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Journal MANAGERFORTBILDUNGSPROGRAMM DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR WIRTSCHAFT UND ENERGIE Fit for Partnership with Germany AUSGABE 9 DEUTSCH Im Fokus: Wettbewerb Pilotgruppe aus dem Iran Erfolgreicher Start mit 24 iranischen Führungskräften in Deutschland Seite 12 MP mit China verlängert Bilaterales Programm mit China wird bis 2019 fortgesetzt Seite 5

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JournalMANAGERFORTB ILDUNGSPROGRAMM DES BUNDESMIN ISTER IUMS FÜR WIRTSCHAFT UND ENERG IE

Fit for Partnership with Germany AUSGABE 9DEUTSCH

Im Fokus: Wettbewerb

Pilotgruppe aus dem Iran

Erfolgreicher Start mit 24 iranischen Führungskräften in Deutschland

Seite 12

MP mit China verlängert

Bilaterales Programm mit China wird bis 2019 fortgesetzt

Seite 5

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2 JOURNAL Ausgabe 9 3

Liebe Freundinnen und Freunde des Managerfortbildungsprogramms!IM FOKUS: WETTBEWERB SEITE 30

INHALT EDITORIAL

EDITORIAL 3

NACHRICHTEN 4-8

Zweiter Deutsch-Indischer Lenkungsausschuss 4

10 Jahre MP mit Belarus 5

Bilaterales MP mit China verlängert 5

Georgien: Managerfortbildung besiegelt 6

Nächste Runde für die Mongolei 6

Kontinuität und Veränderungen in Kasachstan 7

Usbekistan: Langer Atem für erfolgreiche Zusammenarbeit 8

MP mit Russland bis 2018 verlängert 8

DEUTSCHLAND 9-19

Mexiko: Pilotprojekt Automotive 9

10. Internationale Partnerkonferenz 10

Iran: Zwischen Tradition und Industrie 4.0 12

8. Unternehmergespräche in Bonn 12

Wissenstransfer praxisnah und facettenreich 13

Indische Solarbranche bereit für den Sprung 14

Das Leader-Ship: „Trimm“ für die Partnerschaft 16

„Das wirtschaftliche Ziel eng mit dem Fortbildungsziel verzahnen“ 17

Personal Recruiting 19

PARTNERLÄNDER 20-29

Mexikanischer Innovationspreis verliehen 20

Fit für das Chinageschäft 20

Belarus: Interviews mit den MP-Partnern 21

Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in Belarus 24

Strategisches Management 26

Ukraine: 15 Jahre Manager- fortbildungsprogramm 27

Traditionen und Innovationen in Zentralasien 28

IM FOKUS 30-44

Im Fokus: Wettbewerb 30

Aktuelle Wettbewerbspolitik in Deutschland 31

Karte: Innovationen und Außenhandel in den MP-Partnerländern 34

Kooperation: Trumpfkarte im Wettbewerb 36

Strategien für Wettbewerb im Handel 38

Wettbewerbsvorteil eProcurement-Lösungen 41

Weniger managen, mehr machen! 42

Ukraine: Zur Innovation inspiriert 44

ALUMNI 45-47

Mexikanische Alumni zu Gast in Hamburg 45

Kirgisistan: „Wichtige Brücken für Deutschland“ 46

Russland: Alumniarbeit in 2017 47

ERFOLGREICHE TEILNEHMER 48-55

Ägypten: Ein Herz schlägt grün 48

Vietnam: Selbständig in der Wirtschaftsberatung 49

Indien: 6.800 Kilometer Bochum – Pune 50

Mexiko: Mexikanischer Honig für Deutschland 51

Russland: „Zusätzliche Türen geöffnet“ 52

China: Biomasse sticht Kohle 53

Mongolei: Neue Drinks 54

Kirgisistan: „Ein Unternehmen darf keinen Stillstand kennen“ 55

FACHTHEMEN 56-59

Cross-Culture oder Interkultureller Brückenbau: Ost und West 56

Die überzeugende Unternehmenspräsentation 58

IMPRESSUM 49 KONTAKTDATEN GIZ 60

Das MP-Jahr 2016 stand erneut im Zeichen des Wachstums und der Jubi-läen. In der letzten Ausgabe hatten wir bereits über den Start des MP mit dem Iran berichtet. Mittlerweile war auch die Pilotgruppe mit iranischen Füh-rungskräften in Deutschland und hat Ende 2016 erfolgreich ihre Fortbildung absolviert.

