ZW–LFAXING 1938 - 1945

33
CHRONIK DER GARNISON ZWÖLFAXING 1938 - 1945 „EINE ORTSCHAFT IM ZWEITEN WELTKRIEG“ RENATO SCHIRER ZWÖLFAXING 1998

Transcript of ZW–LFAXING 1938 - 1945

Page 1: ZW–LFAXING 1938 - 1945

CHRONIK

DER GARNISON

ZWÖLFAXING

1938 - 1945

„EINE ORTSCHAFT IM

ZWEITEN WELTKRIEG“

RENATO SCHIRER

ZWÖLFAXING 1998

Page 2: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Einige Anmerkungen des Chronisten Nun liegen vier Teile, von den fünf vorgesehenen Büchern, vor, welche den Zeitraum von 1938 bis zum Frühjahr 1945, behandeln. Der abschließende Teil mit dem Titel „Kriegsende und Besatzung 1945 bis 1955“ soll noch folgen. Mit diesem Bericht wird jene Zeitspanne der Unfreiheit der Republik Österreich behandelt, die siebzehn Jahre währte. Als dann im Jahre 1956 abermals Truppen, nun aber jene der souveränen Republik Österreich, in den Bauten des ehemaligen Fliegerhorstes Quartier nahmen, begann ein gänzlich neuer Abschnitt in der Geschichte der Garnison Zwölfaxing. Heute können wir bereits auf mehr als fünf Jahrzehnte zurückblicken, in denen Zwölfaxing den verschiedensten Truppen des Österreichischen Bundesheeres als Heimat diente. Für diesen aktuellen Abschnitt der Garnisonsgeschichte gibt es, im Unterschied zu den Jahren 1938 bis 1955, eine gesicherte Quellenbasis auf die ein zukünftiger Chronist zugreifen und aus dem vollen schöpfen kann. Vorangestellt seien auch noch einige zutiefst persönliche Bemerkungen. Als ich 1968 als junger Soldat zum ersten Mal die Kaserne betrat, waren die Spuren von Krieg und Besatzung noch allgegenwärtig. Bombenruinen, Flugzeugschrott und Munitionsteile begegneten einem auf Schritt und Tritt und forderten die Nachgeborenen zu manch Frage heraus. Doch selbst alteingesessene Ortsbewohner und die wenigen Zeitzeugen wussten kaum Antworten auf die drängenden Fragen nach dem Vergangenen, und manch Legende hatte sich bereits um das damalige Geschehen gebildet. Vor diesem Szenario begann ich mich für die jüngste Geschichte von Ort und Kaserne zu interessieren. Im Mittelpunkt meiner Nachforschungen stand die Zwölfaxing, jene Ortschaft, die mir für vier Jahrzehnte zur Heimat wurde. Langsam gelang es, Zug um Zug, den Schleier des Vergessens zu lüften und nun liegt dem geneigten Leser das Ergebnis meiner langjährigen Beschäftigung mit der militärischen Vorgeschichte dieses Areals vor. Weiters wäre noch anzumerken, dass eine derart umfangreiche Recherche zu diesem Thema nur möglich war, da die Erforschung des Luftkriegsgeschehen in den Jahren 1943 bis 1945 über unserer Heimat Österreich für mich zu einer umfassenden Freizeitbeschäftigung geworden war.

Page 3: ZW–LFAXING 1938 - 1945

ERSTER TEIL

DER FLIEGERHORST 1938 – 1943

Page 4: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Der Anschluss

Am 11.03.1938 wurde von Adolf Hitler die "Weisung Nr. 1, für die Besetzung Österreichs" an die Wehrmacht gegeben. Diese wurde noch am selben Tag durch die "Weisung Nr. 2, kampfloser Einmarsch in Österreich" ergänzt. Am Tag der Annexion, dem 12. März 1938,

Page 5: ZW–LFAXING 1938 - 1945

konnte man von Zwölfaxing aus bereits ab dem späten Vormittag rege Flugtätigkeit deutscher Flugzeuge über Wien beobachten und am Nachmittag des 13. März 1938 vermerkte die Ortschronik von Maria Lanzendorf die Einquartierung der ersten deutschen Soldaten im Ort und in den umliegenden Gemeinden. Dabei handelte es sich um ein dem Verband der 27. Infanterie-Division angehörendes Bataillon aus Augsburg, zu dessen Empfang sogar eine Ehrenkompanie des Wiener Infanterie-Regiments Nummer 15, mit Fahnentrupp und Musikkapelle, aufgeboten wurde. Nach der am Bahnhof Matzleinsdorf erfolgten feierlichen Begrüßung marschierte der deutsche Verband mit der österreichischen Regimentsmusik an der Spitze in die in Himberg und in den benachbarten Ortschaften vorbereiteten Quartiere ab. Der österreichische Militärhistoriker Erwin A. Schmidl schildert in seinem 1987 erschienenen Buch "MÄRZ 38" - Der deutsche Einmarsch in Österreich - anschaulich die Ankunft der ersten deutschen Truppen in Wien (Seite 173 f.):

DIE ANKUNFT DER 27. INFANTERIE-DIVISION IN WIEN

Entsprechend der politischen Entwicklung war man auf deutscher Seite bestrebt, in kürzester Zeit möglichst viele deutsche Truppen nach Wien zu bringen. Die seit dem Morgen des 12. März nach Oberösterreich einmarschierenden Divisionen (die 10. und die 7. Infanterie-Division) konnten aber nur langsam vorrücken (auf ihren Vormarsch wird später genauer eingegangen). Deshalb entschloss man sich, die im Wehrkreis VII aufgestellte 27. Infanterie-Division direkt mit der Bahn nach Wien zu befördern; lediglich die motorisierten Teile folgten im Landmarsch. Die 27. Division war nämlich (anders als beispielsweise die 7. oder 10. Infanterie- bzw. die Gebirgs-Division) keine der "beschleunigt ausrückenden" Verbände, sondern sollte erst einen Tag nach diesen, am Abend des 12. März um 18.00 Uhr, die volle Marschbereitschaft erreichen. Die Mobilmachung verlief programmgemäß und ohne größere Zwischenfälle. Dass ein Tag mehr zur Verfügung stand als bei den beschleunigt ausrückenden Verbänden, erleichterte die Marschvorbereitungen beträchtlich. Die ersten Marschgruppen trafen am frühen Nachmittag des 12. März im Raum Mühldorf am Inn ein. Ein Vorkommando überschritt gegen 18.15 Uhr bei Braunau die Grenze, meldete sich um 20.00 Uhr beim Korps-Kommando VII, das sich mittlerweile in Ried einquartiert hatte, und zwei Stunden später beim Armeeoberkommando 8 in Wels. Dort wurde den Offizieren befohlen, nach Wien vorauszufahren, um die Unterbringung der 27. Division zu regeln: Die Division sollte nämlich sofort mit der Eisenbahn nach Wien transportiert werden, um an der großen Parade teilzunehmen, die am 15. März 1938 in Anwesenheit Hitlers in Wien stattfinden sollte. Das Vorkommando der Division erreichte Wien am 13. März um 04.00 Uhr und erhielt vom Wiener Militärkommando Unterkünfte zugewiesen; der Stab sollte im Arsenal Quartier beziehen. Um 15.00 Uhr traf der erste Transport (das I. Bataillon des Infanterie-Regiments 40) in Matzleinsdorf ein und wurde besonders feierlich begrüßt. Neben Reportern und Kameraleuten war der ehemalige Vizebürgermeister, Major a. D. Fritz Lahr, und der Kommandant der österreichischen 1. Division, Generalmajor Heinrich Stümpfl, am Bahnhof erschienen. Anschließend marschierte das Bataillon mit entrollter Fahne, begleitet von einer österreichischen Militärmusikkapelle, nach Himberg, wo es Quartier bezog. Die Bahnverladung bedeutete jedoch nicht, dass die Soldaten keine größeren Belastungen zu ertragen hatten. Das II. Bataillon des Infanterie-Regiments 63 beispielsweise kam nach einer eintägigen Bahnfahrt am 14.Märzum 20.49 Uhr auf dem Penzinger Rangierbahnhof an. Das Ausladen dauerte bis 23.30 Uhr; dann musste das Bataillon in einem über dreistündigen Fußmarsch die vorgesehenen Unterkünfte in Kaiserebersdorf erreichen. Das III. Bataillon desselben Regiments traf um 21.30 Uhr auf dem Matzleinsdorfer Bahnhof ein und musste von dort nach Mannswörth ins Quartier marschieren.

Zwei Tage nach den ersten im Raum Schwechat erfolgten Einquartierungen nahm Hitler in Wien die Parade des Heeres und der Luftwaffe ab. Punkt 14.00 Uhr überflog eine 15 Kilometer lange Kolonne von Militärmaschinen, mit einer Geschwindigkeit von 240 km/h in einer Höhe von 300 bis 600 Metern, das Stadtzentrum. Unter gewaltigem Dröhnen brausten die ungefähr 500 Maschinen über Zwölfaxing hinweg, auf Götzendorf zu, dem Entlassungspunkt des Defilee der Luftwaffenverbände. Mit dem erfolgten Einmarsch verlor

Page 6: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Österreich seine staatliche Selbständigkeit und wurde an das Deutsche Reich angeschlossen. Bereits am 17. März wurde die Gültigkeit des Vierjahresplanes für das Land Österreich verfügt und die unverzügliche Inangriffnahme aller Maßnahmen, die der Aufrüstung dienten, angeordnet.

Die Planungen der Luftwaffe Hermann Göring wurde, durch seine dominierende Stellung als Beauftragter für den Vierjahresplan, zum wichtigsten Mann bei der wirtschaftlichen Einverleibung Österreichs. Da er aber auch noch Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe war, ist es verständlich, dass der Schwerpunkt, der in Österreich geplanten Aufrüstung, im Bereich der Luftwaffe lag. Bereits zehn Tage nach dem erfolgten Einmarsch erging ein Aufstellungsbefehl vom Oberkommando der Luftwaffe, der die Neuaufstellung von fünf Geschwadern und zwei Flak-Regimenter vorsah, sowie die Schaffung der dafür erforderlichen Fliegerhorste und Kasernenbauten anordnete. Generalfeldmarschall Göring verkündete am 26. März, in der überfüllten Halle des Wiener Nordwestbahnhofes, sein "Aufbauprogramm für Österreich". Im vierten Punkt des Programms wurden die geplanten Rüstungsvorhaben der Öffentlichkeit vorgestellt wurden:

- "Maßnahmen, die die unmittelbare Aufrüstung betreffen: Bau von Kasernen und Flugplätzen, von Flugzeugen, Flugzeugfabriken, die sofortige Inbetriebnahme der Wiener Neustädter Flugzeugfabrik; - Ausbau der Rüstungsindustrie für jene Rüstungszweige, die wir für die Österreichische Aufrüstung benötigen, allein ein wichtiges Programm, das die sofortige Einstellung von weiteren tausend Arbeitern schon am Beginn der nächsten Woche zur Folge hat."

