IPPNW forum 141/2015 – Die Zeitschrift der IPPNW

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ippnw forum das magazin der ippnw nr141 märz2015 3,50€ internationale ärzte für die verhütung des atomkrieges – ärzte in sozialer verantwortung Kein sicherer Grenzwert: Die Gefahren ionisierender Strahlung - Ukraine: Kooperation statt Konfrontation - Besessen von Atomwaffen? Konferenz in Wien - Best Practice for Young Refugees Foto: © Timothy Mousseau

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Schwerpunkt: Kein sicherer Grenzwert – Die Gefahren ionisierender Strahlung

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ippnwforumdas magazin der ippnwnr141 märz2015 3,50€ internationale ärzte für die verhütung des atomkrieges – ärzte in sozialer verantwortung

Kein sicherer Grenzwert: Die Gefahren ionisierender Strahlung

- Ukraine: Kooperation statt Konfrontation

- Besessen von Atomwaffen? Konferenz in Wien

- Best Practice for Young Refugees

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EDITORIAL

Ewald Feige arbeitetin der Berliner IPPNW-Geschäftsstelle und ist für Atomausstieg und Bündnisarbeit zuständig.

Seit dem Super-GAU in Fukushima sind inzwischen vier Jahre vergangen. In der

öff entlichen Diskussion spielt das Thema keine Rolle mehr. In vielen Köpfen weltweit ist diese Katastrophe in Vergessenheit geraten – wir habenscheinbar noch einmal Glück gehabt.

Dazu trägt auch die japanische Regierung mit aller Kraft bei, indem sie nun ein umstrit-tenes Gesetz in Kraft gesetzt hat, in dem Verrat von Staatsgeheimnissen hart bestraft wird. So sehen sich jetzt Berichterstatter, die kritisch über den geplanten Neustart von Atomkraftwerken berichten wollen, erheblich unter Druck gesetzt. Mit dem Gesetz wird der Ermessensspielraum der Exekutive, in dem sie defi nieren kann, was ein Staatsge-heimnis ist, erheblich ausgeweitet. Eine Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit, vor der gegen Entscheidungen geklagt werden könnte, gibt es nicht. Die Weitergabe „bestimmter Geheimnisse“ zum Schutz der nationalen Sicherheit durch Beamte, Abge-ordnete oder andere Personen wird künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft. Das ist eine bekannte Strategie: Statt die Probleme lösen zu wollen, sollen die Kritiker mundtot gemacht werden.

Dabei wird aber immer deutlicher: Die Katastrophe und die Folgen sind keineswegs aus-gestanden – ganz im Gegenteil. So bleibt zum Beispiel jegliches Fischen entlang der Küste südlich von Fukushima verboten. Die Fänge kommen nicht auf den Tisch, sondern ins Labor und danach auf den Sondermüll. Die Werte der radioaktiven Verseuchung nehmen nicht mehr ab, auch im offenen Ozean werden zunehmend hohe Werte bei Fischen gemessen. Es kann bis heute nicht verhindert werden, dass aus der Atomruine kontaminiertes Wasser ins Meer sickert...

In diesem Schwerpunkt beschreibt Alex Rosen die gesundheitlichen Folgen der Kata-strophe in Japan und versucht die derzeitige Datenlage zu bewerten. Weiterhin berichtet er über neue Erkenntnisse zu den Gefahren ionisierender Strahlung. Henrik Paulitz gibt in seinem Artikel eine Übersicht über die Auswirkungen Tschernobyls und Fukushimas auf die Tierwelt. Er greift in einem weiteren Beitrag das Thema Freimessung beim AKW-Rückbau auf, ein noch nicht sehr beachtetes Problem, das aber erhebliche Folgen für die Bevölkerung haben kann – und das noch lange nach der Abschaltung des letzten AKW. Angelika Claußen berichtet über aktuelle politische Geschehnisse und medizini-sche Hintergründe zur Uranmunition – diese ist von der chemischen Wirkung her hoch-giftig und verursacht als Alphastrahler radioaktive Schäden.

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15Medical Peace Work:Friedensarbeit per Internet

20Ionisierende Strahlung:Kein sicherer Grenzwert

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Ukraine:Kooperation statt Konfrontation

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Ukraine: Kooperation statt Konfrontation..............................................8

Büchel 65: Siebzig Jahre sind genug ... ................................................9

Kein Frieden mit der NATO! .......................................................................10

Besessen von Atomwaffen? Konferenz in Wien .............................. 12

30 Jahre Friedensfilmpreis ..........................................................................14

Friedensarbeit per Internet: Medical Peace Work ..........................15

Außer Kontrolle: Das AKW Fukushima Dai-ichi ...............................16

Fachkonferenz: Best Practice for Young Refugees ....................... 19

Die Nukleare Kette: Uranmunition in Basra .................................... 18

Mutationen bei Tieren und Pflanzen .................................................... 20

Gefahren ionisierender Strahlung ........................................................... 22

Uranmunition schädigt Umwelt und Gesundheit .......................... 23

Fukushima: Vier Jahre später .....................................................................24

Auswirkungen von Tschernobyl und

Fukushima auf die Tierwelt ........................................................................ 26

„Freimessen“ beim AKW-Rückbau......................................................... 28

Das Treffen der Friedensnobelpreisträger in Rom ........................ 30

Editorial ......................................................................................................................3

Meinung .....................................................................................................................5

Nachrichten .............................................................................................................6

Aktion .......................................................................................................................31

Gelesen, Gesehen ............................................................................................. 32

Gedruckt, Geplant, Termine ....................................................................... 33

Gefragt ....................................................................................................................34

Impressum/Bildnachweis ............................................................................. 33

INHALT

THEMEN

SCHWERPUNKT

SERIE

WELT

RUBRIKEN

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Dr. Sabine Schiffer ist Sprachwissenschaft- lerin und beschäftigt sich mit dem Islambild in deutschen Medien.

MEINUNG

Die Berichterstattung zu den Anschlägen in Paris gerierte sich

als großer Reflex. Noch bevor man einen Personalausweis fand, der sich

den Killern der „Charlie Hebdo“-Redaktion zuordnen ließ, waren

die Schubladen schon geklärt.

Arabische Namen genügen, um die Einordnung voranzu-treiben. Der Moslem wars und er ist gegen Presse- und Meinungsfreiheit! Jeder weitergehende Kontext der ab-scheulichen Morde an Karikaturisten, Journalisten, Poli-

zisten und Juden und einem Muslim bleibt ausgeblendet.

Der schreckliche Jahresauftakt in Paris löste ein überbordendes Politik- und Medienecho aus – im Gegensatz zum Mord an kur-dischen Politikerinnen in einer Redaktion in Paris vor genau zwei Jahren oder zum NATO-Bombardement auf den serbischen Sen-der Radio Televizija Srbije am 23. April 1999. Zugespitzt formu-liert kann man feststellen: Die Vertrauenskrise der Medien wurde mit einem Streich überwunden. Dazu passt die Erklärung des Begriffs „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres, so sehr dies his-torisch auch begründet ist. Die Idealisierung unserer Medien im Umkehrschluss ist reine Selbstbeweihräucherung und überdeckt sowohl interne Kritik an sich verschlechternden Arbeitsbedingun-gen als auch seriöse Medienkritik etwa an der Ukrainebericht-erstattung – wie sie das Gutachten des ARD-Programmbeirats bestätigte.

P lötzlich fühlen sich gar die „Lügenpresse“-Rufer von Pegida & Co. dazu bemüßigt, die Medienfreiheit zu proklamieren –

alles, solange es gegen Muslime und andere Minderheiten gerich-tet ist. Und wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Vertrauens-krise befeuert, lässt sich an der Reaktion von „Tagesschau“-Chef Kai Gniffke auf die Kritik an manipulativer Bildverwendung bei der Solidaritätskundgebung in Paris ablesen. Die Berichterstat-tung suggerierte, dass die Politiker mit dem Volk marschierten. Das taten sie jedoch nur mit einigem Sicherheitsabstand.

Vielleicht ist es an der Zeit, das Wort „Verschwörungstheorie“ zum Unwort des Jahres zu wählen – zumindest dann, wenn es ver-wendet wird, um Recherche zu verhindern und Medienkritik und damit die Glaubwürdigkeitskrise der Medien noch zu verschärfen. Der Artikel erschien im Neuen Deutschland vom 16. Januar 2015. Abdruck mit freundlicher Genehmigung.

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Am 12. Februar 2015 hat der Frank-furter Stadtverordnetenvorsteher Ste-

phan Siegler den Generalsekretär der Organisation „Mayors for Peace“ aus Hi-roshima, Yasuyoshi Komizo, sowie seinen Stellvertreter, Masatoshi Nosaka, im Rö-mer empfangen.

Begleitet wurden sie von Ulrich Gottstein, dem Ehrenvorsitzenden der IPPNW. Die internationale Organisation „Mayors for Peace“ wurde 1982 in Hiroshima gegrün-det. Sie setzt sich für die Abschaffung von Atomwaffen und einen internationa-len Verbotsvertrag ein. Dem Netzwerk gehören derzeit 6.538 Bürgermeister in 160 Ländern an, in Deutschland sind es etwa 430 Städte. Das Netzwerk „Mayors for Peace“ kooperiert mit dem Trägerkreis „Atomwaffen abschaffen“, bei dem auch die IPPNW Mitglied ist.

Die Frankfurter Sektion der IPPNW hatte im Dezember 2013 Oberbürgermeister Peter Feldmann die Flagge überreicht, die am 8. Juli 2014 erstmals an der Pauls-kirche gehisst wurde – zur Erinnerung an das Urteil des Internationalen Ge-richtshofes vom 8. Juli 1996, wonach der Einsatz von Nuklearwaffen sowie die Androhung ihres Einsatzes gegen inter-nationales Recht und gegen Prinzipien des humanitären Völkerrechts verstoßen. Zur Seite der Bürgermeister für Frieden: www.mayorsforpeace.de

NACHRICHTEN

Gute Nachrichten für papierlose Flücht-linge in Düsseldorf: Der Rat der Stadt

hat beschlossen, das von der IPPNW Gruppe 2008 gegründete MediNetz Düs-seldorf mit einem Personal- und Sachko-stenzuschuss in Höhe von 35.000,- Euro zu unterstützen und langfristig an der Ein-führung eines anonymen Krankenscheins zu arbeiten.

Bis zum 31. März 2015 soll die Verwaltung dem Ausschuss für Gesundheit und So-ziales ein Konzept vorlegen. Damit erkennt Düsseldorf nicht nur offiziell die Existenz papierloser Flüchtlinge an, sondern auch ihre eigene Verantwortung für deren Le-ben und Gesundheit.

Dr. med. Alex Rosen, stellvertretender Vor-sitzender der deutschen IPPNW, Grün-dungsmitglied des Düsseldorfer Medi-Netzes und ehemaliges Vorstandsmitglied von STAY e.V., sieht die Ankündigung als wichtiges Signal auch über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus: In vielen deutschen Großstädten leben papierlose MigrantInnen, die oft keine Möglichkeit haben, ärztliche Hilfe aufzusuchen. Sie sind abhängig von ehrenamtlichem En-gagement und Organisationen wie STAY!, medizinischen Flüchtlingshilfen und kirch-lichen Hilfsorganisationen. Dabei haben sie, genau wie alle anderen Menschen, das Recht auf eine reguläre ärztliche Be-treuung.

Informationen zu STAY: www.stay-duesseldorf.de

Anonymer Krankenschein in Düsseldorf eingeführt

Im August findet zum zwölften Mal das Refugee Camp Project (ReCap) zur

Gesundheit von Flüchtlingen in Palästina statt. Interessierte Medizinstudierende rei-sen vom 3.-30. August 2015 nach Beth-lehem und machen sich vor Ort ein Bild vom Leben der palästinensischen Flücht-lingsfamilien. Das Projekt wurde 2003 von der IPPNW Deutschland und der IPPNW Palästina gegründet.

Interessierte zwischen 25 und 70 Jahren können sich außerdem bis zum 30. April 2015 für das ökumenische Begleitpro-gramm EAPPI in Palästina/Israel bewer-ben. EAPPI bringt internationale Begleit-personen nach Palästina und Israel, wo die Freiwilligen für drei Monate in interna-tionalen Teams in der Westbank oder Je-rusalem leben und arbeiten und den Alltag unter Besatzung erleben. Sie gewähren schützende Präsenz in gefährdeten Ge-meinden, auf Schulwegen und an Check-points. Sie beobachten Menschenrechts-verletzungen und reichen ihre Berichte an lokale und internationale Partner weiter. Nach ihrer Rückkehr berichten die Freiwil-ligen von ihren Erlebnissen und beteiligen sich an der Lobby- und Advocacy-Arbeit für einen gerechten Frieden für Palästi-nenser und Israelis. EAPPI wird durch den Weltkirchenrat koordiniert und ist die Ant-wort auf den Aufruf der palästinensischen Christen in Jerusalem, internationale Be-obachter in die Westbank zu bringen.

Informationen zu Recap: www.ippnw.eu/en/preventionof-war/recap Informationen zu EAPPI: http://eappi.org

Projekte in Palästina und Israel Yasuyoshi Komizo zu Besuch in Frankfurt

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NACHRICHTEN

D ie IPPNW sieht in dem Minsker Ab-kommen II eine Chance, einer friedli-

chen Lösung im Ukraine-Konflikt näher zu kommen. Die Vorsitzende Susanne Gra-benhorst warnte, dass Forderungen nach weiteren Sanktionen, Waffenexporten oder sonstiger Militärhilfe den fragilen Weg einer Deeskalation gefährden und das Leid der Menschen in der Ukraine vergrö-ßern würden. Der Umgang mit dem Kon-flikt habe die Beziehungen im eurasischen Raum schon jetzt schwer beschädigt. Die USA und Russland stellen zunehmend be-stehende Rüstungskontrollabkommen in Frage, zuletzt den Vertrag zur Beseitigung von nuklearen Mittelstreckenraketen. Bei-de Atommächte investieren in die Moder-nisierung ihrer nuklearen Arsenale.

Im Februar hat die IPPNW unter dem Mot-to „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ eine Social-Media-Kampagne gestartet. Damit soll der Forderung nach friedlichen Lö-sungen der Ukraine-Krise ein Gesicht ge-geben werden. Auf Facebook und Twitter laden Menschen u.a. Fotos mit dem Schild „We refuse to be enemies“. Allein in der ersten Woche haben mehr als 1.200 Men-schen aus über 30 Ländern mitgemacht und damit Hunderttausende Menschen erreicht – auch in Russland, der Ukraine und den NATO-Staaten. Die Kampagne, die aus Gesprächen mit russischen und ukrainischen IPPNW-KollegInnen hervor-ging, gibt vor allem in diesen Ländern vie-len Menschen die Möglichkeit, mit ihren Bekannten niederschwellig über Friedens-themen zu kommunizieren.

Im Dezember 2014 hat die deutsche IPPNW gemeinsam mit einer Reihe

wichtiger Friedens- und Menschenrechts-organisationen eine Kampagne gestartet, die von der deutschen Bundesregierung den Stopp aller Rüstungslieferungen in die Nahost-Region verlangt.

Die zentrale Forderung an den deutschen Bundestag lautet: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Handel mit Waffen, Rüstungsgütern und „Dual-use“-Produk-ten mit allen Ländern des Nahen Ostens einzustellen, die am israelisch-palästinen-sischen Konflikt direkt beteiligt sind. Dies gilt ebenso für Rüstungslieferungen, die für die Empfänger unentgeltlich sind oder anders kompensiert werden. Ebenso muss die Zusammenarbeit mit den Streitkräften dieser Staaten beendet werden, etwa zum Zweck der Ausbildung. Dies bezieht sich auf die Staaten Israel, Ägypten, Libanon, Syrien, Jordanien sowie auf Palästina.“

Diese Kampagne schließt an die Forderun-gen des „Aufschrei“-Bündnisses an, an dem die IPPNW aktiv beteiligt ist. Wir wol-len zunächst breite öffentliche Unterstüt-zung mobilisieren, und die Petition dann offiziell im Bundestag einbringen.

Die Onlinepetition finden Sie unter: tiny.cc/nahost. Unterschriftenlisten kön-nen Sie auf der Website von pax christi herunterladen: tiny.cc/pax-christi

Presseerklärung zu Gaza vom 22. Januar: tiny.cc/presseerklaerung

Petition „Keine Waffen nach Nahost!“

D ie Ende November 2014 von Anti-Atomkraft-Initiativen, Umweltverbän-

den und der Ärzteorganisation IPPNW auf den Weg gebrachte Resolution zur sofortigen Stilllegung des Atomkraftwerks Lingen II sowie der benachbarten Brenn-elementefabrik wird inzwischen von 120 Organisationen und Verbänden unter-stützt. In der Resolution beklagen die UnterzeichnerInnen, dass das von RWE betriebene Atomkraftwerk noch bis 2022 weiterlaufen darf, die benachbarte Brenn-elementefabrik sogar zeitlich unbefristet.

Anfang des Jahres war es in der Brennele-mentefabrik der Areva-Tochter ANF erneut zu einem meldepflichtigen Zwischenfall gekommen. Bereits im November 2014 musste die Brennelementefabrik wegen Materialermüdung teilweise stillgelegt wer-den. Bereits damals hatten Atomkraftgeg-nerInnen vor weiteren Pannen gewarnt, doch offensichtlich wurden die Befürch-tungen seitens der Atomaufsicht nicht ernst genommen.

