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7 Systemanalyse erfolgreich organisieren Die im Rahmen der Systemanalyse erstellten Produkte bilden das Fun- dament Ihres zukünftigen Systems. Sie haben im Verlaufe dieses Buches bereits die hierzu erforderlichen Analyseprozesse kennengelernt und wissen nun, wie Sie sich aus der schier unendlichen Auswahl an mög- lichen Methoden die für Ihr Projekt richtigen auswählen und anwenden können. Es bleibt allerdings noch die Frage offen, wie Sie die Einführung eines gegebenenfalls neuen methodischen Ansatzes oder neuer Werkzeu- ge organisieren können. Sicherlich ist Ihnen auch die Situation nicht fremd, dass System- entwicklungsprojekte in der Mehrzahl der Fälle zwischen mehreren Kooperationspartnern durchgeführt werden. In einem solchen Fall be- stimmt das Vertragsmodell die Organisation der Zusammenarbeit. Ihre aus der Systemanalyse resultierenden Anforderungen stellen dabei einen wichtigen Vertragsbestandteil dar. Sie bestimmen die Pflichten des Auf- tragnehmers im Hinblick auf die zu erbringende fachliche Leistung. Wissen Sie, welche Maßnahmen Sie ergreifen müssen, um in Ih- rem Projekt oder gar in der gesamten Organisation eine professionelle Systemanalyse einzuführen? Können Sie mit Widerständen bei der Ein- führung umgehen? Kennen Sie Ihren Vertragspartner, und wissen Sie, welcher Vertragsrahmen Ihnen hilft, mit den eigenen Stärken und Schwä- chen sowie denen Ihres Vertragspartners umzugehen? Wenn nicht, kann Ihnen dieses Kapitel bei der Vorbereitung, Ausarbeitung und Planung Ih- res organisatorischen und vertraglichen Rahmens eine gute Hilfestellung geben. 131 SOPHIST GmbH, C. Rupp, Systemanalyse kompakt, IT kompakt, DOI 10.1007/978-3-642-35446-5_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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7Systemanalyseerfolgreich organisieren

Die im Rahmen der Systemanalyse erstellten Produkte bilden das Fun-dament Ihres zukünftigen Systems. Sie haben im Verlaufe dieses Buchesbereits die hierzu erforderlichen Analyseprozesse kennengelernt undwissen nun, wie Sie sich aus der schier unendlichen Auswahl an mög-lichen Methoden die für Ihr Projekt richtigen auswählen und anwendenkönnen. Es bleibt allerdings noch die Frage offen, wie Sie die Einführungeines gegebenenfalls neuen methodischen Ansatzes oder neuer Werkzeu-ge organisieren können.

Sicherlich ist Ihnen auch die Situation nicht fremd, dass System-entwicklungsprojekte in der Mehrzahl der Fälle zwischen mehrerenKooperationspartnern durchgeführt werden. In einem solchen Fall be-stimmt das Vertragsmodell die Organisation der Zusammenarbeit. Ihreaus der Systemanalyse resultierenden Anforderungen stellen dabei einenwichtigen Vertragsbestandteil dar. Sie bestimmen die Pflichten des Auf-tragnehmers im Hinblick auf die zu erbringende fachliche Leistung.

Wissen Sie, welche Maßnahmen Sie ergreifen müssen, um in Ih-rem Projekt oder gar in der gesamten Organisation eine professionelleSystemanalyse einzuführen? Können Sie mit Widerständen bei der Ein-führung umgehen? Kennen Sie Ihren Vertragspartner, und wissen Sie,welcher Vertragsrahmen Ihnen hilft, mit den eigenen Stärken und Schwä-chen sowie denen Ihres Vertragspartners umzugehen? Wenn nicht, kannIhnen dieses Kapitel bei der Vorbereitung, Ausarbeitung und Planung Ih-res organisatorischen und vertraglichen Rahmens eine gute Hilfestellunggeben.

131SOPHIST GmbH, C. Rupp, Systemanalyse kompakt, IT kompakt,DOI 10.1007/978-3-642-35446-5_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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7.1 Strategien zur Einführungeiner professionellen Systemanalyse

Konzentrieren wir uns zunächst auf die Frage, wie Sie neue Methodenund Werkzeuge geschickt in einem Team etablieren können. Hierzu wer-den folgende Themen bearbeitet:

• das Vorgehen bei der Einführung,• die Einführung mittels Pilotprojekt,• die Einführung in Form des Deltaansatzes,• die Dokumentation in Form eines Leitfadens,• der Umgang mit Widerstand bei der Einführung von Neuerungen.

