IWO – Stellungnahme zum Diskussionspapier „Ein Strommarkt ... · damit der Strompreis pro kWh....

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IWO – Stellungnahme zum Diskussionspapier „Ein Strommarkt für die Energiewende / Grünbuch“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie 26.02.2015

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IWO – Stellungnahme zum Diskussionspapier„Ein Strommarkt für die Energiewende / Grünbuch“des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie

26.02.2015

EinleitungAn das Strommarktdesign der Zukunft werden vielfältige Anforderungen gestellt. Es soll Versorgungssicherheit bieten, die Klimaschutzziele berück-sichtigen und Bezahlbarkeit gewährleisten. Die Herausforderung besteht darin, dass durch den zunehmenden Ausbau von Wind- und Photovoltaik (PV)-Strom der Strom zukünftig nicht immer bedarfsgerecht erzeugt wird und der für die Stabilität des Stromnetzes jederzeit erforderliche Ausgleich von Stromangebot und –nachfrage damit zunehmend anspruchsvoller wird. Es wird zudem immer häufi ger Zeiten geben, in denen das Stromerzeugungspotenzial von Wind- und PV-Anlagen aufgrund unzureichender Stromnachfrage oder aufgrund von Netz-engpässen nicht voll genutzt werden kann und diese Anlagen ihre EE-Stromer-zeugung reduzieren oder ganz einstellen müssen. Von Januar bis September 2014 stammte Strom in Deutschland schon zu ca. 28 % aus regenerativen Quellen./1/ Die Ausbauziele der Bundesregierung sehen vor, dass dieser Anteil im Jahr 2025 auf 40 bis 45 % und im Jahr 2050 auf 80 % weiter steigt./2/ Daher wird es künftig vermehrt Zeiten geben, in denen Stromüberschüsse im Netz vorhanden sind. Studien zufolge werden im Jahr 2030 an 2.284 Stunden des Jahres eine Überschussmenge von insgesamt 45,6 TWh vorhanden sein./3/

Diesen Sachverhalten muss ein Strommarktdesign der Zukunft Rechnung tragen. Um das schwankende Angebot möglichst gut nutzen zu können, wer-den daher sowohl Speichermöglichkeiten als auch eine deutlich verbesserte Steuerbarkeit der Stromnachfrage zunehmend wichtiger.

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2028

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2040

2050

Daten bis 2010 aus AGEE-Stat 2011, Stand Juli 2011

Quelle: Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global; Schlussbericht von DLR, Fraunhofer IWES und IfnE für BMU, März 2012

Wasser

Wind Biomasse, biog. Abfälle

Photovoltaik

Geothermie

Europäischer Verbund

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Entwicklung der Stromerzeugung aus EE

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Power-to-Heat als Flexibilitätsoption mit hohem PotenzialDerzeit wird eine Reihe von Flexibilitätsoptionen diskutiert, die in einem Strom-markt der Zukunft Erzeugung und Verbrauch von Strom stärker in Einklang brin-gen sollen. Eine dieser Flexibilitätsoptionen ist Power-to-Heat (PtH), also die Umwandlung von ansonsten abgeregeltem Strom in Wärme. Diese Wärme kann dann im Gebäudebereich einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Mit mehr als 40 % des Endenergieverbrauchs und mehr als 18 Millionen Öl-und Gashei-zungen hat der Wärmemarkt in Deutschland ein enormes Potenzial zur sinnvol-len Verwertung von zukünftigen, temporär auftretenden Strom-Überschuss-mengen aus Erneuerbaren Energien (EE). Hier ergibt sich zudem die Chance, den Bürger aus der Rolle des Zahlers der Energiewende stärker in die Rolle des Profiteurs zu bringen.

IWO untersucht die Nutzung von PtH in Hybridheizungen seit mehreren Jahren theoretisch und praktisch mit sehr positiven Zwischenergebnissen. Eine im Auf-trag von IWO vom Hamburgischen Welt-WirtschaftsInstitut (HWWI) durchge-führte Studie/4/ zu den Potenzialen von PtH in Hybridheizungen kommt zu dem Schluss, dass sich bei geeigneten Rahmenbedingungen diese Technologie für den Eigenheimbesitzer in weniger als zehn Jahren amortisieren kann. Dies ist ein im Vergleich zu anderen Maßnahmen zur Einbindung von EE (bzw. zur Ein-sparung fossiler Energie) in den Wärmemarkt sehr guter Wert.

