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Consensus Statement April 2013 Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte SUPPLEMENTUM Vorsitz: Univ.-Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl, Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer. Autoren: Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter, Dr. Jutta Auberger, Univ.-Prof. Dr. Romuald Bellmann, Dr. Christina Forstner, Dr. Rainer Gattringer, OA Dr. Michael Girschikofsky, OA Dr. Oskar Janata, Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Keil, Univ.-Prof. Dr. Robert Krause, Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss, Prim. Univ.-Prof. Dr. Chris- toph Wenisch, Univ.-Prof. Dr. Birgit Willinger. Invasive Candida- Infektionen Diagnostik und Therapie Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT) Österreichische Gesellschaft für Medizinische Mykologie (ÖGMM) Unter Patronanz der

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ConsensusStatement

Ap

ril 2013

Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte

SUPPLEMENTUM

Vorsitz: Univ.-Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl, Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer. Autoren: Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter, Dr. Jutta Auberger, Univ.-Prof. Dr. Romuald Bellmann, Dr. Christina Forstner, Dr. Rainer Gattringer, OA Dr. Michael Girschikofsky, OA Dr. Oskar Janata, Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Keil, Univ.-Prof. Dr. Robert Krause, Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss, Prim. Univ.-Prof. Dr. Chris-toph Wenisch, Univ.-Prof. Dr. Birgit Willinger.

Invasive Candida-InfektionenDiagnostik und Therapie

Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT)

Österreichische Gesellschaft für Medizinische Mykologie (ÖGMM)

Unter Patronanz der

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Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte2 Supplementum ■ April 2013

1. Epidemiologie und Diagnostik

Nach den verfügbaren Daten liegt in Österreich bei einer ak-tuellen Bevölkerungszahl von 8,22 Millionen die Rate an Candidämien bei 2,6/100.000 Einwohner. Davon sind ca. zu zwei Dritteln Intensivpatienten und zu einem Drittel Malignom- oder Transplantationspatienten betroffen [1]. Die Dunkelziffer dür fte jedoch etwas höher liegen. Die Dokumentation des „fungal burden“ weist in Österreich noch

Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte

Test-material Test Überlegungen Bemerkungen/Empfehlungen

BlutBlutkultur

(BK)

● Zahl der BK: 3 (2–4)● Gesamt-Blutvolumen:

● Kinder <2kg: 2–4ml● Kinder 2–12kg: 6ml● Kinder 12–36kg: 20ml● Erwachsene: 40–60ml

● Timing: BK bei Verdacht auf Infektion

● Ort: Venenpunktion bleibt Technik der Wahl; Blut aus liegenden Kathetern hat eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für Kontamination wie Blut aus einer fachgerechten (frischen) Venenpunktion. Von verschiedenen Orten abnehmen

● Häufigkeit: Bei V.a. Candidämie täglich über max. 3 d [5, 6]

● Technik: validierte Systeme● Inkubierungszeit: 5–7 d● Performance: 50–75% Sensitivität

● Unabdingbare Untersuchung● Ein BK-Set umfasst 2 Flaschen – aerob

und anaerob, 60ml Blut, das einmalig gewonnen und auf jeweils drei BK-Sets aufgeteilt wird

● Verschiedene Blutproben von jeweils 20ml, innerhalb von 30 Minuten abgenommen und jeweils aliquot (à 10ml) auf aerobe und anaerobe Kulturen verteilt, werden als „eine BK“ betrachtet

● Niedrigere Sensitivität bei Patienten mit Neutropenie oder unter antimykotischer Therapie

● Die Sensitivität schwankt je nach Spezies und Testsystem (z.B. niedrigere S. für BACTEC™ und C. glabrata)

● Die Speziesdiagnose ist verpflichtend● Vorsicht: Hefepilze in einer Blutkultur

müssen nicht Candida sein● Lyse-Zentrifugierung zeigte Effektivität im

Vergleich zu älteren BK-Systemen

Serum

Mannan und Antimannan Kombinierte Bestimmung

EMPFOHLENSerienuntersuchungen können notwendig werden; 2x wöchentlichhoher negativer Vorhersagewert, positives Ergebnis (>2) bestätigen

Andere Antikörper

(wie z.B. Serion®

ELISA classic)

Begrenzte Daten für Candidämie

Beta-D-Glucan

Nicht spezifisch für Candida

EMPFOHLEN (nur Fungitell® – keine Empfehlung für andere Tests); Serienuntersuchungen empfohlen (2x/Woche); hoher negativer Vorhersagewert; für Kinder nicht validiert

Septifast Begrenzte Daten für Candidämie Bei Verfügbarkeit gute Alternative

In-house-PCR

Derzeit keine externen Validierungsdaten erhältlich Keine Empfehlung

Tab. 1: Diagnostik der Candidämie

Quelle: [7]

Seit der Einführung der neuen Azole und der Echinocandine wird über den Stellenwert der unterschiedlichen Antimykotika bei der Therapie invasiver Candida-Infektionen diskutiert. Das vorliegende Consensus-Statement nimmt zu dieser Thematik Stellung.

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Supplementum ■ April 2013 3Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte

Invasive Candida-Infektionen – Diagnostik und Therapie

große Lücken auf, an deren Behebung gearbeitet wird.Im AURES-Bericht werden seit 2007 alle invasiven Candida-Isolate aus den medizinischen Universitäten Innsbruck, Graz und Wien sowie aus dem Krankenhaus der Elisabethinen in Linz mit Speziesbestimmung und Resistenztestung erfasst. Derzeit ist noch immer C. albicans der häufigste Erreger, ge-folgt von C. glabrata und anderen Candida-non-albicans-Spezies – laut AURES-Bericht 2011 machte C. albicans 55,6% aller Candidämien aus, C. glabrata 20,5%, C. parapsilosis 9,4%, C. krusei 5,8% und C. tropicalis 4,7% [2]. Auffallend sind gewis-se regionale Unterschiede wie die höhere Rate an Candidämien durch C. parapsilosis an der MU Wien im Vergleich zur MU Innsbruck – Zusammenhänge mit dem Verbrauch des primä-ren Antimykotikums bzw. der antimykotischen Prophylaxe sind derzeit nicht nachweisbar.

