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Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017) Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen

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Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Johann Wolfgang GoetheII. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Straßburg (1770/71)

Sturm und Drang

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Friedrich Maximilian Klinger

1752–1831

Wirrwarr

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Genie! Regeln

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Such a Poet [= the Man, who truly and in a justsense deserves the Name of Poet] is indeed asecond Maker: a just PROMETHEUS underJOVE. Like That Sovereign Artist or universalPlastick Nature, he forms a Whole, coherent andproportion’d in itself, with due Subjection andSubordinacy of constituent Parts.

Anthony Ashley Cooper

3rd Earl of Shaftesbury

Soliloquy: or Advice to an author (1709)

Genie! Regeln

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Johann Wolfgang Goethe: Prometheus (nach 1787)

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Friedrich Heinrich Jacobi

1743-1819

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Prometheus ca. 1774

Bedecke deinen Himmel, Zevs,Mit Wolkendunst,Und übe, dem Knaben gleich,Der Disteln köpft,An Eichen dich und Bergeshöhn;Mußt mir meine ErdeDoch lassen stehn,Und meine Hütte, die du nicht gebaut,Und meinen HerdUm dessen GluthDu mich beneidest.

Ich kenne nichts ärmersUnter der Sonn’ als euch, Götter!Ihr nähret kümmerlichVon OpfersteuernUnd GebetshauchEure Majestät,Und darbtet, wärenNicht Kinder und BettlerHoffnungsvolle Thoren.

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Prometheus

Da ich ein Kind war,Nicht wußte wo aus noch ein,Kehrt’ ich mein verirrtes AugeZur Sonne, als wenn drüber wär’Ein Ohr zu hören meine Klage,Ein Herz wie mein’s,Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mirWider der Titanen Übermuth?Wer rettete vom Tode michVon Sklaverey?Hast du nicht alles selbst vollendet,Heilig glühend Herz?Und glühtest jung und gut,Betrogen, RettungsdankDem Schlafenden da droben?

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Prometheus

Ich dich ehren? Wofür?Hast du die Schmerzen gelindertJe des Beladenen?Hast du die Thränen gestilletJe des Geängsteten?Hat nicht mich zum Manne geschmiedetDie allmächtige ZeitUnd das ewige Schicksal,Meine Herrn und deine?

Wähntest du etwa,Ich sollte das Leben hassen,In Wüsten fliehen,Weil nicht alleBlüthenträume reiften?

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Prometheus

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Und unser Aevum?

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Leitbegriffe des Sturm und Drang

Meine grobe Einbildungskraft ist niemalsimstande gewesen, sich einen schöpferischenGeist ohne Genitalia vorzustellen.

An Johann Gottfried Herder, 23. Mai 1768

Johann Georg Hamann1730–1788

Genie vs. Regeln

Natur vs. Kultur

Wirklichkeit vs. Theorie

Leben vs. Lesen

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Johann Gottfried Herder (1744–1802)

Ich gefiel mir nicht, als Gesellschafter weder, indem Kreise, da ich war; noch in der Aus-schließung, die ich mir gegeben hatte. Ich gefielmir nicht als Schullehrer, die Sphäre war fürmich zu enge, zu fremde, zu unpassend, und ichfür meine Sphäre zu weit, zu fremde, zubeschäftigt. Ich gefiel mir nicht, als Bürger, dameine häusliche Lebensart Einschränkungen,wenig wesentliche Nutzbarkeiten, und eine faule,oft ekle Ruhe hatte. Am wenigsten endlich alsAutor, wo ich ein Gerücht erregt hatte, dasmeinem Stande eben so nachteilig, als meinerPerson empfindlich war. Alles also war mirzuwider.