Dr. Angelika Claußen (IPPNW) weist auf die Konsequenzen hin, die sich aus dem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungs-gerichts zum Atommüll-Zwischenlager in Brunsbüttel ergeben: „Nach dem Urteil ist klar, dass es keine sichere Entsorgung des produzierten Atommülls gibt, weder in Brunsbüttel noch in Lingen. Ohne den Entsorgungsnachweis ist jedoch auch die Betriebsgenehmigung für das AKW Lingen hinfällig.“

Social-Media-Kampagne zur Ukraine-Krise

AKW und Brennelementefabrik Lingen stilllegen

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Kooperation statt Konfrontation

Ukraine – Brücke zwischen West und Ost

Das Minsker Ab-kommen bietet die

Hoffnung auf ein Ende des Blutvergießens und auf Friedensverhandlun-gen. Ob die Beschlüsse allerdings zum dauer-haften Schweigen der Waffen führen werden, ist unsicher.

Die gegenseitigen Sanktionen haben die Beziehungen im eurasischen Raum schon jetzt schwer beschädigt. Ebenso können wechselseitige Beschuldigungen Anlass zu unfriedlichen Eskalationen geben. Deshalb bedarf es einer beständigen gesellschaft-lichen Unterstützung, um Konfrontation in Kooperation zu wandeln. Die Ukraine darf nicht länger Zankapfel bleiben, sondern muss zur Brücke zwischen West und Ost werden.

Für den Ukraine-Konflikt boten die He-terogenität der Bevölkerung, die große

Macht der reichen Oligarchen, die unter-schiedlichen historischen, religiösen, kul-turellen und ethnischen Bindungen einen hervorragenden Nährboden. Doch sie waren nicht die Ursache für die blutigen

Kämpfe in der Gegenwart. Wer glaubte, der West-Ost-Konflikt sei mit dem Zerfall der UdSSR beendet, der irrte. Nach wie vor stehen sich zwei atomare Großmäch-te mit Overkill-Potentialen gegenüber. Der Westen, angeführt von den USA, hatte bislang in jeder Hinsicht eine unipolare Machtstellung, die er in Kriegen in Afgha-nistan und im Irak und in Bemühungen um einen Regime-Wechsel im Iran aus-zunutzen versuchte. Was den Kontrahen-ten Russland betraf, kündigten die USA Verträge der Stabilisierung auf, nahmen ehemalige Ostblockstaaten in die NATO auf und erweiterten ihre Fähigkeiten zur Raketenabwehr. Russland empfand dies sicher als bedrohlich und suchte Rückhalt in Kooperationen mit den aufsteigenden Staaten, die dabei sind, aus der unipolaren eine multipolare Welt zu machen.

W ladimir Putin wollte die Expansion der NATO stoppen. Eine erste Lek-

tion in dieser Hinsicht war der Konflikt zwi-schen Georgien und Russland um Abcha-sien und Süd-Ossetien im Jahr 2008. Ein Warnsignal, das im Westen anscheinend nicht genügend ernst genommen wurde. Als nun die westliche Staatengemeinschaft versuchte, die Ukraine zu einer wirtschaft-lichen Kooperation zu bewegen, dem höchstwahrscheinlich ein NATO-Beitritt folgen sollte, ging es Russland ans Einge-machte. Sewastopol auf der Krim ist der zentrale Stützpunkt der russischen Flotte. Würde er militärisch umzingelt, würde aus russischer Sicht auch der Mittelmeerstütz-punkt Tartus an der syrischen Küste wert-los werden. Daraufhin übernahm Russland völkerrechtswidrig mit Soldaten ohne Ab-zeichen die Macht – fast ohne Blutvergie-ßen. Mit der Übernahme der Krim war für Russland das Vordringen der NATO jedoch noch nicht gestoppt. Mit wohl massiver russischer Hilfe übernahmen in der Ost-ukraine separatistische Rebellen in den Gebieten um Donezk und Luhansk im Do-nezbecken die militärische und politische Herrschaft. Sie lieferten der ukrainischen Armee heftige Gefechte ohne Rücksicht auf die zivile Gesellschaft.

In der Friedensbewegung geht die Formel um: Ukraine – Brücke zwischen West und Ost.

Diese Brücke muss auf zwei Pfeilern auf-liegen: Auf gleichberechtigten wirtschaft-lichen Beziehungen der Ukraine nach Ost und West und auf dem zweiten Pfeiler der Neutralität der Ukraine. Diese soll keinem Militärpakt angehören dürfen. Die USA sind an keinem der Brückenpfeiler sonder-lich interessiert. Sie sind wirtschaftlich mit Russland wenig verbunden und möchten den Handel mit der EU auf Dollarbasis ver-stärken.

N ach der zweiten Minsker Konferenz ist jedoch deutlich geworden: Die EU

und Deutschland haben kein Interesse an der Eskalation des Konflikts. Die Auf-gabe der deutschen Friedensbewegung ist es, diejenigen Kräfte anzusprechen und zu mobilisieren, die sich für eine ko-operative Lösung mit zwei Brückenpfeilern einsetzen. Als eine Leitlinie könnte die Roadmap für den Frieden dienen, die ich gemeinsam mit Karl Grobe-Hagel in dem Dossier „Der Ukraine-Konflikt – Koope-ration statt Konfrontation“ vorgeschlagen habe. Wichtige Punkte sind die Ausarbei-tung einer föderativen Verfassung, die der Heterogenität der Ukraine gerecht wird, die Anerkennung und Respektierung der ukrainischen Neutralität und die tatsächli-che Implementierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Prof. Dr. Andreas Buro ist emeritierter

Professor für Politikwissen-

schaft und Mitglied des

IPPNW-Beirates.

FRIEDEN

FRIEDENSDEMONSTRANTEN IN MOSKAU, MÄRZ 2015Fo

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Büchel 65 Gewaltfreie Blockaden70 Jahre atomare Bedrohung der Menschheit sind genug!

70 Jahre seit dem atomaren Inferno von Hiroshima und Nagasaki. 45 Jahre seit der Verabschiedung

des Atomwaffensperrvertrags. Darin ver-pflichteten sich die fünf größten atomaren Mächte, „redliche Verhandlungen“ zur Abschaffung aller Atomwaffen zu führen. Diese sind allerdings bisher nicht zustan-de gekommen. Es existieren immer noch über 16.000 Atomwaffen.

Millionen Menschen sind durch die Atom(waffen)industrie weltweit verstrahlt worden, erkrankt, gestorben, nicht nur durch Unfälle und Katastrophen, sondern auch durch den tagtäglichen Normalbe-trieb. Viele wurden zu Flüchtlingen, weil ihre Heimat unbewohnbar geworden ist. 1996 erklärte der Internationale Gerichts-hof in Den Haag die Androhung, Atomwaf-fen einzusetzen und ihren Einsatz für völ-kerrechtswidrig. Trotzdem ist die atomare Erstschlagsoption durch die NATO bisher nicht aufgehoben.

V or fünf Jahren forderte eine große Mehrheit im deutschen Bundestag mit

Stimmen aus allen Fraktionen den Abzug aller Atomwaffen von deutschem Boden. Bis heute bedrohen sie mit einem Viel-fachen der Zerstörungskraft von Hiroshi-ma und Nagasaki einen nicht genannten Gegner. Im Augenblick könnte es wieder Russland sein. Die Atomwaffen sollen mit Milliardenaufwand durch neue flexiblere, zielgenauere und damit einfacher einsetz-bare Nuklearwaffen ersetzt werden. Damit droht eine neue atomare Aufrüstungsspira-le. Was nur wenige wissen: Deutsche Sol-daten üben mit deutschen Tornados täglich den Abwurf und Einsatz dieser völkerrechts-widrigen Massenvernichtungswaffen.

M it der Ukraine-Krise machen wir er-neut die Erfahrung, wie leicht und

wie schnell es selbst in Europa zu einer erneuten atomaren Konfrontation kommen kann. Proteste, Eingaben, Lobbygesprä-che, Aufklärungsaktionen und Demon-strationen sind wichtig, aber offensichtlich nicht ausreichend, um den notwendigen Druck auf die Bundesregierung zur Kehrt-wende in ihrer militärischen atomaren Großmachtpolitik zu erzeugen.

Mit Büchel 65 soll zwischen dem 26. März (dem fünften Jahrestag des Bundestags-beschlusses) und dem 29. Mai 2015 (dem Ende der NPT-Konferenz in New York) der Normalbetrieb auf dem Fliegerhort Bü-chel in der Eifel an möglichst vielen Tagen durch gewaltfreie Blockaden empfindlich gestört werden. Eingeladen sind Freun-deskreise, politische Nachbarschafts- und Basisgruppen, Regionalgruppen, eine sol-che Blockade jeweils für mindestens einen Tag zu übernehmen.

E s gibt eine Begleitung durch Perso-nen vor Ort, die dort in dieser Zeit in

einer Dauerpräsenz leben. Gruppen, die teilnehmen möchten, sollten sich min-destens zwei Tage frei nehmen, bis zum Nachmittag vor der Aktion anreisen, ihre Aktion selbstständig vorbereiten und am

nächsten Morgen die Blockade durchfüh-ren. Vorbild dieses Konzeptes sind Faslane 365 in Schottland und Gorleben 365 in Deutschland, wo die atomaren Standorte durch gewaltfreie Blockaden jeweils ein Jahr lang empfindlich gestört wurden.

Kurzfristiges Ziel ist, Druck auf die Bun-desregierung aufzubauen. Indem wir

zivilen Ungehorsam leisten, sollen neue Lern- und Erfahrungsprozesse angestoßen werden. Wir hoffen, dass Büchel zu einem Lernort für den gewaltfreien Widerstand wird, der die Antiatomwaffenbewegung in Deutschland langfristig festigt.

Mehr Informationen finden Sie unter: buechel-atomwaffenfrei.de/buechel65 Ansprechpartner für IPPNW-Mitglieder ist Ernst-Ludwig Iskenius. Er arbeitet in der Organisationsgruppe mit und wird zeitweilig vor Ort leben.Kontakt: [email protected]

Ernst-Ludwig Iskenius ist

Arzt und IPPNW-Mitglied.

Mit Büchel 65 soll der Normalbetrieb auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel 65 Tage lang durch gewaltfreie Blockaden gestört werden. Gruppen aus der Friedens-, Antiatom- und Umweltbewegung sind eingeladen, sich am Widerstand zu beteiligen.

Foto: Samantha Staudte / atomwaffenfrei.jetzt

„Unser Eid auf das Leben verpf lichtet uns zum Widerstand“:Dieser ärztliche Aufruf aus den 80er Jahren ist heute aktueller denn je.

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Parallel zur jährlichen sogennannten „Sicherheitskonfe-renz“ in München veranstaltete ein breites Bündnis von Gruppen aus der Friedensbewegung eine Friedenskon-ferenz, die nach alternativen Konfliktlösungsmöglichkei-

ten suchte und mit 300 TeilnehmerInnen recht gut besucht war. Der IPPNW-Arbeitskreis Süd-Nord hatte sein Arbeitstreffen aus diesem Grund von Kassel nach München verlegt, um an der 13. Internationalen Friedenskonferenz und der Demonstration gegen die Siko teilzunehmen. Die Aufrufe lauteten „Kein Frieden mit der NATO“; „Stoppt den Konfrontationskurs und die neue NATO-Auf-rüstung“. Eingeleitet wurde das Konferenzprogramm durch eine Diskussionsveranstaltung mit Dr. Uwe Krüger zum Thema „War-um spielt die Friedensbewegung keine Rolle in den Leitmedien?“. Der Autor des Buches „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten“ stellte die Verquickung der Leitmedien untereinander und mit der herrschenden Politik dar. Das internationale Forum im Alten Rathaus am nächsten Tag begann mit einem Vortrag von Dr. Susanne Luithlen vom Forum Ziviler Friedensdienst. Sie stellte die Studie „Gewaltfreier Wider-stand ist erfolgreich“ von Erica Chenoweth, USA vor. Die Studie belegt, dass gewaltfreie Konfliktlösungen doppelt so erfolgreich sind wie mit Gewalt durchgeführte. Untersucht wurden alle Auf-stände zwischen 1900 und 2006, an denen sich mindestens 1.000 Menschen beteiligt haben, insgesamt mehrere hundert Fälle. Es ging nicht um normative Fragen von Gewaltfreiheit, son-dern ausschließlich um die Erfolgsaussichten.

D er nächste Referent beeindruckte mit Humor und Klarheit. Prof. Dr. Joachim Bauer sprach über „Gewalt ist kein Na-

turgesetz – menschliche Aggression und Friedenskompetenz aus der Sicht der Hirnforschung“. Gibt es den Aggressionstrieb, den

Sigmund Freud postuliert? Freud hatte Albert Einstein in einem Brief mitgeteilt: „Wir glauben an die Existenz eines Triebes zum Hassen und Vernichten“. Krieg erscheint hier also als eine bio-logische Bedingung. „Der Krieg ist nicht wider die menschliche Natur, sondern er entspringt ihr,“ schrieb Eckhard Fuhr in „Die Welt“ am 7. Juni 2014. Das hatten schon Konrad Lorenz und so-gar Erich Fromm gelehrt. Neurobiologische Forschungen dagegen kommen zu anderen Ergebnissen. Dr. Bauer klärte darüber auf, dass unsere Handlungen und Motive durch ein neuronales Beloh-nungssystem gesteuert werden, das zu guten Gefühlen führt. Ak-tiviert werde dieses Motivationssystem durch soziale Erfahrungen mit Akzeptanz durch Zuwendungen. Nur das erzeuge gute Gefüh-le. Wir seien süchtig nach Zuwendung, nach sozialer Verbunden-heit und gegenseitiger Hilfe. Weitere Systemaktivierungen gebe es durch Bewegung (man beobachte nur die Bewegungsfreude der Kinder!) und durch Musik, hier besonders durch Singen. Für 95- 97 Prozent der Menschen sei Aggressivität nicht lohnend. Männliche Gewalttätigkeit sei eine psychische Krankheit.

Übrigens sei auch für Charles Darwin Aggression kein Trieb. Doch es gebe eine Kehrseite dieser positiven Hirnfunktion:

Böses zu tun, um zugehörig zu sein. Die suchtartige Abhängig-keit von oberflächlicher Anerkennung im Internet sei noch ein relativ harmloses, so gesteuertes Verhalten. Outgroups contra In-groups-Erlebnisse erzeugten ein Gemeinschaftsgefühl zum Bei-spiel durch Hass auf Juden, Linke oder Schwule. So bestätige auch die Hirnforschung, wie wichtig gerade für Jugendliche die Erfahrungen von Zugehörigkeit seien. Ein zuverlässiger Stimulus für Aggression sei Schmerz. Seine Zufügung mache wütend. Bei Demütigung und sozialer Ausgrenzung reagiere im Gehirn die identische Schmerzmatrix. Das erkläre sich aus unserer Stam-

FRIEDEN

Kein Frieden mit der NATOFriedenskonferenz und Demonstration gegen Münchner Sicherheitskonferenz in München

DEMONSTRATION GEGEN DIE MÜNCHNER SICHERHEITSKONFERENZ AM 7. FEBRUAR 2015

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mesgeschichte, da einst soziale Ausgrenzung zum Tod führte. Empathiesysteme reagierten auch beim Zusehen, wenn anderen Schmerzen zugefügt werden. Auf weltweit verbreitete Folterungen wie in Abu Graib oder in Guantanamo ging Bauer nur kurz ein. Verwiesen sei auf seine Bücher „Schmerzgrenze“ und „Prinzip Menschlichkeit“. Auch wer in Armut unter Reichen lebe, sei aus-gegrenzt. Angesichts der globalen Ungerechtigkeit zeige sich eine gewisse Toleranz. Doch wenn eine Grenze überschritten werde, wachse auch gesellschaftliche Gewalt. Mit dem Gini-Index der Ungleichverteilungen würden sich diese Zusammenhänge dar-stellen lassen. Wie erzeugt man also Kriegsbereitschaft? Durch Dehumanisierung des Widersachers.

W eitere Gewaltquellen seien soziale Polarisierungen durch Moral und durch Patriarchat. Den Religionen, die Anders-

gläubige unmoralisch aussehen lassen, stünden allgemein an-erkannte ethische Normen entgegen. Gegenpole bilden laut Bauer Bindung und Bildung, eine Erziehung zur Einhaltung sozia-ler Regeln sowie Gerechtigkeit.

Über „Zivile Alternativen im Ukraine-Konflikt“ sprach Dr. Karl Gro-be-Hagel, viele Jahre Redakteur bei der Frankfurter Rundschau. Seine Ausführungen sind in der Broschüre des Monitoring-Pro-jekts VII „Der Ukraine-Konflikt“, verfasst von ihm und Andreas Buro, nachzulesen. Bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen habe der US-Außenminister James Baker der damaligen UdSSR zu-gesichert, die „NATO keinen Zoll nach Osten“ zu erweitern. 2004 sei die „orangene Revolution“ gescheitert, weil eine Gruppe von Oligarchen durch andere Oligarchen ersetzt worden sei. 2014 „zwang das Volk Janukowytsch zur Flucht“. Die NATO-Basen in den Baltischen Staaten seien eine Bedrohung Russlands ver-gleichbar mit der Kuba-Krise 1962. Die Ukraine ist erst seit 1991 ein unabhängiger Staat. Lemberg, heute Lwiw, war die viertgrößte Stadt Österreichs. Klar getrennt sei die Ukraine durch Sprachen: im Westen ukrainisch und im Osten und Süden russisch. Vier orthodoxe Kirchen, darunter die beiden größten unter Moskauer und Kiewer Patriarchat, seien zerstritten und forderten ihren Be-

sitz an Immobilien vor 1917 zurück. Unbedingt nachlesenswert in der Broschüre (zu bestellen bei [email protected]) sind die Vorschläge für eine zivile Lösung des Konflikts mit weitreichender Perspektive für Vertrauensbildung und Kooperation.