Grund zur Freude gab es auch in Bela-rus, Deutschland, Russland, Usbekistan und der Ukraine. Dort wurden 2016 „MP-Jubiläen“ gefeiert – mit Unterneh-mern aus Belarus und Usbekistan finden seit zehn Jahren Managerfortbildungen statt, und viele der MP-Teilnehmer füh-ren erfolgreich Geschäfte mit deutschen Unternehmen durch. Im Rahmen des MP „Fit für das Russlandgeschäft“ bereiten sich auch deutsche Manager schon seit zehn Jahren intensiv auf den russischen Markt vor, knüpfen Kontakte vor Ort und bilden strategische Partnerschaften. In der Ukraine feierte das MP im Herbst 2016 sogar den 15. Jahrestag. Über 1.100 Führungskräfte haben am Programm teilgenommen und mit bilateralen Ge-schäften zum Wirtschaftswachstum ihres Landes beigetragen.

Wie wichtig das MP für die einzelnen Partnerländer ist, zeigte sich auf der 10. Internati-onalen Partnerkonferenz in Berlin Anfang Dezember 2016. Ich freue mich, dass fast alle Partner gekommen sind, um sich untereinander auszutauschen und zu vernetzen. Die rege Teilnahme zeigte einmal wieder, wie wichtig diese Treffen sind – nicht nur für neue Partner im Programm. Im Mittelpunkt stand das Thema Innovation, dessen verschiedene Aspekte diskutiert wurden: von Innovationsmanagement über speziell deutsche Innova- tionsstrategien bis hin zur Relevanz für das MP.

Innovationen spielen auch im Wettbewerb eine entscheidende Rolle. Denn um auf dem Markt zu bestehen und Vorteile gegenüber seinen Konkurrenten zu haben, müssen stän-dig neue Entwicklungen her. Und zwar nicht nur in der Produktion selbst, sondern auch im Management, Vertrieb, Personal oder Marketing. Ein funktionierender Wettbewerb ist eine Herausforderung für alle Unternehmen und insbesondere für KMU – in Deutsch-land wie in den meisten MP-Partnerländern. Und dieser sollte nicht unterschätzt werden. Worauf Unternehmen achten sollten, um innovationsfähig zu bleiben, welche Strategien und Erfolgsfaktoren sie nach vorne bringen und wie Kooperationen gerade für KMU ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein können – diesen und anderen Fragen gehen wir im Fokusteil dieser Ausgabe nach, der sich rund um das Thema Wettbewerb dreht.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und Interesse beim Lesen dieser Ausgabe!

Ihr Reimut Düring

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Memorandum of Understanding zur Zu-sammenarbeit bei der Fortbildung von Füh-rungskräften deutscher und chinesischer klein- und mittelständischer Unternehmen.

Das bilaterale Programm geht damit in eine weitere Runde. Seit 2007 werden Manager aus China gezielt auf die Ge-schäftsanbahnung und Wirtschaftskoope-rationen mit deutschen Unternehmen vorbereitet. Deutsche Führungskräfte nehmen seit 2012 im Rahmen des MP „Fit für das Chinageschäft“ an Fortbil-dungen im Reich der Mitte teil.