Die Resistenzlage ist insgesamt in Österreich nach wie vor günstig. Die Veränderungen in den Empfindlichkeitsmustern betreffen vor allem die Azole Itraconazol und Fluconazol. Für Fluconazol fand sich gegenüber 2010 ein Anstieg der resis-tenten Stämme von 1,1% auf 4,7%, für Itraconazol von 9,9% auf 20,3% [2]. Resistenzen gegen Amphotericin B wurden 2011 nicht be-obachtet (2010: 0,6%). Bei den Echinocandinen wurde die be-

reits 2010 beobachtete Steigerung der Resistenzrate gegen Anidulafungin auch 2011 wieder festgestellt. Dies betrifft aller-dings ausschließlich C. parapsilosis – eine Erklärung dafür steht noch aus –, während alle anderen Candida-Spezies im emp-findlichen Bereich lagen. Gegenüber Caspofungin war ein Stamm einer C. parapsilosis resistent, gegenüber Micafungin wurden für Candida keine Resistenzen beobachtet [2].

Im Hinblick auf die Diagnostik schließen sich die Autoren den Empfehlungen der „ESCMID Fungal Infection Study Group“ (EFISG) an, die in den Tabellen 1 bis 3 dargestellt sind.Tabelle 1 zeigt die Empfehlungen zur Diagnostik der Candidämie.

Die Blutkultur (BK) ist nach wie vor das Mittel der Wahl. Wichtig zu wissen ist, dass die Sensitivität der BK sinkt, sobald eine antimykotische Therapie begonnen wurde. Insgesamt liegt die Sensitivität der BK bei 50 bis 75%, wobei alle auf dem Markt befindlichen Systeme grundsätzlich gleichwertig sind. C. glabrata wächst etwas weniger im BACTEC™-System, hier sollte eine Flasche mit Pilzmedium verwendet werden.Zu serologischen Tests sei bemerkt, dass die kombinierte Be-stimmung von Mannan und Antimannan aufgrund des hohen negativen Vorhersagewerts eine Aussagekraft besitzt, obwohl

Testmaterial Test Überlegungen Bemerkungen/Empfehlungen

Blut/diverse Materialien Blutkultur Siehe Tabelle 1 ● Unabdingbare Untersuchung

Gewebsprobe/Körperflüs-sigkeit von

normalerweise steriler Stelle

Immun-histochemie

● Nicht allgemein verfügbar; falls Hefe im Gewebe, aber nicht in der BK vorhanden, Immunhistochemie verwenden

● Im Handel nur spezifische Antikörper erhältlich

● Nur positive Ergebnisse verlässlich

Gewebs-PCR● Nicht allgemein verfügbar● Keine externen Validierungsdaten

erhältlich● Nicht im Handel erhältlich● Diese Techniken können nach

Laser-Mikrodissektion ausgeführt werdenIn-situ-

Hybridisierung ● Nicht allgemein verfügbar

Serum

Mannan und Antimannan

● Kombinierte Bestimmung● Nicht genügend Daten verfügbar

● Keine Empfehlung; kann bei chronischer, disseminierter Candidose nützlich sein

Beta-D-Glucan ● Nicht spezifisch für Candida● EMPFOHLEN, falls verfügbar

(2x/Woche); für Kinder nicht validiert

SeptiFast und In-house-PCR ● Keine publizierten Daten verfügbar ● Bei Verfügbarkeit gute Alternative

Tab. 2: Diagnostik der invasiven Candidiasis

Quelle: [7]

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Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte4 Supplementum ■ April 2013

es dazu nur wenige Studien gibt [3, 4]. Ebenfalls aufgrund des hohen negativen Vorhersagewerts wird der Beta-D-Glukan-Test empfohlen (auf mögliche Kreuzreaktionen, vorwiegend mit Staphylokokken, ist zu achten). Für Antikörper-Suchtests und In-house-PCR gibt es mangels Daten derzeit keine Empfehlung für die Candidämie-Diagnostik.

Für die Diagnostik der invasiven Candidiasis stellen Kultur und direkte Mikroskopie die Mittel der Wahl dar. Details wer-den in Tabelle 2 dargestellt.Eine Resistenztestung sollte in mehreren Situationen erfolgen, die in Tabelle 3 beschrieben werden. Daten zur Korrelation zwischen der Empfindlichkeit eines Stammes in vitro und dem klinischen Ansprechen fehlen leider weitestgehend.

2. Antimykotische Aktivität und Resistenzmechanismen

Entsprechend den Vorgaben des European Committee on Antimicrobial Susceptibility (EUCAST) ist hinsichtlich der mi-nimalen Hemmkonzentration (MHK) eines Antiinfektivums grundsätzlich zwischen dem epidemiologischen Cut-off-Wert (ECOFF oder ECV) und dem klinischen Breakpoint zu

unterscheiden [17]. Beim ECOFF handelt es sich um einen rein epidemiologischen Wert, nämlich um die obere Grenze der MHK-Verteilung eines Antiinfektivums gegenüber dem Wildtyp eines Erregerstamms. Der klinische Breakpoint gibt hingegen an, ob bei einer Wirkstoffkonzentration, die durch therapeutische Dosierung erreicht werden kann, das Wachs-tum des Erregers gehemmt wird. Ein Erregerstamm kann so-mit als „empfindlich“, „intermediär“ oder „resistent“ kategori-siert werden. Der klinische Breakpoint muss nicht mit dem ECOFF identisch sein, sondern kann niedriger oder (seltener) auch höher als der ECOFF sein. Hinsichtlich der klinischen Breakpoints für verschiedene Candida-Stämme ist die wis-senschaftliche Diskussion noch im Fluss – wichtig ist jedoch, dass der klinische Breakpoint dem Kliniker die Information liefern soll, welches Antimykotikum bei welchem Candida-Stamm wirksam ist und welches nicht.Zur Resistenzlage in Österreich siehe Punkt 1.

