Waldreservat Uaul Prau Nausch – wo die Natur das Sagen hat · 2015. 9. 29. · Prau Nausch hat...

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Waldreservat Uaul Prau Nausch – wo die Natur das Sagen hat Auf dem Weg zum Urwald – ein Erlebnispfad

Transcript of Waldreservat Uaul Prau Nausch – wo die Natur das Sagen hat · 2015. 9. 29. · Prau Nausch hat...

  • Waldreservat Uaul Prau Nausch –wo die Natur das Sagen hat

    Auf dem Weg zum Urwald –ein Erlebnispfad

    Auf dem Weg zum UrwaldHerzlich willkommen im Waldreservat Uaul Prau Nausch!

    Entdecken Sie auf dem Erlebnispfad die Besonderheiten einesGebirgswaldes, welcher ganz der Natur überlassen wird. Aus-gerüstet mit diesem Faltprospekt erfahren sie mehr über die-sen einzigartigen Wald und können diesen gezielt entdecken.Für Kinder ist Spass garantiert! Der Specht «Toctoc» führt siedurch das Waldreservat.

    ZugangDas Waldreservat befindet sich in der Val Nalps und ver-

    fügt über zwei Eingänge: Sut Seivs (Pkt. 1644) und Stavel sut ilTgom (unterhalb Pkt. 1913).

    Folgende Wanderrouten führen Sie zu den beiden Eingängen:• Von Sedrun: Über Plaun dil Lai – Uaul Surrein aufsteigend

    nach Sut Seivs oder über Surrein – Canadal nach SutSeivs (beide Routen 1.5 Stunden)

    • Von Sedrun mit der Luftseilbahn bis Stavel sut il Tgom –Abstieg ins Waldreservat (0.5 Stunden)

    • Von der Val Nalps: Von Pardatsch da Stiarls aufsteigendüber Plaun Palits bis Stavel sut il Tgom – Abstieg ins Wald-reservat (1 Stunde)Die Zugangsrouten erfolgen auf gut begehbaren und

    markierten Wanderwegen (Markierung gelb und rot-weiss, T1 bis T2 gemäss Bergwanderskala SAC).

    Trittsicherheit ist von Vorteil.

    AusrüstungWanderschuhe, bei Bedarf Regenschutz und Feldstecher.

    Karten der swisstopo: 1:25 000 Nr. 1212 Amsteg und 1232 Ober-alppass oder 1:50 000 Nr. 256 Disentis/Mustér.

    InformationsangebotAn beiden Eingängen geben Informationstafeln einen

    Überblick über das Waldreservat Uaul Prau Nausch. Im Wald-reservat selbst finden Sie den Erlebnispfad «Auf dem Wegzum Urwald» mit sechs markierten Stationen. Dieser Prospektenthält zu jeder der sechs Stationen weiterführende Informa-tionen. Bitte nehmen Sie diesen auf Ihre Wanderung durchdas Waldreservat mit. Wir wünschen bei der Erkundung desWaldreservats interessante Beobachtungen und viel Spass.

    Der 65.6ha umfassende Uaul Prau Nausch wird seit Anfang2007 nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt. Das Waldreservatsoll Heimat für seltene Tier- und Pflanzenarten bieten und alsAnschauungsobjekt dienen, an dem die natürliche Entwicklungvon Gebirgswäldern beobachtet und erforscht werden kann.Den Bewohnern und Besuchern der Region soll das Waldre-servat einen einzigartigen Erholungsraum und interessante Ein-blicke in das Waldleben bieten.

    Regeln• Keine Bäume fällen, kein Holz sammeln• Keine Beweidung• Bitte benutzen Sie die markierten Wanderwege • Bitte Hunde an der Leine führen• Das Sammeln von Pilzen und Beeren ist erlaubt• Die Ausübung der Jagd ist erlaubt

    Der Erlebnispfad «auf dem Weg zum Urwald»wurde unterstützt von:

    Pro Natura Graubündenwww.pronatura.ch/gr

    Gemeinde Tujetschwww.tujetsch.ch

    Amt für Wald Graubündenwww.wald.gr.ch

    ETH Zürich, Professur Waldökologiewww.waldoekologie.ethz.ch/sedrun

    Kraftwerke Vorderrhein AGwww.nok.ch

    Haben Sie Fragen? [email protected] gibt Ihnen AntwortBildverzeichnis: Titelbild Urwald Scatlè, Hermann Klöti; S. 2 Podsol,Urs Hunziker; S. 3 Heidelbeere, Hess, Landolt, Hirzel in Flora derSchweiz; S. 4 Luftbild Rotten Uaul Surrein, ETH Zürich; S. 5 Rotten,Hans-Ulrich Frey; S. 6 Urwald Scatlè, Hermann Klöti; S. 7 Baum-schwamm, Beat Fritsche; S. 7 Dreizehenspecht, Bruno Badilatti; S. 8–9Baumarten, Hess, Landolt, Hirzel in Flora der Schweiz; S. 10 Brutsystem,Beat Wermelinger WSL; S. 11 Borkenkäfer gross, Beat Wermelinger