Aus diesem Zitat lassen sich die damaligen Schwerpunkte klar erkennen. Ziel war eine möglichst rasche Steigerung des Wehrpotentials, mit Schwerpunkt auf Luftwaffe und Luftrüstung. Ein weiteres Ziel war ein rascher Erfolg bei der Bewältigung der Arbeitslosigkeit, denn die Beseitigung der Arbeitslosigkeit war das erklärte Hauptziel der Nationalsozialisten und wurde damit zu einer Angelegenheit des Prestiges. Zur Verwirklichung dieser Zielsetzungen und des bereits zitierten Aufstellungsbefehles für die Luftwaffe in Österreich wurde unter anderem mit großer Eile auch die Erkundung von zwei Friedensstandorten für ein leichtes Jagdgeschwader in den Räumen Fischamend und Himberg vorangetrieben. Das Erkundungsergebnis der beiden Projekte, Schwechat Süd-Himberg und Schwechat Ost-Fischamend, wurde beim Reichsluftfahrtministerium in Berlin zur Genehmigung eingereicht und auch sofort neben vier weiteren Fliegerhorstneubauten (Vöslau, Tulln, Markersdorf, Hörsching) genehmigt und in die höchste Dringlichkeitsstufe 1a gereiht. Aufgrund des hier nur auszugsweise zitierten Aufstellungsbefehles, das Original hat sich im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg im Breisgau unter der Signatur RL 2, III/411 überliefert, wurde dann letztlich folgendes Ausbauprogramm erstellt: Als Friedensstandorte für je ein Kampfgeschwader sollten in Oberdonau die Fliegerhorste WELS und HÖRSCHING und in Niederdonau WR.NEUSTADT und EISENSTADT (Trausdorf) errichtet werden. Das Sturzkampfgeschwader sollte in KREMS (FELS am Wagram) und TULLN neue Fliegerhorste bekommen. Für die Jagdwaffe waren Horste in MARKERSDORF und AMSTETTEN, jeweils für ein schweres Jagdgeschwader (Zerstörergeschwader), vorgesehen. ASPERN, FISCHAMEND und HIMBERG sollten Liegeplätze für ein leichtes Jagdgeschwader werden.

Page 7: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe Generalstab 2. Abteilung Nr.: 800/38 geh. Kdos. (I/II) Berlin, den 21. März 1938 Betr.: Aufstellungsbefehl für die Luftwaffe in Österreich. ... IV. FLIEGERBODENORGANISATION. A. ... B. Die Bestimmung der Flughafenbereiche und Leithorste folgt durch RLM (Genst. 2. Abt.). Luftkreiskommando 5, ab 1. April 1938 "Kommandierender General der Luftwaffe in Österreich", erkundet sofort: a.) im Raum WELS-LINZ-STEYR: einen als Friedensstandort für 2 Kampfgruppen geeigneten Platz; b.) im Raum KREMS (nördlich der Donau)-STOCKERAU- ST.PÖLTEN: 2 als Friedensfliegerhorste für ein Sturzkampfgeschwader geeignete Plätze (ein Platz mit zwei Gruppen belegt); c.) in Gegend ASPERN (beiderseits der Donau): 2 als Friedensstandorte für ein leichtes Jagdgeschwader geeignete Plätze (ein Platz mit zwei Gruppen belegt - Aspern nicht vorge- sehen). d.) ... ...

BRIEFKOPF UND STAMPIGLIE DER BAULEITUNG DER LUFTWAFFE IN ZWÖLFAXING

UND EIN STEMPELABDRUCK DES ZUSTÄNDIGEN BAUAMTES DER LUFTWAFFE WIEN 2

Der Standort Zwölfaxing

Page 8: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Die Baustelle FISCHAMEND wurde in der Folge als SCHWECHAT-OST und später dann endgültig als SCHWECHAT-HEIDFELD oder nur HEIDFELD bezeichnet. Das Flugfeld bei HIMBERG wurde, analog zu SCHWECHAT-OST, nun als SCHWECHAT-SÜD bezeichnet, bis dann letztendlich ZWÖLFAXING gebräuchlich wurde. Beim Standort Schwechat Süd-Himberg ging die erforderliche Grundablöse am zügigsten voran. Graf Gatterburg verkaufte sein Schloss in Zwölfaxing mitsamt 132 Hektar Grund an die Wehrmacht. Dadurch konnte hier bereits im April 1938 mit dem Bau begonnen werden. Zu Anfang des Jahres 1939 konnte die Verwaltung des Luftgaukommandos in Wien von Frau Kitty Wünschek-Dreher weitere zehn Hektar Ackerland käuflich erwerben. Dadurch konnten die zahlreichen bäuerlichen Grundbesitzer, deren Boden ebenfalls in Anspruch genommen wurde, zumeist mit Ersatzland beteilt werden. Am 15. Oktober 1938 wurde mit dem Bau eines Bahnanschlusses für den neuen Fliegerhorst begonnen. Dieses Gleis führte vom Bahnhof Himberg, an der Ortschaft Pellendorf vorbei, bis nach Zwölfaxing. Auf dieser Flügelbahn ereignete sich am 12. Juni 1940, im Bereich des Flugfeldes, ein schwerer Unfall. Dabei fand ein Eisenbahner den Tod, zwei weitere Bahnbedienstete wurden verletzt. Der rasche Baubeginn war nur durch die Übernahme fertiger Baupläne von Fliegerhorsten aus dem "Altreich" möglich, die den örtlichen Gegebenheiten angepasst und entsprechend den Erfordernissen verändert wurden. Der Grundbaustein war ein Horst, der neben der Fliegerhorstkommandatur und der Fliegerhorstkompanie einem Gruppenstab und drei Staffeln Unterkunft bot. Daneben gab es noch einen größeren Typ, der zusätzlich noch einem Geschwaderstab mit einer weiteren Gruppe oder einer Schule als Unterkunft diente. Während Zwölfaxing dem ersten kleineren Modell entsprach, war der Fliegerhorst Schwechat-Heidfeld ein Vertreter der größeren Anlage. Mit der Aufstellung der Luftwaffe in Deutschland im Jahre 1935 entwickelte sich ein eigenständiger Typus von Luftwaffenkasernen im deutschen Heimatstil der Zwischenkriegsepoche. Diese Bauten zeichneten sich durch einen markant gegliederten Baukörper aus, der sich der jeweiligen Umgebung anpasste. Ausgewogene Proportionen, steile Dächer, Jalousien, kleine Fensterscheiben und die typischen Laubengänge ergaben eine unverwechselbare Bauform. Dieser so genannte "Luftwaffenstil" spiegelte in seiner Großzügigkeit und im Aufwand eine Zeit wider, die Kanonen höher als Butter wertete. Die Baustelle Zwölfaxing wurde vom Bauamt der Luftwaffe Wien II betreut und hier unter der Bezeichnung A7 geführt. Zur Ausführung hatte man in Schwechat eine eigene Bauleitung der Luftwaffe eingerichtet, der wiederum zwei Gebietsbauleitungen unterstanden. Dies waren die Bauleitungen Schwechat Ost - Fischamend und Schwechat Süd - Himberg. Beide Baustellen waren in der höchsten Dringlichkeitsstufe 1a gereiht und sollten daher so rasch wie möglich fertig gestellt werden. Ab April 1938 arbeitete man bereits mit voller Kraft am Flugfeld in Zwölfaxing. Viele Arbeitslose fanden dabei erstmals wieder eine bezahlte Beschäftigung. Der Transport des Aushubmaterials wurde zum großen Teil, genauso wie die Zufuhr der Baustoffe, mit den Fuhrwerken der hier ansässigen Bauern durchgeführt, was zusätzliche Impulse in die Region brachte. Zusätzlich errichtete man beim Aichhof, zwischen den Fliegerhorsten Schwechat und Zwölfaxing gelegen, eine Schießstätte für die Luftwaffe. Für diese Anlage hatte man zwei Schießbahnen zu je 150 m, und zwei weitere mit 100 m, Länge vorgesehen. Der Kugelfang war eine massive Stahlbetonkonstruktion, welche auch die Verwendung kleinkalibriger Maschinenwaffen, wie 2 cm Flakgeschütze und Flugzeug-Bordkanonen, erlaubte.

Auszug aus dem Luftwaffenatlas des Luftgaukommandos XVII (WIEN),

vermutlich um 1939/40.

Page 9: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Licht und Schatten

Page 10: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Am 23. April zeigte das neue Regime sein anderes Gesicht. In Schwechat, Himberg und Zwölfaxing wurden Anhänger des alten Regimes grundlos verhaftet und nach Himberg gebracht. Dort wurden die 24 Verhafteten im Hofe des Gemeindehauses Zusammengetrieben und fürchterlich misshandelt. In Himberg und den umliegenden Ortschaften herrschte über diesen Vorfall, der die ganze Nacht andauerte, große Empörung, so dass es zu einem Verfahren gegen die Verantwortlichen kam, wie ein Vermerk der GESTAPO Wien vom 25. April 1938, betreffend die Verhaftungen bzw. Misshandlungen von ehemaligen Heimwehrangehörigen in Schwechat und Himberg, durch Angehörige der SA, zeigt:

Es befinden sich im Bezirksgericht Schwechat vom Posten Schwechat folgende Festgenommene: (... es folgen 8 Personen aus Schwechat). Folgende Inhaftierte wurden vom Posten Himberg unter Mitwirkung von SA-Männern aus Himberg und Zwölfaxing festgenommen: N.N., Landwirt (...) Zwölfaxing wh., N.N., Landwirt (...) Zwölfaxing wh., N.N., (...) Zwölfaxing wh. (... es folgen 12 Personen aus Himberg) Die Festnehmungen sind nach Angabe des Gend. Postenkomm. (...) in Schwechat nur von Gend. Organen durchgeführt worden. Die Angehaltenen wurden auf den Gendarmerie Posten gebracht, einvernommen und im Bezirksgericht Schwechat in Haft gesetzt. Misshandlungen sind hier nicht vorgekommen. (...). Die Angehaltenen von Himberg wurden in das Gemeindehaus (...) abgegeben (...) Am 23. April gegen Mitternacht wurden die Festgenommenen mittels Autobus von Himberg in das Bezirksgericht Schwechat überstellt.

Ein an das Büro des Reichskommissars für die Wiedervereinigung des Landes Österreich mit dem Deutschen Reich, Gauleiter Josef Bürckel, gerichteter Bericht der GESTAPO, datiert vom 27. April, zeigt die ganze Brutalität des Vorganges. Die Originale beider Berichte, sowohl der vom 25. April als auch der nachstehend wiedergegebene Bericht vom 27. April 1938, befinden sich im Österreichischen Staatsarchiv (Archiv der Republik, Gruppe 04 - Bestand Bürckel). In Schwechat, Himberg und Zwölfaxing wurden am 23. April l. J. ehemalige Starhemberg-Jäger verhaftet. Auftrag zu dieser Verhaftung wurde vom SD-Leiter S. in Gloggnitz und dem SD-Mann W. in Bruck a. d. Leitha gegeben, der seinerseits dem SS-Mann N. in Schwechat den Auftrag gab, eine Liste ehemaliger Heimwehrler zusammenzustellen und deren Verhaftung zu veranlassen. Die Gendarmerie in Schwechat führte den Auftrag N. zur Verhaftung durch und verständigte in diesem Sinn die Gendarmerieposten der anderen in Betracht kommenden Ortschaften. Die Verhafteten, es waren dies ca. 24 Personen, wurden in Himberg Zusammengetrieben und im Hofe des Gemeindehauses angehalten. Bemerkenswert ist, dass, schon bevor N. den Auftrag zur Verhaftung an die Gendarmerie gegeben hatte, in Himberg zahlreiche SA aus den umliegenden Ortschaften, hauptsächlich aus Maria Lanzendorf und zum Großteil aus Donawitz selbst, zusammengezogen worden waren. Auch waren im Hofe des Gemeindehauses vermutlich Gartenschlauchstücke in Art von Gummiknüppeln vorbereitet worden. Führer dieser Versammlung Himberger und fremder SA war der Sturmführer S. aus Himberg. Während die Verhafteten von dem Gendarmeriekommandanten aus Himberg einvernommen wurden, mussten sich die übrigen Personen im Hofe nackt ausziehen, auf den Boden legen, wobei je ein SA-Mann auf ihren Händen und Füßen stand, während eigene Schlagmannschaften die Leute derart verprügelten, dass ein Teil von ihnen ins Spital abgegeben werden musste. [...] Ein Teil der an dieser Ausschreitung beteiligten Personen [...] konnte einstweilen ausgeforscht werden, während die Ausforschung der Donawitzer SA noch im Zuge ist. Bemerkt wird, dass die Leute so lange geschlagen wurden, bis sie selbst zugaben, dass sie Schweine seien.