An der Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonfe-renz vom Marienplatz durch die Innenstadt am folgenden Tag

beteiligten sich etwa 4.000-5.000 Menschen. Mit dabei waren nicht nur die Mitglieder des Arbeitskreises Süd-Nord. Insgesamt beteiligten sich etwa 20 IPPNW-Ärztinnen und -Ärzte und Me-dizinstudierende. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger hatte sich im Vorfeld der Konferenz für mög-liche Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen, um Russ-land zu mehr Einflussnahme auf die Separatisten zu drängen. „Mit Waffen kann man keinen Frieden erzwingen“, kritisierte dar-aufhin die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst. Stattdessen seien friedenspolitische Antworten, wie sie zum Beispiel bei der alternativen „Friedenskonferenz“ in München diskutiert würden, dringend notwendig. Wie zu erwarten dominierten die Auseinan-dersetzungen in der Ukraine dann auch die Konferenz. Der For-derung der US-Falken nach Waffenlieferungen für die Ukraine erteilten sowohl Angela Merkel als auch Frank-Walter Steinmeier eine klare Absage. Leisten wir weiterhin unseren Beitrag dafür, dass das so bleibt.

FRIEDEN

Manfred Lotze ist Mitglied im

IPPNW-Arbeitskreis Süd-Nord.

13. INTERNATIONALE FRIEDENSKONFERENZ IN MÜNCHEN

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FRIEDEN

Der Besitz von Atomwaffen ver-hindert keine internationalen Konflikte, sondern macht sie gefährlicher. Atom-Streitkräfte

in Alarmbereitschaft zu halten, bietet keine Sicherheit, sondern erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation. Das Aufrechterhalten von Doktrinen zur nuk-learen Abschreckung verhindert nicht die Verbreitung der Atomwaffen, sondern es macht sie im Gegenteil noch begehrens-werter, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon.

F ast tausend Personen drängten sich in die Konferenzhalle der majestäti-

schen Hofburg in Wien. Zwei volle Tage lang sollte das Unaussprechliche, Unvor-stellbare debattiert werden: die humani-tären Folgen eines Atomwaffeneinsatzes. Es war nach Norwegen und Mexiko die dritte Konferenz, zu der außerhalb der UN von einer Regierung eingeladen wurde. Die zunehmende Zahl der Teilnehmerstaa-ten zeigt, dass es den Konferenzen gelingt, einerseits für das Thema Atomwaffen zu sensibilisieren und andererseits Druck

in Richtung nukleare Abrüstung auszu-üben. Repräsentanten aus fast 160 Staa-ten waren vor Ort, darunter diesmal auch die USA und das Vereinigte Königreich. Sie nahmen erstmalig teil, zum Ärger von Russland und Frankreich, die der Konfe-renz standhaft fernblieben.

Am Ende der Konferenz erklärte Öster-reich seine Selbstverpflichtung, an

der Schließung der Rechtslücke zu arbei-ten, die momentan das Verbot und die Abschaffung von Atomwaffen behindert. Österreich lud andere ein, sich dieser Selbstverpflichtung anzuschließen. Das österreichische Außenministerium hatte für die Konferenz alle Hebel in Bewegung gesetzt und bei der Eröffnungszeremonie forderte der junge Außenminister Sebas-tian Kurz neue Impulse für konkrete Fort-schritte bei der nuklearen Abrüstung.

Hochrangige Botschaften des UN-Gene-ralsekretärs und des Papstes bestimmten den Ton der Konferenz. Papst Franziskus ermutigte die Opfer nuklearer Waffen, ihre Stimmen mahnend zu erheben.

E ine lange Liste prominenter Personen hatte dem österreichischen Außenmi-

nisterium per Grußbotschaft ihre Überzeu-gung mitgeteilt, dass die Risiken nuklearer Waffen unterschätzt werden und dringend reduziert werden müssen. Peter Maurer, der Präsident des Internationalen Komi-tees des Roten Kreuzes, wies darauf hin, dass neue Studien die bereits zuvor ver-tretene Position bekräftigen, dass im Falle einer Atomexplosion die Mittel zur Hilfe und Unterstützung keineswegs ausreichen würden.

Als die Hibakusha Setsuko Thurlow aus Hiroshima ihre persönliche Geschichte er-zählte, litt der ganze Saal mit ihr.

A is for atom, B is for bomb. C is for cancer, D is for death.

So leitete die Eröffnungszeremonie in die Hauptthemen der Konferenz ein, die im weiteren Verlauf durch die Besprechung der Folgen von Atomexplosionen, Atomver-suchen sowie der Risiken und Szenarien des Einsatzes intensiv behandelt wurden.

Besessen von Atomwaffen?Die Wiener Konferenz zu den Folgen von Atomwaffen am 8. und 9. Dezember 2014

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Xanthe Hall ist Abrüstungs- expertin der

IPPNW.

W issenschaftliche Präsentationen wechselten sich mit Berichten von

„Downwinders“ ab, den Opfern des nuk-learen Fallouts. Die an den Rollstuhl gefes-selte Michelle Thomas von HEAL in Utah berichtete auf beeindruckende Weise über das Aufwachsen in einem Gebiet, das durch über 100 oberirdische Atomtests verstrahlt ist und über die Bewohner, die in Folge der Tests von Krebs und ande-ren Krankheiten heimgesucht wurden. Sie habe sich immer für den Aktivismus ihrer Mutter geschämt, bis sie verstanden hätte, dass nicht der Feind, sondern ihr eigenes Land sie „zu Tode bombte“.

Während der Fragephase, nach drei Be-richten von Frauen über die Zerstörung ihres Landes, ihrer Existenz und Gesund-heit, beging der Regierungsvertreter der USA einen schweren Fehler. Statt eine Frage zu stellen, hielt er eine Rede, ob-wohl der Vorsitzende den Ländern dies am Vortag eindeutig untersagt hatte. Der US-Repräsentant versäumte es, sich bei den „Downwinders“ für ihr schweres Leid zu entschuldigen. Er beharrte darauf, dass

die USA nicht von ihrer geplanten „Schritt-für-Schritt“-Strategie bezüglich der atoma-ren Abrüstung abrücken würden.

Atomwaffen sind zu grausam, um toleriert werden zu können.

Am zweiten Tag der Konferenz kam ein Podium für Internationales Humanitäres Völkerrecht zum Ergebnis, dass die Ver-wendung von Atomwaffen das geltende Humanitäre Völker- und Umweltrecht ver-letzt, auch wenn noch kein offizielles Ver-bot existiert. Eine beeindruckende Rede von Nobuo Hayashi (Universität Oslo) be-tonte die ethischen und moralischen Di-mensionen und folgerte, dass Atomwaffen genau wie Folter – der US-Senatsbericht dazu war gerade veröffentlicht worden – zu grausam sind, um sie tolerieren zu können. Nun, „da wir nicht länger in einer Zeit leben, in der die Menschheit sich ge-zwungen fühlt, sich selbst als Geisel für das eigene Überleben zu nehmen“, sei ein günstiger Moment, sich von diesem Lei-den zu befreien.

D ie Phase der politischen Erklärungen dauerte fünf Stunden – ohne Mittags-

pause und zeitweise ohne Übersetzung. Vertreter/innen von 100 Staten ergriffen das Wort, um ihre Gedanken und Ergeb-nisse miteinander zu teilen. Hin und wie-der wurde die Langeweile durch zivilgesell-schaftliche Stellungnahmen unterbrochen, besonders hervorzuheben die von Richard Lelanne (Wildfire), der an die atomwaffen-freien Staten plädierte, mit dem Jammern aufzuhören und umgehend anzufangen, Atomwaffen unter Strafe zu stellen.

Die von Wildfire benannten Wieselstaa-ten, also die Staten unter dem „nuklea-ren Schirm“ der USA wurden von einem riesigen Wiesel begrüßt, das im Foyer auftauchte. Lelanne verglich die Atomwaf-fenstaten mit Alkoholikern, besessen von ihren Waffen, und drängte die atomwaf-fenfreien Staaten, dieses Verhalten nicht zu unterstützen. Die ICAN-Stellungnahme wurde von der jungen Direktorin von ICAN Österreich, Nadja Schmidt präsentiert, die einen Prozess „offen für alle und blockier-bar von niemandem“ forderte, der zum Verbot von Atomwaffen führen müsse.

Die Ukraine war jedoch so gefangen in ihrem aktuellen Konflikt mit Russland, dass sie nicht fähig war, über den Teller-

rand zu schauen und sich stattdessen einer verbalen Attacke gegen Russland hingab.

D as Vereingte Königreich behauptete, die humanitären Folgen seien bereits

1968 offensichtlich gewesen und ein Ver-bot oder ein Zeitplan zur Abschaffung wür-de die strategische Sicherheit gefährden. Dementsprechend würde Großbritannien seine Sprengkörper „so lange wie notwen-dig“ behalten.

Haupterfolg der Konferenz war die öster-reichische Selbstverpflichtung. Damit ist der Weg für andere Staaten offen, die ihre Bereitschaft zum Einstieg in den Verbots- und Abschaffungsprozess signalisieren.

E s ist unwahrscheinlich, dass vor der Überprüfungskonferenz des Nicht-

Verbreitungs-Vertrages im Frühjahr 2015 mehr erreicht werden kann. Viele halten es für unwahrscheinlich, dass auf der Atom-waffensperrvertrags-Konferenz in New York eine Einigung erzielt wird. Trotzdem könnte Österreich die Unterstützung für die Selbstverpflichtung nutzen, um Ver-handlungen über einen neuen Vertrag an-zukurbeln – mit oder ohne die Atomwaf-fenstaaten. Angesichts der Tatsache, dass 2015 der 70. Jahrestag der Atombomben-abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki be-gangen wird, könnte dies ein geeigneter Zeitpunkt sein, Gespräche über ein Verbot zu beginnen.

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Anfang Februar wurde der Frie-densfilmpreis 2015 auf der IPPNW-Homepage angekündigt – mit den strahlend-bunten Au-

gen seines Logos und mit einer fröhlichen Grafik aus der Werkstatt von Otmar Alt. Eine kleine, optimistische und hoffnungs-volle Botschaft von einer Kultur des Frie-dens – in auffälligem Kontrast zur Nach-barmeldung „Weltuntergangsuhr: Es ist drei Minuten vor Zwölf“.

Wer jetzt glaubt, der „Friedensfilmpreis“ sei ein entspanntes Wohlfühl-Projekt,

der irrt. Unzählige Konflikte und Kriege, so-ziale Kämpfe und Umweltprobleme waren Thema in den bislang 30 ausgezeichneten Filmen. Es wurden Geschichten erzählt und Bilder gezeigt, die beunruhigen, verstören, berühren. „Durch Herzensbildung“ so der Regisseur Andreas Dresen, „realisiert der Friedensfilm seinen friedlichen Anspruch, er beschreibt den Zustand dieser Welt mit künstlerischen Mitteln, ohne falsches Pa-thos oder Didaktik.“

F riedensfilme leiten von einer Anti-kriegsarbeit zur Friedensarbeit. Sie

wirken mit an einer Kultur des Friedens. Sie bieten selten Lösungen an, zumindest nicht die einfachen. Aber sie lehren uns Neues über den Zustand unserer Welt, sie lehren uns genau hinzusehen. Sie ermög-lichen uns Begegnung mit Leben, welches anders ist und zugleich ähnlich und eben-bürtig. Die Kernbotschaft von Friedensfil-men ist: Es ist an mir und dir diese Welt zu ändern. Und: Eine andere Welt ist möglich.

Die Mitglieder der Initiative Friedensfilm-preis bewiesen von Anfang an Zähigkeit

und langen Atem. Wie der lachende Estragon in „Warten auf Godot“ hat-ten sie verstanden: Politik ist das langsame Bohren harter Bretter“. Marianne Wün-drich-Brosien erinnert sich: „Es war nicht einfach, diesen Preis zu gründen, damals 1986. Es war das UNO-Jahr des Friedens, und die bezirklichen Friedensgruppen in West-Berlin wollten etwas machen, was über die üblichen Friedensaktivitäten hi-naus ging. West-Berlin war ja eine Insel, Frontstadt. Wir wollten zeigen, dass es auch in West-Berlin friedensbewegte Leu-te gibt, die gegen Atomwaffen sind, gegen die „Nachrüstung“ und gegen Atomener-gie. Von der damaligen Berlinale-Leitung als unabhängige Jury akzeptiert zu wer-den, war sehr schwierig.“

E s ist ein kleines, großes Wunder, dass es den Friedensfilmpreis seit nunmehr

30 Jahren gibt. Es gab Finanzsorgen, Kon-troversen und auch Streit. Aber niemals Mutlosigkeit. Dass die Idee Friedensfilm-preis im Kern richtig war, beflügelte das Engagement der Gruppe in den wech-selnden Zusammensetzungen. Die unter-schiedlichen Aktiven in Trägerkreis und Jury einte das Unbehagen am Zustand der Welt und der Glaube an die Wirkungs-macht von Filmen. „Ich glaube nicht, dass Filme Kriege verhindern können. Aber ich glaube, dass sie als Seismographen für gesellschaftliche Zustände fungieren kön-nen. Dafür braucht man Leute, die solche Filme stark machen und genau hinschau-en. Und solche Filme auch erklären, sie anderen Leuten zugänglich machen. Da-für steht für mich der Friedensfilmpreis“. (Robert Thalheim, Regisseur)

Die IPPNW wünscht dem Projekt viele – mindestens 30 – weitere

erfolgreiche Jahre. Mit konstruktiver und kreativer Zusammenarbeit der Träger und mit lebhaften, debattierfreudigen Jurys.

Das Urteil der Jury:„Mehr als eine Million Menschen wurden in Indonesien nach dem Militärputsch von 1965 grausam und willkürlich umgebracht. Verbrechen die nie aufgearbeitet noch ge-ahndet wurden. Über die Täter drehte Jos-hua Oppenheimer bereits den preisgekrön-ten Dokumentarfilm „The Act of Killing“. In seinem neuen Film „The Look of Silence“ wechselt er die Perspektive. Adi, der Bru-der eines der Ermordeten, sucht den Kon-takt mit den Tätern und befragt sie zu ihren Taten. Oppenheimer gelingt es auf ergrei-fende Weise ein gesellschaftliches Tabu aufzubrechen. Daraus entstand ein Film über die Abgründe menschlicher Grau-samkeit und über die hoffentlich ebenso große Fähigkeit zur Versöhnung. Die töd-liche Stille lässt sich durch Nachfragen überwinden. Das öffnet Opfern und Tätern die Chance zum Weiterleben in einer ver-söhnten Welt. Das ist eine einfache, aber so sehr wichtige Botschaft des Films.“ Weitere Infos: www.friedensfilm.de

Ulla Gorges vertritt die IPPNW im

Trägerkreis des Friedensfilm- preises und

managte die Jury.

FRIEDEN

30 Jahre FriedensfilmpreisJoshua Oppenheimer ist frischgebackener Preisträger

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Angelika Wilmen ist

Presse-sprecherin

der deutschen IPPNW.

INTERNATIONALES

Friedensarbeit via InternetDas Projekt „Medical Peace Work“

Das Projekt „Medical Peace Work “ startet in die dritte Runde. Die sieben Internetkurse für me-dizinische Friedensarbeit sind

ein kostenloses Qualifizierungsangebot für Ärztinnen und Ärzte, MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen und Medizinstudieren-de und seit 2011 online. Die Kurse, be-stehend aus E-Book, E-Case und dazuge-hörigen Testfragen vermitteln Wissen über die Rolle von GesundheitsarbeiterInnen in Friedensarbeit. Sie decken nicht nur klas-sische IPPNW-Themen wie Abrüstungs-arbeit und (Atom-) Kriegsverhütung ab, sondern auch Menschenrechte, struktu-relle Gewalt, friedensfördernde Arbeit wäh-rend und nach Kriegssituationen, sowie Gewaltvorbeugung auf zwischenmensch-lichem und persönlichem Niveau. Die Teil-nehmerInnen sollen in die Lage versetzt werden, gewaltvorbeugend zu handeln und in ihrem Berufsumfeld, ob im Inland oder Ausland, friedensfördernd zu wirken.

Dir Kurse werden in der dritten Phase von zehn Partnern aus Norwegen, Deutsch-land, Italien, Österreich und Großbritan-nien weiterentwickelt und erhalten eine finanzielle Förderung durch das EU-Pro-gramm Erasmus+. In den nächsten zwei Jahren sollen die Kurse weiter in der in-stitutionellen und nicht-institutionellen Bil- dung verankert werden. Dafür werden die Online-Kurse aktualisiert und neue päda-gogische Ansätze gewählt, um die Zahl der UserInnen zu erhöhen, die die Online-Kur-se absolvieren.

Im Dezember 2014 fand ein Kick-Off-Treffen im Missionsärztlichen Institut in

Würzburg statt, wo das sogenannte Case-basierte Lernen Thema eines Workshops war. Beim Case-basierten Lernen müssen die TeilnehmerInnen ein Thema oder eine Frage analysieren, geeignete Informations-quellen finden und nutzen, und schließlich Lösungen vergleichen, auswählen und um-setzen. Der Stoff wird von den Lernenden in strukturierten Case-Studien präsentiert.

IPPNW Deutschland steuert zwei Case-Studien zu den Themen „Humanitäre Fol-gen von Atomwaffen“ und „Ungesunde Arbeitsbedingungen – Der Fall der Rohr-

zuckerarbeiter in Nicaragua“ bei. In letz-terem Fallbeispiel geht es beispielsweise um Todesfälle durch chronische Nieren-erkrankungen. So sind im Jahr 2005 in Nicaragua jeden Monat vier bis sechs Menschen an dieser Erkrankung gestor-ben. Chronisches Nierenleiden wird durch Arbeit bei hohen Temperaturen und Flüs-sigkeitsmangel hervorgerufen. Dies betrifft vorrangig junge Männer unter 30 Jahren. In Regionen wie Chinandega in Nicaragua ist die Erkrankung aufgrund von unzurei-chenden Möglichkeiten zur Dialyse und Nierentransplantation häufig ein Todes-urteil. Die Studierenden sollen bei diesem Fallbeispiel lernen, wie soziale Determinan-ten und strukturelle Gewalt die Gesundheit beeinflussen. Neben den zwölf narrativen Case-Studien sollen in einer zweiten Run-de sechs Audio-Videos erstellt werden, die die Case-Studien in Ton und Bild illustrie-ren. Diese Audio-Videos werden in einen neuen Internetkurs eingearbeitet.