Wie funktioniert Power-to-Heat in Hybridheizungen?Ansonsten abgeregelte Strom-Angebotsspitzen, die wirtschaftlich oder tech-nisch nicht sinnvoll als elektrische Energie nutz- oder speicherbar sind, kön-nen durch einfache elektrische Heizeinrichtungen in Wärme umgewandelt, in typische Trinkwarmwasser-, Pufferspeicher oder direkt in den Heizkreis einge-bracht und so speicher- bzw. nutzbar gemacht werden. Vor allem im Zuge der Erneuerung einer Heizungsanlage ist die Installation einer solchen Heizeinrich-tung mit geringen Investitionskosten möglich. Bereits im Betrieb befindliche Muster anlagen des IWO haben die technische Machbarkeit bereits nachge-wiesen.

Hybridheizung zur Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom

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Für die Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom in Hybridheizungen gibt es eine Reihe guter Gründe:

1. Einsparung fossiler Brennstoffe im Wärmemarkt

Wird ansonsten abgeregelter Strom aus Wind- oder Solarstromerzeugungs-anlagen zur Wärmeerzeugung in Hybridheizungen genutzt, muss diese Wärme nicht mehr vom Öl-/Gas-Kessel erzeugt werden.

2. Steigerung von Menge und Anteil erneuerbarer Energie bei der Strom- und Wärmeerzeugung

Die Nutzung ansonsten abgeregelten Stroms aus Wind- oder Solarstrom-erzeugungsanlagen zur Wärmeerzeugung in Hybridheizungen erhöht die erneuerbar erzeugte Strommenge und gleichzeitig den Anteil erneuerbarer Energien in der Wärmeerzeugung. Des Weiteren führt die Nutzung der PtH-Technologie zur Substitution von fossilen Brennstoffen im Wärmemarkt und erhöht dadurch den EE-Anteil im Wärmesektor. Sie leistet somit einen Beitrag zur Erreichung des EE-Wärmeziels von 14 % bis 2020 (EEWärmeG).

3. Vermeidung zusätzlicher Reservekraftwerke in der Stromerzeugung

Die Nutzung von PtH in Hybridsystemen mit mindestens einem weiteren Energieträger neben Strom benötigt keine zusätzlichen Reservekraftwerke. Ausschließlich mit Strom betriebene Heizsysteme (wie z. B. monovalente Strom-Wärmepumpen oder Nachtstromspeicherheizungen) können dage-gen nicht über einen unbegrenzten Zeitraum hinweg auf Strom verzichten. Sie machen somit teure und häufig mit fossilen Energien betriebene Reserve-kraftwerke erforderlich.

4. Bezahlbarkeit

Insbesondere im Zuge der Erneuerung einer Heizungsanlage können die technisch recht unkomplizierten Elektroheizer mit geringen Investitions-kosten als eine mögliche Erweiterungsoption ins Heizsystem integriert werden.

Niedrige Residuallast: geringe Stromnachfrage, viel Wind- und Sonnenstrom/5/

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5. Verhinderung des Abregelns erneuerbarer Stromerzeugung

Mit steigender installierter Leistung von Windkraft- und PV-Anlagen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die jeweilige Stromnachfrage kleiner ist als das erneuerbare Stromerzeugungspotenzial. Dies gilt trotz vermehrten Netzaus-baus, vor allem zu lastschwachen aber wind- und sonnenreichen Zeiten. Erneuerbare Stromerzeugungsanlagen müssen dann zeitweise gedrosselt oder ganz abgeregelt werden, während gleichzeitig fossile Energien zur Wärmeversorgung eingesetzt werden. Regional tritt dieses Pro blem in Folge unzureichenden Netzausbaus bereits heute auf: Vor allem in Norddeutsch-land kommt es vermehrt zur Abregelung von erneuerbaren Windenergieanla-gen durch das sogenannte Einspeisemanagement (EinsMan). Gemäß Erneuer bare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten Anlagenbe-treiber auch für diese nicht produzierten Strommengen eine anteilige Vergütung – bezahlt von den Strom endverbrauchern. Eine volkswirtschaftlich nicht sinnvolle Situation.