Was pharmakokinetisch/pharmakodynamische Parameter angeht, so lassen sich bei Antimykotika, ähnlich wie bei den anderen Antiinfektiva, zwei Prinzipien unterscheiden. Amphotericin B und seine Lipidderivate wirken konzentrati-onsabhängig, d.h., der entscheidende Parameter ist das Verhältnis von Cmax/MHK. Für alle anderen relevanten

Dr. Jutta Auberger

Univ.-Klinik f. Innere Medizin III mit Hämatologie, Onkologie, Infektiologie und Rheumatologie, PMU Salzburg

Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter

Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin,KH der Elisabethinen, Linz

Univ.-Prof. Dr. Romuald Bellmann

Intensivstation und Arbeitsgruppe Klinische Pharmakokinetik,Department Innere Medizin, MedUni Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl

Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, MedUni Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer

Klin. Abt. für Infektionen und TropenmedizinUniv.-Klinik für Innere Medizin I, MedUni Wien

Isoliert aus Für Patientenmanagement Für Epidemiologie

Blut und anderen sterilen Lokalisationen

Alle Isolate und insbesondere:● Stämme kultiviert unter einer bestehenden

antimykotischen Therapie ● Klinisches Therapieversagen● Seltene und/oder neu auftretende Spezies● Spezies mit bekannter Resistenz oder

geringerer Empfindlichkeit gegenüber klinisch verwendeten Antimykotika

● Alle Stämme sollten mittels einer Referenzmethode oder einer validierten, im Handel erhältlichen Methode getestet werden

Nicht sterilen Lokalisationen

● Bei Nichtansprechen oder Rezidiv● Surveillancekulturen von Patienten unter

antimykotischer Therapie

● Epidemiologische Studien sollten in periodischen Abständen durchgeführt werden

Tab. 3: Empfehlungen für antifungale Resistenztestung

Quellen: [7-16]

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Supplementum ■ April 2013 5Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte

Antimykotika, also Azole, Flucytosin und Echinocandine, ist der entscheidende Parameter hier das Verhältnis AUC/MHK. Es sind also sowohl die Konzentration als auch deren Dauer ausschlaggebend. Amphotericin und Echinocandine wirken auf Candida fungizid, Flucytosin und Azole hingegen fungi-statisch [18, 19].Für Azole ist aufgrund nicht selten zu geringer Talspiegel und für Flucytosin wegen seiner Hämatotoxizität ein therapeuti-sches Drug-Monitoring zu empfehlen [19-21].

Im Gegensatz zu Zellen von Tieren sowie Protozoen besitzen Pilzzellen ebenso wie pflanzliche Zellen nicht nur eine Zellmembran, sondern außerhalb derselben auch eine Zell-wand. Beide Strukturen sind Angriffspunkte für bestimmte Antimykotika.

Der Wirkmechanismus von Amphotericin B und seinen Lipidformulierungen beruht auf einer Interaktion mit den Ergosterolen der Candida-Zellmembran, was zur Ausbildung von Poren führt. Lipidperoxidation und eine Hemmung der H+-ATPase sind weitere Wirkmechanismen [22, 23]. Resistenzen gegen Amphotericin B sind bei Candida-Spezies sehr selten. Lediglich bei C. lusitaniae und C. guilliermondi können intrin-sische Resistenzen gegen Amphotericin B bestehen. Erworbene Resistenzen gegen Amphotericin B sind u.a. für C. albicans und C. glabrata beschrieben. Mechanismen der Resistenzentstehung sind eine Reduktion von Ergosterol in der Zellmembran zugunsten von Lanosterol und Eburicol so-wie Mutationen im Ergosterol-Gen CgERG6. Nach Ampho-tericin-B-Exposition sowie in Biofilmen wurden eine Hinauf-regulation bzw. eine abnorme Regulation verschiedener Ergosterol-Gene beschrieben [24, 25].

Flucytosin ist ein Pyrimidinderivat, das von den Candida-Zellen aufgenommen und mittels einer spezifischen Cytosin-

Desaminase anschließend zu 5-Fluorouracil desaminiert wird. Dieses wird nach Phosphorylierung zu Fluorouridin-Tri-phosphat in die RNA inkorporiert und hemmt so die Protein-synthese; ein anderer Metabolit, Fluoro-Desoxy-Uridin-Monophosphat, hemmt die DNA-Synthese [26]. Resistenzen gegen Flucytosin sind bei Candida-Spezies häufig. So zeigt C. albicans in 7–10% eine intrinsische und in 30% ei-ne erworbene Resistenz gegen Flucytosin, auch andere Stämme zeigen Resistenzen gegen die Substanz, wie z.B. C. lusitaniae. Resistenzmechanismen sind Veränderungen der zellulären Aufnahme (Purin-Cytosin-Permease), der Des-aminierung (Cytosin-Deaminase) und der Phosphorylierung (Uracil-Phosphoribosyl-Transferase). Durch Inaktivierung der Gene Fcy1 bzw. Fcy2 sind auch kombinierte Resistenzen ge-gen Flucytosin und Fluconazol möglich [24-26].

