angeht, der mit Abstand grösste Wintersportan-lass der Schweiz. Die Veranstaltung verkörpert auf einem sportlich sehr hohen Niveau und mit einem stim-mungsvollen Ambiente auf einzigar-tige Weise die Kombination von Spit-zensport und einem gesellschaftlichen Volkssportanlass. Es ist deshalb unser Ziel, die Zahl der Teilnehmer auf min-destens 11'000 halten zu können und wenn möglich wieder auf über 13'000 zu steigern, wie letztmals im Rekord-jahr 1998 mit 13'527 Teilnehmenden. Noch mehr Teilnehmer ist jedoch unre-

alistisch, weil irgendwann die Qualität nicht mehr gewährleistet werden könn-te. Die hohe Qualität gehört zusammen mit der grossen Anlasszufriedenheit der Teilnehmer zu unseren wichtigsten Merkmalen.

Wer sind die Teilnehmer des Engadin Skimarathons?

Damaso: Jährlich nehmen über 11'000 Spitzen- und Breitensportler aus mehr als 30 Nationen teil, und gut 2500 sind jeweils Erstteilnehmer. Rund 70 Pro-zent stammen aus der Schweiz, 14 Pro-zent aus Deutschland und der Rest aus übrigen Ländern der ganzen Welt. Be-züglich der Teilnehmerstruktur sind 80 Prozent Männer und 20 Prozent Frau-

en. Das Durchschnittsalter der Männer beträgt 46 Jahre und 41 Jahre bei den Frauen.

Wie wollen Sie nun den Anlass weiter-entwickeln? Was ist Ihre Strategie?

Damaso: Wir haben für die nächsten drei Jahre generelle Entwicklungszie-le definiert: Der Engadin Skimarathon lockt durch seinen hohen Qualitätsstan-dard und Erlebniswert wie erwähnt viele Läuferinnen und Läufer aus der ganzen Welt ins Engadin. Der Anlass wird als professionell organisiert und attraktiv wahrgenommen. Dieses Niveau gilt es im Minimum zu halten und wenn mög-lich weiter auszubauen. Beispielsweise sollen durch differenzierte Angebote zusätzlich neue Segmente angespro-chen werden. So ist es bereits im Jahr 2008 durch die Einführung der Halb-marathondistanz gelungen, den Anlass für eine breitere Zielgruppe zu öffnen. Zudem versuchen wir, Familien und Ju-gendliche künftig noch besser in den Gesamtanlass einzubinden. Sie sollen durch die Teilnahme beim Skimarathon wieder mehr Freude an der Bewegung in der Natur und am Sport gewinnen.

Was unternehmen Sie heute in Sachen Jugendförderung?

Damaso: Seit der 3. Austragung des Halbmarathons können Jugendliche mit jeweils bestimmten Jahrgängen gratis starten. Das hat sich bewährt. Und mit dem Angebot «Schulklassen an den Start» animieren wir die Jugendlichen zusätzlich, mit der ganzen Klasse am «Marathon» teilzunehmen. Macht min-destens die Hälfte der Klasse mit, erhal-ten die Schüler dank der engen Zusam-menarbeit mit Swiss Ski vier kostenlose Langlauflektionen – inklusive Material und Instruktor –, zudem eine Startgeld-reduktion, eine Startnummer mit Spezi-aldruck und ein Finisher-Shirt.

Sie suchen derzeit einen vierten Hauptsponsor. Wie lange sind die Ver-träge mit den aktuellen drei Hauptspon-soren Coop, Helvetia und Rivella noch gültig?

Damaso: Die Verträge mit sämtlichen Hauptsponsoren sind bis und mit der Austragung im Jahr 2014 fixiert. Wir streben immer langfristige Partnerschaf-ten von mindestens drei Jahren an. 4

«Jährlich nehmen über 11'000 Spitzen-und Breiten-sportler aus mehr als 30 Nationen teil.»