6. Verringerung der Endkunden-Strompreise

Die Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom sorgt durch die auf diesen Strom zu zahlenden Abgaben und Entgelte für zusätzliche Einnahmen, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. Somit verringert sich der Beitrag, den ein „normaler Stromendkunde“ an den Gesamtkosten zu tragen hat.

7. Flexible und kostengünstige Bereitstellung negativer Regelleistung

Power-to-Heat-fähige Öl- und Gasheizungen können negative Regelleistung mit höchster Flexibilität bereitstellen. Sie helfen so, Prognosedifferenzen zwischen Stromangebot und -nachfrage zu glätten. Sie können einen Beitrag zur Nachfragesteuerung (Demand-Side-Management) leisten, ohne dass damit Verhaltens- oder Komforteinschränkungen für die Nutzer verbunden sind. Die Integration von PtH-fähigen Hybridheizungen in den Regelenergie-markt verstärkt dort den Wettbewerb und kann so dazu beitragen, die Kosten für die elementare und immer wichtiger werdende Stabilisierungsfunktion der Regelenergie für das Stromnetz zu senken.

8. Wirtschaftlich sinnvolle Nutzung von selbsterzeugtem Solarstrom ermöglichen

Sobald die Einspeisevergütung für selbsterzeugten Solarstrom geringer aus-fällt als die mit diesem Strom und einem Elektroheizer einsparbaren Öl- oder Gaskosten, wird in PtH-fähigen Öl- und Gasheizungen der ansonsten nicht im Gebäude genutzte Solarstrom zur Wärmeerzeugung verwendet. Damit wird wiederum der Einsatz fossiler Energie zur Wärmeerzeugung reduziert.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den Grünbuch-Prozess ausdrück-lich und möchten zu ausgewählten Kapiteln des Grünbuchs nachfol-gend gerne Stellung nehmen.

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Kapitel 2: HerausforderungenWindenergie und PV nehmen die tragende Rolle beim Ausbau der EE im Strom-bereich ein. Diese Energiequellen sind jedoch dargebotsabhängig, d. h., die Stromproduktion hängt vom Wetter ab. Insofern müssen flexible elektrische Verbraucher und Speicher auf dieses fluktuierende Dargebot reagieren. Hier bietet das PtH-Konzept eine kostengünstige Möglichkeit zur Sektorenkopplung mit der Chance, den riesigen Wärmemarkt als flexiblen Nutzer erneuerbarer Energie zu erschließen. Die Auslastung der EE-Erzeuger im Strombereich kann verbessert und die Abregelung mit den damit verbundenen Kosten für die Stromkunden verringert werden. Neben reduzierten Einspeisemanagement-kosten kann durch eine vermehrte Auslastung der EE-Anlagen mehr Strom produziert und verkauft werden. Somit können die Abgaben und Entgelte auch auf eine größere Strommenge verteilt werden, und der Strompreis pro kWh sinkt. Bei all dem sollte darauf geachtet werden, dass das künftige Strommarkt-design eine ausreichende Lenkungswirkung zur Begrenzung des Bedarfs an gesicherter Leistung entfaltet. PtH-fähige Öl- und Gas-Hybridsysteme können die Wärmeversorgung gänzlich ohne gesicherte elektrische Leistung sicherstel-len, da in diesen neben Strom immer ein weiterer Energieträger zur Verfügung steht. Rein strombasierte Heizsysteme wie z. B. monovalente Wärmepumpen oder Nachtstromspeicherheizungen hingegen erhöhen den Bedarf an gesicher-ter Kraftwerksleistung.

Vorteilhaft an der Nutzung von Strom-Überschussmengen in häuslichen Hy-bridheizungen ist zudem, dass diese eine sehr hohe Flexibilität ohne jeglichen Komfortverlust für den Betreiber bieten. Andere Flexibilitätsoptionen, wie Elek-trofahrzeuge, bieten dies nur eingeschränkt. Ein E-Auto sollte, so belegen es Studien, aus Nutzersicht z. B. immer mit maximaler Reichweite abfahrbereit sein, d. h. immer eine geladene Batterie vorhalten.