Triazol-Antimykotika wie Fluconazol wirken ebenfalls über ei-nen Zellmembran-bezogenen Mechanismus, nämlich über eine Hemmung der Cytochrom-P450-vermittelten 14-Alpha-Lanosterol-Demethylierung, die einen essenziellen Schritt der Ergosterol-Biosynthese darstellt [27, 28].Resistenzmechanismen beruhen entweder auf einer Überexpression oder einer Mutation von ERG11, was zu einer erhöhten Konzentration der C-14-Lanosterol-Demethylase bzw. zu einem Enzym mit verminderter Azolaffinität führt, oder auf einer Überexpression von Azol-Transporter-molekülen. Auch Veränderungen im Sphingolipidgehalt der Zellmembran können eine Azolresistenz bewirken [25].

Echinocandine wie Anidulafungin, Caspofungin und Mica-fungin wirken über die Hemmung der Beta-(1,3)-Glukan-Synthese und damit als bisher einzige antimykotische Substanzgruppe über einen Zellwand-bezogenen Mecha-nismus [18, 29]. Charakteristisch für die Echinocandine ist ein paradoxer pharmakodynamischer Effekt: Bei steigender

Gruppe Angriffspunkt Mechanismus

Amphotericin B (inklusive Lipidformulierungen) Zellmembran-Ergosterol Interaktion mit Ergosterol

➞ Porenbildung

5-Flucytosin RNA-Proteinsynthese, DNA-Synthese

Antimetabolit (nach Desaminierung zu 5FU)

Triazole (Fluconazol; Itraconazol, Voriconazol; Posaconazol) Zellmembran – Ergosterolsynthese Hemmung der

14-Alpha-Demethylase

Echinocandine (Caspofungin, Anidulafungin, Micafungin) Zellwand – Glukansynthese Beta-(1,3)-D-Glukan-Synthase

Tab. 4: Gegen Candida verwendete Antimykotika

Quelle: Bellmann

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Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte6 Supplementum ■ April 2013

Echinocandin-Exposition nimmt deren Wirkung zunächst proportional zu; eine weitere Erhöhung der Konzentration führt jedoch zu einer Abnahme der fungiziden Wirkung, die dann erst bei höchsten Dosen wieder verstärkt einsetzt. Eine Aktivierung der Chitinsynthese und eine erhöhte Expression von SLT2, einer Mitogen-aktivierten Proteinkinase, werden als Ursachen dieses Phänomens diskutiert [30] [31].

Einen Überblick der Wirkmechanismen der klinisch gegen Candida verwendeten Antimykotika gibt Tabelle 4.

Zusätzlich zu molekularen Resistenzmechanismen kann eine mangelnde klinische Wirkung von Antimykotika auch – ab-hängig von pharmakokinetischen und pharmakodynami-schen Parametern – durch subinhibitorische Konzentrationen am Wirkort bedingt sein. Die Toxizität der Antimykotika kann dazu führen, dass wirksame Dosierungen nicht toleriert wer-den. Bei Schwerkranken kann die enterale Resorption erheb-lich beeinträchtigt sein, was oft zu unwirksamen Plasma-spiegeln führt.

3. Dosierungen, Toxizitäten, Interaktionen

Tabelle 5 zeigt die Standarddosierungen der wichtigsten Antimykotika bei Erwachsenen sowie die notwendigen Dosisanpassungen bei Leber- und Niereninsuffizienz. Die Zulassung der diversen Antimykotika in Österreich zeigt die Abbildung 1.

Tabelle 6 listet die häufigsten Toxizitäten von Antimykotika auf.

Zu beachten sind auch Arzneimittelinteraktionen. Diese können pharmakodynamisch bedingt sein, z.B. additive Nephro- oder Myelotoxizität durch Amphotericin B oder Flucytosin. Pharmakokinetische Interaktionen betreffen vor allem Azole, die durch Enzymhemmung am Cytochrom-P450-System die Wirkung und Toxizität anderer Arzneimittel, wie z.B. Statine, Kumarine, Kalziumantagonisten, Methadon, Benzodiazepine, Digitalis (in Kombination mit Amphotericin B), Phenytoin, Theophyllin, Cyclosporin A, Tacrolimus und

Sirolimus verstärken. Unter laufender Azoltherapie besteht die Notwendigkeit engmaschiger Spiegelkontrollen von Immunsuppressiva. Umgekehrt können klassische Enzym-induktoren wie Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin oder Johanniskraut die Plasmaspiegel von Azolen und Caspo-fungin senken, während der Protonenpumpenhemmer (Es-) Omeprazol die Voriconazol-Plasmaspiegel steigert [34, 35]. In der klinischen Praxis sind Antimykotika-Interaktionen vor allem bei Transplantationspatienten von großer Bedeutung, während ihre Bedeutung bei anderen Patientengruppen et-was geringer ist.Tabelle 7 stellt Fluconazol und Echinocandine mit ihren Vor- und Nachteilen gegenüber.

4. Therapie bei Immunsuppression

Die Rate von Candidämien bei hämatoonkologischen Patienten sowie Patienten nach hämatopoetischer Stammzell-transplantation (HSCT) liegt insgesamt bei etwa 2–3%, für Patienten mit akuter myeloische Leukämie (AML) bei 4–5%; die zuordenbare Mortalität wird mit 19% angegeben [34]. Es gibt retrospektive Daten, die zeigen, dass ein verzögerter Beginn der antimykotischen Therapie bei Candidämie die Mortalität erhöht [36].

Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von invasiven Candida-Infektionen bei Transplantationsempfängern solider Organe hängt vom transplantierten Organ, von der Art der Immunsuppression und Wirtsfaktoren ab. Ein aktuelles Thema in dieser Population ist die Frage einer Infektionsübertragung durch das Transplantat (Häufigkeit bei Nierentransplantationen laut einer retrospektiven französischen Studie 0,1% [37]). Die Ein-Jahres-Mortalität wird mit 34% angegeben. 53% der inva-siven Candida-Infektionen sind Candidämien, 37% abdomi-nale Infektionen und 10% andere. Die Therapieprinzipien sind die gleichen wie bei neutropenischen Patienten [38].Laut den Guidelines der „European Conference on Infections in Leukaemia“ (ECIL-4-Guidelines [39]) und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) sollte die Therapie einer Candidämie vor Speziesidentifikation entweder mit einem Echinocandin, lipidformuliertem (vorzugsweise

Dr. Christina Forstner

Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin, Univ.-Klinik für Innere Medizin I, MedUni Wien

Dr. Rainer Gattringer

Institut für Hygiene, Mikro-biologie und Tropenmedizin, Krankenhaus der Elisabethinen Linz

OA Dr. Michael Girschikofsky

1. Interne Abteilung, KH der Elisabethinen Linz

OA Dr. Oskar Janata

Krankenhaushygiene, Donauspital im SMZ Ost der Stadt Wien

Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Keil

3. Med. Abt. Hämatologisch-Onkologisches Zentrum, Hanusch-Krankenhaus Wien

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Supplementum ■ April 2013 7Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte

SubstanzDosierung

Standard Leberinsuffizienz Niereninsuffizienz

Konv. Ampho B 0,7–1,0mg/kg/d Datenlage unklar* Substanz vermeiden

Liposomales Ampho B 3mg/kg/d Datenlage unklar 100%

Caspofungin Tag 1: 70mgAb Tag 2: 50mg/d, bei Körpergewicht >80kg 70mg

Ab Child-B-Zirrhose: 35mg/d

100%

Anidulafungin Tag 1: 200mgAb Tag 2: 100mg/d

100% 100%

Micafungin 100mg/d Ab Child C nicht empfohlen

100%

Fluconazol 10–12mg/kg/d (auch bei kontinuierlicher Hämofiltration)

Erhaltungsdosis auf 50% reduzieren

Ab GFR <50ml/min sowie bei Hämodialyse: 50%

Voriconazol Tag 1: 2x 6mg/kgAb Tag 2: 4mg/kg/d

Erhaltungsdosis auf 50% reduzieren

Bei GFR <55ml/min i.v. vermeiden, keine Einschränkung p.o.

*) Bei schwerer Leberinsuffizienz laut FI kontraindiziert

Tab. 5: Dosierungen von Antimykotika

Quelle: Fachinformationen

Indikationen

Polyene Azole Echinocandine 5-FU

Am

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Am

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sin

A

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TIL®

Prophylaxe

Candida

Empirie

Empirische Therapie

Therapie

Candidiasis (Neutropenie)

Candidiasis (keine Neutropenie)

Soorösophagitis

Candidurie

*) Vfend sollte in erster Linie bei Patienten mit progressiven, möglicherweise lebensbedrohlichen Infektionen eingesetzt werden. MEDIS Datenbank 1.3.2013**) Mycamine ist daher nur anzuwenden, wenn andere Antimykotika nicht angemessen sind.

Abb. 1: Therapieoptionen bei Candida-Infektionen

Quelle: adaptiert nach [32]In Österreich zugelassen für die genannte IndikationIn Österreich nicht zugelassen für die genannte Indikation

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Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte8 Supplementum ■ April 2013

liposomalem) Amphotericin B oder – falls zuvor keine Azol-prophylaxe verabreicht wurde – Fluconazol oder Voriconazol (als Zweitlinientherapie) erfolgen. Diese Empfehlung gilt für nicht hämatologische ebenso wie für hämatologische Patienten, für Letztere jedoch mit geringerem Empfehlungs-grad. Die antimykotische Therapie sollte bei Erwachsenen, nicht neutropenischen Patienten bis mindestens zwei Wochen nach der letzten positiven Blutkultur und nach Abklingen der Symptomatik fortgesetzt werden, bei neutropenischen Patienten bis mindestens zwei Wochen nach der letzten posi-tiven Blutkultur, Abklingen der Symptomatik und Ende der Neutropenie. Bei neutropenischen Patienten sollte nach der Erholung der Neutrophilen aktiv nach ophthalmologischen sowie hepatolienalen Infektionen gesucht werden (Fundo-skopie und Abdomen-Sonographie). Ein zentralvenöser Katheter sollte bei Vorliegen einer Candidämie bei nicht hä-matologischen Patienten auf jeden Fall entfernt werden. Bei hämatologischen Patienten besteht diese Empfehlung eben-falls, jedoch mit geringerem Evidenzgrad. Eine Kathete-rentfernung ist auf jeden Fall dann indiziert, wenn eine Candida-Spezies isoliert wird [39].Für neutropenische Patienten bei invasiver Candida-Infektion empfiehlt sich der Therapiebeginn mit einem Echinocandin oder mit liposomalem Amphotericin B. Falls sich der Candida-

Stamm als Fluconazol-empfindlich erweist, kann im Sinne ei-ner Deeskalation auf Fluconazol umgestellt werden. Die Therapiedauer sollte mindestens zwei Wochen nach der ers-ten negativen BK betragen. Bei Therapieversagen wird ein Wechsel der Substanzklasse empfohlen, wobei je nach Primärtherapie liposomales Ampho-tericin B, Amphotericin-B-Lipidkomplex, Echinocandine oder Voriconazol (als Zweitlinientherapie) infrage kommen. Diese vier Optionen werden auch für die Therapie der hepatoliena-len Candidiasis empfohlen [40].