    WSL; S. 11 Borkenkäfer klein, Amann, Summerer in Kerfen des Waldes;S. 12 Fichte auf Moderholz, Beat Fritsche; S. 13 Holzschlitten, Staats-archiv Kanton Graubünden; Hintergrund-Balken Totholz, Hermann Klöti.Illustration Specht Toctoc: Flurin Mengelt

    © Texte: Beat Fritsche und Maurus Frei; Layout und Druckvorstufe:Grafisches Atelier Marius Hublard, Ilanz; Druck: La Tuatschina, Sedrun

    Amt für Wald GraubündenUffezi forestal dal GrischunUfficio forestale dei Grigioni

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  • Waldreservat Uaul Prau Nausch –wo die Natur das Sagen hat

    Auf dem Weg zum Urwald –ein Erlebnispfad

    Auf dem Weg zum UrwaldHerzlich willkommen im Waldreservat Uaul Prau Nausch!

    Entdecken Sie auf dem Erlebnispfad die Besonderheiten einesGebirgswaldes, welcher ganz der Natur überlassen wird. Aus-gerüstet mit diesem Faltprospekt erfahren sie mehr über die-sen einzigartigen Wald und können diesen gezielt entdecken.Für Kinder ist Spass garantiert! Der Specht «Toctoc» führt siedurch das Waldreservat.

    ZugangDas Waldreservat befindet sich in der Val Nalps und ver-

    fügt über zwei Eingänge: Sut Seivs (Pkt. 1644) und Stavel sut ilTgom (unterhalb Pkt. 1913).

    Folgende Wanderrouten führen Sie zu den beiden Eingängen:• Von Sedrun: Über Plaun dil Lai – Uaul Surrein aufsteigend

    nach Sut Seivs oder über Surrein – Canadal nach SutSeivs (beide Routen 1.5 Stunden)

    • Von Sedrun mit der Luftseilbahn bis Stavel sut il Tgom –Abstieg ins Waldreservat (0.5 Stunden)

    • Von der Val Nalps: Von Pardatsch da Stiarls aufsteigendüber Plaun Palits bis Stavel sut il Tgom – Abstieg ins Wald-reservat (1 Stunde)Die Zugangsrouten erfolgen auf gut begehbaren und

    markierten Wanderwegen (Markierung gelb und rot-weiss, T1 bis T2 gemäss Bergwanderskala SAC).

    Trittsicherheit ist von Vorteil.

    AusrüstungWanderschuhe, bei Bedarf Regenschutz und Feldstecher.

    Karten der swisstopo: 1:25 000 Nr. 1212 Amsteg und 1232 Ober-alppass oder 1:50 000 Nr. 256 Disentis/Mustér.

    InformationsangebotAn beiden Eingängen geben Informationstafeln einen

    Überblick über das Waldreservat Uaul Prau Nausch. Im Wald-reservat selbst finden Sie den Erlebnispfad «Auf dem Wegzum Urwald» mit sechs markierten Stationen. Dieser Prospektenthält zu jeder der sechs Stationen weiterführende Informa-tionen. Bitte nehmen Sie diesen auf Ihre Wanderung durchdas Waldreservat mit. Wir wünschen bei der Erkundung desWaldreservats interessante Beobachtungen und viel Spass.

    Der 65.6ha umfassende Uaul Prau Nausch wird seit Anfang2007 nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt. Das Waldreservatsoll Heimat für seltene Tier- und Pflanzenarten bieten und alsAnschauungsobjekt dienen, an dem die natürliche Entwicklungvon Gebirgswäldern beobachtet und erforscht werden kann.Den Bewohnern und Besuchern der Region soll das Waldre-servat einen einzigartigen Erholungsraum und interessante Ein-blicke in das Waldleben bieten.