Kapitel 3: Flexibilität als eine AntwortDas Ermöglichen eines technologieneutralen Wettbewerbs der Flexibilitäts-optionen begrüßen wir ganz ausdrücklich. Bei der Gestaltung der zukünftigen Marktregeln sollten folgende Punkte besondere Beachtung finden:

• Das Marktdesign sollte so gestaltet sein, dass eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung von Stromüberschüssen der Abregelung von Wind- und PV-Anla-gen vorgezogen wird.

• Durch das Schaffen zusätzlicher, flexibler Abnahmemöglichkeiten von Über-schussmengen können die Abgaben und Entgelte auf eine größere Strom-menge verteilt werden. Dadurch sinken die Abgaben und Entgelte je kWh und damit der Strompreis pro kWh.

• Das Marktdesign sollte so gestaltet sein, dass ungehinderter ökono mischer Wettbewerb zwischen den Flexibilitätsoptionen stattfinden kann und damit besonders kostengünstige Lösungen zum Zuge kommen. Die Ergebnisse ei-ner Studie des HWWI zu PtH in Hybridheizungen zeigen, dass die Amortisa-tionszeiten solcher Systeme bei geeigneten Rahmenbe dingungen weniger als zehn Jahren betragen können./4/

• Eine weitere wichtige Zielgröße ist die Technologiereife: PtH kann mit verfüg-baren Komponenten vergleichsweise einfach installiert und betrieben werden. Dies belegen die schon realisierten Praxisobjekte des IWO.

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Kapitel 4: Marktpreissignale für Erzeuger und Verbraucher stärken

Variable StromtarifeDie Schaffung von direkten Marktpreissignalen begrüßen wir ausdrücklich, denn derzeit gibt es keine am Angebot orientierten, variablen Stromtarife für private Haushalte. Diese würden jedoch den notwendigen Anreiz für mehr Flexibilität bieten. Damit könnte Flexibilität auch bei privaten Haushalten einen Wert erhalten. Dies würde der Einführung neuer Anwendungen die gewünschte Dynamik verschaffen, denn nur so können sie ihre Mehrkosten auch wieder einspielen.Gemäß Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) § 40 Abs. 3 müssen Energieversorger „lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife“ anbieten. Insbesondere bei priva-ten Haushalten beschränkt sich das Tarifangebot heute jedoch fast ausnahms-los auf Hoch- und Niedertarifregelungen (HT/NT), die die anzustrebende Echt-zeitkopplung des Strompreises an die aktuelle Marktsituation nicht leisten kön-nen. Intelligente Messtechnik (Smart Meter) bietet zukünftig die Voraussetzung zum Angebot ausreichend dynamischer Stromtarife auch für private Haushalte:

• Angebotsvariable Strompreise für Endverbraucher sind notwendig, damit die PtH-Technologie für Endverbraucher dann sinnvoll aktiviert werden kann, wenn eine Wärmeerzeugung durch Strom wirtschaftlicher ist als durch den Brennstoffeinsatz im Heizkessel.

• Angebotsvariable Strompreise ermöglichen eine Nachfragesteuerung (Demand-Side-Management): In Zeiten günstiger Strompreise kann durch gezieltes, manuelles oder automa-tisches Aktivieren von Stromverbrau-chern im Haushalt (PtH-Heiztechnik, weiße Ware) die Nachfrage gesteigert werden. Die maximalen Netzkapazitäten sind dabei zu berücksichtigen. In Zeiten hoher Preise sinkt die Nachfrage. Damit wird ein Beitrag zur Reduk-tion der Bereithaltung von gesicherter Kraftwerksleistung geleistet und die Notwendigkeit des Ausbaus der Stromnetze reduziert.

• Angebotsvariable Strompreise steigern zudem die Integration Erneuerbarer Energien: Ein zeitweise hohes Angebot von Strom aus Windkraft und PV kann zu sinkenden Strompreisen führen. Ein in Folge dessen sinkender Endverbraucherpreis steigert die Nachfrage und verhindert so eine ansons-ten ggf. notwendige Abregelung der Erzeugung dieses Stroms.

• Der Einsatz von PtH als zusätzlicher Verbraucher würde in Phasen negativer Strompreise den Preis an der Börse stützen und damit die EEG-Umlage entlasten (volkswirtschaftlicher Nutzen).