In Himberg und den umliegenden Ortschaften herrscht ob dieses Vorfalles, der die ganze Nacht andauerte, während welcher die Bevölkerung, die auf der Straße versammelt war, durch die fortgesetzten Schreie der Misshandelten, in größte Erregung geriet. Vor allem da einige SA-Leute in Himberg geäußert hatten, dass diese Aktionen fortgesetzt werden würden. Der Grund der Inhaftnahme der 24 Personen soll der sein, dass die

Page 11: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Inhaftierten im Juli 1934 in ihrer Eigenschaft als Starhemberg-Jäger in Gloggnitz waren, wo es zu Ausschreitungen gegen Nationalsozialisten gekommen war, doch konnte festgestellt werden, dass der größte Teil der Verhafteten zu einer Zeit nach Gloggnitz gekommen war, als die Ausschreitungen schon vorüber waren. Bemerkt wird, dass W. einen sehr schlechten Ruf genießt und dass gegen ihn wegen ungerechtfertigter Requirierungen in Bruck bei der Stapo ein Verfahren anhängig ist. Am 26. April l. J. wurden daher in diesem Zusammenhang 7 Personen, und zwar W. in Bruck a. d. Leitha, R. in Maria Lanzendorf und 5 Personen, darunter der SA-Führer von Himberg S., in Haft genommen. Die Anhaltung erfolgte vollkommen reibungslos, die Bevölkerung von Himberg nahm sie äußerst wohlgefällig auf, wobei Rufe wie "Das sind unsere Retter!" und "Endlich dringt die nat. soz. Gerechtigkeit doch durch!" laut wurden. Die Bevölkerung von Himberg zeigte sich über das rasche Einschreiten der Stapo außerordentlich zufrieden. In weiterer Folge wurden die ungerechtfertigt in Haft genommenen Bauern aus der Haft des Bezirksgerichtes Schwechat, soweit sie sich nicht im Spital befinden, entlassen. Zur Illustration des SA-Sturmführers S. sei noch bemerkt, dass er, obwohl er anlässlich des Lokalaugenscheines [...] aufgefordert worden ist, sich am 25. April bei der Stapo Wien zu melden, dieser Aufforderung keineswegs nachgekommen ist, dass er jedoch nach Wien gefahren ist und bei seiner Rückkehr nach Himberg überall erzählt habe, dass er es denen in Wien schon gezeigt habe, die Sache sei in Ordnung. Es wurde weiters festgestellt, dass er mit seinem Standartenführer in Wien Rücksprache genommen habe, mit dem Bemerken, die Stapo gehe ihn nichts an und daher lasse er sich nichts befehlen. Die genannten SA-Leute wurden [...] in Haft genommen, die Ausforschung der weiteren Täter dauert derzeit noch an.

Doch diese Vorfälle hatte man bald wieder vergessen, sollte doch Göring persönlich, am 14. Mai 1938, im Rahmen seines Besuches in der Ostmark, auch die Baustelle des Fliegerhorstes in Zwölfaxing besichtigen. Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe kam von einer Fahnenverleihung an die Aufklärungsgruppe 18 aus Kottingbrunn und fuhr über Baden, wo er die Baustelle der Flak-Kaserne besichtigte, weiter nach Zwölfaxing. Hier war jedoch kein längerer Aufenthalt vorgesehen, da Göring bereits um 11.15 Uhr zum ersten Spatenstich am Fliegerhorst Schwechat-Ost erwartet wurde. Dort waren neben der versammelten NS-Prominenz auch eine Ehrenkompanie der Jagdgruppe I./138 und das Musikkorps der Fliegerhorstkommandatur Wiener Neustadt angetreten. Von Schwechat führte die Fahrt dann weiter zum nächsten Spatenstich, zur Flakkaserne am Küniglberg. Das Original, des hier nur auszugsweise wiedergegebenen Organisationsbefehles, aus Anlass des Besuches von Göring in Wien, befindet sich im AdR, Gruppe 07 (BMLV, Abt. L, Kommando der Luftstreitkräfte - Abw. St. KoLu.).

Luftwaffen-Kommando in Österreich 9.5.1938 Abt. Ia Betr.: Göring-Besuch 14.5.1938 ... Nach Fahnenverleihung in Kottingbrunn (Aufkl.Gr.18) Fahrt über Baden (Baustelle der Flak-Kaserne), Schwechat-Süd - Himberg (Baustelle des Fliegerhorst) nach Schwechat-Ost (Fischamend). 11.15 bis 12.00 Uhr Fliegerhorst Schwechat - Ost, erster Spatenstich. Dazu Ehrenkompanie Jagdgr. I./138 und Musikkorps Fl.H.Kdtr. Wr. Neustadt. Danach erster Spatenstich Flak-Kaserne Wien-Küniglberg. ...

Am Vorabend des Krieges Eine Luftbildaufnahme vom Oktober 1938 erlaubt uns, den raschen Baufortschritt nach nur sechs Monaten zu überprüfen. Diese Aufnahmen verdanken wir dem ersten Luftbildplan von Wien, der vom Reichsluftfahrtministerium, Abteilung für Luftbildwesen, in Auftrag gegeben

Page 12: ZW–LFAXING 1938 - 1945

wurde. Die dafür erforderlichen Aufnahmen wurden im Oktober und November 1938 durchgeführt. Die Herstellung der Luftbilder im Format 58 x 48 cm (Maßstab 1: 5.000) oblag der Firma Hansa Luftbild, Abteilung München. Die Kosten für dieses Unternehmen wurden zur Hälfte vom Reich getragen, der Rest musste von der Gemeindeverwaltung in Wien aufgebracht werden. Die Luftbilder wurden von der Sonderluftbildabteilung des RLM - Gruppe Wien, im ersten Bezirk, in der Weihburggasse 9 bearbeitet. Dabei wurden alle militärisch wichtigen Objekte, wie z.B. die für die Rüstung wichtigen Fertigungsbetriebe, weiß abgedeckt. Erst am 15. Mai 1941 erfolgte die Freigabe der Luftbildpläne (RLM, Abt. Luftbildwesen, A 2 5c 15, Zl: 1387/41 geh. vom 15.5.1941) zur Nutzung durch die dafür befugten Behörden des Reiches, bzw. der Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien. Wie die Realstücke zeigen, war die Zensur jedoch äußerst mangelhaft. So waren beispielsweise im Raum Zwölfaxing die Chemische Fabrik in Rannersdorf (Tierkörperverwertung) abgedeckt, die Baustellen der neuen Fliegerhorste Zwölfaxing und Schwechat jedoch nicht. Scheinbar waren die Baustellen so "geheim", dass sie die Zensurbehörde nicht auf ihrer Liste hatte. Die Ortschaften Zwölfaxing, Pellendorf, die Baustelle des Fliegerhorstes und der Schießstand beim Aichhof sind auf den Blättern 141, 158 und 159 des Luftbildplans abgebildet. Auf den Fotos ist zu erkennen, dass bereits alle Mannschaftsgebäude im Bau sind und das heutige Objekt 2 schon bis zur Dachgleiche gediehen ist. Die Gebäude rechts und links des Haupttores sind gänzlich fertig gestellt und beim Garagenhof sind die Fundamentierungsarbeiten beendet. Von den zuerst begonnenen 3 Flugzeughallen, ist eine in der Stahlkonstruktion fast fertig (das heutige Objekt 9), ein weiterer Hangar (Objekt 10) mit der Stahlkonstruktion in Arbeit, während beim dritten (Objekt 8) erst die Fundamentierungsarbeiten beginnen. Weiters sind die Vorarbeiten für die große Fliegerwerft (die heutige Objektgruppe 12) im Gange. Am südlichen Ortsausgang von Zwölfaxing war auch ein großes Barackenlager für die Bauarbeiter errichtet worden. Das Flugfeld selbst war im Herbst 1938 fast fertig, größere Erdarbeiten sind nur mehr im Raum Pellendorf zu erkennen. Bei den Trassierungsarbeiten auf dem Flugfeld reorganisierte sich der lokale, kommunistische Widerstand. Die von der Geheimen Staatspolizei bereits unmittelbar nach der Annexion zerschlagene kommunistische Szene versuchte, sich hier wieder neu zu formieren. Da man sofort nach der Machtübernahme alle Kommunisten, aber auch die als Sympathisanten eingestuften Personen, von ihren Positionen entfernt hatte, war diese Personengruppe vorerst ohne Arbeit. Die einzige Möglichkeit der Beschäftigung boten, die in Bau befindlichen Fliegerhorste. Bei den, hier beim Flugfeldbau anfallenden, umfangreichen Erdarbeiten fanden diese Geächteten als Tagelöhner wieder kargen Verdienst. Bei dieser Tätigkeit konnten sich jedoch die Träger des lokalen kommunistischen Widerstands erstmals wieder unbeobachtet treffen und sich neu formieren. Erst lange Zeit danach gelang es der GESTAPO, diese Konspiration zu enttarnen. Dabei stellte sich heraus, dass die Anfänge der Organisation bis in den Sommer 1938, in die Zeit des Flugfeldbaues in Zwölfaxing, zurückreichten. Zahlreiche Personen kamen im Zusammenhang mit ihrer Widerstandstätigkeit, zum Teil erst Jahre nach ihren Aktivitäten, in die Gefängnisse. Die meisten von ihnen stammten aus den umliegenden Gemeinden Schwechat, Pellendorf, Himberg und Maria Lanzendorf, einige kamen aber auch aus dem weiter entfernten Ebergassing.

Das Areal des Flugfeldes im Oktober 1938

Page 13: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Ort, Zufahrtsstraße und Baustelle der Kaserne im Oktober 1938

Archäologische Funde

Page 14: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Bei den Bauarbeiten in jener Zeit wurde auch ein römisches Steinkistengrab gefunden. Der damals aufgefundene Reliefstein wurde am Eingang zum Wachlokal angebracht, wo er noch heute, allerdings nur mehr als Kopie, zu sehen ist. Dazu die Abschrift eines Artikels von Friedrich LETH, der 1974 in den Zwölfaxinger Gemeindenachrichten veröffentlicht wurde.