Ein klinischer Verdacht auf infektiöse Endokarditis (neues Herzgeräusch, unklares embolisches Ereignis, unklare Sepsis, Fieber mit bestimmten Begleitsymptomen) sollte laut aktu-ellen europäischen Guidelines – unabhängig von der Art des vermuteten Erregers – mittels einer transösophagealen Echo-kardiographie abgeklärt werden [41]. Primär ist eine kardio-chirurgische Sanierung anzustreben.Zur Behandlung der Candida-Endophthalmitis ist primär eine Kombination aus konventionellem Amphotericin B und Flucytosin oder (mit geringerem Empfehlungsgrad) Fluconazol, als Alternative lipidformuliertes Amphotericin B, Voriconazol oder ein Echinocandin indiziert. Die Therapie-dauer sollte mindestens vier bis sechs Wochen betragen; in

Organ Toxizität durch

Auge (Photopsie) Voriconazol

GI-Trakt Itraconazol, Posaconazol, Flucytosin

Haut Exanthem: alle; Photosensitivität/ev. Malignome: Voriconazol

Herz Kardiomyopathie: Itraconazol; QTc-Verlängerung: alle Azole

Infusionsreaktionen Ampho B, Echinocandine

Knochenmark Flucytosin, Ampho B

Leber Alle Azole, Ampho B, Flucytosin, Echinocandine

Niere Ampho B, Lösungsmittel (SBECD) von Voriconazol i.v.

ZNS Voriconazol

Tab. 6: Toxizitäten von Antimykotika

Quelle: [33]

Univ.-Prof. Dr. Robert Krause

Infektiologie, Univ.-Klinik für Innere Medizin (UKIM), MedUni Graz

Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch

4. Medizinische Abteilung mit Infektiologie, SMZ Süd KFJ-Spital d. Stadt Wien

Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss

Infektiologie, Immunologie, Rheumatologie, Pneumolo-gie; Univ.-Klinik für Innere Medizin VI, MedUni Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Birgit Willinger

Abt. für Klinische Mikro-biologie, Klin. Institut für Labormedizin, MedUni Wien

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Supplementum ■ April 2013 9Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte

dieser Zeit müssen mehrere ophthalmologische Fundus-kontrollen durchgeführt werden [42].Zur Verwendung von Voriconazol ist zu bemerken, dass Spiegel-bestimmungen empfohlen werden [43], da auf diese Weise die therapeutische Zieldosis besser erreicht wird, etwaige Neben-wirkungen besser zuordenbar sind und unnötige Therapie-abbrüche vermieden werden können. Diese werden derzeit in Salzburg, Graz und demnächst in Wien angeboten. Die erste Messung sollte am Tag 4 erfolgen, dann, abhängig von dieser Messung und einer etwaigen Dosisadaptation, wieder am Tag 4 nach der Adaptation.

5. Therapie bei Intensivpatienten

In der EPIC-II-Studie, der weltweit größten Studie zur Punktprävalenz von Infektionen bei Intensivpatienten, fand sich bei 6,9/1.000 Patienten eine Candidämie, wobei knapp 70% durch C. albicans bedingt waren [44, 45]. Daten aus der Meduni Wien zeigen, dass zwischen 2001 und 2006 42% al-ler Candidämien auf Intensivstationen auftraten, wobei die Häufigkeit von Candida-non-albicans-Spezies in diesem Zeitraum deutlich zunahm [46].Der optimale Zeitpunkt des Beginns einer antimykotischen Therapie beim Intensivpatienten ist nach wie vor ungeklärt. Grundsätzlich lassen sich in der antimykotischen Therapie (abgesehen von der Prophylaxe) drei Ansätze unterscheiden: die empirische Therapie (bei wahrscheinlicher Mykose), die präemptive Therapie (bei möglicher Mykose) und die geziel-te Therapie (bei nachgewiesener Mykose) [47]. Für die empirische und präemptive Therapie ist die Kenntnis der lokalen Candida-Epidemiologie und -Resistenzsituation wichtig. Eine Präexposition gegenüber Fluconazol oder

Caspofungin verändert das zu erwartende Keimspektrum er-heblich (weniger C. albicans, mehr andere Spezies wie C. gla-brata oder parapsilosis) [48]. Eine Studie mit 270 trotz breiter Antibiotikatherapie fiebernden Intensivpatienten mit hohem Risiko für eine Candida-Infektion zeigte, dass eine empirische Therapie mit Fluconazol das Outcome nicht verbessert [49]. Eine inadäquate empirische Therapie bei Candidämie – defi-niert als zu spät begonnene oder nicht ausreichend dosierte antimykotische Behandlung – verlängert den Spitals-aufenthalt und erhöht die Kosten [50].

Zur Verwendung von Candida-Risikoscores [51] ist zu sagen, dass selbst bei Kombinationen mehrerer Scores die daraus resultierende Zahl an präemptiv zu behandelnden Patienten wahrscheinlich viel zu hoch wäre.Candida-Pneumonien kommen laut einer prospektiven au-toptischen Studie bei Intensivpatienten nicht vor [52], wes-halb positive Candida-Befunde im Sputum oder der BAL in der Regel nicht behandlungsbedürftig sind.Bezüglich der Auswahl des Antimykotikums für invasive Candida-Infektionen bei Intensivpatienten sind sich die ver-schiedenen Leitlinien bezüglich des hohen Empfehlungsgrads für Echinocandine relativ einig, während für Fluconazol, aber auch für lipidformuliertes und konventionelles Amphotericin B ganz unterschiedliche Empfehlungsgrade ausgesprochen werden [53-55]. Klar ist, dass Flucytosin nicht als Monotherapie, sondern nur in Kombination verwendet werden sollte.

