Isoelektrische Fokussierung der Untereinheiten der Rubisco in Thlaspi (Brassicaceae): Weitere...

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Feddes Repertorium 104 (1993) 5-6, 371-381 Berlin, August 1993 Universitit Osnabriick, Fachbereich Biologie, Spezielle Botanik, Osnabriick, Bundesrepublik Deutschland M. KOCH; K. MUMMENHOFF; K. ZUNK Isoelektrische Fokussierung der Untereinheiten der Rubisco in Thlaspi (Brassicaceae) : Weitere Hinweise auf eine Formengattung Mit 2 Abbildungen und 3 Tabellen Zusammenfassung Summary Die Venvandtschaftsverhaltnisse in der Gattung Thluspi s. 1. wurden mit Hilfe der isoelektrischen Fokussierung (IEF) der Untereinheiten von Ribulo- se-l S-Bisphosphat Carboxylase/Oxygenase (Rubis- co) untersucht. Unterschiede in den Rubisco-IEF- Bandenmustern von 25 Taxa ergaben eine Gliederung der Taxa in drei Gruppen, die mit den entsprechenden Gattungen Thhluspi s. str., Microfhluspi F. K. MEYER und Noccuea MOENCH von MEYER (1973, 1979) iibereinstimmen. Lediglich T. bulbosum (Gattung Rapuriu sensu MEYER) konnte nicht als eigenstandige Sippe charakterisiert werden. Innerhalb der Gattung Noccuea, die den Hauptteil der ehemals in Thluspi s. I. zusammengefaDten Taxa umfaBt, lassen sich Artengruppen mit unterschiedlichen Rubisco-IEF- Bandenmustern abtrennen. die sich in ihren Verbrei- tungsgebieten voneinander abgrenzen. Amerikani- sche Vertreter der Gattung Thlnspi's. 1.. die hier zum ersten Ma1 in eine umfassende Analyse mit ein- bezogen wurden, sind nicht von westasiatischen Sippen zu unterscheiden. Es wird diskutiert. dal3 die Immigration von Thluspi s. 1. Sippen von Asien uber die Beringbriicke nach Amerika erfolgte. Einleitung Eine Zusammenfassung und ein historischer AbriD der Systematik der Gattung Thluspi s. 1. findet sich bei MEYER (1979). Hauptsachlich auf der Basis von Unterschieden in der Frucht- form wurde die Gattung Thlaspi s. 1. in drei bis fiinf Sektionen eingeteilt (SCHULZ 1936; CLA- PHAM 1969; MEYER1979; Tabelle 2). Aber gerade die Fruchtform zeigt in verschiedenen Relationships among taxa of Thluspi s. I. were tested by isoelectric focusing (IEF) analysis of Ribulose- 1,5-bisphosphate carboxylase/oxygenase (Rubisco). 25 taxa were studied, belonging to three of the genera previously segregated by MEYER (1973, 1979) on the basis of seed anatomy. Differences in Rubisco-IEF- patterns resulted in a grouping of the species into three clusters which areconsistent with the respective genera of MEYER, Thluspi s. str., Microrhlusp/ F. K. MEYER and Noccaeu MOENCH. However. the genus Rapuriu F. K. MEYER could not be classified as a distinct taxon. Within the genus Noccaeu. which embraces the bulk of species formerly integrated within Thluspi s. I., species groups were characterized by Rubisco-IEF-patterns. It seems that this groups are following their distribution patterns. American taxa could not be separated from taxa of West Asia and they clearly belong to Noccueu. It will be discussed that the ancestors of the American t a u migrated to America via the well-known Bering- bridge previously linking the two continents. Asia and North America. Linien der Brassicaceae konvergente Ausbil- dungen (HAYEK 191 1; EIGNER 1973), so auch in Thluspi (MEYER 1979), die zu falschen syste- matischen SchluDfolgerungen fiihren (MEYER 1979). Eine radikale Revision der Gattung Thlaspi s. 1. wurde von MEYER(1973, 1979) durchgefuhrt. Basierend auf anatomischen Un- terschieden der Samenschale wurde Thlnspi s. 1. in 12 verschiedene Gattungen aufgeteilt. nur sechs Arten (von insgesamt 107 beschriebenen)

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Feddes Repertorium 104 (1993) 5-6, 371-381 Berlin, August 1993

Universitit Osnabriick, Fachbereich Biologie, Spezielle Botanik, Osnabriick, Bundesrepublik Deutschland

M. KOCH; K. MUMMENHOFF; K. ZUNK

Isoelektrische Fokussierung der Untereinheiten der Rubisco in Thlaspi (Brassicaceae) : Weitere Hinweise auf eine Formengattung