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4 Wenn Sie keinen vierten Hauptspon-sor finden, könnten Sie vielleicht aus der Reihe der bestehenden Hauptspon-soren einen Presenting- oder Titelspon-sor gewinnen.

Damaso: Nein, das würde unsere ge-genwärtige Sponsorenstruktur gar nicht zulassen, denn mit einem Titel- oder Presenting-Sponsoring würden wir au-tomatisch die Leistungen der restlichen Hauptsponsoren beschneiden. Zudem sind wir überzeugt von der bisheri-gen Sponsorenstruktur – und auch die Hauptsponsoren sind damit sehr zufrie-den. Ein Titel- oder Presenting-Sponso-ring birgt immer auch die Gefahr einer schleichenden Markenverwässerung des Events und ein finanzielles Klum-penrisiko, falls bei einem Ausstieg in-nert nützlicher Frist kein adäquater Er-satz gefunden werden kann. Wir wollen auch künftig ganz im Sinne von lang-jährigen Partnerschaften an der bisheri-gen Sponsorenstruktur festhalten: Ma-ximal vier Hauptsponsoren, eine offene Anzahl Co-Sponsoren und Supporter, zumal deren Leistungspakete primär auf exklusiven Sach- und Dienstleis-tungen aufbaut und weniger auf medi-enwirksamen Auftrittsmöglichkeiten.

Warum ist es bisher nicht gelungen, wieder einen vierten Hauptsponsor zu finden?

Damaso: Der Hauptgrund liegt wohl in der generell angespannten Wirtschafts-situation. Die Budgets sind vielerorts knapp und die Konjunkturaussichten werden weiterhin als schwierig einge-

stuft. Das macht es natürlich nicht ein-fach, ein Unternehmen für ein Sponso-ring zu überzeugen, obschon es viele Vorzüge gibt, die den Engadin Skima-rathon auszeichnen und für eine kom-merzielle Partnerschaft attraktiv ma-chen.

Vermarkten Sie den Anlass in Eigenre-gie oder durch eine Agentur?

Damaso: Bisher erfolgte die Vermark-tung komplett in Eigenregie. Aufgrund der verschärften Sponsoringsituation arbeiten wir spezifisch bei der Sponso-renakquise neu mit einer im Schweizer Markt gut vernetzten Agentur zusam-men, konkret GFC Sportsmanagement in Chur. Dank dieser Kooperation ha-ben wir BMW Schweiz als weiterer Co-Sponsor gefunden.

Wie hoch ist das Budget in diesem Jahr? Und wie gross ist der Sponso-ringanteil?

Damaso: Das Budget beträgt rund 2,4 Millionen Franken, also etwas weni-ger als im Vorjahr (2,5 Millionen). Der Sponsoringanteil liegt bei gut 47 Pro-zent, 46 Prozent sind Startgelder und die restlichen 7 Prozent werden durch diverse Werbeeinnahmen gedeckt.

Ist der Anlass überhaupt rentabel?

Damaso: In der Regel können wir mit einer schwarzen Null oder einem klei-nen Gewinn abschliessen. Das funktio-niert jedoch nur mit mindestens 11'000 Teilnehmern und einer lückenlosen Sponsoringstruktur. Für dieses Jahr wird es aufgrund des fehlenden vierten

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«In der Regel können wir mit einer schwarzenNull oder einemkleinen Gewinn abschliessen.»

Engadin Skimarathon: Tausende Teilnehmer kurz vor ... ... und nach dem Start. Bilder: swiss-image.ch Remy Steinegger/Andy Mettler

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Hauptsponsors finanziell eng, sodass wir mit grosser Wahrscheinlichkeit auf Reserven zurückgreifen müssen.

Wie lange könnten Sie die Durststrecke überstehen?

Damaso: Dieses und vielleicht noch das nächste Jahr, danach wären die Re-servemittel höchstwahrscheinlich auf-gebraucht. Bis heute haben wir noch nie auf eine finanzielle Defizitgarantie der Region zurückgreifen müssen.