    Regeln• Keine Bäume fällen, kein Holz sammeln• Keine Beweidung• Bitte benutzen Sie die markierten Wanderwege • Bitte Hunde an der Leine führen• Das Sammeln von Pilzen und Beeren ist erlaubt• Die Ausübung der Jagd ist erlaubt

    Der Erlebnispfad «auf dem Weg zum Urwald»wurde unterstützt von:

    Pro Natura Graubündenwww.pronatura.ch/gr

    Gemeinde Tujetschwww.tujetsch.ch

    Amt für Wald Graubündenwww.wald.gr.ch

    ETH Zürich, Professur Waldökologiewww.waldoekologie.ethz.ch/sedrun

    Kraftwerke Vorderrhein AGwww.nok.ch

    Haben Sie Fragen? [email protected] gibt Ihnen AntwortBildverzeichnis: Titelbild Urwald Scatlè, Hermann Klöti; S. 2 Podsol,Urs Hunziker; S. 3 Heidelbeere, Hess, Landolt, Hirzel in Flora derSchweiz; S. 4 Luftbild Rotten Uaul Surrein, ETH Zürich; S. 5 Rotten,Hans-Ulrich Frey; S. 6 Urwald Scatlè, Hermann Klöti; S. 7 Baum-schwamm, Beat Fritsche; S. 7 Dreizehenspecht, Bruno Badilatti; S. 8–9Baumarten, Hess, Landolt, Hirzel in Flora der Schweiz; S. 10 Brutsystem,Beat Wermelinger WSL; S. 11 Borkenkäfer gross, Beat Wermelinger

    WSL; S. 11 Borkenkäfer klein, Amann, Summerer in Kerfen des Waldes;S. 12 Fichte auf Moderholz, Beat Fritsche; S. 13 Holzschlitten, Staats-archiv Kanton Graubünden; Hintergrund-Balken Totholz, Hermann Klöti.Illustration Specht Toctoc: Flurin Mengelt

    © Texte: Beat Fritsche und Maurus Frei; Layout und Druckvorstufe:Grafisches Atelier Marius Hublard, Ilanz; Druck: La Tuatschina, Sedrun

    Amt für Wald GraubündenUffezi forestal dal GrischunUfficio forestale dei Grigioni

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  • Uaul Prau Nausch –ein Urwald?

    «Uaul» ist das romanische Wort für «Wald». «Prau Nausch»steht für «schlechte Wiese». Die Ortsbezeichnung erzählt nochheute davon, dass dieses Waldgebiet früher beweidet wurde.Allerdings muss es sich um eine armselige Weide gehandelthaben, wo nur noch Ziegen etwas zu fressen fanden.

    Der Uaul Prau Nausch wurde bis ins Jahr 2003 auch forst-wirtschaftlich genutzt. Aufgrund der fehlenden Waldstrassewaren die Holznutzungen aber seit jeher klein und konzentrier-ten sich auf die Beseitigung von Bäumen, die vom Borkenkäferbefallen wurden. In den vergangenen 40 Jahren wurden imganzen Gebiet des Waldreservats im Durchschnitt lediglich50 m3 Holz pro Jahr geschlagen. Der letzte Holzschlag im Jahr2003 erntete 160 m3 Holz, die per Helikopter abtransportiertwerden mussten. Früher wurde das Holz mit der Reistmethodeaus dem Wald gebracht. Dabei liessen die Waldarbeiter diegefällten Stämme im Winter auf dem Schnee in bestimmtenBahnen ins Tal hinunterrutschen.

    Der Uaul Prau Nausch hat eine lange Geschichte dermenschlichen Nutzung hinter sich. Einem «Urwald» im engerenSinne entspricht er darum nicht. Wenn die Nutzung des Waldeslangfristig unterbleibt, werden sich in einigen Jahrzehnten bisJahrhunderten aber urwaldähnliche Waldbilder beobachtenlassen. Der Uaul Prau Nausch ist «auf dem Weg zum Urwald.»

    Holztransport in Graubünden um 1910.

    Alle Bäumedürfen ganzalt werden!

    SteckbriefName: Uaul Prau Nausch Grösse: 65.6 HektarenEigentümerin: Gemeinde Tujetsch

    Gründungsdatum: 1. Januar 2007Vertragsdauer: 50 Jahre Meereshöhe: 1520 bis 1850 m ü. M.

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  • Typisch Uaul Prau Nausch? 6

    Wo bleibt da der Wald? 8

    Abgestorben oder erst recht voller Leben? 10

    Monokultur? 12

    Gänzlich unberührt? 14

    Generationenübergreifender Zusammenhalt? 16

    Uaul Prau Nausch – ein Urwald? 17

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    Auf dem Weg zum Urwald

    Tgau liebe Kinder. Ich bin Toctoc, der Specht.

    Entdecke mit mir zusammen diesen geheimnisvollen Wald.