Mit 2 Abbildungen und 3 Tabellen

Zusammenfassung Summary

Die Venvandtschaftsverhaltnisse in der Gattung Thluspi s. 1. wurden mit Hilfe der isoelektrischen Fokussierung (IEF) der Untereinheiten von Ribulo- se-l S-Bisphosphat Carboxylase/Oxygenase (Rubis- co) untersucht. Unterschiede in den Rubisco-IEF- Bandenmustern von 25 Taxa ergaben eine Gliederung der Taxa in drei Gruppen, die mit den entsprechenden Gattungen Thhluspi s . str., Microfhluspi F. K. MEYER und Noccuea MOENCH von MEYER (1973, 1979) iibereinstimmen. Lediglich T. bulbosum (Gattung Rapuriu sensu MEYER) konnte nicht als eigenstandige Sippe charakterisiert werden. Innerhalb der Gattung Noccuea, die den Hauptteil der ehemals in Thluspi s. I. zusammengefaDten Taxa umfaBt, lassen sich Artengruppen mit unterschiedlichen Rubisco-IEF- Bandenmustern abtrennen. die sich in ihren Verbrei- tungsgebieten voneinander abgrenzen. Amerikani- sche Vertreter der Gattung Thlnspi's. 1.. die hier zum ersten Ma1 in eine umfassende Analyse mit ein- bezogen wurden, sind nicht von westasiatischen Sippen zu unterscheiden. Es wird diskutiert. dal3 die Immigration von Thluspi s. 1. Sippen von Asien uber die Beringbriicke nach Amerika erfolgte.

Einleitung

Eine Zusammenfassung und ein historischer AbriD der Systematik der Gattung Thluspi s . 1. findet sich bei MEYER (1979). Hauptsachlich auf der Basis von Unterschieden in der Frucht- form wurde die Gattung Thlaspi s. 1. in drei bis fiinf Sektionen eingeteilt (SCHULZ 1936; CLA- PHAM 1969; MEYER 1979; Tabelle 2). Aber gerade die Fruchtform zeigt in verschiedenen

Relationships among taxa of Thluspi s. I . were tested by isoelectric focusing (IEF) analysis of Ribulose- 1,5-bisphosphate carboxylase/oxygenase (Rubisco). 25 taxa were studied, belonging to three of the genera previously segregated by MEYER (1973, 1979) on the basis of seed anatomy. Differences in Rubisco-IEF- patterns resulted in a grouping of the species into three clusters which areconsistent with the respective genera of MEYER, Thluspi s. str., Microrhlusp/ F. K . MEYER and Noccaeu MOENCH. However. the genus Rapuriu F. K. MEYER could not be classified as a distinct taxon. Within the genus Noccaeu. which embraces the bulk of species formerly integrated within Thluspi s. I., species groups were characterized by Rubisco-IEF-patterns. I t seems that this groups are following their distribution patterns. American taxa could not be separated from taxa of West Asia and they clearly belong to Noccueu. I t will be discussed that the ancestors of the American t a u migrated to America via the well-known Bering- bridge previously linking the two continents. Asia and North America.

Linien der Brassicaceae konvergente Ausbil- dungen (HAYEK 191 1 ; EIGNER 1973), so auch in Thluspi (MEYER 1979), die zu falschen syste- matischen SchluDfolgerungen fiihren (MEYER 1979). Eine radikale Revision der Gattung Thlaspi s. 1. wurde von MEYER (1973, 1979) durchgefuhrt. Basierend auf anatomischen Un- terschieden der Samenschale wurde Thlnspi s. 1. in 12 verschiedene Gattungen aufgeteilt. nur sechs Arten (von insgesamt 107 beschriebenen)

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Die isoelektrische Fokussierung (IEF) von Rubisco in einem pH-Gradienten fuhrt zu einer Dissoziierung und Auftrennung der GU-und KU-Polypeptiduntereinheiten auf der Basis von unterschiedlichen elektrischen Ladungen. Die somit sichtbar gemachten Ladungsunter- schiede reprlsentieren Unterschiede in der Aminosauresequenz und damit letztlich Un- terschiede in der Nukleotidsequenz der ko- dierenden Gene. Rubisco-IEF-Bandenmuster liefern daher Informationen sowohl uber das Kerngenom als auch uber das Chloroplasten- genom. Intraspezifische Variabilitat der Ru- bisco-IEF-Bandenmuster war in vielen Arten bislang nicht nachweisbar (MUMMENHOFF & HURKA 199 1 ; MUMMENHOFF & ZUNK 199 I und Literaturangaben darin), so daD d i e m kon- servative Merkmalskomplex erfolgreich fur Verwandtschaftsanalysen auf der Gattungs- ebene eingesetzt wurde (LEIBLE et al. 1982; WILDMAN 1983; KISHIMA et al. 1987; MUMMEN- HOFF & HURKA 1990, 1991; MUMMENHOFF & ZUNK 1991; MUMMENHOFF et al. 1992).

verblieben in der Gattung Thlaspis. str. MEYERS Konzept hat sich allerdings bis heute nicht durchsetzen konnen (AL-SHEHBAZ 1986; GREU- TER et al. 1986; SCHULTZE-MOTEL 1986).

