Irrgeister - Willkommen beim VNV · IRRGEISTER 1/2006 1 IRRGEISTER Naturmagazin des Vereins für...

48
IRRGEISTER 1/2006 1 IRRGEISTER Naturmagazin des Vereins für Natur- und Vogelschutz im HSK e.V. 25 Jahre VNV - Rückblick, Einblick, Ausblick 23. Jhg. 2006

Transcript of Irrgeister - Willkommen beim VNV · IRRGEISTER 1/2006 1 IRRGEISTER Naturmagazin des Vereins für...

IRRGEISTER 1/2006 1

IRRGEISTERNaturmagazin des Vereins für Natur- und Vogelschutz im HSK e.V.

25 Jahre VNV -Rückblick, Einblick, Ausblick

23. Jhg. 2006

2 IRRGEISTER 1/2006

25 Jahre VNV - ein Grund zu feiern?! S. 3

Lebendiger Naturschutz im Sauerland -Ein Überblick über 25 Jahre VNV S. 4

Aufruf: Doppelt gelesen hält besser! S. 8

Malochen für den Naturschutz - Pflegemaß-nahmen im 14-Tage-Rhythmus S. 9

Kleinode in unserer Landschaft - Pflanzen-raritäten im Hochsauerlandkreis S. 14

Schmuckstücke des Naturschutzes zu altemGlanz erweckt S. 20

Ungenutzt und ungeliebt - von der erfolgreichenRettung der Sauerländer Feuchtwiesen S. 23

Die Bruchhauser Steine - auch Riesen sindbedroht S. 26

Schmackhaftes aus wertvollem Lebensraum -Ostwiesen im Sauerland S. 29

Verborgenes Leben - Amphibien und Reptilienim Sauerland S. 32

Die „Roten“ pflegen wieder Kulturlandschaft -DAs VNV-Projekt „Rotes Höhenvieh“ S. 35

Naturschutz findet nicht nur draußen statt! -Arbeit am Schreibtisch und in Gremien S. 38

Faustschlg gegen die Natur - Das geplanteLandschaftsgesetz S. 41

Beitrag der LNU: Eckpunkte zur Novellierungdes Landschaftsgesetzes S. 41

Kästen und Brutnischen für seltene Vögel -Artenhilfsprogramm durch Nisthilfen S. 44

Impressum Inhalt

Redaktion und Layout: Veronika FalkensteinHarald Legge

Die Autoren dieser Ausgabe sind: Richard Götte, Bernhard Koch, Sven Kuhl, Jörg Langanki, Harald Legge, Martin Lindner,Johannes Schröder, Norbert Schröder, Werner Schubert

Herausgeber:Verein für Natur- und Vogelschutz imHochsauerlandkreis e.V.

Geschäftsstelle: Voßwinkelerstraße 52 59757 Arnsberg-Voßwinkel

VNV-Station: Sauerlandstr. 74a, (Kloster Bredelar) 34431 Marsberg-Bredelar

Tel. 02991/908136

Internet: www.vnv-hsk.dee-mail: [email protected]

Vorstand:Bernhard Koch 1. Vorsitzender 02932/24243

[email protected] Stein 1. stellv. Vors. 02991/1281

[email protected] Schröder 2. stellv. Vors. 02991/1599

[email protected] Legge Schriftführer, Ornith. AG

02962/[email protected]

Richard Götte Schatzmeister 02961/[email protected]

Erweiterter Vorstand:Veronika Falkenstein 02961/8778

[email protected] Hemmelskamp 0291/51737

[email protected] Kistner 02932/37832

[email protected] Kuhl 02992/907700

(Reptilien und Amphibien)Jörg Langanki 02933/921119 (Botanik-AG)

[email protected] Lindner 02933/5639 (Wanderfalken)

[email protected] Neuß 02931/6879 (Nisthilfen)Norbert Schröder 02992/4764 (Rotes Höhenvieh)

[email protected] Wilkens 0291/51737

[email protected]

Vorstandsitzung:Jeden 2. Freitag im Monat, 19.15-22.30 Uhr, GasthofHengsbach, Bestwig. Die Sitzung ist öffentlich.

Die Rechte der Vervielfältigung und auszugsweisenWiedergabe liegen bei den Herausgebern. Für denInhalt sind die Verfasser verantwortlich.

Die Irrgeister werden allen Mitgliedern des VNVkostenlos zugesandt.

Bankverbindungen:Sparkasse Hochsauerland Brilon Kto.-Nr. 68577(BLZ 41651770)Volksbank Thülen eG, Brilon-Thülen Kto.-Nr. 4002100900 (BLZ 40069371)

Die Irrgeister werden auf weißem Recyclingpapiergedruckt.

Titelfoto: NSG „Kregenberg“Foto: H. Legge

Rückseite: Schafe im NSG „Sonderkopf“ Foto: R. Götte

IRRGEISTER 1/2006 3

25 Jahre VNV -ein Grund zu feiern?!

Unser „Verein für Natur- undVogelschutz im Hochsauerland-kreis“ wird in diesem Jahr 25Jahre jung.

Dies ist uns ein Anlass, Ihneneinen Überblick über unsere Ar-beit zu geben, Resümee zu ziehenund uns natürlich auch über Er-folge unseres Einsatzes zu freu-en.

Lebensräume erhalten!

Die Lektüre dieses IRRGEISTER-Heftes (benannt nach einem wertvollenFeuchtwiesengebiet, den „Irrgeistern“bei Winterberg-Grönebach) zeigt Ihnen,dass der Schutz der vielfältigen Lebens-räume unseres Kreises unsere Arbeit be-stimmt. Lebensräume und Landschaften,in denen eine ungezählte Fülle von Tie-ren und Pflanzen existiert – und die fastausschließlich durch menschliche Be-wirtschaftung und Lebensweise entstan-den.

Diese „Natur“ ist also Teil einer inGenerationen gewachsenen Kulturland-schaft. Indem sich der VNV für derenErhalt einsetzt, betreibt er nicht nur Na-turschutz, sondern auch Kulturschutz.Besonders deutlich wird dies bei denAufsätzen über das BeweidungsprojektKalkmagerrasen und über unsere Arbeitmit dem „Roten Höhenvieh“.

Den Gefährdungen gegen-steuern!

Doch die Bedrohungen unserer Sau-erländer Naturschätze insgesamt sindvielfältig. Darum würde eine Beschrän-kung unserer Aktivitäten nur auf die vonuns betreuten Schutzgebiete, insgesamtimmerhin gut 250 ha kreisweit, nichtausreichen.

Wie wir versuchen, der Natur im HSKeine Stimme zu geben – oft seine einzi-ge Stimme – z. B. in verschiedenen Gre-mien und als gesetzlich anerkannterNaturschutzverband, können Sie eben-falls in diesem Heft lesen.

Forschung für den Natur-schutz!

Die Verbreitung besonders der selte-nen Tier- und Pflanzenarten zu erfor-schen, ist uns ebenfalls ein Anliegen (sie-he z. B. die Artikel über die Ornitholo-gische Arbeitsgemeinschaft und überbotanische Kostbarkeiten im HSK).Nicht zuletzt dadurch können wir beiGefährdungen seltener Tier- undPflanzenvorkommen fachlich fundiertgegenüber Behörden und Öffentlichkeitargumentieren.

Gegenwind

Doch in den letzten Jahren und be-sonders in den zurückliegenden Mona-ten wird sichtbar: Der Schutz unsererNatur verliert drastisch an politischerBedeutung. Denen, die sich für die Na-tur einsetzen, weht der Wind ins Gesicht.Auch für den Naturschutz im Sauerlandist deprimierend, dass ...

... seltene Biotoptypen wie magereBergwiesen nun keinen gesetzlichenSchutz mehr genießen.

... Fördermittel für unsere ehrenamt-lichen Pflegemaßnahmen fast nicht mehrzu bekommen sind.

... die Biologischen Stationen in NRWin den letzten Jahren 25% ihrer Landes-förderung verloren haben. Das heißtweniger Personal bei gleichzeitig wach-senden Aufgaben und einer steigendenAnzahl von Schutzgebieten, die sie be-treuen sollen.

... der Hochsauerlandkreis für seineArbeit in den Schutzgebieten keine Mit-tel mehr erhält.

... für die Umsetzung der Landschafts-planung, die ja wesentlich auchNaturschutzplanung ist, keine Landes-mittel mehr zur Verfügung stehen.

... der Hochsauerlandkreis jedes Jahr20.000 Euro im Vertragsnaturschutz ein-sparen muss.

Der Naturschutzetat des LandesNRW wurde von 45 Mio. in 2001 auf21 Mio. Euro 2006 zusammengestri-chen. „Schlaraffenland ist eben vorbei“,meint dazu der FDP-Fraktionschef imLandtag, Papke.1 Dies gilt angesichtsleerer Kassen jedoch nicht für alle: Indiesem Jahr wird für NRW-Autobahnendie Rekordsumme von 834 Mio. Euroverbaut.2 Die Ausgaben der Landwirt-schaftskammer sollen von 82 Mio. 2005auf 98 Mio. Euro im laufenden Jahr ge-steigert werden.3 Weitere Beispiele las-sen sich anführen. Von allgemeinenHaushaltskürzungen ist der Naturschutzüberproportional betroffen.

Nicht nur wir haben den Eindruck,dass qualifizierter Naturschutz heutzu-tage von vielen Politkern als Bedrohungund lästiges Störelement empfundenwird – sei es der behördliche oder eh-renamtliche – und auf diese Weisege(er?-)drosselt werden soll. EthischeÜberlegungen oder der Wert von Arten-vielfalt und Naturräumen für unsere Le-bensqualität scheinen eher unwichtig zuwerden. Lesen Sie dazu den Artikel zurNovellierung des NRW-Landschafts-gesetzes.

Wir bleiben am Ball!

Aber auch angesichts dieser zur Zeitdeutlich verschlechterten Rahmenbedin-gungen werden wir vom VNV auch inden nächsten 25 Jahren beharrlich undkonsequent Naturschutz im Sauerlandbetreiben!

Unsere Erfolge – auch hierzu findenSie vielfältige Beispiele in diesem Heft –sowie die oft gute Zusammenarbeit mitUnterer Landschaftsbehörde, Amt fürAgrarordnung, Bezirksregierung undBiologischer Station geben uns Mut, mitIhrer Unterstützung diesen noch steini-ger gewordenen Weg weiterzugehen.

Harald Legge

1 Naturschutz heute 3/06, S. 32 Westfalenpost vom 24.06.063 Naturschutz heute 3/06, S. 3

4 IRRGEISTER 1/2006

Lebendiger Naturschutz im Sauerland - Ein Überblick über 25 Jahre VNV

In punkto Naturschutz und Naturkunde war das Sauerland bis Anfang der 1980er Jahre ein „schwarzesLoch“. Man besaß praktisch kein aktuelles Wissen über Vorkommen und Verbreitung von Tier- undPflanzenarten im Hochsauerlandkreis. Es gab keine ehrenamtlichen Naturschutzaktivitäten. Bereits 1980wurden daher über den damaligen Leiter der staatlichen Vogelschutzwarte, Herrn. Dr. Theodor Mebs,Ornithologen, Botaniker und sonstige an der Natur interessierte Personen angesprochen, ob es nichtmöglich sei, dieses „schwarze Loch“ mit Leben zu füllen. Aus ersten lockeren Treffen entwickelte sichbald die Gründung des VNV.

Am Anfang Straßenneubauamtes Soest, Herr Lahr-mann, sowie R. Loske, Geseke, für denNaturschutz eingeladen. Leider lassensich alle Volksvertreter durch Kreisde-legierte vertreten. Die Diskussions-leitung übernimmt Herr Prof. W. Stich-mann, Möhnesee. Gut 200 Zuhörer ver-folgen die lebhafte Veranstaltung.

Die Arbeitseinsätze

Im Winterhabjahr 1983/84 führen wirerstmals an den Wochenenden Arbeits-einsätze auf Naturschutzflächen durch.Damit beginnt eine Tradition der prakti-schen Verbesserung vieler wertvollerLebensräume. Als erster Termin wird der12.11.1983 auf der Wacholderheide inHallenberg-Braunshausen festgelegt, umstörende Gebüsche zu beseitigen.

In den vergangenen gut 20 Jahren hatder VNV mehrere hundert Arbeitseinsät-ze im gesamten Hochsauerlandkreisdurchgeführt. Die Ergebnisse dieser -zigtausenden ehrenamtlichen Arbeits-stunden dürfen sich sehen lassen, wäredoch so mancher Kalkmagerrasen, somanche Ginsterheide oder Feuchtwieseohne unsere Tätigkeit wohl längs ver-schwunden oder als schützenswerterLandschaftsteil kaum noch zu erkennen.

Behördenkontakte

Aber nicht nur auf praktischem Ge-biet entwickeln sich unsere Aktivitäten.

Im Juli 1984 erstellt der VNV eineumfangreiche Stellungnahme zum Bauder geplanten Renau-Trinkwasser-talsperre, die dem Umweltministerium in

Am 08.11.1981 treffen sich 30 „natur-interessierte“ Personen in Meschede zurGründungsversammlung des „Vereinsfür Natur- und Vogelschutz im Hoch-sauerlandkreis e.V.“ (VNV). Zum erstenVorsitzenden des VNV wird Herr Wer-ner Fröhlich aus Sundern-Amecke ge-wählt. Im Sommer 1982 wird der Ver-ein ins Vereinsregister eingetragen undals gemeinnützig anerkannt.

Bereits in den ersten Jahren beginntunser Verein damit, sich in die verschie-densten Dinge einzumischen – so sahenes manche Personen, die nun nicht mehrin der Natur machen konnten, was siewollten – bzw. viele Dinge zu verbes-sern. Aller Anfang ist allerdings schwer,waren doch die Behörden und Kommu-nen des Sauerlandes nicht gewohnt, dassnun ein Naturschutzverein der Natur eineStimme gibt.

Eine erste große Veranstaltung, dieden Verein auch nach außen bekanntma-chen soll, findet am 14.11.1984 inSundern-Stockum statt, unter dem Titel„Mit Wildscheinen auf du und du“. Sieist initiiert vom damaligen Vorsitzenden,Herrn Fröhlich. Referent ist der bekann-te Wildbiologe Heinz Meynhardt aus derdamaligen DDR.

Am 16.09.1985 veranstaltet der VNVeine Podiumsdiskussion in Arnsberg un-ter dem Titel – „Fernstraßenbau im Sau-erland – Pro und Contra“. Als Podiums-teilnehmer waren die damaligen Bundes-tagsabgeordneten für das Sauerland,Herr F. Tillmann/CDU, F. Müntefering/SPD, D. J. Cronenberg/FDP und St.Schulte/Grüne, außerdem der Leiter des

IRRGEISTER 1/2006 5

Düsseldorf übersandt wird. Wenig spä-ter wird vom Verein ein Sperrgrundstückim Bereich der geplanten Talsperre er-worben, das sich heute noch in unseremBesitz befindet. Glücklicherweise wer-den die weiteren Planungen zum Bau derTalsperre einige Jahre später eingestellt,die zum Verlust dieses hoch schützens-werten Tales geführt hätten.

An den Oberkreisdirektor des Hoch-sauerlandkreises wird im Herbst 1985eine Dokumentation über die aus unse-rer Sicht völlig überzogenen Gewässer-unterhaltungsmaßnahmen im Sauerlandübersandt. Damit protestieren wir gegendie Zerstörung von naturnahen Fließ-gewässern durch unsinnige und überzo-genen Baumaßnahmen an Gewässern.Gleichzeitig soll ihm im Herbst 1985 der„Dickste Umwelthammer“ als Auszeich-nung für die oftmals vermeidbaren Zer-störungen bei Unterhaltungsmaßnahmenan Fließgewässern im HSK verliehenwerden. Diese Negativauszeichnung soller symbolisch für die Arbeit der unterenWasserbehörde überreicht bekommen.Allerdings verweigert er eine Annahme.

Nach Gesprächen mit der Bezirksre-gierung werden die Ausbaumaßnahmenan Gewässern im Sauerland stark zu-rückgenommen – eines von vielen Bei-spielen, dass der ehrenamtliche Natur-schutz nötig ist und Positives erreichenkann.

Durch unseren Verein werden meh-rere Bürgeranträge an alle Städte undGemeinden des HSK gestellt. Themensind der Verzicht auf Verwendung vonTorf in öffentlichen Anlagen, die Vermei-dung von Tropenholz in bzw. an öffent-lichen Gebäuden, die Extensivierung vonkommunalen, landwirtschaftlichen ge-nutzten Flächen und der Klimaschutz.

Seit 1984 ist unser Verein Mitglied derLNU („Landesgemeinschaft Naturschutzund Umwelt NRW e.V.“) und somit an-erkannt nach § 29 BnatSchG (Bundes-naturschutzgesetz). Im Rahmen diesesParagraphen haben wir seitdem die Mög-lichkeit, als „Träger öffentlicher Belan-ge“ bei vielen Planungen in Natur undLandschaft eine Stellungnahme zu demjeweiligen Planungsgegenstand abzuge-ben. Dieses Recht haben wir inzwischenrege genutzt. Straßenbau, Gewässerbau,Steinbrucherweiterungen, Baumaßnah-men in Naturschutzgebieten und vielesmehr gehört zu unserer §29-Arbeit.

Arbeit im Landschafts-beirat

Bereits seit den 1980er Jahren enga-giert sich der VNV intensiv imLandschaftsbeirat des HSK. In dreiWahlperioden stellten wir den Vorsitzen-den des Beirats, was sicher auch diefachliche Kompetenz unseresNaturschutzvereins widerspiegelt.

Mit den Fachbehörden des Kreisesarbeiten wir seit langem sehr gut zusam-men, was gewisse Spannungen bei derunterschiedlichen Beurteilung vonNaturschutzfragen nicht ausschließt.Unregelmäßig finden – neben den „nor-malen“ Kontakten zu Mitarbeitern derUnteren Landschaftsbehörde – Arbeits-treffen mit diesem Amt statt, wo ver-sucht wird, offene Fragen zu klären.Dies gelingt auch in den allermeistenFällen.

In einem seit einigen Jahren laufen-den Projekt zwischen UntererLandschaftsbehörde, Forstbehörden unddem VNV wird am Problem des Brut-platz- und besonders des Horstschutzesvom Schwarzstorch gearbeitet. Nachanfänglichen Berührungsängsten hoffenwir so, dem scheuen Waldstorch in Zu-kunft bei der Aufzucht seiner Jungvö-gel im Sauerland helfen zu können.

Öffentlichkeitsarbeit

Eine gute Öffentlichkeitsarbeit waruns bereits seit der Gründung unseresVereins wichtig. Bei alljährlich wiederdurchgeführten Exkursionen zu den un-terschiedlichsten Themen wie Botanik,allgemeinem Landschaftsschutz und Vo-gelkunde versuchen wir, einem breitenPersonenkreis die Schönheiten, aberauch die Schwierigkeiten in der Naturnäher zu bringen.

