ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– Ausgabe 4 2017 · mit CD20-positivem, diff usem...

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Zeitschrift des Tumorzentrums München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität TZM Komplexe Biosimilars in der Onkologie Was ist von Nachfolgeprodukten monoklonaler Antikörper zu halten? Sebastian Kobold Erblicher Brustkrebs und erbliche gynäkologische Tumoren Update zu Diagnostik und Therapie Nina Ditsch, Alfons Mendl, Mirjam Schönfeld et al. Ist Bewegung ein Krebsmedikament? Michael H. Schoenberg TZM Essentials 2018 am 20. Januar 2018 Einladung zum zehnten Jahreskongress des Tumozentrums München Volkmar Nüssler, geschäftsführender Koordinator www.tumorzentrum-muenchen.de News ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– Ausgabe 4 2017

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Zeitschrift des Tumorzentrums München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität

und der Technischen Universität

TZM

Komplexe Biosimilars in der OnkologieWas ist von Nachfolgeprodukten monoklonaler Antikörper zu halten?Sebastian Kobold

Erblicher Brustkrebs und erbliche gynäkologische TumorenUpdate zu Diagnostik und TherapieNina Ditsch, Alfons Mendl, Mirjam Schönfeld et al.

Ist Bewegung ein Krebsmedikament?Michael H. Schoenberg

TZM Essentials 2018 am 20. Januar 2018Einladung zum zehnten Jahreskongress des Tumozentrums MünchenVolkmar Nüssler, geschäftsführender Koordinator

w w w . t u m o r z e n t r u m - m u e n c h e n . d e

News

ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– €

Ausgabe 4 2017

Truxima® 100 mg/500 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoff : Rituximab. Verschreibungspfl ichtig. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifi zierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Ge-sundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Zusammensetzung: Jede Durchstechfl asche enthält 100 mg/500 mg Rituximab. Jeder Milliliter des Konzentrats enthält 10 mg Rituximab. Rituximab ist ein gentechnisch hergestellter monoklonaler chimärer Antikörper (Maus/Mensch), ein glykosyliertes Immunglobulin. Seine konstanten Bereiche bestehen aus humanem IgG1, die variablen Bereiche aus murinen leichten und schweren Kettensequenzen. Der Antikörper wird in einer Zellkultur aus Säugetierzellen (Ovarialzellen des chinesischen Hamsters) hergestellt und durch Affi nitäts- und Ionenaustauscher-Chromatographie gereinigt, einschließlich spezifi scher Schritte zur Virusinaktivierung und -entfernung. Sonstige Bestandteile: Natriumchlorid, Trinatriumcitrat-Dihydrat, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Bei Erwachsenen: Non-Hodg-kin-Lymphom (NHL): Truxima® ist in Kombination mit einer Chemotherapie für die Erstbehandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom im Stadium III-IV angezeigt. Eine Truxima®-Erhaltungstherapie ist angezeigt zur Behandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom, die auf eine Induktionstherapie angesprochen haben. Truxima® ist als Monotherapie für die Behandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom im Stadium III-IV angezeigt, die gegen eine Chemotherapie resistent sind oder nach einer solchen einen zweiten oder neuerlichen Rückfall haben. Truxima® ist für die Behandlung von Patienten mit CD20-positivem, diff usem großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom in Kombination mit einer CHOP(Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednisolon)-Chemotherapie angezeigt. Chronische lymphatische Leukämie (CLL): Truxima® ist in Kombination mit einer Chemotherapie für die Behandlung von nicht vorbehandelten Patienten und von Patienten mit rezidivierender/refraktärer chronischer lymphatischer Leukämie angezeigt. Für Patienten, die bereits mit monoklonalen Antikörpern einschließlich Truxima® behandelt wurden oder für Patienten, die refraktär auf eine vorherige Behandlung mit Truxima® in Kombination mit Chemotherapie sind, liegen nur begrenzte Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit vor. Rheumatoide Arthritis: Truxima® in Kombination mit Methotrexat ist für die Behandlung erwachsener Patienten mit schwerer, aktiver rheumatoider Arthritis angezeigt, die ungenügend auf andere krankheitsmodifi zierende Antirheumatika (DMARDs) einschließlich einer oder mehrerer Therapien mit Tumornekrosefaktor(TNF)-Hemmern angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es konnte gezeigt werden, dass Truxima® in Kombination mit Methotrexat das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren Gelenkschädigung vermindert und die körperliche Funktionsfähigkeit verbessert. Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopische Polyangiitis: Truxima® in Kombination mit Glucocorticoiden wird angewendet zur Induktion einer Remission bei erwachsenen Patienten mit schwerer, aktiver Granulomatose mit Polyangiitis (Wegenersche Granulomatose) (GPA) und mikroskopischer Polyangiitis (MPA). Gegenanzeigen: Beim Non-Hodgkin-Lymphom und bei der chronischen lymphatischen Leukämie: Überempfi ndlichkeit gegen den Wirkstoff , gegen Maus-Proteine oder einen der sonstigen Be-standteile, aktive, schwere Infektionen, Patienten mit stark geschwächter Immunabwehr. Bei rheumatoider Arthritis, Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopischer Polyangiitis zusätzlich: Schwere Herzinsuffi zienz (New York Heart Association Klasse IV) oder schwere, unkontrollierte Herzerkrankungen. Nebenwirkungen: Bakterielle Infektionen, virale Infektionen, Bronchitis, Sepsis, Pneumonie, febrile Infektion, Herpes zoster, Infektion des Respirationstrakts, Pilzinfektionen, Infektionen unbekannter Genese, akute Bronchitis, Sinusitis, Hepatitis B, schwerwiegende Virusinfektion, Pneumocystis jirovecii, PML, Infektionen der oberen Atemwege, Harnwegsinfektionen, Gastroenteritis, Tinea pedis, Hepatitis-B-Reaktivierung, Nasopharyngitis, Neutropenie, Leukopenie, febrile Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie, Panzytopenie, Granulozytopenie, Gerinnungsstörungen, aplastische Anämie, hämolytische Anämie, Lymphadenopathie, vorübergehender Anstieg der IgM-Serumspiegel, späte Neutropenie, Serumkrankheit-ähnliche Reaktion, infusionsbedingte Reaktionen (Hypertonie, Übelkeit, Hautausschlag, Fieber, Juckreiz, Urtikaria, Rachenreizung, Hitzewallung, Hypotonie, Rhinitis, Rigor, Tachykardie, Müdigkeit, oropharyngeale Schmerzen, periphere Ödeme, Erythem; generalisiertes Ödem, Bronchospasmus, pfeifende Atmung, Kehlkopfödem, angioneurotisches Ödem; Anaphylaxie, anaphylaktoide Reaktion), Angioödem, Überempfi ndlichkeit, Anaphylaxie, Tumorlysesyndrom, Zytokin-Freisetzungs-Syn-drom, Serumkrankheit, infusionsbedingte akute reversible Thrombozytopenie, Hyperglykämie, Gewichtsverlust, peripheres Ödem, Gesichtsödem, erhöhte LDH-Werte, Hypokalzämie, Hypercholesterinämie, Hyperkaliämie, Depression, Nervosität, Insomnie, Parästhesie, Hypästhesie, Erregung, Schlafl osigkeit, Vasodilatation, Schwindel, Angstgefühle, Störung der Geschmacksempfi ndung, periphere Neuropathie, Gesichtsnervenlähmung, kraniale Neuropathie, Verlust anderer Sinne, Migräne, Schwindel, Ischialgie, Zittern, Störung der Tränenbildung, Konjunktivitis, schwerer Sehverlust, Tinnitus, Ohrenschmerzen, Ge-hörverlust, Myokardinfarkt, Arrhythmie, Vorhoffl immern, Tachykardie, Herzerkrankungen, links-ventrikuläres Versagen, supraventrikuläre Tachykardie, ventrikuläre Tachykardie, Angina pectoris, Myokardischämie, Bradykardie, Herzinsuffi zienz, Vorhoffl attern, Hypertonie, orthostatische Hypotonie, Hypotonie, Vaskulitis (vorwiegend kutan), leukozytoklastische Vaskulitis, Bronchospasmus, Atemwegserkrankung, Schmerzen in der Brust, Dyspnoe, vermehrtes Husten, Rhinitis, Asthma, Bronchiolitis obliterans, Lungenerkrankung, Hypoxie, interstitielle Lungenerkrankung, respiratorische Insuffi zienz, Lungeninfi ltrate, Epistaxis, verstopfte Nase, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Abdominalschmerzen, Dysphagie, Stomatitis, Obstipation, Dyspepsie, Anorexie, Rachenreizung, Vergrößerung des Abdomens, Magen-Darm-Perforation, gastroösophagealer Refl ux, Ulzerationen im Mund, Oberbauchschmerzen, Pruritus, Exanthem, Alopezie, Urtikaria, Schwitzen, Nachtschweiß, Hauterkrankungen, schwere bullöse Hautreaktionen, Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndrom), Akne, Myalgie, Arthralgie, Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Schmerzen, Schmerzen der Skelettmuskulatur, Osteoarthritis, Bursitis, Muskelspasmen, Muskelschwäche, Schmerzen in den Gliedmaßen, Nierenversagen, Fieber, Schüttelfrost, Asthenie, Kopfschmerzen, Tumorschmerzen, Hautrötungen, Unwohlsein, Erkältungserscheinungen, Fatigue, Frösteln, Multiorganversagen, Schmerzen an der Infusionsstelle, verminderte IgG-Se-rumspiegel; verringerte IgM-Spiegel, verringertes Hämoglobin. Warnhinweis: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Celltrion Healthcare Hungary Kft., 1051 Budapest, Bajcsy-Zsilinszky út 12., 4. em. 410., Ungarn. Örtlicher Vertreter in Deutschland: Mundipharma GmbH, 65549 Limburg 07-17

EMA bestätigt: Vergleichbar wirksam und sicher zu MabThera®1

Das erste Rituximab-BiosimilarNEU! Von Mundipharma:

1 Bezogen auf die Vergleichbarkeit bzgl. Sicherheit, Wirksamkeit und Pharmakologie zum Original-Rituximab, EPAR Assessment Report: Truxima®, EMA/CHMP/75695/2017, http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/EPAR_-_Public_assessment_report/human/004112/WC500222695.pdf, abgerufen 29.03.2017

2 Lauertaxe Taxe-VK, 15.06.2017

Überzeugende Qualität1

Attraktiver Preis2> <

biosimilars

MUTR 0015 0003 170721 RZ A i A4 3 RZ i dd 1 21 07 17 11 52

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Editorial

Schwerpunkt .....................................................4Komplexe Biosimilars in der OnkologieSebastian KoboldSeit 2006 hat die European Medicines Agency(EMA) 36 Biosimilars zuglassen, mittlerweile auchtherapeutische Antikörper für die Onkologie. Wasist von diesen Nachfolgeprodukten zu halten?

Diagnostik und Therapie ..................................9Erblicher Brustkrebs und erbliche gynäkologische TumorenNina Ditsch, Alfons Meindl, Mirjam Schönfeld, Christine Zeder-Göß, Fabian Trillsch, Sven MahnerAufbauend auf den seit 1994 entdeckten undeindeutig mit der Entstehung von Brust- und Eierstockkrebs in Zusammenhang stehenden Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 ermöglicht der technische Fortschritt durch Next-Generation Sequencing eine immer schnellereIdentifizierung weiterer hochpenetranter und moderat penetranter Risikogene.

Sport und Krebs 2017 ...................................16Ist Bewegung ein Krebsmedikament?Michael H. SchoenbergViele Studien der letzten 20 Jahre bestätigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Sportund der Wirkung auf Tumorentstehung und Pro-gression. Anfang Oktober fand dazu im Klinikumrechts der Isar das von der Deutschen Krebshilfeunterstützte 3. Internationale Symposium „Sportund Krebs“ statt.

