Isolierung und Charakterisierung eines Dihydroflavonols bei dem Laubmoos Georgia pellucida (L.) Rabh

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Institut flir Allgemeine Botanik der Universitat Mainz Isolierung und Charakterisierung eines Dihydroflavonols bei dem Laubmoos Georgia pellucida (1.) RABH. Isolation and Characterization of a Dihydroflavonol from the Moss Georgia pellucida (1.) RABH. O. V ANDEKERKHOVE Eingegangen am 25. November 1976 . Angenommen am 3. Dezember 1976 Summary By means of paper chromatography a dihydroflavonol was isolated from the methanolic extract of the moss Georgia pellucida and partially characterized. It has the chromato- graphic and spectral characteristics of a 5-deoxydihydroflavonol glycoside with B-ring ortho- dihydroxyl group. Key words: jlavonoids in mosses, dihydrojlavonol, Georgia pellucida. Einleitung Unsere Kenntnis tiber Flavonoide bei Moosen hat sich in den letzten Jahren sehr erweitert. Wah rend Leucoanthocyane den Moosen zu fehlen scheinen (BATE-SMITH, 1954; BENDZ et al; 1966; siehe dagegen SCHIER, 1974), sind Anthocyane offensicht- lich weit verbreitet und zwar sowohl bei Lebermoosen wie bei Laubmoosen (HERZ- FELDER, 1921; BENDZ and MARTENS SON, 1961, 1963; BENDZ et aI., 1962; NILSSON, 1973; SCHIER, 1974). AIle bisher identifizierten Verbindungen gehoren dem 3-desoxy- Typ an. Bei Lebermoosen liegt bisher nur ein Hinweis auf Flavonole vor (REZNIK und WIERMANN, 1966). Daneben gibt es nur Befunde tiber Flavone yom Apigenin- und Luteolin-Typ (MARKHAM, 1971; MARKHAS and PORTER, 1969, 1973, 1974 a, 1974 h; MARKHAM et aI., 1972, 1975, 1976; NILSSON, 1969, 1972). Laubmoose enthalten nehen 0- und C-glycosidisch gehundenen Flavonen (MEL- CHERT and ALSTON, 1965; MCCLURE and MILLER, 1967; BENDZ and SANTESSON, 1973; NILSSON, 1973; NILSSON et aI., 1973) moglicherweise auch Flavonole (MEL- CHERT and ALSTON, 1965). Die vorliegende Untersuchung ist der erste Bericht tiber das Vorkommen eines Dihydroflavonols bei Moosen. Z. Pjlanzenphysiol. Bd. 82. S. 455-457. 1977.

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Institut flir Allgemeine Botanik der Universitat Mainz

Isolierung und Charakterisierung eines Dihydroflavonols bei dem Laubmoos Georgia pellucida (1.) RABH.

Isolation and Characterization of a Dihydroflavonol from the Moss Georgia pellucida (1.) RABH.

O. V ANDEKERKHOVE

Eingegangen am 25. November 1976 . Angenommen am 3. Dezember 1976

Summary

By means of paper chromatography a dihydroflavonol was isolated from the methanolic extract of the moss Georgia pellucida and partially characterized. It has the chromato­graphic and spectral characteristics of a 5-deoxydihydroflavonol glycoside with B-ring ortho­dihydroxyl group.

Key words: jlavonoids in mosses, dihydrojlavonol, Georgia pellucida.

Einleitung

Unsere Kenntnis tiber Flavonoide bei Moosen hat sich in den letzten Jahren sehr erweitert. Wah rend Leucoanthocyane den Moosen zu fehlen scheinen (BATE-SMITH, 1954; BENDZ et al; 1966; siehe dagegen SCHIER, 1974), sind Anthocyane offensicht­lich weit verbreitet und zwar sowohl bei Lebermoosen wie bei Laubmoosen (HERZ­FELDER, 1921; BENDZ and MARTENS SON, 1961, 1963; BENDZ et aI., 1962; NILSSON, 1973; SCHIER, 1974). AIle bisher identifizierten Verbindungen gehoren dem 3-desoxy­Typ an.