In Presseartikeln stellen wir uns undunsere Arbeit, aber auch die Problemeunserer Heimat ins rechte Licht.

Zu Beginn unserer Vereinsarbeit wur-den Informationen innerhalb der Vereinsmit einfachen Mitteln über kopierte „Lo-seblattsammlungen“ an die Mitgliederweitergeben. Heute sind wir stolz aufunsere „IRRGEISTER“, in denen wirviele hoffentlich interessante Themenunseren Mitgliedern darstellen.

6 IRRGEISTER 1/2006

Als ein großes Projekt endlich abge-schlossen ist, sind alle Beteiligten nichtnur zufrieden mit dem Ergebnis, sondernvor allem auch erleichtert, dass nun dieganze Arbeit endlich geschafft ist: Nachjahrelangen Vorarbeiten erscheint imHerbst 1998 unser Buch „HandbuchNatur – Tier- und Pflanzenwelt im Hoch-sauerland“. Wir hätten anfangs nie ge-dacht, wie viel Mühe es macht, ein Buchzu erstellen! Es werden in dem reich be-bilderten Band allgemeinverständlich dieLebensräume des Sauerlands mit ihrentypischen Tier- und Pflanzenarten vor-gestellt und beschrieben. Nach vielenüberaus positiven Kritiken konnte dieerste und eine zweite Auflage innerhalbkurzer Zeit verkauft werden.

Wir bekommen eineStation

Bald ist eine Notwendigkeit für dieaktiven VNV-Mitglieder zu erkennen:Wir brauchen ein festes Domizil. ImNovember 1985 bezieht der Verein da-her einen Teil der leerstehenden Grund-schule in Arnsberg-Bachum als Stations-gebäude. Hier werden Treffen und Ver-anstaltungen durchgeführt und sie dientgleichzeitig als Büro. Die Zivildienstlei-stenden haben hier ihre Unterkunft undArbeitsgeräte und Materialien werdenhier gelagert. Von 1994 bis 2000 befin-det sich unsere Station in Arnsberg-Hüsten, ab Anfang 2001 in Marsberg undseit 2005 im ehemaligen KlosterBredelar.

Projekte zum großräumi-gen Flächenschutz

1985 startet der VNV die Aktion„Rettet die Feuchtwiesen“ im HSK. Die-se Spendenaktion wird auch durch dieheimische Presse durch viele kostenloseAnzeigen tatkräftig unterstützt.

In den 80er Jahren beteiligt sich un-ser Verein an allen Natur- und Umwelt-tagen im Sauerland. Unsere Infotafelnüber Sauerländer Lebensräume und eingroßer Büchertisch sowie die Präsenta-tion von Tierpräparaten werden von vie-len Besuchern dieser Umwelttage ge-nutzt. Mehrfach finden diese Veranstal-tungen in Arnsberg, Sundern, Brilon undMeschede statt.

Bereits kurze Zeit nach Gründungunseres Vereins werden immer wiederteils recht umfangreiche Anträge an dieBezirksregierung zur Ausweisung vonNaturschutzgebieten im gesamten HSKgestellt. Einem Großteil dieser Anträgewird danach stattgegeben; wertvolle Bio-tope sind rechtlich langfristig gesichert.

NaturwissenschaftlicheArbeit

Neben der Naturschutzarbeit führt derVNV umfangreiche Bestandsaufnahmenvon Tieren, Pflanzen und Lebensräumendurch, getreu dem Grundsatz „Nur wasman kennt, kann man auch schützen“.Dabei kommt viel Überraschendes zuTage.

Im Auftrag der LÖBF (Landesanstaltfür Ökologie, Bodenordnung und For-sten) führt der VNV 1989 eine Kartie-rung der Flora und Fauna in schutzwür-digen Biotopen im HSK als Grundlagefür die Fortschreibung der Biotop-kartierung durch. Diese Kartierung istauch heute noch Grundlage für Planerbei der Erarbeitung von Landschafts-plänen.

Mehrere Arbeitskreise haben sich seitden Gründungsjahren gebildet. Die or-nithologische Arbeitsgemeinschaft(OAG), die Botanik-AG und die Amphi-bien-AG sind und waren die Stützen beider Erarbeitung von Daten aus der Tier-und Pflanzenwelt des Sauerlands.

Die OAG führt in den Jahren 1984-89 eine Rasterkartierung der Brut- undSommervögel des HSK durch. Federfüh-rend wurde dieses Projekt von HeinzKönig geleitet, der auch 1991 einenArbeitsatlas mit den Daten dieser Kar-tierung fertig stellte. Innerhalb der OAGwerden in jedem Jahr die Verbreitungs-daten von gut 40 seltenen Brutvogelartenim HSK gesammelt und von Art-bearbeitern zusammengefasst.

Für das östliche Kreisgebiet erarbei-tete Richard Götte in den vergangenenJahren einen Verbreitungsatlas derBlütenpflanzen. Diese Daten werdenebenfalls in Buchform veröffentlicht wer-den, voraussichtlich im kommenden Jahr.

IRRGEISTER 1/2006 7

Never ending story ...

Der Schutz der Bruchhauser Steine beiOlsberg gehört seit jeher zu unserenwichtigsten Aufgaben. Bereits in einemSchreiben vom 10.04.1985 an den Re-gierungspräsidenten in Arnsberg weisenwir auf die besondere Wertigkeit und Ein-maligkeit der Bruchhauser Steine hin undmahnen einen rechtlichen Schutz an. Dasungelenkte Klettern an den Steinen be-drohte besonders die botanischen Relikt-vorkommen der Alpen-Gänsekresse unddes Lotwurzblättrigen Habichtskrautssowie verschiedener Moose und Flech-ten, die teilweise in Norddeutschland nurhier nacheiszeitliche Standorte haben.

Als 1989 die „Steine“ von einemWanderfalkenpaar als erster Brutplatz inNordrhein-Westfalen nach über 30 Jah-ren wiederbesiedelt werden, organisiertder VNV von 1990-2000 eine „Rund-um-die-Uhr-Bewachung“ während dergesamten Brutphase. Über das Umwelt-ministerium in Düsseldorf werden Mit-tel aus der Jagdabgabe freigestellt, umdie vielen 100 ehrenamtlichen Bewacherwenigstens mit einem kleinen Taschen-geld zu versorgen. Die Unterbringungerfolgt in einem kleinen Wohnwagen indirektem Sichtkontakt zur Brutnische.Durch diese Bewachungsaktion könnenwir insgesamt etwa 30 Jungfalken dasFlüggewerden ermöglichen. Seit demJahr 2001 wird der Brutplatz von eini-gen Personen weiterhin intensiv betreut,aber nicht mehr dauerbewacht. Beson-ders durch die Wiederbesiedlung der„Steine“ durch Wanderfalke und Uhukonnte bis heute ein ganzjähriges Kletter-verbot durchgesetzt werde, wie es auchim Landschaftsplan Olsberg bis heutefestgeschrieben ist.

Aber die Kletterleute machen mobilund versuchen durch beharrliche Lobby-arbeit bei der Landesregierung, das not-wendige Kletterverbot abzuschaffen. DieNatur an den Felsen muss weiterbangen ...

Die Medebacher Bucht

Unsere jahrelangen naturwissen-schaftlichen Forschungen zeigten, dassinnerhalb der Sauerländer Lebensräumeeine Region den Rang einer landeswei-

ten, wenn nicht bundesweiten Bedeu-tung innehat: die Medebacher Bucht.

Unsere Erarbeitung eines Raub-würger-Schutzkonzeptes für dieMedebacher Bucht 1992 ist ein ersterBaustein für die spätere Ausweisungzum Europäischen Vogelschutzgebiet.

Im Herbst 1995 stellt der VNV einenAntrag auf Ausweisung zum IBA(Important Bird Area). Damit sticht derVerein in ein Wespennest.

Am 10.09.1997 findet in derMedebacher Schützenhalle eine Bürger-versammlung mit 800 Personen statt, aufder ein baldiges Ende der landwirtschaft-lichen Arbeit und wirtschaftlichen Ent-wicklung für die Medebacher Buchtdurch die Ausweisung einesVogelschutzgebietes prophezeit wird. ImChor aufgehetzter Bürger orakeln Ver-treter der Kommunen eine schwarze Zu-kunft voraus, käme ein solches Schutz-gebiet. Im Frühjahr 1998 finden weitereProtestaktionen der Landwirtschaft ge-gen die geplante Ausweisung zumVogelschutzgebiet statt.

Trotz dieser von Naturschutzgegnernteilweise unter der Gürtellinie geführtenDebatte findet am 19.04.2000 inMedebach die Unterzeichnung der Ver-einbarung zum FFH- und Vogelschutz-gebiet „Medebacher Bucht“ statt, dieauch von unserem Verein als Vertreterder nach § 29 anerkannten Verbändemitunterzeichnet wird. Erzielt wird inlangwierigen Verhandlungen unterFederführung des Umweltministeriumsein Kompromiss, den alle Seiten mit-tragen können. Heute profitiert auch derTourismus von geschaffenen Möglich-keiten des Naturerlebens, z.B. in denNuhnewiesen.

Unterstützung durch dieNRW-Stiftung

Im Jahre 1988 bewirtschaftet derVNV bereits 16 Flächen mit gut 22 hanaturschutzgerecht nach den Vorgabendes Mittelgebirgsprogramms.

Gleichzeitig wird ab 1989 auf VNV-Antrag an die NRW-Stiftung mit demAnkauf naturschutzwürdiger Flächen imHSK begonnen. Damit beginnt eine äu-ßerst fruchtbare Unterstützung durch dieNRW-Stiftung. Ab 1991 können in gro-ßem Umfang Feuchtgrünländer auf der

8 IRRGEISTER 1/2006

Winterberger Hochfläche angekauft wer-den. So wurden z. B. im Namenlosetalbei Winterberg in den letzten Jahren diegrößten und wertvollsten Feuchtbereichedurch die Stiftung erworben und einigestandortfremde Anpflanzungen beseitigt,beispielsweise Fichtenmonokulturen.

Mit einem weiteren Bewilligungs-bescheid werden uns für den Ankauf vonwertvollen Kalkmagerrasen imMarsberger Stadtgebiet fast 2 MillionenDM von der NRW-Stiftung zur Verfü-gung gestellt. So können besonders ander Udorfer Mühle, im Hummel- undGlockengrund große Flächen Kalkhalb-trockenrasens erworben werden.

Diese Gebiete werden seit einigenJahren von einem Schäfereibetrieb ex-tensiv bewirtschaftet.

Ein ähnliches Projekt läuft im Stadt-gebiet Brilon, wo ein weiterer Schäferei-betrieb nach ökologischen MaßgabenMagergrünland bewirtschaftet.

Heute betreut der VNV rund 250 ha

erhaltenswerte Lebensräume. Der An-kauf einer kleinen Herde „Roten Höhen-viehs“ wird uns 1990 ebenfalls durch dieNRW-Stiftung ermöglicht. Zur Zeitumfasst diese Herde 28 Tiere, die beson-ders am Wiemeckehang bei Obermars-berg und im Hemmecker Bruch beiBrilon-Madfeld gehalten werden.

Mitstreiter gesucht!

Sie, liebe Leser, wissen, dass unsereAktivitäten sehr breit gefächert sind.Darüber sollen diese „IRRGEISTER“einen Überblick geben. Alle derzeitigenVNV-Aktiven würden sich freuen, wennSie bei der Lektüre Lust bekommen, indem ein oder anderen Bereich aktiv mit-zuarbeiten.

Haben Sie keine Berührungsängste!Mitarbeiter werden für alle Arbeitsgrup-pen und sonstigen Aktivitäten gesuchtund sind jederzeit willkommen!

Bernhard Koch

Aufruf: Doppelt gelesenhält besser!Man kann das IRRGEISTER-Heft nach dem Lesen ins Altpapier gebenoder archivieren.Wir rufen alle VNV-Mitglieder auf, das Heft nach dem Lesen an andereInteressierte weiterzugeben. Auf diese Weise wird der VNV in der Öffent-lichkeit bekannter, und dies ohne viel Aufwand und Kosten.

Vielleicht ist dies für Ihre Bekannten der Anstoß, ebenfalls VNV-Mitgliedzu werden und den Naturschutz zu unterstützen.Auch fremden Menschen können Sie das IRRGEISTER-Heft zugänglichmachen, etwa indem Sie es bei Ihrem Hausarzt im Wartezimmer auslegen– oder im Aufenthaltsraum Ihrer Firma – oder in der Cafeteria DeinerSchule – oder ...Dies ist eine einfache, gute Werbung für unsere Naturschutzarbeit.

Die Idee für die Aktion „Doppelt gelesen hält besser!“ stammt aus demBUND-Magazin 3-06, der Mitgliederzeitschrift des „Bundes für Umweltund Naturschutz Deutschland“.

Weitere Infos über den VNV schicken wir Ihnengerne zu.Oder besuchen Sie unsere Homepage:www.vnv-hsk.de

IRRGEISTER 1/2006 9

Malochen für denNaturschutz –

Pflegemaßnahmen im 14-Tage-Rhythmus

Jeden zweiten Samstag irgendwo im Sauerland: Um 9.00 Uhr morgens wird die Stille auf einer Feuchtwiese,einer Heide oder einem Halbtrockenrasen jäh durch den heulenden Motor einer Seilwinde, eines Freischneidersoder einer Motorsäge unterbrochen. Dann arbeiten dort etwa zehn bis 15 VNV-Aktive bis zum Nachmittag imSchweiße ihres Angesichts, um einen wertvollen Lebensraum zu erhalten.

vieh – oder wo die Beweidung nicht sointensiv stattfindet, dass Gehölze durchsie allein zurückgedrängt werden, dannfindet dort ein Arbeitseinsatz statt.

Unsere Einsatzsaison beginnt imSommer/Spätsommer mit dem Mähenvon Feuchtwiesen, wenn die Wiesen-vögel ihre Brut beendet und die bedroh-ten Pflanzen, z. B. verschiedene Orchi-deenarten oder die seltene Trollblume,ausgesamt haben.

Von Oktober bis Februar werdenKalkhalbtrockenrasen, überwiegend imRaum Marsberg-Brilon, Heiden und an-dere Magerweiden kreisweit entkusselt.Das bedeutet, aufkommender Gehölz-

aufwuchs wird bis auf Einzelgehölzeoder Einzelbäume abgesägt bzw. abge-schnitten. Eine Beweidung, am besten inHütehaltung mit einer von einem Hirtengeführten Schaf-/Ziegenherde, kann soweiter stattfinden. Leider ist eine derartintensive Beweidung, wie sie bis etwanach dem Zweiten Weltkrieg stattfand,angesichts der großen Flächen und derwenigen Tiere nicht mehr möglich. Den-noch: Unsere Magerrasen sind dank un-serer Aktivitäten in einem guten Zustand.

Im frühen Frühjahr, wenn Bäume undBüsche wegen der beginnenden Brutzeitder Vögel nicht mehr gerodet werdendürfen, stehen meist Aufräumarbeiten an,etwa das Verbrennen von Zweigen und

Diese Arbeitseinsätze, seit Gründungdes VNV im Zwei-Wochen-Rhythmusvon Mitte Juli bis Frühjahr alljährlichdurchgeführt, sind ein Markenzeichenunseres Vereins. Da die von uns betreu-ten Schutzgebiete fast sämtlich durchkleinbäuerliche Wirtschaftsweise ent-standen sind (Mähwiese, Schaf-, Ziegen-oder Rinderweide), können sie nurdurch diese oder eine nachgeahmteWirtschaftsweise erhalten werden. Sonstwürden die Flächen verbuschen und derLebensraum langsam verschwinden. Wowir eine naturschutzgerechte Bewirt-schaftung nicht ermöglichen können –durch Verpachtung an Landwirte unterbestimmten Auflagen oder Beweidungmit dem vereinseigenen Roten Höhen-

Kal

kmag

erra

senp

fleg

e: M

ähen

, Ent

busc

hen,

Abh

arke

n -

im N

SG „

Dah

lber

g“ b

ei M

ars-

berg

-Wes

thei

m,

8.11

.03

Foto

: G. K

istn

er

10 IRRGEISTER 1/2006

Ästen auf einer kürzlich entfichteten Flä-che oder auch mal der Abriss einer Hüt-te, die wir von einem Vorbesitzer in ei-ner Feuchtwiese „geerbt“ haben.

Obwohl man manchmal bis auf dieHaut durchnässt ist, manchmal kalteZehen und Finger hat – auf einem Ar-beitseinsatz genießen wir die körperli-che Tätigkeit in schöner Landschaft, denAustausch und das Gespräch mit Gleich-gesinnten. Wir haben die Gewissheit,Gutes für die Natur zu tun. Und in derMittagspause schmecken Butterbrot undBier wunderbar!

Beispielhaft soll jenes Schutzgebiet,das für den Namen unserer Mitglieder-zeitschrift Pate steht, sowie unser Ein-satz für dieses beschrieben werden: die„Irrgeister“.

Hierbei wird deutlich, dass die Arbeitmit Forke und Harke allein nicht aus-reicht, um ein Gebiet zu erhalten. Viel-mehr sind dafür auch Schreibtisch-tätigkeit und politische Überzeugungs-arbeit gefragt.

Die Irrgeister, ein Wiesengebiet imHillebachtal zwischen Grönebach undNiedersfeld, stellen eines der wertvoll-sten Feuchtwiesengebiete des gesamtenSauerlandes dar, in dem eine Vielzahl

Plaggen der Heide am Gräfenberg bei Sundern, 21.02.98Foto: V. Falkenstein

Feuchtwiesenpflege im NSG „Irrgeister“ bei Winterberg-Grönebach, 10.09.05Fotos: G. Kistner

bedrohter Tier- und Pflanzenarten einletztes Refugium findet. Von der dane-ben vorbeiführenden Landstraße fällt dielandschaftliche Schönheit des Tales auf;vom Radweg aus öffnet sich im Som-merhalbjahr der Blick auf eine bunte,insektenumschwirrte Blumenwiese.

Um den Schutz und den Erhalt die-ses Kleinods kümmern wir uns seit 20Jahren auf ein bis zwei Arbeitseinsätzenjährlich. Mit einem Balkenmäher mähenwir die nassen Sumpfwiesen und tragen

das Mähgut per Hand und Forke an denRand. Zusätzlich befördern wir es mit-tels einer Plastikwanne, die von einerSeilwinde gezogenen wird, aus der Wie-se. Später transportiert ein Biobauer dasMähgut zur Kompostierung ab. Dieseharte, zeitintensive Arbeitsweise ist not-wendig, da ein Trecker im Sumpf ver-sinken und die empfindliche Vegetationzerstören würde.