Einführung ist ein Projekt

Die einfachste Art, neue Prozesse, Vorgehensweisen und Methoden in IhrProjekt einzuführen, ist, eine Mail an alle Projektbeteiligten zu schicken,in der Sie schreiben, dass ab sofort auf die neue Art und Weise gearbeitetwird. Das ist kurz und schmerzlos, wird aber mit ziemlicher Sicherheitnicht zum Erfolg führen.

Vielmehr muss die Einführung wie ein Projekt durchgezogen werdenund auch behandelt werden. Wie jedes Projekt benötigt die Einführung

• klare Ziele und Anforderungen,• einen Projektplan,• ein Projektteam.

Sorgen Sie dafür, dass nicht von heute auf morgen eine totale Um-krempelung vollzogen wird. Gehen Sie schrittweise vor und prüfen Sieregelmäßig, wie erfolgreich die bisherigen Schritte waren. Durch die re-gelmäßigen Prüfungen erlaubt dieses Vorgehen, während der Einführungdie Neuerungen anzupassen und sie somit perfekt auf Ihr Projekt einzu-stellen.

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Vorbereiten der Einführung

Als Vorbereitung für eine Einführung gibt es viel zu erledigen. WelchePunkte beachtet werden müssen, haben wir hier im Einzelnen aufgelistet:

• Ziele müssen gefunden werden.Legen Sie die Ziele der Einführung fest und definieren Sie genau,was Sie wann erreicht haben wollen. Wichtig bei den Zielen ist es,dass diese auch messbar sind. Sonst kann nie eine Aussage darübergetroffen werde, ob die gesetzten Ziele überhaupt erreicht wurden.

• Kleine Schritte für die Einführung wählen.Erwarten Sie für den Anfang nicht zu viel. Planen Sie die Einführungso, dass die gesetzten Ziele Schritt für Schritt erreicht werden. SeienSie darauf vorbereitet, dass die einzuführenden Methodiken im Rah-men der Einführung noch angepasst werden müssen.

• Metriken festlegen.Legen Sie fest, wie der Fortschritt der Einführung gemessen werdensoll. Hierbei sind Metriken sehr hilfreich. Überdenken Sie aber ge-nau, was mit den Metriken gemessen werden soll und ob diese dieInformationen auch wiedergeben.

• Mitarbeiter auswählen.Stellen Sie ein kleines (maximal fünf Mitarbeiter) Kernteam zusam-men. Dieses wird in alle Entscheidungen mit einbezogen und gibtWissen und Informationen an die anderen Beteiligten weiter. Beach-ten Sie, dass die Mitarbeiter des Kernteams sehr viel Zeit in diesesProjekt investieren müssen und daher nicht durch andere Aufgabenoder andere Projekte von ihrer Arbeit abgehalten werden sollten.

• Betroffene beteiligen.Sorgen Sie dafür, dass alle Projektbetroffenen frühzeitig mit den nö-tigen Informationen versorgt werden. Fordern Sie auch Feedback undInformationen von den Betroffenen. Denn nur so beteiligen Sie allean dem Projekt, grenzen niemanden aus und machen die Betroffenenzu Beteiligten.

• Methode wählen.Wählen Sie die Methode, die Sie in Ihrem Projekt einsetzen möchten.Denken Sie daran, dass die Mitarbeiter von der neuen Methode über-zeugt werden müssen, und bereiten Sie sich dementsprechend darauf

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vor. Setzen Sie nicht zu viele Regeln für die neue Methode fest, son-dern lassen den Mitarbeitern lieber ein paar Freiheiten, um sie bei derArbeit nicht unnötig zu behindern.

• Werkzeuge wählen.Wählen Sie die Werkzeuge, die in dem Projekt zur Anwendung kom-men sollen. Stellen Sie sicher, dass das Team mit diesen Werkzeugenarbeiten kann oder ob im Vorfeld Schulungen an diesem Tool durch-geführt werden müssen.

Umsetzung

Wurden alle Punkte der Vorbereitung beachtet, dann ist bereits viel Ar-beit geschafft. Für die Umsetzung selbst gibt es noch zwei Faktoren, diebesonders wichtig sind:

• Erkenntnisse aufzeichnen.Zeichnen Sie den Projektverlauf auf, um Schwierigkeiten sofort zuerkennen und das Projekt nicht unbemerkt in die falsche Richtunglaufen zu lassen.

• Verfahren justieren.Im Verlauf des Projekts werden sich immer mehr Best Practices her-auskristallisieren. Diese lassen sich sehr gut erkennen, wenn zumProjektverlauf regelmäßig Aufzeichnungen gemacht werden. Neh-men Sie diese auf und passen Sie die Vorgehensweise entsprechendder Best Practices an. Sorgen Sie auch im Team dafür, dass die The-men Veränderung und Verbesserung immer gegenwärtig sind.