NACHRICHTEN NACHRICHTEN

4 JOURNAL Ausgabe 9 5

Peking. Das MP mit China wird zunächst bis 2019 fortgesetzt. Das besiegelten am 1. November 2016 Matthias Machnig, Staats-sekretär im Bundesministerium für Wirt-

Minsk. Vor zehn Jahren, im Novem-ber 2006, absolvierten die ersten bela-russischen Führungskräfte ihren einmo-natigen Deutschlandaufenthalt in Berlin – das BMWi-Managerfortbildungspro-gramm mit Belarus war geboren. Gemein-sam mit den damaligen und heutigen bela-russischen Partnern, dem Ministerium für Wirtschaft der Republik Belarus und dem Institut für Business und Manage-menttechnologien (IBMT) an der Bela-russischen Staatlichen Universität, legte die deutsche Seite im Herbst 2006 den Grundstein für ein erfolgreiches bilatera-les Programm. Zehn Jahre später, bis zur Jubiläumsfeier am 23. November 2016, haben 402 belarussische Fach- und Füh-rungskräfte ihre Fortbildung in Deutsch-land absolviert und Kontakte zu zahlrei-chen deutschen Unternehmen aufgebaut.

An der Feier in der Internationalen Bil-dungs- und Begegnungsstätte „Johannes

schaft und Energie, und der Vize-Minister Huai Jinpeng des chinesischen Ministeri-ums für Industrie und Informationstechno-logie. In Peking unterzeichneten beide das

Bilaterales MP mit China verlängert

10 Jahre MP mit Belarus

Neu-Delhi. Am 18. Oktober 2016 trafen sich Vertreter des Bundeswirtschaftsminis-teriums und des indischen Ministeriums für Handel und Industrie in Neu-Delhi, um die Entwicklung der letzten zwei Jahre genauer zu betrachten, Ergebnisse vorzustellen und einen Ausblick auf die kommenden Jahre zu geben. Zusammen mit Repräsentanten der Deutschen Botschaft, der Deutsch-In-dischen Außenhandelskammer und der Germany Trade & Invest nahmen die MP-Durchführer auf deutscher und indi-scher Seite die Zusammenarbeit mit mitt-lerweile über 520 indischen Programmteil-nehmern genauer unter die Lupe.

Abteilungsleiter Shri Atul Chaturvedi im Ministerium für Handel und Indust-rie, Co-Vorsitzender der indischen Seite, würdigte gleich zu Anfang das MP als ein „hervorragendes Mittel, um die Manage-ment-Fähigkeiten der indischen Unter-nehmer zu stärken“. Dies sei natürlich auch ein Gewinn für die „Make in India“-Kam-pagne der indischen Regierung unter Pre-

mierminister Narendra Modi. Seit Ende 2014 unterstützt die Regierung durch diese Kampagne multinationale und nationale Unternehmen dabei, v.a. die Produktion von Gütern in Indien selbst anzuregen oder zu modernisieren. Viele der MP-Teil-nehmer der letzten zwei Jahre nehmen an Projekten der „Make in India“-Kampagne teil. Auch die deutsche Seite sei über die stabile Entwicklung erfreut, berichtete Karl Wendling, der für Indien zuständige Unterabteilungsleiter im BMWi. Die hohe Nachfrage der indischen Seite führe zu vie-len sehr unterschiedlichen Kooperationen zwischen deutschen und indischen Unter-nehmern. Dies bekräftigten auch die indi-schen Partner und betonten, dass das Po-tential für höhere Teilnehmerzahlen oder die Bildung eigener branchenspezifischer Gruppen durchaus gegeben sei.

Erfolgsfaktor Langfristigkeit

Auch die Programmdurchführer aus bei-den Ländern zeigten sich zufrieden. Der

Ein Subkontinent als Partnerland – dies kann durchaus eine Herausfor-derung für die Durchführung und Weiterentwicklung des MP bedeuten. Auf dem zweiten Deutsch-Indischen Lenkungsausschuss seit dem Start des Programms im Jahr 2009 wurde schnell klar, dass diese Heraus-forderung erfolgreich gemeistert wurde und beide Seiten das MP weiter fortführen oder sogar ausbauen möchten.