    Überall dort, wo Du ein farbiges Zeichen an einem

    Holzpfahl findest, mache ich mit Dir ein Spiel oder eine

    Entdeckungsreise . Los geht’s… toc toc toc …

  • Wald ist nicht gleich WaldJe nach Klima, Geländeform, Boden und vorkommenden

    Lebewesen prägen andere Arten und Strukturen das Wald-bild. Im Gebirgswald sind die klimatischen Bedingungenbesonders hart und nur noch bestimmte Pflanzenarten kön-nen diesen Bedingungen trotzen. Im nördlichen Teil des UaulPrau Nausch hat sich eine typische, im Gebirge recht häufi-ge Waldvegetation ausgebildet, in welcher die Fichte das Bildbestimmt. Die Bodenvegetation wird durch die Heidelbeeredominiert. Sie kann hier einen Meter hoch werden und bietetdadurch nicht nur Nahrung für zahlreiche Tierarten, sondernauch Deckungsmöglichkeiten, um sich vor Feinden zu ver-stecken.

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    Typisch Uaul Prau Nausch?

    Blick in den Bodendes Waldreservats.

    Podsol

    OrganischerAuflagehorizont

    Auswaschungshorizont

    Anreicherungshorizonte

    Ausgangsmaterial

  • Wer wachsen will, muss tief wurzelnDas abgebildete Bodenprofil zeigt einen typischen Boden

    unter einem solchen Waldbild, einen so genannten Podsol.Erkennen Sie den hellgrauen Streifen im oberen Bereich desProfils? Aus diesem Bereich werden die Pflanzennährstoffeausgewaschen und weiter unten wieder abgelagert. Sie kön-nen den Ablagerungsbereich an der dunklen, rötlich-braunenVerfärbung erkennen. Der Bodenist im obersten Bereich sehrnährstoffarm. Dienach unten verlager-ten Nährstoffe ste-hen für das Wachs-tum aber wieder zurVerfügung, wenn die Pflanzendie tieferen Bereiche durch-wurzeln können.

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    Schlüpft in die Haut einesFuchses auf Futtersuche und in die eines Birkhuhns, das dem Fuchsentwischen möchte . Das Birkhuhn ver-steckt sich im Heidelbeergebüsch, derFuchs versucht das Birkhuhn aufzu -spüren . Wer gewinnt?

    Die Heidelbeere wirdim Uaul Prau Nausch bis zu einem Meter hoch!

  • Die harten Bedingungen fordern OpferDie Gebirgswälder der höchsten Lagen bestehen aus

    einem kleinräumigen Mosaik von günstigen und ungünstigenStandorten. Die kurze Vegetationsperiode, die tiefen Tempe-raturen, die starke Sonneneinstrahlung, die trockene Luft unddie Konkurrenz durch die Bodenvegetation machen insbeson-dere den kleinen Bäumen zu schaffen. An ungünstigen Stand-orten können sie kaum noch Fuss fassen. In kühlen Muldensterben die kleinen Bäume häufig schon kurze Zeit nach derKeimung wieder ab. Dafür sind vor allem Schneeschimmel-pilze verantwortlich. Diese Pilze wachsen unter der Schnee-decke und zersetzen dort während des Winters Nadeln undZweige. Sie entwickeln sich besonders gut, wenn der Schneeim Frühjahr lange Zeit liegen bleibt.

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    Wo bleibt der Wald?

    Typische Rottenstruktur: die Bäume wachsen in Gruppen,wie dieses Luftbild zeigt.

  • Die Bäume rotten sich zusammenDurch das Mosaik von günstigen und ungünstigen Stand-

    orten entsteht das typische Waldbild, wie es im FichtenwaldUaul Prau Nausch vorherrscht: Ungünstige Standorte bleibenunbewaldet, an den günstigen Standorten wachsen die Fich-ten in Gruppen und bilden so genannte Rotten. Die Bäume amRand der Rotte haben viel Platz, um in die Breite zu wachsen,und darum reichen ihre Kronen bis fast auf den Boden. Inner-halb einer Rotte halten die Bäume miteinander stand gegendie Einwirkungen von Schneelast und Wind. Im nördlichenTeil des Uaul Prau Nausch hat sich eine besonders eindrück-liche Rottenstruktur entwickelt.

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    Sucht nach solchen Rotten!An einer Rotte habe ich dasAlter von drei Bäumen be -stimmt. Als Specht braucheich die Bäume ja nur nachihrem Alter zu fragen , aber fürEuch ist das natürlich schwie-riger. Bitte schätzen! Nichtganz einfach … oder? Daswahre Alter findet Ihr unterden Klappen …

    … aber nicht schummeln!