Pilotprojekte

Neue Methoden und Werkzeuge können Sie am besten in einem Pilot-projekt testen. Pilotprojekte sind Projekte aus dem alltäglichen Geschäft.Inhaltlich sollte es auf keinen Fall etwas völlig Fremdes sein, also kei-ne erdachten Beispielprojekte, denn bei diesen besteht die große Gefahr,dass Sie die Wirksamkeit der neuen Methoden und Werkzeuge für IhrAlltagsgeschäft nicht sichtbar wird.

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Wann sollten Sie ein Pilotprojekt durchführen . . . und wann nicht?

Sinnvoll, wenn . . . Nicht sinnvoll, wenn . . .

. . . bekanntes Thema

. . . erfahrener Projektleiter

. . . innovationsfreudiges Team

. . . realistische Rahmenbedingungen (Zeit-/Kostenplan)

. . . iteratives Vorgehen im Projekt

. . . ungeeignete Projektgröße (zu große/zu kleine Projekte)

. . . methodenfeindliches und ungeeignetes Team

. . . Projekte mit hoher Kritikalität

. . . hoher Druck von außen

Abb. 7.1 Pilotenprojekt Empfehlungen

Pilotprojekte sollten vor allem dann eingesetzt werden, wenn in kurz-er Zeit sehr viele Neuerungen eingeführt werden. Falls eine schrittweiseEinführung neuer Methoden oder Werkzeuge geplant ist, wobei dies imFalle von Werkzeugen wohl eher selten zu bewerkstelligen ist, dann istein Pilotprojekt nicht unbedingt sinnvoll. Hierfür verweisen wir auf denAbschnitt Deltaanforderungen.

Nicht alle Projekte sind automatisch als Pilotprojekte geeignet. Wel-ches Ihrer Projekte für ein Pilotprojekt passend ist, können Sie anhandverschiedener Faktoren feststellen (vgl. hierzu auch Abb. 7.1). Für IhrPilotprojekt müssen Sie dann ein Projekt finden, bei dem möglichst vielePunkte zutreffen, die dafür sprechen.

Zur Vorbereitung des Pilotprojekts gilt es, einige Punkte zu beachten.Diese möchten wir Ihnen im Folgenden kurz näher bringen.

Haben Sie die benötigten Mitarbeiter, oder müssen weitere herange-zogen werden? Achten Sie dabei auch darauf, dass die Mitarbeiter ineinem Pilotprojekt erfahrungsgemäß mehr Zeit investieren müssen unddaher diese auch zur Verfügung haben sollten. Haben Sie ein großesProjektteam in ihrem Pilotprojekt, müssen Sie sich für ein Kernteamentscheiden, welches das Wissen jeweils in weitere Abteilungen ver-teilt. Versuchen Sie so weit wie möglich, die Mitarbeiter oder dasKernteam bereits in die Vorbereitungen des Pilotprojekts mit einzube-ziehen.

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Denken Sie auch daran, dass die Projektmitarbeiter für das Pilotpro-jekt möglicherweise im Vorfeld bereits einen gewissen Kenntnisstandhaben müssen. Sehen Sie zu, dass das Projekt nicht gleich zu Beginnaus dem Zeitrahmen fällt, weil die Mitarbeiter erst einmal für längereZeit wegen Fortbildungsmaßnahmen für Projektarbeit nicht zur Verfü-gung stehen.

Auch die Rahmenbedingungen müssen entsprechend angepasst wer-den. Denken Sie an passende Räumlichkeiten und entsprechende ad-ministrative Unterstützung. Besonders wenn neue Werkzeuge eingesetztwerden, ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit mit der Administrationreibungslos und ohne zeitliche Verzögerung abläuft.

Dokumentieren Sie das Vorgehen verständlich, damit es im Verlaufdes Projekts nicht zu unnötigen Diskussionen bezüglich des Vorgehenskommt. Für die Dokumentation eignet sich ein im Vorfeld erstellter Leit-faden, den wir in dem Abschnitt Leitfaden weiter unten in diesem Kapitelbeschrieben haben.

Der Deltaansatz zur Anforderungserweiterung

Wenn Sie ein bereits bestehendes System modifizieren möchten und dieZeit für eine umfassende Analyse nicht verfügbar ist, können Sie nichtunbedingt auf den in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Lehr-buchansatz der Systemanalyse setzen. Vielmehr müssen Sie unter denin Systemerweiterungsprojekten vorherrschenden Rahmenbedingungendas erforderliche Wissen möglichst effizient erheben und adäquat doku-mentieren.

