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Nr. 875

vom 10.06.201138. Jhg.

B20095D

Interzum 2011:Die große Zuliefer-Show

Schieder/Forte

Was will Formanowicz?

M.O.W.-Termin 2012

Überraschung in Salzuflen

CS Schmal

Angriff im Discount

Dr. Andreas Hettich

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Kesseböhmer: Kundendialog„Wir wollen Ideen und Anregungen geben“, erläutert DieterFinke, Geschäftsführer der Bad Essener KesseböhmerGmbH den Interzum-Auftritt. „Deshalb ha ben wir hier nicht nur Prototypen aufgebaut, sondern auch Diskussionsmodelle.“ Individualisierung und

werkzeuglose Verstellbarkeit sind neben den Vorschlägen zur Neugestaltung von Auszügen Hauptthemendes Unternehmens. Vorratshaltung en Gros und en Detail ist die Lieblingswiese, auf der sich der Küchen-ausstatter tummelt. Dafür unterhält das Bad Essener Unternehmen unter besserhaushalten.de eine eigeneInternetseite, die sich diesem Thema in allen Facetten widmet. Auf die Anzahl der erreichten Klicks ist Fin-ke besonders stolz. In der Küche ist Kesseböhmer eh daheim, aber auch der Büromöbelsektor wird bespielt.Mobilität ist hier ein ganz zentrales Thema. 2010 konnte Kesseböhmer beim Umsatz insgesamt über 15%auf 295 Mio € (2009: 255 Mio €) draufsatteln. Wobei sich der aufteilt einerseits in die Segmente Möbelbe-schlagsysteme/Caravan- und Ergonomietechnik. Dort stieg der Umsatz um 12% auf 160 Mio € (2009: 145Mio €). Im Bereich Warenpräsentation/Ladenbau kamen 135 Mio € (110 Mio €) zusammen. Etwa 60% vomUmsatz werden im Export erwirtschaftet. Die Mitarbeiterzahl stieg im vergangenen Jahr wieder auf 1.950(1.700). Damit scheint die Krise überwunden.Visite: Jochen Kuhlmann (RWK),

Dieter Finke (Kesseböhmer)

Interzum 2011

Tüftler und TrommlerAuch wenn die fertigen Möbel im Handel unter einem immerstärkern Preisdruck stehen: Das anhaltende Trading-Up imInnenleben der Küchen und Möbel ist ein lohnendes Geschäft.

Was früher von Schrauben, einfachen Scharnieren und ein paar Bei-lagscheiben zusammengehalten wurde, ist längst ein Milliardenmarkt:

Soft, gedämpft, elektrisch – der Möbel-und Küchenbauer kann es haben, wieer es gerade braucht. Will er beispiels-weise seine Wohnwand mit integrierterBeleuchtung anbieten, deren Kabel inden Platten- und Korpusteilen verstecktsind, geht auch das. Auf dem Hettich-Stand etwa war Leichtbau eines dergroßen Themen der Kölner ZuliefershowInterzum. Tobias Meer, Marketing-Manager bei der Kirchlenge-ner Größe, konnte vorführen,dass die Stromführung mitt-lerweile sogar über die Verbin-dungsbeschläge der Korpus-teile zu regeln ist – für zerleg-te Möbel sicher wieder ein

Argument. Ein Argument, das seinen Preis hat.

Nichts ist umsonst im Leben, auch nicht die Zuliefer-Ideen fürden Mehrwert im Möbel – oder das Markering drumherum.Es ist immer wieder erstaunlich, was sich die Akteure derZunft einfallen lassen. Die bayerische Druckergröße Schatt-decor etwa konnte fast 1500 Besucher allein in sein neues3D-Lab locken, in dem die neuen Oberflächen dreidimensio-nal wie im Kino auf die entsprechenden Möbel gezaubert wer-den. Das Oberflächen-Kino wird nach der Messe am Stamm-sitz in Thansau aufgebaut.

Mit der Interzum haben die großen und kleinen Sterne nachdem Comeback in 2009 auch 2011 endlich ihre internatio-nale Bühne wieder zurück. Rund 53.000 Besucher aus 47Ländern konnte die derzeit verwöhnte Kölnmesse GmbHvermelden. Im Krisenjahr 2009 waren es 47.000. Doch egal,wie diese Zahlen zu interpretieren sind: Die Veranstaltung

bekam fast ausschließlich gute Noten. „Am Ende ist das doch aucheher für die Messegesellschaft wichtig, wie viele Besucher insgesamtda sind. Für uns zählt in erster Linie, dass die Entscheidungsträger dasind. Und die kommen alle“, konnte Messestrippenzieher HubertSchwarz, Ge schäftsführer bei Blum Deutschland, berichten. Und wardamit nicht allein.

