Vögel und Windkraft - lfu.brandenburg.de · Der Falke 58, 2011 499 Vogelschutz Echte...
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58. Jahrgang · Dezember 2011 · D: € 4,80 · A: € 5,00 · CH: CHF 8,20
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12 | 2011
» Vögel und regenerative Energiegewinnung
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» Geier und Windenergieanlagen
Vögel und Windkraft
Der Falke 58, 2011 473
Windenergie und Vögel, das ist ak-tuell eines der ganz großen Themen im Vogelschutz. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass durch intelligente Pla-nung und entsprechenden Betrieb von Windenergieanlagen, basierend auf guten vogelkundlichen Daten, Konflikte vermieden oder zumindest mini-miert werden können. Über das zum Teil starke Meideverhalten von Brut- und Rastvö-geln gegenüber Wind-energieanlagen gibt es bereits eine Reihe von Veröffent-lichungen. Wir lassen diese Themen hier zwar nicht aus, konzentrieren uns aber auf einige Aspekte, zu de-nen es neue Erkenntnisse gibt.
Viele von uns haben lange darauf gewartet, jetzt ist es endlich so weit: ornitho.de ist online. Hinter dem Na-men ornitho.de verbirgt sich eine vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) betriebene Internet plattform, die es allen Vogelbeobachtern er-möglicht, Beobachtungsdaten nicht nur benutzerfreundlich einzugeben und dauerhaft zu archivieren, son-dern die jüngsten Entwicklungen in der deutschen Vogelwelt zeitnah zu verfolgen. Sollte es diesen Winter
zu einem Seidenschwanzeinflug in Deutschland kommen, auf ornitho.de werden Sie es sehen. Die Internet seite ist ein kos tenloser Service für alle Vogelbeob achter. Hierdurch werden
aber auch die unglaublichen Datenschätze, die oftmals in privaten Notizbüchern vor sich hin schlummern, für systematische Analy-sen verfügbar. Schauen Sie sich die Internetseite selbst einmal an. Einfach www.or-nitho.de als Internet adresse eingeben, und Sie sind dabei. Schreiben Sie uns,
wie Sie damit zurechtgekommen sind. Wir werden Ihre Rückmeldungen in DER FAlKE aufgreifen sowie an den DDA weiterleiten. Aber ob Sie ei-nen Computer haben oder nicht, die Fachredaktion von DER FAlKE wird, in Zusammenarbeit mit dem DDA, auch in Zukunft über die aktuellen Entwicklungen in unserer Vogelwelt berichten.
Das Jahr 2011 neigt sich dem Ende zu und wieder einmal sehen wir auf einen Jahrgang der Zeitschrift DER FAlKE zurück. Insgesamt 512 Seiten, dazu noch unser Schwerpunktheft Greifvögel. Ich verspreche Ihnen, dass Sie dieses noch vor Jahresende in Ihrem Briefkasten finden. Ich möchte
mich bei allen Autorinnen und Au-toren für die exzellente Zusammen-arbeit bedanken und bei Ihnen, liebe leserinnen und leser, für Ihre zahl-reichen Zuschriften und Ihr Interesse an DER FAlKE. Für das kommende Jahr haben wir bereits eine ganze Reihe von spannenden Ideen zusam-mengetragen. Freuen Sie sich auf die kommenden Hefte!
Ich hoffe, dass Sie uns auch in Zu-kunft wohlgesonnen bleiben und wir mit DER FAlKE ein wenig mehr Wis-sen und Begeisterung für Vogelbeob-achtung und Vogelschutz aufbauen konnten. Ganz nach unserer leserin Frau Ute langer aus Jülich-Stetter-nich, die uns im Herbst geschrieben hat: „Herzliche Grüße und viele schöne Vogelbeobachtungen beim Herbstzug – hurra, wir liegen auf dem Kranichzugweg!“
Ich wünsche Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Freunden ein glückliches Weih-nachtsfest und einen angenehmen Jahresausklang!