Journal meiner Reise im Jahr 1769

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Johann Gottfried Herder (1744–1802)

Journal meiner Reise im Jahr 1769Ich hätte meine Jahre genießen, gründliche,reelle Wissenschaft kennen, und Alles anwendengelernt, was ich lernte. Ich wäre nicht einTintenfaß von gelehrter Schriftstellerei, nicht einWörterbuch von Künsten und Wissenschaftengeworden, die ich nicht gesehen habe und nichtverstehe: ich wäre nicht ein Repositorium vollPapiere und Bücher geworden, das nur in dieStudierstube gehört. Ich wäre Situationenentgangen, die meinen Geist einschlossen undalso auf eine falsche intensive Menschenkänntniseinschränkten, da er Welt, Menschen, Gesell-schaften, Frauenzimmer, Vergnügen, lieberextensiv, mit der edlen feurigen Neubegierdeeines Jünglinges, der in die Welt eintritt, […],hätte kennen lernen sollen.

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Jean-Jacques Rousseau1712–1778

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Jean-Jacques Rousseau1712–1778

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Jean-Jacques Rousseau1712–1778

… nos ames se sontcorrompuës a mesure quenos Sciences et nos Artsse sont avancés à laperfection.… unsere Seelen sind in demMaß verdorben, in dem unse-re Wissenschaften und unsereKünste zur Vervollkomm-nung fortgeschritten sind.

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

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Erwin von Steinbach

ca. 1244–1318

Und von der Stufe, aufwelche Erwin gestiegenist, wird ihn keiner herab-stoßen. Hier steht seinWerk, tretet hin und er-kennt das tiefste Gefühlvon Wahrheit und Schön-heit der Verhältnisse, wir-kend aus starker, rauer,deutscher Seele, auf demeingeschränkten düsternPfaffenschauplatz desmedii aevi. –

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Als ich das erstemal nach dem Münster ging, hatt’ ichden Kopf voll allgemeiner Erkenntniß gutenGeschmacks. Auf Hörensagen ehrt’ ich die Harmonie derMassen, die Reinheit der Formen, war ein abgesagterFeind der verworrenen Willkürlichkeiten gothischerVerzierungen. [...] und so graute mir’s im Gehen vor’mAnblick eines mißgeformten krausborstigen Ungeheuers.

Mit welcher unerwarteten Empfindung überraschte michder Anblick, als ich davor trat! Ein ganzer, großerEindruck füllte meine Seele, den, weil er aus tausendharmonirenden Einzelnheiten bestand, ich wohlschmecken und genießen, keineswegs aber erkennen underklären konnte.

Das ist deutsche Baukunst, unsre Baukunst,da der Italiener sich keiner eignen rühmendarf, viel weniger der Franzos.

Straßburger Münster1176 – 1439 erbaut

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

›Urhütte‹

Was soll uns das, du neufranzösischer philosophierenderKenner, daß der erste zum Bedürfnis erfindsame Mensch vierStämme einrammelte, vier Stangen drüber verband und Ästeund Moos draufdeckte?

Und es ist noch dazu falsch, daß deine Hütte die erstgeborne derWelt ist. Zwei an ihrem Gipfel sich kreuzende Stangen vornen,zwei hinten und eine Stange querüber zum First ist und bleibt,wie du alltäglich an Hütern der Felder und Weinberge erkennenkannst, eine weit primävere Erfindung, von der du noch nichteinmal Prinzipium für deine Schweineställe abstrahierenkönntest.

Säule ist mitnichten ein Bestandteil unsrer Wohnungen; siewiderspricht vielmehr dem Wesen all unsrer Gebäude. UnsreHäuser entstehen nicht aus vier Säulen in vier Ecken; sie ent-stehen aus vier Mauern auf vier Seiten, die statt aller Säulensind, alle Säulen ausschließen, und wo ihr sie anflickt, sind siebelastender Überfluss. Eben das gilt von unsern Palästen undKirchen. Wenige Fälle ausgenommen, auf die ich nicht zuachten brauche.Marc-Antoine Laugier: Essai sur l’architecture (1753)

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›Urhütte‹

Was soll uns das, du neufranzösischer philosophierenderKenner, daß der erste zum Bedürfnis erfindsame Mensch vierStämme einrammelte, vier Stangen drüber verband und Ästeund Moos draufdeckte?