Was zeichnet den Engadin Skimarathon als Sponsoringplattform aus?

Damaso: Der Engadin Skimarathon hat einen speziellen Eventcharakter. Im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten haben wir es bei uns mit ei-ner sehr grossen Teilnehmermasse – im letzten Jahr 11'362 – und verhältnismäs-sig wenig passiven Zuschauern zu tun. Die Verbundenheit und Identifikation der Teilnehmer mit unserem Anlass ist um ein Vielfaches höher als bei Veran-staltungen mit einem hohen Zuschauer-anteil. Die Stimmung ist während des gesamten Anlasses immer sehr famili-är und friedlich, ein riesiges Sport- und Volksfest. Der Engadin Skimarathon geniesst in der Bevölkerung in- und ausserhalb der Region über eine starke Akzeptanz und einen sehr hohen Be-

kanntheitsgrad. Ein weiterer Aspekt ist die Nachhaltigkeit, die speziell bei Massenveranstaltungen immer wichti-ger wird, auch für Sponsoren. Nachhal-tigkeit ist beim Engadin Skimarathon schon seit Jahren ein zentrales Thema. Unsere Anstrengungen wurden schon verschiedentlich gelobt, beispielswei-se von Swiss Olympic, der im Rahmen des Nachhaltigkeitsprojekts ecosport.ch den Anlass als Vorbild auszeichnete. Und in der im Jahr 2009 veröffentlich-ten WWF-Umweltstudie «Umweltper-formance von Grossveranstaltungen» erhielt der Engadin Skimarathon das Prädikat «Champion». Das steigert die Attraktivität des Anlasses als Sponso-ringplattform zusätzlich, beispielsweise für einen vierten Hauptsponsor aus der Energie- oder Transportwirtschaft.

Welche Bedeutung hat die Hospitality? Gibt es ein Hospitality-Konzept?

Damaso: Ja, und wir wollen unsere Ak-tivitäten im Hospitality-Bereich künftig ausbauen. Die Nachfrage nach VIP- re-spektive Hospitality-Programmen hat in den letzten Jahren enorm zugenommen, so etwa bei Neuverhandlungen mit kom-merziellen Partnern. Hospitality ist na-türlich auch für Firmen und Private in-teressant, die einen besonderen Kunden-anlass durchführen wollen. Und poten-zielle Sponsoren können auf diese Weise

die Stimmung und Abläufe hautnah ken-nenlernen. Unsere Bestrebungen gehen klar in Richtung mehr massgeschneider-te VIP- und Incentive-Programme. Be-reits unser bestehendes Hospitality-Pro-gramm kommt bei Sponsoren und Gäs-ten sehr gut an: Reichhaltiges Frühstück direkt am Start, geführte Startbesichti-gung, Meet & Greet-Möglichkeiten mit verschiedenen bekannten Persönlich-keiten, Zwischenhalt in Pontresina und erstklassige Verpflegung im grossen Gästezelt des Hauptsponsors Coop, der gleichzeitig für das Top-Catering ver-antwortlich ist und die Infrastruktur al-len Hauptsponsoren für Gästeanlässe bis zu 250 Personen zur Verfügung stellt.

Und wie sieht es bezüglich der Medien-präsenz des Skimarathons aus, speziell im Fernsehen?