Bei Lebermoosen liegt bisher nur ein Hinweis auf Flavonole vor (REZNIK und WIERMANN, 1966). Daneben gibt es nur Befunde tiber Flavone yom Apigenin- und Luteolin-Typ (MARKHAM, 1971; MARKHAS and PORTER, 1969, 1973, 1974 a, 1974 h; MARKHAM et aI., 1972, 1975, 1976; NILSSON, 1969, 1972).

Laubmoose enthalten nehen 0- und C-glycosidisch gehundenen Flavonen (MEL­CHERT and ALSTON, 1965; MCCLURE and MILLER, 1967; BENDZ and SANTESSON, 1973; NILSSON, 1973; NILSSON et aI., 1973) moglicherweise auch Flavonole (MEL­CHERT and ALSTON, 1965). Die vorliegende Untersuchung ist der erste Bericht tiber das Vorkommen eines Dihydroflavonols bei Moosen.

Z. Pjlanzenphysiol. Bd. 82. S. 455-457. 1977.

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Material und Methoden

Das untersuchte Material von Georgia wurde im April 1976 im Spessart gesammelt. Da nur gametophytisches Material verwendet werden sollte, muihen die Sporogone ent­

fernt werden. Die schlieBlich gewonnene Menge an Georgia-Gametophyten wog nach Lufttrocknung 4,5 g.

Die Extraktion des lufttrockenen Materials erfolgte mit 100 ml 300f0igem waBrigem Methanol nach Zerreiben im Morser mit Seesand. Nach 12 Stunden wurde abfiltriert und am Rotationsverdampfer im Vakuum bei etwa 40 °C zur Trockne eingeengt. Der Riick­stand wurde mit 5 ml Methanol aufgenommen, filtriert und die Losung sofort bandfOrmig auf Chromatographierpapier von 15 cm Breite aufgetragen (Schleicher & Schiill Nr. 2316).

Die Chromatographie erfolgte absteigend zunachst mit 150f0iger Essigsaure als Lauf­mittel. Hierbei erschien eine blaBgelbe Bande, die mit Methanol eluiert und erneut in der gleichen Weise chromatographiert wurde, nunmehr mit t-Butanol-Essigsaure-Wasser 3 : 1 : 1 (TBA). Mit diesem Laufmittel konnten noch Verunreinigungen abgetrennt werden.

Ergebnisse

Die Messung der Rf-Werte ergab fUr 150J0ige Essigsaure 0,70, fUr TBA 0,28. Ein­zelne jeweils 1 cm breite Streifen der Chromatogram me wurden abgeschnitten und im langwelligen UV-Licht betrachtet sowie mit verschiedenen Reagentien behan­delt. Raucherung mit Ammoniak lieferte eine Farbvertiefung im Tageslicht, eine schmutzigge!be Farbe im UV-Licht bei 350 nm.

Das BesprUhen mit Naturstoffreagens A (Roth, Karlsruhe), 10J0ig in Methanol, gab eine Gelbfarbung im Tageslicht wie im UV-Licht.

AnschlieBend wurde noch mit Benedicts Reagens auf vicinale OH-Gruppen ge­prUft (GAGE et a1., 1951). Dieser Test fie! positv aus.

Wegen der gelben Fluoreszenz des unbehandelten Stoffes im langwelligen UV-Licht und nach dem Verhalten gegen NHa kamen nur Flavonole mit Freier OH-Gruppe am C-Atom 3 oder 5-Deoxydihydroflavonole in Frage.

Zur Klarung wurde die UV-Spektralphotometrie verwendet und zwar in Metha­nol sowie mit den Ublichen ionisierenden Reagentien (MABRY et a1., 1970).

Nach Elution der Chromatogramme mit Methanol fur die Spektroskopie (Firma Merck) verblieben 6 ml Losung ausreichender Konzentration. Die Messungen er­folgten mit einem Spektralphotometer Zeiss M 4 Q III.