Und es ist noch dazu falsch, daß deine Hütte die erstgeborne derWelt ist. Zwei an ihrem Gipfel sich kreuzende Stangen vornen,zwei hinten und eine Stange querüber zum First ist und bleibt,wie du alltäglich an Hütern der Felder und Weinberge erkennenkannst, eine weit primävere Erfindung, von der du noch nichteinmal Prinzipium für deine Schweineställe abstrahierenkönntest.

Säule ist mitnichten ein Bestandteil unsrer Wohnungen; siewiderspricht vielmehr dem Wesen all unsrer Gebäude. UnsreHäuser entstehen nicht aus vier Säulen in vier Ecken; sie ent-stehen aus vier Mauern auf vier Seiten, die statt aller Säulensind, alle Säulen ausschließen, und wo ihr sie anflickt, sind siebelastender Überfluss. Eben das gilt von unsern Palästen undKirchen. Wenige Fälle ausgenommen, auf die ich nicht zuachten brauche.

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

›Urhütte‹

Was soll uns das, du neufranzösischer philosophierenderKenner, daß der erste zum Bedürfnis erfindsame Mensch vierStämme einrammelte, vier Stangen drüber verband und Ästeund Moos draufdeckte?

Und es ist noch dazu falsch, daß deine Hütte die erstgeborne derWelt ist. Zwei an ihrem Gipfel sich kreuzende Stangen vornen,zwei hinten und eine Stange querüber zum First ist und bleibt,wie du alltäglich an Hütern der Felder und Weinberge erkennenkannst, eine weit primävere Erfindung, von der du noch nichteinmal Prinzipium für deine Schweineställe abstrahierenkönntest.

Säule ist mitnichten ein Bestandteil unsrer Wohnungen; siewiderspricht vielmehr dem Wesen all unsrer Gebäude. UnsreHäuser entstehen nicht aus vier Säulen in vier Ecken; sie ent-stehen aus vier Mauern auf vier Seiten, die statt aller Säulensind, alle Säulen ausschließen, und wo ihr sie anflickt, sind siebelastender Überfluss. Eben das gilt von unsern Palästen undKirchen. Wenige Fälle ausgenommen, auf die ich nicht zuachten brauche.

Eure Gebäude stellen euch also Flächen dar, die, je weiter siesich ausbreiten, je kühner sie gen Himmel steigen, mit destounerträglicherer Einförmigkeit die Seele unterdrücken müssen!Wohl! Wenn uns der Genius nicht zu Hülfe käme, der Erwinenvon Steinbach eingab: Vermannigfaltige die ungeheure Mauer,die du gen Himmel führen sollst, daß sie aufsteige gleich einemhocherhabnen, weitverbreiteten Baume Gottes, der mit tausendÄsten, Millionen Zweigen, und Blättern wie der Sand am Meer,rings um, der Gegend verkündet, die Herrlichkeit seines Herrn,seines Meisters.

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Charles Batteux1713–1780

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Sie wollen euch glauben machen, die schönen Künste seienentstanden aus dem Hang, den wir haben sollen, die Dinge rings umuns zu verschönern. Das ist nicht wahr!

Die Kunst ist lange bildend, eh sie schön ist, und doch, so wahre,große Kunst, ja, oft wahrer und größer als die Schöne selbst. Denn indem Menschen ist eine bildende Natur, die gleich sich tätig beweist,wann seine Existenz gesichert ist. Sobald er nichts zu sorgen und zufürchten hat, greift der Halbgott, wirksam in seiner Ruhe, umhernach Stoff ihm seinen Geist einzuhauchen. Und so modelt der Wildemit abenteuerlichen Zügen, gräßlichen Gestalten, hohen Farben,seine Cocos, seine Federn, und seinen Körper. Und laßt dieseBildnerei aus den willkürlichsten Formen bestehn, sie wird ohneGestaltsverhältnis zusammenstimmen, denn Eine Empfindung schufsie zum charakteristischen Ganzen.