TZM intern ......................................................1411. Wintersymposium der Frauenklinik ...............14Cannabis – Potenziale und Risiken.......................15Neuer Direktor der Hämatologie/Onkologie am Klinikum rechts der Isar....................................14TZM Essentials 2018 – das Programm des zehnten Jahreskongresses...............................15

Projektgruppen ...............................................18Alle Projektgruppen auf einen Blick

Impressum .......................................................19

Liebe Leserin, lieber Leser,

Zeit ist genau betrachtet ein äußerst komplexes Phänomen. Ohne an dieserStelle ausführlicher werden zu wollen, sei einfach nur darauf hingewiesen,dass die letzten vier bis sechs Wochen eines jeden Kalenderjahres mit einervorher kaum vorstellbaren Geschwindigkeit zu verlaufen scheinen, die mitobjektiver Zeitmessung so gar nichts zu tun hat. Oder, wie es in einer Redak-tionssitzung der TZM-News kürzlich hieß: „Weihnachten kommt jedes Jahrso völlig überraschend und unerwartet.“

Auch wir sind leider nicht in der Lage, die subjektive Zeitwahrnehmung unserer Leser im Sinne einer Entschleunigung zu verändern. Aber wir bemühen uns natürlich, Ihnen wichtige Inhalte möglichst verständlich zupräsentieren, um Ihre Zeit nicht über Gebühr in Anspruch zu nehmen. Ganz in diesem Sinne erläutert Sebastian Kobold vom Lehrstuhl für klinischePharmakologie, was Biosimilars sind und warum sie in der Onkologie jetztsehr schnell an Bedeutung gewinnen werden.

Nina Ditsch und ihre KollegInnen von der LMU-Frauenklinik widmen sich einem genauso wichtigen, aber aufgrund der rasanten Entwicklungziemlich komplexen Thema: den erblichen Formen von Brustkrebs und gynäkologischen Tumoren. Dass schließlich Bewegung in vielen Fällen genauso gut wirkt wie ein Krebsmedikament, belegt Michael Schoenberg in seinem Beitrag, der inspiriert wurde von der Veranstaltung „Krebs undSport“ Anfang Oktober im Klinikum rechts der Isar.

Uns ist völlig klar, dass, wenn Sie diese Zeilen lesen, möglicherweise geradedie Jahrestagung der US-amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie(ASH) oder auch das Brustkrebssymposium in San Antonio stattfinden, Veranstaltungen, die vielleicht Ihre Aufmerksamkeit binden. Darüber kön-nen wir in dieser Ausgabe zwangsläufig noch nicht berichten. Aber die Essentials dieser beiden Kongresse werden unter anderem Thema sein beiden TZM Essentials, dem 10. Jahreskongress des Tumorzentrums München,am 20. Januar 2018 und zu dem wir Sie schon jetzt herzlich einladen.

Für die kommenden Wochen wünschen wir Ihnen von Herzen möglichstviele Gelegenheiten zur Entschleunigung, darüber hinaus ein gesegnetesWeihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein wunderbares neues Jahr.

Herzlichst Ihre

Thomas Kirchner Volkmar Nüssler

Prof. Dr. Thomas KirchnerProf. Dr. Volkmar Nüssler

Bereits im Jahr 2006 erteilte die European MedicinesAgency (EMA) die Zulassung für ein Biosimilar desWachstumshormons Somatropin. Biosimilars, das sinddefinitionsgemäß Nachfolgeprodukte von biotechnolo-gisch hergestellten Pharmazeutika, deren Patent ausge-laufen ist. Wie die klassischen Generika sind sie zwarNachfolgeprodukte, aber mit ihnen trotzdem nicht zuvergleichen, denn ihre Herstellung ist ungleich komple-xer, da sie in biologischen Systemen stattfindet. Die Be-deutung der Biosimilars ist kaum zu überschätzen: BisAugust 2017 hat die EMA 36 Biosimilars zugelassen, mitt-lerweile auch therapeutische Antikörper für die Onkolo-gie: Truxima® und Rixathon® sind Biosimilars des mono-klonalen Antiköpers Rituximab. Und zu Ontruzant®,einem Trastuzumab-Biosimilar, hat die europäische Zu-lassungsbehörde im September 2017 eine positive Stel-lungnahme abgegeben. Mit seiner Einführung wird imersten Halbjahr 2018 gerechnet.

Integraler Bestandteil der Arzneimittelentwicklung ist diePatentierung beziehungsweise die Anmeldung von Schutz-rechten durch den Erfinder oder seinen Arbeitgeber. Ab demZeitpunkt der Erteilung der Rechte durch die zuständige Pa-tentbehörde besteht für die angemeldete Substanz 20 JahrePatentschutz. Während dieser Zeit ist es anderen Firmenuntersagt, eine identische oder äquivalente Substanz zu kom-merziellen Zwecken herzustellen und in Umlauf zu bringen.

Patentschutz und klinische Entwicklung

Voraussetzung für den Patentschutz ist, dass der Anmeldereine präzise Anleitung zu Zusammensetzung und Herstellungder Wirksubstanz liefern muss. Nach Ablauf der 20 Jahresteht es anderen Unternehmen frei, diese Informationen füreigene Zwecke zu nutzen. In die Zeit des Patentschutzes füreine Substanz fällt auch die Zeit der klinischen Entwicklung.Das ist der Grund, warum zugelassene Arzneimittel in aller

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Rituximab, Trastuzumab & Co.

Regel deutlich weniger als 20 Jahre – meist zwischen 10 und12 Jahre – patentgeschützt auf dem Markt sind. Danach erstist es für andere pharmazeutische Hersteller rechtlich zulässig,Nachahmerpräparate mit gleicher Posologie und Wirksamkeitzu produzieren und auf den Markt zu bringen. Die Wirksub -stanzen dieser Generika sind chemisch identisch mit denendes Originals. Es handelt sich üblicherweise um kleine Mo-leküle, die mit überschaubarem Aufwand chemisch hergestelltwerden können. Die Hauptvoraussetzung für die Zulassungist der Beweis der pharmakokinetischen Bioäquivalenz imMenschen. Daraufhin kann die Zulassung für alle Indikationendes Originalpräparates erteilt werden. Gängige Generikafindet man im Bereich von Antibiotika, Bluthochdruckmittelnoder Lipidsenkern. Diese sind aus der heutigen medizinischenVersorgung in Deutschland nicht mehr wegzudenken undtragen sowohl zur Versorgungssicherheit als auch zur Kos-tenreduktion bei.

Erythropoetin und G-CSF sind schon länger als Biosimilars verfügbar

Wird eine Substanz jedoch nicht chemisch, sondern mithilfeeines biologischen Vorgangs hergestellt, zum Beispiel übereine Proteinbiosynthese in einem Bakterium oder einer Zell-linie, kommt es naturgemäß zu größeren, aber absolut be-trachtet minimalen Schwankungen. Auch zu diesen Biophar-mazeutika gibt es mittlerweile Nachfolgeprodukte; sie werdenals Biosimilars bezeichnet.

In Hämatologie und Onkologie tätige Ärzte haben bereitsseit einigen Jahren mit Biosimilars von Erythropoetin unddem Granulozyten-Kolonie-stimulierenden-Faktor (G-CSF) zutun. Die Einführung von Antikörpern als Biosimilars in derHämato-Onkologie hingegen ist neu. Und sie ist eine echteHerausforderung, denn diese Moleküle sind ungleich kom-plexer aufgebaut als Epo oder G-CSF und ihre Wirksamkeitoder Nicht-Wirksamkeit lässt sich häufig nicht kurzfristigdarstellen.

Priv.-Doz. Dr. med. Sebastian KoboldAbteilung für Klinische Pharmakologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV,Klinikum der Universität München

Komplexe Biosimilarsin der Onkologie

TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

Abbildung 2. Mögliche posttranslationale Modifikationen von Anti-körpern. Adaptiert nach [1].

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)Schwerpunkt

Was zunächst möglicherweise irritierend klingt, ist der Her-stellung im biologischen System geschuldet. Selbst bei iden-tischer Nukleinsäuresequenz im biosynthetisierenden Zell-system kommt es nach der eigentlichen Proteinsynthese –also posttranslational – zu Modifikationen. Bei Antikörpernergeben sich beispielsweise Unterschiede im Glykolisierungs-muster, die unter anderem die antikörperabhängige Zytoto-xizität verändern können (Abb. 2). Dadurch kann es zu einerVerbesserung, aber auch zu einer Verschlechterung der Wirk-samkeit kommen oder aber die Immunogenität und Halb-wertszeit des Antikörpers können sich verändern. Ist die Ab-weichung in diesen Parametern bedeutend, kann ein Präparatgegebenenfalls aus dem Biosimilar-Muster wieder herausfallen,da dann die Bioäquivalenz nicht gewährleistet ist.

Posttranslationale Modifikationen

Die posttranslationalen Modifikationen sind im Übrigen keinspezifisches Kennzeichen von Biosimilars, auch einzelneChargen eines Originalpräparats können sich wegen solcherVeränderungen voneinander unterscheiden; fachsprachlichausgedrückt entstehen mikroheterogene Molekülvarianten.Im Aufbereitungsprozess ist deshalb darauf zu achten, dassnur Antikörper mit möglichst gleichem oder sehr ähnlichemposttranslationalen Modifikationsmuster für das Arzneimittelverwendet werden. Qualität, Sicherheit und Wirksamkeitmüssen so gewährleistet sein.

Abbildung 1: Biosimilars sind keine Generika. Generika sind stetsidentisch mit dem Referenzpräparat (oben); Biosimilars sind nieidentisch, sondern äquivalent zum Referenzpräparat (unten).

Biosimilars unterliegen grundsätzlich wie alle Arzneimittelder Zulassungspflicht. Zuständig sind in Europa als überge-ordnete Behörden die European Medicine Agency (EMA) unddas Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP).Hier müssen pharmazeutische Hersteller vor der ZulassungQualität, Sicherheit und Wirksamkeit belegen. Da es sich beieinem Biosimilar nicht um ein gänzlich neues Arzneimittelhandelt, gelten hier veränderte Regelungen, die sich umÄquivalenzuntersuchungen mit dem Originalpräparat zentrie-ren. Biosimilars können deshalb preiswerter verkauft werdenals neu entwickelte aktive Substanzen, die noch unter Pa-tentschutz stehen. Dieser Preisvorteil von um die 20% kanndafür sorgen, dass der Zugang zu diesen Medikamenten reinbudgetär erleichtert wird. Darüber hinaus werden über kurzoder lang Biosimilar-Hersteller, die dasselbe Originalpräparat„nachbauen“ – ähnlich wie auf dem Generikamarkt –, imWettbewerb zueinander stehen, und deshalb – so die Ein-schätzung der EMA – Zugeständnisse bei der Preisgestaltungmachen.

Biosimilars sind keine Generika

Der „Nachbau“ eines Biopharmazeutikums, erst recht vonkomplexen Molekülen wie monoklonalen Antikörpern, istaufwendig, weil er in eigens entwickelten biologischen Sys-temen stattfinden muss. Ein Biosimilar ist deshalb nie einebloße Kopie seines Referenzpräparats, sondern entsteht immerin einer eigenen Zelllinie. Mit anderen Worten: Biosimilarssind ihrem Referenzprodukt sehr ähnlich und deshalb imWesentlichen auch gleich wirksam; aber sie sind – anders alsherkömmliche Generika – mit dem Referenzprodukt nichtidentisch (Abb. 1).