DER GRABSTEIN EINES BOISCHEN MÄDCHENS AUS ZWÖLFAXING

Vor einigen Jahren wurde das Bundesdenkmalamt von Herrn Gemeinderat Friedrich LETH, Volksschuldirektor auf einen in die Außenmauer des Wachgebäudes der Burstyn-Kaserne eingelassenen Mädchengrabstein aufmerksam gemacht. In der Zwischenzeit wurde in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes diese Grabplatte restauriert, eine Kopie am ehemaligen Standort angebracht und der Volksschule Zwölfaxing - sozusagen als Finderlohn - eine weitere Kopie kostenlos zur Verfügung gestellt. Sie soll, neben anderen historischen Funden, im neuen Schulgebäude entsprechend zur Besichtigung aufgestellt werden. Der bisher unpublizierte Stein ist 1938 als Spolie spätrömischer Steinkistengräber beim damaligen Flugfeldbau gefunden worden, blieb jedoch unerwähnt, da er von der Deutschen Wehrmacht eingezogen und jede Besichtigung verboten war. Hier darf der Umstand nicht außer acht gelassen werden, dass es damals keine frei gewählten Mandatare einer Ortsgemeinde Zwölfaxing gab und dass weiters das Bildnis für einen Krieger gehalten wurde, der natürlich am besten zu einer Kaserne passte! Der aus Leithakalk gearbeitete Reliefstein trägt auf seiner einen Breitseite die stehende Vollfigur einer Frau in einheimischer Tracht; in der erhobenen Linken hält sie einen Rocken, in der gesenkten Rechten die Spindel. Unterhalb des seicht eingetieften und unregelmäßig rechteckig geformten Relieffeldes befinden sich grob eingemeißelt zwei stark bestoßene Inschriftteile. Die ungelenk geschriebenen Buchstaben tragen noch Spuren roter Bemalung:

ILA SASULI F(ILIA) AN(NORUM) XV

In Zeile 1 dient zur Worttrennung ein, in Zeile 2 zwei Dreieckspunkte. In Zeile 2 ist AN ligiert. Der weibliche Name ILA ist bisher nicht bekannt, wohl aber das männliche IL(L)O und ILUS. Bekannt ist der Name des Vaters SASULUS aus Au am Leithaberg; vom gleichen Fundort stammt auch der Grabstein der UMMA, deren Mann ILLO hieß. Fundort, Relieftypus und der aus Ebreichsdorf stammende Grabstein des ARIOMANUS ILIATI FILIUS, BOIUS erlauben es, auch ILA SASULI FILIA, die mit 15 Jahren nahe dem heutigen Zwölfaxing gestorben ist, als Boierin anzusprechen. Weil auf der Schmalseite des vom gleichen Fundort stammenden Reliefbruchstückes, das in seiner Konzeption dem Grabstein der IDA gleicht, das D von D(IS) M(ANIBUS) aufscheint, vergleichbare Grabsteine aber noch die Formel H.S.E. zeigen, muss der ILA Grabrelief um das Jahr 100 n. Chr. oder im frühen 2. Jahrhundert hergestellt worden sein. Zum Relief selbst - es ist der Teil eines Grabhäuschens - und den anderen Grabsteinen ist eine eingehende Arbeit von Dr. Hannsjörg UBL, dem wir die Beschreibung des Originals und die Überstellung der Kopie der Grabplatte in die Volksschule Zwölfaxing verdanken, in Vorbereitung. Erst 1995 brachte eine Kopie eines diesbezüglichen Briefes der Bauleitung der Luftwaffe in Zwölfaxing, aus der Sammlung Ezsöl, in dem über die Bodenfunde berichtet wird, Licht in diese Angelegenheit.

Page 15: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Die vorgesetzte Dienststelle der Luftwaffen-Bauleitung dürfte reges Interesse an den Gräberfunden gezeigt haben und forderte einen genaueren Bericht darüber an. Dieser Bericht an das Luftgaukommando in Wien hat sich zum Glück für die Nachwelt überliefert und gibt einen ausführlichen Überblick über die damals aufgefundenen Relikte. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier auch der, vom Bauleiter gegebene ausführliche Bericht über das, im Jahr 1944 im Bombenhagel untergegangene, Schloss der Grafen Gatterburg. Diese, erst in jüngster Zeit wieder aufgefundenen Dokumente relativieren die Aussagen des auf der vorherigen Seite wiedergegebenen Berichts aus dem Jahre 1974. Ein lebendiges Beispiel dafür, dass die Geschichte immer wieder neu geschrieben wird. Bauleitung der Luftwaffe Z W Ö L F A X I N G

Zwölfaxing, den 24.April 1939.

Page 16: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Fernruf: U 16-006 u. U 16-007 b/ Wien Brieftagebuch: Tu/Hl. Bezug: LGK XVII, IV a III vom 28.III.1939. Betrifft: Schutz der Kultur- und Naturdenkmale im Besitz des Reichsfiskus (Luftfahrt). An das L u f t g a u k o m m a n d o XVII IV a III. W i e n, IX., Mariannengasse 20. Die Bauleitung meldet, dass im Zuge der Bauarbeiten Gräber gefunden wurden und in der Ortschaft Zwölfaxing ein Schloss mit Wirtschaftshof, dem Grafen G a t t e r b u r g gehörig, besteht. B e r i c h t : A) Gräberfunde: Beim Bau der Horstzufahrtstrasse wurden im Juli 1938 auf der Parzelle 331 Gemeinde Zwölfaxing drei Gräber entdeckt. Die Bauleitung verständigte das römische Museum in Wien, durch welches die Gräber freigelegt wurden. Das erste Grab, aus der Zeit des 4. Jahrhunderts nach Christi enthielt - im bloßen Schotter ca. 90 cm unter dem Niveau - einen ca. 40-jährigen, kräftig gebauten Mann. Das Skelett lag mit dem Gesicht gegen Osten und zeigte am linken Unterschenkel einen gut verheilten Knochenbruch. Als Toten-Beigabe wurden ein frisch zerbrochener Henkeltopf und ein halb zerfallener Teller gefunden. Wenige Meter weiter östlich wurde ein Plattensarkophag, dessen Längsachse gleichfalls in der West - Ost - Richtung lag, gefunden. Mit der Oberkante des Deckels lag der Sarkophag 1.07 m unter Gelände. Die Abmessungen des Sarkophags betrugen ca. 1.85 m Länge und ca. 65 cm Breite. Die zum Sarkophag verwendeten Platten gehörten zerstörten Kapellchengräbern des 1. bis 2. Jahrhd. n. Chr. an. Die südliche Längsseite trug das Flachrelief (Ritzzeichnung) eines doppelspännigen Wagens mit Kutscher und Wagenzelt, die nördliche Längsseite zeigte in gleicher Art zwei Figuren mit Schleierhauben vor dreibeinigem Tisch, darauf zwei Gefäße (Totenmahl). Auf der östlichen Schmalseite las man unter dem Rest (den beiden nach rechts gewendeten Füßen) eines ganzfigurigen Reliefs die Inschriftzeile LUTEA " AN " L, die Platte war somit durch Teilung einer ursprünglich etwa doppelt so langen gewonnen, genau wie an der westlichen Schmalseite, die bild- und schriftlos war. Infolge seinerzeitiger Zugehörigkeit zu Grabkapellen hatten alle diese Platten einen ca. 15 cm breiten Seitenfalz, auch die Deckelplatte, die gleichfalls bild- und schriftlos war. Der Boden des Sarkophags war aus zwei Längsreihen Dachziegel gebildet; davon waren die beiden Ziegel am Fußende des Skelettes mit den abgeschlagenen Seitenleisten nach aufwärts gekehrt, die übrigen mit den Leisten nach abwärts. Ziegelbreite 35 cm, Ziegellänge 42-44 cm, nicht gestempelt, sondern nur mit Handmarken versehen. Der Sarkophag barg das Skelett einer etwa 25-jährigen Frau, mit dem Gesicht nach Osten gewendet, in deren Beckengegend das Skelett eines ausgetragenen Kindes lag; nach der Lage des letzteren ist anzunehmen, dass der Tod während des Geburtsaktes erfolgte. Der rechte Unterschenkel wies einen gut verheilten Knochenbruch auf, so dass das Bein um ca. 2 cm verkürzt war. Um den Hals hatte das Skelett eine Halskette aus 10 verschiedenfarbigen Glasperlen mit Goldschließe, am linken Handgelenk einen flachen Kupfer-, drei Eisen- und zwei Holzreifen, am rechten einen runden Bronzereifen mit Schlangenkopfenden, an derselben Hand einen versilberten Ring mit rechteckiger Glaseinlage, unter derselben aber eine wenig abgenützte Münze des Crispus mit der Rückseite CAESARUM NOSTRORUM um Kranz, in diesem VOT/V (314-318). An dem Schmuck der linken Hand klebten noch mit Eisenoxyd getränkte Reste der Gewandung. Neben dem linken Fuß waren in der Sarkophagecke ein lichtbraun glasierter schlanker Tonkrug mit Hufeisenverzierung (Höhe 34 cm), daneben ein schwarzer Teller mit Knochenresten von Geflügel, und ein Napf, dann zwei Glasfläschchen und ein Glasbecher aufgestellt, daneben lag ein kurzes Eisenmesser und ein infolge Verrostung nicht mehr erkennbarer Gegenstand.