Mit unserm Tun ahmen wir die inzwi-schen aufgegebene, aber Jahrhundertelang praktizierte Bewirtschaftung derIrrgeister nach: Die Bauern vergangenerZeiten benutzten das Mähgut dieser zurBeweidung nicht geeigneten Nasswiesenim Winter als Einstreu für ihre Ställe –der lokale Zweitname der Irrgeister,Grönebacher Streuwiesen, verdeutlichtdies. Auf dieses Einstreumaterial warendie Bauern angewiesen, da die Äcker zuwenig Stroh lieferten, das obendreinwintertags überwiegend an die Rinderverfüttert wurde. Durch dieseWirtschaftsweise konnte sich ein einzig-artiger Lebensraum entwickeln: Flächen-deckend wächst das duftende, im Som-mer weiß blühende Mähdesüß (die altenGermanen benutzten diese Sumpfpflan-ze zum Süßen ihres Mets, daher derName), tausende Orchideen blühen je-den Juni. Von den vielfältigen Kräuternleben wiederum Schmetterlinge wie derseltene Dukatenfalter, deren Raupen alsFutter diese speziellen Pflanzen benöti-gen. Auch der Raubwürger, ein vomAussterben bedrohter Vogel derstrukturreichen Offenlandschaft, hat hiersein Domizil.

IRRGEISTER 1/2006 11

Der VNV erkannte schon vor Jahrendie Bedeutung der Irrgeister und setztesich für ihre Ausweisung als Natur-schutzgebiet ein. Zwar hatten die Feucht-wiesen die Intensivierung der Landwirt-schaft und damit ihre Zerstörung unbe-schadet überstanden, doch vor 15 Jah-ren drohte eine andere Gefahr. Die Be-hörden des HSK hatten damals Klärt-eiche für den Steinbruchbetrieb Hildfeldsmitten in den Nasswiesen genehmigt.Zum Glück erreichte der VNV eine einst-weilige Sicherstellung der hochnaturschutzwürdigen Fläche – eine Ret-tung in letzter Minute! Nun werden dieIrrgeister im Rahmen der Überarbeitungdes Landschaftsplans Winterberg endlichNaturschutzgebiet.

Da aber die alte Bewirtschaftungs-form längst aufgegeben wurde, würdendie Wiesen langsam verbuschen und sichlangfristig wieder zu Wald entwickeln.Der spezielle Lebensraum würde ver-schwinden, mit ihm die darauf angewie-senen, bedrohten Tiere und Pflanzen.Darum mähen wir den Sumpf inschweißtreibender Arbeit. Wir erhaltenso nicht nur eine wertvolle Feuchtwiese,sondern auch ein historisches Kulturgut,ein Zeugnis längst vergangener Sauer-länder Landwirtschaft.

Erfolge sind sichtbar und entlohnenuns für unsere Arbeit: Der Bestand desBreitblättrigen Knabenkrauts, einer Or-chideenart, erhöhte sich von 2000 Ex-emplaren im Jahr 1996 auf über 4000,wie ein Forschungsprojekt der Uni Bonnzeigt; der Fieberklee, eine Rote-Liste-Art, hat sich sichtbar ausgebreitet.

Harald Legge

Freischneiden der Wacholderbüsche im NSG „ Braunshauser Heide“, 03.01.04Foto: G. Kistner

Freigestellte Wacholderbüsche Foto: G. Kistner

Schneiteln der Kopfweiden am Gut Forst im Osten des Kreises, 28.11.98Foto: V. Falkenstein

Alle Interessierten sind herzlich zur Teilnahme an unserenArbeitseinsätzen eingeladen (Siehe nächste Seite!). Sie be-ginnen um 9.00 Uhr und dauern bis in den frühen Nachmit-tag. Bitte mitbringen: ein Butterbrot für die Mittagspause,ggf. Mineralwasser, ggf. Arbeitshandschuhe.

Für Mitfahrgelegenheiten und den genauen Ort/Treffpunktkönnen Sie bei den Projektleitern anrufen, die Ihnen gerneeine Fahrmöglichkeit mit einem örtlichen VNV-Aktiven ver-mitteln. Da es kurzfristig zu Änderungen von Einsätzen ge-genüber dieser Liste kommen kann, empfiehlt es sich im-mer, den Leiter vorher anzurufen!

Infos auch im Internet unter: www.vnv-hsk.de

12 IRRGEISTER 1/2006

Verdiente Mittagspause - Dahlberg 8.11.03 Fotos: G. Kistner

02.12.06 NSG „Dahlberg“ in Marsberg -Westheim – Abharken eines gemähten und entbuschtenHalbtrockenrasens (Leiter: Werner Schubert, 02991/6003)

16.12.06 NSG „Wulsenberg“ in Marsberg – Abharken eines gemähten und entbuschten Halbtrocken-rasens (Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)

30.12.06 NSG „Braunshauser Heide“ bei Hallenberg-Braunshausen - Entbuschen einer gemähtenHeide (Leiter: Franz-Josef Stein, 02991/1281)

13.01.07 NSG „Hummelgrund“ in Marsberg-Udorf – Abharken eines gemähten und entbuschten

Arbeitseinsätze im Winter 2006/07

Halbtrockenrasens (Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)

27.01.07 Altenfils-Heide bei Brilon-Rösenbeck, Entbuschung (Leiter: Franz-Josef Stein, 02991/1281)

10.02.07 NSG „Irrgeister“ bei Niedersfeld, Schneiden der Ohrweiden (Leiter: Werner Schubert, 02991/6003)

24.02.07 Abharken eines gemähten und entbuschtenHalbtrockenrasens im Raum Marsberg. Der Ort wird noch bekannt gegeben. (Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)

10.03.07 Ehem. Steinbruch im NSG „Wulsenberg“ bei Marsberg, Aufräumarbeiten (Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)

IRRGEISTER 1/2006 13

14 IRRGEISTER 1/2006

Der Hochsauerlandkreis zeichnet sich durch eine große Vielfalt von Pflanzenarten aus. Pflanzen-geographisch, also bezüglich der geographischen Verbreitung von Arten, ist die Lage des Sauerlandesvon großer Bedeutung. Hier verlaufen Verbreitungsgrenzen verschiedener Farn- und Blütenpflanzen.Wieder andere Arten stoßen im Hochsauerland an ihre Höhengrenze, fehlen in den höheren oder höch-sten Lagen, oder sind in ihrer Verbreitung in Westfalen auf die höchsten Lagen des Sauerlandes be-schränkt. Besonders bemerkenswert sind Reliktarten, deren nächste Fundorte z. T. weit entfernt liegen.

Es sollen einige auch über die Grenzen des Hochsauerlandkreises hinaus für Westfalen besondersbemerkenswerte Farn- und Blütenpflanzen kurz vorgestellt werden.

Kleinode in unsererLandschaft

Pflanzenraritäten im Hochsauerlandkreis

Alpen-Gänsekresse Foto: R. Götte

Montane Arten des Rot-haarkammes

Auf einer Wanderung durch dasHochsauerland wurde 1821 derPlatanenblättrige Hahnenfuß(Ranunculus platanifolium L.) erstmalsfür Westfalen registriert. Im Hoch-sauerland besitzt er ein kleines Verbrei-tungsgebiet, das in etwa umgrenzt wirddurch die Orte Niedersfeld, Hesborn,Hallenberg und Altastenberg im oberenSauerland. In Westfalen beschränken sichdie Vorkommen auf das Rothaargebir-ge, wo sie ein sehr isoliertes Verbrei-tungsgebiet haben.

Die altbekannten Standorte sind auchheute noch weitestgehend vorhanden,

wobei jedoch ein Rückgang der Artdurch die veränderte Nutzung derGrünländer deutlich ist. Der VNVversucht, der Art zusammen mit derTrollblume – einem weiteren, im-posanten Vertreter der Hahnenfuß-gewächse – durch entsprechendeSchutzmaßnahmen wie das Offen-halten von Wiesentälern und exten-sive Bewirtschaftung zu helfen.

Noch seltener und nur noch inden höchsten Lagen des Hoch-sauerlandkreises anzutreffen ist derAlpenmilchlattich (Cicerbitaalpina (L.) WALLR.). Die rechtauffällige Staude wurde ebenfalls

auf der Wanderung 1821 erstmals fürWestfalen entdeckt. In die Literatur fandsie allerdings erst mit der Flora von West-falen von JÜNGST (1852) Eingang, der siefür die Umgebung des Astenberges unddes Renautals, aber auch für den HohenEimberg und das Schellhorn südlich vonBrilon angibt. Die letztgenannten Fund-orte konnten in neuerer Zeit leider trotzintensiver Suche nicht wieder bestätigtwerden und müssen als erloschen gel-ten. Im Raum Winterberg ist die präch-tige Pflanze, deren nächste Vorkommenim Harz und im Vogelsberg liegen, da-gegen auch heute noch an mehreren Stel-len vorhanden, z. B. unterhalb des Dor-fes Altastenberg. Der Schutz und die

IRRGEISTER 1/2006 15

Erhaltung der verbliebenen Bestände istein besonderes Anliegen des VNV.

Die Alpen-Gänsekresse (Arabisalpina L.) wurde zuerst am 18. April1862 von MÜLLER (1864) an denBruchhauser Steinen bei Olsberg ent-deckt, und zwar am Bornstein. Späterwurde die Art nach WILMS & BECKHAUS

(1877) auch am Ravenstein gefunden.Als arktisch-alpines Geoelement stellt sieein sehr bemerkenswertes Eiszeitrelikt

Alpenmilchlattich Foto: V. Falkenstein

Nelken-Sommerwurz Foto: R. Götte

Perücken-FlockenblumeFoto: M. Jütte

dar (RUNGE 1972, KOPPE 1961). Dienächsten Fundorte liegen am Südranddes Harzes. Die Art hat sich an denBruchhauser Steinen bis heute gehal-ten, wenngleich zwischenzeitlich durchden Klettersport der Standort amRavenstein fast völlig zerstört war.Jetzt, einige Jahre nach der notwendi-gen Sperrung der Felsen, kann man eineErholung der relativ kleinen Beständefeststellen. Damit besteht die Hoffnung,dass sich die Pflanze hier auch auf Dau-er halten kann – sofern das geltendeKletterverbot bestehen bleibt.

Die Plästerlegge, ein beeindrucken-der Wasserfall in einem Schluchtwaldim Stadtgebiet Olsberg, wurde schonim letzten Jahrhundert von westfäli-schen Botanikern aufgesucht. Im Juni1859 entdeckte hier der Lippstädter Bo-taniker Hermann Müller im Juni 1859das Zweiblütige Veilchen (Violabiflora L.). Als Eiszeitrelikt konnte dasgelb blühende Veilchen an dem kühlenund feuchten Standort bis heute über-dauern.

Die Plästerlegge ist der einzigeStandort dieser Veilchenart in NRW. InDeutschland gibt es aktuell noch einenStandort im Thüringer Wald bei Eisen-ach und in der sächsischen Schweiz.Sonst kommt es nur im Alpenbereichvor.

Weitere besondere und ziemlich sel-tene Arten der montanen Lagen sind derWeiche Pippau (Crepis mollis(JACQ.) ASCH), die Bärwurz (Meumathamanticum JACQ.), der Alpen-

Flachbärlapp Diphasiastrum alpinum(L.) HOLUB und die Perücken-Flockenblume (Centaureapseudophrygia C.A. MEY).

Briloner Kalkkuppen

Die Kalkmagerrasen der BrilonerHochfläche sind die höchstgelegenen inNRW. Hier haben sich einige Pflanzenangesiedelt, die in Westfalen oder NRWihre einzigen Vorkommen haben.

Besonders bemerkenswert sind Vor-kommen mehrerer Sommerwurzarten.Sie sind Schmarotzer, die auf denWurzeln anderer Wirtspflanzen gedei-hen. Die Nelken-Sommerwurz(Orobanche caryophyllacea SM.)wächst auf Labkrautarten und hat beiBrilon die einzigen Vorkommen inWestfalen.

Die Wirtspflanze des Quendel-Sommerwurzes (Orobanche albaWILLD.) ist der Thymian. Obwohl die-

ser nicht selten ist, ist das Vorkommendes Quendel-Sommerwurzes das einzi-ge aktuelle in NRW. Durch den Schutzder Kalkkuppen mit der entsprechendenPflege konnte die Art bisher vom Aus-sterben bewahrt werden, obwohl erstkürzlich ein Vorkommen im Industrie-gebiet von Brilon durch Gewerbean-siedlung vernichtet wurde.

16 IRRGEISTER 1/2006

Auch die Distel-Sommerwurz(Orobanche reticulata WALLR.) ist sehrselten. Im Hoppecketal bei Brilon sinddie einzigen Vorkommen in Westfalen.Die nächsten Vorkommen befinden sicham Niederrhein. Die Art schmarotzt beiuns auf der Kohl-Kratzdistel.

Der Steppen-Bergfenchel (Seseliannuum L.) ist ein Doldenblüter, derschon 1841 von J. B. MÜLLER in seinerFlora erwähnt wird. Erst in den letztenJahren konnte die Art in den Magerrasender Kalkkuppen wiederentdeckt werden.Diese sind die einzigen Vorkommen fürWestfalen.

Die Kugelige Teufelskralle(Phyteuma orbiculare L.) hat auf denKalkkuppen die einzigen Vorkommen inWestfalen. Die nächsten Vorkommenbefinden sich in der Eifel.

Der Feldenzian (Gentianellacampestris (L.) BÖRNER), ehemals einenicht seltene Enzianart derMagerwiesen, ist durch Aufforstungenund Intensivierung der Landwirtschaftstark zurückgegangen. Nur um Brilonbefinden sich die letzten Vorkommen derArt in NRW. Der VNV kümmert sichbesonders um diese sehr seltene Art, undes können durch Beweidung undEntbuschungsmaßnahmen erste Erfolgefestgestellt werden. Die Bestände habensich nach unseren Naturschutz-maßnahmen auf einer Heide mit denletzten Vorkommen stabilisiert.

Medebacher Bucht

Im Regenschatten des Rothaar-kammes im Bereich der MedebacherBucht hat sich eine Vegetation mitvielen interessanten Arten ansiedelnkönnen, die für ganz Westfalen be-merkenswert ist.

Das Saatlabkraut (Galiumspurium L.), eine seltene Pflanze derÄcker, wird für Medebach schonvon FELD (1910) erwähnt, der es alszerstreut verbreitet in Äckern angibt.

Im Rahmen der Ackerrandstreifen-kartierung der letzten Jahre konnte dasLabkraut in der Medebacher Bucht aufverschiedenen Äckern wiedergefundenwerden. Die Pflanze besitzt in der ge-nannten Region heute ihrenVerbreitungsschwerpunkt in Westfalen.

An ähnlichen Ackerstandorten wächstauch der Breitblättrigen Hohlzahn(Galeopsis ladanum L.). Auch diese Artwurde schon von FELD für die Äcker derMedebacher Bucht erwähnt. Außer inder Medebacher Bucht ist die Art inWestfalen heute nur noch im benachbar-ten Wittgenstein sehr selten anzutreffen.Beide Arten sind durch die Intensivie-rung der Ackerwirtschaft vom Ausster-ben bedroht.

Felsenstandorte beiMarsberg

Zu den floristisch bemerkenswerte-sten Kalkfelsen des Hochsauerland-kreises gehören die Iberg-Felsen beiMarsberg. Sie zeichnen sich durch dasVorkommen einer Fülle gefährdeter Ar-ten aus, von denen hier zwei besondershervorgehoben werden sollen.

Der einzige aktuelle Fundort desBlutroten Storchschnabels (Geraniumsanguineum L.) in Westfalen ist an denIberg-Felsen bei Marsberg. Doch auchhier gibt es inzwischen nur noch kleineRestbestände dieser Wärme liebendenPflanze, einer Waldsaumart, die hier ihreVerbreitungsgrenze erreicht.

Kugelige Teufelskralle Foto: R. Götte

Salomonssiegel Foto: R. Götte

IRRGEISTER 1/2006 17

Für Brilon wurde sie von SCHMITZ

(1897) noch vom Flozberg angegeben.Dieser Standort ist jedoch schon Anfangdes Jahrhunderts einem Steinbruch-betrieb zum Opfer gefallen. Auch dieFundorte bei Bielefeld, wo die gelegent-lich auch in Gärten angepflanzte Art frü-her mehrfach beobachtet wurde, sindlängst erloschen. Um so wichtiger ist derSchutz des letzten verbliebenen Wuchs-ortes für Westfalen.

Weitere Besonderheiten am Iberg sindz. B. die Erd-Segge (Carex humilisLEYSS.), der Salomonsiegel(Polygonatum odoratum (MILL.)DRUCE) und die Zwerg-Mispel(Cotoneaster integerrinus MEDIK.).

Am gleichen Felsen sowie an einemweiteren Kalkfelsen bei Canstein wächstdas Gabelige Habichtskraut(Hieracium bifidum HORNEM.). DieFundorte, die einzigen in Nordrhein-Westfalen, liegen an der nordwestlichenVerbreitungsgrenze dieser typischenFelspflanze. Sie wurden erst 1988 ent-deckt (GOTTSCHLICH & RAABE 1991).

An den Kalkfelsen bei Canstein wur-de 2005 als einziger Fundort für NRWder Geöhrte Braunstielige Streifen-farn (Asplenium trichomanes, ssp.hastatum (CHRIST) S.JESS.) nachge-wiesen.

Ein weiterer Felsen mit einer sehr sel-tenen Flora ist der Lüchtenberg beiPadberg. Es kommen einige Pflanzen-arten vor, die hier ihre nordwestlichsteVerbreitung erreichen. Neben dem Blei-chen Schafschwingel (Festuca pallensHOST) konnte in diesem Jahr als einzi-ger Standort in NRW die Erbsenwicke(Vicia pisiformis L.) von Werner Schu-bert und Prof. Türk nachgewiesen wer-den. Eine weitere Besonderheit ist derFarnbastard zwischen NordischemStreifenfarn und der Mauerraute(Asplenium x murbeckii ).

Almequellen

An den Almequellen bei Brilon-Almefinden wir eine weitere Besonderheit derheimischen Flora. Im Frühjahr blühenhier große Bestände des Pyrenäen-Löf-felkrautes (Cochlearia pyrenaica DC.).Auch diese Pflanze ist an diesem Ort alsEiszeitrelikt zu verstehen. Es ist heutedas einzige Vorkommen in Nordrhein-

Westfalen. In Deutschland ist die Pflan-ze vor allem in Bayern verbreitet.

Bleikuhlen bei Blanken-rode/Wäschebachtal

Der historische Abbau von Zinn undBlei hat an den alten Bergwergstandortendie Böden der Halden vergiftet. DieseBöden sind für die meisten Pflanzenunbesiedelbar. Nur wenige Arten konn-ten für sich Strategien entwickeln, aufsolchen Standorten zu wachsen. Hier hatsich eine ganz spezielle, bemerkenswer-te Flora und Vegetation über einen lan-gen Zeitraum entwickelt.

Die größte Besonderheit der FloraWestfalens stellt das prächtige Westfä-lische Galmeiveilchen (Violaguestfalica NAUENB.) dar. Es ist einEndemit, der nur an den Bleikuhlen beiBlankenrode und im angrenzenden öst-lichsten Hochsauerlandkreis im Wäsche-bachtal vorkommt. Lange Zeit wurde diePflanze als Varietät oder Unterart einesanderen Stiefmütterchens angesehen.Erst vor einigen Jahren wurde festge-stellt, dass es sich um eine eigene Arthandelt.