    Typisch Gebirgs-wald: Mosaik vonRotten und unbe-waldeten Flächen.

  • Mehr Totholz – mehr LebenAbgestorbene Bäume – stehende wie liegende – nennt der

    Förster Totholz. Es hat eine wichtige Funktion im ÖkosystemWald. Während der Zersetzung dieses Holzes, die im Gebirgs-wald viele Jahrzehnte dauert, bildet das Holz die Lebens-grundlage vieler verschiedener Arten von Tieren, Pilzen,Moosen, Flechten und Algen. Rund ein Fünftel der gesamtenAnzahl Tierarten im Wald sowie über 2500 höhere Pilzartenhängen von Totholz ab. Nur schon geringe Unterschiede inHolzbeschaffenheit, Zersetzungsgrad, Rinde, Besonnung oderDicke des Totholzes schaffen unterschiedliche Kleinstlebens-räume. Je mehr verschiedene Totholzformen vorhanden sind,umso grösser ist darum die Vielfalt der Arten.

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    Abgestorben oder erst recht voller Leben?

    Im Waldreservat bleiben tote Bäume im Wald!Dadurch wird die biologische Vielfalt gefördert.

  • Uaul Prau Nausch – Ein Paradies für TotholzlebewesenIm Waldreservat gibt es keine forstlichen Eingriffe mehr.

    Stirbt ein Baum, bleibt er als Totholz im Wald zurück. DieMenge an stehendem und liegendem Totholz erreicht da-rum im Vergleich zu einem bewirtschafteten Gebirgswaldim Lauf der Zeit ein sehr hohes Niveau. Vom vielen Totholzprofitieren viele Arten. Im Uaul Prau Nausch leben nebenvielen unscheinbaren auch auffälligere Tierarten wie zumBeispiel der Dreizehenspecht, der auf Gebirgsnadelwäldermit alten Bäumen und viel stehendem Totholz angewiesenist. Er ist ungefähr so gross wie der Buntspecht, hat aberanstatt vier nur drei Zehen. Das Männchen hat einen gelben,das Weibchen einen silbergrauen Scheitel. Ein weisserStreifen zieht sich über die ganze Rückenlinie. Er ist nichtscheu, versteckt sich aber gut! Sein Bestand wird schweiz-weit auf 1000 bis 1500 Brutpaare geschätzt.

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    Der Dreizehenspecht ist auf absterbendesund totes Holz angewiesen.

    Zersetzt Totholz: Frucht-körper des RotrandigenBaumschwammes aneinem Fichtenstamm.

    Schaut Euch um . Liegt da irgendwo ein abgestorbener Baum amBoden? Wie fühlt sich dieses abgestorbene Holz an? Wie riecht es?Findet Ihr Pflanzen oder Tiere , die darauf oder darin leben?

  • Die Fichte – ein MultitalentNur wenige Baumarten können den klimatisch schwieri-

    gen Bedingungen in den Gebirgswäldern der höchsten Lagenstandhalten. Neben der Fichte gehören dazu die Lärche, dieArve und die Wald- und Bergföhre sowie einige Laubbäumewie Birke, Vogelbeere, Weide, Bergahorn und Grünerle. DieFichte ist in den Gebirgswäldern der Surselva die vorherr-schende Baumart. An den meisten Standorten kann sie sichgegen die anderen Baumarten durchsetzen und das Waldbilddominieren. So auch im nördlichen Teil des WaldreservatsUaul Prau Nausch, wo nur vereinzelt andere Baumartenanzutreffen sind.

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    Monokultur?

    Die Grünerle besie-delt feuchte bisnasse Standorte imGebirge, insbesonde-re in Lawinenrunsen.Aufgrund der nied-rigen Wuchsformkönnen ihr Lawinennichts anhaben.

    Die Vogelbeere ist die«kleine Begleiterin derFichte» und im Gebirgs-wald weit verbreitet. IhreBeeren helfen Vögeln undverschiedenen Säuge-tieren über den Winter.Die Beeren können auchzu herbem Schnaps ver-arbeitet werden.

  • Keine Regel ohne AusnahmeDer südliche Bereich des Waldreservats ist den Kräften

    der Natur noch stärker ausgesetzt. Regelmässig donnerndort im Winter Lawinen ins Tal. Nur auf den vor Lawinen ge-schützten Kreten können sich die Fichten behaupten. Dazwi-schen wächst eine Waldvegetation, die nur dank den regel-mässigen Lawinenniedergängen bestehen bleibt. Laubbäumewie Birke, Grünerle und Weide finden ausgezeichneteLebensbedingungen vor.