Page 17: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Weiter östlich (ca. 8 - 10 m) lag in ca. 1.75 m Tiefe das Skelett eines etwa 45-jährigen Mannes. Die Lage des Skelettes war so, dass das Gesicht gegen Norden sah. Aus der Art der Bestattung und den Totenbeigaben dürfte es sich um die Leiche eines Kriegers keltischer Abstammung handeln. An Beigaben waren auf der rechten Seite ein Eisenschwert, mit der Angel 83 cm, ohne derselben 70 cm lang, dem Typus nach Mittellatène mit zwei anliegenden Bronzevollringen (Außendurchmesser 32 mm), auf derselben Seite der zerfallene Holzschaft einer Lanze. An der linken Skelettseite lagen neben der Hand Stücke stark oxydierten, bereits zerfallenen gebogenen Eisenbleches, vermutlich vom Schildbuckel. Nach der in der rechten Schultergegend vorgefundenen Eisenfibel dürfte die Bestattung in der Spätlatène-Zeit erfolgt sein. Weiters wurde beim Abgraben der Humusschicht eine kalkgebundene feste Schotterschichte gefunden, die auf das Vorhandensein einer Straße, die in der NW - SO - Richtung verlief, schließen lässt. Im weiteren Zuge der Straßenbauarbeiten wurde im gleichen Gebiet neuerlich ein Skelettgrab aufgefunden. Die Lage des Skelettes war NO - SW, der Kopf war in NO. Das Grab war ca. 2 m lang und 1.10 m breit und 65 cm tief. Das Skelett war das eines ca. 35-jährigen Mannes, befand sich in Rückenlage und hatte die Hände über die Brust gelegt. An Beigaben fanden sich bloß 3 römische Scheiben, die auf die Zeit der Bestattung schließen ließen. Wenige Meter nördlich von dieser Grabstelle wurde wieder ein Steinkistengrab gefunden. Dasselbe bestand aus zerschlagenen Grabsteinen, die Ostplatte zeigte einem Kopf, die Südplatte einen Wagen, West- und Nordplatte sind unverziert. Die Dicke der Platten beträgt 15 - 18 cm, die Länge der Deck-, Süd- und Nordplatte 220 cm, ihre Breite 77 cm, die innere Lichte des Grabes ist: 180 cm Länge, 60 cm Breite und 70 cm Tiefe. Alle Platten haben außer der Südplatte einen 5 cm breiten und 8 cm hohen Falz (genau wie beim ersten freigelegten Steinsarkophag). Das morsche Skelett lag in Rückenlage West - Ost, den Kopf im Westen nach Osten schauend. Die Arme längs des Körpers waren ausgestreckt. An Beigaben fanden sich bei der rechten Schulter eine Bronzefibel, bei der Hüfte eine Glasflasche (zertrümmert) und ein bronzener, zylindrischer Behälter, beim rechten Fuß Tierknochen, 1 Eisenring, beim linken Fuß ein spitzes Eisengerät. Auf dem Becken wurden noch Stoffreste gefunden. Das Grab gehörte der gleichen Zeit an wie das erste Plattensarkophag-Grab, mit dem es auch sonst viele Ähnlichkeit hatte. Die Deckplatte dieses Sarkophages wurde mit Einverständnis des n. d. Landesmuseums an einer wettergeschützten Seite des Wachegebäudes eingebaut. Die ganzen vorstehenden Gräberfunde lassen darauf schließen, dass es sich um eine römische Begräbnisstätte handelt, da gleichzeitig auch die Spuren einer römischen Straße gefunden wurden, die vermutlich längs der Schwechat nach dem heutigen Baden führte. Das Vorhandensein der Friedhofsanlage deutet überdies auf das Bestehen einer römischen Siedlung hin, die sich sicher an das in einiger Entfernung befindliche Römerkastell anschloss. Weiters wurde im Zuge der Planierungsarbeiten am Platz auf Grundstück 405 Gem. Zwölfaxing ein künstlich aufgeschütteter Bestattungshügel gefunden. In diesem Hügel wurden in ca. 30 - 50 cm Tiefe Bestattungsurnen von Größen bis 40 cm Höhe gefunden. Aus den weiteren Funden wie glasierten Tonscherben, bearbeiteten Steinen zu schließen, dürfte hier ein ummauerter Urnenfriedhof gelegen sein. In der gleichen Gegend wurde auch im April d. J. ein Skelettgrab ähnlich den schon früheren aufgefunden. Die Lage war gleichfalls mit dem Gesicht nach Osten. B) Schloss Der Bau ist zweigeschossig, teilweise unterkellert und trägt ein Mansardendach. In dem jetzigen Zustand ist es im 18. Jahrhundert erbaut worden. Die im Keller teilweise sichtbaren Mauerreste aus Bruchsteinen lassen jedoch auf ein weitaus höheres Alter schließen. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass dieses Bruchsteinmauerwerk römischen Ursprunges ist. Das Bauwerk ist ein Barockbau. Die im Garten später angebaute Freitreppe ist am Beginn des 19. Jhd. - vermutlich auf Wunsch der damaligen Schlossherrin, die Italienerin war - erstellt worden. Im Jahre 1848, zur Zeit der Belagerung Wiens, weilte im Schloss der Banus J e l a c h i c h, der, aus Rotneusiedl kommend, hier sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Auf dem straßenseitig gelegenen Balkon nahm der Banus die Parade der gegen Wien marschierenden Truppen ab. Weitaus älter ist das im Schlosspark rückwärts gelegene "Alte Schloss". Dieser jetzt zum Wirtschaftshof gehörige Gebäudeteil trägt Inschrifttafeln aus dem Jahre 1572 und dem Jahre 1695. Beide Tafeln stammen aus der Zeit der Türkenbelagerung Wiens, wovon auch die Inschrift handelt. Eine besondere Tafel zeigt die Inbesitznahme durch den Grafen Maximilianus Ernestus de Gatterburg - Dominus in Zwölfaxing, aus dem Jahre 1675. Aus der gleichen Zeit stammt auch die Mühle in Zwölfaxing, die vor der Erbauung des neuen Schlosses im 18. Jahrhundert gleichfalls zu Gatterburgischem Besitz gehörte. Diese heutige Mühle war ursprünglich eine Brauerei. Erwähnenswert ist auch noch der alte Baumbestand im Schlosspark, der eine Seltenheit in dieser Gegend darstellt.

Die Eingemeindung

Page 18: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Am 15. Oktober 1938 verlor die Gemeinde Zwölfaxing ihre Selbständigkeit und wurde ein Teil des neuen 23. Gemeindebezirkes von Wien. Der 23. Bezirk Schwechat war mit 218,92 Quadratkilometer nun der größte Wiener Bezirk. Von der Einwohnerzahl her lag er jedoch mit 42.000 Köpfen nur an der 23. Stelle der 26 Wiener Bezirke. Der Bezirk Schwechat gehörte, mit der Ausnahme von jenen Teilen, für die das Polizeiamt Favoriten zuständig war (das waren die Ortsteile Roth-Neusiedl, Oberlaa, Unterlaa, Leopoldsdorf und Kledering), zusammen mit dem 11. Bezirk (Simmering) zum Bereich des Schutzpolizei-Abschnittskommando VI, in Wien 11., Dorfgasse 64. Das S. Ak. VI unterstand seinerseits dem Gruppenkommando Süd der Schutzpolizei in Wien-Schönbrunn. Vor der Eingliederung in den 23. Bezirk zählte die Gemeinde Zwölfaxing bereits 883 Einwohner und hatte ein Ortsgebiet von 6,73 Quadratkilometern. Als Indiz für die rasche Entwicklung des Ortes darf die rasch wachsende Häuserzahl angegeben werden. Waren es 1924 noch 81 Häuser, so stieg deren Anzahl 1937 bereits auf 112 und 1939 auf 147. Bei der nächsten, bereits ein Jahr darauf - im Jahr 1939 - durchgeführten Volkszählung war die Einwohnerschaft weiter auf 985 Personen gestiegen. Dies war bereits eine Folge des Flugplatzbaues und der damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten. Negativ wirkte sich der Flugplatz auf das Baugeschehen im Ort aus. Nach dem deutschen Luftverkehrsgesetz war jedes Bauvorhaben im Umkreis bis zu 10 Kilometer Halbmesser um den Rollfeldmittelpunkt dem Luftgaukommando (Luftamt Wien) zur Genehmigung vorzulegen (AdR, Gruppe 04, RStH. Wien, Karton 296. LGK. XVII, IVa 3 PL., vom 23.12.1938, Betr.: Bauführung im Bereich von Bauanlagen der Luftwaffe - Nachbarrecht an Flughäfen). Diese Bestimmungen wurden damals auch sehr restriktiv gehandhabt und schränkten das Bauwollen erheblich ein, wie das Beispiel "Industriegebiet Himberg" zeigt. 1941 plante man ein an den Bahnhof Himberg angrenzendes Industriegebiet. Dieses sollte östlich der Ostbahn, gegen Rauchenwarth zu, errichtet werden und wurde vom Luftgaukommando auch prompt, mit dem Hinweis auf die benachbarten Fliegerhorste Schwechat und Zwölfaxing, verhindert (AdR, Gruppe 04, RStH. Wien, Karton 296. LGK XVII - Verwaltung, Az.:63 s 22 a-II/5 Pl., vom 22.11.1941, Betr.: Raumordnung - geplantes Industriegebiet in Himberg). Als Ergänzung der im Südosten Wiens befindlichen Fliegerhorste wurden noch im Jahr 1938 zwei so genannte "E-Flughäfen", das waren für den Kriegsfall geplante und im Frieden nicht verwendete Einsatzplätze, realisiert. Zwischen Velm und Münchendorf entstand ein E-Hafen, der später dem Horst Vöslau-Kottingbrunn zugeordnet wurde. Und im Gebiet zwischen der Ostbahn und der Fischa wurde, rechts der Straße Ebergassing-Götzendorf, der E-Hafen Götzendorf errichtet. Weiters wurde bei Ebergassing, zwischen Fischa, Fürbach und der Ostbahntrasse, ein weiterer Flugplatz gebaut, wo die Motorflugschule des NS-Fliegerkorps (NSFK) einzog. Auch dieser Platz wurde vom Luftgaukommando XVII in Wien als Feldflugplatz evident gehalten. Die beiden zuletzt genannten Flugplätze wurden bis zum Sommer 1943 von Zwölfaxing aus betreut. Erst als im August 1943 das Flugplatzkommando A 10/XVII von Zwölfaxing nach Götzendorf wechselte, endete auch diese Zuordnung. Kaum ein Jahr nach der Eingemeindung begann der Zweite Weltkrieg und niemand konnte ahnen, dass es vierzehn Jahre dauern sollte, bis Zwölfaxing wieder seine Selbständigkeit zurück erlangen sollte. Doch der Ort wurde nie mehr so, wie er früher einmal gewesen war. Die kleine, vorwiegend bäuerliche Gemeinde gehörte endgültig der Vergangenheit an. Kaserne und Flugfeld hatten die Struktur des Ortes nachhaltig verändert.

Ortsansichten aus der Zeit zwischen Anschluss und Zweitem Weltkrieg

Page 19: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Zwar war die Zahl der Einwohner bei der ersten Volkszählung, die nach dem Kriegsende durchgeführt wurde, auf 843 Personen - 451 Frauen und 392 Männer - gesunken, doch dieser Rückgang war kriegsbedingt. Ab diesem Zeitpunkt stieg die Zahl der Einwohner dann wieder kontinuierlich an. Im Jahr 1939 gingen die Baumaßnahmen im Fliegerhorst Zwölfaxing zügig

Page 20: ZW–LFAXING 1938 - 1945

weiter. So wurde das Anschlussgleis zum Bahnhof Himberg fertig gestellt und der Schießkanal zum Einschießen und Justieren der Flugzeugkanonen und Bord-Maschinengewehre in Bau genommen. Weiters wurde mit der Errichtung des Bombenlagers am Flugplatzrand begonnen. Die bereits im Vorjahr begonnenen Bauten wurden in diesem Jahr fertig gestellt, und der Ausbau einer leistungsfähigen Kläranlage, neben dem Ortsfriedhof am Kalten Gang gelegen, wurde neu begonnen. Auch das von Graf Gatterburg erworbene, in der Mitte des Ortes gelegene Schloss wurde nun als Offizierskasino für den Fliegerhorst adaptiert.

Diese Schlossanlage bestand bereits seit der Regierungszeit des Kaisers Maximilian der II. Im Jahre 1570 legte der kaiserliche Rat Franz A. Poppendorf den Grundstein. Poppendorf war nicht nur "Oberster Chef des Zeugswesens und des Befestigungswesens für alle Königreiche und Länder Seiner Majestät", sondern auch "Erster Commissarius an der türkischen Grenze". Diese erste Schlossanlage ging bei der zweiten Türkenbelagerung im Jahre 1683 unter. 1692 errichtete Maximilianus Servatius von Gatterburg, damals Ältester des österreichischen Herrenstandes und Rat des Kaisers und Königs Leopold sowie der hohen Landesregierung für Niederösterreich, "diesen Turm und alle Wohngebäude und Zugehör nach der Zerstörung durch die Türken in schöner Form wieder". Der zitierte Turm wurde in späterer Zeit zu einem Wohngebäude in Form eines kleinen Schlosses umgebaut. Als zur Niederschlagung der, in Wien ausgebrochenen, "Märzrevolution" des Jahres 1848 Baron Jelazic, der Banus von Kroatien, mit einem Heerhaufen gegen Wien marschierte, errichtete er am 17. Oktober 1848 sein Hauptquartier in Zwölfaxing. Er selbst bezog das herrschaftliche Schloss und leitete von hier aus die Belagerung der Residenzstadt, die am 25. Oktober begann. Jelazic blieb bis zum entscheidenden Treffen mit dem ungarischen Revolutionsheer, das zur Hilfe der Wiener Aufständischen herbeigeeilt kam, im Zwölfaxinger Schloss. Dieses Treffen fand am 30. Oktober statt und endete mit einem Sieg der kaiserlichen Truppen. Das 1938 zum Offizierskasino degradierte Schloss wurde dann am 8. Juli 1944 ein Opfer der Bomben.

