IT-Konsolidierung Was die CIOs planen · 2016. 2. 17. · Zeitschrift der...

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Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V. 1 2016 www.vitako.de Februar Was die CIOs planen IT-Konsolidierung NORMENKONTROLLRAT Ein Schritt in die richtige Richtung BRENNPUNKT FLÜCHTLINGE Ohne funktionierende IT geht nichts mehr SERIE: ZUKUNFT DER ARBEIT Digitalisierung – die nächste Revoluton?

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  • Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V.

    1 2016www.vitako.de

    Februar

    Was die CIOs planen

    IT-Konsolidierung

    NORMENKONTROLLRAT

    Ein Schritt in die richtige Richtung

    BRENNPUNKT FLÜCHTLINGE

    Ohne funktionierende IT geht nichts mehr

    SERIE: ZUKUNFT DER ARBEIT

    Digitalisierung – die nächste Revoluton?

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  • \ EDITORIAL

    31|2016

    Gestärkte Zusammenarbeit

    Großer Einsatz macht sich bezahlt. Das zeigt sich am Beispiel der Vergaberechts-reform, die am 18. Dezember 2015 vom Deutschen Bundesrat verabschiedet wur-de. Durch das moderne Gesetz werden gleich drei neue EU-Richtlinien über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen umgesetzt. Mit großen Auswirkungen auch auf die kommunale IT: Denn es ist nun möglich geworden, die Zusammenarbeit der Kommunen un-tereinander zu vereinfachen und rechts-sicher zu gestalten.

    Als Interessenverband war es uns wich-tig, insbesondere die Regelungen zur sogenannten Inhouse-Vergabe in § 108 GWB beizubehalten, weil der deutsche Föderalismus mit seinen vielen selbst-ständigen Verwaltungseinheiten zu einer großen Zahl von öffentlichen Auftragge-bern führt, die Klarheit benötigen, unter welchen Voraussetzungen sie miteinan-der kooperieren können. Die Organisa-tionsfreiheit der öffentlichen Auftragge-ber, ihre Leistungen mit eigenen Mitteln und Einrichtungen zu erbringen oder mit anderen öffentlichen Auftraggebern zwecks Erfüllung ihrer Aufgaben zusam-menzuarbeiten, ist deshalb von großer Relevanz.

    Dass Verwaltungen in IT-Fragen koope-rieren können, um ihre Aufgaben effektiv und effizient zu erledigen, hat zuletzt die Aufnahme des Art. 91c in das Grundge-setz unterstrichen. Gerade auch Länder und Kommunen sind aufgefordert, so-wohl ihre innere Organisation als auch ihre IT-Infrastruktur selbst zu gestalten. Dazu gehört auch die Entscheidung, Leistungen selbst zu erbringen oder auf dem Markt zu beschaffen. Vor dem Hin-

    tergrund, dass bei nahezu allen IT-An-wendungen der öffentlichen Verwaltung personenbezogene Daten verarbeitet werden, ist die interkommunale Zusam-menarbeit umso wichtiger. Informati-onssicherheit und Datenschutz sind bei kommunalen IT-Dienstleistern in guten Händen.

    Erwähnens- und unterstützenswert fin-den wir auch die Regelungen zur E-Ver-gabe. Ein noch stärker elektronisch un-terstützter Beschaffungsprozess trägt dazu bei, Vergabeverfahren mit geringe-ren Transaktionsaufwänden für Auftrag-geber und Auftragnehmer durchführen zu können. Alles in allem können wir also ganz zufrieden sein und wollen Bun-deswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nicht widersprechen, wenn er sagt: „Mit unserer Reform machen wir die Vergabe-regeln für Unternehmen und für die öf-fentliche Hand übersichtlicher und trans-parenter. Die Vergabeverfahren werden schneller und effizienter.“ In diesem Sinne wünschen wir eine gute Lektüre

    Peter Kühne, Vorstandsvorsitzender, Dr. Marianne Wulff, Geschäftsführerin, Vitako – Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister.

  • \ IMPRESSUM\ IMPRESSUM \ INHALT

    41|2016

    Herausgeber:Bundes-Arbeitsgemeinschaft derKommunalen IT-Dienstleister e. V.Markgrafenstr. 2210117 BerlinTel. 030 / 20 63 15 60E-Mail: [email protected]

    V.i.S.d.P.:Dr. Marianne Wulff

    Redaktion Vitako: Dr. Helmut Merschmann

    Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Berichte auch ohnevorherige Absprache zu kürzen. Der Inhalt der Beiträge gibtnicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. AlleRechte vorbehalten. Nachdruck oder elektronische Verbreitungnur mit Zustimmung des Herausgebers.

    Realisation:Goergen Kommunikation GmbHLungengasse 48-5050676 Kölnwww.g-komm.de- Redaktion:

    Anne Goergen, Michael Wayand, Kai Ortmann- Grafik:

    Necmetin Atlialp, Alicja Zens

    Erscheinungsweise:4 Ausgaben im Jahr

    Auflage:5.000

    Lektorat:Ursula Barthel Grafikdesign, [email protected]

    Litho u. Druck:köhler + bracht GmbH & Co. KG, D-26180 Rastede/Wahnbek

    Bildnachweise:AKDB (S. 21); Innenministerium Baden-Württemberg (S. 12); Bayerisches Staatsministerium der Finanzen (S. 12); Berliner Senatsverwaltung des Innern (S. 13); Freie Hansestadt Bremen, Senatorin für Finanzen (S. 13); Bundesministerium des Innern (S. 27); Dataport (S. 23); Freie und Hansestadt Hamburg (S. 14); Hessisches Finanzministerium (S. 14); istock.com/: Hong Li (S.10-18), Henrik5000 (Titel), mrgao (S. 20), wildpixel (S. 22), pinstock (S. 24), akindo (S. 28); Lecos (S. 34); Innen-ministerium Mecklenburg-Vorpommern (S. 15); Microsoft Deutschland (S. 32); Nationaler Normenkontrollrat (S. 25); Niedersächsisches Innenministerium (S. 15); Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen (S.16); Innenministerium Rheinland- Pfalz (S. 16); Staatskanzlei des Saarlandes (S. 17); Sächsisches Staatsministerium des Innern (S. 17); Innenministerium Sachsen-Anhalt (S. 18); www.robert-schlesinger.de/Robert Schlesinger (S. 6-9); Vitako (S. 3, 27, 30-31)

    Autoren dieser Ausgabe:Dr. Johann Bizer, DataportHartmut Beuß, Staatskanzlei Nordrhein-WestfalenJulia Kloiber, Code for GermanyStefan Krebs, Innenministerium Baden-WürttembergClemens Krüger, AKDBJürgen Lennartz, Staatskanzlei des SaarlandesThomas Lenz, Innenministerium Mecklenburg-VorpommernDr. Johannes Ludewig, Nationaler NormenkontrollratHans-Henning Lühr, Hansestadt BremenStefan Manke, Innenministerium NiedersachsenRenate Radon, MicrosoftMichael Richter, Innenministerium Sachsen-AnhaltJörn Riedel, Freie und Hansestadt HamburgDr. Thomas Schäfer, Finanzminster des Landes HessenDr. Markus Söder, Bayerischer Staatsminister für FinanzenAndreas Statzkowski, Berliner Senatsverwaltung für InneresRandolf Stich, Innenministerium Rheinland-PfalzKlaus Vitt, Bundesministerium des InnernDr. Michael Wilhelm, Sächsisches Staatsministerium des InnernDr. Marianne Wulff, Vitako

    Hinweis:Vitako aktuell erscheint zusätzlichmit 3 Regionalausgaben:Ausgabe krz LemgoAusgabe Lecos LeipzigAusgabe regio iTDer Vertrieb erfolgt durch das jeweilige Vitako-Mitglied.

    ISSN 2194-1165

    Wird innerhalb der Zeitschrift auf fremde Links oder externe Informationsangebote hingewiesen, so macht sich Vitako diese Inhalte nicht zu eigen und kann für sie keine Haftung übernehmen.

    IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    6 Im Großen denken Digitalisierung des Asylverfahrens, IT-Konsolidierung im Bund, Cyber-Sicherheit und Netze des Bundes – der neue CIO des Bundes, Klaus Vitt, im Gespräch mit Dr. Marianne Wulff und Dr. Helmut Merschmann.

    10 Kooperation ist Trumpf Vitako hat die CIOs der Länder gebeten, sich zur Bedeutung und Zukunft der öffentlichen IT zu äußern. Nahezu alle haben geant-wortet und liefern ein klares Bild zu künftigen Herausforderungen und aktuellen Problemen.

    INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    20 Einfach zahlen Verwaltungsgebühren elektronisch begleichen zu können, ist eine wesentliche Voraussetzung für funktionierendes E-Government. Clemens Krüger, stellvertrender Leiter E-Governmnet der AKDB, präsentiert Lösungsansätze.

    22 Pragmatische Lösung Der Flüchtlingszustrom stellt Bund, Länder und Kommunen vor große Herausforderungen bei der Erfassung, ein Problem das einer schnellen Lösung bedarf. Dr. Johann Bizer von Dataport skizziert die Vorteile eines zentralen Kerndatensystems.

    24 Gesetzliche Folgekosten sinken erstmals Dr. Johannes Ludewig, Präsident des Nationalen Normenkontrollra-tes, präsentiert die Ergebnisse des Jahresberichtes 2015 und sieht Verbesserungen bei der Verringerung der Gesetzesfolgekosten.

  • \ INHALT\ INHALT

    51|2016

    VERWALTUNG DER ZUKUNFT

    26 Serie: Zukunft der Arbeit – Kollege Roboter Die Konsequenzen der zunehmenden Digitalisierung für die Arbeitsverhältnisse und -bedingungen in der öffentli-chen Verwaltung beleuchtet Dr. Marianne Wulff.

    28 App-Check: Wissen für alle Vitako prüft www.fragdenstaat.de – die WepApp für möglichst einfache und schnelle Anfragen an Behörden und Parlamente nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

    RUBRIKEN

    30 Grundidee: Vernetzung Festschrift zum zehnten Geburtstag von Vitako – eine Rezension.

    32 Vitako fragt … Renate Radon

    33 Vitako antwortet … Randolf Stich

    34 Panel34 ProVitako 35 In eigener Sache 35 Vorschau auf die nächste Ausgabe35 Termine

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  • \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    61|2016

    Gespräch unter Fachleuten: Bundes-CIO Klaus Vitt (Mitte) diskutierte mit den Vitako-Vertretern Marianne Wulff und Helmut Merschmann die speziellen Belange des kommunalen Bereichs

  • \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    71|2016

    Als Sie ins Amt kamen war sofort klar, welche Schwerpunkte Sie setzen. Wie schätzen Sie denn diese Fokussierung nach den ers-ten drei Monaten ein? Ergeben sich neben Konsolidierung und Flüchtlingen noch weitere Handlungsfelder?Ich glaube, es war eine gute Entscheidung, mich angesichts des unglaublich vielfältigen Aufgabengebietes auf eine bestimmte Anzahl von Themen zu konzentrieren. Gerade am Beispiel Digi-talisierung des Asylverfahrens wird deutlich, welches Potenzial freigesetzt werden kann, wenn die Beteiligten über alle Ebenen hinweg die gleichen Probleme und Interessen haben. Dann be-wegen Bund, Länder und Kommunen mit einem Mal sehr viel gemeinsam. Ein praktisches Beispiel: Das zentrale Kerndaten-system des Asylverfahrens ist ja nichts anderes als eine einheit-liche Datenbank für alle Beteiligten. Die dort hinterlegten Daten sind entsprechend geschützt, die Zugriffsrechte klar definiert. Das Verfahren kann eine Blaupause sein für die Digitalisierung auch in anderen Bereichen, denn es zeigt, was machbar ist.

