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DIE STIFTUNG: Wie finden Stiftungen einen für sie geeigneten Vermögensver- walter? Markus Hill: Da gibt es die unterschied- lichsten Wege. Ein Vermögensverwalter sollte in Fachpublikationen präsent sein, Vorträge auf einschlägigen Veran- staltungen halten, in Rankings mal eine Rolle gespielt haben oder diese noch ausfüllen. Bei den Rankings sind auch Fondstabellen wichtig, denn die Strate- gien der Vermögensverwalter lassen sich über solche Rennlisten schnell auf ihre Leistungsfähigkeit hin abklopfen. Außerdem verraten Fondskonzepte viel über die Anlagestrategie von Ver- mögensverwaltern, ein Factsheet oder ein Transparenzbericht sind hier wert- volle Informationsquellen. Viel bringt allerdings auch das Gespräch mit dem „Generalunternehmer in Sachen Vertrauen“ Im Gespräch mit dem unabhängigen Asset-Management-Berater Markus Hill über Aspekte der Stiftungseignung eines Vermögensverwalters und ein mögliches neues Rollenverständnis eigenen Netzwerk, das kann der Steuer- berater sein, der Rechtsanwalt oder auch ein Journalist, der fachlich unter Umständen einen Impuls liefern kann. Auch der Austausch mit einem Vor- standskollegen einer anderen Stiftung kann Augen öffnen, unter Umständen bestehen auch Kontakte zu stiftungsaf- finen Family Offices. Die Bedeutung von Netzwerken und „Neutralität“ ist hier ein immer wichtigerer Faktor. DIE STIFTUNG: Warum sollten sich Stiftungen einen Vermögensverwalter suchen? Hill: Stiftungen sollen und wollen ihren Stiftungszweck langfristig erfüllen. Ver- mögensverwalter sind Unternehmer und haben ebenfalls eine veritables In- teresse daran, langfristig erfolgreich Vermögen zu verwalten. Denn nur wenn der Vermögensverwalter Leis- tung zeigt, wird er auch als Unterneh- mer reüssieren. Insofern passen hier zwei Zielsystematiken nahezu perfekt zueinander. Zudem suchen Stiftungen immer mehr nach gemischten Ansät- zen, die also Aktien und Anleihen mitei- nander in Einklang bringen, und in die- sem Punkt haben viele Vermögensver- walter eine große Expertise aufgebaut. Außerdem gibt es eine immer größere Anzahl an Vermögensverwaltern, die ein eigenes karitatives Engagement be- treiben, und in das hieraus entstehen- de Netzwerk an Kontakten kann sich die Stiftung gegebenenfalls „einklin- ken“. Bezogen auf diesen möglichen Mehrwert können Vermögensverwalter einen echten USP bieten. Letztlich kann ein Vermögensverwalter darüber auch ein wertvoller Sparringspartner für jede Stiftung sein. DIE STIFTUNG: Welche Kriterien sagen am meisten über die Stiftungseignung eines Vermögensverwalters aus? Hill: Ein Vermögensverwalter soll Ver- mögen verwalten, entsprechend sollte man ihn daran messen. Keiner Stiftung ist geholfen, wenn der Verwalter den Dritten Sektor gut kennt, dafür aber fortwährend unterdurchschnittliche Er- gebnisse produziert. Kann er also ein Referenzportfolio vorlegen, bei dem im Verhältnis zum eingegangenen Risiko ein überproportionaler Ertrag erwirt- schaftet wurde, dann spricht das für die Eignung, ein Stiftungsvermögen zu managen. Und dieses sollte auch tes- tiert sein. Allerdings ist die reine Rendi- te eher ein Hygienefaktor, denn ob am Ende 3,9 oder 4,2% im Ergebnis stehen, spielt genau genommen nur eine unter- geordnete Rolle. Wie gut ein Vermögens- verwalter ist, weiß man ja immer auch erst am 1. Januar des Folgejahres. Hier sind alle Vermögensverwalter gleich, solch eine Zahl kann immer nur ein An- haltspunkt zur Auswahl eines Vermö- gensverwalters sein. Mancher mag hier ein „Vertriebs-Setting“ aufsetzen, sich also stark über Ergebnisse definieren, aber Stiftungen sollten eher ein Konzept verstehen und kaufen. Wenn dieses schlüssig ist und zu Anlagerichtlinie und Satzung passt, dann spricht das für den Verwalter. Was für mich aber ebenso entscheidend ist, ist die Frage, inwiefern sich der Vermögensverwalter über den Markus Hill 18 | DIE STIFTUNG

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DIE STIFTUNG: Wie finden Stiftungen

einen für sie geeigneten Vermögensver-

walter?