Schloss und Parkanlage als Zentrum des Ortes

Page 21: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Die Flugzeughallen In der ursprünglichen Konzeption waren drei baugleiche Flugzeughallen, mit einer Stellfläche von 51,7 x 35 Metern, und mit einer Torhöhe von sechs Metern vorgesehen. Diese drei Hallen

Page 22: ZW–LFAXING 1938 - 1945

standen in einer Linie mit dem Werfthangar - alle mit der Torfront gegen Süden - am Nordrand des Flugfeldes. Bei einem Hangar musste Anfang 1944, nach einem Brandschaden, die stählerne Dachkonstruktion abgetragen werden. Ein weiterer Hangar wurde bei den Fliegerangriffen durch Bomben schwer beschädigt. Alle Flugzeughallen wurden am Nachmittag des 4. April 1945 von den zurückgehenden deutschen Truppen angezündet, und es blieben nur mehr rauchgeschwärzte Ruinen über. Eine Ausnahme bildete die mittlere Halle der Dreiergruppe, welche die Kriegszeit mit fast unversehrter Dachkonstruktion überstand und nach 1960 als Panzerwerkstätte (heutiges Objekt 9) adaptiert wurde. An die anderen Hallen erinnern heute nur mehr die Betonflächen, die heute zum Teil als Abstellplätze für die Panzer genutzt werden.

VORDERANSICHT UND GRUNDRISS DER FLUGZEUGHALLEN 1 , 2 UND 3 (Alte Objektnummern 2b, 2c und 2d, die heutigen Objekte 8, 9 und 10)

Die der Skizze zugrunde liegenden Originalpläne im Maßstab 1:500 wurden, nach einer im Oktober 1955 erfolgten Bestandsaufnahme, von den Architekten Lang - Rollig - Schläger erstellt (Sammlung Molin).

Die Fliegerwerft Das, bei Kriegsende durch Feuer stark zerstörte, Werftgebäude wurde zwischen 1958 und 1960, bis auf das einstöckige Nebengebäude (heutiges Objekt 12A), abgetragen. 1993/94

Page 23: ZW–LFAXING 1938 - 1945

wurde dieser Rest der ehemaligen Werft in den Neuerrichteten Werkstättenkomplex der Panzertruppenschule integriert. Das Werftgebäude unterschied sich von den Flugzeughallen vor allem durch die höher gesetzte Dachkonstruktion der Werfthalle. Dies war durch den Einbau der Krananlage bedingt. Dafür musste man den, für den Aus- und Einbau der Aggregate erforderlichen, Abstand vom Boden berücksichtigen. Zusätzlich verfügte die Werft, im Unterschied zu den nur ebenerdigen Zubauten der Flugzeughallen, über zweigeschossige Anbauten, um hier die zahlreichen Werkstätten und Lagerräume unterzubringen. Die Nummer des Objekts war ursprünglich 1 und änderte sich 1956 auf 12.

VORDERANSICHT, GRUNDRISS UND SEITENANSICHT DER WERFT

(Alte Objektnummer 1, die heutige Objektgruppe 12)

Der Beginn des Zweiten Weltkrieges

Am 1. September 1939 begann, mit dem Angriff auf Polen, der Zweite Weltkrieg. Durch den raschen Erfolg in Polen ergaben sich für die Baustelle in Zwölfaxing keine entscheidenden

Page 24: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Rückwirkungen. Ab April 1939 wurde die Fertigstellung der in Bau befindlichen Fliegerhorste mit allen Mitteln betrieben. So hatte man, unmittelbar nach der am 16. März 1939 erfolgten Besetzung der Tschechoslowakei, in Wien den weiteren Ausbau der Luftschutzanlagen völlig eingestellt. Die dadurch freigewordenen Kapazitäten wurden nun bei den Luftwaffenbauvorhaben eingesetzt. So arbeiteten 1939/40 im Durchschnitt an die 1.200 Arbeitskräfte auf der Baustelle Zwölfaxing. Nach Beendigung des Polenfeldzuges kamen erstmals auch Kriegsgefangene als Arbeitskräfte zum Einsatz. Anschließend an das, am Ortsende - gegen Pellendorf zu - gelegene, Barackenlager für die Bauarbeiter entstand nun auch ein abgetrenntes Lager für die Kriegsgefangenen. Das Los der polnischen Kriegsgefangenen war in jener Zeit nicht immer leicht, wie in einem Bericht des "Inspekteurs der Sicherheitspolizei" vom 18. September 1939 zum Ausdruck kommt. Diese täglichen Meldungen wurden an den "Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich" erstattet. Die gemeldeten Vorfälle bezogen sich zwar auf den Fliegerhorst Schwechat-Heidfeld, doch auch in Zwölfaxing dürfte die Situation ähnlich gewesen sein.

"Die Bevölkerung in Fischamend regt sich über die angeblich schlechte Behandlung der polnischen Kriegsgefangenen seitens der Wehrmachtsangehörigen am dortigen Flugfeld auf. Die am Flugfeld beschäftigten Arbeiter haben schon mehrfach laut und öffentlich gegen die Behandlung Stellung genommen." (National Archives Washington D.C. USA, German Records Microfilmed at Alexandria VA. Mikrofilm Serie T84 Rolle 14, Rahmen 40.615/e)

Nach Kriegsbeginn wurden erste Luftschutzmaßnahmen durchgeführt, so wurden unter anderem auch alle Objekte dunkelgrau eingefärbt und eine große Anzahl rasch wachsender Bäume unmittelbar neben den Objekten gesetzt, um so die klaren Linien der Bauten etwas aufzulösen. Dass diese Vorsorgen nicht unbegründet waren, zeigte der Abwurf von Flugblättern am 13. Jänner 1940 in den südlichen und südöstlichen Außenbezirken Wiens. Die damals gefundenen Flugzettel richteten sich besonders an die Bevölkerung der Ostmark und dürften in der Nacht von einem sehr hoch fliegenden Flugzeug aus abgeworfen worden sein. Anfang März gab es dann neuerlich einen Abwurf von englischen Flugblättern über Wien und Niederösterreich. Zur Jahreswende 1939/1940 waren die wesentlichen Bauvorhaben in Zwölfaxing abgeschlossen. Als Folge des Krieges verzichtete man auf die Verwirklichung des weiteren Ausbaues und schränkte die Bautätigkeit wesentlich ein. So wurde bei der Kfz-Werkstätte (heutiges Objekt 18) nach Vollendung des Rohbaues der Weiterbau eingestellt und auch während des Krieges nicht mehr aufgenommen. Die Fertigstellung dieses Objektes blieb dann dem Bundesheer der Zweiten Republik vorbehalten. Als letzte Ausbauphase des Fliegerhorstes war die Errichtung von zwei weiteren großen Flugzeughallen (70 x 35 m) beim südlichen Ortsausgang von Zwölfaxing vorgesehen. Es kam jedoch nur mehr eine Halle zur Aufstellung, wobei es sich dabei möglicherweise um einen in Polen als Kriegsbeute demontierten und hier wieder aufgestellten Hangar handeln könnte. Wie aus den täglichen Lageberichten des "Inspekteurs der Sicherheitspolizei und des SD in Wien" zu entnehmen ist, kam es nach dem Beginn des Krieges bei den militärischen Bauten immer wieder zu Fällen von passiver Resistenz und auch zu Sabotagehandlungen. So musste die Geheime Staatspolizei bereits im September 1939 im Bereich der Bauleitung der Luftwaffe "Schwechat-Ost", bei der Baustelle des Fliegerhorstes Schwechat-Heidfeld, amtieren. Dabei wurden 13 Verhaftungen vorgenommen und 66 strenge Verwarnungen, alle wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeitsstelle, erteilt. Eine weitere Erschwernis für die Bauarbeiten bedeutete der kalte Winter 1939/40, als der strenge Frost vor allem die Außenarbeiten behinderte. So musste am 9. Februar 1940 die Bauleitung Zwölfaxing sogar einen Einsatztrupp der Technischen Nothilfe (TENO Landesgruppe XVII - Bezirksgruppe

Page 25: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Wien) zur Sprengung des Erdreiches anfordern. Der starke Frost hatte das Ausheben einer für die Verlegung eines Rohrstranges benötigten Künette unmöglich gemacht (AdR, Gruppe 04, RStH. Wien, Ordner 1204. Ia Pol Zl.:1935 u. 1936, TENO Wien Zl.: 2301-279/42). Im Februar 1940 kam es bei der Baustelle in Zwölfaxing zu mehreren Sabotagehandlungen. In verschiedenen Objekten des Fliegerhorstes wurden vorsätzliche Störfälle bei der Zentralheizungsanlage hervorgerufen. Dadurch konnte in mehreren Bauten das Wasser gefrieren, wobei mehrere Heizkörper barsten. Kurz danach wurde eine Umwälzpumpe der Heizungsanlage durch das Ablassen von Öl zum Festlaufen gebracht. Besondere Aufregung verursachte dann eine zweite Welle von Sabotagehandlungen. Dabei wurden mehrere Stahlschränke und auch einige Panzertüren beschädigt. Auch die damals noch nicht bezogene Wohnung des Kommandeurs wurde von Unbekannten verwüstet und verunreinigt. In allen Fällen wurde die Geheime Staatspolizei tätig, allerdings ohne Erfolg. Da damals auf der Baustelle insgesamt 1.200 Arbeiter beschäftigt waren, war der Versuch, die Täter zu eruieren, selbst für die GESTAPO aussichtslos (National Archives, Washington D.C., USA. German Records Microfilmed at Alexandria, Va. Mikrofilm Serie T84 Rolle 15, Rahmen 42.472, 42.473, 42.493 und 42.518). Kurze Zeit später war die Geheime Staatspolizei wieder in Zwölfaxing und verhaftete fünf Arbeiter. Ihnen wurde vorgeworfen, bei den Planierungsarbeiten für den Exerzierplatz (der heutige Sportplatz) die Tagesleistung auf 40 bis 50 Prozent der Sollvorgabe gedrückt und ihren Arbeitsplatz des Öfteren unberechtigt verlassen zu haben (ebenda, Rolle 16, Rahmen 43.681).