Make in India – unterstützt mit deutscher Expertise

Zweiter Deutsch-Indischer Lenkungsausschuss Deutschlandaufenthalt löse zuallererst „Veränderungen der Denkweise“ aus, die dann zu Veränderungen im eigenen Ge-schäft führen, sagte Amit Sanghvi von der Confederation of Indian Industry (CII). Stärkere Kundenorientierung, soziale Ver-antwortung als Unternehmer, Innovations-management oder grüne Technologien sind nur einige Beispiele für neue Schwer-punkte in den Unternehmensstrategien ehemaliger Teilnehmer. Das Programm stärkt aber auch ganz konkret die Außen-handelsbeziehungen, wie Sanghvi mit Ex-port- und Importzahlen belegte. Gelunge-nes Best-Practice-Beispiel: Erst am Vortag hatte ein Alumnus eine eigene GmbH in Deutschland eröffnet – ein Schritt, der ohne die Unterstützung des MP kaum möglich gewesen wäre!

Rajpal Singh von der Federation of Indi-an Chambers of Commerce and Industry (FICCI) berichtete über die positiven Er-gebnisse der indischen Unternehmer z.B. in den Bereichen Geschäftsentwicklung, Umsatzsteigerung, Technologietransfer oder Importe aus Deutschland. Er beton-te, dass das Programm vor allem Langzeit- ergebnisse zeige: „Man braucht teilweise fünf bis sechs Jahre, um alle Ideen umsetzen und finanzieren zu können“. Sehr positiv sei, dass das MP die meisten Regionen In-diens erreiche und so auch das Netzwerken der Alumni untereinander befördere.

Reimut Düring, Leiter des Programms bei der GIZ, ordnete das MP mit Indien als eine „stabile und feste Größe“ innerhalb des Gesamtprogramms ein. In Deutsch-land seien die indischen Unternehmer oft besonders engagiert und erfolgreich bei der Anbahnung von individuellen Geschäfts-kontakten.

Auch deutschen Unternehmern soll der Zugang zum indischen Markt erleichtert werden. Von der Initiative „Make in India Mittelstand“ der Indischen Botschaft in Berlin, die deutschen Investoren u.a. in-terkulturelle „Starthilfe“ für den indischen Markt anbietet, berichtete Co-Vorsitzen-der Chaturvedi. Er schlug vor, Synergien zwischen beiden Programmen zu schaffen. Abschließend wurde vereinbart, das MoU 2017 neu zu unterzeichnen und die Zu-sammenarbeit bis 2020, möglichst mit glei-chen Teilnehmerzahlen, fortzusetzen. Des Weiteren soll die Alumniarbeit gestärkt und die Frauenquote bei den indischen Teilnehmern erhöht werden.

Rau“ in Minsk ließen es sich die am Pro-gramm beteiligten Partner, Alumni und Gäste nicht nehmen, die Bedeutung des MP mit Belarus zu würdigen. „Das MP ist ein Leuchtturmprojekt in der wirtschaftli-chen Zusammenarbeit zwischen Deutsch-land und Belarus“, sagte Pe-ter Dettmar, Botschafter der Bundesrepublik Deutsch-land in Belarus. Yildiz Göt-ze, Leiterin des für das MP zuständigen BMWi-Refe-rats, betonte, dass diese Er-folge nur durch langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den belarussischen Partnern zustande kämen. Ganz wichtig seien dabei die stets enga-gierte Akquise von geeigneten Kandida-ten und die sorgfältige Vorbereitung der zukünftigen Teilnehmer. Prof. Wladimir Apanassowitsch, Direktor des IBMT, wies seinerseits auf die wichtige Rolle des belarussischen Alumnivereins für das MP

hin. Die zukünftigen Programmteilneh-mer profitieren von den Erfahrungen der Alumni bei der erfolgreichen Umsetzung ihrer Ziele in Deutschland. Eine vielver-sprechende Strategie in der Alumniarbeit sieht Apanassowitsch in der engen Zusam-menarbeit mit Best-Practice-Teilnehmern, um deren Erfolgsmodelle für andere Ko-operationsprojekte nutzen zu können.