OO

OO

D

D

G G

GG

K K

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DD D

S M SM

pyroE pyroE

pyroE Pyro-GluD DeamidierungO MethioninoxidationG Glycilierung

M Hoher Mannose-AnteilS SialinisierungK C-terminales Lysin

BiosimilarMonoklonaler AntikörperMolekulargewicht ≥ 150000 Dalton

GenerikumLovastatinMolekulargewicht 405 DaltonH3C

H3C

CH3CH3

O

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O

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H

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

Biosimilar-Entwicklung vollzieht sich in Stufen

Vergleichende Untersuchungen mit dem Original- beziehungs-weise Referenzpräparat sind die Eckpfeiler der Biosimilar-Entwicklung. Sie findet in Stufen statt, die für jedes neueBiosimilar konkret definiert werden müssen (Abb. 3).

Zunächst geht es in In-vitro-Studien um den Vergleich vonphysikochemischen und funktionellen Eigenschaften der bei-den Antikörper, also des Originals und des Biosimilars. BeiAntikörpern interessieren insbesondere die Bindungsfähigkeitund -stärke, die Funktionalität sowie Effektorfunktionen wiedie Komplementaktivierung. Selbst kleine Unterschiede mitklinischer Relevanz sollten sich so identifizieren lassen.

In der nächsten Stufe sind vergleichende nicht-klinische Stu-dien vorgesehen. Es geht um Wirksamkeit und Sicherheit,sprich um Pharmakodynamik und Toxikologie. Sind die physio-logischen Zielstrukturen und die unmittelbaren physiologi-schen Effekte in Zellsystemen gleich? Nur wenn keine ge-eigneten In-vitro-Modelle existieren, kommen auch Tiermo-delle zum Einsatz. Toxikologische In-vivo-Untersuchungensind beispielsweise notwendig, wenn das Biosimilar in einemanderen Zellsystem produziert wird als das Referenzproduktoder wenn neue Hilfsstoffe eingesetzt werden.

Die dritte Stufe bilden vergleichende klinische Studien amMenschen. Es geht allerdings nicht um den Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit – diese Fragen sind in der klini-schen Entwicklung des Referenzprodukts bereits beantwortetworden. Der Umfang dieser Untersuchungen ist sehr vomeinzelnen Biosimilar und von den Ergebnissen der analy-tisch-funktionellen Untersuchungen in Stufe 1 und 2 abhän-gig. Im Bereich der Onkologie sind klinische Studien an

Patienten in mindestens 1 Zielindikation meist verbindlich.Zu erheben sind pharmakokinetische und pharmakodyna -mische Parameter. Konkret geht es um die Wirksamkeit desBiosimilars im Vergleich zur Originalsubstanz. Ziel ist die Evaluation der Nicht-Unterlegenheit. Ein Vergleich zu einerdritten Therapieoption ist nicht gefordert, da diesbezüglicheUntersuchungen bereits während der Entwicklung des Original -präparats durchgeführt wurden.

Extrapolation auf andere Indikationen

Wenn ein Biosimilar sich als äquivalent zur Referenzsubstanzerweist und für mindestens 1 Indikation auch vergleichbareSicherheits- und Wirksamkeitsdaten vorliegen, kann die Zu-lassung des Biosimilars auf weitere Indikationen der Refe-renzsubstanz extrapoliert werden. Mit anderen Worten: Fürdie Zulassung in weiteren Indikationen sind weniger odergegebenenfalls auch keine weiteren klinischen Studien er-forderlich.

Im Einzelfall zu berücksichtigen sind folgende Extrapola-tionskriterien:

Der Wirkmechanismus sollte in der initial geprüften undin der extrapolierten Indikation derselbe sein.Die klinischen Untersuchungen in der initial geprüftenIndikation müssen an einer Studienpopulation durchge-führt worden sein, die dazu geeignet ist, Unterschiede inder klinischen Wirksamkeit zwischen Referenzproduktund Biosimilar zu detektieren.Die Extrapolation ohne weitere klinische Untersuchungist nicht möglich, wenn die therapeutischen Bereiche zuweit auseinander liegen. Beispiel: Daten zur rheumatoidenArthritis können nicht uneingeschränkt für die Zulassungin der Onkologie genutzt werden.

Wie sicher sind Biosimilars?

Wie alle in Verkehr gebrachten Arzneimittel unterliegen auchBiosimilars einem System zur Gewährleistung maximaler Pa-tientensicherheit. Hersteller sind verpflichtet, einen auf ihrProdukt zugeschnittenen Risiko-Management-Plan zusammenmit dem Zulassungsantrag einzureichen. Er enthält eine Auf-listung von seltenen und schwerwiegenden Arzneimittel-Nebenwirkungen, die bereits für das Referenzprodukt bekanntsind, einen Pharmakovigilanz-Plan und Hinweise darauf, mitwelchen Maßnahmen für das Arzneimittel wichtige Sicher-heitssignale erfasst werden können.

Diese von der europäischen Zulassungsbehörde EMA festge-legten Maßnahmen zeigen Wirkung: Seit 2006 hat die EMAmittlerweile 36 Biosimilars zugelassen. Nicht ein einzigesdieser Präparate wurde seither wegen Sicherheits- oder Wirk-samkeitsmängel vom Markt genommen. Dennoch muss die

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Referenzpräparat Biosimilares Präparat

Vergleichende qualitative Studien• Analytisch:

physikochemische Eigenschaften• Funktionell:

biologisch-pharmakolotische Aktivität

Stuf

e 1

Stuf

e 2

Stuf

e 3

Vergleichende nicht klinische Studien• Pharmakodynamik• Toxikologie

Vergleichende klinische Studien• Pharmakokinetik/Pharmakodynamik• Wirksamkeit + Sicherheit + Immunogenität

Abbildung 3: Die Entwicklung eines Biosimilars baut auf verglei-chenden Untersuchungen auf und findet in Stufen statt. Adaptiertnach [2].

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)Schwerpunktbegrenztere Erfahrung mit einem Biosimilar im Vergleich zumOriginalpräparat in der Pharmakovigilanz berücksichtigt wer-den. Nicht auszuschließen ist, dass bestimmte Unterschiedebeispielsweise wegen inkonsistenter Meldungen an die Be-hörden maskiert sein können. Es wird daher erforderlichsein, Register anzulegen, die Sicherheit und Wirksamkeitvon Antikörper-Biosimilars systematisch erfassen.

Biosimilars und Bioidenticals

Unterschiedliche Biosimilars gleicher Referenzprodukte sinduntereinander nicht identisch: Die Rituximab-Biosimilars Tru-xima® und Rixathon® stammen aus unterschiedlichen Zellli-nien und sind deshalb untereinander auch nicht substituierbar.Hierfür wäre die Durchführung eigener Studien notwendig,die es allerdings wohl nie geben wird, da die jeweiligen Bio-similar-Hersteller daran aus naheliegenden Gründen nur wenigInteresse haben werden. Allerdings gibt es zu den beiden ge-nannten Biosimilars weitere zugelassene Präparate, die mitihnen identisch sind. Der Zulassungsinhaber hat die Vertriebs-rechte an verschiedene Firmen weitergegeben, und diese ver-treiben die Präparate unter jeweils eigenem Handelsnamen.Wenn ein und dasselbe Biosimilar unter verschiedenen Han-delsnamen vertrieben wird, dann handelt es sich um Bioiden-ticals, sie sind untereinander substituierbar (Tab. 1).

Die jetzt verfügbaren Rituximab-Biosimilars sind auch vonder Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie(DGHO) als äquivalent beziehungsweise gleichwertig aner-kannt; ihre Anwendung wird im Rahmen der Zulassungenmit demselben Evidenzgrad wie das Original empfohlen.

Und was sage ich meinen Patienten?

Naturgemäß wird es dazu kommen, dass Patienten auf einBiosimilar neu eingestellt werden beziehungsweise vom Ori-ginalpräparat auf ein Biosimilar umgestellt werden. Dadurchwird es seitens des Patienten möglicherweise zu Sorgen übereine geringere Wirksamkeit oder schlechtere Tolerierbarkeitdes „günstigeren“ Biosimilars kommen. Grundsätzlich solltejeder Arzt seine Patienten über seine Therapieempfehlungadäquat informieren und insbesondere im Hinblick auf diePharmakovigilanz über das Auftreten und Melden von Neben-wirkungen aufklären. Sollte darüber hinaus weiterer Infor-mationsbedarf bestehen, stehen zum Beispiel von der EMAauch deutschsprachige Informationsbroschüren zur Verfü-gung.

Für die Praxis bleibt festzuhalten, dass zugelassene Bio-similars auch komplexer Moleküle wie Antikörper nichtweniger wirksam und auch nicht toxischer sind als diejeweiligen Originalpräparate. Ihr Einsatz ist sicher undeffektiv.

Tabelle 1: Biosimilars und Bioidenticals von MabThera® (Rituximab).Adaptiert nach [3]

OriginalpräparatPräparat MabThera®INN (Wirkstoffbezeichnung) RituximabZulassungsinhaber RocheWirkstoffhersteller Genentech,

Samsung BioLogicsZelllinie CHO-Zellen

BiosimilarsPräparate Truxima®

Blitzima®Ritemvia®Rituzena®

INN (Wirkstoffbezeichnung) RituximabZulassungsinhaber CelltrionWirkstoffhersteller CelltrionZelllinie CHO-ZellenReferenzprodukt, INN MabThera, Rituximab

Präparate Rixaton®Riximyo®

INN (Wirkstoffbezeichnung) RituximabZulassungsinhaber SandozWirkstoffhersteller SandozZelllinie CHO-ZellenReferenzprodukt, INN MabThera, Rituximab

Rituximab | MabThera®Roche

Rituximab | Celltrion

• Truxima®• Blitzima®• Ritemvia®• Rituzena®

Biosimilar Biosimilar

Original

Rituximab | Sandoz

• Rixaton®• Riximyo®

Referenzen

[1] Roundtable on biosimilars pharmacovigilance traceability immunogenici-ty. GENERICS AND BIOSIMILARS INITIATIVE JOURNAL. Official Journal of theGenerics and Biosimilars Initiative. Volume 6 / Year 2017 / Issue 1.

[2] European Medicines Agency and European Commission (2017): Biosimi-lars in the EU. Information guide for healthcare professionals.

[3] European Medicines Agency: European public assessment reports on bio-similars. www.ema.europa.eu. Zugriff am 24.11.2017

Bei den Präparaten von Celltrion (grün) beziehungsweise Sandoz(hellrot) handelt es sich um ein Biosimilar mit vier beziehungsweisezwei Markennamen, die aus ein und derselben Produktionsstättestammen und daher untereinander identisch und damit auch unter-einander substituierbar sind.

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)Diagnostik und Therapie

Für die Entstehung von Brust-beziehungsweise Eierstock-krebs werden multiple mole-

kulare Ereignisse genetischer undepigenetischer Art verantwortlich ge-macht. Aufbauend auf den seit 1994beziehungsweise 1995 entdecktenund eindeutig mit der Entstehungvon Brust- und Eierstockkrebs in Zu-sammenhang stehenden Mutationenin den Genen BRCA1 und BRCA2 [8,9] ermöglicht der technische Fort-schritt auf dem Gebiet der Genanalysedurch Next-Generation Sequencing(NGS) in jüngster Zeit eine immerschnellere Identifizierung weitererhochpenetranter und moderat pene-tranter Risikogene in translationalenForschungsprojekten.

