Jagdflieger-Absturz bei Schloss Hohenstein...

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ROTTWEILER HEIMATBLÄTTER Herausgegeben von Winfried Hecht für den Rottweiler Geschichts- und Altertumsverein e.V. Druck: Druckzentrum Südwest GmbH Redaktion: Andreas Pfannes, Rottweil 76. Jahrgang 2015 Nr. 6 Ältere Dietinger berichten von Erzählungen ihrer Eltern, dass auf dem Gebiet der Gemeinde Dietingen in der Feldlage Richtung Hohenstein kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ein Mili- tärflugzeug abgestürzt sei. Lange Zeit sei eine stromlinienförmige Plexiglaskanzel eines Flug- zeugs bei Bauer Karl Maier im Garten als Hüh- nerunterstandhäuschen verwendet worden. Der Bauer und Schneidermeister Pius Graf brachte seinerzeit eine lederne Fliegerkappe von seinem Feldgrundstück nach Hause. Diese hat der Sohn im vergangenen Jahr Hubert Bur- kard als Heimatkundler für den Fundus des Hei- matmuseums Zehntscheuer übergeben. Bur- kard ließ dann die weitere Erforschung der Ge- schichte keine Ruhe. Nachdem im vergangenen Jahr Hubert Burkard auch eine Kopie der persönlichen Aufzeichnun- gen der gräflichen Familie von Bissingen und Nippenburg über die letzen Kriegsjahre auf Ho- henstein erhalten hatte, suchte er auch dort nach Berichten zu einem eventuellen Flugzeug- absturz. Tatsächlich gab es hier Aufzeichnun- gen von Graf Cajetan und Gräfin Elisabeth ge- borene Freiin von Aretin über das Geschehen um Schloss und Hofgut Hohenstein sowie auch um das Hofgut Neckarburg. Die besonderen Gefahren waren bedingt durch die Luftangriffe von amerikanischen Flugzeugen auf die Bahnli- nie, die Güterzüge, den nahen Bahnhof Talhau- sen, aber auch auf Rottweil und Oberndorf. Von der Nr. 0-719266 zur Person Cooper jr. Die fast unmöglich erscheinende Ermittlungs- geschichte nahm dann ihren weiteren Verlauf über den noch leserlichen Eintrag im Innern des Fundstücks der Fliegerkappe. Dort war zu ent- ziffern: Cooper jr. und die Nummer 0-719266. Ein Schrift- und E-Mail-Verkehr führte nun über die amerikanische Botschaft in Berlin und Mün- chen, über das US-Generalkonsulat in Frank- furt, über die US-Army Europe in Ramstein, über die US-Army Wiesbaden zu dem Histori- ker der US-Luftwaffe, Dr. Silvano Wueschner. Herr Wueschner setzte sich in besonderem Ma- ße für das Dietinger Anliegen der weiteren Auf- klärung zur Person Cooper jr. und dessen ver- meintlichem Absturz als Pilot ein. Ihm gilt unser herzlicher Dank. Über diverse Internet-Recherchen und Register der US Army wie auch persönliche Verbindun- gen von Herrn Wueschner nach USA in Verbin- dung mit Name und Nummer der Fliegerkappe konnten die persönlichen Daten des Piloten er- mittelt werden. Es handelte sich um den Piloten Priesley P. (Paul) Cooper jr., Second Lieute- nant, US. Army Air Forces, 5th Fighter Squa- dron, 52nd Fighter Group, geboren am 2. No- vember 1924 in Roby, Texas. Absturz am 22. Februar 1945 und Beisetzung in Belgien Im Kampf (Killed In Action) gefallen am 22. Fe- bruar 1945. Ausgezeichnet mit den Orden „Purple Heart“ und der „Air Medal“. Als Absturz- stelle ist in einzelnen Registern nur „Germany“ vermerkt. Seine sterblichen Überreste wurden zur Umbettung von der US Army abgeholt und zunächst über den Soldatenfriedhof Saint- Avold bei Metz endgültig auf dem großen ame- rikanischen Soldatenfriedhof „Ardennes Ameri- can Cemetery“ in Neupré/Belgien, etwa 20 Kilo- meter südwestlich von Lüttich, beigesetzt. Dort ruhen 5328 gefallene amerikanische Soldaten des Zweiten Weltkrieges. Neben anderen Erin- nerungsschriften steht an einer Wand ein ver- kürztes Gebet des amerikanischen Kardinals Newman: „O Herr hilf uns. Erfülle uns mit Gna- de und gib Ihnen die Ewige Ruhe.“ In der amerikanischen Tageszeitung „The Abi- lene Reporter“ (Texas) am 11. März 1945 er- schien auf der ersten Seite folgende Nachricht: „Roby, 10. March 1945: Priesley P. Cooper of Roy dies in War 2nd Lt. Priesley P. Cooper Jr., Mustang fighter Pilot, was killed in action over Germany on 22.2. His father, Priesley P. Cooper of Houston, formerly of Roby, was informed Sa- turday by the War Departement.“ Die Familie Cooper in Texas Seine Eltern waren: Priesley Paul Cooper (1899-1970) und Susie Virginia Simmons Coo- per (1898-1933), der Gefallene hatte noch eine Schwester namens Pauline Cooper Warton (1921-2012), genannt „Polly“; sie starb am 29. Mai 2012 in Austin, Texas. Die Familie hatte zwei Söhne mit Namen Ben William Warton aus Marbel Falls am Colorado River und Freddy Paul Warton aus Austin in Te- xas. Diese zwei Neffen des gefallenen Fliegers leben heute mit ihren Familien im US-Bundes- staat Texas. Der Neffe Ben ist heute 68 Jahre alt und hat eine private therapeutische Praxis in Marbel Falls. Neffe Freddy ist heute 64 Jahre alt, ist Unternehmer und mit seiner Frau Julie verheiratet. Sie haben eine Tochter namens Ta- mara und wohnen in Austin. US Air Force-Stützpunkt in Italien Mit diesen amtlichen Ergebnissen gab sich der Autor allerdings nicht zufrieden. Ein Vergleich des Absturztages mit den Angaben der Tages- aufzeichnungen der gräflichen Familie bestätig- te sich. Über die US Air Force konnte er Auf- trag, Einsatz und Ziele erkunden. Über einen Tagesbericht der 52nd Fighter Group (Jagdge- schwader) vom 22. Februar 1945 mit 57 Flug- zeugen, davon die 5nd Squadron (Staffel) von Leutnant Cooper mit 22 Flugzeugen, konnte Näheres ermittelt werden. Neben der 2nd und 4nd Fighter Group war auch seine Staffel auf der Heimatbasis, dem Stützpunkt in Madna bei Termoli in Italien an der Adria (850 Kilometer bis Süddeutschland), stationiert. Seine 5nd Squadron hatte den Spitznamen „speiende Kätzchen“. Die Flugzeuge hatten eine rote Na- se und ein gelbes Heck. Das 52. Kampfgeschwader flog das legendäre Jagdflugzeug „Mustang“ mit der Typbezeich- nung: „Flight North American P 51 D Mustang“. Es handelte sich um ein einmotoriges, einsitzi- ges Ganzmetall-Jagdflugzeug mit sechs auto- matischen 12,7 mm-Maschinengewehren in den Tragflächen. Hiervon wurden allein 15 000 Stück produziert. Wenn sie nicht zwei Bomben außen unter den Flügeln mitführten, konnten sie mit zwei Zusatztanks ausgerüstet werden. Damit hatten sie dann eine Reichweite von 3000 Kilometern. Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug 700 km/h. Ihre maximale Flughöhe lag bei 12 000 Meter. Die Maschinen hatten mit 12 Zylindern 1650 PS und einen Merlin Motor von Rolls Royce. Als Langstrecken-Begleit- und -Abfangjäger hatten sie überwiegend den Auf- trag, die viermotorigen B 17 Bomber als Begleit- schutz nach Süddeutschland zu eskortieren. Die Aufgaben und die Ziele des 52. Jagdge- schwaders waren, das deutsche Transport- system der Eisenbahn zu zerstören. Am 22. Februar 1945 holten die alliierten Luft- waffen in einer gemeinsamen Aktion mit insge- samt 8000 Flugzeugen zu einem gewaltigen Schlag aus. Ziele waren unter anderem die Jagdflieger-Absturz bei Schloss Hohenstein (1945) von Hubert Burkard Die lederne Fliegerkappe des 1945 abgestürzten amerikanischen Piloten Priesley P. Cooper jr. Foto: Roland Ober

