Jahresbericht der internationalen Atomgewichtskommission 1911

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- 97 Jahresberic ht der internationalen Atomgewichtskommission 1911. Im Herbst 1909 votierte der Vorstand der Londoner chemischen Gesellschaft einstimmig dafur, den Jahresbericht der Atomgewichts- liommission im September oder Oktober anstatt wie bisher im Januar hernuszugeben. Die chemische Gesellschnft von Frankreich schlofs sich diesem Votum an, und in Amerika ist die Meinung gleichfalls fur die vorgeschlagene Anderung giinstig gewesen. Daher ist die Anderung hiermit ausgefiihrt worden. Die fur das neue Verfahren beigebrachten Grunde sind sehr ein- fach. Zuniichst beginnt das Schuljahr, wenigstens in den meisten Erziehungsanstalten, im Herbst. Es ist wiinschenswert, d d s alsdann die Lehrer die neueste Atomgewichtstabelle zu ihrer Verfugung haben, damit Anderungen nach Beginn des Schuljahres vermieden werden. Zweitens sind die Verleger der Lehrbucher gewohnt, ihre neuen Sachen im Herbst herauszugeben, und wunschen oft recht- zeitige Benachrichtigung iiber die zu erwartenden Anderungen. Die vorgeschlagene Anderung in dem Termin der Ausgabe der Tabelle ist daher eine Hilfe fur Lehrer, Studierende und Verleger und bringt niemand Nachteile. Die unmittelbare Nutzlichkeit der Tabellen wird erhoht, und dieses Ziel zu erreichen, sollte der Hauptzweck des Komitees sein. Seit dem Erscheinen des Berichts fur 1910 ist eine Anzahl wichtiger Veroffentlichungen iiber Atomgewichte erscvenen. Die erhaltenen Ergebnisse sind kurz die folgenden. Chlor. Dichte, Volumenzusammensetzung und Kompressibilitat von Chlorwssserstoff sind von GRAY und BIJRT~ mit grofser Sorg- * Urn der gescllichtlichen Genauigkeit willen bemerke ich hier, dab ich g e g e n diesen Vorschlag (der mir seinerzeit als ein Vorschlag von Sir T. E. TrfoRPL: mitgeteilt wurde) gestimmt habe. Mein Widerspruch wurde damit be- griindet, d& fur die Zukunft die Emiittelung, welche Atomgewichte in einer alteren Abhandlung gebraucht worden sind, durch die Abweichung des ,,Atom- gewichtsjahres" vom burgerlichen erschwei t werden wurde. Dars die An- gelegenheit dem Votum der chemischen Gesrllschafteii in London und Paris unterbreitet wcrden sollte und wurde, ist rnir erst aus dern vorliegenden Bericht bekannt geworden. w. OSTWALD. Jounz. Chem. Sac. 95, 1633. Z. aoorg. Chem. Bd. 69. 7

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Jahres beric ht der internationalen Atomgewichtskommission 1911. Im Herbst 1909 votierte der Vorstand der Londoner chemischen

Gesellschaft einstimmig dafur, den Jahresbericht der Atomgewichts- liommission im September oder Oktober anstatt wie bisher im Januar hernuszugeben. Die chemische Gesellschnft von Frankreich schlofs sich diesem Votum an, und in Amerika ist die Meinung gleichfalls fur die vorgeschlagene Anderung giinstig gewesen. Daher ist die Anderung hiermit ausgefiihrt worden.

Die fur das neue Verfahren beigebrachten Grunde sind sehr ein- fach. Zuniichst beginnt das Schuljahr, wenigstens in den meisten Erziehungsanstalten, im Herbst. Es ist wiinschenswert, d d s alsdann die Lehrer die neueste Atomgewichtstabelle zu ihrer Verfugung haben, damit Anderungen nach Beginn des Schuljahres vermieden werden. Zweitens sind die Verleger der Lehrbucher gewohnt, ihre neuen Sachen im Herbst herauszugeben, und wunschen oft recht- zeitige Benachrichtigung iiber die zu erwartenden Anderungen. Die vorgeschlagene Anderung in dem Termin der Ausgabe der Tabelle ist daher eine Hilfe fur Lehrer, Studierende und Verleger und bringt niemand Nachteile. Die unmittelbare Nutzlichkeit der Tabellen wird erhoht, und dieses Ziel zu erreichen, sollte der Hauptzweck des Komitees sein.

Seit dem Erscheinen des Berichts fur 1910 ist eine Anzahl wichtiger Veroffentlichungen iiber Atomgewichte erscvenen. Die erhaltenen Ergebnisse sind kurz die folgenden.