OrnithOlOgie aktuell
Neue Forschungsergebnisse 474
BeOBachtungstipp
Christoph Moning, Christopher König, Christian Wagner, Felix Weiß:Die Lewitz in Mecklenburg-Vorpommern – Ebene der Gänse und Schwäne 477
gartenvögel
Anita Schäffer:Nahrungsspezialist und Wintergast: Erlenzeisig 481
vOgelschutz
Hermann Hötker:Vögel und regenerative Energiegewinnung 484
Ulrike Kubetzki, Stefan Garthe, Ommo Hüppop:Auswirkungen auf See- und Zugvögel: Offshore-Windenergieanlagen 490
Stefan Stübing:Standortwahl entscheidend: Vögel und Windenergieanlagen im Mittelgebirge 495Tobias Dürr:Dunkler Anstrich könnte Kollisionen verhindern: Vogelunfälle an Windradmasten 499Klaus Richarz:Instrumente für einen effizienten Vogelschutz: Konflikte beim Ausbau der Windenergie 502Alvaro Camiña Cardenal:Ein vermeidbarer Konflikt: Geier und Windenergieanlagen 504
Bild des MOnats
Rätselfoto und Auflösung 508
veröffentlichungen
Neue Titel 510
leute & ereignisse
Termine, TV-Tipps 511
Inhalt
Liebe Leserinnen und Leser,
Prachttaucher im Prachtkleid. Foto: S. Pfützke.
Dr. Norbert Schäffer
Beste Grüße, Ihr
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Vogelschutz
Echte „Schlagopfer“ weisen häufi g schwere Frakturen oder gar eine Zerteilung des Rumpfes auf, wie hier bei einem Weißstorch, dessen Einzelteile am Fundort zusammen-gesucht wurden. Foto: T. Dürr.
Spricht man von Vogelverlusten an Windenergieanlagen, meint man in der Regel Opfer, die durch Schlag eines Rotorblattes tödlich verletzt wurden. Wie eine Analyse der Staatli-chen Vogelschutzwarte (VSW) im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg zeigte, gibt es auch andere Gefahrenquellen für Vögel an solchen Bauwerken. Neben den bekannten, von den Rotorblättern erzeugten starken Luftverwirbelungen und Unterdruckfeldern spielen auch Anfl üge an die bodennahen Turmsegmente eine Rolle.
Seit 2001 dokumentiert die Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburgs Vogel und Fle
dermausverluste an Windenergieanlagen (WEA). In dieser bundesweit angelegten Datenbank wurden bisher (Stand: 15. November 2011) Angaben über 1421 Vögel (117 Arten) und 1551 Fledermäuse (17 Arten) dokumentiert. Die Mehrzahl der Vögel wies, soweit äußerlich erkennbar, Knochenfrakturen, Abtrennungen von Extremitäten oder auch eine Zerteilung des Rumpfes auf. Als Ursache hierfür wurden Kollisionen mit bewegten Rotorblättern verantwortlich gemacht. Einige der Vögel waren aber äußerlich unversehrt. Ein Teil dieser Vögel wurde unmittelbar am Mastfuß der Anlagen gefunden, andere auch in größeren Entfernungen vom Mast. Pathologische
Untersuchungen an ausgewählten Vogelkadavern ergaben schließlich unterschiedliche Verletzungsmuster, die in Verbindung mit den Angaben zum Fundort selbst zu dem Schluss führten, dass nicht jeder tote Vogel unter einer WEA als klassisches Schlagopfer zu betrachten ist.
Kaum bekannt: »Todesursache Mastanfl ug
Zunächst erfolgte eine differenzierte Betrachtung des jeweiligen Verletzungsmusters. Aufbauend auf den verschiedenartig im Zusammenhang auftretenden Mustern und den jeweiligen Fundumständen des Vogels ließen sich vier Todesursachen differenzieren. Traten Rumpfverletzungen und Frakturen von Gliedmaßen, zumeist kombiniert mit Amputa
tion von Körperteilen, Einblutungen oder Ödembildung in Herz und Lunge sowie Schädelverletzungen auf, so konnte von Rotorschlag als Todesursache (85 Fälle) ausgegangen werden. Dominierten hingegen Schädelverletzungen und Rumpfverletzungen in Verbindung mit inneren Verletzungen, wie Einblutungen in Herz, Lunge und Leber, sowie Rippenfrakturen, so kam Absturz als Folge einer Verwirbelung, gegebenenfalls mit Anprall an die WEA oder auch beschleunigten Aufprall auf den Erdboden infrage (25 Fälle). Solche Vögel waren zumeist innerhalb und außerhalb des Rotorradius verteilt um die betreffende WEA zu fi nden. Unter jenen Vögeln, die äußerlich keinerlei Auffälligkeiten aufwiesen, hatten einige ausschließlich innere Verletzungen (17 Fälle), und zwar in Form von Ödemen vor allem in der Lunge, aber auch unter der Haut, die auch in Kombination mit starken Einblutungen in Lunge, Herz und Leber auftraten. Hier ist ein Tod durch Schock, in einigen Fällen möglicherweise auch durch Barotrauma anzunehmen, der ebenfalls im Zusammenhang mit Verwirbelungen und Unterdruckfeldern in Rotornähe stehen dürfte. Für Fledermäuse sind innere Verletzungen beschrieben und sogar geplatzte subkutane Fettzellen nachgewiesen. Weitere Untersuchungen belegten schließlich den Tod von Fledermäusen durch Unterdruckfelder im Wirkbereich der Rotorblätter (Barotrauma).