    Bis wann rechnen Sie mit dem Einsatz des zentralen Kerndaten-systems?Zunächst einmal: Die Digitalisierung des Asylverfahrens gliedert sich in drei Säulen. Die erste ist die Registrierung. Dafür stel-len wir eine komplette Registrierungsumgebung zur Verfügung, bestehend aus einem Passlese- und -prüfgerät, einem Fingerab-druckscanner und einem Fotoapparat. Die erfassten Daten ge-langen automatisiert in die zweite Säule des Gesamtverfahrens, das Kerndatensystem. Dort sind alle von den Asylbewerbern erfassten personenbezogenen Daten hinterlegt und werden ständig aktualisiert. Die „dritte“ Säule ist der Ankunftsnachweis als fälschungssicheres Papier. Das Dokument wird dezentral er-stellt, der Drucker dazu mitgeliefert. Es gilt dann solange, bis der Aufenthaltstitel erteilt ist. Die Pilotierung des Gesamtsys-tems hat in der dritten Kalenderwoche an den vier Standorten Heidelberg, Zirndorf, Bielefeld und Berlin begonnen.

    Über die Digitalisierung des Asylverfahrens könnten wir vermut-lich noch Stunden reden, aber es gibt ja noch andere spannende

    Dinge in ihrem Haus. Das ITZBund ist seit dem 1. Januar Realität. Alles fertig geworden?Der erste Schritt bei der IT-Konsolidierung des Bundes war die organisatorische Zusammenlegung der drei Rechenzentren BIT, ZIVIT und DLZ IT des BMVI. Dieser wichtige Meilenstein als Vo-raussetzung für alles Weitere ist abgeschlossen. Jetzt folgt die eigentliche inhaltliche Arbeit, also zunächst vor allem die Kon-solidierung der Systemplattformen und der Betriebsabläufe. Da-nach beginnt die zweite Phase, in der die weiteren Rechenzen-tren der unmittelbaren Bundesverwaltung unter diesem Dach zusammengeführt werden.

    Diese Veränderungen betreffen ja nicht nur die Technik, sondern vor allem viele Menschen. Gibt es da professionelle Begleitung, Stichwort Change Management?Diesen Transformationsprozess zu begleiten, ist ein ganz wichti-ges Element des Gesamtprojektes. Die Begleitung der Mitarbei-ter und der Führungskräfte muss sehr früh beginnen. Die Mit-arbeiter finden sich ja auf einmal in einem neuen Organigramm wieder, was eine Menge unterschiedlicher Konsequenzen haben kann, wie etwa die Veränderung der Führungsbeziehung und die

    Im Oktober 2015 setzte Klaus Vitt bei seinem Amtsantritt vier Schwerpunkte: die Digitalisierung

    des Asylverfahrens, die IT-Konsolidierung des Bundes, die Cyber-Sicherheit und die Netze des

    Bundes. Details erläuterte er im Gespräch mit Vitako-Geschäftsführerin Marianne Wulff und

    Vitako-Referent Helmut Merschmann.

    Der Bundes-CIO im Gespräch mit Vitako aktuell

    Im Großen denken

    Klaus Vitt wurde 1952 in Hagen geboren und studierte Nachrichtentechnik an der Fachhochschule der Deutschen Bundespost sowie Mathematik/Informatik an der Univer-sität in Dortmund. Er war zehn Jahre in verantwortlichen Positionen im IT-Bereich bei der Deutschen Telekom AG tätig. Von 2006 bis 2014 arbeitete er als Geschäftsführer der zentralen IT der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ab 2014 war er Generalbevollmächtigter für Informationstechnolo-gie und Prozessmanagement in der Zentrale der BA. Seit Oktober 2015 ist Klaus Vitt Staatssekretär im Bundesmi-nisterium des Innern und Beauftragter der Bundesregie-rung für Informationstechnik.

    Klaus Vitt

  • \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    81|2016

    Veränderung des Aufgabengebietes. Deshalb werden wir in der Gesamtprojektleitung das Veränderungsmanagement als wichti-ge Funktion verankern und für regelmäßigen Informationsfluss, insbesondere gegenüber den Personalvertretungen, sorgen. Bei der jetzt folgenden technischen Konsolidierung im ITZBund muss man, wie in auch in späteren Konsolidierungsprozessen, dafür sorgen, dass es keine Gewinner-/Verlierer-Situationen gibt, sondern gemeinschaftlich in den einzelnen Bereichen an der besten technischen Lösung gearbeitet wird. Allen Beteiligten muss klar sein: Es ist nicht sinnvoll, drei unterschiedliche Syste-me und drei unterschiedliche Betriebsabläufe zu haben.

    Ist der demographische Wandel auch ein Grund für die IT-Konso-lidierung – Stichwort Fachkräftemangel?Wenn wir gute Leute bekommen wollen, dann wird das nicht über die Attraktivität des Gehalts geschehen können, denn da sind wir als öffentlicher Dienst limitiert. Also brauchen wir andere Argumente für uns: Ein attraktiver Arbeitgeber muss innovativ sein, auf dem neuesten Stand der Technik und dem Arbeitnehmer Möglichkeiten geben, sich zu entwickeln und vorne mit dabei zu sein. In einer kleinen IT-Einheit wird das schwierig. Denn der technologische Fortschritt nimmt ständig an Geschwindigkeit zu. Aus diesen Gründen brauchen wir we-nige große IT-Einheiten als attraktive Arbeitgeber. So haben wir die Chance, Fachkräfte zu bekommen, sie zu entwickeln und ihnen attraktive und abwechselungsreiche Aufgaben an-zubieten. Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Zusammen-hang ist die IT-Sicherheit. Die Angreifer werden immer profes-sioneller, es gibt dauernd neue Angriffsarten. Die kleinen und mittleren Rechenzentren werden aus meiner Sicht irgendwann nicht mehr in der Lage sein, ein angemessenes Sicherheitsni-veau zu halten.

    Was machen Sie denn konkret für die Personalgewinnung? Wir haben das vor kurzem für den kommunalen Bereich einmal in ei-ner Broschüre zusammengestellt, wie geht der Bund damit um?Die Interessenslage von Fachkräften hat sich nach meiner

    Wahrnehmung in der letzten Zeit deutlich geändert. Die Ver-einbarkeit von Familie und Beruf hat einen ganz anderen Stel-lenwert bekommen. Ein Arbeitgeber muss auf der einen Seite in Bezug auf Innovation und Technologie attraktiv sein, auf der anderen Seite aber auch etwa Remotearbeit und flexible Arbeitszeiten anbieten. Wichtig ist zudem die Kooperation mit Universitäten und anderen Institutionen, um möglichst früh Kontakt zu Fachkräften und IT-Studenten zu bekommen.

    Wie steht es eigentlich um das Thema Bundes-Cloud. Wann wird sie kommen?Wenn wir konsolidieren, dann müssen wir das auf dem neues-ten technischen Stand tun. Dazu gehört auch die Cloud-Techno-logie. Die Cloud ist im wesentlichen nichts anderes als ein hoher Grad der Standardisierung. Also letztendlich eine einheitliche Systemplattform, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Hard-ware, sondern auch auf das Betriebssystem, alle Systemkompo-nenten und die Konfiguration. Wenn wir von der Bundes-Cloud reden, dann reden wir vorerst nur über Private-Cloud, und es wird auch nicht eine Cloud für alle Funktionen geben. Bis 2018 wollen wir eine erste Lösung implementiert haben.

    Wir haben die verschiedenen öffentlichen Cloud-Projekte auch immer so verstanden, dass hier ein Gegengewicht zu den kom-merziellen Angeboten geschaffen werden soll – insbesondere um dem Verbraucher zu signalisieren: Wir gehen anders und sorgfältiger mit euren Daten um. Richtig ist: Wir bauen auch deswegen eine Bundes-Cloud auf, damit wir nicht irgendwann zu einem anderen Anbieter gehen müssen. Wann wäre das überhaupt denkbar? Doch nur dann, wenn wir nicht in der Lage sind, zu den entsprechend gerin-gen Stückkosten selber diese Technologie bereitzustellen. Dazu brauchen wir eine hohe Standardisierung und große Mengen. Letzteres ist kein Problem, überschlägig berechnet kommen wir im Bund recht schnell auf eine halbe Million Nutzer. Was noch fehlt, ist die Standardisierung. An der arbeiten wir. Ne-ben den Kosten bietet die Cloud auch ganz praktische Vorteile

  • \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    91|2016

    für die Fachanwendungen. Wegen der Standardisierung wird zum Beispiel der Schnittstellenbau wird deutlich einfacher. So muss ich im Office-Bereich nur jeweils eine Office-Version be-rücksichtigen, wenn ich die ganze Bundesverwaltung aus einer Office-Cloud bediene. Wir wirken damit auch der zunehmenden Komplexität der IT- und Systemlandschaft entgegen. Denn ent-weder werden wir von dieser erschlagen oder wir standardisie-ren. Und das geht am besten mit der Cloud.

    Ein Stichwort, das wir im Vitako-Vorstand diskutiert haben, ist das Thema Sicherstellung der Betriebsstabilität. Dabei kristalli-sierte sich die Meinung heraus, dass diese am Ende nur in grö-ßeren Einheiten wirklich zu garantieren ist. Wie sehen Sie das?Letztlich genauso. Ich kann nur empfehlen, Kooperationen ein-zugehen und dort dann Standardisierungen vorzunehmen. Die kleinen und mittleren Einheiten werden auf Dauer nicht mehr in der Lage sein, alle Notwendigkeiten abzudecken. Denn wir haben ja noch einen weiteren Komplexitätstreiber: die Sicher-heit. Früher hat man eine Burg um das Rechenzentrum gebaut und irgendwann dennoch festgestellt, dass Einbrüche ins Sys-tem nicht gänzlich zu verhindern sind. Dann hat man im Inne-ren die einzelnen Höfe abgeteilt, also einzelne Netzsegmente mit Firewalls dazwischen aufgebaut. Diese Einheiten haben sich im Zuge der Entwicklungen weiter verkleinert. Nehmen wir jetzt ein Hochverfügbarkeitsrechenzentrum über zwei Standorte, dann haben Sie Komplexität hoch drei, das können die Kleinen nicht mehr einfach so stemmen.

    Auf der anderen Seite ist die Sicherheit eines unserer Argumente für dezentrale Einheiten, denn ein großes Rechenzentrum ist na-türlich ein wunderbares Ziel für einen Angriff.Wenn Sie aber die heutigen Angriffsvarianten sehen, dann konzentrieren sich diese nicht auf ein physisches Rechenzen-trum, sondern Sie kriegen entweder Schadprogramme über den Mailverkehr rein oder es werden Privatsysteme als An-griffsplattformen missbraucht. Wenn wir als Beispiel anneh-men, dass eine Institution in kürzester Zeit 100.000 E-Mails

    mit Malware bekommt, dann ist das für kleine Rechenzentren mit vielleicht einer Million E-Mails im Monat ein enormes Pro-blem. Große Einheiten können das besser abfedern. Bei der zweiten Variante erfolgen die Angriffe häufig in Wellen, um zu schauen, ob der Angegriffene zusammenbricht oder nicht. Tut er es, dann geht es richtig zur Sache. Deshalb sollten gerade auf dem Sektor IT-Sicherheit auch Bund, Länder und Kommu-nen noch viel enger zusammenarbeiten.

    Eine Idee ist ja, eine regionale Bindung zu behalten, aber im Hin-tergrund deutlich stärker zu bündeln. Wie ist das im Bundespro-jekt, bleiben die Standorte bestehen?Bei einem professionellen Rechenzentrum heutigen Standards muss kein Mitarbeiter mehr persönlich in den Serverraum ge-hen. Da wird nur noch Hardware rein- oder rausgebracht. Die Konfiguration erfolgt komplett von außen. Deswegen ist der Standort des Rechenzentrums vollkommen egal, der wird nach ganz anderen Kriterien ausgewählt. Möglichst viele physische Standorte für die Server zu haben, ist auch nicht sinnvoll, denn an jedem Ort muss die gesamte Infrastruktur wie zum Beispiel Klimatisierung, Stromzufuhr und Kommunikationsanbindung vorgehalten und redundant ausgelegt werden. Die Anzahl der Rechenzentrumsstandorte werden wir unter diesen Aspekten reduzieren. Die Mitarbeiter sind davon nicht unbedingt be-troffen und können über mehr Standorte verteilt sein als es Rechenzentren gibt.

