Italien Magazin Urbino 2013 Der Marken

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TEXT EVELINE RETHMEIER FOTOS WILLEM SLUYTERMAN VAN LOO Nirgendwo in Italien ist die Landschaft so variantenreich wie in den Marken. Auf der Ostseite ist die Region von den schönen Stränden der Adria und im Westen durch den beeindruckenden Apennin begrenzt. Dazwischen liegt eine hügelige Landschaft mit weiten Feldern, Wäldern und alten Olivenhainen und Weinbergen, die sich mit den berühmten Hügeln der Toskana messen lässt. die vielen gesichter der MArken

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Articolo sulla Regione Marche e la provincia di Pesaro Urbino uscito su Italien Magazin, rivista che parla di Italia e pubblicata in Germania e Paesi Bassi. In collaborazione con Marcheholiday

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TexT EvElinE REthmEiER FoTos WillEm SluytERman van loo

Nirgendwo in Italien ist die Landschaft so variantenreich wie in den Marken. Auf der Ostseite ist die Region von

den schönen Stränden der Adria und im Westen durch den beeindruckenden Apennin begrenzt. Dazwischen liegt eine hügelige Landschaft mit weiten Feldern, Wäldern und alten Olivenhainen und Weinbergen, die sich mit den berühmten

Hügeln der Toskana messen lässt.

die vielen gesichter

der MArken

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er Mond hängt wie eine riesige silberne Scheibe

am Himmel. Über eine lange staubige Straße, die am Ende immer holpriger wird, fahren

wir nach Urbino Resort, wo wir während unserer

Entdeckungsreise wohnen. Die Besitzer dieses kulturellen Erbes aus dem 13. Jahr-hundert haben zwölf Jahre umgebaut, um nun märchenhafte Ferien anzubie-ten. Die mittelalterliche Kirche des Kom-plexes erstrahlt fröhlich, als wir ankom-men.Am nächsten Morgen können wir uns erst wirklich gut umsehen: Weinberge auf der einen, Wald auf der anderen Seite und ein klarer blauer Himmel. Der Besit-zer erzählt stolz, dass es von Mai bis weit in den Oktober warm wie im Sommer ist. Der Pool mit Blick auf das Tal winkt, aber wir wollen die Gegend erkunden. Mit

einem Oldtimer! Ich verstecke mich direkt hinter dem italienischen Sprich-wort „Donna al volante, pericolo costan-te“ (Frau am Steuer: eine ständige Gefahr) und lasse den Fotografen Willem ans Steuer. Die Dame, die uns die Autoschlüs-sel überreicht, versichert, dass sich das Auto nach wenigen Kilometern Fahrt anfühlt, als kenne man es seit Jahren. Schon bald geben wir ihr Recht. Das Schneckentempo ist kein Problem, wir fahren in unserem eigenen Fünfzigerjah-re-Film und lassen die wunderschöne Landschaft im träge an uns vorüber -ziehen.Nach der Ankunft in Urbino bieten zwei Carabinieri spontan an, das Auto persön-lich zu überwachen, doch es scheint, dass sie eigentlich ein Foto mit sich und dem >

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Vorige Seite: Swimmingpool des Urbino Resort mit

phänomenaler Aussicht.

Diese Seite: Caffe Centrale in Fano; mit dem Oldtimer unter-wegs; Frühstück im

Urbino Resort.Rechts: Urbino mit

dem berühmten Duomo und Palazzo Ducale.

Wir fahren in unserem eigenen Fünfzigerjahre-Film und lassen die wunderschöne Landschaft im trägen Tempo an uns vorüberziehen.