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ROTTWEILER HEIMATBLÄTTERHerausgegeben von Winfried Hecht für denRottweiler Geschichts- und Altertumsverein e.V.

Druck: Druckzentrum Südwest GmbHRedaktion: Andreas Pfannes, Rottweil

76. Jahrgang 2015 Nr. 6

Ältere Dietinger berichten von Erzählungenihrer Eltern, dass auf dem Gebiet der GemeindeDietingen in der Feldlage Richtung Hohensteinkurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ein Mili-tärflugzeug abgestürzt sei. Lange Zeit sei einestromlinienförmige Plexiglaskanzel eines Flug-zeugs bei Bauer Karl Maier im Garten als Hüh-nerunterstandhäuschen verwendet worden.Der Bauer und Schneidermeister Pius Grafbrachte seinerzeit eine lederne Fliegerkappevon seinem Feldgrundstück nach Hause. Diesehat der Sohn im vergangenen Jahr Hubert Bur-kard als Heimatkundler für den Fundus des Hei-matmuseums Zehntscheuer übergeben. Bur-kard ließ dann die weitere Erforschung der Ge-schichte keine Ruhe.Nachdem im vergangenen Jahr Hubert Burkardauch eine Kopie der persönlichen Aufzeichnun-gen der gräflichen Familie von Bissingen undNippenburg über die letzen Kriegsjahre auf Ho-henstein erhalten hatte, suchte er auch dortnach Berichten zu einem eventuellen Flugzeug-absturz. Tatsächlich gab es hier Aufzeichnun-gen von Graf Cajetan und Gräfin Elisabeth ge-borene Freiin von Aretin über das Geschehenum Schloss und Hofgut Hohenstein sowie auchum das Hofgut Neckarburg. Die besonderenGefahren waren bedingt durch die Luftangriffevon amerikanischen Flugzeugen auf die Bahnli-nie, die Güterzüge, den nahen Bahnhof Talhau-sen, aber auch auf Rottweil und Oberndorf.

Von der Nr. 0-719266 zur Person Cooper jr.