    Was wünschen Sie sich denn von den kommunalen IT-Dienst-leistern?Dass sie überlegen, welche Kooperationen sie eingehen können und prüfen, welche Einheit von ihrer Größe her nicht mehr in der Lage ist, die heutigen Anforderungen abzudecken. Gleich-zeitig sollten sie darüber nachdenken, wie diese Kooperationen aussehen und wie sie auch gegenüber den Marktpartnern am besten auftreten können. Letztlich sollte das, was in den vergan-genen Jahren auf der Landes- und Kommunalebene an Konsoli-dierung gelaufen ist, konsequent weiter verfolgt werden.

    „Wenn wir nicht von der zunehmenden Komplexität der IT- und Systemlandschaft erschlagen werden wollen, müssen wir standardiseren.“

    Klaus Vitt

  • 101|2016

    101|2016

    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

  • 111|2016

    11

    In 15 von 16 Bundesländern ist ein CIO im Amt. Vitako

    Aktuell hat sie zu ihren Zielsetzungen, den Erfolgs-

    faktoren und Rahmenbedingungen für die öffentliche IT

    in ihren Ländern befragt.

    Klare Vorstellungen von der Zukunft der öffentlichen IT

    Kooperation ist Trumpf

    Der Föderalismus bringt vielfältige Ausprägungen beim Posten des Chief Information Officer (CIO) der Bundesländer mit sich. Diese finden sich wahlweise in den Staatskanzleien, im Finanz- oder im Innenministerium, vom Abteilungsleiter über Staatssekretäre bis hin zum Minister sind alle Positionen vertreten. Dennoch sind sich alle einig: Es geht voran in der Weiterentwicklung von E-Government, aber gleichzeitig gibt es viele Baustellen. Die wichtigsten: Der Kulturwandel in der Ver-waltung hin zum Denken in digitalen Prozessen, die IT-Sicherheit, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und die zukünftige Fachkräftege-winnung. 13 CIOs haben sich den Fragen von Vitako aktuell gestellt.

    1. Welche ZIELE haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?2. Welche RISIKEN sehen Sie für die Entwicklung der

    öffentlichen IT?

    3. Was sind die wichtigsten ERFOLGSFAKTOREN für Ihre Arbeit?

    4. Wie könnten die Rahmenbedingungen für ein wirkungs-volles HANDELN Ihrerseits noch verbessert werden?

    5. Welche Aufgabe spielen nach Ihrer Meinung öffentliche IT-Dienstleister bei der WEITERENTWICKLUNG der digitalen Verwaltung?

    6. Bitte führen Sie die beiden unten stehenden Aussagen kurz und bündig weiter Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT … Öffentliche IT darf nicht …

    1|2016

    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

  • 121|2016

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    „Bereitschaft zu Veränderungen“Stefan Krebs, Baden-Württemberg

    ZIELE Im Rahmen der „IT-Neuordnung“ bin ich ange-treten, die Landes-IT zu bündeln und zukunftsfähig zu machen. Das ist ein „Mammut-Projekt“ – Umfang und Vielfalt der Themen machen jedoch auch den Reiz des Projekts aus. Politisches Ziel und der damit einherge-henden IT-Bündelung sind Einsparungen durch die Nut-zung von Synergien und Effizienzreserven, verbunden mit der Chance, Geschäftsprozesse und die eingesetzte IT zu optimieren und weiter zu modernisieren.

    RISIKEN Die IT-Durchdringung in der öffentlichen Ver-waltung steigt wie überall. Oft werden hierdurch Pro-zesse vereinfacht oder die Wirtschaftlichkeit gesteigert. Gleichzeitig wachsen Abhängigkeit von IT und Ver-wundbarkeit durch Cyberangriffe. Die Chancen der Di-gitalisierung sind nur dann wirklich nutzbar, wenn die damit verbundenen Risiken analysiert und durch geeig-nete Gegenmaßnahmen kontrolliert werden.

    ERFOLGSFAKTOREN Alle Entscheider müssen an ei-nem Strang ziehen. Bezogen auf die IT-Neu-ordnung kann das im Einzelfall bedeuten, dass ressortspezifische Interessen zugunsten einer für die gesamte Landesverwaltung nutzbringenden

    Lösung zurückstehen müssen. Damit strategische Ziele erreicht werden, braucht es an der Basis kompetente IT-Fachkräfte, die die angestrebten Lösungen realisieren und die Bereitschaft zu Veränderungen.

    HANDELN Bezogen auf die IT-Neuordnung, als eine meiner zentralen Aufgaben in den nächsten Jahren, wären Anschubfinanzierungen für einzelne Maßnah-men sehr hilfreich, so wie es auch der Bund bei „seiner“ IT-Konsolidierung macht. Oft sind Veränderungen, die mittelfristig zu wirtschaftlichen Vorteilen führen, nur mit einer anfänglichen Investition realisierbar.

    WEITERENTWICKLUNG Öffentliche IT-Dienstleister sind ein wichtiges Element bei der Weiterentwicklung der digitalen Verwaltung. Sie kennen Abläufe und An-forderungen „aus erster Hand“ und müssen ihr Handeln nicht auf Gewinnmaximierung ausrichten. Gleichzeitig ermöglichen sie es, IT-Know-how für die Verwaltung zu bündeln und dauerhaft bereitzustellen. So ist auch die IT Baden-Württemberg (BITBW) einer der wichtigsten Bausteine der IT-Neuordnung.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT, dass die-se ihre Informationsbedürfnisse erfüllt, einfach, online zu erreichen ist und gleichzeitig ihre Anforderungen an

    Datenschutz und Datensicherheit erfüllt.Öffentliche IT darf nicht als „notwendiges Übel“ gesehen werden, sondern muss als Chance begriffen werden.

    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    „Ganz vorn mit dabei“Staatsminister Dr. Markus Söder, Bayern

    ZIELE Jede Gemeinde in Bayern muss einen Anschluss an die Datenautobahn erhalten. Mit unserem 1,5-Milli-arden-Euro-Breitbandförderprogramm wird uns dies bis 2018 gelingen. Mehr als 93 Prozent aller Gemeinden in Bayern beteiligen sich bereits.

    RISIKEN Gerade bei der öffentlichen Hand müssen die Nutzer darauf vertrauen können, dass ihre persönlichen Daten geschützt sind, vertraulich behandelt werden und die Angebote verlässlich verfügbar sind. Aus diesem Grund wird in Bayern auch ganz besonderes Augenmerk auf IT-Sicherheit gelegt. Zum Beispiel ist die Kommunika-tion über das BayernNetz durchgängig verschlüsselt.

    ERFOLGSFAKTOREN Für unsere IT gelten die Schlag-worte: hochmodern, benutzerfreundlich, zuverlässig und sicher. Bei allen Kriterien ganz vorn mit dabei zu sein, ist unser Anspruch in Bayern. Gleichzeitig ist beim E-Govern-ment eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kommunen entscheidend. Nur Hand in Hand können wir den Paradigmenwechsel vom Blatt zum Byte schaffen. Deshalb sind langfristige Kooperationen, wie der bayerische E-Government-Pakt ausgespro-chen wertvoll und wichtig.

    HANDELN Insbesondere bei Themen, die ganz Deutsch-land betreffen, muss ein regelmäßiger Informationsaus-tausch gewährleistet sein. Hier geht es oft darum, schnel-le und praktikable Lösungen zu finden. Deutlich wird dies etwa bei den Herausforderungen, vor die uns das Thema „Digitalisierung des Asylverfahrens“ stellt. Auch wenn es in vielen Bereichen landesspezifische Herausforderungen gibt, können wir sicher in vielen Bereichen unser Wissen besser vernetzen und so schneller zu Lösungen kommen.

    WEITERENTWICKLUNG Die Anforderungen der Ver-waltungen an die IT sind in einigen Punkten speziell und gehen, zum Beispiel bei der Datensicherheit, oft über das übliche Maß hinaus. Deshalb setzen wir im Digitalisie-rungsministerium bei der Sicherheit von unseren Servern und Netzen auf ein hauseigenes und top ausgebildetes Expertenteam – den BayernCERT. Für die Weiterentwick-lung ist regelmäßiger Kontakt der öffentlichen Dienstleis-ter untereinander, aber auch mit den anderen Ländern und der Wirtschaft wichtig, um immer modern und bür-gerfreundlich zu bleiben.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT, dass sie sie bei der Erledigung von Behördenkontakten unter-stützt, Prozesse beschleunigt und dass sie persönliche Da-

    ten sicher und vertrauenswürdig verarbeitet. Öffentliche IT darf nicht an den Anforderungen der Nutzer vorbei gebaut werden.

  • 131|2016

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    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    „Den Durchbruch schaffen“Andreas Statzkowski, Berlin

    ZIELE Onlineangebote müssen zur Vereinfachung bei Kunden führen und dürfen keine neuen Hürden aufbau-en. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist es daher notwen-dig, jedes Schriftformerfordernis durch die Brille der mo-dernen digitalen Welt zu betrachten und zu hinterfragen. Ich setzte mich daher dafür ein, jedes rechtliche Formerfor-dernis auf die tatsächliche Notwendigkeit zu überprüfen.

    RISIKEN Es gibt zahlreiche Einflussfaktoren, die negati-ve Auswirkungen auf die Entwicklung der öffentlichen IT haben können. Ich konzentriere mich auf zwei Risiken. Erstens: Sicherheitslücken im E-Government sind nicht hinnehmbar. Sie würden das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Zuverlässigkeit der Verwaltung schmä-lern. Und zweitens: Die Länder investieren hohe Summen in die öffentliche IT, gleichzeitig machen die rechtlichen Rahmenbedingungen Anwendungen kompliziert und unattraktiv. Beides ist grundsätzlich zu vermeiden.

    ERFOLGSFAKTOREN Der aktuelle E-Government-Mo-nitor 2015 hat die mangelnde Akzeptanz von On-lineangeboten der Verwaltungen aufgezeigt. Da-mit gebe ich mich nicht zufrieden. Investitionen in IT und E-Government sind der Beitrag der staat-

    lichen Verwaltung zur gesellschaftlichen Veränderung im Internetzeitalter. Allerdings muss die Digitalisierung dazu beitragen, dass die Onlineangebote akzeptiert werden und attraktiver sind als analoge Verwaltungsprozesse.

    HANDELN Meinem Vorschlag folgend hatte der IT-Pla-nungsrat im März 2015 die temporäre Arbeitsgruppe „At-traktivität des E-Government“ ins Leben gerufen. Es soll-ten die wesentlichen Gründe für die niedrige Akzeptanz von E-Government benannt sowie attraktive Kernvorha-ben für den IT-Planungsrat identifiziert werden.

    WEITERENTWICKLUNG Erste Anlaufstelle der Ver-waltungskunden ist in aller Regel die kommunale/bezirkliche Ebene. Kommunen erwarten Vorgaben zur Umsetzung von Onlineangeboten. Flächendeckendes, attraktives E-Government ist dabei nicht durch ein star-res Festhalten an der Vollzugskausalität zu erreichen, sondern muss gemeinsam realisiert werden. Öffentliche IT-Dienstleister müssen dazu in der Zukunft verstärkt die Rolle des technischen Vermittlers und Realisierers zwi-schen den Vorgaben und Zielen der ministeriellen und dem Betrieb auf der kommunalen Ebene übernehmen.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT einfachen Umgang und vor allem Sicherheit und Datenschutz.

    Öffentliche IT darf nicht ausschließlich mit dem Ziel der Kostenreduzierung betrieben werden, sondern muss in erster Linie den Bürgerinnen und Bürgern „dienen“.