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    Ihr habt eine Minute Zeit : Sammeltso viele verschiedene «Wald-Gegen-stände» wie nur möglich! Tannen-zapfen , Blätter, Rinde usw… Aber bitte keine Blumen und schongar keinen Specht einsammeln! Wermehr gefunden hat, gewinnt! Bittelegt nachher alles wieder in den Wald zurück ,danke!

    Die Fichte oder Rot-tanne ist im UaulPrau Nausch vorherr-schend (ausser inLawinenzügen). Ihrelänglichen Zapfenhängen nach untenund verlieren ihreSamen, sobald siesich bei warmer Wit-terung öffnen, .

  • SicherheitsstreifenIm Waldreservat wird auf forstliche Eingriffe verzichtet.

    Der Uaul Surrein, der sich im Nordwesten an den Uaul PrauNausch anschliesst, ist ein wichtiger Schutzwald. Er schütztdie NEAT-Baustelle und vielleicht dereinst den zukünftigenEingang zur «Porta alpina» vor Naturgefahren. Ein grosserBorkenkäferbefall im Waldreservat Uaul Prau Nausch darfnicht auf den Schutzwald Uaul Surrein übergreifen. Dazuwurde am nördlichen Ende des Waldreservats ein 200mbreiter Sicherheitsstreifen ausgeschieden, in welchem derForstdienst den Borkenkäfer bei Bedarf intensiv bekämpfenund zurück halten kann.

    Die Familie der Borkenkäfer umfasst sowohl in der Rindeals auch im Holz brütende Käferarten. Die «Rindenbrüter»unterbrechen durch ihren Frass die Wasser- und Nährstoff-leitungen, wodurch ein Baum rasch abstirbt. Manche Bor-kenkäferarten suchen sich nur geschwächte Bäume aus, dieohnehin absterben würden, andere können auch gesundeBäume zum Absterben bringen. Die Fichte wird insbesonde-re vom Buchdrucker befallen. Diese Art neigt zur Massenver-mehrung und ist dann in der Lage, auch gesunde Bäume zubefallen.

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    Gänzlich unberührt?

    Hier sind junge Buchdrucker herangewachsen: Die Larven hinter-lassen in der Rinde der Fichte «Buchzeilen-förmige» Frassgänge.Die Entwicklung vom Ei bis zum Jungkäfer dauert 6 bis 8 Wochen.Jedes Käfer-Weibchen legt 30–60 Eier.

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    Interessante VergleicheIm Uaul Prau Nausch hat sich eine ausgeprägte Rotten-

    struktur entwickelt, welche zahlreiche Vorteile bietet gegen-über dichten, homogenen Beständen. Rottenförmige Be-stände sind stabiler gegenüber Wind-, Schnee- und Borken-käferbelastungen und bieten mehr Lebensraum für Tier- undPflanzenarten. Wie sich diese Struktur im Uaul Prau Nauschohne Eingriffe weiter entwickeln wird, ist noch unklar. Glück-licherweise liegt das Waldreservat im Lehrwald der ETHZürich, die sich mit den Fragen der natürlichen Waldentwick-lung beschäftigt und den Uaul Prau Nausch intensiv beob-achtet. Um direkte Vergleiche zwischen unbewirtschaftetenund bewirtschafteten Waldflächen zu machen, ist der obengenannte Sicherheitsstreifen ebenfalls sehr wichtig.

    Sucht mich, ich habe mich hier irgendwoversteckt! Natürlich auf einem Baum , wie es sich für uns Spechte gehört! Findet Ihr mich ?

    Der Buchdruckergehört zur Familieder Borkenkäfer.Er liebt die Fichteund warmes,trockenes Wetter.

    Ich liebe Borkenkäfer!Mmmh, die schmecken

    wunderbar!

    Buchdrucker in Originalgrösse!

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    Auf den Fichten wachsen die besten FichtenAm Boden liegendes Holz hat für das Gelingen der Verjün-

    gung im Gebirgswald eine grosse Bedeutung. Kleine Fichtenkönnen auf vermodernden Baumstämmen wachsen undhaben dort Vorteile gegenüber Fichten, die direkt am Bodenwachsen. Moderholz ist chemisch zwar kein idealer Nährbo-den, bietet den jungen Bäumen aber andere Vorteile: Wenndie Bäumchen auf Moderholz wachsen, sind sie «abgeho-ben». Dadurch sind sie weniger stark der Konkurrenz mit derBodenvegetation um Licht und Wärme ausgesetzt. Auf undum das Moderholz schmilzt der Schnee im Frühjahr eher alsdaneben. Die Bäumchen auf dem Moderholz sind daher weni-ger lange den gefährlichen Schneeschimmelpilzen ausge-setzt und profitieren von einer längeren Vegetationszeit. DasModerholz schützt zudem gut vor Schneebewegungen, wel-che die Bäumchen ausreissen können.