Setzt man auf ein bestehendes System auf, das nur an einigen Stellenverändert oder erweitert werden soll, stößt man ziemlich schnell an Gren-zen. Im Idealfall liegt dem Systemanalytiker eine relativ vollständigeDokumentation vor. Der Normalfall sieht in der Praxis dagegen weitauskomplexer aus. Bestehende Systeme zeichnen sich fast ausnahmslosdurch fehlende, lückenhafte, oberflächliche oder hoffnungslos überhol-te Dokumentationen aus. Das Wissen über ein System ist häufig nur inden Köpfen der Entwickler vorhanden oder aber im Source-Code selbst.

Leider ist an dieser Projektrealität nichts zu drehen. Allerdings kön-nen wir den Umgang mit Anforderungserweiterungen durch ein struk-

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turiertes Vorgehen erleichtern: das Einpflegen von neuen oder modi-fizierten Anforderungen in bestehende Dokumentationen in Form vonDeltaanforderungen.

Doch was sind Deltaanforderungen? Das Delta dient in der Mathema-tik als Symbol für die Differenz. Im Kontext der Systemanalyse kommtdem Delta eine synonyme Bedeutung zu. Wir verstehen unter einerDeltaanforderung eine Anforderung, die es uns ermöglicht, die Lückezwischen den Anforderungen ans Altsystem hin zum erweiterten Sys-tem zu schließen, ohne dabei die Funktionalität des Altsystems in seinerGesamtheit verstehen und erfassen zu müssen.

Zur Verdeutlichung des Deltaansatzes beschreiben wir Ihnen nach-folgend

• wie Sie bei der Integration funktionaler Deltaanforderungen vorgehensollten,

• wie Sie mit strukturierten Fragmenten umgehen können,• welche Richtlinien Sie beim Umstieg auf den Deltaansatz beachten

sollten.

Vorgehen bei der Integrationfunktionaler Deltaanforderungen

Ziel der Systemanalyse sollte grundsätzlich die Erstellung einer leichtles- und änderbaren Anforderungsbeschreibung sein. Dieses Ziel impli-ziert eine strukturierte Organisation aller funktionalen Anforderungen,die in ihrer Idealform die Funktionalität des Systems hierarchisch ab-bildet. Im Rahmen einer hierarchischen Strukturierung kann man davonausgehen, dass ein System immer aus einer Menge von Prozessen oderAnwendungsfällen (Use-Cases) besteht, die auf einer tiefer liegendenEbene weiter verfeinert werden bis hin zu den feingranularen natürlich-sprachlichen Anforderungen. Vergleichen Sie hierzu Abb. 7.2.

Der Grundgedanke bei einer funktionalen Systemerweiterung fo-kussiert daher folgendes Faktum: „Jede einzelne funktionale Anfor-derung kann einem Teilschritt eines Systemprozesses zugeordnet wer-den.“ Diesen Zusammenhang können wir uns bei der Spezifikation vonDeltaanforderungen zunutze machen. Zunächst schafft man sich dasGrundgerüst, indem die wichtigsten Use-Cases lokalisiert und die kor-

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Abb. 7.2 Delta Ansatz

respondierenden Systemschritte bzw. Teilschritte daraus abgeleitet undbei Bedarf weiter verfeinert werden. Jede neue funktionale Anforderung(Deltaanforderung) lässt sich dann sauber einem Prozess, Schritt oderauch Teilschritt einer bestimmten Hierarchisierungsebene zuordnen.

Selbst wenn Sie vorläufig noch nicht auf eine konsequent strukturier-te Anforderungsspezifikation zugreifen können, ist es dennoch möglich,sukzessive in Richtung der gewünschten Gesamtstruktur der Anfor-derungen hinzuarbeiten. Verwenden Sie hierfür Modellfragmente undordnen Sie neue funktionale Anforderungen einem Fragment der end-gültigen „idealen Struktur“ zu. Spezifizieren Sie Ihre Modelle immer nurso weit, wie Sie die bisherigen Systemanforderungen verstehen müssen,um die neuen Anforderungen integrieren zu können.

Der funktionalen Hierarchiebildung muss nicht zwingend ein Use-Case zugrunde liegen. Es kann ebenfalls sein, dass die oberste Ebene einAktivitätsdiagramm darstellt oder dass anstatt eines Aktivitätsdiagrammsein Zustandsdiagramm Anwendung findet. Zur Vereinfachung gehen wirim Weiteren jedoch davon aus, dass der Use-Case die oberste Ebene desAnforderungsdokumentes darstellt.

Das Vorgehen zur Integration von Deltaanforderungen bedeutet fürden Systemanalytiker, dass er zu Beginn feststellen muss, ob bereits einUse-Case existiert, in den sich die neue Anforderung integrieren lässt. Istdies der Fall, muss er die für die Erweiterung richtige Stelle in der Use-

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Case-Beschreibung finden und die Ablaufbeschreibung um den neuenSchritt ergänzen bzw. einen bereits existierenden Schritt ändern.