Häuser wie Blum oder Grass sahen in der Messe heuer zwar mehrMarektingshow als Premierenbühne. Verschärftes Endkunden-Mar-keting, wie es die Blums mit ihrem neuen Magazin kitchen inspirati-ons vorantreiben, dürften bei der Industrie für ein wenig Skepsis sor-gen, auch wenn Schwarz in seinem typischen Duktus meint: „Wirmüssen doch alle gemeinsam etwas dafür tun, das Thema Küche indie Öffentlichkeit zu bringen, oder? Und wir machen das doch nichtunsympathisch.“ Für viele deutsche Wettbewerber war es dennochwieder schön zu sehen, dass auch Häuser wie Kesseböhmer oderHettich mit neuen Produkten wie Convoy oder Arcitech für Schlag-zeilen sorgten. „Wir müssen das Feld doch nicht immer den Öster-reichern überlassen“, sagte einer.

Leuchten, Griffe & Co: Alles aus China?Ob Möbel, Betten, Küchen oder Bäder – ohne die auf sie zugeschnittene Beleuch-tung sind sie kaum noch zu vermarkten. Und gerade die jeweils individuelle Lösunglässt den Rückschluss zu, dass all das in den ostwestfälischen Hallen von Elektra,Halemeier, Hera, Koch, Wessel & Co zusammengelötet wird. Aber: „Keine Chan-ce“, erleuchtet Thorsten Schmidt von der Halemeier GmbH, „in Taiwan und Chi-na ist die Produktion 30 bis 40 Prozent billiger als hier, so dass alle in Asien pro-

duzieren lassen. Wir designen undgeben strikte Vorgaben an unsere asia-tischen Vorlieferanten, nur diverse Son-derartikel werden noch hier produziert.“Als Grund nennt Schmidt die Einkaufs-verbände, die gerne alles vorgeben wür-den – und meist auch tun, es sei denn,der Hersteller ist stark genug für eigeneIdeen. Ähnliches behauptete schonSchwinns Designchef Andreas Geigerfür das Griff-Segment. Bosetti Ma -rellas Exportchef Frederik Maddens,

zuvor beim belgischen Griffanbieter Metakor, setzt noch einen drauf: „Alle schlie-ßen ihre Grifffabriken in Europa und lassen in China arbeiten. Da man selbst nurnoch die Distribution regelt, kann man sich guten Gewissens eigentlich nicht mehrFabrik nennen!“ Das sei auch der Grund für seinen Wechsel zur Bosetti MarellaS.r.l., sagt Maddens: „Die Italiener fertigen seit 25 Jahren, sieben Tage die Wochealles selbst. Das hat viele Vorteile, allein schon was Flexibilität, Schnelligkeit undDesign betrifft. Und wir liefern unsere Ware schon jetzt bis nach Singapur.”

Kaum teurer als die Chinesen:Frederik Maddens, Roberto Marella

„Doch sympathisch, oder?“Blums Zeitungsstand

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Pfleiderer: EntspannterSichtlich entspannt trat Heinz Wolf, Geschäftsführer des Business-Center West beim Neumarkter Holzwerkstoffverarbeiter Pflei-derer, vor die Presse angesichts des kürzlich gespannten Rettungsschirmes für die trudelnde AG. Mit der Entschuldung um 700Mio € plus 100 Mio € fürs Tagesgeschäft im Rücken fühlte nicht nur Wolf sich „sehr erleichtert“. Zumal auch das Business Cen-ter Westeuropa, für das er verantwortlich zeichnet, im ersten Quartal 2011 „wieder schwarze Zahlen schreibt“. Die Restrukturie-rungsmaßnahmen und -kosten werden dem vergangenen Jahr zugerechnet. Neben den Werken Gschwend und Ebersdorf wirdzum 30.6. auch das Ex-Hornitex-MDF-Werk in Nidda dicht gemacht. MDF kommt stattdessen aus dem hochmodernen Werk in