Vor der abendlichen Feier fand am Nach-mittag ein Partnerforum des belarussischen MP-Alumnivereins ABCooperation und des Deutsch-Belarussischen Wirtschafts-clubs (DBWC) statt. Mit belarussischen und deutschen Experten diskutierten die MP-Alumni und Mitglieder des DBWC sehr lebhaft in Arbeitsgruppen, wie sich das Image von belarussischen Unternehmen, auch im Vergleich zu deutschen, positiv auf ihre internationalen Geschäftsbeziehungen

auswirken kann. Die Teil-nehmer waren sich einig, dass vor allem Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Qualität das Unternehmens image prägen und grundlegende Erfolgsfaktoren sind. „Zwi-schenmenschliche Kon flikte

im privaten Umfeld können wir durch emotionale Bindung überwinden“, brachte es Dr. Alexander Knuth von der deutschen Wirtschaftsconsultingagentur Berlin Eco-nomics sinnbildlich auf den Punkt. „In der Geschäftswelt ist es hingegen nahezu unmöglich, einmal verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und ein beschädigtes Image zu reparieren“.

„Das MP ist ein Leuchtturmprojekt in der wirtschaftli-chen Zusammen-arbeit.“Peter Dett mar, Deutscher Botschafter

Mitglieder des zweiten Deutsch-Indischen Lenkungsausschusses in Neu-Delhi

Alumni und MP-Partner bei der Jubiläumsfeier

Matthias Machnig (BMWi) und Huai Jinpeng (MII)

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NACHRICHTEN NACHRICHTEN

6 JOURNAL Ausgabe 9 7

Berlin. Alle Hürden sind genommen: Das MP mit Georgien erhielt am 16. Juni 2016 in Berlin eine offizielle Grund-lage. Nach dem Erfolg der Pilotgruppe in Deutschland Anfang dieses Jahres unterzeichneten die Wirtschaftsminis-

Berlin. Am 21. Juni 2016 trafen Vertreter des BMWi und der Botschaft der Mon-golei zusammen, um die Fortführung des MP mit der Mongolei bis Ende 2019 zu besiegeln. Das Programm läuft bereits seit sieben Jahren, hat mehr als 250 Ab-solventen und wird nach wie vor als ein wertvolles Instrument der bilateralen Zusammenarbeit gesehen. Dies bekräf-tigte Tsolmon Bolor, der mongolische Botschafter in Berlin: „Neben China und Russland, den beiden großen Nachbar-ländern der Mongolei, ist vor allem die EU und hier insbesondere Deutschland wichtiger Handelspartner. Das MP ist eine sehr nützliche Maßnahme zur In-tensivierung der wirtschaftlichen Zusam-menarbeit zwischen unseren Ländern“. Auch Khuyag Ganbaatar, Vizepräsident und Geschäftsführer des Mongolischen Arbeitgeberverbands (MONEF), der das Programm in der Mongolei koordi-niert, zeigte sich euphorisch: „Deutsch-land begleitet die Mongolei seit langem

Georgien: Managerfortbildung besiegelt Kontinuität und Veränderungen in Kasachstan

Nächste Runde für die Mongolei

terien beider Länder das Memorandum of Understanding über die Zusammenar-beit. Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär im BMWi, und die stell-vertretende Wirtschaftsministerin Geor-giens Ketavan Bochorishvili zeigten sich

Uwe Beckmeyer (BMWi) und Ketavan Bochorishvili (Wirtschaftsministerium Georgiens) nach der Unterzeichnung

zuversichtlich, dass das MP die Wirt-schaftsentwicklung des kaukasischen Landes nachhaltig fördern wird. „Hoch-qualifizierte Fachkräfte, die mit moder-nen Managementmethoden vertraut sind, können einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Geor-giens leisten“, sagte Beckmeyer. „Mit der Aufnahme in das Programm wollen wir das Land bei der Annäherung an die EU unterstützen. Darüber hinaus stärken wir die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen“.