Existiert noch kein Use-Case, in den sich die Deltaanforderung sinn-voll integrieren lässt, muss ein neuer Use-Case modelliert werden.Für die Einbindung des neuen Use-Cases in das gesamte Use-Case-Diagramm des Systems genügt es im Allgemeinen, den neuen Use Casemit den zugehörigen Akteuren darzustellen. Für die anschließend neu zuerstellende Use-Case-Beschreibung müssen Sie dann den neuen Arbeits-schritt spezifizieren. Dokumentieren Sie aber nicht nur die Neuerungoder Änderung, sondern gleichfalls Ihr bis dahin erlangtes Wissen überdas bestehende System. Auch wenn dieses Wissen nicht direkt in dieWeiterentwicklung einfließt, schaffen Sie somit die notwendige Grund-lage für eine sukzessive Verbesserung Ihrer Altdokumentation.

Mit der Spezifikation und Einbindung von Deltaanforderungen soll-te aus Gründen der Eindeutigkeit und Vollständigkeit die Überarbeitungbzw. Erweiterung des Begriffsmodells einhergehen. Sie werden schnellfeststellen, dass im Zuge neuer Anforderungen auch neue fachliche Be-griffe ins Spiel kommen, die definiert werden müssen. Aber auch „alte“Begriffsdefinitionen unterliegen Veränderungen. So kann es mituntersein, dass neue Attribute einer Klasse hinzukommen oder bestehendeAttribute sich verschieben. Ferner können Änderungen in neuen odergeänderten Beziehungen zwischen – hoffentlich im Klassendiagrammmodellierten – Fachbegriffen resultieren.

Umgangmit strukturierten Fragmenten

Das beschriebene Vorgehen kann zur Folge haben, dass Sie zu Beginnmit einer Spezifikation arbeiten, in der es nur so von Fragmenten wim-melt. Durch fragmentarische Spezifikationsmodelle sollten Sie sich abernicht verunsichern lassen. Sie sind allemal besser als ungeordnete „loseBlattsammlungen“ mit einzelnen Anforderungen und führen Sie in dierichtige Richtung der „idealen Struktur“.

Die Erfahrung zeigt, dass der beschriebene Delta-Prozess nicht nur ineiner erhöhten Lesbarkeit resultiert. Das, was Sie ohnehin neu spezifizie-ren müssen, werden Sie ab sofort an den Stellen finden, wo Sie es auchvermuten dürfen. Fragmentarische Modelle werden ferner auch über die

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Anforderungen des nächsten Releases hinaus kontinuierlich vervollstän-digt. Systemanalytiker schätzen diese neue, leicht verständliche Strukturund nutzen jede Gelegenheit, jede kleinste Pause im Alltagsgeschäft da-zu, die Struktur schrittweise zu vervollständigen. Das Übertragen voneinmal verstandenem Wissen in die neue Struktur wird meist als weni-ger mühsam empfunden als das Suchen in alten Dokumenten, die sichauf kurz oder lang sowieso als endgültig unbeherrschbar herausstellenwerden.

Richtlinien für den Umstieg auf den Deltaansatz

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wann oder unter welchen Bedingun-gen es sinnvoll ist, auf die neue Struktur umzusteigen und wann nicht.Die wichtigsten Faustregeln sind:

• Wenn die Änderungen weniger als 10 % des bestehenden Systems be-treffen, sollten sie die existierende Dokumentation beibehalten. Hierlohnt sich der Umstieg kaum.

• Liegt die Änderungsrate zwischen 10–15 %, sollten Sie umsteigen.Nach unserer Erfahrung müssen Sie hierfür 25–30 % des Altsystemsverstehen. Dokumentieren Sie dieses erhobene Wissen an den beste-henden Strukturen sofort und binden Sie die Neuerungen in die neueStruktur ein.

• Spätestens bei 70 % Änderung sollten Sie besser nach der klassi-schen Systemanalyse vorgehen und nicht krampfhaft versuchen, ander Dokumentation des Altsystems festzuhalten. Diese 70 % stellenjedoch nur einen Richtwert dar, der abhängig von der Verteilung dergewünschten Änderungen auf das System variieren kann. Insbeson-dere dann, wenn sich die Änderungen stark auf einzelne Bereiche desSystems konzentrieren sollten Sie bereits bei einem kleineren Ände-rungsanteil auf die herkömmlichen Methoden des RE zurückgreifen.