Baruth. Aber auch am Standort Neumarkt wird investiert: Dem Werk2 wird eine Verjüngungskur verordnet. Der Markt allerdings habesich „seit der Krise dramatisch verändert“, so Wolf. Das liege unteranderem auch an der Werkstoffverknappung beispielsweise durchdie thermische Verwertung, kurz Verbrennung. Pfleiderer hat sichdaher etwas einfallen lassen, um den Werkstoff Holz zu substituie-ren und hat in vierjähriger Zusammenarbeit mit der Universität Göt-tingen das Balance Board erfunden. Das bereits zur BAU in Mün-chen vorgestellte Material besteht zu 30% aus so genannten Ein-jahrespflanzen, die binnen weniger Monate nachwachsen. Dassdamit der ökologische Verteilungskampf nur verlagert werde, willWolf nicht gelten lassen. Es würden ausschließlich Industrie- undkeine Nahrungsmittelpflanzen dafür hergenommen. Der positiveEffekt sei darüberhinaus, dass die Platte Co² binde und sogar um

30% leichter sei als herkömmliche Spanplatten – bei selbstverständlicher Einhaltung aller Normwerte und der Verarbeitung mitden üblichen Maschinen. Pfleiderer hatte den Messestand komplett mit und aus BalanceBoard gestaltet.

Rede und Antwort: Rainer Zumholte (Gf Pfleiderer Industrie/Wodego), Michael Wolf (Gf BC West), Meinolf Hering (Duropal)

Gut und gerne die Hälfte aller Küchenfronten waren vor einem Jahr-zehnt tiefgezogene Folienfronten – bis die Verformung von PVC dieReklamationsabteilungen fluchen ließen. Die beschichtete Spanplattemit ihrer möglichst sauber angefahrenen ABS/PP-Kante ret-tete die Branche, um sie dann aber im Rausch vom magno-lienhaften Hochglanz versinken zu lassen. Dass ein krasserWiderspruch zwischen Hochwert-Innereien und schnöderMelaminfront bestand, störte niemanden, solange der End-verbraucher es nicht merkte. Als Retter aus diesem Dilemmawurde einst die Rehau AG gekrönt, als sie ihre Laserkante2009 in Köln präsentierte – mit der die schnöden Platten kle-beschichtfrei zu 3D-Kunstwerken veredelt werden konnten.

Die Sache hatte nur einen Haken und der hängt in Aich, alsPatent der Bulthaup GmbH & Co KG, welches jeglichen Laser-kanten-Einsatz auf dem Gebiet der BRD angeblich vereitelt.Daher verstauben nagelneue Laser-Kanten-Anlagen in denKüchenfabriken von Löhne über Rödinghausen bis Verl, ledig-lich der Büromöbler Palmberg GmbH traut sich seit letztem Herbst.Rehaus-Vertriebsmann der Business Unit Surface Matthias Haasler ver-sprach nun auf der Interzum „Rechtssicherheit für unsere Kunden“ –

was immer das heißen mag. Ein angebliches Agreement dürfe nicht ver-öffentlicht werden. INSIDER sagen außerdem, dass Homag gemeinsammit Ima Klessmann gegen das Patent vorgeht.

Aber braucht überhaupt jemand dieneue Kanten-Technologie? Das frag-te sich fast schon ketzerisch einbekannter deutscher Küchenmöbel-de signer: „Wer braucht eigentlichdie Laserkante? Unsere Kantenver-arbeitung ist doch jetzt schon per-fekt und die neue kostet deutlichmehr. Dazu kommen die enormenUmstellungskosten von Lager undAusstellungen.“

Da die Nolte-Küchen GmbH zurHerbst-Hausmesse den Vorreiter

spielen will, wartet der Wettbewerb gespannt, wen der Laserstrahl alserstes verbrennt – zur Not gibt’s ja jetzt auch die Laserkanten von derMKT Gebr. Eschbach GmbH.

Rehau / Bulthaup: Wer braucht eigentlich die Laserkante?

„Rechtssicherheit für unsere Kunden“:Matthias Haasler (Rehau)

Grass: Grüne MarkeEindeutig als Marke positionieren möchte sich die Würth-Beschläge-Tochter Grass. „Das wird in Zukunft immer wichtigersein“, ist der Grass-Geschäftsführer Frank Nessler fest über-zeugt. Alle Produkte werden künftig den G-Stern tragen. In einemabgetrennten Multimedia-Kubus wurde das neue Konzept multi-medial auf einem riesigen Touchscreen präsentiert. Der bereitsim letzten Jahr vorgestellte Scharnier-Beschlag Tiomos mit Win-kel-Optionen bis zu 160° sei nunmehr auch tatsächlich lieferbar,kontert Nessler alle Kritiker. Das Teil sei bei ausgesuchten Kun-den in Skandinavien ausgiebig vorgetestet worden und werdeseit dem 8. Juni beim Küchenbauer Leicht angeliefert.