Unter den ausländischen Handelspart-nern Georgiens belegte Deutschland 2015 mit einem bilateralen Handelsvolumen von rund 454 Millionen Euro den sechs-ten Platz. Georgien exportiert in erster Linie Lebensmittel, Textilien, Erdöl und Nichteisenmetalle nach Deutschland und kauft dort vor allem Kraftfahrzeuge und Kfz-Teile, Maschinen, chemische Produk-te, Elektronik und Elektrotechnik ein.

auf ihrem Weg zur Marktwirtschaft. Kein anderes Land führt derzeit mit der Mongolei ein bilaterales Programm durch, das so direkt die Privatwirtschaft einbezieht und die deutsch-mongoli-

schen Handelsbeziehungen vorantreibt“. Und Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär im BMWi, lobte das MP insgesamt und unterstrich erneut seine Notwendigkeit.

Das MP mit Kasachstan startet bereits in sein 13. Geschäftsjahr. Seit 2004 haben knapp 600 kasachische Führungskräfte die Fortbildung in Deutschland absolviert. Das Jahr 2016 brachte wieder interessante Höhepunkte, die beides zeigten: Kontinuität und Veränderung.

Astana. Das BMWi setzt das MP mit Ka-sachstan fort, und auch auf kasachischer Seite stellt das federführende Ministeri-um für nationale Wirtschaft Mittel für das eigene Fortbildungsprogramm „Ge-schäftsbeziehungen“ bis 2018 bereit. Es ist dem MP in Deutschland vorgeschaltet. Geplant ist, dass im Rahmen dieses nati-onalen Programms jährlich weiterhin 500 kasachische Führungskräfte aus KMU fortgebildet werden. Unabhängig davon, ob sie sich am Ende für eine Bewerbung um die Teilnahme am MP entscheiden, eignen sie sich wertvolle Kompetenzen für den Geschäftsalltag an. Diejenigen, die gerne für einen Monat nach Deutsch-land kommen möchten, können bereits auf eine spezielle Vorbereitung verweisen, denn das kasachische Programm orien-tiert sich am MP-Kompetenzsystem. Der Name „Geschäftsbeziehungen“ ist der Beleg für die gezielte Förderung interna-tionaler wirtschaftlicher Verflechtungen seitens der Regierung in Astana.

Besiegelt wurde die Verlängerung der Zu-sammenarbeit zwischen dem BMWi und dem kasachischen Wirtschaftsministeri-um wie üblich durch die Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung. Sowohl Dr. Eckhard Franz, Abteilungs-leiter im BMWi, als auch Dr. Albert Rau, Vizeminister für Industrie und neue

Technologien Kasachstans, würdigten auf der Sitzung der Regierungsarbeitsgruppe Handel und Investitionen die Bedeutung des MP: Die Erhöhung der fachlichen, sozialen und interkulturellen Kompeten-zen der kasachischen Manager steigert die Konkurrenzfähigkeit ihrer Unternehmen und schafft vorteilhafte, partnerschaftli-che Beziehungen zwischen den Unterneh-mern beider Länder.

Neue Durchführungspartner

Die Neuerungen im kasachischen Pro-gramm „Geschäftsbeziehungen“ betreffen die Durchführer. Nach einer langjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit mit der

KMU-Förderagentur DAMU erhielt ab dem 1. Januar 2016 eine andere Organisa-tion den Zuschlag für die Durchführung des kasachischen Fortbildungsprogramms und für die Koordination der Zusammen-arbeit mit der GIZ bei der Durchführung des MP. Die 2013 gegründete Nationa-le Unternehmerkammer „Atameken“ (NPP) versteht sich ebenfalls als Inte- ressenvertretung der Wirtschaft des Lan-des. Sie zeichnet für die nichtfinanziellen Förderinstrumente verantwortlich, wozu auch Fortbildungsangebote gehören.

Um möglichst vielen Interessenten den unkomplizierten Zugang zum nationalen Programm „Geschäftsbeziehungen“ zu ermöglichen, wurden die zweiwöchigen Trainings 2016 nicht nur in Astana und Almaty angeboten. Auch in fünf weiteren Städten des Landes machten die Trainer Station.