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Wagen machen wollen, sobald wir zu Fuß in die Innenstadt gehen. Wir betreten eine Seitenstraße, die hinauf zu einer kleinen mittelalterlichen Kirche führt, wo wir einen herrlichen Blick auf die Altstadt haben. Das ganze Zentrum ist ein Gewirr aus Treppen und engen und verwinkelten Gassen. Von praktisch überall sieht man den Palazzo Ducale. Dieses beeindrucken-de Gebäude mit zwei Türmen wurde im Auftrag des Grafen Federico da Monte-feltro, der ein großes Interesse an der Kunst hatte, gebaut. Bemerkenswert ist, dass Montefeltro auf Porträts immer nur von links gemalt wurde, wie bei dem weltberühmten Porträt in den Uffizien. Den Historikern zufolge ist es so, weil die andere Hälfte seines Gesichts durch Kämpfe verstümmelt war und er ein Auge verloren hatte. Es gibt sogar Leute, die behaupten, er hätte den Nasenrücken chirurgisch entfernen lassen, um eine

bessere Sicht auf die Feinde zu haben, die sich von seiner blinden Seite näherten. Der Palazzo Ducale mit seinen beeindru-ckend großen, kühlen Gängen und der prächtigen Kunstsammlung der Galleria Nazionale delle Marche ist einen Besuch wert. Als wir den Palazzo wieder verlas-sen, wird ein frisch verheiratetes Paar unter lautem Jubel mit Reis bestreut. Urbino ist nun ein besserer Ort zum Hei-raten als vor ein paar Jahrhunderten, sagt unser Führer lachend. Denn der Graf hatte das „Ius primae noctis“, das Recht, in der Hochzeitsnacht als erster das Bett mit der Braut zu teilen!Als wir durch das Labyrinth der kleinen Gassen wandern, stellen wir fest, dass es so viele junge Leute in der Stadt gibt. Urbino ist eine Universitätsstadt:

Urbino ist nun ein besse-rer Ort zum Heiraten als vor ein paar Jahr-hunderten, sagt unser Führer lachend. Denn der Graf hatte nämlich das „Ius primae noctis“.

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Monte San Bartolo, Weinfelder am Meer.

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Neben den 16.000 Bewohnern leben 6.000 Studenten hier, von denen viele an den Kunstakademien studieren. Sie haben aus Aberglauben einige Rituale in die Stadt gebracht. Vor jeder Prüfung wird eine Kerze in der San Francesco Kirche angezündet und unter den Galerien zu laufen würde Unglück bringen. Besucher sind herzlich willkommen in den Kunst-hochschulen, die sich in alten Klöstern mit einem herrlichen Blick auf die Hügel befinden.

Trüffel und BierWir fahren raus aus Urbino auf der Römerstraße Via Flaminia in die Gola del Furlo, eine spektakuläre Schlucht, Teil des gleichnamigen Nationalparks, eine schöne, grüne Umgebung, wo Sportbe-geisterte nach Herzenslust wandern, rad-fahren oder Kajak fahren können. Muss-olini kam hier häufig her. Der Diktator hat in einer Felswand sein Gesicht im Profil meißeln lassen. Nach dem Krieg wurde es zerstört, doch Spuren sind noch erkennbar. Im Herbst steht dieses Gebiet unter dem >

Linke Seite: Weinfelder; Urbinos Lage auf den steilen Felsen; am Caffe Centrale in Fano.Diese Seite: Hof im grie-chischen Stil; Ristorante Anito Furlo.

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Zauber der Trüffel-Saison und man kann sich hier mit einem Trüffel-Jäger auf die Suche machen. Wir essen im Restaurant Anito Furlo, wo die Trüffel in frisch ver-arbeitet werden, traumhaft zu Mittag.Nach dem Essen geht es weiter zu zwei Brauereien. Italien ist das Land des Wei-nes, und wird es auch weiterhin sein, aber mehr und mehr ist auch selbst gebrautes Bier auf dem Vormarsch. Wir sind gespannt, was die Italiener uns noch beibringen können... Eine ganze Menge, wie es auf der Terrasse auf einem Hügel bei der Bierverkostung im Restaurant La Cotta deutlich wird. Die Besitzer Luigi und Francesco stellen fünf Geschmacks-richtungen Bier für uns bereit. Sie plap-pern durcheinander, wie sie dieses Aben-teuer vor zehn Jahren begonnen haben. „Italiener wollen Wein, kein Bier, riefen

die Freunde. Sie erklärten uns für ver-rückt. Wir haben Kurse in Deutschland gemacht und haben dann unsere eigene italienische Note dazugegeben.“ In Itali-en ist es Tradition, zum Bier eine Pizza zu essen, und wir lassen uns nicht lange bit-ten, Pizza aus dem Holzofen von La Cotta zu kosten.Auf kurvenreichen Straßen fahren wir zur nächsten Birrificio, dieses Mal in das mittelalterliche Dorf Apecchio. Wir sit-zen auf einer schönen Terrasse, wo wir Crostini zum Bier serviert bekommen. Es hat etwas Verrücktes, Bier in einem Land wie Italien zu trinken. Es ist nicht wie ein frisch gezapftes Bier in einer Eckknei-pe, die Italiener wissen etwas Einzigarti-ges aus ihm herauszukitzeln.