Regelleistungsmärkte weiterentwickelnDer mit dem Ausbau der EE voraussichtlich steigende Regelleistungsbedarf zeigt, dass neue Angebote für Flexibilität geschaffen werden müssen. Hier sollte der Zugang zu den Regelleistungsmärkten auch für Kleinverbraucher wie PtH-fähige Hybridheizungen von Ein- und Zweifamilienhäusern vereinfacht werden. So sollte eine vereinfachte Typ-Präqualifikation für definierte PtH-Komponenten- Konfigurationen eingeführt werden, um unnötige Kosten zu vermeiden. Des Weiteren sollten solche Anlagen keine speziellen Zähler für eine registrierende Leistungsmessung benötigen. Verkürzte Ausschreibungszeiträume insbeson-dere für Sekundärregelleistung würden helfen, virtuelle Kraftwerke mit PtH- Hybridheizungen effektiver betreiben zu können und böten so die Chance auf ein größeres Angebot an Regelleistung und damit geringere Kosten für die Bereit-haltung von Regelenergie.

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Einführung einer Kostenkomponente für die Vorhaltung ge sicherter Leistung für ausschließlich strombasierte-HeizsystemeAllein strombasierte Heizsysteme wie z. B. monovalente Wärmepumpen oder Nachtstromspeicherheizungen erfordern die Vorhaltung gesicherter Kraftwerks-leistung um auch in Zeiten mit geringen Wind- und PV-Stromangebot ihre Wärme versorgung dauerhaft sicherstellen zu können. Sie sollten daher ange-messen an den Kosten der dafür notwendigen Reservekraftwerkskapazitäten beteiligt werden. Umgesetzt werden könnte dies z. B. durch die Einführung einer leistungsabhängigen monatlichen Grundgebühr für die Bereithaltung dieser ge-sicherten Leistung. Die aktuellen Diskussionen über Stilllegung von Kraftwerken bzw. die Finanzierung ausreichender Reservekraftwerkskapazitäten z. B. über Kapazitätsmärkte zeigt, wie relevant dieses Thema bereits heute ist. Solange die Mehrkosten von der Allgemeinheit getragen werden, fehlen Anreize, die eine Verschärfung der Situation durch den weiteren Zubau ausschließlich strom-basierter Heizsysteme begrenzen würden. Geeignete Rahmenbedingungen könnten hingegen dazu beitragen, dass die Einführung eines Kapazitätsmarktes vermieden werden kann.

Netzentgelte und staatlich veranlasste Preisbestandteile optimierenHeute ist der Strom für extern steuerbare Stromverbraucher in Hybridheizungen durch die auf diesen Strom zu zahlenden Abgaben und Entgelte für private Haushalte so teuer, dass sich die Nutzung nicht rentiert und PtH in Hybridheizun-gen deshalb auch nicht in Wohngebäuden angewendet wird. Ähnliches gilt auch für das Lastmanagement in der Industrie. Derzeit gibt es keine ausreichenden Anreize, Flexibilität anzubieten. Eine Studie des HWWI/4/ zu den Potenzialen von PtH in Hybridheizungen zeigt deutlich, dass für eine Realisierung dieses Konzepts eine Anpassung der Abgaben und Entgelte für PtH-Strom notwendig ist, um dieses große Flexibilitätspotenzial erschließen zu können. Die Studie zeigt auch, dass bei einer entsprechenden Anpassung dieser Strompreis-bestandteile sich die Mehrkosten schon nach weniger als zehn Jahren für den Endverbraucher über die eingesparten Brennstoffmengen amortisieren können. Der jetzige Zustand ist umso bedauerlicher, wenn man bedenkt, dass der Wärmemarkt mit gut 40 % des Endenergieverbrauchs ein enormes Potenzial für die Einsparung von fossilen Brennstoffen und gleichzeitigem Lastmanagement bietet. Eine Hebung dieses Potenzials kann jedoch nur erfolgen, wenn die Abga-ben und Entgelte auf ansonsten abgeregelten Strom, der von extern steuerbaren Stromverbrauchern genutzt wird, reduziert werden. Darum begrüßen wir aus-drücklich die angestrebte Diskussion über ein langfristiges Zielmodell für die Struktur der Netzentgelte und staatlich regulierter Preisbestandteile.

Die Studie des HWWI/4/ zu den Potenzialen von PtH in Hybridheizungen kommt u. a. zu dem Ergebnis, dass schon eine Reduzierung der Abgaben und Entgelte für ansonsten abgeregelten Strom in Höhe von 6 ct/kWh dazu führen würde, dass diese Technologie sich individualwirtschaftlich rechnet. Für die Anpassung von Abgaben und Entgelten gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten.