Leitfaden

Bei der Einführung neuer Methoden oder Werkzeuge entsteht eine rie-sige Menge an Informationen, Regeln und Arbeitsanweisungen. Damit

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die Neuerungen dem ganzen Team bekannt sind und dementsprechendgearbeitet werden kann, muss das Wissen innerhalb des Teams verbreitetwerden.

Dabei reicht es nicht aus, das Wissen per Mundpropaganda wei-terreichen zu lassen, da es unweigerlich zu Informationsverlust (vgl.sprachliche Defekte in Kap. 3) kommen wird. Vielmehr müssen diese In-formationen in irgendeiner Form niedergeschrieben werden. Auch habenwir nicht immer die Möglichkeit, das komplette Team entsprechend derNeuerungen zu schulen, weil das Budget dafür zu klein ist oder Team-mitglieder erst nach der Schulungsphase in das Team hineinkommen.Auch für diesen Fall ist eine Dokumentation des Wissens unerlässlich.Eine Form solch einer Dokumentation, die sich auch in der Praxis häufigbewährt hat, ist der Leitfaden.

Den Leitfaden befüllen

Sinnvolle Inhalte eines Leitfadens können sein:

• Methodik: Die Methodik beschreibt, wie ein Ziel erreicht werden soll.• Artefakte: Welche Dokumente müssen erstellt werden. Hier sind nicht

nur die Enddokumente wichtig, sondern auch die Zwischenergeb-nisse.

• Werkzeuge und Anwendungen: Welche Werkzeuge müssen verwen-det werden, um die Ergebnisse zu erstellen? Wichtig ist es, hier auchprojektspezifische Anpassungen (vgl. Kap. 5) zu beschreiben bzw. derUmgang, die Handhabung mit den Anpassungen.

• Notationen: Werden bestimmte Notationen (z. B. UML) verwendet?Welche Versionen dieser Notationen werden verwendet? Werden dieNotationen erweitert oder eingeschränkt?

Wichtig ist es, den Schwerpunkt des Leitfadens auf die Praxis zu legenund sich nicht in theoretischen Ausschweifungen zu verlieren. Bieten Siedem Leser Antworten auf die Frage, wie er etwas tun soll. Die Theorienhinter Methoden, Vorgehensmodellen etc. können auch in einschlägigerFachliteratur nachgelesen werden. Auch eine schöne äußere Gestaltungdes Leitfadens ist nicht zu verachten, damit dieser auch im Projektteamakzeptiert wird.

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Den Leitfaden sinnvoll erstellen

Beim Verfassen des Leitfadens sollten Sie immer daran denken, dassdie Vorkenntnisse und der Wissensstand der Leser mitunter sehr unter-schiedlich sind. Der alte Hase wird nicht viel Spaß daran haben, allerleiEinsteigerwissen zu lesen, und anders herum ist ein Einsteiger mit Ex-pertenwissen leicht überfordert. Hier hilft eine geeignete Strukturierungdes Leitfadens mit verschiedenen Abschnitten für die unterschiedlichenKenntnisstufen. So kann jeder das Studium des Leitfadens auf die Ab-schnitte beschränken, die für ihn interessant sind.

Beziehen Sie möglichst viele Stakeholder bei der Erstellung des Leit-fadens mit ein. Holen Sie das Wissen bei den Stakeholdern ab, undsorgen Sie für Möglichkeiten, regelmäßig Feedback von den Stakehol-dern zu bekommen. Nur wenn die Stakeholder bei der Entstehung desLeitfadens beteiligt werden, bekommen sie das Gefühl, dass ihre Ideenund Befürchtungen in den Leitfaden eingeflossen sind. Das stärkt in ei-nem nicht zu verachtenden Maße die Akzeptanz des Leitfadens im Team.

Sobald der Leitfaden erstellt ist, muss dieser auch veröffentlicht wer-den und als verbindlich deklariert werden. Hier ist es wichtig, dass diesexplizit bekannt gemacht wird und der Leitfaden für das ganze Team zu-gänglich abgelegt wird.

Einführung undWiderstand

Die Einführung neuer Vorgehensweisen bedeutet auch gleichzeitig Ver-änderungen. Veränderungen stoßen häufig auf Widerstand. Dieser Wider-stand kann viele Ursachen haben. Die häufigsten Ursachen sind Angstvor neuen Aufgaben, die nicht bewältigt werden können, Eigeninteres-se, wenn persönliche Bedürfnisse wie Macht und Status gefährdet seinkönnten, oder Rache, falls die persönliche Beziehung zu der Person imVorfeld bereits gestört ist. Was auch immer die Ursache des Widerstandsist, Sie müssen ihr entgegentreten und wenn möglich schon vorweg denWind aus den Segeln nehmen.