Die fast unmöglich erscheinende Ermittlungs-geschichte nahm dann ihren weiteren Verlaufüber den noch leserlichen Eintrag im Innern desFundstücks der Fliegerkappe. Dort war zu ent-ziffern: Cooper jr. und die Nummer 0-719266.Ein Schrift- und E-Mail-Verkehr führte nun überdie amerikanische Botschaft in Berlin und Mün-chen, über das US-Generalkonsulat in Frank-furt, über die US-Army Europe in Ramstein,über die US-Army Wiesbaden zu dem Histori-ker der US-Luftwaffe, Dr. Silvano Wueschner.Herr Wueschner setzte sich in besonderem Ma-ße für das Dietinger Anliegen der weiteren Auf-klärung zur Person Cooper jr. und dessen ver-meintlichem Absturz als Pilot ein. Ihm gilt unserherzlicher Dank.Über diverse Internet-Recherchen und Registerder US Army wie auch persönliche Verbindun-gen von Herrn Wueschner nach USA in Verbin-dung mit Name und Nummer der Fliegerkappekonnten die persönlichen Daten des Piloten er-mittelt werden. Es handelte sich um den PilotenPriesley P. (Paul) Cooper jr., Second Lieute-nant, US. Army Air Forces, 5th Fighter Squa-dron, 52nd Fighter Group, geboren am 2. No-vember 1924 in Roby, Texas.

Absturz am 22. Februar 1945 und Beisetzung in Belgien

Im Kampf (Killed In Action) gefallen am 22. Fe-bruar 1945. Ausgezeichnet mit den Orden„Purple Heart“ und der „Air Medal“. Als Absturz-stelle ist in einzelnen Registern nur „Germany“vermerkt. Seine sterblichen Überreste wurdenzur Umbettung von der US Army abgeholt undzunächst über den Soldatenfriedhof Saint-Avold bei Metz endgültig auf dem großen ame-rikanischen Soldatenfriedhof „Ardennes Ameri-can Cemetery“ in Neupré/Belgien, etwa 20 Kilo-meter südwestlich von Lüttich, beigesetzt. Dortruhen 5328 gefallene amerikanische Soldatendes Zweiten Weltkrieges. Neben anderen Erin-nerungsschriften steht an einer Wand ein ver-kürztes Gebet des amerikanischen KardinalsNewman: „O Herr hilf uns. Erfülle uns mit Gna-de und gib Ihnen die Ewige Ruhe.“In der amerikanischen Tageszeitung „The Abi-lene Reporter“ (Texas) am 11. März 1945 er-schien auf der ersten Seite folgende Nachricht:„Roby, 10. March 1945: Priesley P. Cooper ofRoy dies in War 2nd Lt. Priesley P. Cooper Jr.,Mustang fighter Pilot, was killed in action overGermany on 22.2. His father, Priesley P. Cooperof Houston, formerly of Roby, was informed Sa-turday by the War Departement.“

Die Familie Cooper in Texas

Seine Eltern waren: Priesley Paul Cooper(1899-1970) und Susie Virginia Simmons Coo-per (1898-1933), der Gefallene hatte noch eine

Schwester namens Pauline Cooper Warton(1921-2012), genannt „Polly“; sie starb am 29.Mai 2012 in Austin, Texas.Die Familie hatte zwei Söhne mit Namen BenWilliam Warton aus Marbel Falls am ColoradoRiver und Freddy Paul Warton aus Austin in Te-xas. Diese zwei Neffen des gefallenen Fliegersleben heute mit ihren Familien im US-Bundes-staat Texas. Der Neffe Ben ist heute 68 Jahrealt und hat eine private therapeutische Praxis inMarbel Falls. Neffe Freddy ist heute 64 Jahrealt, ist Unternehmer und mit seiner Frau Julieverheiratet. Sie haben eine Tochter namens Ta-mara und wohnen in Austin.

US Air Force-Stützpunkt in Italien

Mit diesen amtlichen Ergebnissen gab sich derAutor allerdings nicht zufrieden. Ein Vergleichdes Absturztages mit den Angaben der Tages-aufzeichnungen der gräflichen Familie bestätig-te sich. Über die US Air Force konnte er Auf-trag, Einsatz und Ziele erkunden. Über einenTagesbericht der 52nd Fighter Group (Jagdge-schwader) vom 22. Februar 1945 mit 57 Flug-zeugen, davon die 5nd Squadron (Staffel) vonLeutnant Cooper mit 22 Flugzeugen, konnteNäheres ermittelt werden. Neben der 2nd und4nd Fighter Group war auch seine Staffel aufder Heimatbasis, dem Stützpunkt in Madna beiTermoli in Italien an der Adria (850 Kilometer bisSüddeutschland), stationiert. Seine 5ndSquadron hatte den Spitznamen „speiendeKätzchen“. Die Flugzeuge hatten eine rote Na-se und ein gelbes Heck.Das 52. Kampfgeschwader flog das legendäreJagdflugzeug „Mustang“ mit der Typbezeich-nung: „Flight North American P 51 D Mustang“.Es handelte sich um ein einmotoriges, einsitzi-ges Ganzmetall-Jagdflugzeug mit sechs auto-matischen 12,7 mm-Maschinengewehren inden Tragflächen. Hiervon wurden allein 15 000Stück produziert. Wenn sie nicht zwei Bombenaußen unter den Flügeln mitführten, konntensie mit zwei Zusatztanks ausgerüstet werden.Damit hatten sie dann eine Reichweite von3000 Kilometern. Ihre Höchstgeschwindigkeitbetrug 700 km/h. Ihre maximale Flughöhe lagbei 12 000 Meter. Die Maschinen hatten mit 12Zylindern 1650 PS und einen Merlin Motor vonRolls Royce. Als Langstrecken-Begleit- und-Abfangjäger hatten sie überwiegend den Auf-trag, die viermotorigen B 17 Bomber als Begleit-schutz nach Süddeutschland zu eskortieren.Die Aufgaben und die Ziele des 52. Jagdge-schwaders waren, das deutsche Transport-system der Eisenbahn zu zerstören.Am 22. Februar 1945 holten die alliierten Luft-waffen in einer gemeinsamen Aktion mit insge-samt 8000 Flugzeugen zu einem gewaltigenSchlag aus. Ziele waren unter anderem die