Auf Kongressen und Konferenzen soll das Projekt „Medical Peace Work“

weiter bekannt gemacht werden – auch in Deutschland. So ist „Medical Peace Work“ zum Beispiel auch in diesem Jahr ein fe-ster Bestandteil der Global Health Summer School, die vom 13. bis 19. September 2015 in Berlin stattfindet. Weitere geplante

Veranstaltungen sind ein Workshop „Krieg, Gewalt und Gesundheit“ in Bergen, Nor-wegen sowie eine Konferenz „Gesundheit durch Frieden“ vom 13. bis 14. November 2015 in London, Großbritannien.

Für den Herbst 2016 schließlich ist der fünfte IPPNW-Kongress „Medizin

und Gewissen“ in Nürnberg oder Erlan-gen vorgesehen, bei dem „Medical Peace Work“ einen Themenstrang bilden soll. In diesem Rahmen wird der zweite Preis für medizinische Friedensarbeit verliehen. Er ging 2011 an die mutige Gerichtsmedizi-nerin, Hochschullehrerin und Präsidentin der Menschenrechtsstiftung Türkei Prof. Dr. Sebnem Korur Financi für ihre Arbeit gegen Folter und Menschenrechtsverlet-zungen.

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Außer KontrolleDie Situation des havarierten AKW Fukushima Dai-ichi

Das größte Problem des AKW Fukushima Dai-ichi bleibt der-zeit die Wasserkontamination. Im Erdreich unter den Reak-

torgebäuden befinden sich hochgradig verstrahlte Wassermengen. Dort dringen täglich 400 Tonnen Grundwasser ein. Mit anderen Worten: Täglich entsteht eine Menge von 400 Tonnen hochgradig verseuchten Wassers. Maßnahmen, die Menge auch nur etwas zu vermindern, sind nahezu alle missglückt. Im August 2014 veröffentlichte Tepco die radioaktive Menge, die ins Meer floss – getrennt nach Strahlenelementen.

2014 Strontium 90: 5 Milliarden Bq/Tag Caesium 137: 2 Milliarden Bq/Tag Tritium: 15 Milliarden Bq/Tag

Der Stromkonzern gab damit zu, dass täg-lich eine Strahlenmenge von 22 Milliarden Becquerel ins Meer fließt. Ich füge die Daten bei, die der Konzern zudem für das Jahr 2013 veröffentlichte.

2013 Strontium 90: 14 Milliarden Bq/Tag Caesisum 137: 22,5 Milliarden Bq/Tag Tritium: 24 Milliarden Bq/Tag

Damit gab Tepco im August 2014 bekannt, dass im Jahr 2013 eine Strahlenmenge von 60,5 Milliarden Becquerel pro Tag ins Meer geflossen war.

2013 war das Jahr, als Ministerpräsident Shinzo Abe der Welt verkündete, das kon-taminierte Wasser sei gestoppt, und Tokio zur künftigen Olympiastätte bestimmte.

V on einem Stopp der Kontamination kann also keine Rede sein: Seit 2011

fließt fortgesetzt kontaminiertes Wasser ins Meer. Der Stromkonzern gab an, dass die Verminderung des ins Meer fließenden Becquerel-Menge von täglich 60,5 Milliar-den Bq im Jahr 2013 auf 22 Milliarden Bq im Jahr 2014 auf dem Erfolg der Notmaß-nahmen zurückzuführen sei.

Doch ab Herbst 2014 nahm die Kontami-nierung des Grund- und Meerwassers in erschreckendem Ausmaß zu. Das Grund- und Meerwasser, das im Bereich des AKW Fukushima Dai-ichi an verschiedenen Orten gemessen wurde, weist an einigen Stellen seit Oktober 2014 Höchstwerte auf – auch für Januar und Februar 2015 sind Höchstwerte gemeldet. Dies bedeu-tet, dass die Grund- und Meerwasserver-schmutzung sich ausweitet und der Grad der radioaktiven Kontamination zunimmt.

T epco nimmt zudem bei Fischen in der Nähe des AKW Messungen vor.

Nach den letzten im Januar 2015 veröf-fentlichten Daten hatte eine am 18. De-zember 2014 gefangene Art des Stachel-kopffisches (Sebastes oblongus) folgende Werte:

Caesium 134: 53.000 Bq/kg Caesium 137: 170.000 Bq/kg Caesium insgesamt: 223.000 Bq/kg.

Folglich gibt es bis heute Fische mit einer verheerenden Kontamination.

Die Situation der Werksanlage

Die Entfernung der Brennstäbe aus dem Abkühlbecken des Reaktorblock 4 wurde im Dezember 2014 abgeschlossen. Das Projekt war der erste Schritt auf dem Weg zur Reaktordemontage und Fehler durften nicht unterlaufen. Daher hatte man für das Team erfahrene Veteranen zusammen-gestellt, die das Vorhaben sicher durch-führten. Ich befragte am Projekt beteiligte Werkarbeiter. Einer antwortete mir: „Zu den Arbeiten an Reaktor 4 hatte man er-fahrene Arbeiter gerufen. Nahezu alle von ihnen haben das zulässige Maximum der Strahlung erreicht und werden nicht län-ger am Fukushima AKW Dai-ichi tätig sein können. Bei kommenden Vorhaben wer-den zunehmend unerfahrene Arbeiter ein-gesetzt werden. Das macht Angst.“

In Zukunft werden die verbrauchten Brennstäbe aus den Reaktorblöcken

in der Reihenfolge Block 3, 1 und 2 ent-fernt. Zur Zeit wird der Schutt im Umfeld des Abkühlbeckens von Block 3 beiseite geräumt.

Die japanische Journalistin Mako Oshidori berichtet von ihren Recherchen rund um das Atomkraftwerk Fukushima Dai-ichi. Sie hat mit den Werksar-beitern gesprochen, die unter Einsatz ihres Lebens Reaktor 4 demontierten. Sie befragte PolitikerInnen, ÄrztInnen und BürgerrechtlerInnen zu den Vorgängen rund um das AKW.

ATOMENERGIE

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Im Abkühlbecken des Reaktorblocks 1 lagern 70 Brennstäbe in zerstörtem Zu-stand. Ein Zustand, der bereits seit 25 Jahren besteht. Es ist dabei geblieben, da es keine Technik gibt, um die zerstörten Brennstäbe zu entfernen. Ich befragte Tepco in der Angelegenheit und erhielt die optimistische Antwort: „Es gibt noch keine Technik, um die zerstörten Brennstäbe aus dem Reaktorblock 1 zu entfernen, doch sie wird in den kommenden Jahren wohl entwickelt werden.“

A lso besteht zurzeit keine Aussicht, die im Reaktor geschmolzenen

Brennstäbe zu entfernen. Derzeit entwi-ckelt man Techniken, die es zumindest ermöglichen, festzustellen, wo und in welchem Zustand sich die Brennstäbe im Reaktor befinden.

Am 12. Februar 2015 wurden die Ergeb-nisse der Gesundheitsuntersuchung der Präfektur Fukushima bekanntgegeben. Bei der Schilddrüsenkrebsuntersuchung bei Jugendlichen unter 18 Jahren wurden 117 „bösartige“ Befunde festgestellt bzw. liegt ein entsprechender Verdacht vor. Bis jetzt sind etwa 300.000 Kinder und Ju-gendliche untersucht worden.

B ei den Kindern, die bei der ersten Un-tersuchung mit dem Ergebnis „ohne

besonderen Befund“ entlassen worden waren, wurden in der zweiten Untersu-

chung bei acht Kindern ein „bösartiger“ Schilddrüsenkrebs bzw. ein entsprechen-der Verdacht diagnostiziert.

In radioaktiv kontaminierten Regionen außerhalb der Präfektur Fukushima

werden entsprechende Gesundheitsun-tersuchungen nicht vorgenommen. Weite Bevölkerungskreise fordern diese Unter-suchungen. Vereinzelte Bürgerinitiativen in den genannten Regionen führen selber Schilddrüsenuntersuchungen durch, doch ihre Zahl ist sehr gering.

Endlich ist zudem mit Gesundheits-untersuchungen der AKW-Arbeiter be-

gonnen worden, die 2011 beim Atomkraft-werk Fukushima Dai-ichi im Noteinsatz waren. Bei einem mir persönlich bekann-ten Werkarbeiter sind nach langem War-ten im Januar 2015 die Untersuchungs-formulare für AKW-Arbeiter eingetroffen. Viele der Werksarbeiter haben nach der Aufgabe der AKW-Tätigkeit gesundheitli-che Schäden erlitten bzw. sind gestorben. Als ich 2014 Regierungsstellen fragte, wie viele der AKW-Werksarbeiter nach ihrem Noteinsatz gestorben seien, war die Ant-wort, diese Zahl sei nicht exakt erfasst. Mit entsprechenden Untersuchungen wür-de man gerade erst beginnen. Übersetzt von Detlev Schauwecker

Foto

: © T

epco

Mako Oshidori ist Journalistin

und Anti-Atom-Aktivistin. Sie ist in diesem

und letzten Jahr Referentin auf dem Kongress

in Arnoldshain.

„Das jüngste Kind war ein Mädchen, das zum Zeitpunkt des AKW-Unfalls sechs Jahre alt war und bei dem im achten Lebensjahr Schilddrüsenkrebs diagnostiziert wurde.“

DIE HEIKLE BERGUNG DER BRENNELEMENTE AUS REAKTORBLOCK 4 IM AKW FUKUSHIMA.

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Hintergrund

Basra, eine Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern, wurde während des Golfkrieges heftigen Bombardements mit abgereichertem Uran (Depleted Uranium, DU) ausgesetzt. Zudem wurden Pan-zer, die von DU-Munition getroffen wurden, auf dem Schlachtfeld am Rande der Stadt zurückgelassen. Nach dem Ende der Kämpfe wurden diese Panzerfriedhöfe von Schrotthändlern und Souve-nirjägern geplündert und von Kindern als „Abenteuerspielplatz“ benutzt. So kamen selbst lange nach Ende der Kampfhandlun-gen zahlreiche Menschen, vor allem Zivilisten, mit radioaktivem Material in Kontakt.

Folgen für Umwelt und Gesundheit

Abgereichertes Uran kann durch Inhalation, Ingestion mit der Nahrung oder durch offene Wunden in den Körper gelangen. Ein Teil wird mit dem Urin ausgeschieden. Dabei werden die Nieren stark belastet. Bei starker Uranvergiftung kann akutes, tödliches Nierenversagen entstehen. Der Rest des Urans verbleibt im Kör-per, wo es insbesondere in Knochen eingebaut wird und von dort aus das umliegende Gewebe verstrahlt. Während Uran vorran-

gig eine Quelle von Alpha-Strahlung ist, können seine Spaltpro-dukte auch Beta- und Gamma-Strahlung emittieren. Die innere Verstrahlung führt zu Mutationen, Krebs und angeborenen Fehl-bildungen. In Tierversuchen wurden teratogene und genetische DU-Effekte nachgewiesen. Mit epidemiologischen Studien wur-den gesteigerte Fehlbildungsraten bei Neugeborenen festgestellt, deren Väter oder Mütter DU ausgesetzt waren.

Nach dem Golfkrieg stieg die Rate von Krebserkrankungen und kindlichen Missbildungen nahe der Schlachtfelder, auf denen DU-Munition verwendet wurde, an. Eine umfassende Studie aus Basra fand einen signifi kanten Anstieg angeborener Anomalien bei Kindern: 7,76 pro 1.000 Geburten im Jahr 1998 statt 3,04 pro 1.000 Geburten im Jahr 1990. Neben angeborenen Herzfehlern und Chromosomenveränderungen wurden auch schwere Missbil-dungen wie Anenzephalie (fehlendes Gehirn), Zyklopie (Einäugig-keit) oder Gastroschisis (fehlender Bauchdeckenschluss) sowie Spina bifi da (offener Rücken), fehlende Extremitäten, Fischhaut, Gaumenspalten und Gedeihstörungen beobachtet. Eine Studie der Universität von Basra fand bei Kindern eine Verdopplung der Leukämierate und eine Verdreifachung der Rate aller Kinder-krebserkrankungen zwischen 1990 und 1999. Im Rahmen einer Feldstudie wurden zahlreiche Orte mit erhöhten Strahlenwerten gefunden – vor allem in der Nähe der Panzerfriedhöfe.

Ausblick

Die Konsequenzen des militärischen Einsatzes von DU-Muni-tion auf die Zivilbevölkerung kommen erst langsam zutage. Dem UN Umwelt-Programm zufolge hat „der intensive Gebrauch von Waffen mit abgereichertem Uran wahrscheinlich zu einer Konta-minierung der Umwelt geführt, deren Ausmaß oder Folgen noch unbekannt sind.“

Ebenfalls betroffen sind die Bewohner des Kosovo und Serbiens, wo DU-Munition während des Krieges von 1999 eingesetzt wur-de, die Einwohner von Falludscha, deren Stadt 2004 mit DU-Mu-nition beschossen wurde sowie britische und US-amerikanische SoldatInnen. Sie alle sind Hibakusha, denn ihre Gesundheit wur-de durch Uranwaffen nachhaltig geschädigt – Waffen, die nicht existieren würden, wenn die Atomindustrie nicht Uran für Reakto-ren und Atomwaffen anreichern würde.

BasraDie Auswirkungen des DU-Einsatzes kommen nur langsam zutage

SERIE: DIE NUKLEARE KETTE

Dieser Text ist ein Ausschnitt aus der IPPNW-Posterausstellung„Hibakusha Weltweit“. Die Ausstellung zeigt die Zusammenhänge der unterschiedlichen Aspekte der Nuklearen Kette: vom Uranbergbau über die Urananreicherung, zivile Atomunglücke, Atomfabriken, Atom-waffentests, militärische Atomunfälle, Atombombenangriffe bis hin zum Atommüll und abgereicherter Uranmunition. Sie kann ausgeliehen werden. Weitere Infos unter: www.hibakusha-weltweit.de

Hibakusha weltweit Eine Ausstellung der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung e. V. (IPPNW)Körtestr. 10 | 10967 [email protected] | www.ippnw.deV.i.S.d.P.: Dr. Alex Rosen

Basra, IrakEinsatz von Uranmunition

Durch den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran während des Golfkriegs 1991 wurde die Lokalbevölkerung nachhaltig erhöhten Strah-lenwerten ausgesetzt. Dies könnte möglicherweise den signifikanten An-stieg von Krebserkrankungen und angeborenen Missbildungen erklären, der nach 1991 in der südirakischen Stadt Basra dokumentiert wurde.

Basra, eine Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern, wurde während des Golfkrieges Bombardements mit DU ausgesetzt. Studien fanden einen Anstieg angeborener Anomalien im Jahr 1998 sowie eine Verdopplung der Leukämierate und Verdreifachung der Rate aller Kinderkrebserkrankungen zwischen 1990 und 1999. Foto: s1lang / creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0

Quellen1 Moszynski P. „Royal Society warns of risks from depleted uranium“. BMJ. 2003 May 3;326(7396):952. www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1125878/2 Hindin et al. „Teratogenicity of depleted uranium aerosols: A review from an epidemiological perspective“. Environ. Health, 4:17, 2005. www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1242351/3 Briner WE. „The evolution of depleted uranium as an environmental risk factor“. Int J Environ Res Public Health. 2006 Jun;3(2):129-35. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/168230864 Yacoub et al. „Depleted uranium and health of people in Basrah: epidemidogical perspective. Incidence and pattern of malignent cases among children in Basrah“. Medical Journal of Basrah University 1999; 17:17-25. 5 Yacoub et al. „Further evidence on the relation between depleted uranium and the incidence of malignancies (with specific reference to leukaemias) among children in Basrah, southern Iraq“. Medical Journal of Basrah University 2000; 18:3-6.

Wegen seiner großen Dichte wird abgereichertes Uran für panzer- und bunkerbrechende Munition verwendet. Beim Aufprall wird das abgereicherte Uran pulverisiert und entzündet sich spontan. Das entstehende Uran-Aerosol mit Partikelgrößen im Nanobe-reich wird mit dem Wind weit verteilt. Foto: Wim Zwijnenburg

Panzer, die von DU-Munition getroffen wurden, wurden auf dem Schlachtfeld am Rande der Stadt zurück gelassen. Nach dem Ende der Kämpfe wurden diese Panzerfriedhöfe von Schrotthändlern und Souvenirjägern geplündert und von Kindern als „Aben-teuerspielplatz“ benutzt. Foto: Wim Zwijnenburg

HintergrundAbgereichertes Uran oder „DU“ (engl. „depleted ura-nium“) besteht überwiegend aus dem Isotop Uran-238 und ist ein Abfallprodukt des Anreicherungsprozesses zur Herstellung von reaktor- und waffenfähigem Uran. Im Golfkrieg von 1991 setzten die USA und Großbri-tannien DU-Munition ein. Die britische Royal Society of Medicine schätzt, dass 340 Tonnen abgereichertes Uran im Irak verschossen wurden.1 Wegen seiner ho-hen Dichte und der Fähigkeit, Panzerwände zu durch-schlagen, wird vermutet, dass auch andere Länder DU-Munition verwenden. Da es sich bei abgereicher-tem Uran um radioaktiven Abfall handelt, ist der Stoff in allen Ländern mit einer Atomindustrie in großen Mengen verfügbar. In panzerbrechender Munition ein-gesetzt, wird das Uran beim Aufprall pulverisiert und entzündet sich spontan im Inneren des Fahrzeugs. Das entstehende Uranoxid-Aerosol mit Partikelgrößen im Nanobereich verhält sich wie ein Gas und kann mit dem Wind Hunderte von Kilometern transportiert wer-den. Mit einer physikalischen Halbwertzeit von etwa 4,5 Milliarden Jahren stellt der Uranstaub ein perma-nentes Gesundheitsrisiko nach bewaffneten Konflikten dar.2,3 Basra, eine Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern, wurde während des Golfkrieges heftigen Bombarde-ments mit abgereichertem Uran ausgesetzt. Zudem wurden Panzer, die von DU-Munition getroffen wur-den, auf dem Schlachtfeld am Rande der Stadt zu-rückgelassen. Nach dem Ende der Kämpfe wurden diese Panzerfriedhöfe von Schrotthändlern und Sou-venirjägern geplündert und von Kindern als „Aben-teuerspielplatz“ benutzt. So kamen selbst lange nach Ende der Kampfhandlungen zahlreiche Menschen, vor allem Zivilisten, mit radioaktivem Material in Kontakt.