Chlor. Dichte, Volumenzusammensetzung und Kompressibilitat von Chlorwssserstoff sind von GRAY und BIJRT~ mit grofser Sorg-

* Urn der gescllichtlichen Genauigkeit willen bemerke ich hier, d a b ich g e g e n diesen Vorschlag (der mir seinerzeit als ein Vorschlag von Sir T. E. TrfoRPL: mitgeteilt wurde) gestimmt habe. Mein Widerspruch wurde damit be- griindet, d& fur die Zukunft die Emiittelung, welche Atomgewichte in einer alteren Abhandlung gebraucht worden sind, durch die Abweichung des ,,Atom- gewichtsjahres" vom burgerlichen erschwei t werden wurde. Dars die An- gelegenheit dem Votum der chemischen Gesrllschafteii in London und Paris unterbreitet wcrden sollte und wurde, ist rnir erst aus dern vorliegenden Bericht bekannt geworden. w. OSTWALD.

Jounz. Chem. Sac. 95, 1633. Z. aoorg. Chem. Bd. 69. 7

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falt geinessen worden. Aus der Dichte und der Volumenzusammen- setzung folgt C1 = 35.459, wenn H = 1.00762 gesetzt wird. Aus der Dichte und der Kompressibilitat folgt C1 = 35.461. Das Iilittel, 35.460, ist identisch mit dem Wert, der in den Tabellen der letzteii Jahre enthalten war.

Die Dichte des Chlorwasserstoffs ist von SCHEU’ER untersucht worden, welcher nilessungen unter verschiedenen Umstanden aus- gefuhrt hat. Sein Schlulsergebnis aus seiner eigenen Arbeit und der von GRAY und BURT ist Cl = 35.466.

Lithium. I n ihrer wichtigen Arbeit uber das Atomgewicht des Lithiums mafsen RICHARDS und WILLARD drei unnbhangige Ver- hlltnisse, namlich Silber zu Lithiumchlorid, Silberchlorid zu Lithium- chlorid und Lithiumperchloricl zu Lithiumchlorid. Bus diesen Ver- haltnissen konnten unabhangig von allen anderen Messungen die drei folgenden Atomgewichte abgeleitet werden :

Li = 6.939 c1 = 35.454 Ag = 107.871

ljer Wert fiir Silber weicht von den bisher angenommenen, 107.88, urn etwa 1/12000 ab, was wahrscheinlich weniger ist als die gegenwartige Unsicherheit. Der fur Chlor weicht starker ab, niimlich um l/,,,,. Die neuen Zahlen diirfen sicherlich die griifste Be- deutung beanspruchen ; angesichts nber der nusgezeichneten Arbeiten anderer Forscher ware es unvorsichtig, die Tabelle allzu schnell zu andern. Fur Lithium indessen ist der neue Wert 6.94 an Stelle des fruheren 7.00 anzunehmen.

I n ihren Bestimmungen uber das Atomgewicht des Strontiums malsen THORPE und FRANCIS sechs Verhiiltnisse mit den folgeriden Ergebnissen :

2 Ag : SrBr, Sr = 87.645 2 AgBr : SrRr, 87.653 2 A@: : SrCI, 87.642

SrBr, : SrSO, 87.629 SrCI, : SrSO, 87.661

Mittel: 87.646

Strontium.

2AgC1: SrC12 87.646

Zeztsclzr. phys. Ckem. 68 (1910), 575. Journ. Amel-. Chem. Soc. 32, 4. Proc. Roy. Soe. 1910, S3 A.

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Die Autoren nehmen Sr = 87.65 an. RICHARDS hat 87.62. In der Tabelle ist ein Zwischenwert 87.63 angenommen worden.

Phosphor. BAXTER und JONES~ habeii diesen Wert neu be- stimmt. Aus dem Verhaltnis zwischen Silber und Silbertriphosphat finden sie P = 31.043, fiir Ag = 107.88. Die abgerundete Zahl 31.04 ist angenommen.

Vanadium. PRANTL und BLEYER~ finden aus dem Verhaltnis zwischen Vanadylchlorid und Silberchlorid in zwei Versuchsreihen Vd = 50.563 und 51.133. Eine spatere Abhandlung3 ergibt gleich- falls aus der Analyse des Vanadyltrichlorids V = 51.061. Reduk- tionen von V,O, und V,O, ergaben V = 51.374, doch betrachten sie das letztere Verfahren als unsicher. Provisorisch lrann V = 51.06 angenommen werden.

Tellur. NARCKWALD und €4'01~1~~ folgcrn auf Grund eines ziemlich verwickelten Verfahrens, das auf der Oxydation des Tellur- dioxyds durch Kaliumpermanganat beruht, T e = 127.61. Dies stimmt mit mehreren der neueren Bestimmungen dieser Konstante uberein ; tlas Verfahren scheint indessen nicht exakt genug, um eine Anderung der Tabelle zu rechtfertigen.

Rhodium. Zwei Dissertationen uber das Atomgewicht des Rhodium stammen aus GUTBIERS Laboratorium in Erlangen. RENZ reduzierte Rhodiumpentaminbromid in Wasserstoff und fand Bh = 102.92. H. DITTMAR~ fand bei analoger Reduktion des Chlo- rids Rh = 102.93.