In jiingster Zeit werden verstarkt moleku- lare Merkmale (Proteine, Isoenzyme, Nuklein- sauren) zur Klarung systematischer Probleme in kritischen Sippen hinzugezogen (CRAWFORD 1990; SOLTIS etal . 1992). Eine vorlaufige Analyse der Rubisco-IEF-Bandenmuster von 14 Thluspi s. I. Taxa stiitzte bereits MEYERS Konzept (MUMMENHOFF & ZUNK 1991).

In der vorliegenden Arbeit wurden elf weitere Taxa untersucht, um zusatzliche In- formationen iiber die Verwandtschaftsverhalt- nisse in ciieser kritischen Sippe zu erlangen. Erstmals wurden auch nativ amerikanische Taxa benicksichtigt und deren systematische Stellung analysiert.

Das mengenmaoig haufigste Protein der photoautotrophen Pflanzen ist die Ribulose- I , 5-Bisphosphat-Carboxylase/Oxygenase (Ru- bisco), in der Literatur auch haufig als ,,fraction I protein'' bezeichnet. Dieses Enzym ist das Schliisselenzym der photosynthetischen Fixie- rung von C 0 2 im Calvin-Zyklus, katalysiert aber auch als Oxygenase den ersten Schritt der Photorespiration (MIZIORKO & LORIMER 1983). In den hoheren Pflanzen setzt sich das Enzym aus acht grooen, im Chloroplastengenom ko- dierten Untereinheiten (GU) sowie acht kleinen Untereinheiten (KU) von geringerem Moleku- largewicht zusammen, die von einer Multi- genfamilie im Kerngenom kodiert werden (MANZARA & GRUISSEM 1988).

Material und Methoden

Pf lanzenmater ia l : Das Pflanzenmaterial der elf neu bearbeiteten Taxa stammte zum groBten 'Teil vom Wildstandort (Tabelle I) . Die Aufzucht erfolgte unter Gewachshausbedingungen. Blattmaterial von Ein- zelpflanzen im vegetativen Stadium wurde in flussi- gem Stickstoff eingefroren und bei -80 "C gelagert. Herbarexemplare sind im Herbarium der UniversitPt Osnabruck (OSBU) hinterlegt.

Tabelle I Untersuchte Thlaspi-Taxa und die Herkunft des Saatgutes. Die Nornenklatur der Arten folgt GREUTER et al. ( I 986), DVORAKOV~ (1968, 1978) fur T. caerulescens und T.jankae sowie HOLMGREN (197 I ) fur T. mageilanicutn, T. montanutn var. montanum und T. montanum var. fendleri.

Proben-Nr. Taxa und deren Herkunft Akzessions-Nr. ~~ ~~~

T. alpestre JACQ.

T. bellidifolium GRISEB.

T. brachypetalum JORDAN

T. brevistylum (DC.) JORDAN

w 1 CH: Valais, Bot. Gart. Champex

2 GB: Bot. Gart. Edinburgh

3 CH: Bot. Gart. Champex

w 4 F: Korsika, Bot. Gart. Lyon

1990 s . n.

813341

1990 s. n.

004989

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M , Kocti u. a., lsoelektrische Fokussierung der Rubisco-Untereinheiten von Thluspi 373

Tabelle I (Fortsetzung)

Proben-Nr. Taxa und deren Herkunft Akzessions-Nr.

W 6 w 7 W 8

w 9 w 10 w I I w 12 W 13 w I4 W l j W 16 W 17 w 18

w I9

w 20

w 21

13 --

23

w 24

W 2 j

W 26

w 27

w 28 w 29 W 30

W 31

32

T. bulbosum Boiss. CH: Bot. Gart. St. GaHen

T. caerulescens J . et C. PRESL subsp. cuerulescens SF: Etela-Hame. Kalvola, Bot. Gart. Helsinki D: NRW, Medebdch D: NRW. Medeloh subsp. caluminure (LEI.) DVORAK. B: Angleur B: Geulufer bei Kelrnis B: Kelrnis D: Nds, Roter Berg, Hasbergen D: Nds, Silberberg, Hagen a. T. W. D: NRW, Vichtbach. Stolberg D: NRW, Breiniger Berg, Stolberg D: NRW, Brockenberg. Stolberg D: NRW. Miinsterbusch bei Stolberg D: NRW. Weisenberg bei Stolberg