Hochpenetrante und moderatpenetrante RisikogeneIn etwa 20%–25% der Familien mit ge-häuftem Auftreten von Brust- und Eier-stockkrebs werden Mutationen inBRCA1/2 gefunden. Bei 9% dieser Fami-lien ergeben sich zusätzliche Mutationenin sogenannten Core-Genen. Das sind

Gene, die nachweislich oder mit hoherWahrscheinlichkeit zum Auftreten vonerblichem Brust- oder Eierstockkrebs bei-tragen. Derartige Befunde werden mitMultigenanalysen erhoben [2, 6]. Dankder erwähnten NGS-Methoden lassen sichheute schon in der Routine 11 Core-Geneund 84 weitere hochpenetrante bezie-hungsweise moderat penetrante Risiko-gene auf Mutationen untersuchen. EineÜbersicht zu den wichtigsten Genen undden assoziierten klinischen Befunden lie-fert Tabelle 1 (siehe Seite 10).

In der Validierungsphase für das Mamma-und das Ovarialkarzinom befinden sichgegenwärtig auch die sogenannten erb -lichen Darmkrebsgene MLH1, MSH2, MSH6und PMS2. Für Patientinnen mit Mutatio -nen in diesen Genen wurde in der Vergan -genheit das Lynch-Syndrom beobachtet,auch hereditäres nicht-polypöses Kolon-karzinom (HNPCC) genannt, welches pri-mär mit einer signifikanten Risikoerhö-hung für das Kolonkarzinom einhergeht,jedoch auch mit weiteren Karzinomen(vor allem Endometriumkarzinom) signi-fikant assoziiert ist.

Endometriumkarzinome mitMikrosatelliten-InstabilitätBei Erstdiagnose sind circa 25% der pri-mären Endometriumkarzinome aufgrundvon Mutationen in den Genen MLH1,MSH2, MSH6 und PMS2 durch eine soge-nannte Mikrosatelliten-Instabilität (MSI)charakterisiert. Sie ist in erster Linie be-kannt im Zusammenhang mit erblichenFormen des kolorektalen Karzinoms(HNPCC). Verantwortlich für MSI sind feh-lerhafte DNA-Replikationen und damitfehlerhafte Zellteilungen im Tumorgewebeinfolge von Mutationen in den genanntenDNA-Mismatch-Reparaturgenen (MMR).

Bei entsprechend auffälliger Immunhis-tochemie wird molekulargenetisch anEDTA-Blut untersucht, inwieweit bezüglichder MMR-Gene MLH1, MSH2, MSH6 undPMS2 eine Keimbahnmutation vorliegt.Ein entsprechender Nachweis sichert dieDiagnose HNPCC respektive Lynch-Syn-drom und weist gleichzeitig hin auf einerhöhtes Risiko für ein Endometrium-,Ovarial- und Mammakarzinom. Betroffe-nen Patienten ist gemäß den Leitlinienein gezieltes Früherkennungs- beziehungs-weise Nachsorgeprogramm anzubieten [4].

Erblicher Brustkrebs und erbliche gynäkologische Tumoren

Priv.-Doz. Dr. med. Nina Ditsch, Prof. Dr. med. Alfons Meindl, Dr. med. Mirjam Schönfeld, Dr. med. Christine Zeder-Göß, Priv.-Doz. Dr. med. Fabian Trillsch,Prof. Dr. med. Sven Mahner

Zentrum für erblichen Brustkrebs und gynäkologische Erkrankungen an der LMU-Frauenklinik

Update zu Diagnostik und Therapie

9

Angesichts neuer klinischer Studiendatenwird diese Charakterisierung zukünftigzunehmend eine therapeutische Konse-quenz haben. Bei rezidivierter Erkrankungkönnte beispielsweise eine Therapie mitdem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab indi-ziert sein. In der LMU-Frauenklinik ge-hören Erhebung und Dokumentation desMSI-Status bei der Erstdiagnose Endome-triumkarzinom im Rahmen der allgemei-nen pathologischen Diagnostik schonjetzt zur Routine. Im Falle eines positivenBefundes wird dann neben eventuellenzusätzlichen Therapiemöglichkeiten auchfür diese Patientinnen eine ergänzendegenetische Beratung und weiterführendeDiagnostik angeboten.

Risikoprofile abhängig von derindividuellen SituationDer Nachweis einer BRCA1-Mutation ineiner Familie mit mehreren Erkranktengeht mit einem Lebenszeitrisiko von biszu 80% für ein Mamma- und bis zu 55%für ein Ovarialkarzinom einher. Für BRCA2liegen die entsprechenden Lebenszeitri-siken mit 60%–70% und circa 20% etwasniedriger. Das mittlere Erkrankungsaltervon Patientinnen mit einer BRCA1-Mu-tation liegt mit 45 bis 50 Jahren um eineLebensdekade niedriger als bei vorliegen-der BRCA2-Mutation. Beiden Formen istein erhöhtes kontralaterales Mammakar-zinom-Risiko gegenüber sporadischen For-men gemein [1].

Es gibt, wie bereits erwähnt, weiterehochpenetrante Gene für Brustkrebs, diejedoch nur sehr selten verändert sind undsich meistens im Zusammenhang mit be-stimmten Syndromen manifestieren (Tab.1). Eine konkrete Einschätzung der kli-nischen Konsequenzen und Auswirkungenauf andere Familienmitglieder erfolgt imausführlichen Gespräch in der Geneti-schen Sprechstunde.

10

TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

Gen

Hoch penetrant

TP53

CDH1

PTEN

STK11

MLH1,MSH2,MSH6, PMS2

Moderat penetrant

RAD 51 C

RAD 51 D

PALB 2

CHEK 2

ATM

NBN

BRIP1

Häufigkeit*

<<1%

<<1%

<<1%

<<1%

>1%

>1,5%

1%

0,5%–3% (~1)%

2%–4%

<1%

<1%

<1%

Genfunktion

Zellzykluskontrolle, Apoptose

Zelladhäsion

Zellzykluskontrolle, Apoptose

Tumorsuppression

DNA-Mismatch-Reparatur

DNA-Doppelstrang-ReparaturInteraktion mit BRCA1/BRCA2/PALB2

DNA-Doppelstrang-Reparatur,Interaktion mit BRCA1/BRCA2/PALB2

Partner and Localizer ofBRCA2: DNA-Doppelstrang-Reparatur

Checkpoint-Kinase 2: Zellzykluskontrolle, Apoptose

Ataxia-teleangiectasia-mutiertes Gen: Zellzykluskontrolle, DNA-Doppelstrang-Reparatur

Nijmegen-Breakage-Syndrom-Gen: Teil des MRE11/RAD50/NBN(MRN)-Komplexes; DNA-Doppel strang-Reparatur,Telomer stabilität, Zellzyklus-kontrolle

BRCA1 Interacting Protein C-terminal Helicase 1:DNA-Doppelstrang-Reparatur

Klinische Charakteristika und Lebenszeitrisiken

Li-Fraumeni-Syndrom:Typischerweise vor dem 30. LebensjahrHR+/HER2+-Mammakarzinome mit Lebenszeitrisiko >70%, verschiedene Tumorentitäten wie Sarkome, Tumoren des Gehirns, Leukämie.

Hereditärer Magen- und lobulärer Brustkrebs (HDGC): Magenkarzinome (G3)50%–80%, lobuläre Mammakarzinome30%–50%.

Cowden-Syndrom: Mukokutane und ZNS-Manifestationen, allgemeines kumulativesTumorrisiko bis zu 85%, Mammakarzinome80%, Endometriumkarzinome 20%–30%,Schilddrüsenkarzinome 30%–40%.

Peutz-Jeghers-Syndrom (PJS): Gastro -intestinale Polypose, Pigmentflecken derGesichtshaut und der Schleimhäute; Mammakarzinome 30%–50%, Ovarial -karzinome 20%, GIT-Karzinome >60%.

Hereditäres nicht-polypöses kolorektalesKarzinom (HNPCC, Lynch-Syndrom):Kolorektale Karzinome 80%, Endometrium-karzinome 20%–60%, Ovarialkarzinome10%, weitere Karzinome.

Ovarialkarzinomrisiko möglicherweise20%–40%, daher Empfehlung zur prophy -laktischen Adnexektomie; Mammakarzi-nomrisiko unklar**; homozygot: Fanconi-Anämie.

Ovarialkarzinomrisiko unklar, möglicher-weise 10%, prophylaktische Adnexektomiebei weiteren Ovarialkarzinomen in der Familie möglich; Mammakarzinomrisikounklar**, erhöht bei synchroner RAD51D-und BRCA2-Mutation.

Mammakarzinomrisiko 3- bis 5-fach er-höht**; vermehrt Tripelnegativ-Karzinome;leicht erhöhtes Risiko für Ovarialkarzinomeund GIT-Karzinome; 2% der familiären Pankreaskarzinome; homozygot: Fanconi-Anämie.

Mammakarzinomrisiko 2- bis 5-fach erhöht**, bis zu 10-fach erhöht bei Männern; leicht erhöhtes Risiko für GIT-Karzinome und Prostatakarzinome.

Mammakarzinomrisiko 2- bis 4-fach erhöht**; homozygot: Neurologische Störungen, Teleangiektasien, Immun -defizienz, Strahlensensibilität, Leukämie,Lymphome, Mammakarzinome.

Mammakarzinomrisiko 2- bis 3-fach erhöht**; homozgygot: Mikrozephalie,Wachstumsretardierung, Immundefizienz,Strahlensensibilität, Lymphome, solide Tumoren, Mammakarzinome, Ovarialkarzinome.

Erhöhtes Ovarialkarzinomrisiko;homozygot: Fanconi-Anämie.

* Anteil an erblichem Brust- und/oder Eierstockkrebs.** Die unterschiedlichen Erkrankungsrisiken sind abhängig von der Familienanamnese.

Tabelle 1: Übersicht über die wichtigstenhochpenetranten und moderat penetrantenRisikogene (außer BRCA1 und BRCA2). Adap-tiert nach [5].

TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)Diagnostik und Therapie

Interdisziplinäre Beratung mit Risikofeststellung und klinische EmpfehlungenWichtige Voraussetzung und ein zentralererster Schritt in der optimalen Betreuungvon Familien mit erhöhtem Risiko füreine familiäre Brust- und Eierstockkrebs-erkrankung ist die Identifizierung durchdie behandelnden Ärzte. Diese erfolgt inder Regel durch primär betreuende nieder-gelassene Fachärzte oder im Rahmen derBehandlung an spezialisierten Organzen-tren für Brustkrebs oder gynäkologischeKrebserkrankungen. Entsprechend denS3-Leitlinien und dem seit dem 1. Januar2017 für Bayern geltenden Vertrag mitden Krankenkassen sind Hochrisikopa-tientinnen und/oder deren Verwandte insolch spezialisierten Zentren zur Beratungvorzustellen. Neben den Brustkrebszen-tren und den gynäkologischen Krebszen-tren sind das vor allem die bundesweit17 universitären Zentren des DeutschenKonsortiums familiärer Brust- und Eier-stockkrebs. In München sind beide Uni-versitätsfrauenkliniken Mitglied im Deut-schen Konsortium.

Was ist eine Risikofamilie?Wann macht eine familiäre Häufung vonBrust- und Eierstockkrebserkrankungenaus einer Familie eine Risikofamilie? Dazuexistieren präzise festgelegte anamnes-tische Kriterien, mit denen sich die Wahr-scheinlichkeit einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation ziemlich genau voraussagenlässt. Darüber hinaus zeigen Daten derArbeitsgemeinschaft für GynäkologischeOnkologie in der Deutschen Krebsgesell-schaft und auch Daten des DeutschenKonsortiums, dass auch Frauen mit einemEierstockkrebs mit seröser Histologie undschlechtem Differenzierungsgrad sowieFrauen mit einem vor dem 50. Lebensjahraufgetretenen tripelnegativen BrustkrebsTrägerinnen einer BRCA1/2-Mutation seinkönnen (Tab. 2).