Diese charakteristische Kunst, ist nun die einzig wahre.

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William Shakespeare

1564 (?) – 1616Rede zum Schäkespear TagFrankfurt/M., 14. Oktober 1771

Wir ehren heute das Andenken des größten Wandrers,und tun uns dadurch selbst eine Ehre an. VonVerdiensten, die wir zu schätzen wissen, haben wir denKeim in uns.

Erwarten Sie nicht, daß ich viel und ordentlichschreibe, Ruhe der Seele ist kein Festtagskleid; undnoch zur Zeit habe ich wenig über Schäckespearengedacht; geahndet, empfunden wenns hoch kam, ist dashöchste wohin ich’s habe bringen können. Die ersteSeite die ich in ihm las, machte mich auf zeitlebens ihmeigen, und wie ich mit dem ersten Stücke fertig war,stund ich wie ein Blindgeborner, dem eine Wunderhanddas Gesicht in einem Augenblicke schenkt.

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William Shakespeare

1564 (?) – 1616Rede zum Schäkespear TagFrankfurt/M., 14. Oktober 1771

Ich zweifelte keinen Augenblick dem regelmäßigenTheater zu entsagen. Es schien mir die Einheit des Ortsso kerkermäßig ängstlich, die Einheiten der Handlungund der Zeit lästige Fesseln unsrer Einbildungskraft.Ich sprang in die freie Luft, und fühlte erst daß ichHände und Füße hatte. Und jetzo da ich sahe wievielUnrecht mir die Herrn der Regeln in ihrem Lochangetan haben, wie viel freie Seelen sich noch drinnekrümmen, so wäre mir mein Herz geborsten wenn ichihnen nicht Fehde angekündigt hätte, und nicht täglichsuchte ihre Türne zusammen zu schlagen.

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William Shakespeare

1564 (?) – 1616

Schäckespears Theater ist ein schöner Raritäten Kasten,in dem die Geschichte der Welt vor unsern Augen andem unsichtbaren Faden der Zeit vorbeiwallt. SeinePlane, sind nach dem gemeinen Styl zu reden, keinePlane, aber seine Stücke, drehen sich alle um dengeheimen Punkt, den noch kein Philosoph gesehen undbestimmt hat) in dem das Eigentümliche unsres Ichs,die prätendierte Freiheit unsres Wollens, mit demnotwendigen Gang des Ganzen zusammenstößt.

Die meisten von diesen Herren, stoßen auch besondersan seinen Charakteren an. Und ich rufe Natur! Natur!nichts so Natur als Schäkespears Menschen. Da hab ichsie alle überm Hals. Laßt mir Luft daß ich reden kann!

Das was edle Philosophen von der Welt gesagt haben,gilt auch von Schäkespearen, das was wir bös nennen,ist nur die andre Seite vom Guten, die so notwendig zuseiner Existenz, und in das Ganze gehört, als Zonatorrida brennen, und Lapland einfrieren muß, daß eseinen gemäßigten Himmelsstrich gebe

Rede zum Schäkespear TagFrankfurt/M., 14. Oktober 1771

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William Shakespeare

1564 (?) – 1616

Das was edle Philosophen von der Welt gesagt haben,gilt auch von Schäkespearen, das was wir bös nennen,ist nur die andre Seite vom Guten, die so notwendig zuseiner Existenz, und in das Ganze gehört, als Zonatorrida brennen, und Lapland einfrieren muß, daß eseinen gemäßigten Himmelsstrich gebe.