Eine spezifische Empfehlung für ein bestimmtes Candin wird für Intensivpatienten in aktuellen Leitlinien nicht gegeben [54, 55]. Die Therapiedauer sollte auch hier mindestens 14 Tage nach der ersten negativen Blutkultur betragen. Die Entfernung von zentralvenösen Kathetern wird empfohlen.

Fluconazol Echinocandine

PRO ● gute Verträglichkeit, sicher● preisgünstig● kann p.o. und i.v. verabreicht werden

● immer bei Azol-Vortherapie● fungizid, bessere Biofilmaktivität● geringe Toxizität● keine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz

und für Anidulafungin auch bei schwerer Leberinsuffizienz

● wenig bis keine Arzneimittelinteraktionen

KONTRA ● Schwäche bei C. glabrata, Resistenz von C. krusei

● fungistatisch● Dosisanpassung bei Leber- u. Niereninsuffizienz● Arzneimittelinteraktionen

● Schwäche bei C. parapsilosis und eventuell bei C. guilliermondi

● müssen i.v. verabreicht werden● teuer

Tab. 7: Fluconazol vs. Echinocandine

Quelle: Forstner

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Die Zeitschrift der Ärztinnen und Ärzte10 Supplementum ■ April 2013

Die Entscheidung, ob als antimykotische Primärtherapie beim Intensivpatienten Fluconazol oder ein Echinocandin gewählt wird, muss individuell getroffen werden. Dabei sind Faktoren wie Grundkrankheit, hämodynamische Situation, Leber- und Nierenfunktion, Komorbiditäten, Arzneimittelinter-aktionen, Vortherapien und natürlich die Empfindlichkeiten des Erregers, sofern bekannt, zu berücksichtigen (s. Tab. 7). Wenn mit einem Echinocandin begonnen wurde, kann bei stabilem Patienten und Fluconazol-empfindlichem Isolat auf Fluconazol umgestellt werden.

6. Therapie bei anderen Patientengruppen

Hier sind Patienten gemeint, die nicht immunsupprimiert und nicht intensivpflichtig sind. Dies können i.v. Drogen-abhängige (Candidämien Endophthalmitiden), Trauma-patienten mit oder ohne Fremdkörper (Osteomyelitis, Arthritis, Spondylodiscitis), Patienten mit zentralvenösem Zugang (z.B. Kurzdarmpatienten mit totaler oder partieller parenteraler Ernährung), alte Patienten, Patienten mit Herzklappenprothesen oder Patienten mit intravaskulären Fremdkörpern (ICD, LVAD, Gefäßprothesen) sein. Als Therapie der Candidämie kommen Echinocandine oder Fluconazol infrage – zur Differenzialindikation siehe Tabelle 7 und das Ende des vorigen Abschnitts.Die Therapie der Endophthalmitis sollte primär mit Azolen er-folgen. Voriconazol kann ev. auch intraokulär gegeben werden (off-label). Als Alternative kommt liposomales Amphotericin B infrage. Auch dieses kann intraokulär verabreicht werden.Invasive Candidiasis von Knochen und Gelenken sollte eben-falls primär mit Azolen behandelt werden. Alternativen sind Echinocandine oder liposomales Amphotericin B. Die Ent-fernung von Fremdmaterial ist indiziert.

Candida-Endokarditis mit oder ohne künstliche Klappe, so-wie Candida-Infektionen bei intrakardialen und intravaskulä-ren Fremdkörpern werden primär mit liposomalem Ampho-tericin B und Operation mit Entfernung des Fremdmaterials behandelt. Falls eine operative Sanierung nicht möglich ist, sollten Azole als Suppressionstherapie verabreicht werden [42, 54-56]. Die Therapiedauer beträgt bei Endokarditis acht Wochen, bei der Suppressionstherapie lebenslang.

7. Therapie bei vorangegangener Prophylaxe

Faktoren, die zu Candida-Durchbruchsinfektionen führen, sind einerseits intrinsische Resistenzen verschiedener Candida-

Spezies wie C. glabrata, krusei oder parapsilosis, andererseits insuffiziente Serum- bzw. Gewebespiegel des Antimykotikums. Letztere können durch mangelnde Compliance, ineffektive Resorption, genetische Mechanismen (fast metabolizer) oder Arzneimittelinteraktionen mit konsekutiv zu niedrigem anti-mykotischem Wirkspiegel entstehen.

Die in gültigen Leitlinien enthaltene Empfehlung, Patienten mit vorangegangener Azolprophylaxe nicht primär mit ei-nem Azol zu behandeln, erscheint logisch, ist jedoch nicht durch randomisierte, kontrollierte Studien gestützt. Um-gekehrt existieren Fallberichte über erfolgreiche Therapien mit Azol-Antimykotika nach Azolprophylaxe.

Dennoch ist im Regelfall ein Wechsel der antimykotischen Wirkstoffklasse sinnvoll – je nach spezifischen Kriterien des Patienten – von Azol auf Echinocandin oder (liposomales) Amphotericin B, von Echinocandin auf Azol oder Amphotericin B, von Amphotericin B auf Echinocandin oder Azol [42].

8. Therapie bei Vorliegen von Resistenzen

Die Resistenzlage in Österreich sowie die relevanten Resistenz-mechanismen wurden in den Punkten 1 und 2 bereits be-schrieben.Von praktischer Bedeutung ist das Thema der Kreuzresistenzen. Kreuzresistenzen sind unter Echinocandinen möglich, aber selten, obgleich dann allerdings kein Candin mehr verabreicht werden kann [57-59]. Hingegen treten zwischen Azolen übli-cherweise keine kompletten Kreuzresistenzen auf [17, 60].Einen Überblick über das Resistenzverhalten der häufigsten Candida-Spezies gibt Abbildung 2.