    „FITKO forcieren“Hans-Henning Lühr, Bremen

    ZIELE Bremen steht als Haushaltsnotlageland vor einer doppelten Herausforderung: die Mittel, die für IT einge-setzt werden können, sind absolut gesehen (noch) knap-per als in anderen öffentlichen Haushalten. Gleichzeitig ist das Investieren in IT eine notwendige Bedingung für den Konsolidierungskurs. Unter diesen Bedingungen wol-len wir den IT-Betrieb weiter bündeln und arbeiten paral-lel an innovativen Anwendungen für das Alltagsgeschäft.

    RISIKEN Die Geschäftsmodelle der privaten Rechenzen-trumsanbieter „aus der Cloud“ sind eine enorme Heraus-forderung. Sie nutzen dieselben „Economies of Scale“ wie wir bei der Konsolidierung der norddeutschen Re-chenzentren: gemeinsam betriebene Infrastrukturen sind günstiger. Wenn aber die Verwaltung ihren IT-Betrieb in die Cloud verlagert, droht auch ein Verlust von Souve-ränität und eventuell Vertrauen. Darauf müssen wir eine Antwort finden.

    ERFOLGSFAKTOREN Die CIO-Funktion hat dazu ge-führt, dass die IT-Themen tatsächlich im engeren Kreis der politischen Entscheidungsfindung und Verwaltungsleitung nachhaltig verankert wurden. Es zeigt sich nicht nur in Krisenfällen, wie abhän-

    gig das öffentliche Handeln von einer funktionierenden und vor allem auch leistungsfähigen IT ist. Dazu gehört auch die Bereitschaft, mit anderen auf Augenhöhe zu kooperieren und einen respektvollen Umgang zwischen Auftraggebern und Dienstleistern zu pflegen.

    HANDELN Die Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen wird in den nächsten Jahren immer intensiver werden. Die Digitalisierung des Asylverfahrens ist dafür das aktuellste Beispiel. Dafür be-nötigen wir dringend einen handlungsfähigen Unterbau beim IT-Planungsrat. Deshalb sollte das Vorhaben Föde-rale IT-Kooperation (FITKO) möglichst zeitnah zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.

    WEITERENTWICKLUNG Sie sind unverzichtbarer Be-standteil der allgemeinen öffentlichen Verwaltung. Ohne sie bliebe keine andere Wahl, als das zentrale Nervensys-tem in die Hände privater Anbieter zu übergeben. Wie bereits ausgeführt, könnte das zu einem langfristigen Vertrauensverlust in die Unabhängigkeit der öffentlichen Verwaltung führen. Ihr Schwerpunkt werden indes Be-triebsaufgaben bleiben.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT denselben Service wie von privaten Banken, Versicherungen, Bahn- und Fluggesellschaften.Öffentliche IT darf nicht die Trends am privaten IT-Markt verpassen, sondern muss diese für die öf-fentlichen Zwecke nutzbar machen.

  • 141|2016

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    „Mainstream-Technik nutzen“Jörn Riedel, Hamburg

    ZIELE Für die laufende Legislaturperiode hat Hamburgs Erster Bürgermeister in seiner Regierungserklärung die Digitalisierung der Stadt als einen von vier Schwerpunk-ten seiner Regierung festgelegt. Das ist natürlich viel mehr als die Digitalisierung der Verwaltung. Hier wird eine konsequente Ausrichtung am Prinzip „digital first“ die nötige Orientierung setzen. Für uns bedeutet dies eine große Anstrengung, denn es erfordert weniger IT-Bemü-hungen als vielmehr einen Sinneswandel der Führungs-kräfte. Hamburgisches Recht wird künftig ausgehend vom digitalen Prozess gestaltet und dann sorgen wir für einen entsprechenden Zugang der Menschen, die diesen Weg nicht ohne Hilfe gehen können. Das Ziel muss sein, dass am Ende digitale Angebote Dienstleistungsangebote der Stadt so leicht zugänglich sind wie Online-Banking. Daneben machen wir natürlich auch bei der Verwaltungs-automation weiter. So wollen wir Ende 2017/Anfang 2018 die Einführung der elektronischen Akte abschliessen.

    RISIKEN Die größte Gefahr ist für mich, dass die Verwal-tung durch Personalverlust die Fähigkeit zu Inno-vationsprojekten verliert. Dann bestimmen nicht mehr Regierung und Parlamente wie sich die Ver-

    waltung entwickelt, sondern private IT-Anbieter.

    ERFOLGSFAKTOREN Qualifiziertes, motiviertes Personal. HANDELN Ich habe oben die neue Ausrichtung der Hamburger Verwaltung beschrieben. Diese ist aber nur ein Teil der föderalen Ebenen. Für die Kunden der Ver-waltung ist die Zuständigkeitstrennung zwischen diesen in keiner Weise transparent und eigentlich uninteres-sant. Daher hat Hamburg natürlich ein Interesse, dass eine vergleichbare Neuausrichtung nach und nach auch andernorts konsequent umgesetzt wird.

    WEITERENTWICKLUNG Ohne professionelle IT-Dienst-leister gibt es weder eine wirtschaftliche noch eine si-chere oder leistungsfähige IT. Die IT unterm Tisch oder im Besenschrank auf dem Flur ist teuer und äußerst riskant. Es ist kein Wunder, dass in allen Bereichen der Wirtschaft die IT in großen Einheiten zusammengefasst wird. Leistungsfähige öffentliche IT-Dienstleister sind auch die Voraussetzung dafür, dass die öffentliche Ver-waltung ihre Interessen am Markt durchsetzen kann.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT die Leis-tungsfähigkeit und den Komfort, den sie im sonstigen gesellschaftlichen Leben wahrnehmen.Öffentliche IT darf nicht Sondertechnologien einset-

    zen, sondern muss sich im Mainstream siche-rer akzeptierter Technologien (Onlinebanking) bewegen.

    „Wir brauchen einen Co-CIO“Minister Dr. Thomas Schäfer, Hessen

    ZIELE Mit der „Digitalen Verwaltung Hessen 2020“, dem neuen E-Government-Masterplan, haben wir uns für die kommenden fünf Jahre ehrgeizige Aufgaben und Ziele gesetzt. Zentral sind für mich beispielsweise die weitere Konsolidierung und Standardisierung unserer IT-Land-schaft auf Basis des HessenPCs und die verbindliche Einführung der elektronischen Akte in der Landesverwal-tung. Außerdem streben wir eine stärkere IT-Kooperation zwischen dem Land Hessen und seinen Kommunen an.

    RISIKEN Ein großes Risiko sehe ich in der weiterhin nicht ausreichenden IT-Kooperation der verschiedenen Verwal-tungsebenen. Eine solche braucht es aber unbedingt. Die gemeinsame Weiterentwicklung und der gemeinsame Betrieb von IT-Anwendungen trägt etwa zur wichtigen, länderübergreifenden IT-Standardisierung bei. Aufgrund der in allen Ländern gleichermaßen umzusetzenden Ein-sparvorgaben steht das Ziel für Hessen fest, weitergehen-de Kooperationen zu finden.

    ERFOLGSFAKTOREN E-Government und der zu-gehörige IT-Einsatz verfolgen das Ziel, das Verwal-tungshandeln effektiver und schneller zu machen. Auch wenn es auf Landesebene in Hessen formal

    nur einen CIO gibt, ist es für mich wichtig, Entscheidungen immer ressortübergreifend abzustimmen, denn schluss- endlich streben wir alle nach Optimierungsmöglichkeiten.

    HANDELN Als Hessischer Finanzminister und CIO setze ich mir gern ehrgeizige Ziele. Die neue digitale Agenda des Landes soll in den kommenden fünf Jahren die Di-gitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Hierbei gilt es, eigene Strukturen weiter zu verbessern und Kräfte zu bündeln. Aus diesem Grund brauchen wir eine weitere Verstärkung der ressortübergreifenden Koordinierung. Dazu dient die Funktion eines Co-CIO, die wir im neuen Jahr einrichten.

    WEITERENTWICKLUNG Eine ganz entscheidende Rolle! Deshalb setzt Hessen auch zukünftig auf die erfolgreiche Arbeit und 40-jährige Erfahrung der Hessischen Zentra-le für Datenverarbeitung (HZD), den IT-Dienstleister des Landes, sowie auf die Arbeit des Hessischen Competen-ce Centers für Neue Verwaltungssteuerung (HCC). Diese beiden zentralen Dienstleister werden auch zukünftig ihr großes Potenzial bei der Entwicklung und dem Einsatz von E-Government-Anwendungen einbringen.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT mehr ser-viceorientierte Dienstleistungen und die notwendige Da-

    tensicherheit.Öffentliche IT darf nicht den digitalen Wandel verschlafen, sie sollte aber auch nicht jeden neuen „Hype“ mitmachen, bloß um „trendy“ zu sein.

    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

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  • 151|2016

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    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    „Innovationstreiber gesucht“Thomas Lenz, Mecklenburg-Vorpommern

    ZIELE Mein Ziel ist es, ein nahezu medienbruchfreies und bürgerfreundliches elektronisches Verwaltungshan-deln auf allen Ebenen der Verwaltung zu erreichen, das sich am Nutzen für Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft orientiert, transparent und wirtschaftlich ist sowie die politische Mitwirkung der Gesellschaft fördert. Die Verwaltung soll sich stärker als bisher als Dienstleis-ter etablieren. Das künftige E-Government-Gesetz des Landes wird die rechtliche Grundlage dafür bilden.

    RISIKEN Mit dem stetigen Ausbau der IT-Infrastruk-turen steigen auch die Sicherheitsrisiken. Ein aktives Sicherheitsmanagement und die verbindliche Vorgabe von Standards zur Sicherheit und zum Datenschutz bil-den die Grundvoraussetzungen, um derartige Risiken zu minimieren. Weitere Risiken könnten sich bei der Planung und Durchführung von IT-Projekten ergeben. Daher sind ein fundiertes Projektmanagement, die Koor-dinierung und das Controlling in der Landesverwaltung unabdingbar.

    ERFOLGSFAKTOREN Zu den wichtigsten Er-folgsfaktoren gehören eine fundierte rechtliche und verbindliche Basis, eine abgestimmte IT-Ge-

    samtstrategie sowie vor allem kompetente Entschei-dungs- und Verantwortungsgremien auf Landesseite, die in konstruktiver Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene eine gemeinsame Zielstellung verfolgen und die-se organisiert umsetzen. Dabei erfolgt eine enge Abstim-mung mit den Arbeitsgruppen des IT-Planungsrats.

    HANDELN Die wachsende Bedeutung der IT erfordert es, deren strategische Zielausrichtung noch enger mit den politischen Handlungsfeldern der Landesregierung zu verknüpfen. Dies und die Weiterentwicklung und Umsetzung einer landeseinheitlichen IT-Strategie erfor-dern die Etablierung einer landesweit durchgehenden IT-Steuerung mit effizienten Entscheidungs- und Verant-wortungsstrukturen.

    WEITERENTWICKLUNG Die öffentlichen IT-Dienstleis-ter tragen entscheidend zur Gewährleistung der Ein-haltung von IT-Landesstandards bei der Digitalisierung der Verwaltung bei. Sie setzen die vom Land und IT-Pla-nungsrat vorgegebenen Interoperabilitäts- und Sicher-heitsstandards in der täglichen Praxis um. Zudem stel-len sie E-Government-Basisdienste zentral bereit. Die IT-Dienstleister sind damit wichtige Innovationstreiber.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT einfache und sichere elektronische Verwaltungsverfahren. Öffentliche IT darf nicht zum Selbstzweck wer-den, sondern muss sich am praktischen Nutzen orientieren.