Rede zum Schäkespear TagFrankfurt/M., 14. Oktober 1771

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

William Shakespeare

1564 (?) – 1616

Das was edle Philosophen von der Welt gesagt haben,gilt auch von Schäkespearen, das was wir bös nennen,ist nur die andre Seite vom Guten, die so notwendig zuseiner Existenz, und in das Ganze gehört, als Zonatorrida brennen, und Lapland einfrieren muß, daß eseinen gemäßigten Himmelsstrich gebe.

Rede zum Schäkespear TagFrankfurt/M., 14. Oktober 1771

Auf meine Herren! trompeten Sie mir alle edle Seelen,aus dem Elysium, des sogenannten guten Geschmacks,wo sie schlaftrunken, in langweiliger Dämmerung halbsind, halb nicht sind, Leidenschaften im Herzen undkein Mark in den Knochen haben; und weil sie nichtmüde genug zu ruhen, und doch zu faul sind um tätigzu sein, ihr Schatten Leben zwischen Myrten undLorbeergebüschen verschlendern und vergähnen.

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Johann Daniel Bager

1773

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›Ur-Götz‹Frankfurt/M., Herbst 1771

Geschichte Gottfriedens von Berlichingen

mit der eisernen Handdramatisiert

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[...] Sag deinem Hauptmann: Vor Ihro

Kayserliche Majestät, hab ich, wie immer schuldi=

gen Respect. Er aber, sags ihm, er kann mich im

Arsch lecken. (schmeist das Fenster zu.) Dritter Aufzug

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Johann Daniel Bager

1773

Gottfried (Götz) von

Berlichingenum 1480 – 1562

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Gottfried (Götz) von

Berlichingenum 1480 – 1562

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Gottfried (Götz) von

Berlichingenum 1480 – 1562

Meine Rechte, obgleichim Kriege nicht unbrauch-bar, ist gegen den Druckder Liebe unempfindlich.Sie ist eins mit ihremHandschuh, ihr seht, er istEisen.

Erster Aufzug

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Gottfried (Götz) von

Berlichingenum 1480 – 1562

Ach! Schreiben istgeschäftiger Müßiggang,es kommt mir sauer an.Indem ich schreibe wasich getan habe, ärgere ichmich über den Verlust derZeit in der ich etwas tunkönnte.

Vierter Aufzug

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Gottfried (Götz) von

Berlichingenum 1480 – 1562

Jagsthausen

Burg Hornberg am NeckarBurg Hornberg am Neckar

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Götz von Berlichingen

Bischof von Bamberg

Adelbert von Weislingen

Maria (Götz’ Schwester)

Elisabeth (Götz’ Gattin)

Carl (Götz’ Sohn)

Adelheid von Walldorf

Franz (Weislingens Knappe)

Kaiser [Maximilian I.]

Franz von Sickingen

Franz Lerse

Georg (Götz’ halbwüchsiger Gefolgsmann)

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Adelbert von Weislingen

Wäre doch besser gewesen, wenn ich nicht gekommen wäre.

Aber ich will fort – morgen oder übermorgen.

Zweiter Akt

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Adelbert von Weislingen

Wäre doch besser gewesen, wenn ich nicht gekommen wäre.

Aber ich will fort – morgen oder übermorgen.

Zweiter Akt

Adelheid von Walldorf

Die Unternehmungen meines Busens sind zu groß, als daß

du ihnen im Weg stehen solltest.

Vierter Akt

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Adelbert von Weislingen

Wäre doch besser gewesen, wenn ich nicht gekommen wäre.

Aber ich will fort – morgen oder übermorgen.

Zweiter Akt

Adelheid von Walldorf

Die Unternehmungen meines Busens sind zu groß, als daß

du ihnen im Weg stehen solltest.

Vierter Akt

Carl, sein Söhngen

Aber muß dann der Papa ausreiten, wenn’s so gefährlich ist?