    Der Zeitpunkt ist entscheidendTrotz allen Vorteilen: Die Verjüngung auf Moderholz klappt

    nicht immer. Wenn das Moderholz während einer Schönwet-terperiode austrocknet, vertrocknet auch das Bäumchen. Istdas Moderholz bei der Keimung noch zu wenig zersetzt, findetdas Bäumchen darin noch kaum Nährstoffe und Wasser vorund stirbt bald wieder ab. Keimt das Bäumchen zu spät aufdem Moderholz, so zerfällt der Stamm, bevor die Wurzeln desBäumchens den Boden erreicht haben. Und doch: Moderholzist in vielen Gebirgswäldern eine notwendige Voraussetzungfür eine erfolgreiche Verjüngung.

    GenerationenübergreifenderZusammenhalt?

    Sucht nach einer kleinen Fichte und wählteine für Euch aus. Das ist nun Eure Fichte .Wo wächst sie? Wie gross und wie dick istsie? Hat sie schon viele Nadeln? Wie grosswird sie einmal werden? Nicht alle Bäumewerden gross und dick , denn viele Gefahrenlauern dem Bäumchen auf. Wünscht Eurerkleinen Fichte viel Glück! Fichten-Sämlinge

    auf Moderholz

  • Uaul Prau Nausch –ein Urwald?

    «Uaul» ist das romanische Wort für «Wald». «Prau Nausch»steht für «schlechte Wiese». Die Ortsbezeichnung erzählt nochheute davon, dass dieses Waldgebiet früher beweidet wurde.Allerdings muss es sich um eine armselige Weide gehandelthaben, wo nur noch Ziegen etwas zu fressen fanden.

    Der Uaul Prau Nausch wurde bis ins Jahr 2003 auch forst-wirtschaftlich genutzt. Aufgrund der fehlenden Waldstrassewaren die Holznutzungen aber seit jeher klein und konzentrier-ten sich auf die Beseitigung von Bäumen, die vom Borkenkäferbefallen wurden. In den vergangenen 40 Jahren wurden imganzen Gebiet des Waldreservats im Durchschnitt lediglich50 m3 Holz pro Jahr geschlagen. Der letzte Holzschlag im Jahr2003 erntete 160 m3 Holz, die per Helikopter abtransportiertwerden mussten. Früher wurde das Holz mit der Reistmethodeaus dem Wald gebracht. Dabei liessen die Waldarbeiter diegefällten Stämme im Winter auf dem Schnee in bestimmtenBahnen ins Tal hinunterrutschen.

    Der Uaul Prau Nausch hat eine lange Geschichte dermenschlichen Nutzung hinter sich. Einem «Urwald» im engerenSinne entspricht er darum nicht. Wenn die Nutzung des Waldeslangfristig unterbleibt, werden sich in einigen Jahrzehnten bisJahrhunderten aber urwaldähnliche Waldbilder beobachtenlassen. Der Uaul Prau Nausch ist «auf dem Weg zum Urwald.»

    Holztransport in Graubünden um 1910.

    Alle Bäumedürfen ganzalt werden!

    SteckbriefName: Uaul Prau Nausch Grösse: 65.6 HektarenEigentümerin: Gemeinde Tujetsch

    Gründungsdatum: 1. Januar 2007Vertragsdauer: 50 Jahre Meereshöhe: 1520 bis 1850 m ü. M.

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  • Waldreservat Uaul Prau Nausch –wo die Natur das Sagen hat

    Auf dem Weg zum Urwald –ein Erlebnispfad

    Auf dem Weg zum UrwaldHerzlich willkommen im Waldreservat Uaul Prau Nausch!

    Entdecken Sie auf dem Erlebnispfad die Besonderheiten einesGebirgswaldes, welcher ganz der Natur überlassen wird. Aus-gerüstet mit diesem Faltprospekt erfahren sie mehr über die-sen einzigartigen Wald und können diesen gezielt entdecken.Für Kinder ist Spass garantiert! Der Specht «Toctoc» führt siedurch das Waldreservat.