Jagdflieger-Absturz bei Schloss Hohenstein (1945)von Hubert Burkard

Die lederne Fliegerkappe des 1945abgestürzten amerikanischen Piloten PriesleyP. Cooper jr. Foto: Roland Ober

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Bombardierung der Güterbahnhöfe zwischenLindau und Memmingen sowie die Umgebungvon Ulm. Die eigentlichen Begleitschutzaufträ-ge verloren immer mehr an Bedeutung undwurden meist mit sogenannten „Strafing Missi-ons“ d.h. einmal am Ziel angekommen, verlie-ßen die Jäger die hochfliegenden Bomber undbegannen mit dem Beschuss von Bodenzielenim Tiefflug. Dabei unterflogen sie teilweise Flakund Radar mit einer Höhe von 15 Metern überGrund um die Bodendeckung auszunutzen.

Der Schicksalstag für die 5. Jägerstaffel in Dietingen

Dies war am Donnerstag, 22. Februar 1945, ge-nau so. Zweieinhalb Stunden nach dem winter-lichen Start der 52nd Fighter Group um 10.40Uhr vom Hauptstützpunkt Madna bei Termoli/Süditalien verließen die 57 Mustangs den Bom-berpulk am Ziel und begannen mit dem Be-schuss von Bodenzielen im Tiefflug. Die 5ndFighter Group von Leutnant Cooper, die mit 22Flugzeugen gestartet war, beschoss eine Fa-brik in Donaueschingen, Kasernen, Bahnhöfe,Güterzugwaggons, Lokomotiven, Tankwag-gons, Sendemasten von Radio und Radar. Vonden Aktionen war auch die Bahnlinie Rottweil-Horb betroffen. Neben den Bahnhofs- und Fa-brikanlagen in Rottweil und Oberndorf war auchim Neckartal der nächstgelegene Bahnhof Tal-hausen mit Brücken, Tunnels und stehendenGüterzügen Ziel der angreifenden amerikani-schen Tiefflieger.Von der 5nd Staffel schafften 20 Flieger dieRückkehr über die Alpen zu ihrem Flugplatz inItalien. Robert „Rocky“ Rhodes konnte sein vonder Flak angeschossenes Flugzeug, lt. Berichtdes Liechtensteiner Volksblatt vom 24. Februar1945, im Rheintal bei Liechtenstein in derSchweiz im seichten Uferstreifen des Rheinsnotlanden und wohlbehalten aussteigen. DerPilot Priesley Cooper aber geriet in starkesFlakfeuer. Seine Maschine konnte durch ver-schiedene Treffer nicht mehr gesteuert werdenund schoss in die Tiefe.Nach übereinstimmenden Berichten desKampffliegers Robert F. Rhodes, den Aufzeich-nungen der gräflichen Familie von Bissingen,dem Tagesbericht des Leiters der 52nd FighterGroup und den persönlichen Berichten der Nef-fen von Leutnant Cooper wurde sein Flugzeugvermutlich von der Flak auf der Stettener Höheschwer getroffen und stürzte auf ein Feld beiSchloss Hohenstein ab. Cooper wollte mit demFallschirm in einer Höhe von 150 Metern ab-springen. Dabei sprengte er die in tropfenähnli-cher Form ausgebildete Plexiglaskanzel ab.Beim Ausstieg riss ihm der Luftstrom die leder-ne Pilotenkappe vom Kopf. Beide Teile wurdenentfernt vom eigentlichen Absturzort von denDietinger Bauern Pius Graf und Karl Maier inden Feldern gefunden. Nach schwäbischer Art,„dass man etwas Ganzes immer noch brau-chen kann, wurde die Glaskanzel ein Unter-