Der endemische Bastard der Eltern-arten des Galmeiveilchens und desAckerstiefmütterchens konnte ebenfallsan den beiden Standorten nachgewiesenwerden (Viola x preywischianaNAUENB.).

Der Verantwortung für diese großeAnzahl an floristischen Besonderheitenim HSK ist sich der VNV bewusst undwird sich auch in Zukunft aktiv für dieFörderung und den Erhalt der Lebens-räume einsetzen.

Richard Götte

Erbsenwicke Foto: R. Götte

Pyrenäen-Löffelkraut Foto: R. Götte

18 IRRGEISTER 1/2006

Literatur:

BECKHAUS, K. (1893): Flora von West-falen, 1893BERTOLD, C. (1869): Darstellungen ausder NaturEHLERT, A. (1865): Flora von Winter-berg, Verh. Des naturh. Vereins derPreuss. Rheinlande und WestfalenFALKENSTEIN,V. (2004): Zwei Neu-funde: Der Geöhrte Braune Streifen-farn und der Schwarzstielige Streifen-farn, Irrgeister, 21. J., Heft 2FELD, J. (1910): Verzeichnis der beiMedebach beobachtetenPhanerogamen und Gefäß-kryptogamen, Naturhist. Verein derpreusss. Rheinlande und WestfalenGOTTSCHLICH, G. und U. Raabe (1991):Zur Verbreitung, Ökologie undTaxonomie der Gattung Hieracium inWestfalen und angrenzender Gebiete,Abhandlungen Westf. Museum fürNaturkunde, 53.Jg. Heft 4

GOTTSCHLICH, G. und U. Raabe (1989):Arabis alpina, Hieracium schmidtii undH. onosmoides an den BruchhauserSteinen, Hochsauerlandkreis, Floristi-sche Briefe,22. Jg., Heft1, S. 10-13JÜNGST,L.V. (1869): Flora Westfalens,3.Aufl.KARSCH, A. (1867): Zur Flora der Pro-vinz Westfalen, 2. Aufl.KOENE, J. (1930): Sind die von EhlertsFlora von Winterberg gemachtenStandortsangaben heute noch zutref-fend? Abhandl. aus dem westf. Muse-um f. NaturkundeMÜLLER, H. 1860): Nachträge zuKarsch´s Phanerogamenflora der Pro-vinz Westfalen. Verh. Naturh. Vereinspreuss. Rheinlande und Westfalen, 17NIESCHALK, Ch. (1991): Handschriftli-che Aufzeichnungen aus der Pflanzen-kartei, für das Sauerland, unveröffent-licht

RUNGE, F. (1972): Die Flora WestfalensRUNGE, F. Die Flora Westfalens, 1998,MünsterSCHMITZ, E. (1896): Einige seltenePflanzen der Briloner Gemarkung,Berichte des Gymnasiums PetrinumBrilonSCHWIER, H. (1938): Vorläufiger Be-richt über die Ergebnisse einerpflanzensiedlungskundlichen Untersu-chung des südöstlichen westfälischenGrenzgebietes, Natur und Heimat,5 (3)WENDEROTH, Prof. (1826): Aufzeich-nungen einer botanischen Reise durchdas Herzogtum Westfalen, Flora oderBotanische Zeitung,Nr. 17

Westfälisches Galmeiveilchen Foto: W. Schubert

IRRGEISTER 1/2006 19

20 IRRGEISTER 1/2006

Schmuckstücke desNaturschutzeszu altem Glanz erweckt

Kalkmagerrasen im Raum Marsberg-Brilondauerhaft gerettet

Auf kalkhaltigem Gestein wuchsen in vorgeschichtlicher Zeit Kalkbuchenwälder, wie wir sie heute nochin Naturschutzgebieten wie dem Drübel bei Brilon oder den Leitmarer Felsen bei Marsberg sehen kön-nen. Durch die Übernutzung der Wälder durch Holzeinschlag und Beweidung entstanden dort im Laufevon Jahrhunderten neue Offenlandlebensräume, die Kalkmagerrasen.

Der artenreichste Lebens-raum Mitteleuropas

Erstmals für den östlichen HSK er-wähnt werden diese Kalkhalbtrocken-rasen, wie die Magerrasen auf Kalk-standorten auch genannt werden, in ei-nem Grenzrezess von 1668 über denWulsenberg bei Marsberg. Wahrschein-lich sind sie noch wesentlich älter. (Vgl.ROGGE 1986)

Die über Jahrhunderte gleichgeblie-bene Beweidung mit Schafen und Zie-

gen in Hütehaltung eröffnete einer Viel-zahl von Pflanzenarten – zum Teil ausmediterranen Gegenden – neue Lebens-räume. Verschiedene Orchideenartenblühen auf den Halbtrockenrasen, u. a.das Dreigezähnte Knabenkraut (Orchistridentata). Es erreicht im Raum Mars-berg die Nordwestgrenze seines mittel-europäischen Verbreitungsgebietes. Zuden floristischen Besonderheiten dieserartenreichsten Lebensräume im Hoch-sauerlandkreis und sogar ganz Mitteleu-ropas gehören auch der Deutsche Ziest(Stachys germanica) und der

Heidegünsel (Ajuga genevensis), die beiuns ihre Verbreitungsgrenzen erreichen.

Floristisch artenreiche Lebensräumesind zumeist auch sehr insektenreich.Erwähnt werden sollen hier nur derHeidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus)und die Zweipunkt-Dornschrecke (Tetrixbipunctata), die eine enge Bindung andiesen Lebensraum aufweisen. Stellver-tretend für die vielen Schmetterlingsartenstehen der Zwergbläuling (Cupidominimus), dessen Raupe am Wundkleefrisst, und der Silbergrüne Bläuling(Lysandra coridon). Die Raupen der

NSG

„G

lock

engr

und“

bei

Mar

sber

g-U

dorf

Fot

o: W

. Sch

uber

t

IRRGEISTER 1/2006 21

letztgenannten Art ernähren sich vomHufeisenklee (Hippocrepis comosa),dessen Verbreitung im Hochsauerland-kreis auf den Marsberg-Briloner Raumbeschränkt ist.

Fortsetzen könnte man die Aufzäh-lung von Besonderheiten aus den Arten-gruppen Wildbienen, Käfer, Spinnen,Schnecken und mehr. Dafür ist an dieserStelle leider kein Platz.

Aktive Hilfsmaßnahmen

Seit 1984 hat sich der VNV beson-ders um die Wiederherstellung der Kalk-magerrasen im Stadtgebiet von Marsberggekümmert. Aber auch in Sundern undBrilon wurden Flächen gemäht, vonMüllablagerungen befreit oder durchBeweidung mit der vereinseigenen Zie-genherde, die bis 1991 bestand, offen-gehalten. Gleichzeitig wurden verschie-dene Anträge auf Ausweisung dieserhochgradig gefährdeten Lebensräume alsNaturschutzgebiet erarbeitet. DaSchutzgebietsausweisungen oft langedauern, wie das Beispiel „Briloner Kalk-kuppen“ gezeigt hat, hat sich der VNVparallel dazu bemüht, schutzwürdigeGebiete anzupachten oder mit Mittelnder NRW-Stiftung anzukaufen, um hand-lungsfähig zu werden und nicht auf an-dere warten zu müssen. Im Laufe derzurückliegenden über zwanzig Jahre ha-ben wir ehrenamtlichen Naturschützer -zigtausende Arbeitsstunden in denSchutzgebieten erbracht. Hinzu kommendie Arbeiten der Zivildienstleistenden,die in der Woche auf den vereinseigenen

Silbergrüner Bläuling Foto: T. Fartmann

Flächen arbeiten. Viele Magerrasen prä-sentieren sich nun wieder in einem opti-malen Zustand. Kiefern, Fichten und an-dere Gehölze wurden entfernt und ver-brannt, ausufernde Gebüsche zurück-geschnitten und die Flächen wieder ineinen beweidbaren Zustand gebracht. ImNaturschutzgebiet „Dahlberg“ habensich die Vorkommen des DreigezähntenKnabenkrauts vervielfacht. Im Jahr 2005konnten rund 35.000 Exemplare dieserArt gezählt werden.

Erfolg: dauerhafte Bewirt-schaftung durch Schäfer

Da die Kalkmagerrasen durch Bewirt-schaftung entstanden, brauchen sie die-se oder eine möglichst gleiche Bewirt-schaftung für ihren Erhalt. Ziel des lang-fristigen, konsequenten Naturschutzesmuss daher immer die dauerhafte, wirt-schaftlich tragfähige, naturschutz-gerechte Landbewirtschaftung solcherschutzwürdiger Lebensräume sein.

Dies hieß für den Marsberger Raumzum einen, dass ein neuer Wanderschäferangesiedelt werden musste, zum ande-ren mussten diesem die Flächen dauer-haft zur Verfügung gestellt werden, umihm eine wirkliche Perspektive zu bieten.Aus diesem Grund suchte der VNV dieHilfe der Nordrhein-Westfalen-Stiftung.Erst mit ihrer Unterstützung konnte dasehrgeizige Projekt gelingen:

Schafherde im NSG „Dahlberg“ Foto: V. Falkenstein

Dreizähniges Knabenkraut Foto: V. Falkenstein

22 IRRGEISTER 1/2006

Von 1990 bis heute wurden rund 95ha für dieses Naturschutzgroßprojekt derStiftung erworben. Hinzu kommen Flä-chen, die das Land NRW gekauft hat.Der Schäfereibetrieb Bauer kam 1991wieder ins Sauerland und hat heute sei-nen Betrieb in Marsberg-Udorf. Er be-wirtschaftet die Flächen im östlichen Teildes Marsberger Stadtgebiets und grenz-überschreitend in Nordhessen. Am Na-turschutzgebiet „Glockengrund“ wurdemit Mitteln der NRW-Stiftung für die-sen Betrieb ein Schafstall errichtet.

Seit 1994 bewirtschaftet derSchäfereibetrieb Wagner mit Sitz inBrilon-Radlinghausen die westlichen Flä-chen des Projektgebietes bis in das Stadt-gebiet von Brilon.

Als Schafrassen werden Rhönschafeund Coburger Fuchsschafe eingesetzt.Den Herden ist ein bis zu 10%igerZiegenanteil beigemischt, um denVerbissdruck auf die Gehölze zu verstär-ken.

Heute gibt es damit in den Stadtge-bieten Marsberg und Brilon zwei neuelandwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebemit über 1000 Mutterschafen und rund100 Ziegen, mit denen ehemals brach-gefallene, aufgeforstete oder zu Acker-land umgebrochene Kalkmagerrasen be-wirtschaftet werden.

Die Kalkmagerrasen in Brilon, derenAusweisung als Naturschutzgebiet aufeinen Antrag des VNV zurückgeht, sinddie höchstgelegenen in Nordrhein-West-falen. Neben dem Land NRW erwirbt derVNV auch hier mit Mitteln der NRW-Stiftung Naturschutzflächen, die dann anortsansässige Landwirte zur Bewirt-schaftung mit Schafen oder Rindern ver-geben werden. Dieses Projekt ist nochnicht abgeschlossen.

Blick in die Zukunft

„Unsere“ Kalkmagerrasen um Mars-berg und Brilon bedürfen auch weiter-hin der Betreuung durch den VNV, da-mit der neue Glanz der alten Schmuck-stücke nicht wieder verblasst.

Mit einem Problem werden wir im-mer zu kämpfen haben: Gehölzauf-wuchs. In vergangenen Zeiten war derBeweidungsdruck auf die kargen Grün-länder infolge mangelnden Weidelandesviel höher als heute. Die aufkommendenGebüsche und jungen Bäume wurdenviel stärker verbissen. Heute können,allein aus wirtschaftlichen Gründen, dieHalbtrockenrasen nicht so starkbeweidet werden. Dadurch kommen

fortlaufend Triebe von Schwarz- undWeißdorn sowie junge Kiefern und Bir-ken hoch. Diese müssen in schweißtrei-bender Arbeit zurückgedrängt werden.Uns wird die Arbeit für unsere 14-tägi-gen Pflegeeinsätze also nicht ausgehen.

Eine weitere Schwierigkeit ist ganzanders gelagert: Schon seit Jahren be-mühen wir uns, dass in den letzten Jahr-zehnten aufgeforstete, ehemalige Kalk-halbtrockenrasen wieder von den nichtheimischen Fichten, Kiefern oder Lär-chen befreit werden – etwa im Rahmenvon Ersatzmaßnahmen. Dort könntensich dann wieder Kalkmagerrasen ent-wickeln. Denn die heute bestehendenHalbtrockenrasen sind nur noch ein klei-ner Rest der ehemaligen Flächen. Dochein Gesetz aus dem 19. Jahrhundert, aufdas die Forstbehörden pochen, machtdies fast unmöglich: Wo Wald ist, mussauch Wald bleiben. Sollte Wald mit gu-tem Grund entfernt werden, muss an an-derer Stelle eine Neu-Aufforstung erfol-gen. Da die Ausgleichsmaßnahmen da-durch extrem verteuert werden, bleibendie Bäume leider da wo sie sind – aufentwicklungsfähigen Kalkmagerrasen imNaturschutzgebiet.

Und last, but not least: Die derzeitigeLandesregierung kürzt drastisch die Mit-tel für den Vertragsnaturschutz. Doch fürdie Schäfer bleibt die Bewirtschaftungvon magerem Grünland nur rentabel,wenn sie Geld dafür bekommen, dass siedie Flächen nicht düngen und nicht in-tensiv bewirtschaften, also den Lebens-raum erhalten.

Die ehrenamtliche Naturschutzarbeiterhält erst recht kaum noch Fördergelder.Zum Entfernen von Gebüschen benöti-gen wir jedoch Geräte wie Motorsägenund Freischneider.

Wird bald eine Zeit kommen, wo derartenreichste Lebensraum Mitteleuropasder Allgemeinheit schlicht zu teuerscheint?

Werner Schubert

Literatur:ROGGE, M. (1986): Entstehung und Wei-terentwicklung der Pflanzen-gesellschaften einer extensiven Schaf-und Ziegenweide bei Erlinghausen(Hochsauerlandkreis); Diplomarbeit,Göttingen, unveröffentlicht

Naturweg im NSG „Glockengrund“ - Exkursion im Mai 2002Foto: G. Kistner

IRRGEISTER 1/2006 23

Das Charakteristikum der Sauerländer Landschaft ist der Wechsel zwischen Berg und Tal, zwischenWald und Grünland. Die schmalen Waldwiesentäler erstrecken sich kilometerweit in die bewaldetenBerge.

In der Nähe von Ortslagen weiten sich die Täler oftmals und ermöglichten die Entwicklung ausge-dehnterer Feuchtwiesen: Im Laufe der Besiedlung des Sauerlandes hat der Mensch die Tallagen durchHolz- und Weidenutzung aufgelichtet. Teilweise wurden Erlenwälder auch gezielt zur Anlage von Grün-land gerodet und Be- und Entwässerungssysteme eingerichtet, um die Nutzbarkeit zu erhöhen. Bis vorwenigen Jahrzehnten waren die Talwiesen absolut wertvoll, da Grünland Mangelware war.

Ungenutzt und ungeliebt- Von der erfolgreichen Rettung

der Sauerländer Feuchtwiesen

Das Namenlosetal bei Winterberg-Silbach, in dem Fichtenbestände entfernt wurden, um wieder ein offenes Wiesental zu bekommen. Siehe auch Karten auf der folgenden Seite! Foto: Biol. Station

Die letzten Zwölf

Nachdem durch künstliche Düngungviele Ackerflächen in Grünland umge-wandelt worden waren, fielen die„schlechten“ Feuchtwiesen brach oderwurden mit Fichten oder anderen Gehöl-zen aufgeforstet. Straßen- und Wohnbe-bauung taten ihr übriges, so dass dieFeuchtwiesen auf Reste zurückgedrängtwurden. Arten wie Wollgras oder Fieber-klee, Breitblättriges Knabenkraut oderSumpf-Dotterblume, ob sehr selten odernoch etwas verbreiteter, sie haben alle

viel von ihrer ursprünglich ausgedehn-ten Verbreitung verloren.

Der Schutz und der Erhalt der Feucht-wiesen im Hochsauerlandkreis war vonAnfang an ein besonderer Arbeits-schwerpunkt des VNV. 1984 begann die-ses Projekt mit der sogenannten Zwöl-fer-Liste. Sie enthielt unsere bedeutsam-sten Feuchtwiesengebiete: die Irrgeisterbei Winterberg-Niedersfeld, das Springe-bachtal bei Winterberg-Grönebach, dasHillebachtal und die Waldwiese amHillekopf bei Winterberg-Hildfeld, den

Hemmeker Bruch bei Brilon-Madfeld,die Nuhnewiesen bei Hallenberg, dieHooren bei Medebach, denHelmeringhauser Bruch bei Olsberg-Helmeringhausen, den Bintel bei Brilon-Scharfenberg, das Helletal bei Winter-berg-Elkeringhausen, die Neue Born beiWinterberg-Küstelberg und dasNamenlosetal bei Winterberg-Silbach.

Mittlerweile sind all diese Gebietedurch Anträge auf Ausweisung als Na-turschutzgebiet gesichert oder durch dieErstellung und Überarbeitung derLandschaftspläne als solches vorgeschla-

24 IRRGEISTER 1/2006

Deutliche Fichtenreduzierung im Namenlosetal

IRRGEISTER 1/2006 25

gen. Acht dieser Gebiete wurden auf-grund ihrer Wertigkeit sogar als FFH-Gebiete in das europäischeSchutzgebietsnetz NATURA 2000 auf-genommen. Es hat allerdings 20 Jahregedauert, bis die Bedeutsamkeit der Ge-biete auch zu einem Schutz geführt hat.

Erhalt der Bewirtschaf-tung

Um handlungsfähig zu werden imFeuchtwiesenschutz, pachtete der VNVFlächen von Privatpersonen an und stell-te 1990 einen Antrag an die NRW-Stif-tung, um Gebiete in den Feuchtwiesendes höheren Sauerlandes erwerben zukönnen. Bis heute wurden rund 92 hagekauft! Mit Mitteln des Landes wurdenoch einmal etwa die gleiche Flächen-größe erworben. Die Nuhnewiesen, ehe-mals in Landeseigentum, heute im Be-sitz der NRW-Stiftung und betreut durch

die Biologische Station, sind innerhalbdes Projektes mit rund 70 ha das größteund zusammenhängendste Gebiet. Dochmit dem Ankauf allein ist es nicht getan.Die Flächen müssen entwickelt und dau-erhaft naturschutzgerecht bewirtschaftetwerden. Insgesamt 13 ortsansässigeLandwirte bewirtschaften heute dieStiftungsflächen rund um Winterberg.Parzellen, die durch Entfichtung oderErstpflege wieder landwirtschaftlichnutzbar wurden, wurden zumeist durchdie angrenzenden Landwirte mit in dieBewirtschaftung genommen.