Vier Vögel, in diesem Fall alles Wintergoldhähnchen, wiesen fast ausnahmslos Schädelverletzungen und nur in einem Fall auch innere Blutungen auf. Da sie aber in Ent
Dunkler Anstrich könnte Kollisionen verhindern:
Vogelunfälle an Windradmasten
Vogelschutz
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Unmittelbar nach Anflug an den Mast einer WEA vom Typ Frisia sichtbares Kleingefieder eines verunfallten Braun-kehlchens. Foto: M. Heiß.
Singvögel, wie dieses Braunkehlchen, weisen nach dem Anprall an den Mast der WEA keine äußerlich erkennbare Verletzung auf. Foto: M. Heiß.
Festgestellte Verletzungsarten bei den an Wind-energieanlagen im Land Brandenburg verun-glückten Vögeln. Untersucht wurden 149 Indi-viduen, Mehrfachverletzungen möglich.
Amputationen 17Fraktur Gliedmaßen 41Rumpfverletzungen 56Schädelverletzungen 60Fraktur Halswirbelsäule 12Blutungen/innere Verletzungen 63Ödeme/Schock 25Abschürfungen 4Verletzung nicht erkennbar 5
fernungen von mehr als 30 Metern vom Mast gefunden wurden, in mindestens einem Fall auch besonders dichter Nebel vorherrschte und die betreffende Anlage in der vorhergehenden Nacht wegen Wartungsarbeiten stillstand, sind hier Anflüge an stehende Rotorblätter anzunehmen. Vögel, die Schädelverletzungen und/oder Verletzungen des vorderen Rumpfes in Verbindung mit Einblutungen oder Ödembildung in Herz und Lunge aufwiesen – wie sie beim Anprall an Glasflächen entstehen – und die außerdem unmittelbar am Mastfuß lagen, wurden als Anflugopfer an den Mast identifiziert (19 Fälle). Unter diesen Vögeln waren vor allem Kleinvögel, hauptsächlich Neuntöter und Grauammern, die ein weder für Rotorschlag noch für Verwirbelungen typisches Verletzungsbild und Fundmuster aufzeigten. Erste Hinweise auf direkte Anflüge von Vögeln an den Mast einer WEA gaben zufällige Beobachtungen.
Mast ist nicht gleich Mast »
Eine genauere Betrachtung der Fundangaben erbrachte, dass direkte Anflüge offenbar nur an solchen
Masten vorkamen, die einen weißlichen Anstrich aufwiesen, wie sie zum Beispiel bei Anlagen vom Typ Vestas, Repower, Tacke oder Frisia gegeben sind (43 533 Kontrollen, 318 verschiedene WEA, 37 derartige Funde von 13 Vogelarten). Kein einziger Nachweis gelang an einer WEA mit bodennah grün abgestuftem und darüber angrenzend grauem Mast des Anlagenherstellers Enercon (10 808 Kontrollen, 142 WEA) oder an WEA mit Gittermastbauweise (720 Kontrollen, 20 WEA). Folglich scheint als Ursache der Anflüge die Farbe des Mastanstrichs ausschlaggebend. Da vor allem Vogelarten betroffen sind, bei denen Rotorschlag zumindest an höheren WEA in der Regel kaum oder nur wenig bedeutsam ist, erhärtet sich die Annahme, dass hier vor allem die bodennahen Abschnitte des Mastes eine mögliche Anfluggefahr beeinflussen. Aus Brandenburg wurden bisher Informationen von 673 an WEA verunglückten Vögeln dokumentiert. Die Fundmeldungen setzen sich zusammen aus Zufallsfunden, Ergebnissen gezielter stichprobenartiger oder auch systematischer Nachsuchen und von beauflagten Folgeuntersuchungen. Seit 2001 wurden lediglich etwa vier Prozent der inzwischen über 3300 installierten WEA in mindestens einem Jahr mit einer ausreichend hohen Intensität (mehr als 50 Kontrollen je Jahr) abgesucht, sodass aus den reinen Fundzahlen trotz einer Gesamtstichprobe von 54 725 auswertbaren Anlagenkontrollen für den Bezugszeitraum nur ein eingeschränkter Rückschluss auf tatsächliche Opferzahlen möglich ist. Grund hierfür ist ferner, dass bei einer Vielzahl von Untersuchungen in der Vergangenheit keine oder zu wenige Korrekturfaktoren, wie Abtragerate, Suchereffizienz, abgesuchte Flächengröße und Absuchbarkeit der Fläche, ermittelt wurden. Folglich ist nur eine sehr überschlägige Hochrechnung mit gemittelten Korrekturfaktoren möglich. Sie ergab in Brandenburg jährliche Gesamtverluste von etwa 3,8 Vögeln und etwa 3,8 Fledermäusen je WEA.