    ZugangDas Waldreservat befindet sich in der Val Nalps und ver-

    fügt über zwei Eingänge: Sut Seivs (Pkt. 1644) und Stavel sut ilTgom (unterhalb Pkt. 1913).

    Folgende Wanderrouten führen Sie zu den beiden Eingängen:• Von Sedrun: Über Plaun dil Lai – Uaul Surrein aufsteigend

    nach Sut Seivs oder über Surrein – Canadal nach SutSeivs (beide Routen 1.5 Stunden)

    • Von Sedrun mit der Luftseilbahn bis Stavel sut il Tgom –Abstieg ins Waldreservat (0.5 Stunden)

    • Von der Val Nalps: Von Pardatsch da Stiarls aufsteigendüber Plaun Palits bis Stavel sut il Tgom – Abstieg ins Wald-reservat (1 Stunde)Die Zugangsrouten erfolgen auf gut begehbaren und

    markierten Wanderwegen (Markierung gelb und rot-weiss, T1 bis T2 gemäss Bergwanderskala SAC).

    Trittsicherheit ist von Vorteil.

    AusrüstungWanderschuhe, bei Bedarf Regenschutz und Feldstecher.

    Karten der swisstopo: 1:25 000 Nr. 1212 Amsteg und 1232 Ober-alppass oder 1:50 000 Nr. 256 Disentis/Mustér.

    InformationsangebotAn beiden Eingängen geben Informationstafeln einen

    Überblick über das Waldreservat Uaul Prau Nausch. Im Wald-reservat selbst finden Sie den Erlebnispfad «Auf dem Wegzum Urwald» mit sechs markierten Stationen. Dieser Prospektenthält zu jeder der sechs Stationen weiterführende Informa-tionen. Bitte nehmen Sie diesen auf Ihre Wanderung durchdas Waldreservat mit. Wir wünschen bei der Erkundung desWaldreservats interessante Beobachtungen und viel Spass.

    Der 65.6ha umfassende Uaul Prau Nausch wird seit Anfang2007 nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt. Das Waldreservatsoll Heimat für seltene Tier- und Pflanzenarten bieten und alsAnschauungsobjekt dienen, an dem die natürliche Entwicklungvon Gebirgswäldern beobachtet und erforscht werden kann.Den Bewohnern und Besuchern der Region soll das Waldre-servat einen einzigartigen Erholungsraum und interessante Ein-blicke in das Waldleben bieten.

    Regeln• Keine Bäume fällen, kein Holz sammeln• Keine Beweidung• Bitte benutzen Sie die markierten Wanderwege • Bitte Hunde an der Leine führen• Das Sammeln von Pilzen und Beeren ist erlaubt• Die Ausübung der Jagd ist erlaubt

    Der Erlebnispfad «auf dem Weg zum Urwald»wurde unterstützt von:

    Pro Natura Graubündenwww.pronatura.ch/gr

    Gemeinde Tujetschwww.tujetsch.ch

    Amt für Wald Graubündenwww.wald.gr.ch

    ETH Zürich, Professur Waldökologiewww.waldoekologie.ethz.ch/sedrun

    Kraftwerke Vorderrhein AGwww.nok.ch

    Haben Sie Fragen? [email protected] gibt Ihnen AntwortBildverzeichnis: Titelbild Urwald Scatlè, Hermann Klöti; S. 2 Podsol,Urs Hunziker; S. 3 Heidelbeere, Hess, Landolt, Hirzel in Flora derSchweiz; S. 4 Luftbild Rotten Uaul Surrein, ETH Zürich; S. 5 Rotten,Hans-Ulrich Frey; S. 6 Urwald Scatlè, Hermann Klöti; S. 7 Baum-schwamm, Beat Fritsche; S. 7 Dreizehenspecht, Bruno Badilatti; S. 8–9Baumarten, Hess, Landolt, Hirzel in Flora der Schweiz; S. 10 Brutsystem,Beat Wermelinger WSL; S. 11 Borkenkäfer gross, Beat Wermelinger

    WSL; S. 11 Borkenkäfer klein, Amann, Summerer in Kerfen des Waldes;S. 12 Fichte auf Moderholz, Beat Fritsche; S. 13 Holzschlitten, Staats-archiv Kanton Graubünden; Hintergrund-Balken Totholz, Hermann Klöti.Illustration Specht Toctoc: Flurin Mengelt

    © Texte: Beat Fritsche und Maurus Frei; Layout und Druckvorstufe:Grafisches Atelier Marius Hublard, Ilanz; Druck: La Tuatschina, Sedrun

    Amt für Wald GraubündenUffezi forestal dal GrischunUfficio forestale dei Grigioni

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