Damaso: Bis vor acht Jahren konn-ten wir auf eine breite Unterstützung des Schweizer Fernsehens zählen, das sowohl für die Produktion des TV-Si-gnals verantwortlich zeichnete als auch umfassend über die Veranstaltung be-richtete. Heute produzieren wir das TV-Signal in Eigenregie mit einer pri-vaten Produktionsfirma und kümmern uns um die Distribution der Bilder. Das Schweizer Fernsehen übernimmt dann jeweils nach Bedarf die Highlights in seinen Struktursendungen. Neben dem Schweizer Fernsehen haben wei-tere nationale und internationale pri-vate TV-Stationen die Möglichkeit, Fernsehbilder vom Lauftag kostenlos zu beziehen und diese für ihre News-Sendungen oder Berichte zu verwen-den. Neben dem Schweizer Fernsehen berichten beispielsweise diverse regio-nale TV-Sender über den Anlass sowie das Schweizer Sportfernsehen mit Spe-zialsendungen und Magazin-Beiträgen.

Wie viel Geld investieren Sie in die TV-Produktion?

Damaso: Jährlich gut 50'000 Franken. Eine Refinanzierung ist nur indirekt über den durch die TV-Produktion und Distribution erreichten Mehrwert in der Gesamtvermarktung möglich.

Wie nutzen Sie die neuen Medien? Wel-che Strategie verfolgen Sie hier?

Damaso: Wir nutzen die neuen Medien bereits sehr intensiv. 4

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Engadin Skimarathon: Tausende Teilnehmer kurz vor ... ... und nach dem Start. Bilder: swiss-image.ch Remy Steinegger/Andy Mettler

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4 Mit jährlich über 11'000 Teilneh-mern ist der Engadin Skimarathon ge-radezu prädestiniert für einen starken Community-Aufbau. Allein im März des letzten Jahres registrierten wir to-tal über 106'000 Besucher, mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 2 Minuten und 39 Sekunden. Nebst der Event-Website mit allen wichtigen In-formationen zum Event ist der Anlass natürlich auch auf Facebook präsent. Und wir versenden jährlich sechs Mal einen Newsletter mit Informationen zur Veranstaltung und weiteren Akti-vitäten. Auch im Bereich neue Medien versuchen wir laufend, neue Ideen für spannende Aktivitäten zu entwickeln, die sowohl für die Teilnehmer als auch für unsere kommerziellen Partner einen Mehrwert darstellen. Da sehe ich noch viel Potenzial, zumal wir ja über viel eigenen Bewegtbild-Content verfügen und diesen je nach Bedarf erweitern und zur Verfügung stellen können.

Woher nehmen Sie das Know-how, um die Möglichkeiten im Bereich neue Me-dien bestmöglich nutzen zu können?

Damaso: Wir haben intern eine Arbeits-gruppe gebildet, die sich mit dem Thema neue Medien intensiv auseinandersetzt und dabei auch externes Know-how mit einbezieht. Wir sind ja in erster Linie Sportveranstalter und kein Medienun-ternehmen. Aber wir sind uns bewusst, dass der Einsatz von neuen Medien und Social Networks im modernen, cross-medial geführten Eventmarketing im-mer wichtiger wird, speziell für die Pro-motion des Anlasses.

Gibt es Bestrebungen, den Engadin Ski-marathon über mehrere Tage hinweg auszudehnen und somit auch den kom-merziellen Partnern mehr Nutzungs-möglichkeiten zu verschaffen? Der En-gadin Skimarathon ist ja primär ein Ta-gesevent.

Damaso: Da muss ich aber vehement widersprechen! Der Engadin Skimara-thon ist nicht nur ein grosser Tagesevent, sondern eine Wochenveranstaltung mit verschiedenen Aktivitäten. Zum Auf-takt der Engadiner Marathonwoche wird am Sonntag traditionell der Frau-enlauf lanciert, mit Eröffnungsfeier und Startnummernausgabe am Vortag im Dorfzentrum von Samedan. Als Gast-geber treten die Gemeinde und Coop