subsp. rotundifolium (L.) GREUTER et BURDET I : Hohe Warte, Karnischer Hauptkamm

HUN: Sarkegyberg bei Gyongyos Bot. Gart. Budapest

T. lerescheanum (BURNAT) A. W. HILL I : Grdische Alpen. Bot. Gart. Champex

T. mucranthrrrn N. A. BUSH D: SW Bot. Gart. Kiel

T. mugellanicum PERS. GB: Bot. Gart. Edinburgh

T. montanurn D: Bayern. Muggendorf

T. montunrrm L. var. muntunron USA: Boulder County, Colorado

T. montununi L. var. fendleri (GRAY) HOLMGREN USA: Amer. Rock Card. SOC.

T. neuadense Born. et REUTER E: Mulhacen. Sierra Nevada, Sammlung Gomez-Campo, Madrid

subsp. perfoliutum D: Bayern. Moritz D: Nds, Bad Laer D: Rhl-Pf. Doggendorf subsp. tineoi (PAoL.) MAIRE MAR: G r o k r Atlas. Sammlung Gomez-Campo, Madrid

D: Sachs.. Bot. Gart. Dresden

T. cepueifolium (WULFEN) KOCH

T. junkae KERN.

T. perfoliutum L.

T. praecox WULF.

1989 258

1990 477 KOCH 691 KOCH 791

KOCH 891 KOCH 991 KOCH 1091 KOCH 1191 KOCH 1291 KOCH 1391 KOCH 1492 KOCH 1591 KOCH 1691 KOCH 1791

KOCH 2091

1988 698

1990 s. n

1989 395

810 991

Kocti 190

WEBER s. n.

1989 5185

21 63 72

KOCH 3 90 KOCH 1991 KOCH 1891

I I 1267

1990 127

Abkurzungen der Staaten und der Lander der Bundesrepublik Deutschland: CH: Schweiz: SF: Finnland: USA: Vereinigte Staaten von Amerika: GB: GroDbritannien; 1: Italien; F: Frankreich: HUN. Ungam; B: Belgien: E: Spanien: MAR: Marokko: D: Bundesrepublik Deutschland: NRW: Nordrhein-Westfalen, Nds. Niedersachsen. Rhl-Pf Rheinland Pfalz, Sachs. : Sachsen, S W : Schleswig-Holstein. W: Material vom Wildstandort

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IEF-Analyse der Rubisco G U und K U : Die groBcn und kleinen Untereinheiten der Rubisco wurden mit Hilfe einer Elektrophorese aus Blatt- rohextrakten von Einzelpflanzen isoliert. Die nachfol- gende isoelektrische Fokussierung der Rubisco- Untereinheiten wurde in einem pH-Gradienten (pH 5-8) und in Anwesenheit von 8 M Harnstoff durchgefu hrt. Ein detailliertes Versuchsprotokoll wurde von MUMMENHOFF & HURKA (1990) vor- gelegt.

D a t e n a u s w e r t u n g : Jede KU-Bande und GU-Hanptbande der IEF Bandenmuster wurde als diskretes phlnotypisches Merkmal be- trachtet. Das Vorhandensein oder Fehlen eines Merkmals reprasentiert einen der beiden mogli- chen Merkmalszustlnde (binlre Merkmale). Die IEF- Bandenmuster aller untersuchten Ar- ten wurden paarweise miteinander verglichen und die U nahnlichkeiten zwischen den Banden- mustern in Distanzwerten ausgedruckt. Hierbei erfolgte cine doppelte Gewichtung der GU- Merkmale, um den konservativen Charakter der im Chloroplastengenom kodierten G U zu betonen I vgl. PALMER 1987). Die Distanzwerte aller paarweise miteinander verglichenen Ban- denmuster wurden mit Hilfe einer ungerichteten Distanzanalyse (Programm FITCH aus PHYLIP, Version 3.4 1992, FELSENSTEIN, Seattle, USA) nach FITCH & MARGOLIASH (1967) zu einem Baum verarbeitet.

Ergebnisse und Diskussion Die Kodierung der GU im Chloroplastengenom durch ein Gen sollte nur zu einer einzigen GU-Bande in der IEF fuhren. Tatslchlich tra- ten aber in Thlaspi s. I., wie in allen bislang untersuch ten Arten. schwachere Nebenbanden auf (GRAY 1980; WILDMAN 1983). Die farblich deutlich schwicher ausgepragten GU-Neben- banden werden in der Literatur als Folge von methodischen Artefakten und/oder in vivo Mo- difikationen interpretiert, wahrend die GU- Hauptbande das unmodifizierte GU-Genpro- dukt repriisentiert (O'CONNEL & BRADY 1981; JOHAL & CHOLLET 1983; MUMMENHOFF & HUR- KA 1990). Somit wurden bei der Datenaus- wertung nur die GU-Hauptbanden berucksich- tigt (siehe auch CHEN & WILDMAN 1981; JOHAL & CHOLLET 1983). Die GU- und KU-Banden- muster von 25 Thlaspi s. I.-Sippen sind in Tabel- le 3 dargestellt. Die in die vorliegende Arbeit

neu einbezogenen Taxa und Herkuiifte sind gekennzeichnet. Insgesamt wurden in den 25 Thlaspi s. 1. Sippen fiinf verschiedene GU- Hauptbanden und fiinf KU-Banden nachge- wiesen.