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Allgemein gilt dabei:

• Obgleich die Senkung der Abgaben und Entgelte für ansonsten abgeregelten Strom als Subvention aufgefasst werden kann, erscheint dies im vorliegen-den Falle zulässig, da hierdurch alle Verbraucher ent- statt belastet würden. Ein zusätzlicher Stromverbrauch (PtH), der bisher keinen Beitrag zu den Abgaben und Entgelten geleistet hat, trägt nun einen Teil der Abgabenlast.

• Die Reduzierung von Abgaben und Entgelten sollte nur für solche Strom-verbraucher gelten, die auch dauerhaft abgeschaltet werden können, da bei ihnen ein zweiter speicherbarer, stromunabhängiger Energieträger zur Ver-fügung steht.

• Wenn erneuerbarer Strom auf der einen Seite unabhängig davon, ob er er-zeugt wird oder nicht, vergütet wird, macht es ökologisch wie ökonomisch wenig Sinn, den grün erzeugten Strom durch Abgaben und Entgelte so zu belasten, dass die Nutzung für den Verbraucher zu teuer wird.

Reduzierung der Netznutzungsentgelte für ansonsten abgere-gelten Strom, der von extern steuerbaren Stromverbrauchern genutzt wird• Die Nutzung von Strom aus ansonsten abgeregelten EE-Erzeugungsanlagen

in den hier angedachten extern steuerbaren Stromverbrauchern ist ohne zusätzliche Netzkosten möglich. Die externe Steuerung erfolgt gerade so, dass der Betrieb mit den ohnehin vorhandenen Netzen machbar ist. Durch die Nutzung des ansonsten abgeregelten EE-Stroms entstehen damit zusätzliche Netzentgelteinnahmen.

• Gemäß § 14a und 14b EnWG besteht die Möglichkeit, die Netznutzungs-entgelte für die Verbraucher zu reduzieren, die mit geeigneten Maßnahmen einen verbesserten Netzbetrieb ermöglichen.

• Gemäß § 19 Abs. 2 Seite 1 StromNEV kann netzdienliches Nutzungsver-halten mit einer Verringerung des zu zahlenden Netzentgeltes privilegiert werden. Extern steuerbare Stromverbraucher dienen dem Stromnetz auf-grund ihrer hohen Flexibilität und Verfügbarkeit zur kurzfristigen Bereit stellung negativer Regelleistung. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Netz-engpassmanagement (Redispatch).

Reduzierung der EEG-Umlage für ansonsten abgeregelten Strom, der von extern steuerbaren Stromverbrauchern genutzt wird• Die Nutzung der PtH-Technologie führt zur Substitution von fossilen Brenn-

stoffen im Wärmemarkt und erhöht dadurch den EE-Anteil im Wärmesektor. Sie leistet somit einen Beitrag zur Erreichung des EE-Wärmeziels von 14 % bis 2020 (EEWärmeG).

• PtH ermöglicht eine bessere Markt- und Systemintegration von Erneuerba-ren Energien. Da Windkraft- und PV-Anlagen je nach Wetterlage unterschied-liche Strommengen liefern, kann dies in Spitzenzeiten dazu führen, dass diese Erzeuger erneuerbaren Stromes abgeschaltet werden müssen, wäh-rend in den Haushalten gleichzeitig fossile Energie zum Heizen benötigt wird.

• Durch die Reduzierung der EEG-Umlage kann der Verbraucher entlastet wer-den. Derzeit werden durch abgeregelten Strom Kosten (Vergütung des Betreibers im Rahmen des Ein-speisemanagements), aber keine Werte (Strom) erzeugt. Dies erhöht die EEG-Umlage. Könnte dieser Strom zukünftig PtH-Betreibern günstiger als Heizöl bzw. Erdgas angeboten werden, könnte dieser produziert und verkauft werden. Durch die vermiedene Abregelung entfallen die Kosten des Einspeisemanagements.