Besonders wichtig ist dabei das Informieren der Betroffenen. Erklä-ren Sie immer, warum es zu dieser Veränderung kommt und wieso diese

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7.2 Vertragsmanagement 143

nötig ist. Motivieren Sie die Mitarbeiter für die Neuerungen und vorallem dafür, diese Neuerungen mit zu tragen und weiterzubringen. Sei-en Sie offen für Kritik und Verbesserungsvorschläge, aber legen Sie fürdie Kommunikation Regeln fest. Lassen Sie Diskussionen nicht auf diepersönliche Ebene abgleiten, da dies nicht der geeignete Ort dafür ist.Wichtig ist, ignorieren Sie den Widerstand nicht, denn so machen SieIhre Mitarbeiter sehr leicht zu Gegnern.

7.2 Vertragsmanagement

Systementwicklungsprojekte werden heutzutage zunehmend über meh-rere Unternehmen verteilt durchgeführt. Beispielsweise wird ein Unter-nehmen mit der Systemanalyse und ein anderes mit der Implementierungbeauftragt. Diese Unternehmen fungieren entweder in der Rolle des Auf-traggebers oder des Auftragnehmers. Abhängig von der jeweiligen Rolleim Projekt verfolgen sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer ih-re eigenen, meist wirtschaftlichen Interessen. Um die Zusammenarbeitzwischen den verschiedenen Parteien zu regeln, brauchen wir Verträge,welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten klären und gewährleisten,dass die Ziele definiert werden, die Rahmenbedingungen gesteckt wer-den und eine Zusammenarbeit ermöglicht wird. Da der Hauptbestandteildes Vertrages die Beschreibung der fachlichen Leistung darstellt, stellenAnforderungen einen wichtigen Vertragsbestandteil dar.

Interessenslage: Auftraggeber vs. Auftragnehmer

Lassen Sie uns die Variante, in der mehrere Unternehmen am Systement-wicklungsprozess beteiligt sind, etwas näher durchleuchten. Die Phasedes Vertragsabschlusses kommt in etwa einem Tauziehen gleich. SowohlAuftraggeber als auch Auftragnehmer sind primär daran interessiert, denVertrag so zu verhandeln, dass er bestmöglich zur eigenen Gewinnmaxi-mierung beiträgt.

Die Interessen des Auftraggebers beim Vertragsabschluss sind primärmotiviert durch die Angst einer Kostenexplosion. Er will möglichst früh

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wissen, was er für die gewünschte Funktionalität und Qualität bezahlenmuss und gleichzeitig durch ein Festpreisprojekt das Entwicklungsri-siko an den Auftragnehmer delegieren. Demgegenüber liegt der Fokusdes Auftragnehmers auf einer Vereinbarung, die es ihm ermöglicht, denVertragsgegenstand gewinnbringend und mit minimalem Risiko erfüllenzu können. Als Basis für eine realistische Risiko- und Aufwandsab-schätzung dient ihm unter anderem die Qualität der dokumentiertenAnforderungen. Falls er das Projekt zum Festpreis anbieten muss, kanner basierend auf dieser Risikoeinschätzung das mit unklaren Anforde-rungen einhergehende Risiko durch einen entsprechenden Preisaufschlageinkalkulieren.

Vertragsmodelle

Bevor wir zu tief in den für ein Systementwicklungsprojekt relevantenInhalt eines Vertrages einsteigen, folgt zunächst eine kleine Vertragskun-de. Um die Zusammenarbeit mit Ihrem Partner vertraglich festzulegen,stehen Ihnen mehrere Vertragsmodelle, wie Werksvertrag, Dienstleis-tungsvertrag, aufwandsbasierter Vertrag, Festpreisvertrag oder verschie-denste Mischformen, zur Auswahl.

Für die schriftliche Fixierung Ihrer Ziele können Sie zwischen zweiArten von Verträgen auswählen, dem Dienst- oder Werksvertrag. Wirdein Dienstvertrag nach § 611 BGB abgeschlossen, schuldet der Auftrag-nehmer „nur“ das Ergebnis (also die Leistung), jedoch nicht den Erfolg.Wird dagegen ein Werksvertrag nach § 631 BGB abgeschlossen, ver-spricht der Auftragnehmer neben der Erbringung der Leistung auch denErfolg der vereinbarten Leistung.

Unabhängig davon, ob Sie zu einem Dienst- oder Werksvertrag ten-dieren, sollten Sie sich über die Art der Leistungsverrechnung Gedankenmachen. Sie können in Ihrem Vertrag entweder eine festpreisbasierteoder eine aufwandsbasierte Bezahlung festlegen. Im Rahmen eines fest-preisbasierten Vertrages wird zwischen Auftragnehmer und Aufraggeberein fixer Preis zu Beginn der Leistungserbringung vereinbart. Demge-genüber bezahlt der Auftraggeber bei der aufwandsbasierten Bezahlungdie erbrachte und nachgewiesene Leistung entsprechend des verursach-ten Aufwandes.