SchlendernAm nächsten Tag fahren wir in die ande-re Richtung, in Richtung Küste. In

Luigi und Francesco stellen fünf Geschmacks-richtungen Bier für uns bereit. Sie plappern durcheinander, wie sie dieses Abenteuer vor zehn Jahren begonnen haben.

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zehn Minuten kommen wir von den grü-nen Hügeln an einen schneeweißen Strand mit azurblauem Wasser. Ein örtli-cher Fischer sagt uns stolz, dass diese Region auch die Malediven von Italien genannt wird. Viele Italiener kommen hierher zu ihrer jährlichen „stessa spiag-gia, stesso mare“. An vielen Badeplätzen flattert stolz die Bandiera Blu, die blaue Flagge zeigt an, dass die Qualität des Meerwassers und des Strandes hervorra-gend ist.

FanoFano ist ein schöner, grüner Ort, wo die Einheimischen am Ende eines Tages am Strand ihren Ritualen nachgehen, „fare le Vasche“, wörtlich ihre Runde in den Straßen des Dorfes ziehen. Familien und Paare schlendern durch die Straßen, oft mit einem Eis in der Hand. Wir probieren in der Gelateria Maki in der Hauptstraße die wichtigsten speziellen Sorten wie Lakritz-Trüffel- und Gorgonzola-Marsala-Eis. Die Verkäufer lachen über unsere

überraschten Gesichter. Schon nach dem ersten Bissen sind wir überzeugt und wir verstehen, woher die lange Warteschlan-ge kommt.Wir beenden den Tag im Nationalpark von Monte San Bartolo, wo wir einen Spa-ziergang durch die Weinberge und durch den Wald machen. Am höchsten Punkt sehen wir auf vier Seiten vier völlig unterschiedliche Landschaften. Die Mar-ken sind nicht umsonst die einzige Regi-on mit einem Plural im Namen. Ein Besuch der Marken ist wie der Besuch mehrerer Gegenden auf einmal, so dass unsere zwei Tage sich anfühlen wie eine große Ferienwoche. ✦

ÜBERNACHTENMarche HolidayAlles für einen besonderen Aufenthalt in den Marken: Hotels und Appartements in allen Preisklassen, Oldtimer und Tipps für Jung und Alt im gesamten Gebiet. Die sympathische Eigentümerin Laura Sabatini spricht perfekt Englisch und organisiert Kochkurse, Heißluftballon- fahrten und verschiedene Touren, u. a. zu den Brauereien in der Umgebung. Eine Empfehlung! www.marcheholiday.it

Urbino Resort Ein prächtiges Landgut in der Umgebung von Urbino mit 32 Zimmern verteilt auf sechs Gebäude, die jeweils in ganz eigenem Stil eingerichtet sind. Via San Giacomo in Foglia 7, Località Pantiere, Urbino, Tel. +39 0722 580305, www.urbinoresort.com.

ESSEN & TRINKENBIERBRAUEREIENCollesi Diese birra artigianale in dem reizenden mittelalterlichen Dorf Apecchio ist vom Klein-betrieb zu den Spitzenreitern in Italien gewachsen. Zu den verschiedenen Biersorten werden Crostini und anderes serviert. Località Pian della Serra, Apecchio, Tel. +39 075 933118, www.collesi.com.

La Cotta Nach einem steilen Anstieg hat man von der Terrasse auf dem grünen Hügel eine wundere Aussicht. Donners-tags bis sonntags strömen Familien und Jüngere aus der

Umgebung her, um die beson-deren Biere zu Pizza aus dem Holzofen zu genießen. Località Cà Corsuccio, Mercatale di Sassocorvaro, Tel. +39 334 2520471, www.lacotta.it.