Wie immer ist auch für die empirische bzw. präemptive Thera-pie invasiver Candida-Infektionen die Kenntnis der lokalen Epidemiologie entscheidend. Bei Nachweis von C. glabrata sollte weder Voriconazol noch Fluconazol verwendet wer-den, bei Nachweis von C. krusei kein Fluconazol. Bei Nachweis von C. parapsilosis ist die Indikation für Echinocandine frag-lich; Alternativen (Azole, liposomales Amphotericin B) sollten bevorzugt werden.

9. Empfehlungen

In Anbetracht der derzeit in Österreich herrschenden Resistenz-situation bringt die primäre Anwendung eines Echinocandins gegenüber Fluconazol keinen Vorteil. Vorteile für Echino-candine können sich jedoch hinsichtlich anderer Faktoren wie Nebenwirkungen, Interaktionen und Komorbiditäten ergeben.

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Auch im Hinblick auf die bereits jetzt absehbaren Trends der Resistenzentwicklung sollte im Sinne einer „Antimicrobial Stewardship“ eine gewisse Zurückhaltung im Gebrauch von Echinocandinen geübt werden.

Faktoren, die für eine Primärtherapie mit Echinocandinen sprechen, sind:

● Vortherapie bzw. Prophylaxe mit einem Azol● Hämatologische Patienten● Onkologische Patienten unter gewissen Voraussetzungen

(intensive Chemotherapie, Komorbiditäten)● Kritisch kranke/septische Patienten – abhängig von der

Klinik und Wahrscheinlichkeit einer Candida-Infektion● Candida-Spezies mit bekannter bzw. nachgewiesener

Resistenz gegen Azole● Leberinsuffizienz

An dieser Stelle soll festgehalten werden, dass bisher in keiner Studie überzeugend eine klinisch relevante Überlegenheit ei-nes Antimykotikums gegenüber einem anderen gezeigt wur-de. Die Entscheidung über das primäre Antimykotikum muss daher letztlich individualisiert, unter Berücksichtigung aller Patientenfaktoren, getroffen werden. Wenn primär mit einem

Echinocandin behandelt wird, sollte unter den entsprechen-den Voraussetzungen nach einigen Tagen (Azol-empfindli-cher Stamm, klinisch stabiler Patient) eine Umstellung auf Fluconazol erwogen werden.Der Umstieg von Fluconazol auf ein anderes Azol im Sinne einer Eskalation bringt bei Candidämie keinen erkennbaren Vorteil.Zwischen den einzelnen Echinocandinen bestehen klinisch keine relevanten Unterschiede – sie sind daher als klinisch gleichwertig zu sehen.Zu Dosierungen von Antimykotika siehe Tabelle 5.

Falls in der Schwangerschaft eine invasive Candida-Infektion auftritt, kann bei zwingender Indikation Amphotericin B ver-abreicht werden. Azole sind teratogen.Die standardmäßige Erfassung eines Candida-Scores zur rou-tinemäßigen Initiierung einer Therapie wird nicht empfohlen.Kontrollen des Augenhintergrunds werden für alle Patienten mit invasiver Candidiasis empfohlen. Bei klinischem Verdacht (z.B. persistierende Candidämie, Port-a-cath-Infektion) sollten auch Abdomen-Sonographie und (idealerweise transöso-phageale) Echokardiographie durchgeführt werden.Zur Therapiekontrolle sollten zweimal wöchentlich Blut-kulturen bis zum Negativwerden abgenommen werden. ■

Invasive Candida-Infektionen – Diagnostik und Therapie

Candida spp. Fluconazol Itraconazol Voriconazol Posaconazol Flucytosin Amphotericin B Echinocandine

C. albicans S S S S S S S

C. tropicalis S S S S S S S

C. parapsilosis S S S S S S S-R

C. glabrata S-DA-R S-DA-R S-DA-R S-DA-R S S-I S

C. krusei R S-DA-R S S I-R S-I S

C. lusitaniae S S S S S S-R S

Abb. 2: Resistenzsituation von Candida-Spezies

S=Sensibel I=Intermediär R=Resistent DA-R=Dosisabhängig resistentQuelle: [42]

IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger) und Herausgeber: Verlagshaus der Ärzte GmbH., Nibelungengasse 13, A-1010 Wien, [email protected]; Verlagsleitung ÖÄZ, Anzeigenleitung: Ulrich P. Pachernegg Tel.: 01/5124486-18; In Kooperation mit: Medical Dialogue Kommunikations- und PublikationsgmbH. (redaktionelle Umsetzung), Lederergasse 22/16, A-1080 Wien, Tel.: 01/4021754, Geschäftsführung: Karl Buresch; Redaktion dieser Ausgabe: Dr. Norbert Hasenöhrl. ÖÄZ-Supplementa sind Verlagsbeilagen, die über medizinische Themen, Indikationen und einzelne Substanzen informieren; ÖÄZ-Supplementa werden durch Sponsoring finanziert. Für den Inhalt dieser Ausgabe verantwortlich: C. Lass-Flörl, F. Thalhammer, P. Apfalter, J. Auberger, R. Bellmann, C. Forstner, R. Gattringer, M. Girschikofsky, O. Janata, F. Keil, R. Krause, G. Weiss, C. Wenisch, B. Willinger. Layout & DTP: Konstantin Riemerschmid, Fotos: Archiv, Titelbild: Mauritius Images; Auflage: 11.800 Stück; Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlagshauses der Ärzte GmbH. oder der Medical Dialogue GmbH. Mit finanzieller Unterstützung der Firmen Astellas, Pfizer und Merck Sharp & Dohme.

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