stand für Hühner und die Lederkappe eine war-me Kopfbedeckung für den Winter“.Beim Ausstieg aus der Maschine verheddertesich allerdings der Fallschirm Coopers an denTragflächen, wovon er sich nicht mehr befreienkonnte. So wurde er mit der Maschine in denTod gerissen. Das Flugzeug explodierte beimAufschlag und verbrannte mit dem herausgefal-lenen, unkenntlich gewordenen Piloten. Dernoch tätige Bürgermeister, NS-ParteimitgliedFranz Ohnmacht, wurde mit drei weiteren Bür-gern zum Absturzort alarmiert, wo sie den totenPiloten am 22. Februar 1945, nachmittagsgegen drei Uhr, neben den Flugzeugtrümmernfanden. Ohnmacht sicherte seine Erkennungs-marke neben einem zerfetzten Foto, das er aufdem Rathaus später zusammenklebte. DasFoto zeigte eine Frau mit einem Kind. Die Trüm-mer und der Leichnam wurden von den hinzu-gezogenen Bürgern bewacht, bis der Leichnamin einen Sarg gelegt werden konnte. Die Flug-zeugtrümmer mussten auf Befehl der deut-schen Luftwaffe zum Bahnhof Rottweil ver-bracht werden.Den Absturzort beschrieb Gräfin von Bissingenwie folgt: An der Ecke des Dans (Tann) am En-de der Allee, die von der Feldscheune dorthinführt. Graf von Bissingen bezeichnete die Ab-sturzstelle wie folgt: Auf dem Hohensteiner Mit-telfeld etwa 70 Meter westlich gen südlich, andas den Römerweg grenzende Stück.Nach dem Bericht von Franz Ohnmacht, deruns über den US-AF-Historiker Dr. Wueschnererreichte, und dem alten Friedhofsbestattungs-Register mit Eintrag des Totengräbers MathiasBeck, genannt „Peterle Matheis“, erfolgte am23. Februar 1945, abends acht Uhr, die Bestat-tung auf dem Gemeindefriedhof. Dabei warenzugegen Totengräber Mathias Beck und dieGemeindearbeiter Mathias Schmuck und Se-bastian Schürle sowie Franz Ohnmacht. Ineiner Lageplanskizze des Friedhofs ist dieGrablege und ein Holzkreuz mit Inschrift er-fasst.Nach dem Protokoll des Gemeinderats vom 10.Juni 1945 stellte Schreinermeister Bantle vonIrslingen der Gemeinde Dietingen die Kostenfür die Anfertigung eines Sarges für den abge-schossenen amerikanischen Flieger in Rech-nung, da es in der Gemeinde Dietingen zu die-ser Zeit keinen Schreiner gab. Am 18. Juli 1946wurde er von Dietingen auf den amerikanischenSoldatenfriedhof „St. Avold“ bei Metz und am11. Mai 1950 zur endgültigen Ruhestätte aufden amerikanischen Soldatenfriedhof „Arden-

nes American Cemetery“ in Belgien umgebet-tet.

Rührung und Dankbarkeit der Nachfahren

In einem anrührenden Brief schildern die Neffender noch in Texas lebenden Nachfahren, wel-che Gemütsbewegungen ihre Mutter alsSchwester des Piloten durchmachen musste.Die Mutter des Piloten war früh verstorben, undso musste sie die Stelle der Mutter einnehmen.Für die Neffen war Onkel Priesley eine beson-dere Bezugsperson und auch nach seinem To-de in den prägenden Jahren ihrer Jugend imGeiste stets gegenwärtig. In ihrem Leben spiel-te er auch weiterhin eine wichtige Rolle. Auchihre Mutter konnte den Tod ihres zwanzigjähri-gen Bruders nie verwinden. Die Erinnerung anihn konnte mit Worten nicht ausgedrückt wer-den. Als die Neffen nun nach 70 Jahren von denRecherchen des früheren Bürgermeisters Hu-bert Burkard aus Dietingen zum genauen Ab-sturzort und der genauen Todesursache wieauch zur Auffindung von Flugzeugteilen und derFliegerkappe erfuhren, seien sie in Tränen aus-gebrochen. Gerade aber die authentische Flie-gerkappe als gut erhaltenes persönliches Klei-dungsstück sei für sie eine Quelle der Freude.Falls das Erinnerungsstück nicht sinnvoll imGemeindearchiv weiter aufbewahrt werdensollte, wäre es für sie eine große Freude, wennsie die Fliegerkappe erhalten könnten. Damitschließe sich der Kreis der Trauer und Erinne-rung.Nach Ansicht der kontaktierenden US Air Forcesei dieses Unterfangen für Hubert Burkard be-sonders ehrenhaft und mit größtem Dank ver-bunden. Dies gelte auch für den Historiker des86. Geschwaders der US Air Force Europe, Dr.Silvano Wueschner.

Tod von Feind und Freund

Im Tod verblassen Feind und Freund. So solldiese Dokumentation an die amerikanischen,aber auch an die deutschen Soldaten erinnern,die in diesen maßlos unseligen Krieg gezwun-gen wurden. Nicht vergessen seien aber auchdie Männer, Frauen und Kinder der zivilen Be-völkerung, die unschuldig zu Tode kamen undgroßes Leid hinterließen. Die Menschheit hataus diesem Krieg nicht viel gelernt. Tod undLeid, wie heute in der Ukraine, sprechen fürsich. Möge trotzdem eine schützende Hand unsführen.

Pilot Priesley P. (Paul) Cooper jr., SecondLieutenant, US. Army Air Forces, 5th FighterSquadron Vorlage: Verfasser

Flight North American P-51 D Mustang über derAdria Vorlage: Verfasser

Das Grabkreuz von Priesley P. Cooper jr. aufdem Soldatenfriedhof „Ardennes AmericanCemetery“ in Belgien Vorlage: Verfasser

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Ob in Tarnfleck oder in „1. Geige“, man sieht sieam Weihnachtsmarkt eifrig Becher, gefüllt mitPunsch, aus ihrem Hüttchen heraus reichen.Und das für einen guten Zweck. Vier Schecksmit je 3500 Euro überreichten die Kameradendes Minentauchereinsatzbootes „Rottweil“ zu-sammen mit ihrem Kommandanten, Korvetten-kapitän Stefan Oeggl (man erkennt ihn amKommandantenstern (1) auf seiner rechtenBrust über dem Tätigkeitsabzeichen und seinendrei breiten „Kolbenringen“ am Unterarm) amEnde des letztjährigen Weihnachtsmarktes. Be-reits seit dem zweiten Rottweiler Weihnachts-markt nimmt die Besatzung der „Rottweil“ mitihrem bekannten Marinepunsch an der Veran-staltung teil.„Die ‚Rottweil’ trägt den Namen unserer Stadt indie Welt – ihre Mannschaft ist bei uns stets eingern gesehener Gast“, so OberbürgermeisterRalf Broß beim Besuch des aktuellen Komman-danten und seines Vorgängers, Korvettenkapi-tän Mario Fink (er trägt als ehemaliger Kom-mandant den Kommandantenstern auf der lin-ken Brustseite), anlässlich des Kommando-wechsels 2014.