FanoPrima seccaDas beste Fischrestaurant der Stadt. Via Cappellini 36, Tel. +39 0721 834034, www.primasecca.it.

FloridaRestaurant hinter dem Boule-vard, wo es neben dem Fisch auch die beste Pizza der Stadt gibt. Via Simonetti 3, Tel. +39 0721 823966.

Caffè CentraleBar mit angenehmer Terrasse, wo man den Leuten zuschau-en und morgens frühstücken kann. Corso Matteotti 104, Tel. 0721 801417, www.caffecentralefano.it.

Gelateria MakìEissalon mit besonderen Geschmackskombinationen. Erst probieren, dann selbst urteilen! Piazza degli Avveduti 1, Tel. +39 0721 1796064.

URBINOL’Angolo Divino Elegante unterirdische enoteca mit einer großen Weinkarte.Via Sant’Andrea 14, Tel. +39 0722 327559, www.angolodivino.com.

Osteria da la StellaLokaler Favorit. Große Karte und gutes Preis-Leistungsver-hältnis. Eine Empfehlung ist Ravioli mit Kakao. Via Santa Margherita 1,

Tel. +39 0722 320228, www.anticaosteriadalastella.com.

La Trattoria del Leone Ehrliche Trattoria mit freundli-cher Bedienung. Auf jeden Fall die lokale Spezialität versu-chen: frittierte gefüllte Oliven. Via Cesare Battisti 6, Tel. +39 0722 329894, www.latrattoriadelleone.it.

Urbino dei Laghi In diesem romantischen Restaurant, Teil des Urbino Resort, kann man in den wärmeren Monaten am See essen. Sterneniveau für einen überraschend freundlichen Preis. Via San Giacomo in Foglia 7, località Pantiere, www.tenuta-santigiacomoefilippo.it/it/urbino-dei-laghi.

Touristische Informationen auf www.turismo.pesarourbino.it

IN DER UMGEBUNG Ristorante Martinelli Geselliges Familienrestaurant, in dem drei Generationen die Gäste empfangen. Idealer Ort nach einer Wanderung durch Apecchio. Eine Empfehlung ist die Pasta al cinghiale mit Ebern, die in der Umgebung geschossen wurden. Localita’ Acquapartita 19, Apecchio, Tel. +39 0722 90216.

Antico Furlo Ein Umweg, der sich lohnt. Viele Gerichte mit Trüffeln aus der Umgebung. Auf jeden Fall L’uovo a bassa tempera-tura probieren: ein Ei, das fünf Stunden lang im Ofen bei niedriger Temperatur gegart wurde und auf einem Kartoffelpürree mit frischen, schwarzem Trüffel serviert wird. Spektakulär!Via Furlo 60, Acqualagna, Tel. +39 0721 700096, www.anticofurlo.it.

tipps & Adressen

Wir probieren in der Gelateria Maki in der Hauptstraße die wichtigsten speziellen Sorten wie Lakritz-Trüffel- und Gorgonzola-Marsala-Eis. Die Verkäufer lachen über unsere überraschten Gesichter.

Oben: Duomo di Urbino.Mitte: Galleria

Nazionale delle Marche, Köstliches in der Gelateria Maki.

Unten: unterwegs im Oldtimer.

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APECCHIO, CITTà DELLA BIRRA

Kleine Brauereien, wo traditionell Bier gebraut wird, tauchen in den vergangenen Jahren in vielen Ländern auf. Dieses Phänomen ist auch in Italien festzustellen. Namentlich Apecchio ist seit einigen Jahren als Italiens Bierstadt bekannt. In der Stadt und der direkten Umgebung sind mehrere Mikrobrauereien entstanden, wo mit Zutaten aus der Umgebung Bier gebraut wird. Verschiedene Biere haben auf internationalen Bierwettbewerben Preise gewonnen.Der offizielle Begriff für „Biertourismus“ lautet alogastrono-mia, als Pendant zum bekannten enogastronomia. In und um Apecchio werden bei angeschlossenen Restaurants Gerichte mit dazu passenden Bieren serviert. Daneben gibt es Kurse und Verkostungen sowie Routen zu den Bierbrauereien in der Umgebung, die Strade della Birra.

Weitere informationen auf www.apecchiocittàdellabirra.com