auf. Vom Donnerstag bis zum Sams-tag steht dann das Marathon-Village in St. Moritz im Zentrum des Geschehens. Das Marathon-Village ist eine ideale Plattform für Sponsoren und Ausrüster, sich zu präsentieren und mit den Besu-chern direkt in Kontakt zu kommen. So zum Beispiel durch attraktive Test- und Degustationsangebote. Das Village ist ausgesprochen beliebt. Während der drei Tage wird das vielfältige Angebot von jeweils gut 20'000 Besuchern ge-nutzt! In diesem Jahr werden wir die Aktivitäten im Village weiter ausbauen, unter anderem mit Konzerten und einer Modeschau. Am Freitagabend findet

der spektakuläre Nachtsprint statt, ein K.-O.-Rennen mit einem Preisgeld von 15'000 Franken. Der Sprint führt wie erwähnt mitten durch das Village und macht diese Plattform noch attraktiver. Zudem laufen Prominente und Jugend-liche für den Engadiner Skinachwuchs in Form einer VIP-Américaine. Das gut durchmischte Rahmenprogramm wird am Mittwoch ergänzt durch ein Sport-symposium mit Fachreferaten zu spezi-fischen Sport- und Gesundheitsthemen. Und schliesslich findet am Sonntag zum Abschluss der Engadiner Mara-thonwoche das Marathonfest im Zielge-lände in Zuoz/Schanf statt, wo die vie-len tausend Absolventen des Engadin

Skimarathons gemeinsam mit Freun-den, Fans und Festbesuchern so richtig feiern können.

Trotz der vielen Aktivitäten während ei-ner Woche wird doch der Engadin Ski-marathon in der breiten Öffentlichkeit als Tagesevent wahrgenommen. Hat die Veranstaltung ein Kommunikationspro-blem?

Damaso: Leider ist es tatsächlich so, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Skimarathon am Sonntag als High-light dominiert. Jedoch der Kernziel-gruppe, den Langlaufinteressierten, ist das breite Angebot der Engadiner Woche sehr wohl bekannt. Die Ver-besserung der Kommunikation gerade in diesem Punkt ist aber ebenfalls ein Thema, das wir künftig intensiver an-gehen wollen, wenn möglich wiederum in enger Zusammenarbeit mit kommer-ziellen Partnern.

Wollen Sie auch den Entertainment-Charakter des Anlasses verstärken?

Damaso: Der Engadin Skimarathon hat heute schon einen sehr grossen Volks-festcharakter, mit starkem sportlichem Bezug. Der Sport soll auch künftig klar im Vordergrund stehen. Wir wol-len kein Volksfest veranstalten, das als Rahmenveranstaltung noch einen Ski-marathon durchführt. Trotzdem wollen wir in der Entwicklung natürlich nicht stillstehen und stattdessen auch neue Elemente testen, wie eben neu mit Kon-zerten und einer Modeschau. Ein star-ker Event bleibt so lange stark, wie er Bewährtes erhalten und eben auch Neu-es erfolgreich integrieren kann.

Sie zählen jedes Jahr über 11'000 Teil-nehmer allein beim Skimarathon. Wie gross ist eigentlich die Wertschöpfung, die die Engadiner Woche für die Region generiert?

Damaso: Die erste Studie aus dem Jahr 2001 ermittelte eine direkte Wertschöp-fung von rund 5,1 Millionen Franken für das Wochenende am Skimarathon. Der effektive Wert dürfte jedoch viel höher sein, weil viele Teilnehmer gera-de durch die grosse Verbundenheit mit dem Skimarathon auch ausserhalb der Engadiner Woche während des Jahres ein paar Ferien- oder Trainingstage in der Region verbringen. Hinzu kommt,

«Ein starker Event bleibt so lange stark, wie er Bewähr-tes erhalten und auch Neues erfolg-reich integrierenkann.»