    „Klarer Standortfaktor“Stefan Manke, Niedersachsen

    ZIELE Je digitaler ein Land und seine Kommunen aufge-stellt sind, desto besser ist die wirtschaftliche Situation und die Zukunftsperspektive. Mein wichtigstes Ziel ist deshalb die Überführung der Niedersächsischen Landes-verwaltung in die digitale Welt, in eine echte E-Verwal-tung. Außerdem hat für mich die ebenenübergreifende Zusammenarbeit mit den Kommunen einen sehr hohen Stellenwert. Maßstab ist dabei eine Kooperation auf Au-genhöhe. Das Nutzen gemeinsamer Infrastruktur schafft dabei nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern wirkt sich auch positiv auf die Informationssicherheit aus. Deshalb plane ich, die Zusammenarbeit von Land und kommunalem Bereich stark auszuweiten.

    RISIKEN Für die Entwicklung der öffentlichen IT be-nötigen wir Fachkräfte. Aber auf dem Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte herrscht schon heute eine Mangelsituati-on. Sehr negativ wirkt sich aus, dass die tarifliche Ein-gruppierung im öffentlichen Dienst gegenüber der Wirt-schaft oft nicht konkurrenzfähig ist. Zudem fehlt es an Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Dar-an muss sich schnell etwas ändern. Wir versu-chen, verträgliche Lösungen zu finden.

    ERFOLGSFAKTOREN Wichtig sind meine engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne die meine Arbeit nicht gelingen kann. Das geht einher mit einer hohen fachlichen Qualifikation, wie gerade schon geschildert.

    HANDELN Zuallererst ist eine ausreichende Finanzaus-stattung erforderlich, da für die Digitalisierung der Ver-waltung hohe Anfangsinvestitionen zu tätigen sind. Nur eine leistungsfähige IT-Infrastruktur versetzt uns dann in die Lage, flexibel reagieren zu können. Aktuell zeigt sich diese Notwendigkeit etwa angesichts der Heraus-forderungen durch die Flüchtlinge.

    WEITERENTWICKLUNG Öffentliche IT-Dienstleister wie der Landesbetrieb IT.Niedersachsen und die kommunalen IT-Dienstleister spielen eine tragende Rolle bei der für die Digitalisierung notwendigen Konsolidierung der IT. Sie bieten für die Verwaltungsprozesse die sichere IT-Infra-struktur mit Beratung, Betrieb und Support, um möglichst einheitliche IT-Lösungen für viele Behörden anzubieten.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT, dass sie bedarfsgerecht und sicher die von ihnen gewünschten Verwaltungsleistungen ermöglicht.Öffentliche IT darf nicht nur die Verwaltung, sondern

    muss vor allem den Nutzen für Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger im Fokus haben.

  • 161|2016

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    „Steuerungsprobleme vermeiden“Randolf Stich, Rheinland-Pfalz

    ZIELE Neben der Weiterentwicklung und Modernisie-rung der öffentlichen IT-Landschaft als Daueraufgabe werde ich mich in meiner Amtszeit insbesondere den Themen Umsetzung des Landestransparenzgesetzes, Schaffung eines eigenen E-Government-Gesetzes des Landes, Einführung der E-Akte in der Landesverwal-tung, Breitbandversorgung und Förderung der IT-Netz-werke widmen.

    RISIKEN sehe ich unter anderem darin, dass sich die Schere zwischen öffentlicher Verwaltung und privatem Bereich bei der Einführung digitaler Techniken wei-ter öffnen könnte sowie in dem Umstand, dass es zu-nehmend schwieriger wird, ausreichend qualifiziertes IT-Personal für den öffentlichen Dienst zu gewinnen.

    ERFOLGSFAKTOREN Wesentliche Erfolgsfaktoren für meine Arbeit sehe ich darin, dass wir es schaffen, digi-tale Verwaltungsprozesse und -anwendungen zu entwi-ckeln, die aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger einen deutlichen Zusatznutzen auslösen und deren Sicherheit die Bürgerinnen und Bürger vertrau-en. Außerdem muss es uns durch intensive In-formation und Beteiligung gelingen, die Mitar-

    beiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, den Weg in die digitale Verwaltung aktiv mitzugehen und mitzuge-stalten.

    HANDELN Verbesserte Rahmenbedingungen verspre-che ich mir unter anderem von dem in der Vorbereitung befindlichen E-Government-Gesetz Rheinland-Pfalz. An Möglichkeiten für eine gesteigerte Attraktivität der Be-schäftigung von IT-Fachkräften muss weiter gearbeitet werden.

    WEITERENTWICKLUNG Öffentliche IT-Dienstleister werden eine wesentliche Rolle bei der Weiterentwick-lung der digitalen Verwaltung spielen. Durch die Bün-delung von öffentlichen IT-Dienstleistungen bei einem IT-Dienstleister als „Shared Service Center“ können nicht nur beachtliche Kostenvorteile erzielt, sondern auch we-sentliche Qualitätssteigerungen erreicht werden. Letzte-res gilt auch für die Gewährleistung der IT-Sicherheit. Im Vergleich zu einer kompletten Auslagerung werden durch die öffentliche Trägerschaft zugleich Steuerungs-probleme vermieden.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT vor allem sichere und nutzerfreundliche digitale Anwendungen für öffentliche Dienstleistungen.

    Öffentliche IT darf nicht die praktischen Be-dürfnisse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwal-tungen vernachlässigen.

    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    „Konstruktiver Dialog“Hartmut Beuß, Nordrhein-Westfalen

    ZIELE In Stichworten: Konsolidierung der IT-Landschaft mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und Kostensenkung, Digitalisierung der Verwaltung (vollelektronische Arbeits-weise), forcierter Ausbau des E-Government mit Orien-tierung an der Perspektive der Nutzer, Ausbau des Open Government, Wahrung der IT-Sicherheit. Daneben liegt mir die länder- und ebenenübergreifende Zusammenar-beit sehr am Herzen.

    RISIKEN Ich möchte nicht von Risiken, sondern von He-rausforderungen sprechen: Da sehe ich an erster Stelle das Thema IT-Sicherheit. Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung verlangt höchste Wachsamkeit. Unsere Kommunikationswege und sämtliche Daten müssen bestmöglich geschützt sein. Eine zweite Herausforderung sehe ich darin, dass es künftig schwieriger werden wird, qualifizierten IT-Nachwuchs zu gewinnen. Auch deshalb brauchen wir in der öffentlichen IT mehr Kooperation und Arbeitsteilung.

    ERFOLGSFAKTOREN Zunächst sind gute und en-gagierte Mitarbeiter wichtig, dann politische Un-terstützung bis ins Kabinett. Genauso wichtig für eine Querschnittsfunktion wie den CIO ist der ver-

    trauensvolle und konstruktive Dialog mit den Beteiligten – von Ressorts über die kommunalen Spitzenverbände und die IT-Dienstleister bis zu den Personalvertretungen.

    HANDELN Ich gebe zu, hin und wieder träume ich von einer Art Richtlinienkompetenz in Fragen der Informa-tionstechnik, weil das an der einen oder anderen Stelle Entscheidungsabläufe beschleunigen könnte. Aber ich setze darauf, dass der Weg des konstruktiven Dialogs, manchmal auch des konstruktiven Konflikts wie in den vergangenen gut zwei Jahren erfolgreich bleibt. Und ge-meinsame Entscheidungen erleichtern die Umsetzung.

    WEITERENTWICKLUNG Die IT stellt die technischen Lösungen und die Kommunikationswege für eine digi-tale Verwaltung bereit, allein deshalb bleiben öffentliche IT-Dienstleister unverzichtbar. Aber digitale Verwaltung ist in erster Linie eine organisatorische Herausforderung. Deshalb müssen sich die öffentlichen IT-Dienstleister künftig stärker an der Schnittstelle zwischen Organisati-on und IT engagieren. In der Landesverwaltung werden wir diese Entwicklung mit dem Aufbau eines „Kompe-tenzzentrums Digitalisierung“ bei unserem zentralen IT-Dienstleister fördern.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT aktive und kreative Unterstützung bei der Digitalisierung der Verwaltung.Öffentliche IT darf nicht in Kompetenzgerangel und „Kirchturmdenken“ verfallen.

  • 171|2016

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    „Keine Insellösungen“Dr. Michael Wilhelm, Sachsen

    ZIELE Drei Arbeitsfelder bestimmen meine Amtszeit: Die Elektronische Vorgangsbearbeitung und Aktenführung, die Informations- und Cybersicherheit und die Fachkräf-tegewinnung. So soll bis Ende 2018 in den staatlichen Behörden auf die elektronische Vorgangsbearbeitung und Aktenführung umgestellt werden. Für die IT-Sicher-heit wurde ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der un-ter anderem die Sensibilisierung der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit, den Ausbau des sächsischen Computer Emergency Respons Teams (SAX.CERT) sowie den Aus-bau der Sicherheitsinfrastruktur des Verwaltungsnetzes vorsieht. Sachsen ist weiterhin Co-Federführer der Maß-nahme „E-Government-Kompetenz“ des IT-Planungsra-tes, die Empfehlungen für die Verbesserung von IT- und E-Government-Kompetenzen bei Fach- und Führungs-kräften der Verwaltung erarbeitet.

    RISIKEN Der Ausbau der Digitalisierung ist eine verant-wortungsvolle und hochkomplexe Aufgabe. Sogenannte „Insellösungen“ sind aber keine Lösungen, sondern Teil des Problems. Chancen bieten sich nur über Ver-netzung und medienbruchfreie Verfahren.

    ERFOLGSFAKTOREN Der Freistaat Sachsen hat

    sich klar zum Ausbau von öffentlicher IT und E-Govern-ment bekannt. Als erstes Bundesland hat Sachsen im Jahr 2014 ein E-Government-Gesetz verabschiedet und damit einen belastbaren rechtlichen Rahmen für das Maßnah-menbündel zur Umsetzung von E-Government gegeben.

    HANDELN Im Wesentlichen muss die Bedeutung von IT als Grundlage für Verwaltungstätigkeit noch sichtba-rer werden. Auf der Leitungsebene ist also ebenfalls ein Kulturwandel erforderlich. Wir benötigen nicht nur den in der inhaltlich-formalen Bearbeitung von Verwaltungs-vorgängen ausgebildeten Juristen, sondern hier ist auch immer stärker eine Sensibilität für neue Abläufe gefragt.

    WEITERENTWICKLUNG Öffentlichen IT-Dienstleistern kommt eine zentrale Bedeutung zu. So hat der Freistaat Sachsen die Struktur und den Aufgabenzuschnitt seines Dienstleisters Sächsische Informatik Dienste (SID) neu aufgestellt. Dieser übernimmt den Betrieb der kom-pletten IT-Infrastruktur und die Entwicklung sowie den Betrieb von ressortübergreifenden und fachunabhängi-gen Verfahren.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT, dass sie sicher und wirtschaftlich eingesetzt wird sowie Online-kommunikation mit Behörden ermöglicht.

    Öffentliche IT darf nicht unterschätzt werden, ebenso wenig wie das Erfordernis von Kompeten-zen zur Gestaltung von Einsatz und Nutzung.

    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    „Infrastruktur ausbauen“Jürgen Lennartz, Saarland

    ZIELE Eine der wichtigsten infrastrukturpolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre ist der NGA-Breitbandausbau. Hier haben wir im Saarland mit einer Versorgung von 70 Prozent der Haushalte eine gute Ausgangsposition. Mir geht es jetzt darum, die NGA-Versorgungslücken gerade im ländlichen Raum schnellstmöglich zu schließen. Zudem werden wir zeit-nah eine gemeinsame E-Government-Strategie zwischen Land und Kommunen vorstellen, die wir als Agenda für die künftige Zusammenarbeit nutzen werden.

    RISIKEN Die IT-Sicherheit rückt zunehmend in den Fo-kus. Immer komplexere Angriffsmethoden setzen die Verwaltung unter Zugzwang. Hier müssen wir uns neu ausrichten und Kompetenzen besser bündeln. Gleichzei-tig gilt es durch Konzentration, Shared Services, Stan-dardisierung und zentrales Beschaffungsmanagement, Kostensteigerungen möglichst abzufangen.