Folgen für Umwelt und GesundheitAbgereichertes Uran kann durch Inhalation, Ingestion mit der Nahrung oder durch offene Wunden in den Körper gelangen. Ein Teil wird mit dem Urin ausge-schieden. Dabei werden die Nieren stark belastet. Bei starker Uranvergiftung kann akutes, tödliches Nieren-versagen entstehen. Der Rest des Urans verbleibt im Körper, wo es insbesondere in Knochen eingebaut wird und von dort aus das umliegende Gewebe verstrahlt.2 Während Uran vorrangig eine Quelle von Alpha-Strah-lung ist, können seine Spaltprodukte auch Beta- und Gamma-Strahlung emittieren. Die innere Verstrahlung führt zu Mutationen, Krebs und angeborenen Fehl-bildungen. In Tierversuchen wurden teratogene und genetische DU-Effekte nachgewiesen. Mit epidemiolo-gischen Studien wurden gesteigerte Fehlbildungsraten bei Neugeborenen festgestellt, deren Väter oder Müt-ter DU ausgesetzt waren.2

Nach dem Golfkrieg stieg die Rate von Krebserkran-kungen und kindlichen Missbildungen nahe der Schlachtfelder, auf denen DU-Munition verwendet

wurde, an. Eine umfassende Studie aus Basra fand einen signifikanten Anstieg angeborener Anomalien bei Kindern: 7,76 pro 1.000 Geburten im Jahr 1998 statt 3,04 pro 1.000 Geburten im Jahr 1990. Neben angeborenen Herzfehlern und Chromosomenverände-rungen wurden auch schwere Missbildungen wie An-enzephalie (fehlendes Gehirn), Zyklopie (Einäugigkeit) oder Gastroschisis (fehlender Bauchdeckenschluss) sowie Spina bifida (offener Rücken), fehlende Extremi-täten, Fischhaut, Gaumenspalten und Gedeihstörun-gen beobachtet.4 Eine Studie der Universität von Basra fand bei Kindern eine Verdopplung der Leukämierate und eine Verdreifachung der Rate aller Kinderkrebs-erkrankungen zwischen 1990 und 1999.5 Im Rahmen einer Feldstudie wurden zahlreiche Orte mit erhöhten Strahlenwerten gefunden – vor allem in der Nähe der Panzerfriedhöfe.5

AusblickDie Konsequenzen des militärischen Einsatzes von DU-Munition auf die Zivilbevölkerung kommen erst langsam zutage. Dem UN Umwelt-Programm zufolge hat „der intensive Gebrauch von Waffen mit abgerei-chertem Uran wahrscheinlich zu einer Kontaminierung der Umwelt geführt, deren Ausmaß oder Folgen noch unbekannt sind“.1

Ebenfalls betroffen sind die Bewohner des Kosovo und Serbiens, wo DU-Munition während des Kriegs von 1999 eingesetzt wurde, die Einwohner von Falludscha, deren Stadt 2004 mit DU-Munition beschossen wurde sowie britische und US-amerikanische SoldatInnen. Sie alle sind Hibakusha, denn ihre Gesundheit wurde durch Uranwaffen nachhaltig geschädigt – Waffen, die nicht existieren würden, wenn die Atomindustrie nicht Uran für Reaktoren und Atomwaffen anreichern wür-de.

Weiterführende LiteraturReport „Die gesundheitlichen Folgen von Uranmuni-tion“ von IPPNW und ICBUW:http://issuu.com/ippnw/docs/ippnw_icbuw_report_depleted-uranium_2012

Broschüre „Uranmunition – Strahlende Geschosse“:issuu.com/ippnw/docs/ippnw_uranmunition_web

Page 19: IPPNW forum 141/2015 – Die Zeitschrift der IPPNW

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Die Deutsche Sektion der IPPNW, die Deutsche Akademie für Kin-der- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ) und die Kliniken der

Kinder- und Jugendmedizin, Charité Uni-versitätsmedizin Berlin laden ein zu einer internationalen Fachkonferenz zur Ein-schätzung des Alters, Entwicklungsstan-des und Hilfebedarfs von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen am 6. und 7. Juni 2015 in Berlin.

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind gezwungen, ohne ihre Eltern nach Euro-pa zu flüchten. Nach Deutschland kamen 2013 über 5.500 dieser unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. UN-Kinder-rechtskonvention und nationales Recht verpflichten die Verantwortlichen zu einem besonderen Schutz von Minderjährigen. Diese Kinder und Jugendlichen aus unter-schiedlichen Regionen und Kulturkreisen brauchen Beratungs- und Hilfsangebote, die ihnen die Integration in dem neuen Le-bensraum erleichtern.

A rtikel 24 der UN-Kinderrechtskonven-tion, die für alle Menschen unter 18

Jahren in Deutschland uneingeschränkt gültig ist, gewährleistet deren Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesund-heit. Darüber hinaus liegt ihr gesundheit-liches Wohlergehen auch im Interesse des Einwanderungslandes.

Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin hat 2013 Empfehlungen zu medizinischen Maßnahmen bei immi- grierenden Kindern und Jugendlichen ver-öffentlicht, die in der Praxis bislang noch nicht überall beachtet werden. Hier liegt die Chance, durch eine frühzeitige um-fassende Untersuchung medizinische und psychosoziale Probleme zu erkennen und zu behandeln.

K önnen junge Flüchtlinge ihr Alter nicht durch entsprechende Dokumente

nachweisen, muss das zuständige Jugend-amt eine Altersschätzung vornehmen. Er-klärt das Jugendamt den Flüchtling für volljährig und ist dieser damit nicht einver-standen, wird nach gegenwärtiger Recht-sprechung eine ärztliche Untersuchung angefordert.

Die Methoden der medizinischen Alters-diagnostik sind umstritten. Aus der biologi-schen Reife, wie der Skelettreife, kann nur begrenzt und unsicher auf das tatsächli-che Lebensalter geschlossen werden. Die Anwendung ionisierender Strahlen (Rönt-genuntersuchung) ist rechtlich und ethisch fragwürdig. Ethische Bedenken werden auch gegenüber der körperlichen Untersu-chung zur Feststellung des Pubertätssta-diums geäußert. Beispiele aus Schweden und Großbritannien zeigen uns, dass eine andere Praxis möglich ist – eine ganzheit-

liche Altersdiagnostik ohne Röntgen. Bei der Entwicklung von Standards sind euro-paweite Erfahrungen und Positionen zu berücksichtigen.

D ie Zeit ist reif, eine dem gesundheit-lichen Wohlergehen der Jugendlichen

verpflichtende Vorsorge in die Praxis um-zusetzen. Die Konferenz ist dazu ein wich-tiger Schritt.

Wir laden Sie zu einer interdisziplinären, internationalen Konferenz ein, um mit uns die dringenden Fragen der Altersdiagnostik und der ärztlichen Versorgung minderjäh-riger Flüchtlinge zu diskutieren.

Das Programm der Konferenz und die Anmeldung finden Sie unter: kurzlink.de/young-refugees

Winfrid Eisenberg, Thomas Nowotny, Frank Uhe

SOZIALE VERANTWORTUNG

Best Practice for Young RefugeesInterdisziplinäre Konferenz an der Charité vom 6. bis 7. Juni 2015

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IONISIERENDE STRAHLUNG

Anzeichen für Mutationen bei den untersuchten Vögeln und anderen Tieren aus der Gegend um Tschernobyl

sind weiße Federn oder Flecken, Tumore und Missbildungen. Fotos von Timothy Mousseau und Anders Pape Møller.

Page 21: IPPNW forum 141/2015 – Die Zeitschrift der IPPNW

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Mehr Informationen über die Arbeit von Timothy A. Mousseau finden Sie unter cricket.biol.sc.edu/mousseau/mousseau.html

Mutationen bei Tieren und PflanzenTimothy A. Mousseau ist auf Forschungsreise in verstrahlten Regionen unterwegs.

Die Bilder auf diesen Seiten zeigen Tiere und Pflanzen, die der Biologieprofessor Timothy A. Mousseau von der Universität North Carolina und seine Kollegen – besonders Dr. Anders Pape Møller vom CNRS Paris – in den Regionen um Tschernobyl und später um Fukushima untersucht haben.

Mousseau erforscht seit 1999 die ökologischen und evolutionä-ren Auswirkungen der Verstrahlung auf Tiere, Mensch und Pflan-zen in den betroffenen Gebieten. Durch die Exposition mit Radio-nukliden sind sie direkter Toxizität und erhöhtem Mutationsdruck ausgesetzt. Beobachtet werden Farb- und Formvarianten, Fehl-bildungen, Unfruchtbarkeit, bei Vögeln auch Katarakte und Krebsgeschwüre sowie eine Minderung der Lebensdauer.

Bei vielen Arten, wie etwa der Rauchschwalbe, hat die Bela-stung des Erbguts dramatische Konsequenzen für Entwicklung, Fortpflanzung und Überleben der Tiere. Derzeit untersucht Mousseau die unterschiedliche Sensibilität verschiedener Arten in ihrer Reaktion auf die Strahlung.

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Dr. Alex Rosen ist Kinderarzt

und stellvertre- tender Vor-

sitzender der Deutschen Sektion der

IPPNW.

IONISIERENDE STRAHLUNG

Gefahren ionisierender StrahlungStudien der letzten 15 Jahre beweisen erhöhtes Krankheitsrisiko

Im Oktober 2014 informierte die IPPNW auf einer Fachtagung mit Politikern und Wissenschaftsjourna-listen in Berlin über die gesundheitli-

chen Folgen ionisierender Strahlung. Groß angelegte epidemiologische Studien der letzten 15 Jahre haben das Verständnis von biologischen Effekten durch Radioaktivität, Röntgenstrahlen und anderen Formen ioni-sierender Strahlung grundlegend verändert.

N eben natürlicher Hintergrundstrah-lung sind vor allem zwei Faktoren für

die Strahlenexposition der Bevölkerung verantwortlich: die radiologische Diagno-stik der Medizin und die Atomindustrie. In der Medizin werden die neueren epidemio-logischen Daten sehr ernst genommen; der Trend geht zu einem deutlich sparsameren Einsatz ionisierender Strahlung. Vor allem Computertomographie (CT) wird mehr und mehr durch Low-Dose-Anwendungen, Magnetresonanztomographie (MRT) und Sonographie ersetzt. In der Atomindustrie scheinen die wissenschaftlichen Erkennt-nisse jedoch noch nicht angekommen zu sein. Sowohl in der Diskussion um die gesundheitlichen Folgen der Atomkatas-trophe von Fukushima als auch in den Debatten hierzulande um die langfristige Lagerung von Atommüll, den Rückbau von Atomkraftwerken oder die Liberalisierung der Freigaberegelungen für radioaktiv kon-taminierte Abfälle – immer wieder werden von Seiten der Atomindustrie überholte Grenzwerte herangezogen und realitäts-fremde Strahlenschutzvorstellungen auf-rechterhalten.

D abei ist die Datenlage erdrückend: 2013 veröffentlichten australische For-

scher im British Medical Journal eine Ana-lyse von über zehn Millionen Patienten, die eine Erhöhung des Krebsrisikos um ca. 24 Prozent durch eine einzige CT-Untersuchung (durchschnittlich 4,5 mSv) zeigte. Jede weitere CT-Aufnahme ließ das Risiko um zusätzliche 16 Prozent steigen, bei Kindern war der Effekt noch ausge-prägter. Erst im Vorjahr hatten britische

Wissenschaftler ähnliche Ergebnisse im Lancet veröffentlicht. Zudem ist bereits seit den 1950er Jahren bekannt, dass vor allem Säuglinge und Föten eine er-höhte Strahlensensibilität besitzen. Schon ein einzelnes Röntgenbild während der Schwangerschaft führt zu einer messbaren Erhöhung des späteren Leukämierisikos. Neue Studien zeigen zudem Dosis-Wir-kungs-Beziehungen zwischen natürlicher Hintergrundstrahlung oder beruflicher Ex-position mit ionisierender Strahlung und dem Risiko für Krebs und Herzkreislauf-erkrankungen. Ein Schwellenwert ist in keiner dieser Studien erkennbar.

Zudem wurden auch ohne massive Katastrophen rund um deutsche,

englische, französische und Schweizer AKWs erhöhte Krebsraten bei Kindern festgestellt. Hinzu kommt die Belastung zukünftiger Generationen durch tausende Tonnen von radioaktivem Abfall durch ab-genutzte Brennstäbe, ausrangierte Atom-sprengköpfe und stillgelegte Atommeiler. Wie eng die unterschiedlichen Aspekte der Atomindustrie miteinander verzahnt sind, wird an internationalen Konzernen wie AREVA deutlich, die vom Uranbergbau über den Transport und die industrielle Aufbereitung spaltbarer Materialien, der zivilen Atomenergie, der Produktion von

Atomwaffen bis hin zur Atommüllaufbe-reitung und -lagerung alle Abschnitte der sogenannten „Nuklearen Kette“ bedienen – und damit verdienen.

W issenschaftler und Ärzte fordern seit langem eine Anpassung des Strah-

lenschutzes an den Stand der Wissen-schaft, eine konsequente Minimierung der Strahlenexposition der Bevölkerung und eine evidenzbasierte öffentliche Diskussi-on. Welches gesundheitliche Risiko durch ionisierende Strahlung als akzeptabel und zumutbar angesehen wird, bedarf einer gesellschaftspolitischen Entscheidung mit Einbeziehung der Betroffenen.

Download „Gefahren ionisierender Strah- lung“ – Ergebnisse des Ulmer Experten-treffens unter tiny.cc/ulmer-papier

ENTNAHME VON PFLANZENPROBEN IN DER REGION FUKUSHIMA. FOTO: TIMOTHY MOUSSEAU

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Foto: IKV Pax Christi

Am 31. Oktober 2014 wurde im Ersten Komitee der Vereinten Nationen über die fünfte Re-solution zu den gesundheitli-

chen Folgen von Uranmunition (Depleted Uranium, DU) abgestimmt. 143 Staaten stimmten für die Resolution, 26 enthielten sich. Großbritannien, die USA, Frankreich und Israel stimmten dagegen. Nachdem Deutschland in den vergangenen Jahren zugestimmt hatte, kam die diesjährige Enthaltung der Bundesregierung über-raschend. Deutschland erklärte bei der Abstimmung, die UNEP-Studie von 2010 habe keine Beweise zutage gefördert, dass der Einsatz von Uranmunition gesund-heitsschädigende Folgen habe. Für uns Ärzte ist dies völlig unverständlich, denn die Beweise für langfristige und schwer-wiegende Gesundheitsschäden durch den Einsatz sind inzwischen erdrückend.

Was wissen wir bereits über die Auswirkungen von DU?

A bgereichertes Uran (DU) schädigt die DNA auf zweifache Weise: Als Schwer-

metall ist es ein chemisches Zellgift, als Alphastrahler verursacht es radioaktive Schäden. Sowohl für den erst kürzlich er-schienen Bericht der International Coaliti-

on to Ban Uranium Weapons (ICBUW) als auch in der IPPNW-Studie wurden zahl-reiche zell- und tierexperimentelle Studien ausgewertet, die die Genotoxizität und die Radiotoxizität des DU eindeutig bestätigen.

W as fehlt, sind großangelegte Bevölke-rungsstudien, vor allem in Einsatz-

ländern wie dem Irak, aber auch in den Balkanländern, die ein genaues Dosis-Wirkungsprofil aufzeigen könnten. Daran sind die Staaten, die DU eingesetzt haben, jedoch nicht interessiert. Bis heute ver-weigern die USA Angaben über die Menge des eingesetzten DU sowie die genauen geografischen Koordinaten der Einsätze, so dass keine klare Abschätzung der Ex-position möglich ist. Berichte aus der ira-kischen Bevölkerung sowie von unabhän-gigen Journalisten zeigen, dass DU 2003 besonders in stark besiedelten Stadtge-bieten eingesetzt wurde.