Das Gebiet, in dem sich die Maßnah-men und Flächenankäufe am besten ver-anschaulichen lassen, ist das Tal der Na-menlose bei Winterberg-Silbach. DerVergleich der beiden Luftbildausschnittezeigt eindrucksvoll, was sich dort getanhat.

Power to the Bauer!

Am Beispiel der Feuchtwiesen zeigtsich einmal mehr, dass der VNV früh dieSchutzwürdigkeit dieser Lebensräumeerkannt hat. Mit viel ehrenamtlichemEngagement und durch Unterstützungder NRW-Stiftung ist der Schutz derSauerländer Feuchtwiesen – und mit ih-nen einer Vielzahl bedrohter Tier- undPflanzenarten – zu einem guten Teil ge-lungen.

Ohne eine lebensfähige Landwirt-schaft jedoch, deren Arbeit um den Er-halt der Kulturlandschaft angemessenhonoriert wird, werden die Erfolge ent-weder schnell dahin sein oder die Feucht-wiesen würden sich schnell zu unbezahl-baren Pflegefällen des Naturschutzeswandeln!

Werner Schubert

Feuchtwiesenmahd durch den VNV: 1. NSG „Helmeringhauser Bruch“ bei Olsberg (Foto: VNV-Archiv), 2. Elkeringhausen bei Winterberg(Foto: G. Kistner), 3. NSG Wäschebachtal bei Marsberg (Foto: R. Pohlmeyer) - und ein Resultat: Massenbestand des SchmalblättrigenWollgrases im Hillebachtal (Foto: Biol. Station)

26 IRRGEISTER 1/2006

Die Bruchhauser Steine -auch Riesen sind bedroht

Die Bruchhauser Steine bei Olsberg-Bruchhausen mit den vier großen Felsen Bornstein (91 m hoch), Goldstein(60 m), Ravenstein (72 m) und Feldstein (45 m) sind eine der eindruckvollsten Felsgruppen in ganz NRW.

Die herausragende Stellung der Bruchhauser Steine für die Flora von NRW zeigt sich im Vorkommen vonPflanzenarten, die einzigartig in Norddeutschland sind (vgl. den Artikel über die Flora im HSK in diesem Heft).RAABE (1989) stellte 75 Arten der Roten Liste NRW (höhere Pflanzen, Moose und Flechten) fest!

Die bekannteste Schriftstellerin Westfalens, Annette von Droste-Hülshoff, schreibt über die Bruchhauser Steineim Buch „Das malerische und romantische Westphalen“ (SCHÜCKING & FREILIGRATH 1840): „Habichte, Falken undKäuze siedeln in den zerklüften Felsen und steigern durch ihr Gepfeife oder lautloses Umkreisen der Zacken denEindruck des wild-pittoresken Bildes.“

Foto: C. Finger

Erfolgsstory des Natur-schutzes

Mit Käuzen dürfte Droste-Hülshoffden Uhu gemeint haben. Bis 1876 hatunser größter Nachtgreif hier gebrütet(FELDMANN 1963). 1876 wurden die letz-ten drei Junguhus ausgehorstet und inden Zoo nach Münster gebracht. Erst1995 besiedelte der Uhu die Bruchhaus-er Steine erneut und gehört nun wiederzum festen Bestandteil der Brutvögeldort.

Auch die von Annette von DrosteHülshoff erwähnten Falken, genauer dieWanderfalken, bereichern heute wiederdie Lebensgemeinschaft der Bruchhauser

Steine. Bis 1969 konnte sich der durchdirekte Verfolgung von Taubenzüchternund Falknern und durch Umweltgiftedezimierte Großfalke halten, bevor er,wie zuvor im restlichen NRW, auch hierals Brutvogel ausstarb. Der Jungvogeldieser letzten Brut wurde von einemFalkner geraubt.

Als am 7. März 1989 erstmals wie-der ein Wanderfalkenpaar vom VNV anden Bruchhauser Steinen beobachtetwurde, war es das erste Mal in NRW seitdem Verschwinden der Art, dass ein Paaran einem Naturfelsen nachgewiesen wur-de. Sofort war uns klar, dass der VNVeine Felssperrung und eineWanderfalkenbewachung organisieren

musste, um den Falken eine Brutan-siedlung zu ermöglichen.

Am 8. März informierten wir dasUmweltministerium in Düsseldorf. Daman sich auch dort der Bedeutung die-ses Ereignisses für den Naturschutzbewusst war, wurden noch am selbenTag (!) Bornstein und Ravenstein perErlass für das Klettern gesperrt. Denneine weitere Ausübung des Klettersports,bis dato regelmäßig an den Felsen be-trieben, hätte eine eventuelle Brut nichtmöglich gemacht.

Schon am 18. März konnten zweiVNV-Mitglieder mit einer Rund-um-die-Uhr-Bewachung beginnen, dank der indiesem Fall hervorragenden Zusammen-arbeit zwischen den Behörden und dem

IRRGEISTER 1/2006 27

Eine Schulklasse aus Bruchhausen informiert sichbei den Wanderfalkenbewachern

Foto: V. Falkenstein

ehrenamtlichen Naturschutz. Neben ei-ner Aushorstung durch Falkner war dieMissachtung des Kletterverbots eineständige Bedrohung. Schon ein Klette-rer in der weiteren Nistplatzumgebunghätte die Ursache sein können, dass dasWanderfalkenpaar nicht zur Brut schrit-te oder Eier bzw. Jungvögel währendsolcher Störung unterkühlten.

1989 begann das Paar aber trotz Balznicht mit der Brut, da das junge Männ-chen noch nicht fortpflanzungsfähig war.

Der Erfolg kam im Folgejahr: 1990flogen erstmals seit 1964 wiederJungfalken, und gleich drei Vögel, amBornstein aus! Die Bewachung durchden VNV dauerte in jenem Jahr vom13.03. bis zum 10.06.

Bis 1999 wurde eine solche Bewa-chung in jeweils ähnlichen Zeiträumendurchgeführt. Die in der Regel zwei Be-wacher waren in einem Wohnwagen un-tergebracht. Von 1989 bis 1999 wurdenca. 48.000 Bewachungsstunden von eh-renamtlichen Naturschützern aus ganzDeutschland geleistet. Die gesamte Or-ganisation lag ausschließlich beim VNVund war eine sehr zeitaufwendige Ange-legenheit, zumal von 1993 bis 1999 nochein zweiter Wanderfalken-Brutplatz vonuns bewacht wurde.

Seit 2000 gibt es keine Dauer-bewachung durch den VNV mehr. Abernach wie vor werden die BruchhauserSteine durch örtliche VNV’ler intensivkontrolliert. Von 1991 bis 2004 wurden20 Jungfalken beringt, um über Ring-wiederfunde zu wissenschaftlichen Er-kenntnissen zu gelangen.

Die Wiederbesiedlung der Bruchhau-ser Steine und weiter Teile Deutschlandsdurch Uhu und Wanderfalke ist eine Er-folgstory des Naturschutzes und kam nurdurch massiven Einsatz von TausendenNaturschützern in ganz Deutschland zu-stande.

An den Felsen Vorrang fürden Naturschutz!

Schon seit 1921 liefen Bemühungen,die Bruchhauser Steine unter Natur-schutz zu stellen. Eine Ausweisung alsNaturschutzgebiet (NSG) erfolgte abererst 1951. Das Beklettern der Felsenwurde verboten.

Später wurde allerdings dem Eigen-tümer erlaubt, Erlaubnisscheine zumBeklettern der Felsen an Sektionen desDeutschen Alpenvereins (DAV) auszu-geben. Fortan nutzten zahlreiche Sport-kletterer die Naturfelsen für ihr Hobby– mit sehr negativen Auswirkungen ge-rade für solche Tier- und Pflanzenarten,für deren Erhalt das Schutzgebiet aus-gewiesen wurde. Beispielsweise wurdendas Bleiche Habichtskraut (Hieraciumpallidum) und das LotwurzblätterigeHabichtskraut (Hieracium onosmoides),beides Felsarten an ihrer nordwestlichenVerbreitungsgrenze, während desKletterbetriebs deutlich seltener.

Bereits von 1984 an bemühte sich derVNV darum um eine Änderung der Ver-

Immatures WanderfalkenweibchenFoto: B. Zoeller

28 IRRGEISTER 1/2006

Nur die vorgegebenen Stufen dürfen zum Besteigendes Feldsteins von Wanderern betreten werden

Foto: V. Falkenstein

ordnung, um sowohl die floristischenKostbarkeiten zu erhalten, als auch eineWiederansiedlung des Wanderfalken zuermöglichen.

Seit 1992 endlich ist das Klettern anallen vier Hauptfelsen verboten. Nur derFeldstein darf von der östlichen Seite auserwandert werden.

Im Landschaftsplan Olsberg (HOCH-SAUERLANDKREIS 2004) findet sich unterdem Stichwort NSG „Bruchhauser Stei-ne“: „Schutzzweck: Mit höchster Prio-rität sind die Felsen zu sichern alsHabitat spezifischer Pflanzenarten undals Brutplatz gefährdeter Vogelarten.Der Erhalt der o. g. Lebensräume er-fordert vor allem eine naturnahe Wald-bewirtschaftung und ein Kletterverbot.“

Soweit wäre alles in Ordnung. Wennnicht, ja wenn nicht nach wie vor dasDamoklesschwert der Freigabe des Klet-terns über den Steinen schweben wür-de. Denn die Klettersportler, zusammen-geschlossen in der „IG Klettern“, bemü-hen sich fortlaufend, dass das für denSchutz der Pflanzen und seltenen Vögelnotwendige Kletterverbot aufgeweichtoder aufgehoben wird – mit einemAktionstag an den Steinen, bei dem ille-

gal von Kletterern zweiTransparente in denFelsen angebracht wur-den, und hartnäckigerLobbyarbeit bei Politi-kern.1

Seit es zum Wechselder Landesregierung inDüsseldorf kam, habendie Aktivitäten der IGKlettern deutlich zuge-nommen. Sie gibt sicho b e r f l ä c h l i c hkompromissbereit: „Anden Bruchhauser Stei-nen könnten 80 % derFelsen gesperrt werden,in den verbleibendenFelsen sind 90 % derKletterrouten.“ DieKletterer wollen, dassan allen senkrechtenFelsen über 10 m Höhegeklettert werden darf.Dem Naturschutzmöchten sie die kleinenFelsen und Felsbrocken,

dann tatsächlich 80-90 %,überlassen. Würde diesWirklichkeit, wäre es einArmutszeugnis vonNaturschutzpolitik.

Für eine einzige Interessengruppe -die Felsenkletterer - soll der einzigeWuchsort vieler Pflanzenarten in NRWgeopfert werden, obwohl Alternativen inSteinbrüchen vorhanden wären. Dieswäre das Todesurteil für die einmaligeFlora an den Felsen, denn Kletterer-sportler können am Fels nicht über dieStandorte von seltenen Moosen, Flech-ten und höhere Pflanzen hinweg-schweben.

Im HSK wird zur Zeit an zwölf Stand-orten geklettert, davon sind zehn illegal.Dass die Gefahr durch Kletterer durch-aus real ist, zeigt der Tod von 2 Junguhusin einem NSG im Stadtgebiet Marsberg(Lindner 2006). Diese beiden Junguhusstarben, nachdem illegale Kletterer dashudernde Weibchen von den Jungen trie-ben.

Schon 1990 beschreibt SCHUBERT diebis heute gültige Position des VNV zurvon uns unterstützten Suche nach Alter-nativen zu den Bruchhauser Steinen fürdie Kletterer: „Die Ausweisung vonKlettergärten ist ... eine sinnvolle Mög-lichkeit, um naturschonend Klettersport

zu betreiben. Bei der Suche nach alter-nativen Klettermöglichkeiten in Stein-brüchen arbeiten VNV und DAV zusam-men, damit mögliche Konflikte bei derAuswahl solcher Klettergärten von vor-neherein vermieden werden.“ Damalsscheiterte die Suche nach Alternativenzu den Bruchhauser Steinen nicht amVNV, sondern der Deutsche Alpenver-ein konnte sich nicht mit den Flächen-eigentümern einigen.

Zur Zeit arbeitet der VNV bei der Er-stellung von zwei Kletterkonzeptionenin stillgelegten Steinbrüchen mit. Zu ei-nem ehrlichen Kompromiss kann es abernur kommen, wenn nicht nur den Inter-essen der Kletterer, sondern auch denBelangen der Natur ausreichend Rech-nung getragen wird. Der VNV sagt klar:Die Sportkletterer sollen an ausgewähl-ten, für sie geeigneten Steinbrüchen imHSK klettern dürfen.Aber die Bruchhauser Steine müssentabu bleiben!

Martin Lindner

Anmerkung: Im nächsten IRR-GEISTER-Heft erscheint ein ausführ-licher Artikel über die BruchhauserSteine.

Literatur:FELDMANN, R. (1963): Der Uhu in West-falen. Nat. u. Heimat 23: 19-26.LINDNER, M. (2006): Uhubrut durchSportkletterer vernichtet. Falke 53: Heft10, S. 356.RAABE, U. (1989): Gutachten der Lan-desanstalt für Ökologie, Landschafts-entwicklung und Forstplanung zur Ve-getation der Bruchhauser Steine. (unver-öffentlicht).SCHUBERT, W. (1990): Die BruchhauserSteine – Naturschutz und Klettersportim Konflikt. Natur- u. Landschaftskunde26: 1-6.SCHÜCKING, L. & F. FREILIGRATH

(Hersg.)(1840): Das malerische und ro-mantische Westphalen. Barmen + Leip-zig.

1 Aufschlussreich ist, sich dieInternetseite der IG Klettern (www.ig-klettern-nrw.de), die Dokumentationihrer Aktion „Free-NRW“ (überwww.on-sight.de) und auchwww.klettern-in-bruchhausen.de anzu-sehen.

IRRGEISTER 1/2006 29

Schmackhaftes auswertvollem Lebensraum

Obstwiesen im SauerlandHeutzutage kauft man die Äpfel im Supermarkt. Sie stammen aus Plantagen und sind manchmal schon

um die halbe Welt geflogen, bevor sie auf unserem Tisch landen. Noch vor einigen Jahrzehnten war diesbei uns gänzlich anders: Äpfel und auch Birnen, Pflaumen und Kirschen wuchsen im eigenen Gartenoder stammten von Bäumen, die es rund um unsere Dörfer gab. Noch in den 1950er Jahren waren vieleSauerländer Siedlungen umgeben von einem Kranz aus Wiesen, auf denen Obstbäumen parkähnlichstanden; Feldwege wurden kilometerlang von Obstbäumen flankiert. Die Bäume pflanzte man in denvergangenen Jahrhunderten, um die Versorgung der Bevölkerung mit energie- und vitaminreicher Kostsicher zu stellen.

Bestimmen von Obstbäumen in Sundern-Weninghausen Foto: G. Kistner

Der Lebensraum Obst-wiese

Auch die Tier- und Pflanzenwelt pro-fitierte von diesen Streuobstwiesen.1

Denn anders als die heutigenkleinwüchsigen, gedüngten und gespritz-

ten Bäume der Obstplantagen bietenunsere Obstwiesen einen wertvollen Le-bensraum: In den Naturhöhlen der alten,hochstämmigen Bäume können höhlen-brütende Vögel wie Gartenrotschwanzund Steinkauz ihre Jungen ebenso groß-ziehen wie Fledermäuse. Eine Vielzahl

von Insekten, z. B. Schmetterlinge undWildbienen, lebt in den Obstbäumen undin den blütenreichen, extensiv alsMähwiese oder Viehweide genutztenFlächen.

30 IRRGEISTER 1/2006

Über die Sorten

Bei den meisten Obstwiesen im Hoch-sauerlandkreis finden wir ein Standard-sortiment an Sorten. Durch eine behörd-liche Verordnung aus den ersten Jahrendes 20. Jahrhunderts, der Zeit der Anla-ge vieler heute bestehender Obstwiesen,wurde dies festgelegt. In der so genann-ten Reichsobstsortenliste wurden Sortenempfohlen, die für das jeweilige Gebietgeeignet waren,. Westfalen wurde z. B.in Sauer- und Siegerland, Hellweggebietund Westfälische Bucht eingeteilt. In die-sen Listen kommt ein Grundsortiment anObstsorten vor.Darüber hinaus gibtes aber in jedemGebiet auch so ge-nannte Lokal- undRegionalsorten.

Aber auch die-ses „Standard-sortiment“, weiterbereichert durchörtliche Auslesen,die nirgendwosonst angepflanztwurden, spiegeltSortenvielfalt wie-der, verglichen mitdem heutigenStandartsortiment.Denn handelsübli-ches Obst gehörtheutzutage nurnoch wenigen Sor-ten an, und diesdeutschland- undsogar europaweitbetrachtet.

Alte Sorten (imfolgenden soll nur von Äpfeln die Redesein), die in Westfalen und in ganzDeutschland vorkommen, sind z. B. dieRote Sternrenette, Jakob Lebel undDülmener Rosenapfel. Typisch westfäli-sche Sorten sind die Graue Herbstrenetteund der Westfälische Gulderling sowiedie Westfälische Tiefblüte. Auch die Lu-xemburger Renette ist unter anderem inWestfalen verbreitet. Zu den Lokalsortengehören der Liesener Kantapfel und derSchöne aus Oesdorf. Letztgenannterwurde, der Name verrät es, im DorfOesdorf bei Marsberg entdeckt, und istdort noch vereinzelt zu finden.

Vor dem Erscheinen der Reichsobst-sortenliste wurden die einzelnen Sorten

von Generation zu Generation weiterge-geben. Dabei waren zum Teil einige sehrseltene wie der Edelborsdorfer – vorwenigen Jahren von uns in Sundern-Weninghausen wiederentdeckt – oder dieOsnabrücker Renette.

Obstwiesen sind heute meistens sehralt – und hochgradig schutzwürdig.Nicht nur wegen des wertvollen Lebens-raums, sondern auch, weil Obstwiesenein wichtiges Element unserer gewach-senen Kulturlandschaft darstellen undwegen der in Jahrhunderten gewachse-nen genetischen Vielfalt der Obstbäume.

Leider sind die Bäume wegen Über-alterung und mangelnder Pflege größten-teils in einem sehr schlechten Zustand.

Das, was noch übrig geblie-ben ist

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging esmit den Obstwiesen bergab: Das Obstkaufte man nun im Supermarkt, die Bäu-me standen und stehen den landwirt-schaftlichen Maschinen im Weg. Indu-strialisierung und Intensivierung sindseitdem die Schlagwörter der Landwirt-schaftspolitik. Noch in den 1970er Jah-

ren wurde die Rodung von Obstwiesendurch EU-Mittel subventioniert und soderen Vernichtung massiv gefördert!

Die meisten Obstwiesen verschwan-den, und mit ihnen wertvoller Lebens-raum und landschaftliche Schönheit.Denn wer erfreut sich nicht gerne imFrühjahr an blühenden, in Wiesen und anFeldern stehenden Apfel- und Birnbäu-men?!