Für alle gemeldeten Opfer wurde ein standardisiertes Fundprotokoll ausgefüllt, mit Angaben über Art, Alter und Geschlecht des Tieres, Fundumstände, sichtbare Verletzungen und
eingeschätzte Liegedauer, genauen Fundort, Fundplatz und Parameter der WEA. 149 Vögel, die frisch tot oder zumindest weitestgehend vollständig erhalten waren, wurden zur veterinärpathologischen Abklärung der Todesursache an das Institut für Zoo und Wildtierforschung (IZW) in Berlin (4 Vögel), das Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen in Berlin (37 Vögel), das Landeslabor Brandenburg in Frankfurt (Oder) und Potsdam (27 Vögel) und das Landeslabor BerlinBrandenburg in Berlin (81 Vögel) weitergeleitet. 156 weitere Vögel wurden im Rahmen des Totfundmonitorings der Staatlichen Vogelschutzwarte ohne Einbeziehung oben genannter Institute untersucht.
Anstrichfarbe ausschlaggebend? »
Im Herbst 1990 wurde erstmals der Anflug einer Drossel bei Dunkelheit an den Mast einer Windenergieanlage beschrieben. Weiterhin sind Beobachtungen bekannt, bei denen Vögel (Fasan, Braunkehlchen), die bei Tageslicht aufgescheucht wurden, unvermittelt auf den Mast zuflogen und gegen ihn prallten. Derartige Kollisionen wurden auch für Birkhühner in Österreich, Moorschneehühner auf Smøla (Norwegen) und Rothühner in der Region Cádiz (Spanien) beschrieben.
Vögel sind offenbar unter bestimmten Bedingungen nicht immer in der Lage, den mehrere Meter breiten Mast als Hindernis zu erkennen. Meistens waren Arten betroffen, die bei Gefahr in den hellen Himmel und nicht in dunkle Strukturen wie beispielsweise Gebüsche flüchten. Über tageszeitliche Einflüsse auf Verluste liegen
Der Falke 58, 2011 501
bisher kaum Erfahrungen vor, sie treten aber sowohl tagsüber als auch nachts auf. Dass es sich bei den beschriebenen Verlusten nicht um bedauerliche Einzelfälle handelt, belegen die Funde verunglückter Grauammern in einigen Windparks, zum Beispiel 11 Funde an 21 abgesuchten WEA im Windpark Nauen (Kreis Havelland) oder 3 Funde an 24 abgesuchten WEA im Windpark Jacobsdorf (Kreis OderSpree), sowie der Umstand, dass in drei Fällen jeweils zwei junge Neuntöter unmittelbar nebeneinander liegend gefunden wurden, in einem Fall sogar alle vier Vögel an derselben WEA des Windparks. Die Neuntöter verunglückten offenbar bei den für diese Art im Sommer typischen Verfolgungsflügen, indem sie den mehrere Meter breiten Mast der betreffenden, weißlich gefärbten Anlagen in unmittelbarer Nähe einer Hecke für den hellen Hintergrund hielten. Vergleichbar ist dieses Phänomen mit dem Anflug an spiegelnde Fensterscheiben, die den Vögeln eine Möglichkeit des Weiterfluges innerhalb einer ansonsten nicht zu durchquerenden, dunkleren Gebäudekulisse suggerieren.