Multiple KU-Bandenmuster wurden nur in T. brachypetalum und in den beiden Unterarten von T . caerulescens gefunden. Diese Muster spiegeln Variabilitat in der Nukleotitlsequenz der kodierenden Gene der Multigenfamilie wider (vgl. MUMMENHOFF & HURKA 1991; REN et al. 1991). Unterschiede in den IEF-Banden- mustern der untersuchten Arten fulirten zu einer Klassifizierung in drei Hauptgruppen, die den Gattungen Thlaspi s. str., Microthicrspi und Noccaea sensu MEYER (1973, 1979) entsprechen (Abbildung I) . Eine Ausnahme bildet T. bulbosum, welches von MEYER in die neu definierte Gattung Raparia (zwei Arten) einge- ordnet wird, nach den Rubisco-Daten jedoch zu Noccaea gehort. In diesem Fall korrelieren die molekularen Daten mit SCHULZ (1036) und CLAPHAM (1964). die T. bulbosum zu den Taxa stellen, die MEYER unter Nocceae sect. Ptero- tropis zusammenfaBt (Tabelle 2).

Es wurde bereits in einer vorliufigen IEF- Analyse der Rubisco gezeigt, daB die Auf- gliederung des Verwandtschaftskreises Thluspi s. 1. in verschiedene Gattungen nach MEYER (1973, 1979) durch unsere molekularen Daten unterstutzt wird (MUMMENHOFF & ZUNK 1991). Die in der vorliegenden Arbeit dargestellte Erweiterung um elf Taxa fiihrte zu einer Festigung der MEYERschen Gattungen Thlaspi s. str., Microthlaspi und Noccaea.

Generell lieI3 sich (mit Ausnahme von T. montanurn) ein konstantes Auftreten der Ban- denmuster in den verschiedenen Herkunften einer Art feststellen (Tabelle 3). Diese Beobach- tungen unterstreichen den Wert der Kubisco- IEF-Bandenmuster fur taxonomische Frage- stellungen auf der Art- und Gattungsebene.

Schwierig bleibt jedoch die Klassifizierung der Sippen innerhalb von Noccaea. Nach Unter- schieden in den IEF-Mustern von Rubisco finden sich in Noccaea funf Artengruppen (Rubisco-Muster A-E, Tabelle 3), wobei T. bellidifolium als einziger Vertreter die Gruppe E reprasentiert. (Eine griindliche Uberpriifung der Herbarbelege der bearbeiteten Sippen von MUMMENHOFF & ZUNK (1991) zeigte, d d O das dort aufgefuhrte T. bellidifolium dem T.

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M . KOCH u. a., Isoelektrische Fokussierung der Rubisco-Untereinheiten von Tlilaspi

Tabelle 2 Klassifizierung von Tlilaspi s. 1. nach SCHULZ. CHLAPHAM und MEYER auf der Basis der untersuchten Arten. Aufgenommen sind auch die bearbeiteten Taxa aus MUMMENHOFF & ZLWK (1991). Zur Nomenklatur der Arten s. Tab. I . Taxa, die nicht bei den jeweiligen Autoren erscheinen. wurden von diesen nicht berucksichtigt oder bearbeitet Das siidamerikanische T. mugellanicum wurde in keiner dieser Klassifikationen beriicksichtigt.

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SCHULZ (1936) CLAPHAM ( 1964) MEYER (1973. 1979)

T. sect. Nomisma DC. - TT urcense

T. sect. Carpoceras DC. - T. crrurocurpiim

T. sect. Chaunorhlaspi 0. SCHULZ - T. alliczceiini

T. sect. Nomisma DC - T. arcense

ThIuspi L. (Thlaspi s. str.) T. sect. Thlaspi

- T. arcense T. sect. Carpoceras DC

- T. ceratocarpum T. sect. Chaunothlaspi 0. SCHU I.Z

7. alliaceum

T. sect. Aprerygium LEDEB - T. hellidifoliiim

- T. i~rpueifbliiini

T. sect. Prerorropis DC. subsp. ro~iindIfoliiim

- T. S I r l o S i i t > t

- T. montaniint (Europa) - T. niontuniim var. fericlleri (USA)

T. sect. Apterygium LEDEB. - T. hellidifoliiim - T. leresclieimrim - 7. neoadense - T. ceparifoliiim

subsp. ro~undifbliiini

7. sect. Thlaspi - T. srvloslil?l

- T. tnontunum (Europd)