Die Truppenstationierung Als Kriegsaufstellungen wurden Anfang 1940 im Reichsgebiet, zur Grundschulung die Flugzeugführerschulen (F.F.S) A/B 111 bis 126 neu etabliert, so auch die F.F.S. A/B 114. Diese Schule war, wie alle in der damaligen Ostmark stationierten Schulen, dem "Höheren-Flieger-Ausbildungs-Kommando 17" in Wien unterstellt. Die Flugzeugführerschule A/B 114,

Page 26: ZW–LFAXING 1938 - 1945

unter dem Kommandeur Oberstleutnant Dr. Otto Vowinkel, bezog den neuen Fliegerhorst in Zwölfaxing. Gleichzeitig wurde auch die Fliegerhorstkommandatur Zwölfaxing errichtet, die dem Fliegerhorstbereichskommando Aspern (Leithorst) unterstand. Weiters wird 1940/1941 in der Feldpostübersicht, im Zusammenhang mit der Schule, auch ein Fliegeranwärter-Bataillon 114 in Zwölfaxing genannt. Diese Bataillone hatten die Aufgabe, Bewerber für die Flugzeugführerausbildung zu sammeln und in etwa dreimonatigen Kursen theoretisch vorzubilden. Im Februar 1940 dürften die ersten Truppen, den noch teilweise unfertigen, Horst bezogen haben, und damit beginnt die eigentliche Geschichte der Garnison Zwölfaxing. Die erste gesicherte Erwähnung der Fliegerhorstkommandatur und der Flugzeugführerschule liegt jedoch erst mit einem "Verteiler bodenständiger Einheiten" vom 20.09.1940 vor. Diese späte, erstmalig nachweisbare, Nennung von Zwölfaxing dürfte jedoch an den wenigen Berichten liegen, die für diesen Zeitabschnitt durch Quellen überliefert sind. Daher ist es erforderlich, den Zeitpunkt der Belegung des Fliegerhorstes mit Truppen noch näher zu untersuchen.

Luftgaukommando XVII Quartiermeister / Ib Fl. Nr.: 28.000/40 g. Kdos. Wien, den 20.9.1940 Az: 13 n 22/14 Betr.: Verteiler Stand 15.9.40 VERTEILER DER BODENSTÄNDIGEN EINHEITEN ... II. D (Höh.Fl.Ausb.Kdos.) 1.) Höh.Fl.Ausb.Kdo. 17 Wien ... 5.) Jagdflieger- Sch. 5 Schwechat ... 7.) Flgz. Fhr. Sch. A/B 114 Zwölfaxing ... II. E Kdo. Fl. H. Ber. und Fl. H. Kdtren. 1.) Kdo. Fl. H. Ber. ASPERN Fl. H. Kdtr. L Aspern Fl. H. Kdtr. A Schwechat Fl. H. Kdtr. A Tulln Fl. H. Kdtr. A Zwölfaxing Fl. H. Kdtr. A Markersdorf

Page 27: ZW–LFAXING 1938 - 1945

...

Doch zurück zur Frage der Truppenstationierung im neuen Fliegerhorst in Zwölfaxing. Im Verteiler eines Befehles vom 11. Januar 1940 (Luftgaukommando XVII, Gruppe Ic/Pr. Wb. Br. B. Nr. 13.016/40 (I c) g. Kdos., Betr.: Verschluss-Sachen-vorschrift) ist die Jagdfliegerschule Schwechat bereits vermerkt, Zwölfaxing scheint jedoch nicht auf. Unter dem Kommando des Fliegerhorstbereiches Wien-Aspern weist dieser Verteiler damals nur die Fliegerhorstkommandanturen Aspern, Schwechat und Tulln aus. Mit ziemlicher Sicherheit darf angenommen werden, dass der Horst in Zwölfaxing zu diesem Zeitpunkt noch leer stand. Weiters findet sich in einer, von der Führungsgruppe des Luftgaukommando XVII am 27. April 1940 verfassten, "Denkschrift zum Fall Jugoslawien und Rumänien", folgende Belegstelle:

"... bis zum 1. Mai 1940 sind die Karten- und Archivstellen der Fliegerhorste Schwechat und Zwölfaxing einsatzbereit" (Kriegsarchiv, NL B554:17, Luftgaukommando XVII, Fü. Gr. Ia, Br. B.- Nr.: 70/40, g. Kdos. Chefsache, vom 27.4.1940, Betr.: Denkschrift zu Lfl.Kdo.4, Fü. Abt. Ia op Nr. 7.241/40 g. Kdos. Chefsache).

Dieser Text zeigt, dass zu diesem Termin die beiden Horste (Schwechat und Zwölfaxing) noch immer nicht vollzählig ausgestattet waren. Doch nun ist Zwölfaxing bereits in einem Atemzug mit Schwechat genannt, was darauf hindeutet, dass beide Flugplätze am 27. April 1940 schon von Truppen belegt waren, was für Schwechat-Heidfeld als sicher gelten darf. Damit kann die Geburtsstunde der Garnison Zwölfaxing mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Zeitspanne von Mitte Jänner bis Mitte April 1940 festgelegt werden. Gleichzeitig mit der Einweisung der F.F.S. A/B 114 in den Neugebauten Fliegerhorst, erfolgte zwangsläufig auch die Aufstellung der Fliegerhorstkommandantur (A) Zwölfaxing. Später ging auch die Bauleitung der Luftwaffe in Zwölfaxing, soweit sie mit Teilen noch vonnöten war, in die neue Fliegerhorstkommandantur auf. In Zwölfaxing waren im Jahr 1940 folgende Truppen stationiert: ein Flak-Zug der lei. Res. Flak-Batterie 3./XVII, die Fliegerhorst-Kommandantur (A) Zwölfaxing mit drei Kompanien (Fliegerhorstkompanie, ? -Kompanie, Werftkompanie und Luftnachrichtenstelle) und die Flugzeugführerschule A/B 114 mit vier Kompanien (Stabs- und Wirtschaftskompanie, Schülerkompanie, ? –Kompanie und Technische-Kompanie). Im Zusammenhang mit dem Einzug der Truppen in Zwölfaxing kam es auch zur Stationierung von leichten Flakgeschützen auf dem Flugfeld. Die für diesen Zweck eingesetzten leichten Reserve-Flak-Batterien (BO) - BO steht für Flieger-Bodenorganisation - entstanden 1939/40 aus den zusammengezogenen Fliegerabwehr-Zügen der Fliegerhorstkommandanturen. Im konkreten Fall sicherte, die zur Flak-Untergruppe Wien gehörige leichte Reserve-Flakbatterie (B.O.) 3/XVII mit zwei Zügen den Leithorst Aspern und mit je einem Zug zu 4 Geschützen des Kalibers 2 cm die Flugplätze Schwechat und Zwölfaxing. Die Präsenz eines Flak-Zuges der leichten Reserve-Flak-Batterie 3/XVII (BO) in Zwölfaxing kann ab dem Frühjahr 1940 angenommen werden, doch nur für die Monate August bis Oktober 1940 haben sich entsprechende Belege überliefert. Diese BO-Flak-Züge kamen aber auch außerhalb der ihnen zugeteilten Flugplätze zum Einsatz. So war die lei. Res. Flak-Batterie 3./XVII (BO) Ende August 1940 zum Schutz der Raffinerien Floridsdorf, Kagran und der Großtankanlagen am Praterspitz im Einsatz. Nach diesen zeitlich begrenzten Einsätzen kehrten die Flak-Züge immer wieder zu ihren Schutzobjekten zurück. Dieser Flakschutz der Fliegerhorste blieb unverändert bis zum Balkanfeldzug bestehen. Erst nach dem raschen Erfolg am Balkan und mit Beginn des Russlandfeldzuges wurde der Raum Wien nach und nach von allen Verteidigungskräften entblößt. Die leichten Reserve-Flak-Batterien

Page 28: ZW–LFAXING 1938 - 1945

(BO) wurden von den Flugplätzen im Heimatgebiet abgezogen. Dabei wurden die Batterien, soweit es erforderlich war, auf neue deutsche Geschütze vom Typ 2 cm Flak 30 oder 38 umgerüstet und in bestehende, oder Neuaufgestellte Flak-Abteilungen eingegliedert.

Auszüge aus der Gliederung der Luftverteidigungskräfte im Luftgau XVII Stand vom 30. September 1940, LGK. XVII Fü. Gr. Ia, Beilage zum KTB der Lfl.. 4, Abt. Ia ob 2

.

EINSATZ DER FLAKARTILLERIE IM BEREICH DES LGK XVII, Stand vom 1. Oktober 1940, Anlage 1 zu L.G.K. XVII, Fü. Gr. Ia, Br. B. Nr. 730/40 g. Kdos., vom 31.8.1940.

GLIEDERUNG DER LUFTVERTEIDIGUNGSKRÄFTE IM BEREICH Lfl. K do. 4

Stand vom 8. Oktober 1940, Lfl. Kdo. 4 Fü. Abt. Ia op 2, Nr.: 588/40, g. Kdos. vom 8.10.1940 (Anlage 1)

Page 29: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Das Postamt Wien-Schwechat 3

Ein weiteres Indiz für die Aktivierung des Fliegerhorstes darf die Einrichtung des Postamtes "Wien - Schwechat 3" am 29. Mai 1940 gelten. Dazu ist folgende Erläuterung nötig: die Dienststellen der Luftwaffe im Heimatgebiet hatten keine Feldpostnummern zugeteilt und wurden von "normalen" Postämtern betreut. Diese "Heimat-Dienststellen" verwendeten so genannte offene Feldpoststempel, mit der vollen Angabe des Truppenteiles, hier z.B.: "Fliegerhorst-Kommandantur Zwölfaxing" oder "Flugzeugführer-Schule A/B 114", zur Freimachung der Feldpost. Bei einem entsprechenden Bedarf an Verschleierung der Stärke und Belegung der militärischen Unterkunft wurde ein so genannter Feldpost-Leerstempel verwendet. Das war ein üblicher Post-Tagesstempel, jedoch ohne Ortsangabe. Solch ein Feldpost-Leerstempel "Wien - SCHWECHAT 3" wurde vor und während des Balkanfeldzuges verwendet. Damit sollte die vermehrte Stationierung von Soldaten und Verbänden am Fliegerhorst verschleiert werden. Zusätzlich zu dem zivilen Postamt Schwechat (Wien - Schwechat 1) wurden, parallel zur Inbetriebnahme der Fliegerhorste, die Postämter Schwechat 2 - Fliegerhorst-Heidfeld (ab dem 4. März 1940) und Schwechat 3 - Fliegerhorst-Zwölfaxing (ab dem 29. Mai 1940) neu eingerichtet. Das Postamt Schwechat 3 wurde bis zum November 1940 von einem Amtsleiter namens Schaaf geführt, ab November 1940 bis zum Kriegsende übernahm die Schwechaterin Lotte Rath diese Stellung. Neben der Leiterin gab es noch vier bis fünf Angestellte, und zu den Spitzenzeiten wurden zusätzlich noch Soldaten als Helfer beigestellt. Die während der Kriegszeit in Zwölfaxing verwendeten Poststempel waren so genannte Reichspost-Normstempel mit dem Schriftzug WIEN-SCHWECHAT 3 und den Kennbuchstaben a, b (1940-1945) und c (1943-1945) in der unteren Schriftzeile. Nur im Jahr 1941 wurde, für den Zeitraum vom Aufmarsch zum Balkanfeldzug bis zum Angriff auf die Sowjetunion, ein so genannter Leerstempel, ohne Ortsbezeichnung in der oberen Schriftzeile und mit der Doppelkennung "bc" in der unteren Schriftzeile, verwendet.

Poststempel und Einschreibzettel des am Fliegerhorst Zwölfaxing eingerichteten Kriegspostamtes WIEN - SCHWECHAT 3

Page 30: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Die Angaben und Abbildungen zum Kriegspostamt Zwölfaxing sind der Veröffentlichung von Adolf Ezsöl "Die Post in Schwechat 1772 - 1994", herausgegeben vom Historischen Archiv der Stadt Schwechat, entnommen.