Erster Akt

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GÖTZ. Sollten wir nicht hoffen, daß mehr solcher Fürsten aufeinmal herrschen können? daß Verehrung des Kaisers, Friedund Freundschaft der Nachbarn und Lieb der Untertanenkostbarste Familienschatz sein wird, der auf Enkel und Urenkelerbt? Jeder würde das Seinige erhalten und in sich selbstvermehren, statt daß sie jetzo nicht zuzunehmen glauben, wennsie nicht andere verderben.

GEORG. Würden wir hernach auch reiten?

GÖTZ. Wollte Gott, es gäbe keine unruhige Köpfe in ganzDeutschland! wir würden noch immer zu tun genug finden. Wirwollten die Gebirge von Wölfen säubern, wollten unserm ruhigackernden Nachbar einen Braten aus dem Wald holen, unddafür die Suppe mit ihm essen. Wär uns das nicht genug, wirwollten uns mit unsern Brüdern, wie Cherubim mit flammendenSchwertern, vor die Grenzen des Reichs gegen die Wölfe, dieTürken, gegen die Füchse, die Franzosen, lagern und zugleichunsers teuern Kaisers sehr ausgesetzte Länder und die Ruhe desReichs beschützen. Das wäre ein Leben! Georg! wenn manseine Haut für die allgemeine Glückseligkeit dransetzte.

Dritter Akt

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GÖTZ. […] Schließt eure Herzen sorgfältiger als eure Tore. Eskommen die Zeiten des Betrugs, es ist ihm Freiheit gegeben.Die Nichtswürdigen werden regieren mit List, und der Edlewird in ihre Netze fallen. [...] – Gebt mir einen Trunk Wasser! –Himmlische Luft – Freiheit! Freiheit! Er stirbt.

ELISABETH. Nur droben droben bei dir. Die Welt ist einGefängnis.

MARIA. Edler Mann! Edler Mann! Wehe dem Jahrhundert dasdich von sich stieß!

LERSE. Wehe der Nachkommenschaft die dich verkennt!

Fünfter Akt

GÖTZ. […] was soll unser letztes Wort sein?

GEORG. Es lebe die Freiheit!

GÖTZ. Es lebe die Freiheit!

ALLE. Es lebe die Freiheit!

GÖTZ. Und wenn die uns überlebt, können wir ruhig sterben.

Dritter Akt

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ELISABETH. Nimm den Kellerschlüssel und hol vom bestenWein! Sie haben ihn verdient. Ab.

KARL. Ich will mit, Tante.

MARIA. Komm, Bursch! Ab.

REITER. Der wird nicht sein Vater, sonst ging er mit in Stall!

Erster Akt

GÖTZ. […] was soll unser letztes Wort sein?

GEORG. Es lebe die Freiheit!

GÖTZ. Es lebe die Freiheit!

ALLE. Es lebe die Freiheit!

GÖTZ. Und wenn die uns überlebt, können wir ruhig sterben.

Dritter Akt

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KARL. Jaxthausen ist ein Dorf und Schloß an der Jaxt, gehörtseit zweihundert Jahren den Herrn von Berlichingen erb- undeigentümlich zu.

GÖTZ. Kennst du den Herrn von Berlichingen?

KARL sieht ihn starr an.

GÖTZ vor sich. Er kennt wohl vor lauter Gelehrsamkeit seinenVater nicht.

Erster Akt

ELISABETH. Nimm den Kellerschlüssel und hol vom bestenWein! Sie haben ihn verdient. Ab.

KARL. Ich will mit, Tante.

MARIA. Komm, Bursch! Ab.

REITER. Der wird nicht sein Vater, sonst ging er mit in Stall!

Erster Akt

Johann Wolfgang Goethe II. Sturm und Drang (1): Götz von Berlichingen (18. 4. 2017)

Er wetteiferte mit dem Prometheus bildete ihm

Zug vor Zug seine Menschen nach, nur in

kolossalischer Größe; [….].