Da an WEA mit bodennah grün abgestuftem Anstrich des Mastes keine Anflüge an den Mast registriert wurden, ist davon auszugehen, dass an Standorten im Offenland diese Verluste auch nur bodennah geschehen. Diese Erkenntnis lässt sich auch auf WEA im Wald und wahrscheinlich
auch über dem Waldhorizont übertragen, wie erste Funde von häufigen Waldvogelarten (Amsel, Buchfink, Kleiber und Mönchsgrasmücke) belegen. Es ist deshalb durchaus zu erwarten, dass ein mehrere Meter breiter, weißlich gefärbter Mast den Vögeln vor der besonders dunklen Hintergrundkulisse des Waldes die Möglichkeit des Weiterfluges suggeriert. Bisher fehlt es allerdings an aussagekräftigen Untersuchungen an Waldstandorten.
Simple Vermeidungsmaßnahme »
Verluste durch Anflüge an Masten von WEA sind sicherlich als Sonderfall zu betrachten, ebenso jene, die bei eingeschränkter Sicht an teils still stehenden Anlagen erfolgen. Letztere können zu Anflügen ganzer Vogeltrupps führen, wie die Funde von sechs Weißwangengänsen bei Nebel unter einer WEA auf Fehmarn belegen. Bei einigen Arten sind allerdings durchaus stärkere Auswirkungen zu erwarten.
Eine deutlich reduzierte jährliche Überlebensrate bei besenderten Moorschneehühnern beispielsweise wird neben den hohen natürlichen Verlusten (56 Prozent) auf zusätzliche Verluste durch Anflüge an den Mast der WEA (33 Prozent) zurückgeführt. In den Hohen Tauern (Österreich) sank der zuvor anwachsende Bestand des Birkhuhns innerhalb von fünf Jahren nach Errichtung und Inbetriebnahme eines Windparks von 41 auf neun Hähne. Als Ursache für diesen Rückgang wurden neben den angenommenen Störungen durch Bau und Erschließung des Windparks
ebenfalls Verluste durch Anflug an die Masten der WEA ermittelt.
Die Farbgebung der unteren Mastsegmente hat neben dem Gefahrenbereich der Rotorblätter wesentlichen Einfluss auf die Unfallgefahr einiger Vogelarten, die bisher als Schlagopfer an WEA nur sehr selten oder noch gar nicht registriert wurden. Solche Verluste ließen sich an Standorten im Offen und Halboffenland sehr wahrscheinlich durch eine dunklere, zum Beispiel grünliche oder bräunliche Einfärbung der untersten 15 bis 20 Meter eines Mastes vermeiden. An Standorten im Wald sollte zeitnah untersucht werden, in welcher Intensität derartige Verluste von Waldvögeln oder niedrig über dem Wald fliegenden Arten auftreten, um bei Bedarf entsprechende Vermeidungsmaßnahmen treffen zu können.
Tobias Dürr
Vogelarten und Anzahl der Fälle, bei denen die veterinärpathologische Untersuchung und die Befundung durch die Staatliche Vogelschutzwarte (VSW) Tod durch Anflug an den Mast ergaben.
pathologische Befunde
Befunde undFundumstände VSW
andere Todesursache
Amsel 1 – 1Bachstelze – 1 2Braunkehlchen – 1 –Buchfink – 1 2Fasan – 1 –Goldammer 1 1 9Grauammer 7 5 4Grünfink 1 – 1Klappergrasmücke – 1 –Kleiber 1 – 1Mönchsgrasmücke 1 – –Nachtigall 1 – –Neuntöter 6 7 1
Durch die dunklen Farben im unteren Mastbereich lassen sich Vogelopfer ver-meiden. Foto: T. Dürr.
Literatur zum Thema:Bearwald EF, Amours GHD, Klug BJ, Barclay
RMR 2008: Barotrauma is a significant cause of bat fatalities at wind turbines. Current Biology 18: 695696.
Bevanger K u. a. 2010: Pre and postconstruction studies of conflicts between birds and wind turbines in coastal Norway (BirdWind). Report on findings 20072010. NINA Report 620.
Pedersen, HC u.a. 2011: Mortality of radio collared Willow Ptarmigan in Smøla windpower plant. NINA, Präsentation Tagung 2.5. May 2011 in Trondheim.
Tobias Dürr ist seit 1992 Mitarbeiter an der Staatlichen Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg. Wichtigste Arbeitsthemen: Windenergienutzung & Vögel, Konfliktarten (u. a. Kormoran), Europäische Vogelschutzgebiete,
Koordinierung wissenschaftliche Vogelberingung.
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