Feldpostbrief der "Fliegerhorstkompanie Zwölfaxing" vom Juli 1940

Feldpostbrief der Technischen Kompanie der F.F.S. A/B 114 vom Oktober 1940. Anstelle des Feldpost-Briefstempels wurde hier ersatzweise ein zweizeiliger Kompaniestempel verwendet.

Page 31: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Der Alltag auf der Fliegerschule

Die zukünftigen Absolventen der Flugzeugführerschule kamen nach einer zwölfwöchigen Grundausbildung bei einem Fliegerausbildungsregiment zur A/B Schule nach Zwölfaxing. Hier wurde die Grundschulung auf einmotorigen Flugzeugen durchgeführt, die mit dem Erwerb des Luftwaffenflugzeugführerscheines A und B endete. In Zwölfaxing wurde eine Vielzahl von Flugzeugmustern geflogen, wie zum Beispiel: Bücker 131, Arado 65 und 66, Klemm 35, Focke-Wulf 44 und 56. Des Weiteren wurden den 1939/40 Neuaufgestellten Schulen viele der 1939 erbeuteten tschechischen Flugzeugmuster zugeteilt. Im Durchschnitt verfügte die Flugzeugführerschule über fast 100 Flugzeuge der verschiedensten Typen. Mit der Fortdauer des Krieges wurden auf den Schulen neben den deutschen Baumustern auch immer mehr Schulflugzeuge aus den besetzten Ländern verwendet, anfangs nur aus der Tschechoslowakei, später auch aus Polen, Frankreich, Holland, Russland und zuletzt auch noch aus Italien. Insgesamt gab es bei der Flugzeugführerausbildung eine sehr hohe Ausfallsquote. Im Durchschnitt fiel durch Unfälle (Tod und Verletzung) zirka ein Drittel der Flugschüler aus. Ein weiteres Drittel wurde wegen Nichteignung abgelöst, und nur das restliche Drittel schloss die Ausbildung erfolgreich ab. Unter fast friedensmäßigen Bedingungen ging in Zwölfaxing nun der Schulbetrieb vor sich. Der Ausbildungsstand der fertigen Piloten war 1940/41 sehr hoch. Bis zum Abschluss seiner 11 - 12 Monate dauernden fliegerischen Grundausbildung hatte jeder Schüler ungefähr 260 Flugstunden zu absolvieren. Weiters wurde in dieser Zeit die theoretische Ausbildung in folgenden Fächern vermittelt: Flugzeugkunde, Motorenkunde, Werkstoffkunde, Strömungs- und Bewegungslehre, Wetterkunde, Luftgeographie, Navigation, etc. Das Stammpersonal der Flugzeugführerschule belief sich zu Kriegsanfang, einschließlich der technischen Kompanie, auf beachtliche 400 - 500 Mann. Entsprechend der Aufgabe einer A/B Schule setzte sich der Flugzeugpark aus Flugzeugen folgender Kategorien zusammen:

Page 32: ZW–LFAXING 1938 - 1945

A1: Leichtflugzeuge A2/Land: Albatros L 101, Bücker Bü 131, 133, 181, Focke-Wulf FW 44, Heinkel He 72, Klemm Kl L25, Kl L 26, Kl 32, 35 B1/Land: Arado Ar 65, 66, 68, 76, 96. Fieseler Fi 156, Focke-Wulf FW 56, Gotha Go 145, Heinkel He 45, 46, 50, 51, Messerschmitt Bf 108 B2/Land: Focke-Wulf FW 58, Heinkel He 70, Junkers W 33, W 34, Siebel Si 204

Das Soll an Fluggeräten für eine A/B Schule war 1939/40 mit 45 Stück A2-Flugzeugen, 21 Stück B-1 und 30 Stück B2-Flugzeugen festgelegt worden. Für die Ausbildung der Flugschüler bis zum Erreichen des Flugausweises B, der als Grundlage für die Ausstellung des Luftwaffen-Flugzeugführerscheines (LF) diente, wurde mit einem Zeitbedarf von elf bis zwölf Monaten gerechnet. Der Luftwaffen-Flugzeugführerschein war die Voraussetzung für eine weitere Ausbildung an einer Fliegerwaffenschule, oder zur Weiterschulung auf einer C-Schule. So begannen jeden Monat durchschnittlich 30 Flugschüler mit der Ausbildung. Diese wurden zu einer Gruppe, unter der Führung eines Gruppenfluglehrers, zusammengefasst und nach dem Monat des Ausbildungsbeginnes bezeichnet, zum Beispiel 7/40 = Juli 1940, 3/43 = März 1943. Der Kader der Zwölfaxinger Schule wurde in erster Linie aus Personalabgaben der Klagenfurter F.F.S. A/B 14 gebildet. Die Schüler der Gruppe 1/40 hatten ihre Ausbildung noch in Klagenfurt begonnen und kamen dann nach Zwölfaxing. Als Arbeitsplätze dienten der F.F.S. A/B 114, die E-Horste Seyring und Götzendorf. Zu Anfang des Krieges wurde, wegen der Tarnung, besonders darauf geachtet wurde, dass diese Plätze nur bei erheblichen Stauungen in Zwölfaxing benutzt wurden. Außenlandungen wurden hauptsächlich in Reisenberg geübt, wobei in diesem Fall - nach Anmeldung - auch tatsächlich gelandet werden konnte.

Im Bestand der F.F.S. A/B 114 in Zwölfaxing lassen sich 1940 folgende Flugzeuge nachweisen:

Arado Ar 66-BB+KK Ar 66-PF+LF Ar 66-PF+LH Ar 66-PF+LI Ar 66-RT+N. Ar 66-SE+YG Ar 66-PF+LO Ar 66-PF+LR Ar 66-RT+NZ Ar 66-CK+BR Ar 66c-..+LP Avia B 534-TC+.. Benes-Mraz Be 51-BT+AD Be 51-BT+AA Bücker Bü 131-TA+FD Bü 131-TA+FN Bü 131-TA+FW Bü 131-TA+FX Bü 131-VT+AB Bü 131-TA+EW Bü 131-TA+EY Bü 131-TA+FC Bü 131-TA+FJ Bü 131-TA+FM Bü 131-VT+AX Focke Wulf Fw 44-BB+KF Fw 44-BB+KJ Fw 44-BB+KK Fw 44-BB+IO Fw 44-BB+IS Fw 44-BB+JW Fw 44-BB+KA Fw 44-BB+KB Fw 44-BB+KD Fw 44-BB+KM Fw 44-BB+KP Fw 44-BB+KW Fw 44-BB+KZ Fw 44-BB+0LK Fw 44-BV+CD Fw 44-BV+CC Fw 44-BV+KF Fw 44-BV+.. Fw 44-CK+IE Fw 44-DK+EM Fw 44-..+KZ Fw 44-GA+SI Fw 44-CK+IF Fw 44-BF+KR Fw 56-SG+SP Fw 56-SG+SQ Fw 56-CK+NY Klemm Kl 35-VC+AO Kl 35-VC+AB Kl 35-VC+AQ Kl 35d-KO+A. Letov S 328-PM+OO Als es 1940/41 wegen der kriegsbedingten Vergrößerung der Luftwaffe zu einem Stau von Bewerbern für die Flugzeugführerschulen kam, wurden mehrere Fliegeranwärterbataillone aufgestellt. So auch in Zwölfaxing, wo das Fliegeranwärterbataillon 114 die Aufgabe übernahm, die zahlreichen Bewerber zu sammeln und sie in dreimonatigen Kursen theoretisch auf die Flugzeugführerausbildung vorzubereiten. Hier wurde bereits eine Vorauswahl, entsprechend der Eignung und der Geschicklichkeit der zukünftigen Flugschüler, getroffen.

Page 33: ZW–LFAXING 1938 - 1945

Nachdem im Zusammenhang mit dem Ostfeldzug die Zahl der Fliegeranwärter in Zwölfaxing rapid zurückging, wurde das Bataillon wieder aufgelöst.

Kriegerische Aktivitäten am Balkan

Im Zusammenhang mit der Planung eines möglichen offensiven Vorgehens gegen Jugoslawien und Rumänien, setzten Ende April 1940 im Wiener Raum massive Vorbereitungen für ein mögliches Angriffsunternehmen auf der Balkanhalbinsel ein. Diese Maßnahmen konzentrierten sich besonders auf die Anlagen der Luftwaffe im Wiener Raum, und somit auch auf den Fliegerhorst Zwölfaxing. Davon zeugt eine, mit mehreren roten Stempeln versehene, Denkschrift. Neben den Stempel "Geheime Kommandosache" und "Chefsache" finden sich auf diesem Schriftstück auch noch die Stempelabdrucke "Nur durch Offizier" und "Chefsachen dürfen nicht in Flugzeugen mitgeführt werden!". Diese Denkschrift vom 30. April 1940 ist hier nebenstehend auszugsweise wiedergegeben und dient auch als ein sicherer Beleg für die bereits erfolgte Stationierung der F.F.S. A/B 114 in Zwölfaxing. Im Oktober 1940 unternahmen die Italiener, vom bereits 1939 annektierten Albanien aus, einen missglückten Angriff auf Griechenland. In Folge dessen wurden die Griechen von Großbritannien massiv unterstützt, in erster Linie durch die Verlegung britischer Jagdfliegerverbände auf griechische Flugplätze. Schon vorher war von deutscher Seite, in der zweiten Hälfte des Septembers, eine Heeres- und Luftwaffenmission mit starken Verbänden als "Lehrtruppen" in Rumänien stationiert worden. Das britische Engagement am Balkan ließ Hitler nun seinerseits Luftangriffe auf das, für die deutsche Rüstung unabdingbare, rumänische Ölgebiet befürchten. Diese Entwicklung führte zu einer weiteren Intensivierung der deutschen Aktivitäten in Rumänien. Die für die Verstärkung der "Deutschen Luftwaffenmission in Rumänien" vorgesehenen Fliegerverbände versammelten sich ab Mitte Februar 1941 auf den Flugplätzen südöstlich von Wien. Damals gehörte der Flugplatz Vöslau den Sturzkampffliegern. Hier lag der Stab des Stuka-Geschwaders 2 mit der I. und II. Gruppe mit 38 bzw. 34 Flugzeugen vom Typ Ju-87. Aber auch die I. Gruppe des Stuka-Geschwaders 3, das mit 38 Flugzeugen dem Stuka-Geschwader 2 unterstellt war, lag am Platz. Im benachbarten Wiener Neustadt war das Jagdgeschwader 27, mit dem Stab und der III. Gruppe, mit insgesamt 43 Jägern vom Typ Me-109 stationiert, während die 39 Flugzeuge der II. Gruppe des Geschwaders in Schwechat lagen.

Luftgaukommando XVII Wien, den 27. April 1940 Führungsgruppe Ia Br .B .Nr. 7/40 g. Kdos. Chefsache. Bezug: Lfl. Kdo.4, Fü. Abt .Ia op Nr.7241/40 g. Kdos. Chefsache. Betr.: Denkschrift Anl. : 1 Denkschrift im Umschlag. Dem Luftflottenkommando 4, W i e n ... b) Versorgung der Angriffskräfte. B o d e n o r g a n i s a t i o n :