Blum: Wieder deutlich drüber2,1 Prozent Plus konnten die Beschlägemultis aus dem Hause Blum im Jahr2009/2010 vermelden. Damit waren sie nach der großen Krise schon wiederganz ordentlich im Rennen. Nun, zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres,demonstrieren die Höchster eindrucksvoll, dass sich das anhaltende Trading-Up im Beschlags- und Auszugssektor für sie wieder richtig auszahlt. Denn:„Wir werden einen neuen Rekordumsatz vermelden, und zwar deutlich“,konnte Inhaber Gerhard Blum auf der Interzum schon mal vorab bekanntgeben. Der letzte Firmenrekord stammt aus dem Jahr 2007/2008. Damalswaren es stolze 1,12 Mrd Euro. Auch mit einem zentralen Abnehmer wie Ikeasind die Höchster angeblich weiter gut im Geschäft, obwohl dort zuletzt eini-ge neue Lieferanten aus dem Beschlagssektor hinzukamen.

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Hettich, Blum, Grass, Salice und FGV überraschten auf der Inter-zum 2009 allesamt mit dem gedämpften Scharnier. Viel Lärm umein kleines Produkt, das dank Klappen und Auszügen immerweniger gebraucht wird – schätzungsweise 10 % der Anwendersetzen bis dato die gedämpfte Version ein, falls denn lieferbar.

Bei Formenti & Giovenzana soll das 2009er Genios bald in allen Varian-ten lieferbar sein. Ähnliches berichtet Grass, immerhin zwei Jahre nachder Tiomos-Präsentation. Auch die Arturo Salice S.p.a. brauchte Zeit, umdie Scharnier-Probleme in den Griff zu bekommen. Nur Blums Clip TopBlumotion war bald im Markt, bei Hettich ging es noch schneller.

Gegenüber den Auszugsystemen sind die Investitionskosten in ein neu-es Scharnier gering. Für den Produktionsstart einer Schubkastenfamiliereichen 50 Mio Euro bei weitem nicht, aber gut gemacht, werden sie zuGelddruckmaschinen, die möglichst lange spucken müssen. Ihr schüt-zendes Patentdickicht ist mittlerweile so dicht, dass z.B. Salice nacheigener Aussage keine Lücke fand und nun mit dem Erwerb des Schie-betür-Herstellers Bortoluzzi Sistemi weiteres Wachstum plant. EinzigGrass entdeckte eine Lücke in den Schutzrechten des Nachbarn undsetzte mit der Dynapro neue Zeichen in punkto Seitenstabilität und -Ver-stellung. Wer’s billiger wollte, wurde mit der DynaMove aus dem Mepla-Fundus abgespeist. Doch die Umsetzung der Dynapro in möglichst vie-le Alpendollars bedurfte der Investitionsspritzen der Würth AG – derUmsatz-Zuwachs war zweistellig.

Mit der Messebotschaft „Servo-Drivenur noch für den Müllauszug“ zog derWettbewerber Blum endlich den Ste-cker bei den oft überschätzten elektri-schen Antrieben und versuchte dieFachwelt lieber mit der Legrabox zuelektrisieren. Die neue Schubkasten-Generation läuft auf verdeckten Füh-rungen, um eine schlanke, nur 10 mmbreite Zarge zu ermöglichen. Ausfüh-rungen in Alu, Blech oder Edelstahl entsprechen dem Wunsch nachKundenbranding – dem die bewährte Tandembox nicht ausreichendnachkam und entsprechend von der Legrabox abgelöst werden soll,„irgendwann“ hießt es intern.

Doch wie schon die Metabox von Grass erfunden wurde, so ist dieLegrabox eigentlich keine Blum-Entwicklung, sondern entstand beiWoodbox als Porsche-Zarge. Wie dies? Karl Baliko, Woodbox-Macher und Inhaber der österreichischen Baliko Holz Verarbeitung,plaudert aus dem Schubkasten: Poggenpohl hätte ihn mit der Ent-wicklung einer 8 mm dünnen Zarge für die Porsche-Küche beauftragt.Als der Markt diese Zarge auch für die übrigen Poggenpohl-Program-me verlangt habe, habe man bei Blum (dem General-Lieferanten fürNobia) Druck gemacht und die Ware dann auch bekommen, dennhierfür sei der 20 Mann-Betrieb von Baliko zu klein und zu teuer. Letzt-endlich sei dies gut für alle ausgegangen, die Herforder erhielten die8 mm Version zum akzeptablen Preis und die Vorarlberger ihre 10 mmVersion für den Wertmarkt, eben als Legra box. Vertane Chance fürBaliko? „Ganz und gar nicht“, antwortet Baliko, „unsere Kunden Poli-form, Poggenpohl oder Siematic sind uns treu. Wir können nicht ein-mal ein Drittel der Nachfrage befriedigen.“