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dass der Skimarathon am zweiten Sonn-tag im März stattfindet und dadurch die Wintersaison im Tal um mindestens zwei Wochen verlängert wird. Noch sind die Zahlen der aktuellen Studie aus dem letzten Jahr nicht bekannt. Ich wäre jedoch nicht überrascht, wenn die Wert-schöpfung etwa im gleichen Rahmen liegen würde. Vor Jahren haben viele Teilnehmer längere, mehrtägige Aufent-halte in der Region eingeplant, meistens auch zur besseren Vorbereitung. Heute sind die Aufenthalte um einiges kürzer. Die Ursachen liegen hauptsächlich im wirtschaftlich schwierigen Umfeld und in der Zunahme der Eventangebote im Breitensport. Die vielen Sportangebo-te ziehen eine strengere Selektion nach sich, weil sowohl das zeitliche als auch das finanzielle Budget der Sportbegeis-terten limitiert ist.

Apropos Verlängerung der Saison: Was unternehmen Sie, um den Engadin Ski-marathon auch während des Jahres regelmässig mit Aktivitäten zu themati-sieren und damit auch für die Vermark-tung attraktiver zu gestalten?

Damaso: Im Januar haben wir in Ko-operation mit unserem Medienpartner «Blick» erstmals und erfolgreich ein Vorbereitungscamp durchgeführt. Das ist sinnvoll und ermöglicht allen Betei-ligten einen Mehrwert. Ansonsten fin-

den ausserhalb der Saison im Sommer verschiedene, überregional bekannte Anlässe im Engadin statt, wie etwa der Engadin Sommerlauf und verschiedene Marathons für Läufer und Biker. Es ha-ben auch schon diverse Gespräche mit Veranstaltern bezüglich einer Zusam-menarbeit stattgefunden. Mittelfristig wollen wir uns aber auf unser Kernge-schäft, die Engadiner Woche mit dem Skimarathon als Höhepunkt, konzen-trieren. Weitere mögliche Aktivitäten, wie zum Beispiel ein spezielles Skima-rathon-Sommer-Camp, betrachte ich als «nice to have», aber nicht als erste Priorität. In der aktuellen Situation dür-fen wir uns nicht erlauben, unsere Kräf-te und Ressourcen zu verzetteln.

Sie sprechen bei Neuerungen oft von Mehrwert für die Sponsoren. Sind neue Projekte immer und ohne Aufpreis au-tomatisch in das Sponsoring-Package integriert?

Damaso: Grundsätzlich versuchen wir immer unseren Partnern einen Mehr-wert zu bieten. Bei grösseren neuen Projekten wird aber punktuell mit den Sponsoren über einen Aufpreis verhan-delt.

Ist der Frauenlauf heute in das Spon-soring-Package des Engadin Skimara-thons eingebunden?

Damaso: Ja.

Warum gibt es eigentlich den Frauen-lauf – und warum keinen Männerlauf? Was soll diese Diskriminierung?

Damaso: Viele Frauen fühlen sich in der Masse der vielen Skimarathon-Teilnehmenden nicht unbedingt sehr wohl. Da kann es im Getümmel zeit-weise auch ruppig zugehen. Deshalb wurde vor 13 Jahren der Frauenlauf lanciert, an dem jährlich über 1000 Frauen teilnehmen. Ob das jetzt weni-ger ruppig zu und her geht, kann ich nicht schlüssig beurteilen, aber zumin-dest sind die Kräfteverhältnisse mehr ausgeglichen und das Gedränge ist si-cher weniger gross. Jedenfalls hat sich das Format gut entwickelt und ist heu-te ein fester Bestandteil der Engadiner Woche. Ich kann mir aber gut vorstel-len, dass wir beispielsweise am Vor-tag des Frauenlaufs auch speziell ei-nen Männerlauf durchführen könnten. Besonders für Paare wäre das etwa in Bezug auf das Kinderhüten eine gute Lösung. Bisher gibt es ja im Sport kaum Veranstalter, die sich aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu einem solchen Schritt getraut haben. Das wäre also eine echte Innovation mit Zeitgeistcha-rakter.Interview: Jürg Kernen

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Besucher und ... ... Promotionen im Marathon-Village St. Moritz Bad. Bilder: swiss-image.ch Andy Mettler