Früherkennung und ProphylaxeDie meisten Patientinnen mit einer ge-netischen Disposition für die Entwicklungeines Mammakarzinoms entscheiden sichfür die sekundäre Prävention mittels in-tensivierter Vorsorge. Die Teilnahme amFrüherkennungsprogramm beginnt fürRatsuchende mit einer krankheitsverur-sachenden Mutation in einem der GeneATM, CDH1, PALB2 ab dem 30. Lebensjahr,im Fall von TP53-Mutationen ab dem 20.Lebensjahr beziehungsweise jeweils 5Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalteran Brustkrebs innerhalb der Familie. Sieendet mit dem 70. Lebensjahr und bein-haltet jährliche Sonographien und MRT(letzteres in Abhängigkeit von der Brust-drüsendichte). Bei TP53 und PALB2 wirddie Sonographie wie auch bei BRCA1 undBRCA2 halbjährlich empfohlen. Ab dem40. Lebensjahr wird in Abhängigkeit vonder Brustdrüsendichte zusätzlich eineMammographie in 1- bis 2-jährigen Ab-ständen durchgeführt.

Für Nicht-Mutationsträgerinnen mit er-höhtem Stammbaumrisiko wird das Früh -erkennungsprogramm derzeit vom 30. bis50. Lebensjahr angeboten, danach dasRoutine-Mammographie-Screening.

Die Entscheidung für prophylaktischeoperative Maßnahmen bedeutet die ma-ximal mögliche Risikoreduktion, selbstwenn eine 100-prozentige Sicherheit sichauch hierdurch nicht erzielen lässt. Durchdie prophylaktische Mastektomie kannnach großen Metaanalysen eine Risiko-reduktion von etwa 95% für das Auftreteneines erblich bedingten Mammakarzinomserreicht werden. Die meisten Frauen ent-scheiden sich in diesem Zusammenhangauch für einen simultanen Wiederaufbauder Brust.

Die prophylaktische Adnexektomie ge-winnt zunehmend an Bedeutung, da hier-durch nicht nur eine effektive Risikore-duktion um circa 95% erreicht wird, son-dern sich auch das Mammakarzinom-Ri-siko vor allem für BRCA2-Trägerinnendeutlich positiv beeinflussen lässt. Eineklare Altersempfehlung für den operati-ven Eingriff kann aus der derzeitigen Da-tenlage noch nicht abgeleitet werden.Unter Berücksichtigung der zunehmendenInzidenz ab dem 40. Lebensjahr für einOvarialkarzinom gilt die Operation ab die-sem Zeitpunkt als sinnvoll, allerdingsimmer unter Berücksichtigung der indi-viduellen Situation der Betroffenen.

Tabelle 2: Familiäre Konstellationen und em-pirische Wahrscheinlichkeiten pathogenerBRCA-Mutationen. Adaptiert nach [5].

11

Familienkonstellation

Familien mit (aus derselben Linie der Familie)

1 an Brustkrebs erkrankten Frau jünger als 36 Jahre

2 an Brustkrebs erkrankten Frauen, davon 1 jünger als 51 Jahre

2 an Brustkrebs erkrankten Frauen, beide jünger als 51 Jahre

1 Frau mit beidseitigem Brustkrebs, der erste vor dem51. Lebensjahr, ohne weitere familiäre Krebserkrankungen

3 an Brustkrebs erkrankten Frauen, unabhängig vom Alter

1 an Brust- und 1 an Eierstockkrebs erkrankten Frau,unabhängig vom Alter

2 an Eierstockkrebs erkrankten Frauen, unabhängig vom Alter

1 an Brustkrebs erkrankten Mann und1 Frau mit Brust- oder Eierstockkrebs

Patientinnen mit

eigener Erkrankung an einem tripelnegativen Brustkrebs und Erkrankungsalter ≤50 Jahre*

eigener Erkrankung an einem Ovarialkarzinom*

BRCA1/2-Mutations-wahrscheinlichkeit (95%CI)

13,7% (11,9–15,7)

18,3% (17,7–19,0)

19,3%

22,7% (19,2–26,7)

3,7% (2,5–5,3)

41,6% (40,0–43,0)

41,9% (36,1–48,0)

35,8% (32,2–39,6)

10%–30%

10%–15%

*Aktuelle Daten weisen auf eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation hin, wenn der Einzelfall eines Ovarialkarzinoms vom serösen und mit schlechtem Diffe-renzierungsgrad (bis zum vollendeten 79. Lebensjahr) oder der Einzelfall eines tripelnegativenMammakarzinoms bis zum Alter von 50 Jahren vorliegt. Bei Vorliegen einer empirischen Muta-tionswahrscheinlichkeit von über 10% ist damit die Aufnahme in die genetische Untersuchungauch von Einzelfällen innerhalb einer Familie möglich.

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

Neue Möglichkeiten der

genetischen Diagnostikan der LMU-Frauenklinik

Im Rahmen der seit über 20 Jahren an der Universitätsfrauenklinik der LMUMünchen etablierten Spezialsprechstunde zur Beratung bei erblichem Mamma-und Ovarialkarzinom wird seit kurzer Zeit hier auch die entsprechende Labor -diagnostik durchgeführt. Das Angebot umfasst die vom Deutschen Konsortiumfür erblichen Brust- und Eierstockkrebs etablierte Multigen-Paneldiagnostik(TruRisk®). Darüber hinaus ist die Exom-Sequenzierung möglich.

Über die Genetik-Risikosprechstunde erfolgt die Vorstellung von Patienten, diean Mamma-, Ovarial- oder Endometriumkarzinom erkrankt sind. Auf die aus-führliche Anamnese folgt die Erstellung eines Familienstammbaums mit resul-tierendem Risikoprofil. In Abhängigkeit von der sich ergebenden Konstellationwird anschließend eine genetische Testung vorgenommen. Sie ist für Mutationenin den Genen BRCA1 und BRCA2 etabliert und bietet für Patienten eine hohe Si-cherheit und zusätzliche Informationen zu Therapiemöglichkeiten im Erkran-kungsfall.

Durch den technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Genomanalyse mittelsNext-Generation Sequencing lassen sich nun auch neue hochpenetrante und moderat penetrante Risikogene rasch und zuverlässig identifizieren. Unser uni-versitäres Zentrum ist Mitglied im Deutschen Konsortium für erblichen Brust-und Eierstockkrebs, und bei uns steht die kontinuierliche Weiterentwicklungklinischer Konsequenzen aus den genetischen Befunden im Mittelpunkt.

Hauptziele unserer Arbeit sind daher die Identifizierung von Personen mit einemhohen Erkrankungsrisiko, die Feststellung des tatsächlich bestehenden Erkran-kungsrisikos sowie eine intensive, risikoadaptierte und spezifische Betreuungder Betroffenen. Wir wollen durch rechtzeitige Diagnostik die Entstehung derErkrankung verhindern beziehungsweise den Krankheitsverlauf entscheidendverbessern.

Sprechstunde für erblichen Brustkrebs und gynäkologische Krebserkrankungen

Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und GeburtshilfeLudwig-Maximilians-Universität MünchenTel: 089 44 00-775 72, Fax: 089 44 00-775 73E-Mail: [email protected]

Aktuelle Empfehlungen des DeutschenKonsortiums zu Früherkennung und Pro-phylaxe sind in Tabelle 3 zusammenge-fasst. Diese sind darüber hinaus immeraktualisiert unter http://www.konsor-tium-familiaerer-brustkrebs.de/ abrufbar.Europaweit sowie international entschei-den sich mittlerweile bis zu 40% Hoch-risikopatientinnen für einen solchenSchritt [7] im Sinne einer beidseitigenMastektomie oder/und beidseitigen Ad-nexektomie.

Therapeutische Ansätze im Falleiner ErkrankungDirekte therapeutische Konsequenzen ausden genetischen Befunden ergeben sichderzeit insbesondere bei Nachweis einerpathogenen BRCA1- oder BRCA2-Mutationbeim rezidivierten Ovarialkarzinom. Beidiesen Patientinnen ist zum jetzigen Zeit-punkt der Mutationsnachweis in BRCA1oder BRCA2 Voraussetzung für eine Er-haltungstherapie mit einem PARP-Inhi-bitor [3]. In den bisherigen Studiendatenhatte sich der therapeutische Effekt be-sonders deutlich bei Mutationsträgerinnengezeigt, sodass der BRCA-Mutationsstatushier als prädiktiver Test klassifiziert wurde,der das Ansprechen der zielgerichtetenPARP-Inhibitor-Therapie vorhersagt.

Unabhängig davon ist beim Ovarialkar-zinom die Kenntnis des Mutationsstatusauch zur allgemeinen Abschätzung desklinischen Verlaufs von großer Relevanz,da Mutationsträgerinnen eine bessere Ge-samtprognose aufweisen und auch imFalle eines Rezidivs erneut lange thera-piefreie Intervalle möglich sind. Aus die-sem Grund wird mittlerweile allen Patien-tinnen mit Ovarialkarzinom schon beiErstdiagnose die Beratung in der geneti-schen Sprechstunde angeboten.

TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)Diagnostik und Therapie

Literatur

[1] Antoniou AC, et al. (2005): Breast and ovariancancer risks to carriers of the BRCA1 5382insC and 185delAG and BRCA2 6174delT mutations: a combined analysis of 22 population based studies.J Med Genet 42: 602–603

[2] Easton DE, et al. (2015): Gene panel sequencingand breast-cancer risk. New Eng J Med 372: 2243-2257

[3] Ledermann JA, et al. (2016): Overall survival inpatients with platinum-sensitive recurrent serousovarian cancer receiving olaparib maintenancemonotherapy: an updated analysis from a rando -mised, placebo-controlled, double-blind, phase 2trial. Lancet Oncol 17(11):1579-1589.

[4] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF)(2014): S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom, Kurzversion 1.1, verlängert bis 13.6.2018, AWMF Registrierungsnummer: 021-007OL,http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-007OLk_S3_KRK_2014-08_verlaengert.pdf

[5] Mau C, et al. (2017): Genetik des Mamma-karzinoms in Ätiologie und Pathogenese: Implika-tionen für Patientinnen und gesunde Ratsuchende.In: Untch M, Harbeck N, Thomssen C (2017): Colloquium Senologie 2017/2018. Lukon VerlagMünchen

[6] Meindl A, et al. (2015): Genetik des familiärenBrust- und Eierstockkrebses: Paneldiagnostik –Möglichkeiten und Grenzen. medgen 27: 202-210

[7] Metcalfe KA, et al. (2008): International variation in rates of uptake of preventive options inBRCA1 and BRCA2 mutation carriers. Int J Cancer122: 2017–2022

[8] Miki Y, et al. (1994): A strong candidate for the breast and ovarian cancer susceptibility geneBRCA1. Science 266(5182):66 71

[9] Wooster R, et al. (1994): Localization of a breastcancer susceptibility gene, BRCA2, to chromosome13q12-13. Science 265(5181):2088 90

13

Tabelle 3: Kurzfassung zu Mutations-abhän-gigen Empfehlungen zu Früherkennungs- undprophylaktischen Maßnahmen des DeutschenKonsortiums (http://www.konsortium-fami-liaerer-brustkrebs.de)

Mutation

ATM

BRCA1/BRCA2

CDH1

CHEK2

PALB2

RAD51C(FANCO) und RAD51D, BRIP1

TP53

IntensivierteFrüherkennungMamma

ja

ja

ja

jab

ja

jab

ja

Prophylaktische Mastektomie

derzeit nein

Option ja

Einzelfallentscheidunga

Einzelfallentscheidunga

Einzelfallentscheidunga

derzeit nein

Einzelfallentscheidunga

Prophylaktische Adnexektomie

derzeit nein

ja, ab 40. Lebensjahr bzw. 5 Jahre vor frühestem Erkrankungsalter

derzeit nein

derzeit nein

derzeit nein

ja, nach der Menopause bzw. 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter

derzeit nein

a Abwägung unter Berücksichtigung von Stammbaum und konkurrierenden Risiken.b Prämenopausale Überwachung sollte abhängig sein von genetischem Risiko; Mutation alleine ist nicht ausreichend.