So fing es an

Der Ursprung dieser Verbindung liegt weit zu-rück. Anfang November 1962 richtete der ge-bürtige Rottweiler Helmut Weißer, seinerzeitKapitänleutnant – ihn zog es schon zur See „alsRottweil noch in der Heerstraße aufhörte“ – underster Kommandant der SM (Schnelles Minen-suchboot) „Castor“ (lateinisch: Biber), eine Bittean seine Heimatstadt Rottweil, die er „vor nahe-zu sieben Jahren verlassen“ hatte, zur Über-nahme der Patenschaft für sein neues Schiff.Dieser Bitte wurde „bereits acht Tage nach Ein-treffen des Briefes, am 13. November“ im Ge-meinderat einstimmig entsprochen (2).Dies war nicht das erste Kommando, das Kapi-tänleutnant (umgangssprachlich auch KaLeu)Weißer führte. Zuvor war er bereits im Januar1962 für kurze Zeit auf der „Orion“ (Stillegungam 19. Januar 1962) und von März bis Septem-ber 1962 auf der „Saturn“ (Stillegung am 28.September 1962). Beide Boote wurden schonim Räumdienst der Kriegsmarine eingesetztund wurden 1956 aus den Beutebeständen derAlliierten in die Bundesmarine, in das 1. Minen-suchgeschwader, übernommen. Da die StadtSchwäbisch Hall bereits seit 1961 eine Paten-schaft mit der SM „Mira“ hatte, kam es hier zueinem kurzen Informationsaustausch zwischenbeiden Verwaltungen. Eine ähnliche Anfrageerhielt die Stadt Rottweil selbst 1973 von derStadt Göppingen (3).Die schnellen Minensuchboote waren eine Wei-terentwicklung der bisherigen Minenräumboo-te. Die „Castor“ gehörte zur Schütze-Klasse, dienach dem ersten in Dienst gestellten Boot die-ser Klasse benannt wurde. Alle weiteren Bootedieser Klasse erhielten ebenfalls Namen vonHimmelskörpern und Sternbildern und warenweitestgehend, zum Schutz gegen Magnetmi-nen, aus Holz gebaut. Die „Castor“ war das 17.von 30 Booten (sechs weitere Boote dieserKlasse kamen bei der brasilianischen Marinezum Einsatz), die von 1959 bis 1963 in Dienstgestellt wurden und wurde als zehntes Boot des1. Minensuchgeschwader in Flensburg statio-niert. Dieses Geschwader bestand aus einem

Tender (Unterstützungs- beziehungsweise Ver-sorgungsschiff) und zehn schnellen Minensuch-booten (M 1050 bis M 1059). Die Boote dieserKlasse bildeten ebenfalls das 3. und das 5. Mi-nensuchgeschwader (4).Die Verwendung von Seeminen ab dem 19.Jahrhundert nahm in einem Maße zu, dass esab dem Ersten Weltkrieg erforderlich war, spe-zielle Abwehrfahrzeuge zu entwickeln und zumEinsatz zu bringen. Es entstanden erste, mit derMinenkriegsführung beauftragte Verbände undEinheiten. Ab den 1930er-Jahren wurde bisKriegsende in Deutschland eine sehr große An-zahl, fast 300, an Räumbooten gebaut und ein-gesetzt. Basierend auf den Minensuchern desErsten Weltkrieges wurden von der Kriegsmari-ne die Minensucher M-Boot 1935, M-Boot 1940und M-Boot 1943 weiterentwickelt, deren Ein-satzgebiet sich vom Minensuchen und -räumenauf die U-Boot-Jagd, Aufklärung und Geleiten-sicherungsdienst erweiterte. Bereits 1936 wur-den Räumboote der 1. Räumboot-Flottille alsBegleitboote bei den Olympischen Segelwett-kämpfen eingesetzt.Ende des Zweiten Weltkrieges lagen über einehalbe Millionen Minen verschiedenster Typen infast allen europäischen Meeren. Die Räumungwar dringend notwendig, da die Zündmechanis-men der Minen eine Lebensdauer von überzehn Jahren hatten (5).

Nach Nationalsozialismus und französischer Besatzung 1949

Bereits am Tag der Kapitulation ordneten die Al-liierten in Westdeutschland an, dass die Kriegs-marine für die Räumung verminter Gewässerund der Seewege der Nord- und Ostsee Minen-räumfahrzeuge und -kräfte bereitzustellen hat.So taten die Besatzungen ihren Dienst weiter-hin wie bisher unter dem noch bis Juli 1945 be-stehenden Oberkommando der Marine, daswiederum den Briten unterstand. Es entstand