Die sehr sorgfaltige Arbeit von ARC HI BALD^ iiber das Atomgewicht des Platins beruht auf Analysen der Chlor- und Brom- platinate des Xaliums und Ammoniums. Insgesanit wurden 28 Ver- haltnisse gemessen, aus denen Werte zwisclien 195.19 und 198.25 fiir Pt folgen. Das arithmetische Mittel ist P t = 195.22. ARCHIBALD benutzt in seiner endgiiltigen Diskussion nur zwolf Verhaltnisse, aus tlenen der Xittelwert Pt = 195.23 folgt. I n die Tabelle ist die Zahl 195.2 aufgenommen worden.

Platin.

Journ. Amer. Chem. Soe. 32, 298. Z. amorg. Chem. 65, 152. Z. anorg. Chem. 67, 257. Ber. deutseh. chern. Gies. 43, 1710. Vg1. BROWXING und FLINT, Jourrt.

Amer. Chiem. Soe. 141 28, 347, wo Hinweise auf die mijglicherweise komplexe Beschaffenheit des Tellurs enthalten sind.

Sitxumgsber. d. phys.-med. Sox,. Erlangem 40, 184. Proc. Roy. SOC. Edinburgh 29, 721.

7 %

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100

Die inerten Gase. WATSON' hat die Dichten und Molekular- gewichte von Helium und Neon neu bestimmt. Als Atomgewichte ergeben sich He = 3.994 und Ne = 20.200. I n einer andeien Ab- handlung wendet er die kritischen Konstanten von Krypton und Neon auf die von MOORE bestimmten Dichten an und findet Kr = 82.92 und Xe = 130.22. Perner haben FISCEER und H A H N E L ~ neue Be- stirnmuugen der Dichte des Argons veriiffentlicht. Ihr Mittelwert, bezdgen auf 0 = 16, ist 19.945; die Zahl ist merklich lioher als die von RAMSAY und TBAVERS und entspricht einem Atomgewicht von A = 39.89.

Es sei ferner bemerkt, dais eirte dritte durchgesehene Ausgabe von CLARKES ,,Recalculation of the Atomic Weightsti neuerlich von tier Smithsonian Institution herausgegeben worden ist.

Die Jahrestabelle der Atomgewichte ist nachstehend gegeben ; sie enthalt nur wenige Anderungen gegeniiber der vorn vorigen Jahr. -

Jounz. Chem. Soc. 97, 810. Journ. Ghem. SOC. 97, 833. Rer. deutsch. chem. Ges. 43, 1433.

CLARKE. TEORPE. OSTWALD. UEBAIN.

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- Ag A1 Ar As Au B Ba Be Bi Br C Ca Cd Ce c 1 c o Cr c s c u

Er Eu F Fe Ga Gd Ge H He

In I r J K Kr La Li Lu

Mn M 0

DY

Hg

Mg

~ 101 ~~

Internationale Atomgewichte 191 1.

Silber . . . Aluminium . Argon . . Amen . . . Gold . . . Bor . . . Barium . . Beryllium . Wismut . . Brom . . . Kohlenstoff' . Calcium . . Cadmium . Cerium . . Chlor . . . Hobalt . . Chrom . . Ciisium . . Kupfer . . Dysprosium. Erbium . . Europium . Fluor . . . Eisen . . . Gallium . . Gadolinium Germanium . Wasserstoff . Helium . . Quecksilber . Indium . . Iridium . . Jod . . . Kalium . . Krypton . . Lanthan . . Lithium . . Lutetium. . Magnesium . Mangan . . Molybdan .

107.88 27.1 39.88 74.96

197.2 11.0

137.37 9.1

205.0 79.92 12.00 40.09

112.40 140.25 35.46 58.97 52.0

132.81 63.57

162.5 167.4 152.0

19.0 55.85 69.9

157.3 72.5

1.008 3.99

200.0 114.8 193.1 126.92

39.10 82.9

139.0 6.94

174.0 24.32 54.93 96.0

N Na Nb Nd Ne Ni 0 0 s P P b Pd Pr Pt Ra Rb Rh Ru S Sb Sc Se Si Sm Sn Sr Ta T b Te T h Ti

T u U V W X Y Yb Zn Zr

Ti

~~

Stickstoff. . Natrium . . Niobium . . Neodymium. Neon . . . Nickel . . SauerstoB . Osmium . . Phosphor . Blei . . . Palladium . Praseodymium Platin . . . Radium . . Rubidium . Rhodium. . Ruthenium . Schwefel . . Antirnon . . Scandium . Selen . . . Silicium . . Samarium . Zirin , , . Strontium . Tantal . . Terbium . . Tellur . . . Thor . . . Titan . . . Thallium . . Thulium . . Uran , . . Vanadium . Wolfram . . Xenon . . Yttrium . . Ytterbium . Zink . . . Zirkonium .

14.01 23.00 93.5

144.3 20.2 58.68 16.000

190.9 31.04

207.10 106.7 140.6 195.2 226.4

85.45 102.9 101.7

32.07 120.2 44.1 79.2 28.3

150.4 119.0

181.0 159.2 127.5 232.4 48.1

204.0 168.5 238.5

87.63

51.06 184.0 130.2 89.0

172.0 65.37 90.6

Bei der Itedaktion eingegangen am 29. Oktober 1910.