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11. Wintersymposiumder LMU-Frauenklinik15. und 16. Dezember 2017 im Hilton Munich Park, München

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Endokrine Tumoren4. Auflage 2017, 312 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-249-5

Gastrointestinale Tumoren9. Auflage 2013, 360 Seiten, 27,90 €ISBN 978-3-86371-106-1

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Knochentumoren und Weichteil sarkome6. Auflage 2017, 232 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-242-6

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Maligne Ovarialtumoren10. Auflage 2014, 156 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-86371-111-5

Malignome des Corpus uteri3. Auflage 2007, 88 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-906-7

Mammakarzinome16. Auflage 2017, 420 Seiten, 27,90 €ISBN 978-3-86371-246-4

Multiples Myelom5. Auflage 2017, 308 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-211-2

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Supportive Maßnahmen in derHämatologie und Onkologie2. Auflage 2014, 182 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-129-0

Tumoren der Lunge und des Mediasti-nums11. Auflage 2017, 340 Seiten, 24,90 €

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Urogenitale Tumoren4. Auflage 2008, 372 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-941-8

Malignome der Vulva und Vagina2. Auflage 2011, 76 Seiten, 14,90 €

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Zervixkarzinom2. Auflage 2004, 96 Seiten, 25,10 €

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

W. Zuckschwerdt Verlag GmbH Industriestraße 182110 Germering www.zuckschwerdtverlag.de

Alle Manuale

Das traditionelle Wintersymposium der LMU-Frauenklinik hat sich indiesem Jahr erweitert. Es beginnt bereits am Freitagnachmittag (15.12.2017)mit einem Satellitensymposium der Firma Tesaro zur Einführung ihresneuen PARP-Inhibitors Niraparib. Am Samstagfrüh um 8:00 Uhr lädt dieFirma Amgen zu einer osteoonkologischen Fortbildung und präsentiertNeues zum Einsatz von Biosimilars in der Onkologie. Um 9:30 Uhr dannbeginnt das Kernprogramm des Symposiums mit Neuigkeiten aus der gynäkologischen Onkologie. Die Keynote Lecture hält Professor Andreasdu Bois von den KIiniken Essen Mitte. Nachmittags ab etwa 15:00 Uhrwerden die Teilnehmer über wesentliche Neuigkeiten des erst wenige Tagezuvor beendeten San Antonio Breast Cancer Symposiums informiert.

Näheres zum Programm und Online-Anmeldung unter www.winter-symposium-muenchen.de.

Neuer Direktor der Hämatologie/ Onkologie am Klinikum rechts der Isar

Professor Florian Bassermann ist Nachfolger von Professor Christian Peschel

Zum 1. November dieses Jahres hat Florian Basser -mann die Leitung der Klinik und Poliklinik fürInnere Medizin III am Klinikum rechts der Isarübernommen. Er ist im Klinikum kein Unbekann-ter. Zuletzt war der gebürtige Münchner dort seit2015 als geschäftsführender Oberarzt in der MedIII tätig. Seit 2009 leitet er zudem eine Forschungsgruppe, die sich mitmolekularen Mechanismen der Tumorentstehung und daraus resultie-renden möglichen neuen Therapieverfahren beschäftigt.

TZM intern

TZM Essentials 201810. Jahreskongress

2 0 . J a n u a r 2 0 1 8

Anlässlich des Kongresses erscheintauch das TZM-Jahrbuch 2018, das auchden Festvortrag des langjährigen Leiters des geschäftsführenden TZM-VorstandsReiner Gradinger enthalten wird. Teil-nehmer der TZM Essentials erhaltenden Tagungsband kostenlos. Projekt-und Arbeits gruppenmitglieder könnenihn über die Geschäftsstelle des Tumorzentrums vergünstigt erwerben.Das TZM-Jahrbuch erscheint in diesemJahr erstmals auch als E-Book.

Das Tumorzentrum München lädt hämato-onkologisch tätige Ärzte für den 20. Januar 2018 zu seinem zehnten Jahreskongress TZM Essentials ein.

Ein ganzes Jahr an einem Tag: Diesem Anspruch fühlen sich Vorsitzende und Referenten auch im Jubiläumsjahr verpflichtet. Veranstaltungsort ist der Hörsaal A im Klinikum rechts der Isar. Eine Anmeldung ist online möglich unter www.tzm-essentials.de.

Den aktuellen Forschungsstand zum Thema Cannabis fasst die jetzt ab -geschlossene Studie CaPRis zusammen, an der Priv.-Doz. Dr. Eva Hochvon der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU-Klinikum in München federführend beteiligt war. Es ging einerseits um den Canna -biskonsum zu Rauschzwecken, andererseits aber auch um möglichemedizinische Anwendungen. Die Autorinnen der Studie warnen voreiner Verharmlosung von Cannabiskonsum speziell bis zum 20. Lebens-jahr, also dem Alter, in dem die Gehirnentwicklung abgeschlossen ist.Regelmäßiges Kiffen sei besonders für Kinder und Jugendliche wirklichgefährlich; das Risiko für Depressionen, Angsterkrankungen und Psycho-sen erhöhe sich. Andererseits kann Medizinalhanf Übelkeit und Appetit-losigkeit von Krebs- und HIV-Patienten lindern. Auch chronischeSchmerzpatienten können von der medizinischen Cannabis-Anwendungprofitieren. Der Ergebnisbericht mit Kernaussagen zur Studie ist auf derInternetseite des Bundesgesundheitsministeriums downloadbar:www.bundesgesundheitsministerium.de, und zwar unter Service/Pub-likationen/Drogen und Sucht

9:00 Uhr Begrüßung – Thomas Kirchner9:10 Uhr Festvortrag: „Von der Idee zu Fakten“

Reiner Gradinger

Tumorregister München9:30 Uhr Datenintegration, Datennutzung und

Rückkopplung von Ergebnissen – Jutta Engel

Mammakarzinom9:50 Uhr Individualisierte Therapie beim metastasierten Mammakarzinom Johannes Ettl10:05 Uhr Individualisierte (neo-)adjuvante Therapie

Rachel Würstlein10:20 Uhr Neue Leitlinien bei adjuvanter Strahlentherapie – Steffi U. Pigorsch10:50 Uhr Pause

Gynäkologische Tumoren11:10 Uhr Neue Daten zur operativen Behandlung

des Ovarialkarzinoms – Alexander Burges11:25 Uhr PARP-Inhibitoren in der Therapie des Ovarialkarzinoms – Andreas Schnelzer

Maligne Melanome11:50 Uhr Aktuelles zur Therapie von malignen

Hauttumoren – Carola Berking

Leukämien und Lymphome12:10 Uhr Innovationen in der Therapie akuter

Leukämien – Karsten Spiekermann12:25 Uhr Aggressive und indolente Lymphome

Ulrich Keller

12:50 Uhr Mittagspause

Lungentumoren13:40 Uhr Targeted therapy und Molekular diagnostik

Thomas Duell13:55 Uhr Aktuelle Immundiagnostik und Therapie

im Stadium IV – Folker Schneller14:10 Uhr Immundiagnostik und Therapie in

Entwicklung – Rudolf M. Huber

Primäre und sekundäre Hirntumoren14:40 Uhr Low grade glioma: Paradigmenwechsel

in der adjuvanten Therapie – J.-C. Tonn14:55 Uhr Mapping und moderne Bildgebung

für die Resektionsplanung – Sandro Krieg15:05 Uhr Höhergradige Gliome des alten Patienten:

Radiochemotherapie auch im AlterMaximilian Niyazi

15:20 Uhr Hirnmetastasen: Lokale Therapieoptionen in der Radioonkologie – Stephanie Combs

15:55 Uhr Pause

Urogenitale Tumoren16:15 Uhr Umwälzungen in der Therapie des

hormonsensitiven ProstatakarzinomsAlexander Kretschmer

16:30 Uhr Aktuelle Standards bei der Systemtherapie des Nierenzellkarzinoms – Robert Tauber

Gastrointestinale Tumoren16:55 Uhr Kolonkarzinom 2018 – Fokus auf die

adjuvante Therapie und BiomarkerSebastian Stintzing

17:10 Uhr Chirurgische MetastasentherapieJens Werner

17:25 Uhr Neue Konzepte in der Therapie desPankreaskarzinoms – Hana Algül

17:55 Uhr Schlussworte und Verabschiedung

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

Programm

Cannabis: Potenzial und Risiken (CaPRis)

Ergebnisbericht der vom BGM initiierten Studie erschienen

durch unterschiedliche Aktivitäten errei-chen. Die Tabelle rechts zeigt, dass sich diefür eine wirksame Prävention gefordertenMET-Werte nicht nur durch sportliche Frei-zeitaktivitäten, sondern auch durch alltäg-liche Betätigungen in Berufsleben sowieHaus und Garten erreichen lassen. Mit Hilfedieser MET-Werte können behandelndeÄrzte verschiedene Sportarten und Akti-vitäten miteinander vergleichen und Zielefür ihre Patienten definieren. Die in Grünhinterlegten Tätigkeiten bezeichnen keinesportlichen Aktivitäten im engeren Sinn. Invielen Studien konnte gezeigt werden, dassab einem Schwellenwert von 9 bis 18 METpro Woche für die häufigsten soliden Tu-moren – Mamma, Kolon, Prostata, Endo -metrium, Lunge – ein positiver Effekt be-züglich Prognose und Lebensqualität fest-stellbar ist.

Wie lässt sich prüfen, ob die gefordertenMET-Werte erreicht werden? Anhand derTabelle werden die den Aktivitäten entspre-chenden MET-Werte einfach summiert:

Seit Langem ist bekannt, dass körper-liche Bewegung beziehungsweiseSport präventiv wirken, auch in

Bezug auf eine Krebserkrankung. Kürzlichwerteten Moore und Kollegen 12 prospek-tive Studien aus den USA und Europa mit1,44 Millionen Teilnehmern aus und stell-ten fest, dass sich durch regelmäßige kör-perliche Aktivität die Inzidenz vomMamma-, Kolon- und Bronchialkarzinomum 10% beziehungsweise 16% beziehungs-weise 26% senken lässt. Diese Metaanalysebestätigt die Ergebnisse vieler Studien derletzten 20 Jahre, die einen eindeutigen Zu-sammenhang zwischen Sport und der Wir-kung auf Tumorentstehung und Progres-sion feststellten [1].

Sport gegen Krebs – was ist das?Viele Krebserkrankte empfinden, insbe-sondere in der Frühphase ihrer Erkrankungund während der belastenden Therapie,den Hinweis „Sport“ zu treiben als Zumu-tung und folgen entsprechenden Ratschlä-

gen in aller Regel nicht. Dabei wird der Be-griff „Sport“ in dieser Situation häufig falschverstanden. Es geht eben nicht darum, andie körperlichen Leistungsgrenzen zugehen, vielmehr sollte die körperliche Ak-tivität angenehm gestaltet werden. Es gibteine Vielzahl von Möglichkeiten, auch als„unsportlicher“ Patient sein Leben aktivzu gestalten. Aber was genau ist „körperlicheoder sportliche Aktivität“ und wie sind dieunterschiedlichen sportlichen Aktivitätenzu werten?