die Deutsche Minenräumdienstleitung (GermanMine Sweeping Administration, GMSA), die imDezember 1947 auf Druck der UdSSR aufge-löst wurde, da diese eine verdeckte Remilitari-sierung Deutschlands unter britischer Kontrollevermutete. Der Deutsche MinenräumverbandCuxhaven wurde aufgestellt, er hatte zivilenStatus und unterstand dem britischen FrontierControl Service. Der Verband übernahm weite-re Räumeinsätze und wurde im Juni 1951ebenfalls aufgelöst. Ihm gehörten auch die bei-den Boote „Orion“ und „Saturn“ an. Den Räum-verbänden wurden ihre eigenen Boote der ehe-maligen Kriegsmarine, die nun Kriegsbeute derAlliierten waren, von den Alliierten für diese Tä-tigkeit leihweise überlassen. Parallel hierzuwurde von den Amerikanern die Labor ServiceUnit (B) mit ehemaligen Offizieren der Kriegs-marine in Bremerhaven aufgestellt.Zu den Aufgaben der LSU (B) gehörte, darüberbehielten die Amerikaner aber Stillschweigen,die Vorbereitungen zur Aufstellung einer west-deutschen Marine. Da sich die Entwicklung be-ziehungsweise Entstehung der Bundeswehrabzeichnete, wurde mit einer entsprechendenFach- und Weiterbildung des deutschen Perso-nals begonnen sowie der Reaktivierung undEingliederung weiterer Boote aus Beutebestän-den in die LSU (B). Es begann eine Übernahmevon Personal und Booten in den Seegrenz-schutz (bestand von 1951-1956, der Bundes-grenzschutz See wurde erst 1964 wieder auf-gestellt), der wiederum in die neu aufgestellteBundesmarine überführt wurde. Mit Übergabeder letzten Kasernen und Hafenanlagen imSommer 1957 hörte die Labor Service Unit (B)auf zu existieren. Weitere Räumverbände wa-ren der Fishery Protection Service der RoyalNavy (1949 bis Frühjahr 1956), die InternationalMine Clearance Board (IMCB, London, bis1951) und die Marinedienstgruppe der UnitedStates Naval Forces Germany (ab 1945, 1951Eingliederung in die LSU) (6).

Rottweil und sein Patenschiff Castor (1962-1990)von Michael Rauschert

Ein Modell der „SM Castor“, welches im Oktober 1965 beim ersten Besuch der Besatzung alsGeschenk übergeben wurde. Das etwa einen Meter lange Modell wurde in einjähriger Arbeit von zweiBesatzungsmitgliedern gebaut. Anfangs stand das Modell im Schaufenster des Museums in derHauptstraße und wurde auch später im Rathaus ausgestellt (10). Foto: Rauschert

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Stadt und Bundesmarine als Partner

Die zuletzt 26 unter amerikanischer Führungeingesetzten Minensuchboote waren die erstender Bundesmarine. Zwölf von ihnen kamen zum1. Minensuchgeschwader. Das 1. MSG, wel-chem die „Castor“ angehörte, wurde am 5. Juni1956 in Dienst gestellt und war das erste Ge-schwader der neuen Bundesmarine überhaupt.Die Castor lief am 12. Juli 1962 vom Stapel undbegann am 11. Dezember 1962 ihren Dienst.Trotz der schon bestehenden patenschaftlichenKontakte kam es erst 1965 in Flensburg zueinem ersten persönlichen Kontakt durch Ober-bürgermeister Dr. Regelmann und drei Gemein-deräte.In den Folgejahren entwickelte sich ein regergegenseitiger Besuchsverkehr zwischen derBesatzung und den Rottweilern, jedoch be-merkte Kommandant Oberleutnant zur SeeBurkhart Ebert in seiner Rede während der 20-Jahr-Feier der Patenschaft im September 1982in Rottweil, dass es aufgrund des häufigen Per-sonalwechsels nur offizielle Besuche, aber lei-der keine weitergehenden Kontakte gebe. Je-des Jahr kommen 16 Wehrpflichtige an Bord,jedes Quartal werden drei bis zehn Mann aus-gewechselt, er selbst sei schon der 16. Kom-mandant in 20 Jahren. Es bleiben nur eineHandvoll Offiziere und Unteroffiziere alsStammpersonal an Bord, wobei aber die Kame-radschaft und der Teamgeist unter diesem stän-digen Kommen und Gehen keineswegs leiden.An dieser Feier nahmen vier ehemalige Kom-mandanten, unter ihnen Fregattenkapitän Wei-ßer, teil (7).Genau genommen hätte diese Feier erst 1985stattfinden dürfen, da der Vorgang der Antrag-stellung zur Übernahme einer Patenschaft unddessen Genehmigung erst im August 1965 imBundesministerium für Verteidigung bearbeitetund genehmigt wurde und somit erst jetzt, danun beide Seiten zugestimmt hatten, die Paten-schaft ihren offiziellen Charakter erhielt (8).Die Besuche an den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des 1. Minensuchgeschwa-ders in Flensburg im März 1984, deren Anfängeim Jahre 1933 mit der Entstehung des Deut-schen Minensuchverbandes mit Aufstellung der1. Räumbootflottille liegen, und an der Flotten-parade anlässlich des 30-jährigen Jubiläumsder Bundeswehr im November 1985 gehörten

zu den Besuchen der offizielleren Art. Dagegengehörten Besuche zur Fasnet und im Sommerzu Fußballspielen zwischen der Besatzung undeiner Stadtauswahl eher zum gemütlichenPflichtprogramm. Neben den Besuchen kam esauch zum Austausch kleinerer Geschenke wieBildern und Büchern über Rottweil und die Fas-net, Reisewecker für die Besatzung sowie klei-neren Gebrauchsgegenständen des Bootes,zum Beispiel eines Rettungsrings mit demSchriftzug „Castor“, einer Schiffsglocke odereiner Positionslampe. Die „Castor“ erhielt regel-mäßig zu Weihnachten zwei Tannen zuge-schickt, die Besatzung der „Rottweil“ schickteGeld- oder Sachspenden für bedürftige Rott-weiler Bürger oder für soziale Einrichtungen.Auch wurden Postkarten von Auslandsfahrtengeschickt, von denen Kurzberichte, verfasstvon Mitgliedern der Besatzung, in der Tages-presse abgedruckt wurden. Ein Piratenschiff(Spielgerüst) konnte mit einer Spende von 700

Mark der „Castor“ er-richtet werden.