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7.2 Vertragsmanagement 145

Abb. 7.3 Vertragsmodell

Zusammenhang zwischen Vertragsmodellund Vorgehensmodell

Ähnlich wichtig wie die Wahl eines Vertragsmodells ist die Festlegungeines adäquates Vorgehensmodells, das für das Projekt eingesetzt werdensoll. Jedes Unternehmen hat sowohl in Bezug auf das Vertragsmodell alsauch in Bezug auf das eingesetzte Vorgehensmodell seine Präferenzen.Beide Modelle haben einen entscheidenden, mitunter divergierendenEinfluss aufeinander.

Beispielsweise harmoniert ein sehr stark iterativ-inkrementell ge-prägtes Vorgehen nicht mit einem Festpreisvertrag, da die Kosten zurUmsetzung von Anforderungen, die erst kontinuierlich während desProjektverlaufs erhoben werden, nicht bereits im Vorfeld durch einenFestpreis kalkuliert werden können. Das Vorgehensmodell wiederum be-einflusst die Methoden, mit denen Sie im Projekt arbeiteten und somitauch die Notationsarten und die dafür verwendeten Tools.

Vor der Wahl des Vertragsmodells sollten Sie daher eine Vielzahlder korrespondierenden Steuerungsfaktoren ausreichend evaluieren. Wiein Abb. 7.3 zu sehen, gehört hierzu auch die Realität Ihres Unterneh-mens, da Sie mit Ihrem Projekt Teil eines Unternehmens und damit einerUnternehmensrealität sind. Schränken Sie Ihre Entscheidung für ein Ver-

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tragsmodell wenn möglich nicht bereits im Vorfeld durch ein spezifischesVertragsmodell ein, nur weil es in Ihrem Unternehmen gängige Praxisdarstellt. Idealerweise sollten Sie Ihre Entscheidung aus der Bewertungaller Einflussfaktoren insbesondere einer Untersuchung der für Ihr Pro-jekt geeigneten Vorgehensmodelle ableiten.

Kooperationsregelung durch das RCDA-Verfahren

Der Weg zum perfekt zugeschnittenen Vertrag erweist sich häufig alssehr steinig. Auch wenn jedes Projekt eine unterschiedliche Charakte-ristik in Bezug auf Randbedingungen und Modelle aufweist, gibt es einuniversell einsetzbares Prinzip, durch das die Kooperation zwischen denVertragspartnern beschrieben werden kann. Wir nennen dieses Prinzipdas RCDA-Verfahren, welches das Zusammenspiel von Require, Com-mit, Deliver und Accept regelt.

Grundsätzlich stellt der Auftraggeber ein Require (die Gesamtfor-derung) an den Auftragnehmer. Der Auftragnehmer reagiert mit einemCommit (eine Verpflichtung bzw. Zustimmung) und liefert nach einerfestgelegten Zeit ein Deliver (die Lieferung). Ein Accept (Abnahme)vonseiten des Auftraggebers stellt die Erfüllung des Vertrages sicher. DerProzess kann natürlich auch mit einem Reject (Ablehnung) des Auftrag-gebers enden. Im Rahmen einer iterativ-inkrementellen Vorgehensweiseist ferner das mehrfache Durchlaufen des Prozesses möglich und auchsinnvoll.

Wichtig beim RCDA-Prinzip ist die genaue Definition von Artefak-ten an der Schnittstelle zwischen den beiden Vertragspartnern. Für einArtefakt sollten weiterhin mindestens dessen Inhalt, Qualität, Notations-art und das erforderliche Detaillierungsniveau definiert werden. Wäh-rend das Vertragsmodell regelt, welche Artefakte ausgeliefert werden,bestimmt das gewählte Vorgehensmodell, wie diese Artefakte erstelltwerden.

Umgangmit Anforderungsänderungen

Ein weiterer, nicht minder gewichtiger Aspekt ist die vertragliche Ver-einbarung in Bezug auf den Umgang mit Änderungen. Änderungen im

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7.2 Vertragsmanagement 147

Verlauf von IT-Projekten sind nicht nur unumgänglich, sondern stellensich in jedem Projekt als allgegenwärtig dar. Vor diesem Hintergrundsollten Sie bereits im Vorfeld ausloten, wie hoch die Wahrscheinlichkeitist, dass Änderungen in den Anforderungen in Ihrem Projekt auftretenund ob die damit einhergehenden Risiken durch Ihre vertraglichen Ver-einbarungen abgedeckt sind.