Auch im 21. Jahrhundert ist diese Ent-wicklung nicht gestoppt, obwohl derWert von Obstwiesen für Natur undLandschaft außer Zweifel steht. Und ob-

wohl die lokalen,ungespritzten Äpfel,Birnen, Kirschenund Pflaumen einegesunde Alternativezum Obst derSupermarktkettenwären. Doch obwohldie Sortenvielfaltvergangener Tageerhalten bleibenmüsste, obwohl derÜberalterung vonObstwiesen durchNachpflanzen loka-ler Sorten entgegen-gewirkt werdenmüsste: Nicht immerkönnen Besitzer vonStreuobstwiesen vonder Wichtigkeit undvon dem Nutzen vonObstbäumen in derLandschaft über-zeugt werden.

G r ü n l a n d s -i n t e n s i v i e r u n g ,

Baugebietserweiterung. Und wenn dorteine alte Streuobstwiese steht – wegdamit! Das ist leider immer noch viel zuoft die bittere Realität!

Dazu zwei konkrete Fälle:Auf einer großen, im städtischen Be-

sitz befindlichen Obstwiese am westli-chen Stadtrand von Sundern stehen etwa80 Apfelbäume, unter anderem 17 Bäu-me der Sorte „Schöner aus Boskoop“.Die Stadt ist jedoch nicht bereit, einenVertrag mit dem VNV über die Pflegedieser wertvollen Fläche abzuschließenoder anderweitig für den Erhalt der Bäu-me zu sorgen. Wir dürfen keine neuenBäume anpflanzen und auch die vorhan-denen nicht schneiden, also Naturschutz-

Sorte „Kaiser Wilhelm“Foto: G. Kistner

IRRGEISTER 1/2006 31

maßnahmen durchführen. Denn die Flä-che soll Baugebiet werden ...

Nahe Marsberg befindet sich amDiemeltal eine ausgedehnte, landschafts-prägende Obstwiese, die als Rinderweidegenutzt wird. Der Landwirt darf zwardie Obstbäume nicht roden, da sie ge-setzlich geschützt sind. Aber weil dieBäume ihn stören, wollte auch er nichtdem VNV gestatten, an ihnen einenPflegeschnitt durchzuführen, um sie zuerhalten, ganz zu schweigen von derErlaubnis, junge Bäume nachzupflanzen.Er weiß genau, dass die überaltertenBäume nach und nach umstürzen undfreut sich schon auf eine baumfreie Wei-de.

Dem Trend gegensteuern!

Schon seit Jahren ist der VNV aktivim Obstwiesenschutz. In den Stadtgebie-ten Arnsberg und Sundern und im östli-chen HSK um Marsberg führten wir anhunderten Obstbäumen im Außenbereicheinen Pflegeschnitt durch. Dadurch ver-längert sich das Lebensalter der Bäume,die als Kulturpflanzen auf Pflege ange-wiesen sind. Des weiteren legten wir inden Stadtgebieten Marsberg und Brilonneue Obstwiesen an und pflanzten in

bestehenden Obstwiesen neue Bäumenach. Bis jetzt setzten wir knapp 150junge Bäume, inklusive der Anbringungvon Verbissschutz eine langwierige Ar-beit! Die gepflanzten Bäume gehörensämtlich regionalen, standortgerechtenSorten an.

Vor einigen Jahren sind mit Hilfe derForstgenbank in Arnsberg und derBiostation junge Apfelbäume veredeltworden. Bei einem Termin im Winterwurden alte Apfelbäume, bei denen ichwusste, um welche Sorte es sich handelt,im Westteil des HSK aufgesucht, undvon uns markiert. Zu einem späteremZeitpunkt wurden von diesen BäumenReiser geschnitten, um daraus neue Bäu-me zu ziehen bzw. zu veredeln. Im dar-auf folgenden Herbst wurden insgesamt62 einjährige Apfelbäume auf dem ehe-maligen Truppenübungsplatz Spreibergbei Müschede gepflanzt. Diese werdenzur Zeit zu Hochstämmen erzogen.

Eine ähnliche Aktion initiierten wir fürden Erhalt seltener Sorten einer von unsbetreuten Streuobstwiese bei Marsberg-Udorf. Hier wurden im letzten Winterjunge Bäume nachgepflanzt, die zuvoraus ihren nun in Nachbarschaft stehen-den „Elternbäumen“ gezogen wurden.

Auch in Zukunft wird sich der VNVum den Erhalt von Streuobstwiesenkümmern und versuchen, alte Sorten zuerhalten. An den von uns gepflanztenObstbäume führen wir regelmäßigPflegeschnitte durch, um sie in „die rich-tige Form zu bringen“. Auch möchtenwir wie bisher auch weiterhin an altenBäumen einen Erhaltungsschnitt durch-führen. Zur Zeit werden dafür aber kei-ne Fördergelder bewilligt, so dass für unsdie Unkosten zu hoch wären.

Jörg Langanki

Literatur:LUCKE, R., R. SILBEREISEN, E. HERZ-BERGER (1992): Obstbäume in derLandschaft

1 Streuobstwiesen sind eine landwirt-schaftliche Mehrfachnutzung einer Flä-che, sie dienen der Obsterzeugung undwerden zudem als Mähwiese oder Vieh-weide genutzt. Die Herkunft der Be-zeichnung Streuobstwiese stammt vondem Begriff „Obstbau in Streulage“, dernach derzeitigen Erkenntnissen erstmals1940 für den nichtgewerblichen, hoch-stämmigen Obstbau in Schleswig-Hol-stein verwendet wurde.

„Winterrambour“ auf dem Spreiberg bei Arnsberg Foto. J. Langanki

32 IRRGEISTER 1/2006

Verborgenes Leben Amphibien und Reptilien im Sauerland

Schl

ingn

atte

rF

oto:

G. K

istn

er

Die Amphibien und Reptilien im Sauerland führen nicht nur wegen ihrer oftmals heimlichen Lebens-weise unter Steinen, im Pflanzengewirr, in und an Gewässern ein Leben im Verborgenen, sondern auch,weil der derzeitige Wissensstand über die Verbreitung der meisten Arten gering ist.

Indikatorfunktion

Dabei spielen diese beiden Arten-gruppen eine bedeutende Rolle bei derQualitätsbeurteilung von Lebensräumenund sind somit Schlüsselarten für dieAusweisung von Schutzgebieten.

Aus diesem Grund bemüht sich derVNV derzeit, die bestehenden Wissens-lücken über die Vorkommen der Amphi-bien und Reptilien im Hochsauerland-kreis zu schließen. Hierbei müssen wirvor allem die gefährdeten und an spezi-elle Lebensraumstrukturen angepasstenArten beachten. Dies betrifft im Sauer-land besonders Zauneidechse, Ringel-und Schlingnatter, Kammmolch sowieKreuz- und Geburtshelferkröte.

Vielfältige Gefahren

Die Gefährdungsursachen sind um-fangreich und betreffen zunehmend auchhäufige Arten, z.B. Feuersalamander,Grasfrosch und Erdkröte. Hohe Verlu-ste durch Straßenverkehr,Laichverpilzung infolgeGewässerversauerung, Gewässerausbauund intensive Fischhaltung in Teichen,Bächen und Flüssen mit überhöhtemFischbesatz sorgen dafür, dass auch dieBestände der weit verbreiteten Artenzurückgehen.

Eine generell und überall gegebeneGefährdung geht von der enormenNährstoffanreicherung unserer Land-schaft durch Gülle, Kunstdünger und

Stickstoffimmissionen aus. Dies führtdazu, dass Laichgewässer und offeneLandlebensräume wie Magerrasen,Steinbrüche und Böschungen immerschneller zuwachsen und so wichtigeBedingungen des Kleinklimas, z. B.Bodenfeuchtigkeit und Sonnenein-strahlung, nachhaltig und für Kriechtie-re negativ verändert werden.

Einige Arten, beispielsweiseSchlingnatter und vor allem Kreuzkröte,reagieren sehr sensibel auf das Zuwach-sen ihrer Habitate; ihre Vermehrung ver-ringert sich oder bleibt ganz aus. Aufdiese Weise verschwinden lokale odersogar regionale Vorkommen.

IRRGEISTER 1/2006 33

Verinselung durchLebensraumzerstörung

Besonders negativ wirken sich auchGrünlandumbruch, Aufforstung mit Na-delgehölzen und die Vernichtung vonHecken und Säumen aus. Diese Maßnah-men führen dazu, dass die ohnehin ge-ringe Ausbreitungsfähigkeit der Amphi-bien und Reptilien weiter eingeschränktwird und einzelne Vorkommen zuneh-mend isoliert werden, da ihnen keinedeckungs- und nahrungsreichen Ver-bundsysteme mehr zur Verfügung ste-hen. Ein Genaustausch zwischen einzel-nen Populationen wird somit unterbun-den und führt auf Dauer zum Erlöschenvieler kleiner Vorkommen, die auf Zu-wanderung angewiesen sind.

Blindschleiche Foto: G. Kistner

Zauneidechse Foto: W. Schubert

Feuersalamander Foto. N. Schröder

34 IRRGEISTER 1/2006

Schutzstrategien

Wie die Gefährdungsbeispiele zeigen,müssen Schutzstrategien für die Amphi-bien und Reptilien viel komplexer gestal-tet werden, als allein durch die Anlagevon Tümpeln und Krötenzäunen an Stra-ßen.

Der VNV unterstützt durch Lebens-raum verbessernde Maßnahmen wieEntbuschung von offenen Magerweidenund Grünlandextensivierung natürlicheinzelne Vorkommen. Doch betrachtenwir die fortschreitende, intensive Nut-zung unserer Landschaft durch Land-und Forstwirtschaft einerseits und dievöllige Nutzungsaufgabe von Flächenandererseits, wird deutlich, dass nur dieAbkehr einer Intensivnutzung zugunsteneiner naturverträglichen Wirtschafts-weise helfen kann, dass die Amphibienund Reptilien im Sauerland weiterhin imVerborgenen leben können.

Sven Kuhl

Erdkröten bei der Paarung Foto: G. Kistner

Von VNV-Mitgliedern gerettete Kaulquappen aus austrocknenden Pfützen Foto: G. Kistner

IRRGEISTER 1/2006 35

Die „Roten“ pflegen wiederKulturlandschaft -

Das VNV-Projekt „Rotes Höhenvieh“

Der VNV betreibt – wie die meisten anderen Naturschutzverbände Mitteleuropas – überwiegend nicht Natur-schutz im eigentlichen Sinn, sondern Kulturschutz. Denn die Sauerländer Landschaft mit ihren vielfältigen Le-bensräumen, um dessen Erhalt sich der VNV bemüht, ist ein Produkt der über die Jahrhunderte stattgefundenen,kleinbäuerlichen Wirtschaftsweise. Das Sauerland ist eine Kulturlandschaft, entstanden erst durch die Jahrhun-derte lange Nutzung durch den Menschen und sein Weidevieh. Diese Kulturlandschaft ist geprägt durch vielfälti-ge, kleinräumige Strukturen und spezielle Lebensräume, die einer Vielzahl unterschiedlicher Tier- und Pflanzen-arten einen Überlebensraum bieten.

Als dann die Mechanisierung in dasbäuerliche Leben Einzug hielt, brauch-ten die Landwirte keine Tiere mehr, dieSpanndienste leisteten. Die Fahrkühe, dieden Wagen oder den Pflug gezogen hat-ten, waren „out“. Kühe sollten nur nochMilch oder nur noch Fleisch liefern. Dieskonnten die einfarbig roten Landschläge,klassische Dreinutzungsrinder, nicht lei-sten und wurden eingekreuzt oder ab-geschafft und durch hochgezüchtete,neue Rinderrassen ersetzt.

Das einfarbig rote und mit einem hel-len Flotzmaul versehene „Rote Höhen-vieh“, eine sich im Sauerland über Jahr-hunderte hin entwickelte Rinderrasse,

war an die rauen Mittelgebirgslagenangepasst: klein, zäh und kräftig. Es hat,wie auch Ziegen und Schafe, unsereWeidelandschaft geprägt.

Mit dem Verschwinden dieser altenHaustierrasse wurden die nassen odermageren Flächen nicht mehr als Viehwei-de genutzt und sie verbuschten. Denn fürHochleistungsrinder sind extreme Stand-orte nicht geeignet. Die Folge war, dassmit der Nutzungsaufgabe oder durchbodenverbessernde Maßnahmen (Dün-gung, Drainage) die artenreichen Le-bensräume wie magere Bergwiesen undFeuchtwiesen verschwanden und weiter

Im Rahmen der historischen Land-wirtschaft entwickelten sich im Laufe derZeit Nutztiere die sich an diese Land-schaften und deren Nahrungsangeboteanpassten. Die Weideflächen entwickel-ten sich zu blühenden Oasen, denn vielePflanzen, z. B. verschiedene Orchideen-arten, Enziane und Kräuter, kamen be-sonders gut mit den dort herrschendenBedingungen (magere, offene Standor-te, besonders viel oder wenig Boden-feuchte) zurecht. Im Zuge solcher Pflan-zen konnten dann Tierarten diese Le-bensräume besiedeln, die sich, wie vieleInsekten, auf solche Pflanzen als Nah-rung spezialisiert haben.

Rot

es H

öhen

vieh

des

VN

V im

NSG

„A

uf d

er W

iem

ecke

“ be

i Mar

sber

gF

oto:

V. F

alke

nste

in

36 IRRGEISTER 1/2006

verschwinden. Unsere Landschaft wirddaher seit Jahrzehnten artenärmer; vielevon Magerweiden abhängige Tier- undPflanzenarten stehen auf der Roten Li-ste.

Mit dem Projekt „Rotes Höhenvieh(RHV)“ will der VNV dieser negativenEntwicklung entgegensteuern. Wir wol-len dazu beitragen, diese alte, heimischeHaustierrasse zu erhalten und durch

Helles Flotzmaul Foto: N. Schröder

Zucht wieder an das ehemals hier gehal-tene Rote Höhenrind heranzuführen.Gleichzeitig betreiben die TiereLebensraumschutz und bewahren Tiereund Pflanzen vor dem Aussterben. Durchdie Bewirtschaftung von Magerweiden,so wie sie seit Jahrhunderten praktiziertwurde, erhält das Rote Höhenvieh dieseLebensräume, indem es bei der Beseiti-gung von Aufwuchs hilft.

Der VNV betreibt den Schutz wert-voller Sauerländer Biotope und gleich-zeitig Kulturschutz durch den Erhalt ei-ner historischen Rinderrasse in Anleh-nung an die historische Wirtschaftsweise.

Im Jubiläumsjahr 2006 – dem 16. Jahrseit Beginn des Projektes – setzt derVNV die Rinder auf verschiedenenWeideflächen ein.

Die größte und als erste mit RotemHöhenvieh beweidete VNV-Fläche be-findet sich bei Brilon-Madfeld im NSG„Hemmecker Bruch“. Für diese in Teil-bereichen sehr nasse Wiese ließ sich da-mals kein Bewirtschafter finden. Vorkurzem konnte mit Hilfe der NRW-Stif-tung eine weitere Feuchtwiese beiMadfeld am „Prinzknapp“ erworben undso erhalten werden. Eine andere Feucht-wiese wird in Marsberg-Essentho imgeplanten NSG „Auf dem Bruch“ ge-pflegt.

Im Gegensatz zu diesen sehr feuch-ten Flächen beweidet das „Rote Höhen-vieh“ auch Flächen in Marsberg-Ober-marsberg im Glindegrund und im nahenNSG „Auf der Wiemecke“.

Die Unterschutzstellung dieser Flä-chen erfolgte zur Erhaltung und Förde-rung der seltenen und gefährdetenMagerweiden mit ihren typischen Pflan-zen- und Tierarten. Die einmaligen Steil-hänge der Wiemecke sind durch Gebü-sche und Feldhecken reich gegliedert.Dem Wanderer und Naturliebhaber fälltdie herausragende Schönheit derstrukturreichen, halboffenen Hänge auf.

Die VNV-Herde zählt zur Zeit ca. 30Tiere im Alter von 15 Jahren bis hin zuKälbern.

Der Anfang unserer traditionellen undtierfreundlichen Mutterkuhhaltung imVNV war 1990. Die Beweidung wurdemit drei Tieren begonnen und schon 1991konnten sieben Tiere aufgestallt werden.Die Herde wuchs stetig und somit auchdie Anforderungen an die Vereinsmitglie-der der Projektgruppe „RHV“.

Als Hilfsmittel hat die Gruppe mitt-lerweile einen zweiten Viehanhänger undacht Elemente eines beweglichenTreibgitters angeschafft. Diese werdenständig gebraucht: Tiere müssen von ei-ner Weide zur anderen gefahren werden.Verkaufs- oder Schlachttiere sind zu se-parieren und zu transportieren. Die Git-ter leisten außerdem sehr gute Dienstebei tierärztlichen Untersuchungen undbei den Blutkontrollen.

Die Mitglieder der Projektgruppe„RHV“ sind in den letzten 16 Jahren zuFachleuten in der Rinderzucht gewor-den. Dies zeigt sich in der Mitgliedschaftund in der Mitarbeit in folgenden Verei-nigungen:

„Verein zur Erhaltung und Förderungdes Roten Höhenvieh e.V.“;

„Verein zur Förderung der Rot-viehzucht in Westfalen e.V.“,

„Gesellschaft zur Erhaltung alter undgefährdeter Haustierrassen e.V.“ (GEH)„Bundesarbeitsgemeinschaft RotesHöhenvieh“ (BAG-RHV).

Unser großes Fernziel ist das Findenbzw. Erstellen eines Winterquartiers odergrößeren Stalls für die gesamte Herde,die zur Zeit noch im Winter in verschie-denen Ställen steht. In diesen Ställen ste-hen die Tiere nicht einzeln auf engemRaum, schon gar nicht auf GitterrostenWiderkäuen Foto: N. Schröder

IRRGEISTER 1/2006 37

Rotes Höhenvieh des VNV am Unterstand im NSG „Hemmecker Bruch“ bei Brilon-Madfeld Foto: N. Schröder

„Espe“ - 15 Jahre alt Foto: N. Schröder

oder in Anbindehaltung. Vielmehr ach-ten wir auch hier auf tiergerechte Hal-tung: Die Tiere bleiben als typische Her-dentiere im Stall zusammen, stehen aufStroh und bekommen als Nahrung keinKraftfutter, sondern kräuterhaltiges Heuvon vorwiegend mageren Wiesen.

Tiere, die wir selbst nicht zur Zuchtbrauchen und die nicht an andere Züch-ter verkauft werden können, zeigen demGenießer wie sich das Nahrungsangebotauf den Fleischgeschmack auswirkt. DasFleisch der Bullen und Ochsen zeigt sichfeinfaserig, mit wenig Auflagefett abge-deckt, aber mit ausreichend intramusku-lärem Fett durchsetzt. Durch diese Ver-marktung trägt sich die Herde selbst undbenötigt keine weiteren finanziellen Un-terstützungen durch den Verein.

Norbert Schröder

38 IRRGEISTER 1/2006

Naturschutz findet nicht nurdraußen statt!