- T. nionraniini var. inonranrim (USA) - T. czerulescens - T. caeriilescens - T. hracli~perulion - T. bractiypetalum

- T. ulpesrrr

- T. prueco.\-

- T. hidhosum

- T. macranrliuni - T. brecistj~lrirn - T. ulpesrre - T. goesirigense - T. jmkae - T. pruecox

- T. bulbosum - T. alliaceum

- T. perjoliarum

Noccaea MOENCH iV. sect. Noccaea - T. hellidijdiunt - T. lereschetiniini - T. necadense - T. cepaeifoliiini

subsp. rotundij'oliiim

- T. sryloslil?l

N. sect. Prerorropis (DC.) F. K . MEYER - T. montanuni (Europa)

- T. caerulescens - T. brucli~peruliint - T. detisifloriini - T. macrunrhuni - T. hrerisr~liint - T. ulprsrre - T. goesingetisr - T. jankue - T. praec0.y

Rapparia F. K . MEYER - T. bulbosum

Microrhlaspi F. K . MEYER - T. perfoliaruni

subsp. perfoliatum - T. perfoliatunt

subsp. tineoi

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376 Feddes Repert., Berlin 104 (1!393) 5-6

( + ) T. alpestre 1 I I T. brevistylum 4 I I T. bulbosrirn 5 I I

( + ) T. cepaeifolium 19 I I T. lereschearum 20 I I

(+) T. montanum 24 I I T. nevadense 21 I I

(*) T. stylosum I I ,

cfensij7orutn zuzuordnen ist.) Diese Einteilung korreliert mit keiner der bislang vorgelegten Klassifizirrungen in Sektionen (Tabelle I ) . Gute Ubereinstimmungen zwischen den Ru- bisco-IEF-Daten und morphologisch-anatomi- schen Arbeiten zeigen sich bei zwei Arten- gruppen. So konnen T. praecox, T. goesingense und T. jarikae von uns als Verwandtschaftskreis

' C

angesprochen werden (Rubisco-Muster A). Dies stimmt rnit den Einteilungen von CLA- PHAM (1964) und MEYER (1973) uberein, die diese Arten in eine T. praecos-Gruppe bzw. eine Serie Praecoces stellen. Zu der zweiteri Arten- gruppe (Rubisco-Muster B) gehoren die Taxa T. brachypetaluni, T. caerulescens subsp. caeru- lescens und T. caerulescms subsp. caliiminare.

Tabelle 3 Schematikche Darstellung der IEF-Bandenmuster der groDen (GU) und kleinen ( K U ) Untereinheiten der Rubisco in den untersuchten Thluspi-Sippen. Die Probennummern und die Nornenklatur folgen Tabelle 1 bzw. MUMMENHOFF & ZUNK (1991) fur die bereits bearbeiteten Taxa. Die Nomenklatur der Gattungen folgt M E Y E R (1973, 1979) rnit Ausnahme von Riiparia ( T . brilbosum). we!ches hier innerhalb von Noccuea eingcgliedert wurde.

Gattung Taxon GU-Hauptbanden KU-Banden __--

Proben- I I 1 111 IV V 1 2 3 4 5 Nr. - - I l I l I + - l I I I I +

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M. KOCH u: a., lsoelektrische Fokussierung der Rubisco-Untereinheiten von Thlaspi 377

lHLASPI s. str.

T. arvense T. cerarocarpum

T. alliaceum

/ MICROTHLASPI /

/ A

T. perfoliatum ssp. perfoiafum

T. perialiahm ssp. tineoi

>

NOCCAEA T. bellidifolium

T. alpestre T. brevistylum T. bulbosum T. cepaeifoliurn

T. lerescheanum T. nevadense T. montanum T styrosum

subsp. rulundifolium

\ \ B

T. T. caeru brachrtalum scens subsp. caerulescens subsp. calaminare

T. densiflcmm T. macranthum T. magellanicum (S.-Amerika T. montanum var. hM/eri (A T. montanum var. montanum (3sn)

Abb. I Gruppierung der untersuchten Thlaspi s. I . Taxa auf der Basis von Unterschieden im Rubisco-IEF- Bandenmuster unter Verwendung der Distanzdnalyse nach FITCH & MARGOLIASH ( 1967). Die A s t l i n p reprisentieren die Unterschiede im IEF-Bandenmuster der Taxa. Die GroDbuchstaben A - E kennzcichncn Arrengruppen innerhalb der Gattung Noc,caea. die jeweils durch ein gemeinsames Rubisco-Bandenmuster zusammenge~dflr werden (vgl. Tab. 3). Die Klassilizierung der Arten in die Gattungen Thluspi s. str.. Micwfhlaspi und Noccaea nach MEYER (1973, 1979) ist durch die Kasten dargestellt. mit Ausnahme \on T. btr/hosurn (Catlung Rupariu sensu MEYER). Die Nomenklatur der Arten folgt Tab. I bzw. MUMMEMIOFF & ZUSK (1991 ) fur die bereits untersuchten Taxa

Bei CLAPHAM (1964) sind die Vertreter der T. alpesrre-Gruppe, bei MEYER (1973) der Serie A lpes tres .