In unserer IPPNW-Studie haben wir ge-zeigt, dass abgereichertes Uran, das in

den Körper gelangt, viele Krankheiten ver-ursachen kann, z.B. Veränderungen des Erbguts, Fehlbildungen, Störungen der Fruchtbarkeit, Krebs fast aller Organe, Nie-renversagen und neurologische Schäden. Labortests und Untersuchungen von Sol-

daten und Zivilpersonen, die Uranmunition ausgesetzt waren, haben ergeben, dass die Chromosomen geschädigt werden. Diese Chromosomenveränderungen gel-ten als Krebsvorstufen und Auslöser von Erbkrankheiten. Der Kontakt von Eltern oder auch nur eines Elternteils mit Uran-munition führt zu einer deutlich erhöhten Fehlbildungsrate bei Neugeborenen. Kin-der von Golfkriegsveteranen, in dessen Verlauf Uranmunition eingesetzt wurde, weisen besonders häufig schwere Fehl-bildungen zum Beispiel des Gehirns und Rückenmarks, des Herzens, der Harn-organe, des Gesichts und der Gliedmaßen auf. Bei Kindern in den irakischen Regio-nen Basra und Falludscha haben Ärzte identische Beobachtungen gemacht. Ob alle diese Erkrankungen auf Depleted Ura-nium zurückzuführen sind oder ob, was eher wahrscheinlich ist, DU in der Wech-selwirkung mit anderen toxischen Stoffen Verursacher ist, ist aus medizinischer Sicht bisher nicht ausreichend geklärt.

Ende November 2014 gab das US-Verteidigungsministerium zu, dass in

Kuwait A10-Kampffluzeuge für den Krieg gegen den IS in der Region eingetroffen sind, die uranhaltige Geschhosse abfeuern können. Gleichzeitig hat die Bundeswehr 30 Milan-Panzerabwehrraketen in den Nordirak geschickt. Jede Rakete enthält in dem Infrarotstrahler ihres Lenkflugkörpers 2,4 Gramm Thorium 232 mit einer extrem langen Halbwertszeit von 14 Milliarden Jahren. Thorium ist besonders durch die in seiner Zerfallsreihe gebildeten Radio-nuklide gefährlich. Nach dem Aufprall der Rakete entsteht ein feiner, radioaktiv und toxisch wirkender Staub, der über Nah-rung, Atmung und Trinkwasser in den menschlichen Körper gelangen kann.

Die ICBUW-Studie finden Sie unter tiny.cc/icbuw-studie, den IPPNW- Report unter tiny.cc/DU-report

Dr. Angelika Claußen ist

seit 2014 Europäische

IPPNW-Präsidentin.

IONISIERENDE STRAHLUNG

Gefährlicher StaubUranmunition schädigt Umwelt und Gesundheit

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Die meiste Zeit hatten die Men-schen Glück im Unglück: Der Wind blies den radioaktiven Niederschlag weit hinaus auf

den Pazifik. Ein einziger Tag mit Wind aus Südwest allerdings reichte aus, um große Teile der Präfektur Fukushima für unab-sehbare Zeit radioaktiv zu verseuchen. Tokio blieb glücklicherweise weitestge-hend verschont. Eine Evakuierung der 38 Millionen Einwohner hätte alle Kata- strophenszenarien der japanischen Atom- industrie um ein Vielfaches übertroffen.

A llein die Evakuierung der rund 300.000 Menschen, die auf Grund

erhöhter Strahlenwerte ihre Heimat verlas-sen mussten, brachte den Katastrophen-schutz an seine Grenzen. So wurden zum Teil Menschen aus gering verseuchten Ortschaften in stärker verstrahlte Gegen-den gebracht, die vorgesehene Verteilung von Jodtabletten durch gezielte Desinfor-mation verhindert und die Menschen im schwer verstrahlten Iitate beispielsweise erst sechs Wochen nach Beginn der Ka-tastrophe evakuiert. Während dieser Zeit waren sie dauerhaft erhöhter Strahlung ausgesetzt. Auch starben offiziellen Anga-ben zu Folge mehr als 1.500 Menschen an den Auswirkungen der Evakuierungen, da-runter viele kranke oder alte Menschen, die die Evakuierung von Krankenhäusern und

Altersheimen und die anstrengende Flucht nicht verkrafteten.

D ie radioaktive Verseuchung machte an den Grenzen der Evakuierungszonen

nicht Halt. Die Präfektur Fukushima und große Teile der Nachbarpräfekturen wur-den mit strahlendem Jod-131, Cäsium-137 und mehr als zwei Dutzend weiterer Radio-isotope kontaminiert. Zahlreiche epidemio-logische Studien belegen mittlerweile, dass jede noch so geringe Menge an ionisieren-der Strahlung zu einem erhöhten Risiko für Krebs und andere Erkrankungen führt. Die Menschen in den kontaminierten Ge-bieten stehen seit der Atomkatastrophe vor der schwierigen Wahl: Bleiben und das erhöhte Krankheitsrisiko in Kauf nehmen oder in eine weniger belastete Region um-ziehen und dafür ihre Heimat aufgeben? Kinder mit Dosimetern um den Hals, ab-gesteckte radioaktive Hotspots, Cäsium-Anzeigetafeln an Spielplätzen und die allgegenwärtigen blauen Behälter mit ab-getragener radioaktiver Erde gehören in Fukushima zum Alltagsbild. Familien müs-sen entscheiden, ob sie alles aufgeben wollen, was sie über Jahrzehnte aufgebaut haben, um so die Gesundheit ihrer Kinder zu schützen. Nicht wenige Familien zerrei-ßen an dieser Entscheidung, Freundschaf-ten und Beziehungen zerbrechen daran.

V iele Politiker in Japan versuchen die Probleme mit kaltschnäuzigem Prag-

matismus anzugehen: Man ist bereit, ei-nige zehntausend Krebserkrankungen in Kauf zu nehmen, um den Auswande-rungsstrom zu stoppen. Denn während die Alten bleiben, zieht es viele junge Familien aus Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder fort. Um diesen Trend aufzuhalten, wer-den den Menschen falsche Versprechun-gen gemacht: Die Strahlung sei nicht so gefährlich, wenn man nur lächeln würde, ihre Grundstücke würden dekontaminiert, die havarierten Atomkraftwerke seien un-ter Kontrolle. Um diese Thesen zu unter-mauern, werden Wissenschaftler bezahlt, die die Strahlenfolgen schönrechnen sol-len, wird Druck auf internationale Orga-nisationen gemacht, keine kritischen Be-richte zu veröffentlichen, werden staatlich subventionierte Informationsveranstaltun-gen abgehalten, die die fragwürdigen Ver-harmlosungen der Atomindustrie ins Volk tragen sollen. Auch finanziell versucht man Anreize für die Familien in Fukushima zu schaffen. Wer bleibt, erhält Zuwendungen, wer geht wird allein gelassen.

D abei ist jetzt schon klar, dass die Atomkatastrophe von Fukushima re-

levante gesundheitliche Folgen haben wird. Allein auf Basis der Zahlen des UNSCEAR-Berichts geht hervor, dass durch

IONISIERENDE STRAHLUNG

Fukushima: Vier Jahre späterDie Strahlenfolgen werden weiterhin schöngerechnet

Knapp vier Jahre ist es nun her, dass wir alle in Schockstarre vor den Bildschirmen standen und hilflos zusehen mussten, wie die explodierenden Reaktorblöcke und brennenden Abklingbecken des Atomkraftwerks Fuku- shima Dai-ichi riesige Mengen radioaktiver Partikel in die Atmosphäre schleuderten. In drei Reaktoren trat der befürchtete Super-GAU ein. Wochenlang hing das Schicksal Japans von der Windrichtung ab.

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die radioaktive Verseuchung bis zu 16.000 zusätzliche Krebserkrankungen und bis zu 9.000 zusätzliche Krebstodesfälle ent-stehen werden. Die tatsächliche Zahl der Krankheiten liegt vermutlich noch weitaus höher. Aufgrund früherer Erfahrungen mit Atomunglücken werden unter anderem er-höhte Raten an Leukämien, Lymphomen, soliden Tumoren, Herz-Kreislauf-Erkran-kungen, hormonellen, neurologischen und psychiatrischen Störungen erwartet.

D ie Atomindustrie behauptet derweil, es seien keine messbaren gesundheit-

lichen Folgen zu erwarten. Die Tatsache, dass sich eine Krebserkrankung nie eindeu-tig auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt, wird genutzt, um jegliche Kausalität abzustreiten. Um Krankheitsfälle mit erhöh- ten Strahlenwerten korrelieren zu können, bedarf es groß angelegter epidemiologi-scher Studien und Screeningprogramme für die Bevölkerung. Das einzige Screening- programm, das derzeit durchgeführt wird, untersucht Schilddrüsenkrebs bei Kindern. Knapp 360.000 Probanden unter 18 Jah-ren aus der Präfektur Fukushima werden regelmäßig untersucht. Die Leiter der Stu-die begründeten das Screening mit dem Wunsch, der Bevölkerung die Angst vor der Strahlung nehmen zu wollen. Für sie stand bereits zu Beginn fest, dass die Screenings keine erhöhten Krebsraten finden würden.

H eute, knapp vier Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe, sieht die Situa-

tion leider anders aus. Im Rahmen der er- sten Runde von Schilddrüsenuntersuchun-gen wurde bei insgesamt 117 Kindern hi-stologisch Schilddrüsenkrebs festgestellt. 84 Kinder wurden mittlerweile operiert. Diese unerwarteten Fälle wurden von der Studienleitung bislang auf den „Scree-ningeffekt“ geschoben, also die Beo- bachtung, dass Krankheitsfälle gefunden werden, die klinisch erst zu einem späte-ren Zeitpunkt aufgefallen wären. Seit De-zember 2014 liegen allerdings die ersten Zahlen der Nachuntersuchung vor. Bei 57,8 Prozent der Kinder wurden Knoten oder Zysten gefunden. Im Erst-Screening lag diese Rate noch bei 48,5 Prozent. Das bedeutet, dass bei mehr als 12.000 Kin-dern, bei denen im ersten Screening noch keine Anomalien gefunden wurden, nun Zysten oder Knoten festgestellt wurden. Elf Kinder wurden bereits per Feinnadel-biopsie untersucht, bei vier von ihnen er-gab die Diagnostik einen akuten Krebsver-dacht. Diese Krebsfälle, die sich im Laufe der letzten beiden Jahren entwickelt ha-ben müssen, lassen sich nicht mehr mit dem Screeningeffekt erklären.

E s ist wichtig, sich dabei vor Augen zu führen, dass bislang nur ein Bruchteil

der Ergebnisse der Nachuntersuchungen

vorliegt. Basierend auf den Erfahrungen aus Tschernobyl werde die Zahl der Schild-drüsenkrebserkrankungen noch über viele Jahre ansteigen. Gleichzeitig stellt Schild-drüsenkrebs nur einen kleinen Teil der gesundheitlichen Folgen der radioaktiven Kontamination der Bevölkerung dar. Die Menschen in den verstrahlten Regionen benötigen eine umfassende medizinische Beratung und ein auf ihre Bedürfnisse zu-geschnittenes, transparentes Angebot an Vorsorgeuntersuchungen, mit dem Krank-heiten frühzeitig erkannt und behandelt werden können und auf dessen Ergebnis-se die Patienten Zugriff haben. All das ist in Japan derzeit nicht gewährleistet.

Den vollständigen Artikel finden Sie auf unserem Blog unter tiny.cc/4-jahre

Den Fotoband Fukushima 360° von Ale-xander Tetsch (ehemals Neureuter) kön-nen Sie im IPPNW-Shop bestellen.

EINE MUTTER UND IHRE TOCHTER DEMONSTRIEREN FÜR DAS RECHT DER KINDER VON KORIYAMA, IN EINER MÖGLICHST STRAHLENARMEN UMGEBUNG AUFWACHSEN ZU KÖNNEN

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Dr. Alex Rosen ist Kinderarzt

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sitzender der Deutschen Sektion der

IPPNW.

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Auswirkungen von Tschernobyl und Fukushima auf die Tierwelt

Bei Tieren beobachtete Effekte lassen auf die Gesundheitsfolgen beim Menschen schließen

Die Atomkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima waren mit massiven Freisetzungen von Radioaktivität verbunden. Dies hatte neben den Gesundheitsschäden bei Menschen auch nachteilige Auswirkungen auf wild

lebende Tiere sowie auf „Nutztiere“. Sowohl hohe als auch relativ niedrige Strahlendosen führten zu massiven Beeinträchtigungen der Gesundheit der Tiere bzw. zum Tod. Insbesondere die bei Säugetieren beobachteten Effekte bieten Anhaltspunkte für ver-gleichbare Gesundheitsfolgen bei Menschen.

Säugetiere reagieren am empfindlichsten

Die biologische Wirkung ionisierender Strahlung ist bei allen Lebewesen ähnlich: Temperaturerhöhung, Ionisierung von Ato-men, Aufbrechen von chemischen Verbindungen und Bildung freier Radikale, Veränderung der DNA mit nachfolgenden Repara-turmechanismen. Die akute, tödliche Dosis unterscheidet sich je-doch je nach Tierart um Größenordnungen. Auch innerhalb einer Population gibt es Unterschiede hinsichtlich der Strahlensensitivi-tät. Der Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Bestrahlung spielt ebenfalls eine große Rolle. Im Allgemeinen reagieren Säugetiere am empfindlichsten auf ionisierende Strahlung, während wirbel-lose Tiere und einfache Organismen entsprechend ihrer weniger komplexen Biologie unempfindlicher sind. Wegen der Frage der Übertragbarkeit auf den Menschen sollen hier in erster Linie die Effekte bei Säugetieren dargestellt werden.

Symptome der Strahlenkrankheit bei Hunden und Hühnern

Wenige Monate nach Tschernobyl wurden in der Umgebung des havarierten Atomkraftwerks im August und September 1986 Hunde und Hühner erschossen und obduziert. Die Tiere zeigten Symptome der chronischen Strahlenkrankheit: geringes Gewicht, reduzierte Fettreserven, ein Anschwellen von Lymphknoten, Le-ber und Milz, Leber- und Milzblutungen und Darmwandverdi-ckung. Bei Hühnern wurden zudem weder in den Nestern noch in den Ovarien Eier gefunden.

Sterben kleiner Nagetiere

Im Herbst 1986 wurde festgestellt, dass auf hoch kontaminierten Untersuchungsflächen die Zahl kleiner Nagetiere um den Faktor zwei bis zehn dramatisch gesunken war. Der Tierbestand erholte sich offenbar ab Frühjahr 1987 durch die Zuwanderung von Tieren aus weniger stark kontaminierten Gebieten. In den Jahren 1986 und 1987 erhöhte sich in den hoch kontaminierten Gebieten bei Nagetieren zudem die Todesrate in der Phase vor der Einnistung

des Embryos in die Gebärmutter („preimplantation deaths“) zwei- bis dreifach gegenüber weniger stark kontaminierten „Kontrollge-bieten“. Ebenso nahm der Verlust von Embryonen stark zu.

Chromosomenaberrationen in Knochenmarkzellen bei Mäusen

An fünf Standorten in Belarus wurde bei Waldwühlmäusen (Myo-des glareolus) eine Korrelation zwischen der Konzentration von Radionukliden und Veränderungen von Chromosomen in Kno-chenmarkzellen festgestellt. Die Rate der Chromosomenaberratio-nen schien von 1986 bis 1996 über rund 22 Mäusegenerationen relativ konstant zu bleiben, obwohl die geschätzte Körperdosis mit einer Halbwertszeit von 2,5 bis 3 Jahren zurückging.

Schwere Schädigungen bei Rindern

Obwohl nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl der Großteil des Viehbestandes evakuiert worden war, verblieben mehrere hundert Rinder noch für zwei oder vier Monate in stärker konta-minierten Gebieten der Kontrollzone. Im Herbst 1986 wiesen viele dieser Rinder ein stark geschwächtes Immunsystem, eine verrin-gerte Körpertemperatur und eine Schädigung des Herz-Kreis-lauf-Systems auf oder waren bereits gestorben. Zudem wurden eine drastisch verringerte Schilddrüsenfunktion sowie reduzierte Schilddrüsenhormone im Blut festgestellt. Histologische Untersu-chungen zeigten radiologische Schäden an den Schilddrüsen. In der Ukraine fand man Tiere praktisch ohne Schilddrüsengewebe. Vergleichbare Befunde wurden in Belarus festgestellt.

Bis 1989 war die Fortpflanzung der Tierpopulationen stark re-duziert, was auf die andauernde Schilddrüsenunterfunktion zu-rückgeführt wird. Bei den Nachkommen der betroffenen Rinder wurden ein geringes Geburtsgewicht, geringe Gewichtszunahme und Kleinwüchsigkeit festgestellt.

Strahlenschäden bei Schafen und Pferden

Chronische Strahlenschäden zeigten sich eineinhalb Jahre nach dem Super-GAU auch bei über 2.000 Schafen und 300 Pfer-den im belarussischen Verwaltungsgebiet Rajon Choiniki. Bei den Schafen war der Allgemeinzustand stark beeinträchtigt. Hinzu kamen Abmagerung, Atemprobleme, eine verringerte Körper-temperatur, ein erhöhter Blutzuckerspiegel, eine Verringerung der Schilddrüsenhormone im Blut, eine reduzierte Zahl der Blut-körperchen (weiße Blutkörperchen, rote Blutkörperchen, Blut-plättchen). Die Nachkommen der betroffenen Schafe wiesen ein verringertes Gewicht auf. Auch bei den Pferden war der Allge-

IONISIERENDE STRAHLUNG

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Henrik Paulitz ist Referent der IPPNW

Deutschland für Atompolitik und Energiewende.

meinzustand stark beeinträchtigt, sie hatten Ödeme, eine redu-zierte Zahl an weißen Blutkörperchen und Blutplättchen und eine abnormal hohe Anzahl von Knochenmarkszellen im peripheren Blut. 70 Prozent der Pferde wiesen einen extrem reduzierten Schilddrüsenhormonspiegel auf.