Arbeit am Schreibtisch und in Gremien

„Es gibt Feiertage, die stehen nicht im Kalender. Sie kommen aus heiterem Himmel.“ So beginnt ein Artikel in unsererVereinszeitschrift im Jahr 1991,1 in dem das Aus der geplanten Renautalsperre verkündet wird. Der VNV war – neben demBUND als überregionaler Naturschutzverband – maßgeblich an der Verhinderung der Naturzerstörung größten Stils beteiligt.Erfolge wie diese geben Kraft, sich auch in Zukunft mit arbeitsaufwendiger Schreibtischarbeit für die Natur einzusetzen, auchwenn man immer mal wieder öffentlich diffamiert wird und von vielen Seiten Prügel einstecken muss.

Die Renautalsperre gegendas Verdursten?

Je größer, desto besser. Dies war dasMotto von Behörden bzw. Regierungen,die Projekte für den „Fortschritt“ ent-warfen – und ist es leider oft immer noch.Um den wachsenden Trinkwasserbedarfder Bevölkerung zu decken, war im HSKeine große Talsperre geplant: DieRenautalsperre im Stadtgebiet Winter-berg.

Das Renautal ist ein einmaliger Natur-raum: Bergwiesen, Bergwälder mitEiszeitrelikten in der Tierwelt und sub-alpine Bäche prägen die völlig unverbau-te, extensiv genutzte Landschaft. Dar-um kämpfte der VNV seit seiner Grün-dung jahrelang gegen dieses Großpro-jekt, mit umfangreichen schriftlichenStellungnahmen, Klinken Putzen bei re-gionalen Behörden und der Landesregie-rung in Düsseldorf, auf mehrtägigenErörterungsterminen, durch Medienar-beit und durch Erwerb eines Sperr-grundstücks, dass uns ein Klagerecht si-cherte – letztendlich ein erfolgreicherKampf.

Denn zum Glück für die Natur fandnicht nur deren Schutz bei den ursprüng-lichen Planungen praktisch keine Be-rücksichtigung. Der VNV konnte dar-über hinaus das zugrunde liegende Kon-zept für die Trinkwasserversorgung alsschlecht und unfundiert entlarven.

Der VNV als DER Hauptwidersacherder Talsperre wurde in den Medien undvon Politikern als Buhmann hingestellt,der verhindern wolle, dass die Menscheneiner ganzen Region ausreichend zu trin-ken hätten. Wir konnten dagegen errei-chen, dass das aus verschiedensten Grün-den schlechte Konzept einer zentralen

Trinkwasserversorgung schließlichEnde 1990 in Düsseldorf gekipptwurde, zugunsten einer dezentra-len Trinkwassergewinnung und derVernetzung der lokalen Wasserwer-ke. Dies funktioniert reibungslos,wie die inzwischen langjährige Pra-xis zeigt.

Almetal: NSG stattTalsperre

Auch bei einer weiteren, konkretgeplanten Talsperre schlugen dieWellen in den 1980er Jahren hoch,als der VNV versuchte, diese zu kip-pen.

Die Planung der Almetalsperrewar eine Altlast. Sie war Jahre zu-vor in überregionalen Entwicklungs-plänen festgeschrieben worden. Undwie es das Wesen von Altlasten ist,man wird sie schlecht los. Die Almeist ein naturnaher Fluss in maleri-scher Wald- und Wiesenlandschaftauf Briloner Stadtgebiet. Ursprüng-lich angedacht als Trinkwasser-talsperre (der wirkliche Bedarfrechtfertigte den Bau aber selbst fürden stärksten Befürworter des Vor-habens nicht), sollte daraus nun einFreizeitsee werden, der gleichzeitigdem Hochwasserschutz dienen soll-te. Aber auch hier konnten sich dieArgumente des VNV durchsetzen:Hochwasserschutz findet in unver-bauten Auen statt. Der Schutz sel-tener Arten und Lebensräume hatVorrang vor dem fraglichen Nutzeneines weiteren Sauerländer Freizeit-sees.

Renautalsperre?

Liebe Leute, laßt Euch sagen,die Trockenheit hat zugeschlagen.Menschheit dürstet wie noch nie -und dann erst das liebe Vieh!

Das ganze Jahr in Saus und BrausLäuft’s durchs Klo und durch die Braus.Trotz der Rufe vieler UnkenTun wir mit dem Wasser prunken.

Bis auf einem Mal – potzblitz –man wieder auf dem Trocknen sitzt.Und nun merkt es auch der Letzte:Klares Wasser ist das Beste!

Gestern stand’s in der WP,einer hatte ‘ne Idee!Laßt uns in die Zukunft schaunund uns einen Speicher bau’n!

Und er wusste, wo genau,in ein Tal, genannt Renau.Wasser sparen ist ‘ne Qual,lieber opfern wir ein Tal.

Wer wirklich hat nach vorn geschautkeinesfalls auf Renau baut.Setzt auf Sparen, nicht auf Sperren,denn sonst werden wir uns wehren.

Und es liegt mir schwer im Magen,wenn mich einst die Kinder fragen,dieses eine Wort „Warum?“,bleiben wir dann wieder stumm?

Werner Schubert (1987)

IRRGEISTER 1/2006 39

Das Almetal wurde Anfang der1990er Jahre Naturschutzgebiet (NSG),allerdings nur temporär ausgewiesen. Sohielten sich die Behörden ein Hintertür-chen offen, für den Fall der Notwendig-keit einer Talsperre. In der NSG-Verord-nung für das Almetal ist festgeschrieben:Zwar solle der Status quo der extensi-ven, artenreichen Magerwiesen und derLaubwälder erhalten werden. Es dürfenjedoch keine Optimierungsmaßnahmenfür die Natur stattfinden! Damit sollenneue Argumente gegen eine Talsperreausgeschlossen werden – womöglich sie-delt sich noch eine weitere seltene Tier-art dort an?!

Weil aber für eine Almetalsperrenichts mehr spricht, ist das Tal aus unse-rer Sicht gerettet.

Straßenplanungen: Stim-me des Naturschutzesnicht gefragt!

Diesen beiden großen Erfolgen desNaturschutzes im Sauerland, die sich derVNV auf die Fahnen schreiben kann, ste-hen aber auch viele Misserfolge gegen-über.

Ein Großteil unserer Stellungnahmen

bezüglich Straßenbauvorhaben, die wirals gesetzlich anerkannter Naturschutz-verband abgeben, bleiben ohne konkre-te Auswirkungen auf die Projekte, sei esbei Monsterstraßen wie der A 46, dieunseren Kreis durchschneidet, sei es beikleineren Straßenneubauen oder –aus-bauen. Gemeint ist nicht nur die grund-sätzliche Verhinderung derjenigen Pro-jekte, deren Nutzen gegenüber den gra-vierenden Nachteilen oft zumindest frag-lich ist. Auch unsere Vorschläge zu sinn-vollen Ausgleichs- und Ersatz-maßnahmen oder zu Trassenalternativen,die weniger Schaden in Natur und Land-schaft anrichten, wurden bisher kaum be-rücksichtigt.

Beispiel A 46

Die Autobahn A 46 ist eine extremeNaturzerstörung, die wir nicht verhin-dern konnten, obwohl kleinere Alterna-tiven zur A 46 wie Umgehungsstraßenum Städte und Dörfer an der parallelverlaufenden B 7 schonender und deut-lich kostengünstiger gewesen wären.Immerhin gibt es wohl kaum eine deut-sche Autobahn, deren Bau so teuer warwie der des Teilstücks zwischenArnsberg und Meschede, besteht dieser

Abschnitt doch fast ausschließlich ausBrücken, Tunneln und Bergeinschnitten,die aufwändig gegen Nachrutschen derGesteinsmassen gesichert werden müs-sen. Unsere Vorschläge zu Ausgleichs-und Ersatzmaßnahmen wurden gänzlichnicht berücksichtigt; die stattfindendenMaßnahmen stehen in keinem Verhält-nis zur Schwere des Eingriffs in die Na-tur.

Warum also die Arbeit?

Warum opfern wir also viel Zeit mitdem Durcharbeiten von Akten überStraßenplanungen, wenn (fast) nichtsdabei heraus kommt?

Erstens: Wenn eine Behörde und dieverantwortlichen Politiker wissen, dasssie kontrolliert werden, werden sie diegesetzlich vorgeschriebene Beachtungdes Naturschutzes (zumindest formal)erfüllen. Der ehrenamtliche Naturschutzist bei Planverfahren nicht nur im Stra-ßenbau die einzige unabhängige Kon-trollinstanz.

Zweitens: Manch kleiner Erfolg istimmerhin ein Erfolg. Beim Ausbau derLandstraße bei Brilon-Rixen retteten wirdie alten Bäume entlang der Straße, dieursprünglich gefällt werden sollten. Beim

Naturzerstörung im großen Stil: Bau der A 46 Foto: VNV-Archiv

40 IRRGEISTER 1/2006

Ausbau der B 7 in Brilon-Altenbürenwurden drei alte Bäume im Ort ver-schont.2 Das Straßenbauamt argumen-tierte dort, die Bäume müssten gefälltwerden, da sonst die vorgeschriebeneBreite einer Bundesstraße nicht einge-halten werden könne. Wir maßen nachund bewiesen, dass die Straße auch mitBäumen breit genug gebaut werdenkann.

Der Landschaftsbeirat

Im Landschaftsbeirat des HSK, einemberatenden Gremium aus Naturnutzernund Naturschützern, arbeitet der VNVfast seit seinem Bestehen mit. Seit dreiWahlperioden stellen wir mit BernhardKoch bzw. Johannes Schröder den Vor-sitzenden. Die trockene Arbeit ist wich-tig, da wir auf diesem Weg frühzeitigEinfluss auf Planungen nehmen können,wodurch unsere Vorschläge und Anmer-kungen eher berücksichtigt werden. Bei-spielsweise ist der Schutz wertvollerGebiete durch die in den letzten Jahrenverabschiedeten Landschaftspläne deut-lich verbessert worden.

Resümee: Behörden- undGremienarbeit notwendig

Als Naturschützer muss man ein dik-kes Fell haben. Denn Eintreten fürNaturschutzbelange wird oft dargestelltals Miesmacherei und grüneVerhinderungsspinnerei. Dennoch: Wirwerden zu Eingriffen weiterhin gegen-über Behörden Stellung beziehen. Da-bei sehen wir uns als Stimme der Natur,werden uns aber immerkompromissbereit zeigen und einen ehr-lichen (!) Ausgleich mit anderen Inter-essengruppen suchen. Wir werden wei-terhin in Gremien wie dem Landschafts-beirat mitarbeiten.

Denn: Naturschutz wird nicht nurdraußen gemacht!

Johannes Schröderund Harald Legge

1 IRRGEISTER 1990/4-1991/1, S. 52 Die Bäume leben heute noch, undzwar ca. 50 m westlich der Ampel.

IRRGEISTER 1/2006 41

Faustschlag gegen die Natur –Das geplante Landschaftsgesetz

Zur Zeit wird die Novellierung des Landschaftsgesetzes Nordrhein-Westfalens vorbereitet. Würde dasGesetzespaket so verabschiedet, wie es derzeit innerhalb der CDU-FDP-Koalition diskutiert wird, wäredas ein Faustschlag gegen die Natur unseres Landes und ein eindeutiger und einschneidender Rück-schritt in den Bemühungen um den Erhalt unserer Naturschätze. Auch das ehrenamtliche Engagementdes VNV würde behindert und beschädigt werden.

Dazu einige Beispiele:• Die Naturschutzverbände werden bei vielen Eingriffen generell nicht mehr beteiligt, z. B. bei Forst- und Wasserbau-

maßnahmen, Abgrabungen (Steinbrüche!), Eingriffen in besonders geschützten Biotopen außerhalb von Schutzgebie-ten.

• Magerweiden und Felsen, Höhlen und Stollen fallen aus der Liste der gesetzlich geschützten Biotope.• Eingriffe in die Natur sollen nur noch 1:1 ausgeglichen werden, d. h. Ausgleichsmaßnahmen finden nur noch auf einer

Fläche statt, die nicht größer ist als der Eingriff selbst. Würde z. B. ein Magerrasen von 1 ha Größe durch eineBaumaßnahme zerstört, müsste die Ausgleichsfläche eigentlich viel größer sein, um die erheblichen Naturzerstörungenzu kompensieren. Auch die Naturschutzbehörden der Kreise finden diese geplante Regelung fachlich nicht nachvoll-ziehbar.

• Sanierungsmaßnahmen zur Wiedernutzung von Industriebrachen sollen von der Eingriffsregelung freigestellt werden,d. h. der Eingriff muss nicht ausgeglichen werden. Würde z. B. eine stillgelegte Bahntrasse in einen Radweg umge-wandelt und dabei Vorkommen und Lebensraum von Rote-Liste-Arten zerstört, fänden keine Ausgleichsmaßnahmenstatt.

• Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe sollen vorrangig dort stattfinden, wo keine zusätzliche Fläche für den Natur-schutz „verbraucht“ wird, am besten in bestehenden, sowieso schon ausgewiesenen Schutzgebieten.

• Statt durch Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Eingriffe zu kompensieren, soll zukünftig auch ein Ersatzgeld gezahltwerden können. Dieses muss nicht für spezielle Naturschutzmaßnahmen genutzt werden, es können damit auch Perso-nalkosten bei Behörden und Biostationen bestritten werden.

• Die Verbandsklage der Naturschutzverbände wird faktisch abgeschafft. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass dieNaturschutzverbände diese Einflussmöglichkeit selten und mit Augenmaß genutzt haben und die Verbandsklage kei-nesfalls die wirtschaftliche Entwicklung des Landes lahm gelegt hat.

• Die Pflicht, 10 % Landesfläche vorrangig für den Naturschutz zur Verfügung zu stellen, soll in einer Soll-Bestimmungumgewandelt werden.

Unser Dachverband, die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU), hat ein „Eckpunkte-Papier“ erarbeitet, indem wesentliche Forderungen des ehrenamtlichen Naturschutzes begründet werden. Damit davon möglichst viel in die Geset-zesnovelle einfließt und Schaden für den Naturschutz noch vermindert werden kann, bedarf es einer großen argumentativenAnstrengung auf allen Ebenen der Politik.

Im Folgenden:Das Eckpunkte-Papier der LNU

Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt Nordrhein-Westfalen e.V.Landesgeschäftsstelle: Heinrich-Lübke-Str. 16 59759 Arnsberg-Hüsten Telefon 02932 / 4201 Telefax 02932 / 54491 e-Mail: [email protected]

Eckpunkte zur Novellierung des Landschaftsgesetzes, Beschluß der LNU-Mitgliederversamm-lung v. 16.9.2006 in Lüdenscheid

1. Die LNU wendet sich gegen die Abschaffung der Beiräte bei den Höheren Landschaftsbe-hörden der Bezirks-regierungen. An einer Fülle von Beispielen lässt sich von den ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden schlüssig nach-weisen, welch fach- und sachkompetenten, aber auch klugen Empfehlungen Höhere Beiräte ihren Behördengegeben haben, die aufgrund ihrer ausführlichen und sorgfältigen Diskussionen in den Gremien vor allem auch

42 IRRGEISTER 1/2006

§zu einer Befriedung zuvor hitziger Debatten in der Region geführt haben. Das Instrument der einstweiligenSicherstellung von Schutzgebieten durch die Höheren Landschaftsbehörden muß erhalten bleiben.

2. Die LNU wendet sich gegen die Schwächung der Beiräte bei den unteren Landschaftsbehörden auf der Ebeneder Kreise und kreisfreien Städte – zwar sollen die Beiräte auch wei-terhin durch das Widerspruchsrecht einebesondere Stellung haben. Die Absicht jedoch, die Entscheidung über einen Widerspruch nicht mehr der überge-ordneten Fachbehörde zu überlassen, sondern den Widerspruch in der Gebietskörperschaft zu entscheiden, isteine erhebliche Schwächung des Beirats und macht aus einer fachlichen Angelegenheit eine politische. DieVerwaltung, die mit ihrer fachlichen Vorlage für den Beirat nicht zum Zuge kam, legt jetzt eine fachlich nichtkonsensfähige Vorlage einem politischen, nicht Fachgremium zur abschließenden Entscheidung vor. Damit wirddie fachliche Beurteilung ausschließlich auf die Ebene der Verwaltung verlagert, die Funktion und Stellung desunteren Beirats er-heblich geschwächt.

3. Die LNU plädiert für eine Zusammensetzung der Landschaftsbeiräte wie sie bis 1994 bestand. Die damaligeBesetzung umfasste alle relevanten Gruppen, die im Natur- und Landschaftsschutz ehrenamtlich tätig sind oderein unmittelbares Interesse an der Nutzung intakter Natur- und Landschaftsstrukturen haben, und erteilte denVerbänden aus dem Natur-schutz und der Landschaftspflege ein Primat durch eine 8:7-Verteilung. Dabei war dieLNU mit vier Sitzen vertreten – was sie auch jetzt wieder reklamiert: Zwei Sitze für Vertreter aus dem Natur-schutz und der Landschaftspflege, ein Sitz für das LNU-Mitglied Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW),ein Sitz für einen Vertreter aus den Verbänden der Heimatpflege und der Erholung in der freien Landschaft.

4. Die LNU lehnt die Abschaffung des grundsätzlichen Schutzes von Alleen und Streuobstwiesen entschieden ab.Damit werden bedeutsame und prägende Elemente der nordrhein-westfälischen Kulturlandschaft, die sowohlHeimatverbundenheit, Landschaftsästhetik und Naturschutz ansprechen, dem Einzelschutz in Landschaftsplänen,die es in großen Teilen des Landes noch immer nicht gibt, ausgesetzt, nicht aber unter leicht nachvollziehbaren,transparenten generellen Schutz gestellt. Insbesondere die Mitgliedsverbände der LNU ha-ben dazu beigetragen,dass Alleen in Nordrhein-Westfalen wieder wahrgenommen werden und ihr Wert von weiten Teilen der Bevölke-rung geteilt wird; das Gleiche gilt für Streuobstwiesen, für deren Erhalt und Pflege sowie Vermarktung alsRegionalprodukt vor allem ehrenamtliche Initiativen aus dem Natur- und Landschaftsschutz eintreten. Es wäreverheerend, wenn die Ehrenamtler in den Beiräten, in den Heimatvereinen und den Streuobstinitiativen mit derVerabschiedung dieses Gesetzes erfahren müssten, dass ihre jahrelange Ar-beit für die Allgemeinheit nicht längervon Bedeutung ist, weil ihr Wert an sich nicht erkannt, besser: verkannt wird. Die LNU spricht sich insbesonderedagegen aus, die erst in 2005 eingeführten Schutzregelungen für Alleen und Streuobstwiesen schon jetzt wiederzu ändern, bevor sie überhaupt in der Praxis erprobt und die Erfahrungen mit ihnen ausgewertet wurden. Unver-zichtbar für einen erfolgreichen Alleenschutz ist die Aufstellung eines landesweiten Alleenkatasters, zu dem dieLNU im Auftrag des MUNLV bereits erhebliche Arbeiten geleistet hat.