Die durch ein Rubisco-IEF-Muster zu- sammengefaoten Sippen lassen sich auch in geographischer Hinsicht mit einem zusam- menhangenden Verbreitungsareal korrelieren. Uberschneiden sich diese Areale, so unter- scheiden sich hier die beteiligten Gruppen hdufig in der Hohenzonierung, die allerdings in der Arealkarte (Abb. 2 ) nicht beriicksichtigt werden konnte.

Ein vornehmlich alpines Areal nimmt die Gruppe C (GU 4, KU 4) ein, rnit Ausstrahlun- gen in die Sierra Nevada und Sierra Guadar- rama ( T . nevadense), entlang des Apennin f T. stylosum) und in die Bergregionen Sardiniens und Korsikas ( T . brevistyhm). Lediglich das entlang der Jura- und Muschelkalkgebiete weit verbreitete T. montanum und Thlaspi bulbosum aus Griechenland weiten das Areal aus. Die Gruppe E (GU 5, KU 4 ) mit dem einzigen Verteter T. bellidifohm besitzt ein kleines Areal in den zentralen Gebirgen der

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318 Feddes Repert., Berlin 104 (1993) 5 - 6

Gruppe A: T. goesingense, T. jankae, T. praewx Ezzl Gruppe B: T. brachypetalum, T. caerulescens subsp. caerulescens,

T. caerulescens subsp. calaminare

Gruppe C: T. alpestre, T. brevistylum, T. bulbosum, T. cepaeifolium subsp. rotunditblium, T. lerescheanurn, T. nevadense, T. montanum, T. stylosum

Gruppe D: T. densifhmm, T. macranthum, T. magellanicum, T. montanum var. &ndleri, T. montanum var. montanum .......... .......... .......... * * * * * - . * * * GruppeE: T. bellidifolium ..........

Abb. 2 Hauptverbrei tungsareale der durch gemeinsame Rubisco-IE F-Bandenmuster gekennzeichneten Artengruppen A-E in der Gattung Noccuea. Das Verbreitungsgebiet der nativ amerikanischen Vertreter der Gruppe D ist nicht in dieser Abbildung dargestellt. Nahere Erlauterungen vgl. Text.

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Balkaninsel. Eine mitteleuropaisch weit ver- breitete Sippe ist die Gruppe B (GU 4, KU 1 und 4). Neben dem in Mitteleuropa als Glazialrelikt anzusehenden T. caerulescens subsp. calaminore (ERNST 1974), und dem T. cuerirlescens subsp. caerulescens, welches syn- anthrop irn letzten Jahrhundert nach Skandina- vien gelangt ist (HYLANDER 1943; MEUSEL et al. 1965). wird in den Alpen das Areal um die alpin-montanen Sippen um T. brachypetalum erweiter!. Die Gruppe A (GU 3, KU 4) leitet uber zu den ostlichen Arealen. Das groDe Verbreitungsgebiet von T . praecox mit Schwer- punkt entlang der Dinariden schlieDt das von T. goesingense rnit ein. T. jankae bildet den nordlichen AbschluB mit seinem Vorkommen in den slowakisch-nordungarischen Gebirgen. Die ostlichsten eurasischen Vertreter. die in dieser Arbeit untersucht wurden, stellen die Arten der Gruppe D dar. T . macranthum als kaukasisches Element im Norden des Schwar- Zen Meeres und T. densflorum zwischen den pontischen Randgebirgen Anatoliens und den Taurusketten sudlich des Schwarzen Meeres.

Die geschilderten Arealzusammenhange le- gen den SchluD nahe, daD die Artengruppen in Noccaea. die durch unsere Rubisco-IEF-Ana- lysen charakterisierbar sind, moglicherweise als Abstammungsgruppen zu verstehen sind. Da- rnit stellen sie eine Alternative zu den bishe- rigen, oft kontroversen Ansatzen zur Bildung von Sektionen in Noccaea bzw. Thlaspi s. I. dar.