Metabolisches Äquivalent – das Maß aller DingeZur besseren Vergleichbarkeit von körper-licher Aktivität ist die Maßeinheit MET(Metabolic Equivalent of Task) als Maß vonSauerstoffverbrauch und Energieumsatzeingeführt worden. MET-Werte bezeichnendie Energie, die man/frau bei einer bestimm-ten Aktivität innerhalb einer Zeiteinheitverbraucht. Sie sind unabhängig von derkonkreten Art der Betätigung. Mit anderenWorten: Gleiche MET-Werte lassen sich

Mehr als 500 Teilnehmer kamen Anfang Oktober ins Hörsaalzentrum des Klinikums rechts

der Isar, um sich beim 3. von der Deutschen Krebshilfe unterstützten Internationalen

Symposium „Sport und Krebs“ mit Wissenschaftlern, Ärzten verschiedener Fachrichtungen, Psychologen,

Ernährungstherapeuten, Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten über den Stellenwert der

Bewegung in der Krebstherapie auszutauschen. Michael H. Schoenberg, einer der Initiatoren der

Veranstaltung, fasst den derzeiten Stand des Wissens zu Krebs und Sport zusammen.

Sport und Krebs 2017

Prof. Dr. med. Michael H. Schoenberg, Leiter der endokrinen Chirurgie, Herzogpark-Klinik München-Bogenhausen, Praxis „Viszera“

Ist Bewegungein Krebsmedikament?

3-mal 1 Stunde engagiertes Gehen („mar-schieren, nicht flanieren“) pro Woche ent-spricht 3-mal 3 MET = 9 MET pro Woche.Der Patient kann nach Belieben variieren,beispielsweise mit 4-mal 30 Minuten Gehenund 1-mal 1 Stunde Radfahren pro Woche.Summe der Aktivitäten:

2 h x 3 MET Gehen + 1 h x 4 MET Radfahren = 10 MET-h pro Woche.

Auch Aktivitäten, die im engeren Sinn nichtals Sport verstanden werden, wie etwa 1Stunde Gartenarbeit und 3-mal 30 MinutenGehen pro Woche, ergeben nach dieser Be-rechnung eine präventiv wirksame Aktivi-tätsdosis:

1 h x 5 MET Gartenarbeit + 1,5 h x 3 MET Gehen = 9,5 MET-h pro Woche

Die Tabelle ermöglicht es, die Empfehlungenzu körperlichen Aktivitäten auf individuelleWünsche, körperliche Möglichkeiten undsportliche Interessen anzupassen.

Sport beziehungsweise Bewegungstherapie machenNebenwirkungen erträglicherPatienten, die sich bewegen, spüren einenZuwachs an Kraft, der Körper „funktio-niert“ wieder, und das Zutrauen in die ei-genen Fähigkeiten wächst. Dieses verbes-serte Lebensgefühl hilft den Patienten inmindestens zweifacher Hinsicht: Die je nachkonkreter Therapie und individueller Kon-stitution unterschiedlich ausgeprägtenNebenwirkungen von Strahlen- und Che-motherapie überstehen sie besser, ebensowie das „seelische Tal“, das sie zu durch-schreiten haben.

Auch die so häufig auftretenden Fatigue-Beschwerden lassen sich durch regelmäßigeBewegung deutlich verringern. Mustianund Kollegen verglichen in Bezug auf dieFatigue die Ergebnisse von 113 Studien mitinsgesamt über 11000 Patienten. Ihr wesent-liches Ergebnis: Anders als eine medikamen-töse Behandlung wirkten sich körperlicheAktivität und verhaltenstherapeutische Inter-ventionen im Rahmen einer psychoonko-logischen Behandlung sehr positiv auf dieFatigue-Symptomatik aus [3]. Sport ist alsoauch ein spezifisches und wirksames „Me-dikament“ gegen Therapienebenwirkungen,Fatigue und Depressionen.

Körperliche Aktivität kann diePrognose verbessernEbenso wichtig sind die Auswirkungen vonkörperlicher Aktivität und Bewegung auf diePrognose der Krebserkrankung. Neuere Stu-dien mit vielen Karzinompatienten belegeneindrucksvoll die Verbesserung der Prognose.Patienten mit Mamma-, Kolon-, Pankreas-,Prostata-, Bronchial- oder Ovarialkarzinomsowie mit Krebserkrankungen des lympha -tischen und blutbildenden Systems profi -tieren zum Teil erheblich von körperlicherAktivität. Die Prognose bei Brust- und Dick-darmkrebs sowie bei Prostatakrebs ver -besserte sich bei aktiven Patienten um 30%bis 40%. Bei anderen Tumorerkrankungenzeigte sich der Effekt im deutlich verbessertenkörperlichen Zustand, der bei aktiven gegen-über inaktiven Patienten nachweisbar war. Allein diese verbesserte Fitness ist sicherlichindirekt vorteilhaft für die Prognose. Kör-perlich aktive Patienten sind motivierter undhäufiger in der Lage, die belastenden Thera-pien „durchzustehen“. Auch Nebenwirkun-gen der Chemotherapie wie die allseits gefürchtete Polyneuropathie, die

MET-Werte-TabelleEnergieumsatz und Sauerstoffverbrauch pro Stundebei verschiedenen Sport- und Bewegungsarten.Adaptiert nach [2].

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Basketball 6,0Eislaufen 7,0Fußball 7,0Gartenarbeit 5,0Golf 4,5Gymnastik 4,0Hockey 8,0Joggen, niedrige Intensität (ca. 8 km/h) 8,0Joggen, moderate Intensität (ca. 10 km/h) 10,0Joggen, hohe Intensität (ca. 12 km/h) 12,0Klavierspielen 2,5Radfahren, niedrige Intensität (ca. 19 km/h) 6,0Radfahren, moderate Intensität (ca. 22 km/h) 8,0Radfahren, hohe Intensität (ca. 32 km/h) 16,0Rasen mähen 5,5Segeln, Hobbie Cat 3,0Schwimmen, niedrige Intensität 6,0Schwimmen, moderate Intensität 7,0Schwimmen, hohe Intensität 10,0Skiabfahrt, niedrige Intensität 5,0Skilanglaufen, niedrige Intensität 7,0Skilanglaufen, moderate Intensität 8,0Skilanglaufen, hohe Intensität 9,0Stretching 2,5Tanzen 4,5Tennis 7,0Walken, niedrige Intensität (ca. 4 km/h) 3,0Walken, moderate Intensität (ca. 5 km/h) 4,0Walken, hohe Intensität (ca. 6 km/h) 5,0Wandern 6,0Wassergymnastik 4,0Yoga 2,5Aerobic Gymnastik 8,0Jazz-Tanz 6,0

Bewegungstherapie – wann nicht?Nicht immer ist es sinnvoll, sportlich aktivzu sein. Zurückhaltung ist geboten bei:

1. Übelkeit und Erbrechen,2. starken Schmerzen,3. Schwindel,4. Kreislaufbeschwerden,5. Bewusstseinsstörung und

Verwirrtheit sowie6. starkem Infekt mit und ohne

Fieber beziehungsweise erhöhterTemperatur.

In aller Regel legen sich Patienten bei diesenSymptomen selbst Zurückhaltung auf. Jenach Bewegungstyp kann es aber sinnvolloder auch notwendig sein, auf diese Listenoch einmal hinzuweisen. Sport ist ebenfallsnicht ratsam an Tagen, an denen der Patienteine Chemo- oder Strahlentherapie erhaltenhat, insbesondere wenn die Therapeutikakardial oder pulmonal belastend sind. Pau-sieren sollten darüber hinaus Patienten mitfolgenden Laborveränderungen:

Hämoglobin unter 8g/l, Thrombozyten unter 20 000/µl und Leukozyten unter 2000/µl.

Bei Thrombozytenwerten unter 50 000/µlsind Kampfsportarten oder andere Sport-arten mit hohem körperlichem Einsatz wiebeispielsweise Fußball kontraindiziert. Liegt

fahren oder Gartenarbeit angesagt? Mit derMET-Tabelle haben Patienten die Möglich-keit, ihre körperlichen Aktivitäten gleichsamà la carte selbst zusammenzustellen. DieAuswahl sollte mit dem behandelnden Arztbesprochen werden. Außerdem gilt: startlow, go slow. Falscher Ehrgeiz ist fehl amPlatz. Es existieren unterschiedliche Metho-den zur Ermittlung der individuell ange-passten Intensität körperlicher Aktivität.Der sogenannte optimale Pulsbereich spieltin diesem Zusammenhang eine besondereRolle. Er lässt sich im Rahmen einer Sport-tauglichkeitsuntersuchung ermitteln oderbei kardial unbelasteten Patienten auch ein-fach errechnen.

Bewegungstherapie – ab wann?Nach dem neuesten Stand des Wissens istkörperliche Aktivität bei allen Krebsartenbereits während der medikamentösen Sys-tem- und/oder der Strahlentherapie sinn-voll. Die Vorteile sind nicht nur kurzfristigerNatur; sie halten auch Monate nach Endeder Therapie noch an. Die medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften sindsich über Indikationsgrenzen hinweg einig:Individuell angepasste körperliche Aktivitätist grundsätzlich bereits während der The-rapie zu empfehlen.

leider nicht selten mit Platin-haltigen Che-motherapeutika assoziiert ist, können durchgezielte Bewegungsübungen erfolgreich ge-lindert werden. Interessanterweise ist der po-sitive Effekt von Sport und Training nach Tu-morerkrankung unabhängig vom sport-lichen Engagement vor der Erkrankung. Pa-tienten, die vor der Diagnose unsportlichwaren und sich nach der Diagnose aufrafften,um sich zu bewegen, profitierten von sport-licher Aktivität in mindestens ebenso hohemMaße wie trainierte Patienten.

Bewegungstherapie – aber wie?Zu Beginn der körperlichen Aktivität solltensich Patienten eingehend ärztlich untersu-chen und beraten lassen. Ziel der Untersu-chung ist es, Risikofaktoren und Einschrän-kungen zu berücksichtigen und festzulegen,wie weit der Körper bei geringstem Verlet-zungsrisikos belastet werden kann, um dieVorteile der körperlichen Aktivität ganz zunutzen.