Methanol: Amax. 272, 312; Natriummethylat: Amax. 279, 350; AlC1a: Amax. 281, 312 sh, 365 sh; AlCla/HCI: Amax. 272, 312, 360 sh; NaOAc: Amax. 287, 340; NaOAc/HaBOa: Amax. 278, 330.

Diese Daten stimmen sehr gut mit denen von Dihydroflavonolen uberein (Dihy­drofisetin in Methanol: Amax. 277, 310). Das Fehlen einer freien OH-Gruppe am C-Atom 5, das schon aus der Fluroeszenzfarbe im langwelligen UV-Licht gefolgert wurde, ergibt sich auch aus dem AlC13/ HCl-Spektrum. Das Verhalten gegen Na­triumacetat zeigt, daB am C-Atom 7 keine freie OH-Gruppe vorliegt (MABRY et a1., 1970). Es wird daher vermutet, daB diese OH-Gruppe mit Zucker verestert ist. Hierfur sprechen auch die Rf-Werte der Substanz.

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Vorkommen eines Dihydroflavonols bei Georgia 457

Daraus ergibt sich gleichzeitig, daB die von Benedicts Reagens angezeigte or­tho-Dihydroxy1gruppe im B-Ring 1iegen muK Die Stabi1itat gegenliber Natrium­methyl at sowie die Rf-Werte lassen ein 3,7-G1ycosid eines 5-Deoxydihydroflavo­no1s mit ortho-Dihydroxy1gruppe im Ring B vermuten. Die ahn1ichen Absorptions­maxima 1egen eine Verwandtschaft zum Dihydrofisetin nahe. Das zur Verfligung stehende Material reichte nicht dazu aus, durch Hydrolyse des gefundenen Stoffes die zugehorigen Zucker zu ana1ysieren.

Dies muB einer spateren Untersuchung vorbeha1ten b1eiben.

Literatur

BATE-SMITH, E. c., and N. H. LERNER: Biochem. J. 58,126 (1954). BENDZ, G., and o. MARTENSSON: Acta chern. Scand. 15, 1185 (1961). - - Acta chern. Scand. 17, 266 (1963). BENDZ, G., et al.: Acta chern. Scand. 16, 1183 (1962). - Acta chern. Scand. 20, 277 (1966). GAGE, T. G., et al.: Analyt. Chemistry 23,1582 (1951). HERZFELDER, H.: Beih. Botan. Centr. 38, 355 (1921). MABRY, T. J. et al.: The Systematic Identification of Flavonoids (1970). MARKHAM, K. R.: Phytochemistry 11, 2047 (1972). MARKHAM, K. R., and L. J. PORTER: Phytochemistry 8, 2193 (1969).

Phytochemistry 12, 2007 (1973). - - Phytochemistry 13, 1553 (1974 a). - - Phytochemistry 13, 1937 (1974 b). MARKHAM, K. R. et al.: Phytochemistry 11, 2875 (1972). - Phytochemistry 14,1641 (1975). - Phytochemistry 15,147 (1976). MCCLURE, J. W., and H. A. MILLER: Nova Hedwigia XIV, 113 (1967). MELCHERT, T. E., and R. E. ALSTON: Science 150, 1170 (1965). MUEs, R., and H. D. ZINSMEISTER: Phytochemistry 14, 577 (1975). NILSSON, E.: Acta chern. Scand. 23, 2910 (1969). - Phytochemistry 12, 722 (1972). - Studies of anthocyanidins and bryophyte flavonoids. Abstracts of Uppsala Dissertations

from the Faculty of Science 1973, 239 (1973). - Chern. scripta 4,66 (1973). REZNIK, H., und R. WIERMANN: Naturwissenschaften 53, 230 (1966). SCHIER, W.: Nova Hedwigia XXV, 549 (1974).

Dr. O. VANDEKERKHOVE, Institut fur Allgemeine Botanik der Universitat Mainz, Saarstr. 21, D-6500 Mainz.

z. PJlanzenphysiol. Bd. 82. S. 455--457. 1977.