Eine besondere Rolle in der vorliegenden Untersuchung spielen die amerikanischen Taxa, die zurn ersten Ma1 in eine vergleichende Analyse einbezogen wurden. Auf dem amerika- nischen Kontinent sind heute sechs Arten anerkannt (AL-SHEHBAZ 1986). Von diesen wurden in der vorliegenden Arbeit zwei Sippen aus dern Verwandtschaftskreis von T. monta- num untersucht ( T . montanum var. fendleri (GRAY) HOLMGREN comb. nov. = T. fendleri GRAY; 'T: montanum L. var. montanum) sowie 17: rnugellanicurn. Diese Taxa sind nach den Rubisco-IEF-Bandenmustern eindeutig der MEvERschen Gattung Noccaea zuzuordnen. Die amerikanischen Taxa sind durch dieselben Bandenmuster gekennzeichnet wie die beiden westasiatischen Arten T . densiflorum und T. macrunthum (Rubisco-Muster D). Uberra- schenderweise zeigten aber die amerikanischen

und europaischen T. montanum-Sippen unter- schiedliche Rubisco-IEF-Muster. Somit er- scheint die Angliederung der beiden amerikani- schen T. montunum Sippen an das europiiische T. montnnum, wie HOLMGREN ( 1 97 1) forderte. als fraglich. Moglicherweise sind die ameri kani- schen Taxa iiber das asiatische T. cochleari- forme naher mit den hier untersuchten west- asiatischen Arten T. mucrunrhum und T. densij7orum verwandt. BUSH (1936) geht offen- bar von einer Verwandtschaft von T. macran- thum zu asiatischen Sippen wie T. fergunensr und dem T . cochleariforme aus. PAYSON ( 1926) weist bereits darauf hin, daB T. cochleariformr nicht von T. glaucum A. NELS. ( = T. montuniim var. montanum) in Nordarnerika zu unter- scheiden ist.

Allgemein ist eine enge Beziehung zwischen den Floren Zentralasiens und dem westlichen Nordamerika festzustellen (PARKS & WENDEL 1990 und Literaturangaben darin). Dies gilt auch fur Vertreter der Brassicaceae ( ROLLINS 1982). Das Hauptverbreitungsgebiet und Ent- wicklungszentrum der Gattung T h h p i s. I . liegt im rnediterran-vorderasiatischen Raum (PAYSON 1926; MEYER 1979). Hicrfur spricht auch, daB die nachsten verwandten Gattungen wie Aethionema R. BR., Teesdulia R. BR. und Hirtchinsia R. BR. in diesern Raum verbreitet sind. Man kann spekulieren, daI3 Sippen aus dem Verwandtschaftskreis von T. macranthrmi. T. densiflorum und T. cochleariforme uber die Beringbriicke, die wlhrend des ausgehenden Tertiars (PARRISH 1987) sowie im Pleistozan mehrfach existierte, von Ostasien nach Nord- amerika einwanderten (PAYSON 1926). Diese Immigrationsroute wird auch von ROLLINS (1982) fur andere Brassicaceen-Gattungen an- gegeben. Die weitere Ausbreitung in Amerika erfolgte wahrscheinlich von Norden dem Zug der Rocky Mountains folgend bis nach Mexiko. Das Fehlen der Gattung Thlaspi s. I. im nordostlichen Nordamerika stutzt diese Ein- wanderungsroute. T. magellanicum drang of- fenbar entlang der Anden bis in die Siidspitze des sudamerikanischen Kontinents vor (MEYER 1979). Auf der Basis der untersuchten Taxa lie0 sich keine molekulare Divergenz zwischen den amerikanischen Taxa einerseits sowie einzelnen westasiatischen Thlaspi s. 1. Sippen andererseits nachweisen. Somit konnte die Besiedlung des amerikanischen Kontinents iiber die Bering-

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brucke erst in jungerer Vergangenheit erfolgt sein, moglicherweise im Zusammenhang mit den pleistoza nen Vergletscherungen, in deren Ver- lauf die letzten Brucken zwischen den Kon- tinenten Asien und Amerika bestanden (SED- LAG & WEINERT 1987). Die Analyse zusatzlicher amerikanischer und asiatischer Arten, v o r allem T. cochlmrijorme, welches fur die vorliegende Arbeit leider nicht zur Verfugung stand, kann moglicherweise weitere Hinweise fur die Be- siedlungsgeschichte der Gattung Thlospi s. 1. in Amerika liefern

D a n k sa LT t in e

Fur die Bereitstellung von Saatgut vom Natur- standort danken wir den aufgefiihrten botanischen Gir ten sowie Prof. Dr. B. Weber. Boulder, USA, und Prof. Dr. C. Gomez-Campo, Madrid, Spanien. Frau U. Coja danken wir fur zuverlassige technische Unterstutmng. Frau U. Plantholt und Frau L. Zunk mochten wir fur die kritische Durchsicht des Manuskriptes dankm.

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Anschrift der Autoren: M. KOCH; K. MUMMESHOFF; K. ZUNK: UniLersit3t Osnabruck. Fachbereich Biologie. BarbarastraOe I I 4-49076 Osnabruck. Bundesrepublik Deutschland.

Manuskript singegangen am 13. November lY92