Markus Hill: Da gibt es die unterschied-

lichsten Wege. Ein Vermögensverwalter

sollte in Fachpublikationen präsent

sein, Vorträge auf einschlägigen Veran-

staltungen halten, in Rankings mal eine

Rolle gespielt haben oder diese noch

ausfüllen. Bei den Rankings sind auch

Fondstabellen wichtig, denn die Strate-

gien der Vermögensverwalter lassen

sich über solche Rennlisten schnell auf

ihre Leistungsfähigkeit hin abklopfen.

Außerdem verraten Fondskonzepte

viel über die Anlagestrategie von Ver-

mögensverwaltern, ein Factsheet oder

ein Transparenzbericht sind hier wert-

volle Informationsquellen. Viel bringt

allerdings auch das Gespräch mit dem

„Generalunternehmer in Sachen Vertrauen“Im Gespräch mit dem unabhängigen Asset-Management-Berater Markus Hill über Aspekte

der Stiftungseignung eines Vermögensverwalters und ein mögliches neues Rollenverständnis

eigenen Netzwerk, das kann der Steuer-

berater sein, der Rechtsanwalt oder

auch ein Journalist, der fachlich unter

Umständen einen Impuls liefern kann.

Auch der Austausch mit einem Vor-

standskollegen einer anderen Stiftung

kann Augen öffnen, unter Umständen

bestehen auch Kontakte zu stiftungsaf-

finen Family Offices. Die Bedeutung von

Netzwerken und „Neutralität“ ist hier

ein immer wichtigerer Faktor.

DIE STIFTUNG: Warum sollten sich

Stiftungen einen Vermögensverwalter

suchen?

Hill: Stiftungen sollen und wollen ihren

Stiftungszweck langfristig erfüllen. Ver-

mögensverwalter sind Unternehmer

und haben ebenfalls eine veritables In-

teresse daran, langfristig erfolgreich

Vermögen zu verwalten. Denn nur

wenn der Vermögensverwalter Leis-

tung zeigt, wird er auch als Unterneh-

mer reüssieren. Insofern passen hier

zwei Zielsystematiken nahezu perfekt

zueinander. Zudem suchen Stiftungen

immer mehr nach gemischten Ansät-

zen, die also Aktien und Anleihen mitei-

nander in Einklang bringen, und in die-

sem Punkt haben viele Vermögensver-

walter eine große Expertise aufgebaut.

Außerdem gibt es eine immer größere

Anzahl an Vermögensverwaltern, die

ein eigenes karitatives Engagement be-

treiben, und in das hieraus entstehen-

de Netzwerk an Kontakten kann sich

die Stiftung gegebenenfalls „einklin-

ken“. Bezogen auf diesen möglichen

Mehrwert können Vermögensverwalter

einen echten USP bieten. Letztlich kann

ein Vermögensverwalter darüber auch

ein wertvoller Sparringspartner für

jede Stiftung sein.

DIE STIFTUNG: Welche Kriterien sagen am

meisten über die Stiftungseignung eines

Vermögensverwalters aus?

Hill: Ein Vermögensverwalter soll Ver-

mögen verwalten, entsprechend sollte

man ihn daran messen. Keiner Stiftung

ist geholfen, wenn der Verwalter den

Dritten Sektor gut kennt, dafür aber

fortwährend unterdurchschnittliche Er-

gebnisse produziert. Kann er also ein

Referenzportfolio vorlegen, bei dem im

Verhältnis zum eingegangenen Risiko

ein überproportionaler Ertrag erwirt-

schaftet wurde, dann spricht das für

die Eignung, ein Stiftungsvermögen zu

managen. Und dieses sollte auch tes-

tiert sein. Allerdings ist die reine Rendi-

te eher ein Hygienefaktor, denn ob am

Ende 3,9 oder 4,2% im Ergebnis stehen,

spielt genau genommen nur eine unter-

geordnete Rolle. Wie gut ein Vermögens-

verwalter ist, weiß man ja immer auch

erst am 1. Januar des Folgejahres. Hier

sind alle Vermögensverwalter gleich,

solch eine Zahl kann immer nur ein An-

haltspunkt zur Auswahl eines Vermö-

gensverwalters sein. Mancher mag hier

ein „Vertriebs-Setting“ aufsetzen, sich

also stark über Ergebnisse definieren,

aber Stiftungen sollten eher ein Konzept

verstehen und kaufen. Wenn dieses

schlüssig ist und zu Anlagerichtlinie und

Satzung passt, dann spricht das für den

Verwalter. Was für mich aber ebenso

entscheidend ist, ist die Frage, inwiefern

sich der Vermögensverwalter über den

Markus Hill

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Tellerrand hinaus mit den Belangen von

Stiftungen beschäftigt. Ein Gefühl für de-

ren Problemlagen kann er ja oft nur ent-

wickeln, wenn er in der Szene drin ist,

ein Teil von ihr ist. Das wäre mir als Stif-

tung schon wichtig.