Fukushima: Stark verändertes Blutbild bei Affen

Im April 2012, nach der Atomkatastrophe in Japan, wurden auch bei wilden Affen aus den Wäldern der Stadt Fukushima Blutbild-veränderungen festgestellt. Als Kontrollgruppe wurde eine Affen-population herangezogen, die ca. 400 km nördlich von Fuku- shima lebt. Während in den Muskeln der Affen aus Fukushima Cäsiumkonzentrationen zwischen 78 und 1778 Bq/kg festgestellt wurden, lagen die Cäsiumwerte der Kontrollgruppe unterhalb der Nachweisgrenze. Proportional zu der Höhe der Cäsiumkonzentra-tion im Muskel wurde bei den Affen von Fukushima eine Redukti-on von roten und weißen Blutkörperchen gemessen, so dass von einer Dosis-Wirkungsbeziehung auszugehen ist.

Auswirkungen auf Nicht-Säugetiere und genetische Schäden

Auch bei Nicht-Säugetieren belegen zahlreiche Studien gesund-heitliche Auswirkungen der Radioaktivität auf die Tierwelt. In Ja-pan ging die Anzahl der Vögel, Schmetterlinge und Zikaden in kontaminierten Gebieten zurück.

Studien an Fukushima-Schmetterlingen konnten, proportional zur radioaktiven Kontamination der Nahrung, eine Reduktion der Körper- und Flügelgröße, eine größere Zahl an morphologischen Mutationen und eine erhöhte Sterblichkeitsrate zeigen.

Schlussfolgerungen

Die Einwirkungen ionisierender Strahlung auf die Tierwelt sind drastisch. Tschernobyl und Fukushima führten zu schwersten Er-krankungen bis hin zum Tod. Insbesondere die bei Säugetieren festgestellten Auswirkungen u.a. auf die Schilddrüse, das Herz-Kreislauf-System, das Blutbild und das Immunsystem sowie die Chromosomenaberrationen zeigen Parallelen zu vergleichbaren Ef-fekten bei Menschen. Die von der Atomlobby oft mit so genannter „Strahlenangst“ oder schlechten Lebensbedingungen begründeten Gesundheitsschäden von Tschernobylbetroffenen dürften daher tatsächlich auf die radioaktive Kontamination der Umwelt zurück-zuführen sein. Es ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass der jüngste UNSCEAR-Bericht zur Atomkatastrophe von Fu-kushima die Auswirkungen ionisierender Strahlung auf die Tierwelt, insbesondere auf Säugetiere, vollständig ausklammert.

Es besteht weiterhin großer Forschungsbedarf, insbesondere hin-sichtlich der Frage generationenübergreifender gesundheitlicher Auswirkungen. Breit angelegte Langzeitstudien der Ökosysteme der betroffenen Gebiete und Genanalysen von Flora und Fauna sind dringend notwendig, auch um die gesundheitlichen Folgen radioaktiver Verstrahlung von Menschen künftig besser verstehen zu können.

TSCHERNOBYL-STÖRCHE AUF DER STRASSE, IWANKIW BEI KIEW (2008) – FOTO: TIMOTHY MOUSSEAU

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ATOMMÜLL: DEMNÄCHST AUCH AUF SCHROTTPLÄTZEN UND HAUSMÜLLDEPONIEN ZU FINDEN?

Beim Abriss stillgelegter Atomkraftwerke fallen neben stark strahlenden Komponenten auch große Mengen Stahl und Beton an, die nur geringfügig radioaktiv kon-taminiert sind. Werden bestimmte Grenzwerte unter-

schritten, dann sollen die Materialien auf Hausmülldeponien gela-gert oder sogar in den normalen Wirtschaftskreislauf eingespeist werden können. Es ist schwer zu beurteilen, in welchem quanti-tativen Ausmaß das so genannte „Freimessen“ in der Praxis zu Gesundheitsgefährdungen führen kann. Unbestreitbar aber han-delt es sich um eine unsägliche Provokation unserer atomenergie-kritischen Gesellschaft, dass Abrissmaterial aus Atomkraftwerken im ungünstigen Fall in Heizköpern neben schlafenden Kindern landen kann.

„Ein paar Meter weiter...“

Mit der Stilllegung der Atomkraftwerke hört das Theater um die Atomenergie nicht auf. Die Konzerne hätten eigentlich die Mög-lichkeit, die hochradioaktiven Brennelemente und anderes zu entfernen und die Atomkraftwerke anschließend zu versiegeln. Stattdessen haben die Atomkraftwerksbetreiber den Rückbau beantragt. Das bedeutet, dass man mit viel Aufwand radioaktiv aktivierte bzw. kontaminierte Komponenten unnötigerweise zu-rückbaut, zerlegt, verbrennt, verpresst, trocknet, verfestigt und verpackt.

D en schließlich mit erheblichem Aufwand in Behälter verpack-ten schwach- und mittelaktiven Strahlenmüll verschiebt man

auf dem jeweiligen Atomkraftwerksgelände „ein paar Meter“ wei-ter in ein Zwischenlager. Da das „Endlager“ für den schwach- und mittelaktiven Müll, Schacht Konrad, frühestens im Jahr 2022 in Betrieb gehen soll, aber selbst dann angeblich nur die Hälfte des

anfallenden Mülls aufnehmen kann, wird jede Menge Strahlen-müll auf unbestimmte Zeit in den Zwischenlagern der Atomkraft-werke verbleiben.

156.500 Tonnen Gebäudemasse

Den mengenmäßig größten Teil beim Abriss eines Atomkraftwerks machen die Gebäudemassen aus. Während sich etwa für Biblis A die aktivierten Massen (Reaktordruckbehälter, biologischer Schild etc.) nach Angaben des Betreibers auf ungefähr 4.650 Tonnen und die kontaminierten Massen (Rohrleitungen, Wärmetauscher, Schleusen etc.) auf ca. 11.400 Tonnen summieren, geht es bei den Gebäudemassen diesen Angaben zufolge um rund 156.500 Tonnen (91 Prozent).

Freigabe – Mülldeponien und Heizkörper

Bei diesen geschätzten 156.500 Tonnen handelt es sich um die Menge, die so gering kontaminiert ist, dass sie im rechtlichen Sinn nicht mehr als Atommüll gelten soll. Für diese Materialien ist eine „Freigabe“ nach § 29 der Strahlenschutzverordnung vor-gesehen. Hierfür erfolgen gemäß § 29 Abs. 3 der Verordnung sogenannte „Freimessungen“. Die Möglichkeit der Freigabe hat-ten die Atomkonzerne schon vor etlichen Jahren gegenüber der rot-grünen Bundesregierung durchgesetzt. Mit der am 1. August 2001 in Kraft getretenen novellierten Strahlenschutzverordnung wurde das ermöglicht.

Freigemessene Materialien sollen beispielsweise auf Hausmüllde-ponien gelagert oder auch in den normalen Wirtschaftskreislauf eingespeist werden. So könnten sich beispielsweise freigemes-sene Metalle aus Atomkraftwerken in Heizkörpern wiederfinden.

Zerlegt, verbrannt, getrocknet, gepackt„Freimessen“ beim AKW-Rückbau

IONISIERENDE STRAHLUNG

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Henrik Paulitz ist Referent der IPPNW

Deutschland für Atompolitik und Energiewende.

Das Zehn-Mikrosievert-Konzept

Die Freigabewerte der Abbruchmaterialien (Aktivität je Masse bzw. Fläche) wurden mit dem Ziel einer Dosisbelastung von ma-ximal 10 Mikrosievert (μSv) pro Einzelperson und pro Jahr fest-gelegt. Für die staatlichen Strahlenschützer handelt es sich hier-bei um eine „marginale“, also um eine unbedeutende zusätzliche Dosis. Sie verweisen auf die natürliche Strahlenexposition, die in Deutschland auf rund 2.400 μSv (2,4 mSv) beziffert wird. Ange-sichts anderer Risiken und anderer Noxen, „denen der Mensch in einer zivilisierten oder technisierten Gesellschaft“ ausgesetzt sei, komme es auf diese zusätzliche Strahlendosis von 10 μSv nicht an. Die Rede ist von einer „Marginalitätsschwelle“. Dies wird auch damit begründet, dass schließlich allgemeine Grenzwerte für die zusätzliche Strahlenbelastung in Höhe von 1 mSv (1000 μSv) für die Normalbevölkerung und 20 mSv (20.000 μSv) für den beruf-lichen Bereich zu akzeptieren seien.

W enn sehr viele Personen mit einer sehr geringen Strahlendo-sis belastet werden, verursacht das eine nennenswerte Kol-

lektivdosis, die eine gewisse Zahl an Krebsfällen zur Folge hat. Es ist hierbei insbesondere auch die Frage, ob dem Zehn-Mikrosie-vert-Konzept tatsächlich realitätstaugliche Annahmen zugrunde liegen. Deponiearbeiter beispielsweise könnten unter Umständen erhebliche Strahlendosen erhalten, wenn sie von Mehrfachbelas-tungen betroffen sind. Der Physiker Wolfgang Neumann (INTAC Hannover) weist darauf hin, dass u.a. in den „Deponiemodellen“ rechnerisch nicht berücksichtigt worden sei, dass man 20 Atom-kraftwerke nahezu gleichzeitig zurückbauen will.

Kontaminierte Chemieabwässer durch Freimessen

Ein weiterer Aspekt ist, dass vor dem Freimessen oftmals Dekon-taminationsmaßnahmen durchgeführt werden. In Biblis A rechnet RWE beispielsweise damit, dass 3.950 Tonnen der Gebäudestruk-turen „mittels verschiedener Dekontaminationsverfahren gerei-nigt“ werden müssen, bevor sie freigegeben werden können. So aber werden für die Dekontamination zusätzliche Materialmengen (Chemikalien) in die Anlage eingebracht, die dadurch selbst zu flüssigem Strahlenmüll werden, der entsorgt werden muss. Das

sind die so genannten Sekundärabfälle. Atomkraftgegner wie Er-hard Renz gehen inzwischen davon aus, dass radioaktiv verseuch-tes Wasser, das bei der Dekontamination in Biblis anfällt, in den Rhein geleitet werden soll. In diesem Zusammenhang ist vermut-lich die geplante Verlängerung der Abwasserrohre in den Rhein zu sehen, die der Verdünnung des belasteten Wassers dienen dürfte.

„Strahlentürken“

Insbesondere aber gilt die Sorge den Arbeitern, die den Abriss der stillgelegten Atommeiler durchführen müssen. Innerhalb der Atomindustrie ist, wie man von Insidern hört, von „Strahlentür-ken“ die Rede, von Hilfskräften und Leiharbeitern, die bei den gefährlichsten Arbeiten in den kontaminierten Bereichen einge-setzt werden. Sie sind es, die beim Abriss der Atomkraftwerke die größten Strahlendosen kassieren werden. Sie tragen bei dem von den Atomkonzernen beschlossenen Projekt AKW-Rückbau mutmaßlich das größte Erkrankungsrisiko. Würde man auf den Abriss der Atomkraftwerke verzichten, dann wären weder Hilfs-kräfte und Leiharbeiter noch die sonstige Bevölkerung durch die Arbeiten und die Freigaben betroffen. Zudem könnten Milliarden-beträge für den Rückbau eingespart werden und stünden für die Entsorgung des hochradioaktiven Atommülls zur Verfügung.

D ie vielleicht wichtigsten Fragen rund um das Thema Rückbau und Freimessen lauten daher: Warum betreibt man diesen

gigantischen Aufwand mit dem Atomkraftwerks-Rückbau über-haupt? Welchen Sinn hat es, schwach- und mittelaktiven Atom-müll aus dem Kraftwerk in ein Zwischenlager gleich nebenan zu verschieben? Welchen Sinn hat es, Materialien zu dekontaminie-ren und die kontaminierten Abwässer im schlechtesten Fall in die Flüsse abzuleiten? Welchen Sinn hat es, den Stahl und Beton der Gebäude abzureißen, freizumessen, und anschließend auf eine Hausmülldeponie zu fahren? Warum lässt man dann die Gebäude nicht einfach stehen? Auch das wäre so etwas wie eine Deponie. Und vor allem: Warum wollen die Atomkonzerne in Deutschland den sehr schwach aktiven Atommüll überhaupt durch Freigabe „unters Volk streuen“, während man dies in Frankreich unterlässt?

Es ist hierbei insbesondere auch die Frage, ob dem Zehn-

Mikrosievert-Konzept tatsächlich realitätstaugliche Annahmen zu-grunde liegen. Deponiearbeiter beispielsweise könnten unter Um-ständen erhebliche Strahlendosen erhalten, wenn sie von Mehrfach-belastungen betroffen sind.

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Da die IPPNW 1985 den Frie-densnobelpreis erhalten hat-te, gab es für Studierende der IPPNW die Möglichkeit, an dem

Treffen teilzunehmen und in Podiumsdis-kussionen und Workshops mit den Nobel-laureatInnen über eine friedlichere Welt zu diskutieren. Der Kongress hätte ur-sprünglich in Südafrika stattfinden sollen, aber nachdem die südafrikanische Regie-rung dem Dalai Lama auf Drängen von China kein Visum erteilt hatte, wurde der Kongress nach Rom verlegt. Dort kamen mehrere hundert Menschen zusammen: Nobelpreisträger, Mitglieder der Preis-trägerorganisationen, Regierungsvertre-terInnen, Studierende, SchülerInnen und natürlich VertreterInnen der Presse.

E twa 20 IPPNW-Studierende, ein Großteil davon deutsche Mitglieder,

nahmen die Chance wahr, an den Work-shops und Diskussionen teilzunehmen und begegneten in Rom beeindrucken-den Persönlichkeiten wie eben dem XIV. Dalai Lama, Leymah Gbowee, Tawakkol Karman oder Jody Williams – allesamt

FriedensstifterInnen, die die Welt verän-dert haben – die vorweg gehen, um die Welt auch weiterhin zum Positiven zu ver-ändern – FriedensstifterInnen, die uns alle motivieren, ihrem Beispiel zu folgen und uns gegen gewaltsame Konflikte und für eine gerechtere und friedlichere Welt einzusetzen.

L eymah Gbowee zum Beispiel ist eine liberianische Aktivistin, die das Lei-

den vor allem der Kinder ihres Landes während des zweiten liberianischen Bür-gerkrieges nicht mehr aushielt und sich entschloss, weitere Frauen zusammenzu-trommeln und friedlich gegen den Krieg und die unglaublichen Gräueltaten zu demonstrieren. Mit ihrer Willensstärke und ihrer Durchsetzungsfähigkeit trug sie maßgeblich zum Friedensprozess bei und strahlt auch heute noch bei ihren Reden eine immense Kraft aus. Diese Kraft und der Wille, auch schwierige Situationen zu meistern und durchzustehen, ist etwas, was sich jeder in seiner Welt zu Herzen nehmen kann und wovon er profitiert.

P rägend war der Auftritt von Dr. Ira Hel-fand, dem IPPNW-Ko-Präsidenten,

der die Folgen eines Atomkrieges so an-schaulich darzustellen vermochte, dass er mit Standing Ovations bedacht wurde. Im Angesicht eines neuen Vorstoßes der österreichischen Regierung, die zugesagt hat, einen bindenden Vertrag für die Ab-schaffung von Atomwaffen zu initiieren, scheint es tatsächlich möglich, diese Massenvernichtungswaffen aus den Ar-senalen der Großmächte zu verbannen. Die Atommächte (und auch Deutschland) stehen hier allerdings noch für eine sehr regressive Politik, könnten aber durch na-tionalen und internationalen Druck nach und nach zum Umdenken gebracht wer-den.

E in ganz besonderer Moment, der je-dem Teilnehmer in Erinnerung blei-

ben wird, war schließlich auch die sym-bolische Versöhnung von Schiiten und Sunniten in Person der iranischen Men-schrechtsanwältin Dr. Shirin Ebadi und der jemenitischen Journalistin Tawakkol Karman: „Schiiten und Sunniten, wir sind alle nur Menschen, da machen wir keine Unterschiede. Und Frieden und Freiheit sind universelle Menschenrechte!“, pro-klamierten die beiden Frauen unisono unter Tränen und Standing Ovations des Publikums. Während der Reden wurden die Nobelpreisträger auch nicht müde, die Jugend einzubeziehen und zu beto-nen, dass jede Arbeit, die zum Frieden beiträgt, und sei sie auch noch so klein, nicht unbedeutend ist und es wert ist, sie zu verfolgen. „Seid der Wandel, den ihr in der Welt sehen wollt“ – so das von Mahat-ma Gandhi geprägte und am Wochenen-de häufig zitierte Credo des Kongresses.

WELT

Den Frieden lebenTreffen der FriedensnobelpreisträgerInnen im Dezember 2014

Vincent Gaertner ist

Studierenden-sprecher der

deutschen Sektion der

IPPNW.

Etwa 20 IPPNW-Studierende nahmen die Chance wahr, auf dem Treffen der Friedens-

nobelpreisträger an Workshops und Diskussionen teilzunehmen und in Rom beeindruckenden Persön-lichkeiten zu begegnen.

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BERLIN

BOCHUM

BOCHUM

AKTION

FriedenswinterAktionswoche im Dezember 2014

Die IPPNW hat bei einer Aktionskonferenz im Oktober 2014 ge-meinsam mit vielen weiteren Friedensorganisationen den „Frie-denswinter 2014/15“ beschlossen. Neben Repräsentanten der traditionellen Friedensbewegung waren auch Menschen von den Montagsmahnwachen für den Frieden beteiligt. Voraussetzung dafür war ihr klares Bekenntnis zu Antifaschismus und eine Ab-lehnung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Diese Ko-operation führte im Dezember 2014 zu einer Aktionswoche mit vielfältigen Veranstaltungen am Tag der Menschenrechte und fünf Demonstrationen in Hamburg, Heidelberg, Bochum, Leipzig und Berlin. Allein in Berlin demonstrierten über 4.000 Friedensbeweg-te unter dem Motto „Verantwortung für unser Land heißt: Nein zu Krieg und Konfrontation“ für Frieden, Abrüstung, zivile Konfliktlö-sungen und gegen die Militarisierung der deutschen Außenpolitik.