Eine wichtige Frage ist: Welcher Sport hatfrüher Spaß gemacht, welche körperlicheAktivität möchte der individuelle Patient,die individuelle Patientin durchführen? Gehtdie Tendenz eher zur Einzel- oder eher zurGruppenaktivität? Geht es um das Prakti-zieren klassischer Sportarten oder sind eheralltagsangepasste Aktivitäten wie Fahrrad-

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)

Alle Projekt- und Arbeitsgruppen des Tumorzentrums Münchenauf einen Blick

Endokrine TumorenHerr Prof. Dr. H. Fü[email protected]

Gastrointestinale TumorenHerr Prof. Dr. J. [email protected]

HirntumorenHerr Prof. Dr. J.-C. [email protected]

Knochentumoren / WeichteilsarkomeHerr PD Dr. L. [email protected]

Kopf-Hals-MalignomeHerr Dr. Dr. G. [email protected]

Leukämien und MDSHerr Prof. Dr. K. [email protected]

Maligne LymphomeHerr Prof. Dr. M. [email protected]

Maligne MelanomeFrau Prof. Dr. C. [email protected]

Maligne OvarialtumorenHerr Dr. A. [email protected]

MammakarzinomeHerr Dr. I. [email protected]

Multiples MyelomHerr Prof. Dr. Ch. [email protected]

Psycho-OnkologieFrau Dr. D. Pouget-Schors [email protected]

Supportive Maßnahmen in der Hämatologie und OnkologieHerr Prof. Dr. H. [email protected]

Tumoren der Lunge und des MediastinumsHerr Prof. Dr. R. M. [email protected]

Urogenitale TumorenHerr PD Dr. S. [email protected]

UterusmalignomeHerr Prof. Dr. Ch. [email protected]

AG Ernährung und KrebsHerr Prof. Dr. H. [email protected]

AG KomplementärmedizinFrau Prof. Dr. S. [email protected]

TZM-NewsISSN: 1437-8019, © 2017 by Tumorzentrum München und LUKON Verlagsgesellschaft mbH, München

RedaktionProf. Dr. med. Volkmar Nüssler (verantwortlich), Günter Löffelmann, Petra Möbius, Hermann Werde-ling, Ludger Wahlers, Tina Schreck (CvD), Anschriftwie Verlag

AnzeigenReinhard Bröker (Fon: 089-820737-20;[email protected]), Anschrift wie Verlag

HerausgeberGeschäftsführender Vorstand des TumorzentrumsMünchen, c/o Geschäftsstelle des Tumor zentrumsMünchen, Pettenkoferstraße 8 a, 80336 München, Fon: 089-44005-2238, Fax: 089-44005-4787tzmuenchen@med.uni-muenchen.dewww.tumorzentrum-muenchen.de

VorsitzenderProfessor Dr. med T. Kirchner, Direktor des Pathologischen Instituts der LMU

1. stellvertretende VorsitzendeProf. Dr. med. S. E. Combs, Direktorin der Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikumrechts der Isar der TU München

2. stellvertretender VorsitzenderProf. Dr. med. J. E. Gschwend, Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar der TU München

SchatzmeisterProf. em. Dr. med. R. Gradinger

Direktor CCCLMU und CCC MünchenProf. Dr. med. V. Heinemann, Direktor Krebs zentrum CCCLMU, Klinikum der Universität München, Großhadern

Direktor RHCCC und CCC München (Stellvertreter)Prof. Dr. rer. soc. P. Herschbach, Direktor Roman-Herzog-Krebszentrum, Klinikum rechts der Isar der TU München

Leitung TRMProf. Dr. med. J. Engel, Tumorregister München, Klinikum der Universität München, Großhadern

Geschäftsführender KoordinatorProf. Dr. med. V. Nüssler (Anschrift wie Herausgeber)

VerlagLUKON Verlagsgesellschaft mbHLandsberger Straße 480 a, 81241 München, Fon: 089-820 737-0, Fax: 089-820 737-17E-Mail: [email protected], www.lukon-verlag.de

AbonnementDie TZM-News erscheint viermal jährlich zum Einzel-preis von 4,00 €. Der Preis für ein Jahresabonnementbeträgt 15,00 €. Die genannten Preise verstehen sichzuzüglich Versandkosten: Inland 3,00 €; Ausland: 12,00 €. Die Bezugs dauer beträgt ein Jahr. Der Bezugverlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenndas Abonnement nicht spätestens sechs Wochen vorAblauf des Bezugsjahres schriftlich gekündigt wird. FürMit glieder des Tumor zentrums München ist der Bezugder TZM-News im Mitgliedsbeitrag bereits enthalten.

Layout und IllustrationCharlotte Schmitz, 42781 Haan

BildnachweisAlle Grafiken und Illustrationen: Charlotte Schmitz,Haan; Titel links: Robert Kneschke, Titel rechts:www.sport.mri.tum.de, Seite 9: Photographee.eu (fotolia), Seite 12: giorgiomtb (fotolia); Seite 15: SABCS/Todd Buchanan 2013; Seite 16/17: Halfpoint(fotolia); Robert Kneschke (2); contrastwerkstatt (fotolia); goodluz (fotolia)

DruckFlyeralarm, 97080 Würzburg; Printed in Germany

Urheber- und VerlagsrechtDie Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheber rechtlich geschützt. Mit Annah me des Manuskripts gehen dasRecht zur Veröffent lichung sowie die Rechte zur Über-setzung, zur Vergabe von Nach druck rechten, zurelektro nischen Speiche rung in Datenbanken, zur Her stellung von Sonder drucken, Fotokopien undMikrokopien an den Verlag über. Jede Verwer tungaußer halb der durch das Urheber rechts gesetz festgeleg -ten Grenzen ist ohne Zu stim mung des Verlags unzuläs-sig. In der unaufge for derten Zusendung von Beiträgenund In formationen an den Verlag liegt das jederzeitwiderrufliche Ein verständnis, die zugesandten Beiträgebeziehungs weise Informationen in Daten banken einzu-stellen, die vom Verlag oder Dritten geführt werden.

Auflage 2.500 Exemplare

Impressum

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TZM News 4 / 2017 (19 Jg.)Sport und Krebs 2017

eine Leukopenie vor, sind besondere hy-gienische Maßnahmen zu berücksichtigen,um das Infektionsrisiko zu minimieren.Gemeinschaftsduschen sind dann beispiels-weise zu meiden.

Cancer survivorsDurch die Fortschritte in der Krebstherapieüberlebt heute mehr als die Hälfte der Pa-tienten eine Krebserkrankung langfristig.Die Gruppe dieser Krebsüberlebenden oderCancer Survivors wird immer größer, auchwenn die individuelle Prognose einer gro-ßen Variabilität unterliegt. Sind Krebsüber-lebende immer geheilt? Kann man sie alsgesund bezeichnen? Die Antworten aufdiese Fragen sind sehr komplex. Sie sindabhängig vom sogenannten objektiven me-dizinischen Befund, sicher aber auch vonder individuellen Selbstwahrnehmung desPatienten. Unstrittig ist jedenfalls, dass auchCancer Survivors nach überstandener Er-krankung über physische und psychischeProbleme klagen.

Unstrittig ist auch, dass immer mehr Krebs-überlebende heute alt genug werden, uman einem Zweitmalignom zu erkranken.Das Tumorregister München verzeichnetjedenfalls über alle Tumorerkrankungeneine mit dem Lebensalter stark ansteigendeInzidenz von Zweitmalignomen (Abb. 1).

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache:Erkrankt eine Patientin in ihrem 6. Lebens-jahrzehnt an Krebs, so liegt ihr Risiko, inner-halb der folgenden 10 Jahre an einem Zweit-malignom – also nicht an einem Rezidiv –

(%) 30

20

10

0

0 1 2 3 4 5 6 Jahre8 97

< 20 J. – 0,7% 20-29 J. – 1,1% 30-39 J. – 3,9% 40-49 J. – 8,5% 50-59 J. – 18,0% 60-69 J. – 30,9% 70-79 J. – 24,5% ≥ 80 J. – 12,4%

Abbildung 1: Inzidenz von Zweitmalignomen ohne Rezidivtumoren von 1998 bis 2008,abhängig vom Alter der Patienten und von der Zeitspanne nach Auftreten des Ersttumors.Datenbasis: 130 682 Patienten. Adaptiert nach [4].

zu erkranken bei immerhin 18%. Diese Zah-len stellen Mittelwerte dar, variierenzwangsläufig sehr je nach konkreter Tu-morart.

Die Bedeutung des Themas Zweitmaligno-me wird in Zukunft zunehmen. Es ist sehrwahrscheinlich, dass das „Krebsmedika-ment Bewegungstherapie“ auch in dieserHinsicht präventiv wirkt. Noch laufendeUntersuchungen werden die Bedeutungder körperlichen Aktivität zur Präventionvon Zweitmalignomen in nächster Zukunftauch wissenschaftlich belegen.

Fazit: Eine nachhaltige Veränderung desLebensstils mit einem individuell angepass -ten Bewegungsprogramm wirkt nachge-wiesenermaßen sowohl in der Präventionals auch während und nach der Therapievon Krebserkrankungen. Es ist davon aus-zugehen, dass es ebenfalls dazu beiträgt,das Risiko für das Auftreten eines Zweit-malignoms zu senken.

Literatur

[1] Moore S, et al. (2016) Association of Leisure-Time Physical Activity With Risk of 26 Types of Cancerin 1.44 Millions Adults. JAMA 176 (6) 816-825

[2] Ainsworth BE, et al. (2000) Compendium of phy-sical activities: an update of activity codes and METintensities. Med Sci Sports Exerc 32(9 Suppl):S498-504

[3] Mustian KM, et al (2017) Comparison of Phar-maceutical, Psychological, and Exercise Treatmentsfor Cancer-Related Fatigue: A Meta-analysis. JAMAOncol. 3(7):961-968

[4] Tumorregister München (2017) Inzidenz vonZweitmalignomen ohne Rezidive bei 130.682 Patien-ten aufgeschlüsselt nach Alter und Auftreten desZweitmalignoms zwischen 1998 und 2008.

Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit.

Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.

Zejula 100 mg Hartkapseln. Wirkstoff: Niraparib (als Tosilat 1 H2O) Zusammensetzung:

Magnesiumstearat, Lactose-H2O, Titandioxid, Gelatine, Brillantblau FCF, Erythrosin, Tartrazin,

Schellack, Propylenglycol, KOH, Eisen(II,III)-oxid, NaOH, Povidon Anwendungsgebiete: Zejula

wird als Monotherapie zur Erhaltungstherapie bei erwachs. Patientinnen mit Rezidiv eines

Platin-sensiblen, gering differenzierten serösen Karzinoms der Ovarien, der Tuben oder mit prim.

Peritonealkarzinose, die sich nach einer Platin-basierten Chemotherapie in Remission (komplett

oder partiell) befinden, angewendet. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit geg. Niraparib oder

einen d. sonstigen Bestandteile; Stillen. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Harnwegsinfekt., Thrombozytopenie, Anämie, Neutropenie, Appetit vermindert, Schlaflosigkeit, Kopfschmerz,

Schwindelgefühl, Geschmacksstörung, Palpitationen, Hypertonie, Dyspnoe, Husten, Naso-

pharyngitis, Übelkeit, Obstipation, Erbrechen, Abdominalschmerz, Diarrhoe, Dyspepsie,

Rückenschmerzen, Arthralgie, Ermüdung, Asthenie; Häufig: Bronchitis, Konjunktivitis,

Leukopenie, Hypokaliämie, Angst, Depression, Tachykardie, Epistaxis, Mundtrockenheit,

Aufblähung des Abdomens, Schleimhautentzündung (einschließlich Mukositis), Stomatitis,

Photosensitivität, Ausschlag, Myalgie, Ödem peripher, Gamma-Glutamyl-Transferase erhöht,

AST erhöht, Kreatinin im Blut erhöht, ALT erhöht, alkalische Phosphatase im Blut erhöht,

Gewicht erniedrigt; Gelegentlich: Panzytopenie. Warnhinweise: Enthält Lactose und Tartrazin

(E 102). Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: TESARO UK

LIMITED, 55 Baker Street, London W1U 7EU, Vereinigtes Königreich. Örtlicher Vertreter: TESARO Bio GERMANY GmbH, Leopoldstr. 37 A, 80802 München. Stand: Nov. 2017. D

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01

2-2

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* ZEJULA wird als Monotherapie zur Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patientinnen mit Rezidiv eines Platin-sensiblen,

gering differenzierten serösen Karzinoms der Ovarien, der Tuben oder mit primärer Peritonealkarzinose, die sich nach einer

Platin-basierten Chemotherapie in Remission (komplett oder partiell) befi nden, angewendet.1

BRCA = Brustkrebsgen.

1. ZEJULA Fachinformation, Stand: Nov. 2017.

ZEJULA. Die neu zugelassene Erhaltungstherapie bei rezidiviertem Ovarialkarzinom unabhängig vom BRCA-Status.*,1

100 mg Hartkapseln

1x täglich oral