    ERFOLGSFAKTOREN Um die öffentlichen Aufgaben auch künftig zeitnah und mit einem hohen Qua-litätsstandard erfüllen zu können, müssen die Verwaltungen im IT-Bereich aufrüsten. Insofern ist der Ausbau der technischen Infrastruktur un-

    umgänglich. Ferner benötigen wir gut ausgebildete und engagierte Fachkräfte. Wir müssen uns künftig bei allen Maßnahmen an den Anforderungen der Wirtschaft so-wie unserer Bürgerinnen und Bürger orientieren und die IT dementsprechend ausbauen.

    HANDELN Die bürokratischen Hürden für eine digitale Verwaltung müssen abgebaut werden. Rechtsvorschrif-ten gehören sukzessive auf den Prüfstand, um Prozesse und Fachverfahren vereinfachen zu können. Normen-screening halte ich für unumgänglich. Verbessert wer-den sollten auch mögliche Kooperationen auf kommu-naler und Länderebene.

    WEITERENTWICKLUNG Ein öffentlicher IT-Dienstleis-ter hat die Verwaltung bei ihrer Aufgabenwahrnehmung kostengünstig, bedarfsgerecht sowie kunden- und ser-viceorientiert zu beraten. Die IT muss sich dabei aber auch als Dienstleister für ihre Kunden verstehen. Durch die Einrichtung des IT-Dienstleistungszentrums zum 1. Januar 2016 haben wir dafür eine wichtige Vorausset-zung geschaffen.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT mit Blick auf E-Government einen hohen Service. Öffentliche IT muss unkompliziert und wirtschaftlich

    sein.

  • 181|2016

    Der sichere Cloud-Dienst.

    regio iT • gesellschaft für informationstechnologie mbHSitz der Gesellschaft: Aachen . Niederlassung: Gütersloh ucloud.regioit.de

    Dokumente zentral verwalten und teilen. Mit der ucloud, dem persönlichen und mobilen Datenspeicher aus dem zertifizierten Rechenzentrum der regio iT.

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    \ IT-KONSOLIDIERUNG: CIOS ÄUSSERN SICH

    „Synergien ausschöpfen“Michael Richter, Sachsen Anhalt

    ZIELE Am Ende dieser Wahlperiode ziehe ich als CIO ein positives Fazit. Die wichtigsten Ziele haben wir erreicht: Wir verfügen nun mit Dataport als zentralem IT-Dienst-leister über einen erfahrenen und leistungsstarken Part-ner. Sachsen-Anhalt wird in Kürze den Zuschlag für den Aufbau und Betrieb des neuen NGN, Next-Generati-on-Verwaltungsnetzes, erteilen. Über den IT-Planungsrat leitet und begleitet das Land wichtige Projekte wie das FIM und die Digitalisierung des Asylverfahrens.

    RISIKEN Die öffentliche IT steht heute vor großen Her-ausforderungen. Durch die steigende Zahl an elektroni-schen Fachverfahren, der Digitalisierung von immer mehr Verwaltungsabläufen steigen die Anforderungen an die IT sowohl quantitativ als auch qualitativ. Fragen nach der IT-Sicherheit kommen hinzu. Daher führt kein Weg an ei-ner weiteren Konsolidierung der öffentlichen IT vorbei, damit die öffentliche IT leistungsfähig bleiben kann.

    ERFOLGSFAKTOREN Motivierte Mitarbeiter, funktionie-rende Strukturen und effiziente Prozesse sind die Grundzutaten für eine erfolgreiche IT-Verwaltung. In dieser Legislaturperiode haben wir uns im Land eine komplett neue Querschnittsorganisation ge-

    geben, um den Kooperationsanforderungen zum Beispiel des IT-Planungsrats gerecht zu werden. Der IT-spezifi-schen Professionalisierung der Bediensteten wird ressort- übergreifend besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

    HANDELN Natürlich kann man mit mehr haushalteri-schen Mitteln auch mehr erreichen. Doch noch mehr geht es darum, mit den vorhandenen Ressourcen rich-tig umzugehen: Synergien auszuschöpfen, zukunftssi-cher zu investieren, gewinnbringend zu kooperieren. Das alles bedarf eines politischen Grundkonsenses und Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Digitalisie-rung der Verwaltung als herausragende Zukunftsaufga-be begriffen wird.

    WEITERENTWICKLUNG Öffentliche IT-Dienstleister sind unverzichtbare Akteure, wenn es darum geht, besonde-re Erfordernisse der öffentlichen Verwaltung passgenau umzusetzen, da deren Personal oft selbst der Verwaltung entstammt. Oft geht es dabei um die Erledigung hoheit-licher Aufgaben, die nicht privatisiert werden können. Andererseits dürfen öffentliche IT-Dienstleister nicht den Anschluss an die Marktentwicklung verpassen, um als Dienstanbieter attraktiv zu bleiben.

    Die Bürger erwarten von der öffentlichen IT Berechen-barkeit, Sicherheit, Beschleunigung.Öffentliche IT darf nicht zum Opfer kurz- sichtiger haushaltspolitischer Überlegungen werden.

  • 191|2016

    Der sichere Cloud-Dienst.

    regio iT • gesellschaft für informationstechnologie mbHSitz der Gesellschaft: Aachen . Niederlassung: Gütersloh ucloud.regioit.de

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  • \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    201|2016

    Im E-Government spielt E-Payment eine zentrale Rolle, denn die Mehrzahl der Online-Verwaltungsdienstleistungen ist mit Gebühren für den Antragsteller verbunden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einführung von SEPA im August 2014 er-wartete die digitale Welt auch alternative Bezahlverfahren. Zu-dem hat der Gesetzgeber neue Rahmenbedingungen zur Digita-lisierung geschaffen: Das entsprechende E-Government-Gesetz des Bundes forciert den Einsatz innovativer Verfahren.

    Eine Option kann es sein, eine Online-Bezahlplattform di-rekt ins Bürgerservice-Portal zu integrieren. Sie bildet dann eine Drehscheibe zwischen den kostenpflichtigen Verwal-tungsdienstleistungen des Portals, dem lokalen System des Haushalts-Kassen-Rechnungswesens und dem Zahlungsver-kehrsprovider, der die Transaktionen mit den Banken bezie-hungsweise Kreditkartenanbietern abwickelt.

    Problem dabei: Bei kommunalen Bezahlvorgängen handelt es sich meist um Kleinbeträge mit entsprechend geringem Transaktionsvolumen. Kommerzielle Payment-Anbieter zeigen hier nur begrenztes Interesse, da sie vor allem aus dem volu-menstarken E-Commerce-Bereich stammen. GiroSolution, ein Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe, hat das berück-sichtigt und in Kooperation mit der AKDB ein auf Kommunen zugeschnittenes Angebot geschaffen: Abgesehen von einer einmaligen Einrichtungsgebühr fallen ausschließlich transak-tionsbezogene Entgelte an, was die Transparenz für alle Be-teiligten erhöht und die Kommunen deutlich weniger belastet.

    Standortfaktor OnlineangeboteKommunen brauchen Unterstützung, um interne Abläufe op-timieren und gleichzeitig den Bürgerservice erhöhen zu kön-nen. Rudolf Schleyer, Vorstandsmitglied der AKDB, berichtet dazu: „In vielen Gesprächen mit Kommunen spüren wir, dass die Verwaltungen E-Government und E-Payment nicht nur vor

    dem Hintergrund rechtlicher Vorgaben sehen, sondern attrak-tive Onlineangebote zunehmend als Standortfaktor für Bürger verstehen. Deshalb haben sich bereits rund 400 Kommunen für unser Bürgerservice-Portal entschieden, dessen Onlinepro-zesse die nötige Voraussetzung für einen sinnvollen Einsatz von E-Payment sind. Von den kommunalen Vertretern wird es offensichtlich sehr begrüßt, dass wir mit den Sparkassen auch für das Bezahlen im Internet einen öffentlich-rechtlichen, kommunalen Kooperationspartner gewinnen konnten.“

    Der direkte Dialog mit den Sparkassen und den Kommunen spielt eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund finden derzeit in ganz Bayern gemeinsame, gut besuchte Veranstal-tungen statt. Kommunalvertreter erhalten dort Informationen zum Bürgerservice-Portal, zu den betriebskostenfreien E-Go-vernment-Basisdiensten des Freistaats und zum E-Payment- Angebot.

    Die Digitalisierung betrifft Sparkassen und Kommunen glei-chermaßen. Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, sieht dabei Herausforderungen und Berührungspunkte: „Für die Sparkassen ist die Digitalisie-rung von strategischer Relevanz. Es geht darum, wie wir als Bürger zusammenleben und zusammenarbeiten und wie dies sinnvoll durch Technologien und Lösungen unterstützt werden kann. Die Sparkassen investieren zum Beispiel in innovative E-Payment-Verfahren und setzen auf einen starken, bundes-weit agierenden Partner, mit dem wir diesen Wachstumsmarkt gut bedienen können.“

    Mit Lösungen wie dem Bürgerservice-Portal bieten Kommu-nen ihren Bürgern Verwaltungsdienstleistungen medienbruch-frei über das Internet an. Zentrale Bausteine sind dabei die Authentifizierung über das Bürgerkonto, eine sichere Kom-munikation mit dem Postkorb – und das E-Payment für eine

    Viele Verwaltungsvorgänge kosten Gebühren. Diese zu überweisen oder bar zu zahlen verlangsamt die

    Bearbeitung – ein echtes Hemmnis für die Digitalisierung. Dabei gibt es längst eine Alternative.

    E-Payment erleichtert die Einführung von E-Government

    Einfach zahlen

  • \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    211|2016

    Clemens Krüger ist stellvertretender Leiter des Geschäftsfelds E-Government bei der AKDB.

    verwaltung entlasten: „Gerade in Spitzenzeiten sollte sich der Einsatz der Onlinedienste in den Sparkassen positiv auswirken und unsere Mitarbeiter spürbar unterstützen.“

    Onlinedienste sind nicht nur für Bürger interessant. Eine Stu-die des Instituts der Deutschen Wirtschaft befasst sich unter anderem damit, wie sich kommunales E-Government optimal auf die Bedürfnisse der lokalen Wirtschaft ausrichten und für den Ausbau von Standorteigenschaften und -qualitäten hin weiterentwickeln lässt. Danach investierten Unternehmen vor allem dann in die Nutzung entsprechender Angebote, wenn damit ein signifikanter Mehrwert für ihre tägliche Arbeit ver-bunden sei.

    Sinvoll ist zum Beispiel die Erweiterung des Basisdienstes Un-ternehmenskonto um einen Zugang zu Portal-Diensten für ju-ristische Personen. So übermitteln zum Beispiel Vermieter über die Wohnungsgeberbestätigung Ein- und Auszüge ihrer Mieter online an die Meldebehörde. Vertretungsberechtigte Mitarbei-ter einer Wohnbaugesellschaft können sich sicher registrieren und Vorgänge an die zuständige Behörde melden. Gut genutzt

    werden kann das Unternehmenskonto auch im Zusammenhang mit der medi-enbruchfreien Fahrzeugabmeldung in der i-Kfz-Stufe 1.

    einfache Bezahlabwicklung. Im Rahmen seiner Digitalisie-rungsinitiative bietet der Freistaat Bayern seit 2014 allen bay-erischen Kommunen diese Basisdienste betriebskostenfrei an, was wiederum den Kommunen einen Einstieg in das Angebot von Onlinediensten erleichtert.

    Technische Hürden entfallenFür den Bürger wird der Zugang zu digitalen Verwaltungs-dienstleistungen ab sofort noch einfacher. Um den Bürgern den Zugang noch mehr zu erleichtern, stehen ab 2016 soge-nannte Bürgerterminals im SB-Bereich der Hauptstelle der Sparkasse Ingolstadt zur Verfügung. Damit können Bürger nach der Bargeldabhebung noch schnell die Formalitäten für den Umzug erledigen, eine Meldebescheinigung beantragen oder ein Wunschkennzeichen reservieren. Abgesehen von der freigeschalteten eID-Funktion des neuen Personalausweises gibt es keine weiteren Zugangsvoraussetzungen.

    Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbandes Bayern, äußert sich über das Projekt zuversichtlich: „Wir freuen uns, diesen weiteren Schritt des Ausbaus der E-Gover-nment-Strategie zu begleiten. Nach der erfolgreichen Pilotie-rung tragen wir gerne gemeinsam diese Lösung weiter in die Fläche.“ Auch AKDB-Vorstandsvorsitzender Alexander Schroth sieht die Vereinbarung positiv: „Wir sind Teil der kommunalen Familie und fühlen uns mit den öffentlich-rechtlichen Sparkas-sen in ganz besonderer Weise partnerschaftlich verbunden.“ Ingolstadts Rechtsreferent Helmut Chase kann sich gut vor-stellen, dass die Bürgerterminals die Bürgerbüros seiner Stadt-

  • \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    221|2016

    Seit Monaten beherrscht der Umgang mit dem Flüchtlingszustrom nach Europa die öffentlichen Debatten. Während die politische Öf-fentlichkeit grundlegende Kontroversen um das Thema austrägt, stehen die Verwaltungen aller Ebenen weiterhin vor großen praktischen Schwierigkeiten, die durch die hohe Anzahl von Menschen entstehen, die in kurzer Zeit bei uns Schutz suchen. Bei der Erfassung und Unterbrin-gung der Flüchtlinge wird improvisiert, die Behörden kommen bei der Bearbeitung von Asylanträgen nicht mehr hinterher – alle Beteiligten sind extrem belastet. Die vergangenen Monate haben drei Kernprobleme bei der Verwaltung der Flüchtlinge offenbart:

    1. Eine eindeutige Identifizierung der Flüchtlinge ist nicht gesichert. Viele der Schutzsuchenden kommen ohne ausreichende Identitätsnachweise bei uns an und werden mehrfach erfasst. Einer der Attentäter von Pa-ris zum Beispiel soll unter sieben verschiedenen Identitäten registriert gewesen sein.

    2. Personendaten müssen mehrfach erfasst werden, da keine gemeinsa-me Datenbasis besteht. Dadurch entstehen in verschiedenen Systemen Doubletten und die Fehleranfälligkeit zum Beispiel durch unterschied-lich geschriebene Namen ist hoch. Biometrische Daten stehen nicht übergreifend zur Verfügung.

    3. Das Fachpersonal in den Behörden ist durch die große Zahl der Asyl-bewerber überlastet. Zudem funktioniert der Datenabgleich zwischen den beteiligten Behörden nicht durchgängig elektronisch und bremst die Bearbeitung aus.

    Als IT-Dienstleister für mehrere Bundesländer und viele Kommunalverwal-tungen hat sich Dataport im vergangenen Jahr intensiv mit den praktischen Problemen der Flüchtlingsverwaltung beschäftigt. Es ist evident, dass sich diese Probleme durch einen durchgängigen Erfassungs- und Verwaltungs-prozess, der durch eine einheitlich konzipierte IT-Lösung unterstützt wird, deutlich entschärfen lassen. Sind Personen nur einmal und eindeutig er-fasst und stehen diese Daten allen beteiligten Stellen unmittelbar zur Verfü-gung, ist ein schnelles Bearbeiten von Anträgen möglich und Fehlerquellen werden minimiert. So schlicht dieser Lösungsansatz ist, so komplex ist die Umsetzung. Die Herausforderung liegt wie bei so vielen IT-Projekten im

    Vorgehen in der Flüchtlingserfassung taugt als Blaupause

    Pragmatische Lösung

    Lange Antragszeiten, mehrfache Erfassung, unklare Identitäten – die Erfassung

    der vielen Flüchtlinge und die Bearbeitung von Asylanträgen bergen viele

    Schwierigkeiten, die Bund und Länder schnell lösen müssen.

  • \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    231|2016

    föderalen Deutschland in der Frage nach der Harmonisierung von Daten und Verfahren. Wie bekommt man eine heterogene Struktur von eingesetzten IT-Plattformen und Fachanwendun-gen auf einen Nenner und das in kürzester Zeit?

    Eine durchgehende Standardisierung von Plattformen und Ver-fahren wäre aus Sicht des IT-Betriebs wünschens-wert und die effizienteste Lösung. Doch ein Vor-gehen nach dem Grundsatz „Benutzt ihr doch einfach auch alle unser System“ funktioniert im föderalen Staat mit eigenständigen Ländern und dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung fast nie – schon gar nicht unter Zeitdruck.

    Konzentration auf das WesentlicheAnstatt sich in langwierigen Diskussionen um eine durchgehende Standardisierung zu verfan-gen, ist es realistischer, die Standardisierung auf den Kern, und zwar die Art und Weise der Datenübermittlung, zu reduzieren sowie flexible Zugriffsmöglichkeiten zu schaffen. In diesem Fall bedeutet dies ein zentrales Kerndatensystem, auf das verschiedenste Fachanwendungen durch standardisierte Schnittstellen zugreifen können.

    Dataport hat mit diesem Ansatz in anderen Bereichen bereits nachhaltige Erfahrungen gesammelt. So werden zum Bei-spiel die Meldedaten aus mehreren Bundesländern in einem gemeinsamen Register gepflegt. Der Austausch der Daten zwischen den Behörden erfolgt ebenfalls über eine zentra-le Infrastruktur, den sogenannten Nachrichtenbroker. Dieser Broker übermittelt standardisierte Datensätze an verschiedene Fachanwendungen. Welche das in den einzelnen Kommunal-verwaltungen sind, ist nicht erheblich.

    Dieses Prinzip der niederschwelligen Standardisierung in einem heterogenen Umfeld ist für die Erfassung von Flüchtlingen und die Bearbeitung von Asylanträgen hervorragend geeignet. Der IT-Planungsrat hat sich im November 2015 auf ein gemeinsames Vorgehen zur Beschleunigung von Asylverfahren geeinigt.

    Darin enthalten sind die bereits skizzierten Elemente einer ein-deutigen Identifizierung von Flüchtlingen ab dem Erstkontakt und dem Aufbau eines Kerndatensystems mit Datenweitergabe an Folgesysteme. Eine wichtige Rolle spielt von Beginn an die

    Dr. Johann Bizer ist Vorstandsvorsitzender der Dataport AöR.

    Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) als „Werkbank“ des Planungsrates für die Standardisierung.

    Schnelle AusrüstungEines der Hauptprobleme der vergangenen Monate war das erfassen der Flüchtlingsdaten in den Erstaufnahmestellen. Mit

    großem Einsatz und hoher Flexibilität haben die Beteiligten in Verwaltung und IT binnen kürzester Zeit dafür gesorgt, dass in Turn-hallen, Containerdörfern und anderen Auf-nahmestellen Geräte und Netzanbindungen zur Verfügung standen. Für eine bundesweit einheitliche Erfassung wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen mobilen Erfassungsclient bereitstellen, der vom Lap-top über Fingerabdruckscanner, Dokumen-tenprüfgerät, LTE-Router bis hin zum Drucker für den Ankunftsnachweis alles enthält. Die

    Erprobung hat bereits vor Weihnachten begonnen. 600 Stück beschafft der Bund zusätzlich, weitere können die Länder über Rahmenverträge mit der Bundesdruckerei anschaffen. Bis zur Jahresmitte werden alle Erstaufnahmestellen mit den Erfas-sungsclients ausgestattet sein.

    Mit dem beschriebenen Vorgehen lindern Bund, Länder und Kommunen die dringendsten Probleme bei der zuverlässigen Erfassung der Flüchtlinge. Eine eindeutige und sofort über-prüfbare Identifizierung wird möglich, die Konsistenz der Daten insgesamt verbessert und die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Verfahrenszeiten geschaffen.

    Der CIO des Bundes, Klaus Vitt, hat auf dem IT-Gipfel zu Recht darauf hingewiesen, dass das IT-Projekt „Flüchtlingser-fassung“ eine Blaupause liefern kann, wie Bund und Länder IT-Verfahren zukünftig harmonisieren. Es ist vernünftig, seine Energie auf den Aufbau von sicheren zentralen Datenbestän-

    den und dem Standardisieren von Daten-austauschformaten zu konzentrieren. Der weitere Verlauf des Projektes wird zeigen, dass dieser Ansatz auch für andere Ver-fahren ein zielführendes Vorgehen ist.

    BRENNPUNKT

  • \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    241|2016

    Gesetze sind häufig mit

    erheblichen Folgekosten

    für Bürger, Wirtschaft und

    Verwaltung verbunden.

    Der Jahresbericht 2015 des

    Nationalen Normenkon-

    trollrates zeigt, dass diese

    erstmals gesunken sind,

    und zwar um 685 Millio-

    nen Euro.

    Der Nationale Normenkontrollrat legt seinen Jahresbericht 2015 vor

    Gesetzliche Folgekosten sinken erstmals

    Bürokratie und gesetzliche Folgekosten sind nicht von vorneherein negativ zu beurteilen – für das Funktionie-ren einer modernen Gesellschaft sind sie oft unerläss-lich. Es geht also immer um nicht notwendige Bürokratie, um nicht notwendige Folgekosten – eine wichtige Differenzierung! Im Jahr 2015 kann der Nationale Normenkontrollrat erstmals seit seiner Einführung eine positive Entwicklung feststellen. Das beweist eindrücklich: Gezielte Maßnahmen zu Begren-zung und Abbau unnötiger Bürokratie können tatsächlich et-was bewirken. Maßgeblich für die aktuelle Entwicklung sind insbesondere die Effekte aus dem im Juli 2015 verabschie-deten Bürokratieentlastungsgesetz, die vor allem Start-ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen zugutekommen. So werden beispielsweise die Grenzwerte für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für den Umsatz auf 600.000 Euro und für den Gewinn auf 60.000 Euro angehoben. Für 140.000 Unternehmen bedeutet dies eine jährliche Entlastung um 3.600 Euro. Aber auch der konsequente Einsatz von E-Go-vernment-Lösungen kann dazu beitragen, Kosten erheblich zu senken und Leistungen für Bürger und Unternehmen spürbar

    zu verbessern. Ein gutes Beispiel im letzten Jahr ist das Ge-setz zur Modernisierung des Vergaberechts. Mit der Novelle für Vergaben großer öffentlicher Aufträge (EU-Vergabe) wurde der Grundsatz der E-Vergabe eingeführt. Sämtlicher Informa-tionsaustausch zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern hat damit zukünftig elektronisch zu erfolgen. Dies bedeutet jährliche Kosteneinsparungen von rund 1,2 Milliarden Euro.

    Große Hoffnung besteht, dass die im Juli eingeführte ‚One in one out‘-Regel diese positive Entwicklung weiter beflügelt. Die Bundesregierung hat hier eine Anregung des Nationalen Normenkontrollrates aus dem Herbst 2014 aufgegriffen und ist damit erstmals die Selbstverpflichtung eingegangen, den Erfül-lungsaufwand für die Wirtschaft grundsätzlich nicht weiter an-steigen zu lassen. ‚One in one out‘ bedeutet: Wird eine gesetz-liche Regelung verabschiedet, deren Folgekosten die Wirtschaft belasten, muss grundsätzlich an anderer Stelle eine gleichwer-tige Entlastung folgen. Die Bundesministerien müssen demge-mäß sehr genau überlegen, welche konkreten Maßnahmen sie im Gegenzug für neue gesetzliche Belastungen benennen.

    Bürokratiekosten: Dr. Johannes Ludewig übergibt den Jahresbericht 2015 an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

  • \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    251|2016

    Dr. Johannes Ludewig ist Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrates.