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Gefahr ohne Schatten 25 Jahre nach Tschernobyl und 28 Tage nach Fukushima wird ein IPPNW-Kongress zu den Folgen atomarer Verseuchung Schauplatz eines Verbrechens.

Sebastian, Experte für erneuerbare Energien, wird von einem Auto überrollt – ein Mordanschlag – unmittelbar vor den Türen des Symposiums. Doch traf das Atten-tat den Richtigen? Oder sollte Jan, der im Zuge seiner

Recherchen über die Machenschaften der Atomindustrie bereits in den Fokus der Atomlobby geraten ist, das Opfer sein? Jan be-schließt unterzutauchen und gemeinsam mit seiner Verbündeten Rona nach Tätern und Wahrheit zu suchen. Die Flucht vor den Häschern und die Suche nach den Drahtziehern der Atomwirt-schaft nimmt den Leser mit – quer durch die Republik.

Die Autorin Anika Limbach entspinnt in ihrem Roman „Gefahr ohne Schatten“ eine fiktive Geschichte über die Gefahren der Atomkraft, die Macht der Energiekonzerne und das gezielte Ausbremsen der Energiewende, zeitlich nah an der Gegenwart und mit starken Bezügen zur Energiepolitik der Bundesrepub-lik Deutschland. Ein unterhaltsam und über weite Strecken dicht geschriebener Roman, der jedoch in Anbetracht des themenei-genen Anspruchs stellenweise oberflächlich bleibt und dem zum Ende hin etwas die Luft ausgeht.

Dennoch legt die Autorin mit ihrer Geschichte, angesiedelt in der komplexen Thematik von Atomkraft, Energiepolitik und Lobbyis-mus, ein Novum in der deutschen Spannungsliteratur vor, was den Roman trotz einiger erzählerischer Schwächen durchaus le-senswert macht.

Anika Limbach: Gefahr ohne Schatten. Tredition Verlag 2014 284 S., 14,90 €, ISBN: 978-3-8495-8115-2

Nana Seidel

Extreme Gewalt überlebenInterviews mit traumatisierten Menschen in der Tür- kei, Südamerika und Ruanda

Marlene Pfaffenzeller, IPPNW-Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, begab sich nach 30 Jahren intensi-ver therapeutischer Arbeit mit schwer traumatisierten Flüchtlingen selbst auf die Spuren der Vergangenheit

ihrer PatientInnen. Sie bereiste Orte und Länder, in denen diese und zahllose andere Menschen unvorstellbare Qualen erleiden mussten. In ihrem Buch gibt sie den Opfern von Folter und Miss-handlungen eine Stimme. Die Autorin stellt die Betroffenen „mit ihren persönlichen Geschichten in den Mittelpunkt“ – auch wenn sich zu allen dokumentierten Gesprächen aus analytischer und sozialpolitischer Sicht sicher noch vieles ergänzen ließe.

„Die Gespräche mit den Menschen in Butare wühlten mich auf und lösten widersprüchliche und schmerzhafte Gefühle aus. Sie erschöpften mich körperlich, was ich auch bei den Menschen spürte, die ihre Geschichte erzählten. Einerseits zeigten sie Dank-barkeit, dass ihnen zugehört wurde, andererseits wurde in nicht verheilten Wunden gebohrt und über allem lag, obwohl gespro-chen wurde, diese quälende Sprachlosigkeit des Grauens, für das es keine Worte gibt.“

Die dokumentierten Gespräche berichten vom Völkermord in Ruanda, dem türkisch-kurdischen Konflikt, kolumbianischen Todesschwadronen und zeichnen ein Bild des Schreckens der Vergangenheit und Gegenwart. Sie reißen den Leser mit sich in Lebenswelten geprägt von Leid, Angst und Gewalt, aber auch von Stärke, Widerstand und Glauben. Marlene Pfaffenzeller resü-miert, dass „die Konfrontation mit existenzieller Bedrohung und extremem Leid bei Menschen zu Reaktionen führt, die zwar indi-viduell unterschiedlich, aber wahrscheinlich überall auf der Welt vergleichbar sind.“ Ihr Buch ist auch ein Appell, ein Aufruf für mehr Mitgefühl und Verständnis für Menschen, die ihre Heimat unter oft grausamen Bedingungen verlassen mussten, und eine Politik, die durch ihre Handlungen und Gesetze einen wohlwol-lenden und menschlichen Umgang mit Flüchtlingen fördert.

Marlene Pfaffenzeller: Todesangst und Überleben nach extre-mer Gewalt – Interviews mit traumatisierten Menschen in der Türkei, Südafrika und Ruanda. Kulturmaschinen Verlag 2014, 136 S., 15,30 €, ISBN 978-3 943977-55-4

Carla Wisselmann

GELESEN

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IPPNW-aktuell IrakHumanitäre Hilfe statt Waff en

Im August 2014 fl ohen tausende Men-schen vor dem IS in die kurdischen Städte Dohuk und Erbil. Die IPPNW-Ärztin Dr. An-gelika Claußen hat mit den traumatisierten Flüchtlingen gesprochen, Krankenhäuser in der Region besucht und mit ÄrztInnen geredet. Informationen über die Situation vor Ort und die politischen Forderungen der IPPNW fasst das vierseitige Infoblatt „Irak: Humanitäre Hilfe statt Waffen“ zusammen.

Ein Exemplar senden wir kostenfrei zu. 50 Exemplare kosten 10 Euro.

Das Faltblatt könen Sie im Shop bestellen:www.shop.ippnw.deOnline lesbar unter: issuu.com/ippnw

MÄRZ

9.-20.3. „Lebenslang“, Ausstellungdes Fotografen Rüdiger Lupricht,Dortmund

14.3. Aktionskonferenz Friedens-winter, Frankfurt

19.3. Ausstellungseröffnung „Hiba-kusha Weltweit“, Mainz (bis 2.6.)

26.3. Start der Blockade „Büchel65“ (bis 29.5.)

APRIL

3.-6.4. Ostermärsche

7.4. Vortrag „Die Klage der Marshall-Inseln", Mainz

13.-16.4. World Uranium Sympo-sium, Quebec

24.-26.4. IPPNW-Mitgliederver-sammlung, Berlin

26.4. Öffentliche Aktion „29 Jahre Tschernobyl – 4 Jahre Fukushima“

28.4. Vortrag „Die Nukleare Kette“,Mainz

MAI

8.-10.5. Europäisches IPPNW-Studierendentreffen, Berlin

10.5. Friedensdemonstration zum 70. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus, Berlin

JUNI

6.-7.6. Konferenz „Best Practicefor Young Refugees“, Berlin

AUGUST

6.8. 70. Jahrestag von Hiroshima

9.8. 70. Jahrestag von Nagasaki

SEPTEMBER

13.-19.9. Global Health Summer School, Berlin

Informationen und Kontaktdaten: www.ippnw.de/aktiv-werden/termine

TERMINE

IMPRESSUM UND BILDNACHWEIS

Herausgeber: Internationale Ärzte für die Verhü-

tung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verant-

wortung e. V. (IPPNW) Sektion Deutschland

Redaktion: Sabine Farrouh (V.i.S.d.P.), Angelika

Wilmen, Regine Ratke, Samantha Staudte

Freie Mitarbeit: Carla Wisselmann

Anschrift der Redaktion: IPPNWforum, Körte-

straße 10, 10967 Berlin, Telefon: 030 / 69 80

74 0, Fax 030 / 693 81 66, E-Mail: ippnw@

ippnw.de, www.ippnw.de, Bankverbindung:

Bank für Sozialwirtschaft, Kto-Nr. 2222210, BLZ

10020500, IBAN DE39100205000002222210,

BIC BFSWDE33BER

Das Forum erscheint viermal im Jahr. Der Be-

zugspreis für Mitglieder ist im Mitgliedsbeitrag

enthalten. Sämtliche namentlich gezeichnete Arti-

kel entsprechen nicht unbedingt der Meinung der

Redaktion oder des Herausgebers. Nachdrucke

bedürfen der schriftlichen Genehmigung.

Redaktionsschluss für das nächste Heft:

30. April 2015

Gestaltungskonzept: www.buerobock.de, Layout:

Regine Ratke; Druck: Clever24 GmbH Berlin;

Papier: Recystar Polar, Recycling & FSC.

Bildnachweise: Titelfoto: Tschernobyl-Maus mit

Katarakt von Timothy Mousseau; S. 3 "21.04.13

Tschernobyl-Jahrestag" (Bild geändert), Foto:

Uwe Hiksch / creativecommons by-nc-sa/2.0; S.

6 li. Foto: RECAP; S. 6 Mitte © Jakub Szypulka; S.

7 li. "Destroyed House in Gaza", Foto: Mohammed

Al Baba/Oxfam / creativecommons by-nc-sa/2.0;

S. 7 Mitte "KKW Lingen 2010" Foto: ChNPP/crea-

tivecommons.org/licenses/by-sa/3.0 S. 19 oben

"Bujar and Alberto" (Bild geändert) Foto: Martin

Gommel / creativecommons by-nc-sa/2.0; S. 28

"Schrott", Foto: Dierk Schaefer/creativecommons

by-nc-sa/2.0 (Bild geändert); S. 34: Deutsche

Welle/M. Müller/creativecommons by-nc-sa/2.0;

nicht gekennzeichnete: privat oder IPPNW.

GEDRUCKT

GEPLANT

Das nächste Heft erscheint im Juni 2015. Das Schwerpunktthema ist:

70 Jahre Hiroshima und NagasakiDer Redaktionsschluss für die Ausgabe 142 / Juni 2015 ist der 30. April 2015. Das Forum lebt von Ihren Ideen und Beiträgen. Schreiben Sie uns: [email protected]

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GEFRAGT

6 Fragen an …Michael LüdersPolitik- und Islamwissenschaftler aus Berlin – ist als Berater, Publizist und Autor tätig.

1Wie schätzen Sie die Aussicht auf einen Frieden in der Ukraine ein? Einen dauerhaften Frieden kann es in der Uk-

raine erst dann geben, wenn die Europäische Union und die USA bereit sind, die Sicherheitsinteressen Russlands zu respektie-ren. Die Eskalation des Konflikts war vollkommen unnötig und verdankt sich wesentlich dem westlichen Wunsch, die eigene Einflusssphäre immer weiter nach Osten auszuweiten. Aus rus-sischer Sicht ist damit eine rote Linie überschritten worden – die Ukraine zahlt dafür den Preis.

2Es scheint eine Entfremdung zwischen Europa und den USA zu geben. Wird dort nicht mehr miteinander gesprochen?

Ich glaube, dass die Europäer allmählich zu begreifen beginnen, dass die Interessen der USA in der Ukraine nicht notwendiger-weise dieselben sind wie die eigenen. Die Verschärfung der Be-ziehungen zu Russland hat gravierende wirtschaftliche Folgen für Europa. Da die Amerikaner traditionell nur relativ geringen Han-del mit Russland führen, sind vor allem Deutschland und andere europäische Staaten massiv betroffen. Und letztendlich bezahlen die Europäer einen Großteil der Wirtschaftshilfe für die Ukraine, die aufgrund fehlender Kontrollen aber ein Fass ohne Boden zu sein scheint, während die Regierung in Kiew für die eigene Be-völkerung im Osten des Landes alle Zahlungen eingestellt hat.

3Wie sollte die deutsche Regierung damit Ihrer Meinung nach umgehen? Eigentlich müsste eine vernunftorientierte

Politik nicht nur Klartext mit Moskau reden, sondern auch gegen-über der Regierung in Kiew, dass sie an den Verhandlungstisch zurückfinden muss und nicht auf militärische Lösungen setzt, die es im Falle der Ostukraine nicht geben kann. Die Ukraine ist ein Land, das sowohl in Richtung Russland als auch in Richtung Europa ausgerichtet ist. Sie ist ein „Scharnierstaat“ – man kann nicht eine Seite gewissermaßen militärisch herausoperieren – bei aller berechtigten Kritik an der Politik Russlands.

4Welche Handlungsoptionen bleiben der deutsche Diploma-tie in dem sich verschärfenden Konflikt noch – nach bisher

wenig erfolgreichen diplomatische Bemühungen? Letztlich geht es um die Frage, ob die EU bereit ist, gegenüber den amerika-nischen Freunden Klartext zu reden, dass wir nicht gewillt sind, einen Krieg im Zentrum Europas entstehen zu lassen und auf eine Politik setzen, die versucht, eine Balance zu finden und auch einer tendenziösen Entwicklung in der Ukraine entgegenwirkt – angesichts des Auftritts von Herrn Jazenjuk, der hier in Berlin kürzlich erklärte, dass sowohl die Ukraine als auch Deutschland im zweiten Weltkrieg Opfer sowjetischer Aggression geworden seien. Das ist eine gefährliche Geschichtsklitterung und ich hoffe, dass sich in Berlin und in Brüssel die Einsicht durchsetzt, dass man natürlich mit Kiew eng kooperieren sollte und muss, aber nicht um jeden Preis.

5Russland und der Iran haben ein Militärbündnis abgeschlos-sen. Ist das eine überraschende Entwicklung? Nein, das war

eigentlich zu erwarten. Russland weiß, dass es einen Bruch gibt, der sich fortschreiben wird, und ist dabei, seine Wirtschafts- und Außenpolitik neu zu orientieren. Die großen Nutznießer dieser Entwicklung sind China, die Türkei, der Iran und Indien. Wir in Europa werden diejenigen sein, die das Nachsehen haben.

6Welche Faktoren spielen hier die maßgebliche Rolle? Der Iran hat sehr viel Öl zu verkaufen und ist bereit, eine strategi-

sche Allianz mit Russland einzugehen. Das ist natürlich auch ein Affront an die Adresse des Westens – damit verliert der Westen ein Druckmittel auf die iranische Regierung in Sachen Wirtschafts-sanktionen, die nunmehr von Russland unterlaufen werden. Hier kann man beobachten, wie auch in der Geopolitik neue Konstel-lationen entstehen. Wir sind nicht mehr die stärksten Mächte auf der Welt, denn sie wird multipolarer – und Rechthaberei alleine ersetzt keine ergebnisorientierte Politik.

Ausgestrahlt in „Der Tag“ auf Phoenix am 20 Januar 2015. Weitere Veröffentlichungen von Michael Lüders unter www.michael-lueders.de

Page 35: IPPNW forum 141/2015 – Die Zeitschrift der IPPNW

Die beste Zukunftsanlage ist die soziale Gerechtigkeit.

Es gilt das Prinzip: Leben statt Pro� t.

Bitte deutlich schreiben (falls Platz nicht reicht, bitte Extrablatt beifügen)

Name, Vorname

Straße, Hausnr.

Geldinstitut

Konto-Nr. bzw. IBAN

PLZ, Ort

Telefon

Bankleitzahl bzw. BIC

Datum, Unterschrift

Alter Beruf

Bitte ausschneiden und zurücksenden an: ProSolidar / Schweidnitzer Str. 41 / 40231 Düsseldorf Tel. 0211 - 26 11 210 / Fax 0211 - 26 11 220 / Mail [email protected] / www.ProSolidar.net H

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Übliche Geldanlagen ziehen ihre Rendite aus Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Zerschlagung der sozialen Netze, Privatisierung der Daseinsfürsorge für die Pro� te der Ultra-Reichen. ProSolidar verzichtet auf Rendite. Und � nanziert stattdessen Einsatz für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Frieden sowie für Konzernkritik.

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Fukushima 360°Das atomgespaltene Leben der Opfer vom 11. März 2011

Im März jährt sich der Super-GAU von Fukushima. Wie sieht es heute in der Re-gion aus? Wie hat die Atomkatastrophe den Alltag und das Leben der Menschen in Japan verändert? Der Umweltjournalist Alexander Neureuter begibt sich auf Spurensuche. Er begleitet 40 Menschen in Fukushima und erzählt davon, wie tief greifend und unumkehrbar der Atomunfall ihr Leben veränderte. Dabei entsteht ein ebenso verstörendes wie berührendes Panorama einer Region, um die es in den Medien still geworden ist.

"Das wohl eindrucksvollste Buch über die Auswirkungen der Katastrophe." (EKZ-Bibliotheksservice)

Page 36: IPPNW forum 141/2015 – Die Zeitschrift der IPPNW

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Unser Rezept für Frieden: Prävention —Konferenz vom 2. bis 4. Oktober 2015 in Frankfurt am Main.Die deutsche Sektion der IPPNW lädt zu einer Friedenskonferenz ein, bei der es um die Möglichkeiten der Prävention von Krieg und Gewalt geht. Aufbauend auf der Analyse von Kriegsursachen wollen wir die Praxis der Friedensarbeit und Konfliktprävention weiterentwickeln. Das heißt: Bei allen Vorträgen, Work-shops und Diskussionen wird die Frage nach Alternativen, nach Lösungen und Vorbeugung mitgedacht.

Geplant sind folgende Themenstränge: Der Blick nach innen: Erkenntnisse der Neurowissen-schaften und der Psychologie über Aggression, Friedens-fähigkeit, transgenerationaler Prozesse und GenderfragenDer Blick nach außen: Aktuelle Kriege und ihre Ursa-chen – Die herrschende Wirtschaftsordnung und Alterna-tiven dazuDer Blick zur Seite: Kriege und Migration – Flüchtlinge in Deutschland, Fremdenfeindlichkeit und Radikalisierung Der Blick nach vorne: Möglichkeiten der Abhilfe: Thera-pie und Prävention Wir laden Sie herzlich zur Teilnahme an der Konferenz ein und freuen uns über Anregungen. Es wird auch die Mög-lichkeit geben, im Rahmen des oben skizzierten Konzepts Workshops anzubieten.

Ort: Saalbau Gallus, Frankenallee 111, 60326 Frankfurt/M.