5. Die LNU hält die Einschränkung der nach §62 geschützten Biotope, bezogen aufdie Gegebenheiten in Nordrhein-Westfalen, für nicht ausreichend: Sowohl natürliche Felsformationen wie Dünensind auch und gerade in Nordrhein-Westfalen nicht alltägliche Landschaftselemente, die deshalb genauso wieQuellen oder Magerwiesen einem grundsätzlichen Schutz unterliegen sollten.

6. Die LNU fordert nachhaltig, dass Landschaftsplanung in Nordrhein-Westfalen flächendeckend zu erfolgen hat.Das heißt, dass auch für den städtischen Bereich ein stadtökologischer Fachbeitrag zu erstellen ist, um dieWechselwirkungen zwischen städtischem Grün, städtischen Brachen und dem Umland auch planerisch darzustel-len.

7. Die LNU erwartet, dass die Landesregierung von ihrer Absicht, die Landes-Naturschutz-gesetzgebung imVerhältnis 1:1 zum Bundesnaturschutz- und EU-Recht umzusetzen, nicht abweicht. Der Entwurf derLandschaftsgesetz-Novelle erfüllt in knapp einem Dutzend Fälle diese Vorgabe nicht, sondern bleibt hinter denStandards von Bund und EU zurück.

8. Die LNU fordert die Landesregierung auf, besonders im Bereich der wasserrechtlichen Verfahren auf dieBeteiligung des ehrenamtlichen Naturschutzes nicht zu verzichten. Gerade die frühzeitige Beteiligung der äußerstorts- und sachkundigen Naturschutz-Vertreter vor Ort hat in der Vergangenheit nicht zu Behinderungen einer

IRRGEISTER 1/2006 43

§Planung, sondern wegen der frühen Einbindung zu schnellen und einvernehmlichen Regelungen geführt. DieBedeutung des Ehrenamts sollte auch hier nicht vernachlässigt werden, da gerade die Mitgliedsver-bände derLNU aus den Bereichen Angeln, Zoologie und Naturschutz über ein ausgeprägtes Fachwissen verfügen, auf dasin der Absicht, zuträgliche Lösungen zu erreichen, nicht verzichtet werden sollte.

9. Die LNU spricht sich dafür aus, die bisher vollzogene Praxis, die von Kreisen oder kreisfreien Städten alsSatzung verabschiedeten Landschaftspläne durch die Bezirksregierung genehmigen zu lassen, beizubehalten.Eine Anzeige reicht unseres Erachtens nicht aus. Vielmehr sollte – wie bisher – bei Unstimmigkeiten die Auf-sichtsbehörde in die Lage versetzt werden, den Landschaftsplan über eine Anweisung korrigieren zu können; dereinfache Hinweis auf Fehler oder Versäumnisse reicht nicht aus. Dies ist auch wichtig, um die Kohärenz zwi-schen Landschaftsplänen und Landschaftsrahmenplänen zu erhalten.

10. Die LNU geht mit der Landesregierung einig in der Auffassung, dass die Verlegung von Leitungen in Straßenund befestigten Wegen nicht grundsätzlich ein Eingriff ist. Allerdings sollte nach Auffassung der LNU der Passusum einen Abschnitt ergänzt werden, wonach die grundsätzliche Befreiung einer Überprüfung zu unterziehen ist,wenn Einzelbäume, Baumreihen, Vogelhecken sowie Feuchtbereiche und Gewässer unmittelbar am Straßen- undWegesrand oder im nahen Umfeld sich befinden.

11. Die LNU spricht sich in der Eingriffs-Regelung nachdrücklich dafür aus, Kompensation nicht auf beliebigverfügbaren Flächen ohne ein zugrunde liegendes Fachkonzept durchzuführen. Vielmehr muss oberstes Ziel sein,Vernetzungsstrukturen zwischen Naturschutz- und FFH-Gebieten zu erreichen und dabei die Kompensationvorrangig in der Optimierung der Ge-wässersysteme zu betreiben als in der Aufwertung von land- oder forst-wirtschaftlichen Flä-chen. Die Vorgaben der Landschaftspläne und der Landschaftsrahmenpläne müssen Grund-lage eines solchen Fachkonzeptes sein. Eine Beschränkung der Größe der Ausgleichsflächen ist besonders beiEingriffen in wertvolle Biotope nicht sachgerecht.

12. Die LNU spricht sich für den Erhalt der Unabhängigkeit der Biologischen Stationen aus und wendet sichgegen die Absicht, ihre Tätigkeiten auf Aufträge der Landschaftsbehörden zu beschränken. Biologische Stationenmüssen auch weiterhin im Auftrag ihrer Trägervereine und der darin vertretenen Organisationen tätig sein kön-nen.

Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter.

Der Mensch beherrscht die Natur,

bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.

44 IRRGEISTER 1/2006

Kästen und Brutnischen fürseltene Vögel -

Artenhilfsprogramme durch Nisthilfen

Artenschutz durch Lebensraumschutz – das ist die Devise des VNV und allgemein heute gängige Pra-xis im Naturschutz. Denn fast immer ist eine Art nur deshalb vom Aussterben bedroht oder sogar schonausgestorben, weil der Lebensraum, den diese Art benötigt, verschwindet. Warum also hängt der VNVtrotzdem Nistkästen auf, hilft also gezielt bestimmten Vogelarten, ohne – in diesen Fällen – einen beson-deren Focus auf deren Lebensräume zu richten?

Nistkästen als Höhlen-ersatz

In Deutschland beschäftigt sich derVogelschutz schon seit Ende des 19.Jahrhunderts intensiv mit dem Aufhän-gen von Nistkästen. Denn Naturfreundehatten damals bereits erkannt, dass in denmodernen Forsten Nisthöhlen fehlen.Gerade alte Bäume mit Spechthöhlenoder anderen Naturhöhlen fielen und fal-len nämlich der Säge des Menschen zumOpfer. Ab 1897 ist die „v. Berlep’scheHöhle“ im Vogelschutz im Einsatz(BERLEPSCH 1923). Diesem ersten „mo-dernen“ Nistkastentyp sind bis heuteunzählige weitere für alle möglichenTierarten gefolgt, hauptsächlich für ver-schiedene Vogelarten. Heute werdenNistkästen auch für Fledermäuse undInsekten aufgehängt.

Viele Vogelschutzvereine beschäftig-ten sich Anfang des letzten Jahrhundertsvor allem mit Nistkästen, welche in sogenannten Vogelschutzgehölzen ange-bracht wurden (ebd.). Noch bis vor we-nigen Jahren gab es z. B. am Einlauf desSorpesees ein Hinweisschild„Vogelschutzgehölz“. In der Vergangen-heit wurden vor allem Nistkästen fürMeisen und Stare angebracht, häufigauch zur biologischen Schädlingsbe-kämpfung vom Forst und von Gärtnern.Laut eines Prospekts (2001) hat alleindie Firma Schwegler, größter Nistkasten-Produzent in Deutschland, bisher mehrals 8,5 Mio. Kästen produziert und ver-kauft.

Insgesamt scheint jedoch inzwischen,vor allem im Forst, das Anbringen vonNistkästen stark nachgelassen zu haben.

Bernhard Koch in jungen Jahrenam Raufußkauznistkasten Foto: VNV-Archiv

IRRGEISTER 1/2006 45

Eine andere Nistkastenform für den Raufußkauz Foto. A. Kämpfer-Lauenstein

Stütze für seltene Arten

Nistkästen für Meisen, Stare und an-dere häufige Vogelarten hängt der VNVaber nicht auf. Denn diese Arten findenallerorten genug Nistmöglichkeiten, wieman schon aus ihrer generellen Häufig-keit folgern kann.

Der VNV hängt vielmehr nur für sel-tenere Vögel Nistkästen auf, für die ihrLebensraum noch mehr oder weniger inOrdnung ist, das Fehlen geeigneter Brut-plätze aber ein bedeutender limitieren-der Faktor ist.

1984 startete der VNV mit dem An-bringen von Nistkästen, und zwar mit 10künstlichen Brutröhren für den Steinkauz(FRIES 1984). Damit versuchten wir, die-se in Obstbäumen und Kopfweiden brü-tende kleine Eule als Brutvogel im HSKzu halten. Leider wurden die Röhren inden Folgejahren nur von Staren ange-nommen, der Steinkauz war im HSKausgestorben.

Im Jahr 1985 wird im VNV-INFOdazu aufgerufen, alle Standorte von Nist-kästen für seltene Vogelarten zu melden,die von Vereinsmitgliedern aufgehängtworden waren (FRIES & HÖLKER 1985).

Im gleichen Jahr läuft die „AktionWasseramsel“ an (VNV 1985). Dieser

an naturnahe Fließgewässer gebundeneSingvogel – übrigens der einzige „Tau-cher“ in dieser Artengruppe, denn dieWasseramsel sucht ihre Insektennahrunghauptsächlich unter Steinen im Wasser– ist im Tiefland relativ selten, bei unsaber noch häufiger zu finden. Für 10,-DM konnte man die Patenschaft für ei-

Ein 1986 unter einer Brücke bei Sundern-Seidfeld angebrachter Kasten, auch 2006 nochvon Wasseramseln besetzt Foto: J. Langanki

nen Wasseramsel-Nistkasten überneh-men und bekam eine Patenschafts-urkunde (s. Abb.). Es wurden bis 1987200 Wasseramsel-Nistkästen unter Brüc-ken angebracht und anfangs auch kon-trolliert (HÖLKER 1988). Bei einer Kon-trolle der Settmecke in Sundern am 4.Juni 2006 zeigte sich, dass von den fünf

46 IRRGEISTER 1/2006

Aufhängen eines Schleiereulen-nistkastens Foto: V. Falkenstein

dort damals angebrachten Nistkästennoch vier vorhanden waren. Dies dürftedaran liegen, dass diese Kästen unter denBrücken witterungsgeschützt sind undbei der Settmecke keine Hochwässer auf-treten, da deren Hochwasser über einenTunnel in den Sorpesee geleitet wird.Alle vier Nistkästen waren auch besetzt(2x Wasseramsel, 1x Gebirgsstelze, 1xBachstelze). Wie viele Jungvögel mögenallein aus diesen Kästen ausgeflogen sein!

Eulenschutz

Zwischen 1983 und 2003 wurdenauch 60 Raufußkauz-Nistkästen aufge-hängt. Dies brachte mehr Erfolg als beimSteinkauz. 1985 kann KÖNIG die ersteerfolgreiche Brut unseres Wappenvogelsin einem VNV-Kasten bei Arnsberg mel-den. Denn wie anfangs gesagt: In unse-ren Wäldern fehlen vielerorts natürlicheBaumhöhlen. Von 1988 bis zum Winter1990/91 wurden zusätzlich vom inzwi-schen verstorbenen VNV-Mitglied Bern-hard Düsterhaus 62 Raufußkauz-Nistkä-sten im Stadtgebiet Schmallenberg auf-gehängt (DÜSTERHAUS 1991). Schon imJahr 1991 kann Düsterhaus 27 Brutennachweisen!

Im Arnsberger Wald wurden 1979 und1981 insgesamt 55 Raufußkauz-Nistkä-sten von Mitgliedern der Arbeitsgemein-schaft Biologischer Umweltschutz(ABU) aus dem Kreis Soest aufgehängt(KÄMPFER-LAUENSTEIN & LEDERER 2005).Ein Großteil dieser Kontrollfläche von125 km2 befindet sich im Kreis Soest, einTeil aber auch im HSK. Dieses Gebietist das einzige im HSK, wo intensiveKontrollen der Kästen und auch die Be-ringung von Jungvögel und gefangenenAltvögel stattfinden.

Mit der Schleiereule stand eine wei-tere Eulenart von Anfang unsererNistkastenaktivitäten bis heute im Visierder VNV-Arbeit (HÖLKER 1986, LEGGE

& LINDNER 2001). Bis heute wurden 95Nistkästen für die Schleiereule in land-wirtschaftlichen Gebäuden und Kirchtür-men aufgehängt. Leider schafft es derVNV wegen Arbeitsüberlastung nur imRaum Marsberg/Brilon, diese Kästen re-gelmäßig zu kontrollieren und zu war-ten.

Beim Aufhängen und der Überprü-fung von Schleiereulenkästen wollen wiraber nicht nur die Art an sich unterstüt-

zen. Wir möchten auf diesem Weg auchmit den Landwirten ins Gespräch kom-men, sie sensibel für diesen alten Kultur-folger und eine naturverträgliche Land-wirtschaft machen. Denn die Schleiereuleist auf wiesenreiche, strukturreicheNahrungsgründe angewiesen, die allge-mein wegen einer Vielzahl von Tier- undPflanzenarten wertvoll sind.

Balance halten!

Beim Aufhängen und der Kontrollevon Nistkästen ist, besonders beim Han-tieren mit den sperrigen Schleiereulen-kästen, Vorsicht angesagt. Jeder Natur-schützer, der schon einige Nisthilfen inluftiger Höhe anbrachte – balancierendauf einer Leiter, den Nistkasten irgend-wie zwischen sich und Baum geklemmtund sich noch eine zusätzliche Hand anseinem Körper wünschend – wird schon

IRRGEISTER 1/2006 47

einmal wackelige Situationen imwahrsten Wortsinn erlebt haben. BeiGeseke, Kreis Soest, kam es vor einigenJahren tragischerweise sogar zu einemtödlichen Unfall, als ein Naturschützerbeim Kontrollieren eines Schleiereulen-Nistkastens abstürzte.

Wendehals und Hohltaube

Als 1988 der Wendehals – auch er einBewohner des strukturreichen, extensivgenutzten Offenlandes – zum „Vogel desJahres 1988“ gekürt wird, kündigt un-ser Vorsitzender Bernhard Koch eineNistkasten-Aktion für die verbliebenen10 Wendehals-Reviere im HSK an (KOCH

1988). Der VNV hängte in den Folge-jahren 20 Nistkästen für den Wendehalsauf. Letztendlich konnte aber nur eineWendehals-Brut in einem VNV-Nistka-sten nachgewiesen werden, übrigens derletzte Brutnachweis der Art im HSK. DieBrut fand 1991 am Kregenberg statt, ei-nem VNV-Schutzgebiet bei Marsberg.Inzwischen ist der Wendehals im HSKlängst ausgestorben; dies hat aber wohlmaßgeblich überregionale Gründe. Nurnoch einzelne Durchzügler werden seit-dem unregelmäßig nachgewiesen.

Auch für die Hohltaube wurden, alsdie Art noch viel seltener im Sauerlandwar als heute, einzelne Nistkästen auf-gehängt und in den IRRGEISTERN1989/2 aus der Reihe „Naturschutz Prak-tisch“ das Artenhilfsprogramm Hohl-taube der Landesanstalt für Ökologie,Landschaftsentwicklung und Forst-planung (LÖLF) nachgedruckt. Inzwi-schen sind für diese Waldtaube derarti-ge Artenschutzmaßnahmen erfreulicher-weise nicht mehr erforderlich. Denn siehat sich in den vergangenen Jahren imSauerland stark ausgebreitet.

Brutnischen mit Hammerund Meißel

Den o. g. Arten lässt sich mit Nistkä-sten helfen, da sie allesamt höhlen-brütende Vögel sind.

Nachdem der Wanderfalke in den1970er Jahren in ganz Deutschlandschon nahezu ausgestorben war, kam fürdiesen imposanten Greif Rettung in letz-ter Minute. Nach dem Verbot des Eierschädigenden DDT half ebenfalls geziel-ter Artenschutz seinem Überleben: eineRund-um-die-Uhr-Bewachung der letz-ten verbliebenen Bruten und später,nachdem sich der süddeutsche Bestandwieder über die Bundesrepublik ausbrei-tete bzw. immer noch ausbreitet, ein mitMenschenhand vergrößertes Brutplatz-angebot.

Der Wanderfalke besiedelt natürli-cherweise hohe Felswände, wo er in ei-ner Nische seine Brut großzieht. Da inden letzten Jahrzehnten im Sauerlandviele Steinbrüche entstanden – eigent-lich gute Bruthabitate, bis auf das Feh-len von optimalen Brutnischen – lag/liegtes nahe, dem „Ritter der Lüfte“ darinwitterungsgeschützte Brutnischen anzu-legen. Dies tat in den Jahren 1992, 1993und 1997 Heinz Nickolaus ausNeckarburken / Baden-Württembergvom NABU, inzwischen auch VNV-Mit-glied, auf unsere Bitte hin. In fünf Stein-brüchen baute er acht Brutnischen fürWanderfalken in den Fels (LINDNER 1997,LINDNER 1998). Eine dieser Nischen imStadtgebiet Brilon wurde von 1993 bis1998 vom Wanderfalken und von 1999bis 2005 vom Uhu zum Brüten genutzt.

Mit dem Aufhängen von Nistkästenbzw. im Falle der Wanderfalken mit derAnlage von Brutnischen können wir also

die Populationen seltener Vogelartenstützen, wenn unsere Landschaft ihnennoch ausreichenden Lebensraum bietet.

Martin Lindner

Literatur:BERLEPSCH, H. FRHR. V. (1923): Der gesam-te Vogelschutz – Seine Begründung undAusführung auf wissenschaftlicher, natür-licher Grundlage. Neudamm.DÜSTERHAUS, B. (1992): ExplosionsartigeBestandsentwicklung des Rauhfußkauzes(Aegolius funerus) 1991 in den Höhenla-gen des Schmallenberger Sauerlandes.Charadrius 28: 142-146.FRIES, G. (1984): Steinkauz im HSK unmit-telbar vom Aussterben bedroht!! VNV-INFO 1984/3: 13-14.FRIES, G. & M. HÖLKER (1985): Nistkästenmelden !!! VNV-INFO 1985/2: 37.HÖLKER, M. (1986): Die Schleiereule (Tytaalba). VNV-INFO 1986/3: 14-17.HÖLKER, M. (1987): Nistkasten-Kontrolle.IRRGEISTER 4/4: 5.KÄMPFER-LAUENSTEIN A. & W. LEDERER

(2005): 25 Jahre Raufußkauz im ArnsbergerWald. IRRGEISTER 22/1+2:8-11.KOCH, B. (1988): Vogel des Jahres 1988 –Der Wendehals. IRRGEISTER 5/2: 38-39.KÖNIG, H. (1985): Erfolgreiche Rauhfuß-kauzbrut! VNV-INFO 1985/3: 14.LEGGE, H. & M. LINDNER (2001): Die Schlei-ereule – ein heimlicher Jäger der Nacht.IRRGEISER 18/2: 10-17.LINDNER, M. (1997): Brutnischen für Wan-derfalken gebaut. IRRGEISTER 15/1: 6.LINDNER, M. (1998): Bau von Horstnischenim Hochsauerlandkreis. Jber. AGW-NRW:11.VNV(1985): Aktion Wasseramsel. VNV-INFO 1985/1: 18.

Zwei junge Raufußkäuze Foto: A. Kämpfer-Lauenstein

48 IRRGEISTER 1/2006