    Die gute Nachricht des Jahresberichts 2015 ist dementspre-chend, dass sich die Chancen für Kostenbegrenzung erkenn-bar verbessert haben. Er deckt jedoch auch Probleme auf, die der Rat schon seit Jahren, für das vergangene Jahr jedoch umso vehementer, benennen muss: Der Nationale Normen-kontrollrat sieht mit großer Sorge, dass E-Government in Deutschland zu langsam vorankommt. Es gibt so gut wie kei-nen Regelungsbereich mehr, in dem digitale Lösungen keine Rolle spielen. Rechtliche Vorgaben müssen daher immer auch E-Government-tauglich sein. Es fehlt jedoch an wirksamen Entscheidungsstrukturen, damit einheitliche und schnelle di-gitale Lösungen über die Verwaltungsebenen hinweg für Bür-gerinnen, Bürger und Wirtschaft zur Verfügung stehen. Dieses große Defizit wird auch und gerade bei der Bewältigung der großen Zahl in Deutschland ankommender Flüchtlinge mehr als deutlich. Die Mängel in der effizienten Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen wachsen sich so zu einem ernsthaften Problem aus. Das zeigt sich besonders bei der feh-lenden Vernetzung der IT-Systeme. Hier wird deutlich, wie die Versäumnisse der Vergangenheit allen Beteiligten nun zentner-schwer auf die Füße fallen. Mit anderen Worten: Deutschland muss hier dringend besser werden und darf nicht der Entwick-lung in Wirtschaft und Gesellschaft hinterherlaufen.

    Zu diesem Thema hat der Nationale Normenkontrollrat kürz-lich ein Gutachten vom Kompetenzzentrum öffentliche IT (Fraunhofer FOKUS) anfertigen lassen: „E-Government in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg“. Mit Blick auf Bür-gerinnen und Bürger geht es den folgenden Fragen nach: Wie sieht die E-Government-Praxis derzeit in Deutschland aus? Was sind die wesentlichen Herausforderungen für Nutzer und An-bieter von E-Government-Lösungen? Wie müssten E-Govern- ment-Angebote ausgestaltet sein, um tatsächlich zu entlasten? Wie lassen sich die Kosten für Entwicklung und Betrieb von E-Government senken? Zentrales Untersuchungsergebnis ist: Wirksames E-Government spart 34 Prozent des bürokratischen Aufwands von Bürgerinnen, Bürgern und Verwaltung. Hoch-gerechnet auf die 60 wichtigsten Verwaltungsleistungen sind das Einsparpotenziale in Milliardenhöhe. Diese Chance gilt es tatsächlich zu nutzen – und zwar jetzt.

    Alle Ebenen einbeziehenDer Jahresbericht 2015 zeigt auch, wie wichtig es ist, dass bei der Abschätzung von Folgekosten alle föderalen Ebenen einbe-zogen werden. Für Deutschland gilt daher, dass insbesondere Länder und Kommunen, die die Gesetze und Verordnungen des Bundes überwiegend umsetzen, an der Ermittlung der Kosten aktiv mitwirken. Gleiches gilt für die EU-Ebene. Der Einfluss europäischer Regelungen auf die Belastung deutscher

    Unternehmen ist erheblich: Insgesamt haben über die Hälfte der Folgekosten gesetzlicher Regelungen in Deutschland ih-ren Ursprung in Rechtsakten der EU. Normenkontrollrat und Bundesministerien haben deshalb Verfahren zur frühzeitigen Analyse von Kostenfolgen europäischer Regelungsvorschläge eingeführt, die am 1. Januar 2016 in Kraft treten.

    Insgesamt betrachtet gilt es, einen ganzheitlichen Ansatz im Auge zu behalten: Fundierte Folgekostenabschätzungen, ernsthafte Diskussion von Alternativen, ebenenübergreifender Informationsaustausch für eine stärkere Vollzugsorientierung und E-Government-Tauglichkeit – alles eingebettet in eine Art Kreislauf von Rechtsetzung und Folgekostenabschätzung, Gesetzesvollzug, Gesetzesevaluierung und Gesetzesnovellie-rung. Zusammengefasst: Es geht darum, tatsächlich wirksam zu regieren.

    Der Nationale Normenkon-trollrat ist ein beim Bundes-kanzleramt eingerichtetes unabhängiges Beratungs- und Kontrollgremium der Bundes-regierung. Er sorgt dafür, dass bei gesetzlichen Regelungen die Folgekosten für Bürger, Unternehmen und Verwaltung deutlich und nachvollziehbar ausgewiesen werden. Diese Transparenz soll Entscheidungsträgern in Regierung und Parlament helfen, sich die Konsequenzen bewusst zu ma-chen, bevor sie entscheiden. Auf nationaler Ebene behält der Nationale Normenkontrollrat dabei auch den Vollzug von Gesetzen bei Ländern und Kommunen im Blick. Inter-national setzt er sich gleichermaßen für Transparenz über die Folgekosten der EU-Gesetzgebung ein. Ziel ist es, dass unnötige Bürokratie und gesetzliche Folgekosten begrenzt und abgebaut werden.

    Weitere Informationen sowie den Jahresbericht 2015 oder das E-Government-Gutachten finden Sie unter www.normenkontrollrat.bund.de.

    Gremium zur Kostenkontrolle

  • \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

    261|2016

    Szenarien für die Jobwelt von Morgen

    Kollege Roboter

    Mit einem Klick auf den Button „Will a robot take your job?“ kann man auf der Homepage der BBC erfahren, ob die Digitalisierung den eigenen Arbeitsplatz gefährdet. Nach der Eingabe des eigenen Berufs erfährt der Nutzer, wie hoch die Wahrscheinlich-keit ist, dass er künftig von Maschinen ersetzt wird. Die Ironie an der Sache: Es ist ein Algorithmus, der die Anfragen beantwortet. „Die Aufgabe des Recher-chierens von Berufen mit hohem Auto-matisierungs-Potenzial, eine durchaus anspruchsvolle geistige Leistung, ist also bereits der technischen Revolution zum

    Opfer gefallen“ (das Zitat stammt aus der in Österreich erschienenen Publikation Neue Arbeitswelt – Arena Analyse 2016).

    Gilt das vielleicht auch für Entschei-der in Verwaltung und Politik? Können nicht Maschinen auf der Basis von Big- Data-Analysen schnellere und bessere Pro-gnosen und daraus abgeleitete Lösung- en erzeugen als ehrenamtliche Politiker in Kommunalparlamenten auf der Basis von Papieren der Verwaltungsfachleute?

    Nicht nur Art und Zahl der Arbeitsplät-ze und Anforderungen an Kompetenzen

    verändern sich durch Digitalisierung. Die gesamte Arbeitswelt ist im Wandel. Neue Geschäftsmodelle, die die bisherigen Regularien außer Kraft setzen, werden möglich. Apps und Internetplattformen fungieren als weltweiter Marktplatz, auf dem sich Anbieter und Nachfrager begegnen und Leistungen sowie Waren austauschen. Auch die öffentliche Ver-waltung könnte Leistungen aus dem Rechnungswesen, der Buchhaltung und der Programmierung von IT-Lösungen hier einkaufen. Die Modelle funktionie-ren, weil die Angebote für Abnehmer leicht zugänglich sind und die Anbieter

    Nach Industriegesellschaft, Massenproduktion und der Konsolidierung des Sozialstaates gilt die

    Digitalisierung als vierte Revolution in der Arbeitswelt, als „Arbeit 4.0“. Was bedeutet dies für den

    öffentlichen Sektor, für Führung, Prozesse und Kompetenzen?

  • \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

    271|2016

    Dr. Marianne Wulff ist Geschäftsführerin der Vitako.

    einfach Aufträge bekommen, Vorschrif-ten umgehen und sparen können. Wel-che Risiken für Sicherheit und Qualität und welche Unsicherheiten für Stabilität und Verlässlichkeit von Einkommen ge-hen damit einher?

    Die Einschätzungen gehen auseinander: In Schreckensszenarien werden gern die negativen Konsequenzen der Digitali-sierung betont – „Millionen Jobs fallen weg“ titelt die FAZ am 17. Januar 2016. Fast nur noch Tagelöhner und Click-Wor-ker sind sichtbar, die in der Cloud ihre Dienste orts- und zeitunabhängig welt-weit anbieten – unsicher und prekär. Jubelszenarien dagegen heben die neue Freiheit, die wunderbare Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienleben hervor, genauso wie den Abschied von stumpfsinnigen, mechanischen Tätigkei-ten, die Maschinen übernehmen.

    Umwälzungen benennenDie „offiziellen“ politischen Papiere richten sich an vorhandenen Normen und Strukturen aus und wollen ledig-lich „nachbessern“ oder gar „heilen“. Auffällig ist, dass die Diskussionen und Lösungsversuche sich am Normalarbeits-verhältnis und an dem gesellschaftli-chen, gemeinsamen Wert der Erwerbsar-beit orientieren. Aus guten Gründen, gilt es doch, wertvolle Errungenschaften des Sozialstaats zu bewahren. Die Schwäche der gegenwärtigen politischen Diskus-sion liegt darin, dass sich die Akteure scheuen, die radikalen Umwälzungen beim Namen zu nennen, die denkbaren positiven und negativen Szenarien so konkret wie möglich zu zeichnen und daraus nachhaltige und bezahlbare Lö-sungsansätze zu entwickeln. Dies bleibt anderen überlassen: Wissenschaftlern, Beratungsfirmen, Philosophen und Ak-teuren aus der Zivilgesellschaft.

    Valide Prognosen, an denen die Verant-wortlichen ihre Strategien ausrichten können, fehlen. Und es wird negiert, dass erstens voraussichtlich weniger

    neue Hilfstätigkeiten entstehen als bei bisherigen Automatisierungswellen und zweitens künftig Maschinen eine Intel-ligenz und Lernfähigkeit aufweisen, mit der sie mit Leichtigkeit regelbasierte Tä-tigkeiten ausüben können. Bezogen auf die öffentliche Verwaltung bedeutet dies unter anderem, dass die vielen durch Rechtsvorschriften standardisierten Auf-gaben von Maschinen in voll automa-tisierten Bearbeitungsstraßen erledigt werden können – mit weitreichenden Konsequenzen für die Zahl und die Qua-lität der Arbeitsplätze.

    Relative Einigkeit herrscht darin, dass kreative und soziale Kompetenzen deut-lich stärker gefragt sein werden. Für die öffentliche Verwaltung kann dies etwa bedeuten, dass Erziehungsaufgaben, Bürgerberatung sowie Begleitung von Bürgern in verschiedenen Lebenslagen an Bedeutung und Umfang zunehmen. Dass die Menschen in der künftigen Be-rufswelt zusätzliche, gegebenenfalls völ-lig andere Fähigkeiten entwickeln müs-sen, fordert Gunter Dueck seit Jahren: Kreativität, Selbstorganisation, Netzwer-ken, Wandlungsfähigkeit und Lernbe-reitschaft. Dazu kommen Medienkompe-tenz, Datenverständnis und Wissen um Datenveredelung. Im Bildungs- und Aus-bildungssystem oder in den Personalent-wicklungsstrategien von Verwaltungen wird all dies bisher wenig berücksichtigt.

    Ständige VeränderungNoch in einem anderen Punkt sind sich alle einig: Die Menschen werden auch in der öffentlichen Verwaltung zunehmend in vernetzten Prozessen und wechseln-den, einheitenübergreifenden Teams arbeiten – oder auch gemeinsam mit verwaltungsexternen Experten, Unter-nehmen und Bürgern. In der Arbeitswelt

    4.0 bleibt noch sehr undeutlich, wie sich Prozesse zwischen Mensch und Maschi-ne gestalten, wenn Prozess-Sequenzen teils von intelligenten Maschinen, teils von kreativen Menschen erbracht wer-den. Auch verändern sich die Anforde-rungen an Führung und die Definition von Macht maßgeblich. In der vernetz-ten Arbeitswelt bedeutet Führung Dis-tanz-Management, das heißt, räumlich verteilte Teams zu organisieren und Menschen zu führen, die gegebenenfalls auch in Prozessen von anderen Einhei-ten aktiv sind.

    Die Debatte um die Zukunft der Arbeit betrifft also alle – besonders Verwal-tung und Politik mit ihrer Verantwor-tung für das Gemeinwesen. Müssen wir nicht schleunigst einen gesel