Der Auftrag für die Koordination der Trai-nings in Kasachstan und die Vorbereitung der Teilnehmerauswahlen für die Fortbil-dung in Deutschland wurde ebenfalls neu ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die Kasachisch-Britische Technische Univer-sität (KBTU), eine international ausge-richtete Hochschule mit Schwerpunkten auch im IT- und Managementbereich. Die GIZ unterstützt ihre neuen Partner nach Kräften. Der Startschuss für die Zu-sammenarbeit fiel im April 2016, als ein Vertreter der NPP seine Landsleute für eine Woche bei ihrer Managerfortbildung in Hamburg begleitete. Mitte Juni fand in Astana ein Workshop mit Vertretern der NPP, der KBTU und der GIZ statt.

Uwe Beckmeyer (BMWi) und der mon-golische Botschafter Tsolmon Bolor (r.) bekräftigen die weitere Zusammenarbeit

Besiegelten die Verlängerung des MP: Dr. Eckhard Franz (3.v.l.), BMWi, und Dr. Albert Rau (2.v.l.), Ministerium für Industrie und neue Technologien Kasachstans

Auftakt: Workshop in Astana mit den neuen Partnern NPP und KBTU

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NACHRICHTEN

8 JOURNAL Ausgabe 9

Wuppertal. Mit 60 Standorten in 23 ver-schiedenen Ländern, über 24.000 Mit-arbeitern und mehr als sechs Milliarden Euro Umsatz ist die Brose GmbH der weltweit fünftgrößte Automobilzulieferer in Familienbesitz. Neben hochwertigen Schließsystemen entwickelt und produ-ziert Brose mechatronische Systeme für Fahrzeugtüren und -sitze sowie elektri-sche Motoren und Antriebe.

In Wuppertal, wo der Produktbereich Schließsysteme ansässig ist, bekamen die mexikanischen Manager zuerst einen Überblick über die mehr als hundertjäh-rige Unternehmensgeschichte und die

Pilotprojekt Automotive

Corporate Identity. Das im Jahre 1908 von Max Brose gegründete Unternehmen legt besonderen Wert auf hohe Quali-tät seiner Produkte und die fortlaufende Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter. Brose ist bereits seit vielen Jahren auch in Mexiko sehr aktiv, der vierte Standort im Land befindet sich derzeit im Aufbau. Daher war der Besuch für die mexikani-sche Automobildelegation nicht nur in branchenspezifischer Hinsicht optimal, sondern förderte auch die deutsch-mexi-kanischen Wirtschaftsbeziehungen. Ein reger Austausch von Visitenkarten unter-mauerte das große Interesse beider Seiten an einem fachlichen Austausch.

Eine Premiere im Rahmen des MP: Im Herbst 2016 nahm erstmalig eine ausschließlich aus Automotive-Vertretern bestehende Gruppe an einer ex-tra auf ihre Branche zugeschnittenen Fortbildung teil. In der letzten Woche ihres Aufenthalts stand für 23 Führungskräfte aus Mexiko ein besonderes Highlight auf dem Programm: ein Unternehmensbesuch bei der Brose Schließsysteme GmbH & Co.

Zehn Jahre MP in Usbekistan und über 380 Kooperationsprojekte mit Deutschland belegen eindrucksvoll, dass die Zusammenarbeit bei der Fort-bildung von Fach- und Führungskräften dauerhaft angelegt ist und allen Beteiligten nützt. Bei der Jubiläumskonferenz wurde Bilanz gezogen und über die strategische Ausrichtung der weiteren Kooperation diskutiert.