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Reduzierung der Konzessionsabgabe für ansonsten abgere-gelten Strom, der von extern steuerbaren Stromverbrauchern genutzt wird• Die von Energieversorgern an Kommunen gezahlten Konzessionsabgaben

für Strom basieren auf den durchgeleiteten Strommengen. Für aufgrund von negativen Börsenpreisen bislang abgeregelten Strom entstehen somit keine Einnahmen. Wird die Nutzung von PtH-Strom durch Reduktion der Konzessi-onsabgabe für Endverbraucher attraktiv, können Stromnetze intensiver aus-gelastet werden und so zusätzliche Konzessionseinnahmen erschlossen werden.

Reduzierung der Stromsteuer auf den Mineralölsteuersatz für ansonsten abgeregelten Strom, der von extern steuerbaren Stromverbrauchern genutzt wird• Durch die bessere Auslastung der EE-Anlagen kann mehr Strom produziert

und verkauft werden. Wird dieser Strom zum Heizen im Wärmemarkt genutzt werden dort fossile Brennstoffe eingespart. Dadurch reduziert sich dort das Mineralölsteueraufkommen, es entstehen aber gleichzeitig zusätzliche Stromsteuer-Einnahmen. Um hier eine Aufkommensneutralität zu erzielen, sollte für ansonsten abgeregelten Strom die Stromsteuer auf den derzeitigen Mineralölsteuersatz reduziert werden.

Alternativ zu einer pauschalen Reduzierung von Abgaben und Entgelten für ansonsten abgeregelten Strom könnte die vorgeschlagene Dynamisierung der Strompreise auch auf die Abgaben und Entgelte ausgedehnt werden. Diese könnten sich in ihrer Höhe am Strompreisniveau orientieren: Strom-Angebots-spitzen würden zu einem günstigeren Angebotspreis führen, dessen nachfrage-steigernde Wirkung durch ein geringes Niveau der Abgaben und Entgelte ver-stärkt würde.

Als kontraproduktiv bewerten wir den Ansatz, Leistungspreise zu stärken, die nicht ausreichend zwischen weitgehend unflexiblen Stromverbrauchern wie z. B. allein strombasierten Heizungen und hybriden Heizungen, die mindestens auf einen stromunabhängigen Energieträger zurückgreifen können, unterscheiden. Verursachergerecht wäre es, wenn nur solche Anlagen, deren Stromnachfrage nicht dauerhaft durch eine externe gesteuerte Umschaltung auf einen strom-unabhängigen Energieträger reduziert werden kann, belastet würden.

Kapitel 5: Stromnetze ausbauen und optimierenIm Regelfall sollte aus den beschriebenen Gründen Wind- und PV-Stromer-zeugungspotenzial sinnvoll genutzt werden, bevor eine mit Kosten verbundene Abregelung erfolgt. Dies sollte ein zukünftiges Strommarktdesign sicherstellen.

Hilfreich hierfür wäre der Einsatz innovativer Betriebsmittel auf Verteilnetzebene, um z. B. PV-Überschüsse direkt regional im Verteilnetz auszugleichen. Hier soll-ten Anreize für Verteilnetzbetreiber geschaffen werden, um bspw. PtH zu fördern. Dies kann auch dazu beitragen, Netzausbauten in den höheren Ebenen einzu-sparen.

Stromnetzbetreiber sollten künftig nicht nur Kosten für den Netzausbau geltend machen können, sie sollten ebenso Kosten für die Realisierung und den Betrieb intelligenter Lösungen zur Optimierung der Netzauslastung anrechnen können. Nur so kann die für den sicheren Netzbetrieb im jeweiligen Fall kostengünstigste bzw. am leichtesten realisierbare Lösung gewählt werden. Die Investitionen müssen sich zeitnah refinanzieren lassen. Auch der Evaluierungsbericht zur

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Anreizregulierungsverordnung, der im Januar 2015 dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) von der Bundesnetzagentur übergeben wurde, belegt diese Forderung. Investitionen von Netzbetreibern, die die wirtschaftliche Attraktivität von PtH in Hybridheizungen für deren Nutzer steigern, sind Maßnah-men die die Netzauslastung optimieren und damit die Notwendigkeit zum Netz-ausbau reduzieren. So könnte z. B. Hard- und Software, die die Nutzung von Power-to-Heat in Hybridheizungen ermöglicht, in Abhängigkeit von ihrer tat-sächlichen Nutzung eine Förderung durch den Verteilnetzbetreiber erfahren, wenn dieser die Kosten hierfür im Rahmen der Anreizregulierungsverordnung als Kosten des Netzes geltend machen könnte.