Ein weiterer Beweis, dass kleinere Hochwert-Firmen mit Produktion inEuropa durchaus ihre Klientel finden können. Mit der Aussage „40%

aller Küchenkunden werden in den nächsten zwei Jahren die Auszüge(nicht unbedingt den Lieferanten) wechseln“, formuliert Karl Balikowohl den wichtigsten Satz der Interzum. Gerne sähe das wohl auchein Doktor, von dem es heißt, er sei so hart, wie konsequent: Dr.Andreas Hettich. Die aufwändig initiierte Präsentation des Arcitech-Schubkasten-Systems mit cleverem Plattformkonzept und überschau-baren Komponenten hat eine geniale Führung im Prismenprofil. Es istdie Weiterentwicklung der legendären Quadro – mit bis zu 80 kgBelastbarkeit, die Blums schaffen es bis max. 65 kg. Der größte Clouan Arcitech ist aber wohl: dass die gut 13.000 qm große Produk -tionshalle schon steht, das gute Stück ist somit lieferbar.

Schon im Krisenjahr 2009 kamen die Kunden zur Interzum und suchten„etwas Neues, Günstigeres“. Da sie aber auf Selbsteinzug, das Dämpfenund andere Lu xus entwicklungen nicht verzichten möchten, kann es die-ses Günstigere eigentlich gar nicht geben, sondern nur Variationen oderetwas wirklich Neues: Peter Weber von der Peka-System AG war dasheuer gelungen. Mit der intelligenten Verformung von gestanzten Blech-platten schaffte er es, das Thema Auszugtablare neu zu interpretierten.Nur wenige denken dabei so ressourcenschonend wie Peka.

Kaum jemand designt Innenauszüge dafür so atemberaubend wieKesseböhmer die Convoy-Familie – weiche Formen mit stark zuneh-menden Individualisierungen sind im Kommen. Die 15% Steigerung in

2010 auf 295 Mio Eurosprechen in Bad Essen einedeutliche Sprache. Auch dieHäfele GmbH, der Kesse-böhmer-Partner bei denehemaligen Huwil-Klappen-beschlägen, die jetzt „Liftund Turn“ heißen, verbesser-te sich im gleichen Zeitraumvon 739 auf 881 Mio Euro.Die Schwaben haben nach

wie vor konzentriert das Ziel vor Augen, die Milliarde voll zu machen,deshalb zielen sie nun auch verstärkt direkt auf die Möbel- undKüchenindustrie: Galt gerade Häfele als der Stammlieferant für Hand-werk und Handel, so überraschte jetzt der Auftritt der 2009 gegrün-deten Häfele Engineering GmbH & Co. KG als Kompetenzzentrum fürdie Möbelindustrie. Gleichzeitig wurde ein 200 Seiten starker Katalogspeziell für die Industriekunden vorgestellt.

Rund ein Viertel des Umsatzes (74% Auslandsanteil) erzielen dieNagolder schon jetzt mit der Möbelindustrie, berichtet Rupert Kichler,Geschäftsführer der neuen Engineering-Einheit, und verweist auf dieEigenfertigung in vier deutschen Werken wie die weltweite Beschaf-fung. Häfele-Produktmanager Roman Lang präzisiert: „Wir unterstüt-zen in der Arbeitsvorbereitung und den Ablaufprozessen mittlererwei-le alle namhaften Möbelhersteller. Die geben uns ihre CAD-Möbelda-ten und wir entwickeln die passenden Beschlagslösungen dazu.“

Die Betrachtung der Nagolder Neuheiten ist recht brisant, wenn manweiß, dass Blum einer der großen Lieferanten bei Häfele ist. Denn mitder neuen Führungsgeneration Matrix werden Auszüge auf Walzkäfig-technik mit bis zu 70 kg angeboten, perfekt abgestimmt auf das haus-eigene Moovit-Schubkasten-System. Dass das nun sowohl in die Küchepasst wie auch ins Büro- oder Wohnmöbel, lässt sicher so manchenSchädel in Herford und Höchst brummen. Wulf Rabe

Hettich, Blum, Grass, Häfele

Der Kampf um den Auszug

Erfinder der Porsche-Zarge: KarlBaliko (Baliko Holzverarbeitung)

Die Industrie im Fokus: Rupert Kichler,Roman Lang (Häfele Engineering)