DIE STIFTUNG: „Vertriebs-Setting“ ist ein

Wort, das ich in diesem Zusammenhang

noch nie gehört habe.

Hill: Naja, eine Stiftung sollte vom Ver-

mögensverwalter nicht als weiterer Ab-

ladeplatz für den Absatz von Produkten

begriffen werden. Denn in solch einem

Fall kann die Stiftung davon ausgehen,

dass der Vermögensverwalter nicht in

der Denkwelt der Stiftung verhaftet ist.

Andersherum kann ein Vermögensver-

walter sicherlich punkten, wenn er

auch in gewisser Weise financial educa-

tion betreibt, wie es so schön heißt, er

der Stiftung also ganz genau erklärt,

was hinter dieser und jener Zahl steckt.

Wenn ein Vermögensverwalter eine Stif-

tung im finanzwirtschaftlichen Bereich

auch fortbildet bzw. hier Angebote kre-

iert, dann kann das ein Indikator dafür

sein, dass er über den Tellerrand blickt.

Auf diese Weise interpretiert hat die

Dienstleistung des Vermögensverwal-

ters einen echten und spürbaren Mehr-

wert für jede Stiftung. Besonders stark

profitieren die Stiftungen, die aufgrund

von Stiftungsvolumen kaum oder wenig

Expertise im Finanzbereich besitzen.

DIE STIFTUNG: Was eint alle Vermögens-

verwalter mit Stiftungseignung?

Hill: In meinen Augen das Verständnis,

sich mit Stiftungen anders befassen zu

müssen als mit Privat- oder Unterneh-

merkunden, die Bereitschaft, sich fort-

zubilden und in die Stiftungsszene ein-

zutauchen. Das nimmt manchmal ganz

unterschiedliche Züge an. Ein Vermö-

gensverwalter kann ein eigenes ge-

meinnütziges Engagement entfalten,

oder er unterstützt einen Unternehmer

„beim Geben“ oder absolviert zunächst

den Stiftungsmanager an der EBS. An-

dere gehen auf ein paar regionale Stif-

tungstage und lassen ihr Unternehmen

beim Bundesverband registrieren. Das

alles sind kleine, aber sichtbare Bau-

steine, die sich letztendlich zu einer

Stiftungseignung fügen.

DIE STIFTUNG: So gesehen sind Vermö-

gensverwalter eigentlich prädestiniert,

Partner von Stiftungen zu sein.

Hill: Ein Stiftungsvorstand kann sich in

Finanzfragen schon auskennen, aber

der Verwalter kennt die letzten De-

tails, und dafür sollte man dankbar

sein. Wenn ich mich mit meiner eige-

nen Versicherung oder Altersvorsorge

auseinandersetze, mache ich auch

nicht alles selbst, sondern bin froh,

wenn ich jemanden für die Abwicklung

habe. So sollten Stiftungen das auch

sehen. Und wie ein Steuerberater oder

ein Rechtsanwalt kann ein Vermögens-

verwalter neben der originären Leis-

tung auch noch zusätzlichen Mehr-

wert stiften. Ein Anspruch, den natür-

lich auch – alleine oder in Kombinati-

on mit einem oder mehreren Vermö-

gensverwaltern – die sogenannte

Hausbank erfüllen kann. Ich sehe Ver-

mögensverwalter damit durchaus

auch in der Rolle als Generalunterneh-

mer in Sachen Vertrauen.

DIE STIFTUNG: Das ist ein

sehr interessanter Gedankengang.

Vielen Dank dafür.

Das Interview führte Tobias M. Karow.

Ein unabhängiger Vermögensverwalter soll Stiftungen Orientierung im Finanzbereich geben.

Markus Hill ist unabhängiger Asset

Management Berater in Frankfurt am

Main. Die Tätigkeitsschwerpunkte lie-

gen im Bereich Private Label Fonds,

Fondsboutiquen und der Managerse-

lektion. Hill ist gesuchter Moderator

auf Fachveranstaltungen und gern ge-

sehener fachlicher Kommentator.

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