Kapitel 8: Die Klimaschutzziele erreichenMehr als 40 % des Endenergieverbrauchs entfallen in Deutschland auf den Wärmemarkt; gleichzeitig wird es zukünftig vermehrt temporäre Überschüsse im Strommarkt geben. Eine Vernetzung von Strom- und Wärmemarkt würde neben der Schaffung von Flexibilität auch dabei helfen, fossile Brennstoffe im Wärme-markt einzusparen. Die Studie des HWWI/4/ zu den Potenzialen von PtH in Hybridheizungen hat errechnet, dass bei geeigneten Rahmenbedingungen in einem typischen Einfamilienhaus so schon 2020 gut 2.700 kWh fossilen Brenn-stoffs eingespart werden könnten. Dies entspricht rund 270 Litern Heizöl pro Jahr. 2032 wären bereits Einsparungen von rund 7.800 kWh bzw. 780 Litern Heizöl pro Jahr möglich. Und dies bei einmaligen Mehrkosten von weniger als 2.000 €, wenn die Installation der für PtH notwendigen Komponenten im Rahmen einer ohnehin anstehenden Heizungsmodernisierung erfolgt.

Ein weiterer großer Vorteil der PtH-Technologie in diesem Zusammenhang besteht darin, dass nach der einmaligen Investition der EE-Anteil der Hybrid-heizung mit dem zunehmenden Ausbau der EE im Strombereich immer weiter ansteigt. Der Wärmemarkt wird somit automatisch immer „grüner“.

Eine zusätzliche positive Lenkungswirkung hätte die Einführung eines eigenen Primärenergiefaktors für den Einsatz von ansonsten abgeregeltem Strom. So sollte eine Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom bei der Bewertung von Gebäuden im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV) durch einen Primärenergiefaktor von Null angerechnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Heizsystem durch eine externe Ansteuerung jederzeit und beliebig lange vom strombasierten Heizgerät auf ein alternatives, stromunabhängiges Heizge-rät, wie z. B. einen Brennwertkessel umgeschaltet werden kann. Ein Primär-energiefaktor von fp = 0 kann aufgrund der Analogie zur Bewertung der Nutzung von Solarenergie begründet werden.

Wir möchten dabei helfen, den weiteren Prozess für ein geeignetes Strom-marktdesign der Zukunft sinnvoll zu gestalten. Gerne bieten wir Ihnen hierzu unsere aktive Mitarbeit an.

Quellenverzeichnis

/1/ BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V./2/ Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom 1.8.2014, § 1 Absatz 2/3/ Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM (2013):

Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt, Studie im Auftrag des BEE und des AGFW/4/ HWWI Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (2014): Power-to-Heat in Hybridheizungen:

Die ökonomischen Potentiale der Vernetzung von Strom- und Wärmemarkt, Studie im Auftrag des IWO, Veröffentlicht auf www.zukunftsheizen.de/pth /5/ Ein Strommarkt für die Energiewende / Grünbuch (2014): Diskussionspapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi)

Institut für Wärme und Oeltechnik e.V.Kontakt: Simon JastrzabSüderstraße 73a20097 HamburgTel: +49 40 235113-0Fax: +49 40 235113-29E-Mail: [email protected]: www.zukunftsheizen.de/pth

Über das Institut für Wärme und Oeltechnik e. V. (IWO):

Die Verbreitung effizienter und emissionsarmer Heiztechnik im Interesse des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung – mit diesem Ziel ist das IWO tätig. Darüber hinaus beschäftigt sich das IWO mit der Einbindung von Erneuerbaren Energien in den Wärmemarkt. Neben den bereits bekannten Technologien ist die Einbindung von ansonsten abgeregeltem Strom in Hybridheizungen als nutzbare Wärme eine neue vielverspre-chende Zukunftstechnologie zur Erhöhung des EE-Anteils im Wärmemarkt.

Das IWO ist eine Einrichtung der deutschen Mineralölwirt-schaft. Finanziert wird das IWO durch Unternehmen der Mineral ölindustrie und des Mineralölaußen- und -großhandels. Namhafte Hersteller von Heizgeräten und Komponenten sowie weitere Institutionen und Verbände begleiten die IWO-Arbeit als Fördermitglieder.