1990 außer Dienstgestellt

Nach Außerdienst-Stellung am 15. Au-gust 1990 wurde die„Castor“ 1991 in dieNiederlande verkauft,vom neuen Eignerentmilitarisiert und alsPrivatjacht „Aquarius“genutzt. 1998 wurdedas Boot nach Grie-chenland weiterver-kauft, später in dieTürkei überführt und2004 originalnah re-stauriert und ist nunwieder als „Castor“ inmarinegrau auf Fahrt.Im Internet findet sichin einem Marineforumein Beitrag von 2012mit einem (mittlerwei-

le ungültigen) Link, in dem die „Castor“ für400 000 Euro zum Verkauf angeboten wird (9).

Anmerkungen:

(1) ZDV 37/10, Zentrale Dienstvorschrift Anzugordnung fürdie Soldaten der Bundeswehr: XI. Sonderabzeichen d) Son-derabzeichen zur Kennzeichnung einer herausgehobenenDienststellung, 566. Kommandant: Fünfzackiger Stern (See-stern), metallgeprägt, goldfarben, mit den Spitzen aufliegendauf einem endlosen, als Seil stilisierten Ring. Durchmesser20 mm.

(2) http://www.nrwz.de/aktuelles/wechsel-auf-der-komman-dobruecke-der-rottweil/2014 1022-1046-56387Schwäbische Zeitung (SchwäZ) 27. September 1982, Berichtzur 20-jährigen Patenschaft. Schwarzwälder Bote (SchwaBo)14. August 1987, Bericht zur 25-jährigen Patenschaft, Proto-koll Verwaltungsausschuss § 0448 13. November 1962. Dererste Rottweiler Weihnachtsmarkt fand 1994 statt, die ersteTeilnahme des Marinepunsches 1995; dies geht aus denBordunterlagen der „Rottweil“ hervor (vielen Dank HerrnOberleutnant zur See und II WO Gebhard).

(3) Unterlagen Stadtarchiv,http://1msg.de/, http://www.tender-elbe-a61.de/Schiffe.pdf,http://www.minenjagd.de, in der Kriegsmarine hatte die Orion die Kennung R 132 (Ja-nuar 1944 - Kriegsende) und bei der Bundeswehr M 1053 (5.Juni 1953 - 19. Januar 1962), die Saturn die Kennung R 147(September 1944 - Kriegsende) und M 1057 (31. Juli 56 - 28.September 1962). Die Boote hatten nur die Kennung, keineNamen.

(4) Castor ist der zweithellste Stern im Sternbild Zwillinge undist etwas über 51 Lichtjahre von der Erde entfernt. Vgl. Wiki-pedia: Dioskuren, Castor (Stern), Schütze-Klasse, http://www.tender-elbe-a61.de/Schiffe.pdf, Der Spiegel berichtet inseiner Ausgabe 28/1966 über einen mit dem Bauholz aus Af-rika eingeschleppten Pilz. „So gründliche Arbeit leisteten dievermutlich in Form von Sporen in Bonns schwimmende Wehreingeschleppten Parasiten, daß an den Aufbauten undSchotten der „Schütze“ und ihrer Schwestern praktisch nurdie Leimfugen unbeschädigt blieben“. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46407884.html

(5) Festschrift zum 50-Jährigen des 1. Minensuchgeschwa-ders/1. R-Flottille. Diese letzten beiden Sätze wurden wörtlichübernommen, aber aufgrund der besseren Lesbarkeit desTextes nicht als direktes Zitat gekennzeichnet, was hiermit er-folgt.

(6) Vgl. Wikipedia: Minenabwehrfahrzeuge, Labor ServiceUnit, Deutscher Minenräumdienst, Marinedienstgruppe (Uni-ted States Army), http://www.deutschekriegsmarine.de, http://www.marine.de, http://www.deutsches-marinearchiv.de, von1015 Mann traten 872 vom Seegrenzschutz zur Bundesmari-ne über. http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/minen/dmrl.htm#DMRL

(7) http://www.marine.deSchwäZ 27. September 1982, Bericht zur 20-jährigen Paten-schaft. SchwaBo 14. August 1987. Zählt man die Übernahmedes Kommandos durch einen Wachoffizier als „Dienststellen-leiter“, nachdem ein Kommandant nicht mehr borddienstver-wendungsfähig war, mit, wäre er sogar der 17. Kommandant.OLt. z. S. Ebert folgten vier weitere Kommandanten bis zurStillegung.

(8) Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg BM 1/4676

(9) http://www.ms-castor.com/german.html, http://www.soeft-je.de/Fische/Verbleib-der-SM-Boote.html, http://www.mine-jagd.de, manche Quellen schreiben „originalgetreu“. http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=18624.0, Verwaltung- und Kulturausschuss VKR § 35, 26. August 1987

(10) SchwaBo 20. Oktober 1965, SchwäZ 24. Mai 1973

Fregattenkapitän Helmut Weißer am Endeseiner Dienstzeit. Foto: privat

Ein Rettungsring für Rottweil: ein Gastgeschenk, selbstverständlich ohnejeden Hintergedanken. Foto: Stadtarchiv Rottweil