Im Anschluss erhielten die Gäste aus Me-xiko eine Werksführung durch die Logis-tik-Abteilung. Hier wurde insbesondere das Just-in-Time-Prinzip der Brose Logistik-kette erläutert. Dies war von besonderem Interesse für die sieben Logistiker innerhalb der Gruppe. Danach gab Rainer Wirths, Leiter Konstruktion Schließsysteme, einen Überblick über die Entwicklungsabteilung in Wuppertal. Die Mexikaner erfuhren, dass es an diesem Standort derzeit drei verschiedene Testgruppen gibt. Auch in-vestiert Brose in besonderem Maße in die Aus- und Fortbildung seiner Mitarbeiter. So gibt es zum Beispiel als Einführung eine „Latch-School“ für neue Mitarbeiter, um die verschiedenen Schließsystem-Typen von Brose kennenzulernen.

Ebenso beeindruckt waren die Mexikaner von dem Benchmarking-System, das einen hohen Stellenwert in Broses Geschäfts-strategie einnimmt. Diese spezifische Me-thode erlaubt es, das aktuelle Geschäfts-umfeld und die Konkurrenzsituation des eigenen Unternehmens zu ermitteln. Hier wurde insbesondere das Bewusstsein der Mexikaner für eine regelmäßige Beobach-tung und Analyse des Marktes und mög-licher Konkurrenten geschärft, und sie erhielten viele Anregungen für eine Um-setzung in ihren eigenen Unternehmen. Einen spannenden Einblick lieferte auch die technische Simulation. In den dazu-gehörigen Versuchsräumen beobachteten die mexikanischen Gäste, wie beispiels-weise der Kontakt der Schließsysteme mit Wasser und Staub verläuft.

Neben dem Besuch bei Brose Schließsyste-me lernten die mexikanischen Führungs-kräfte die deutsche Automobilbranche durch zahlreiche weitere Gruppenbesu-che, Einzeltreffen sowie durch die Teil-nahme an den Messen Automechanika in Frankfurt und IAA in Hannover kennen. Insgesamt wurden durch den Aufenthalt bei 90 Einzeltreffen mit deutschen Un-ternehmen Kooperationen im Wert von 20 Millionen Euro angebahnt. Das Pilot-projekt in der Automotive-Branche erwies sich daher als mehr als erfolgreich.

Franziska Schneider ist seit Anfang 2016 bei AHP International als Fachtutorin für das MP tätig. Zudem ist sie für die Organisation und Durchführung einzelner BMWi-Markterschließungsprogramme verantwortlich und unterstützt amerika-nische Unternehmen beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen nach Europa.

Taschkent. Rustam Chodschijew hat als Erster in Usbekistan die ISO-Norm 50001 für Energiemanagementsysteme in seinem Unternehmen umgesetzt. Hierzu ließ der Abteilungsleiter für Qualitäts-managementsysteme des kommunalen Betriebs UP Raffinerie Buchara sein Un-ternehmen bei der zuständigen Stelle des TÜV Thüringen zertifizieren. Nun erreicht die Raffinerie optimale Produk-tivität bei geringstmöglichem Energieein-

Berlin. Am 24. Juni 2016 unterzeichne-ten der Parlamentarische Staatssekretär im BMWi Uwe Beckmeyer und Alexej Lichatschow, der russische Vize-Minis-ter für wirtschaftliche Entwicklung, das neue Memorandum of Understanding in Berlin. Damit ist die Durchführung des MP mit Russland bis 2018 verlängert. Für einen fachlichen Rahmen sorgte die Sitzung der Deutsch-Russischen Strate-gischen Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen (SAG). Neben bilateralen

Langer Atem für erfolgreiche Zusammenarbeit

MP mit Russland bis 2018 verlängert

satz. Mittlerweile, so der MP-Absolvent, kommen Unternehmensvertreter aus ganz Usbekistan zu ihm, um über seine Erfah-rungen bei der Energieeinsparung und der Implementierung internationaler Stan-dards in Großunternehmen zu erfahren.

Über diese Fortschritte berichtete Chod-schijew während der Feierlichkeiten an-lässlich des zehnjährigen MP-Jubiläums in Usbekistan, das am 17. Juni 2016 im Rah-

men einer Konferenz in Taschkent gefei-ert wurde. Auch andere MP-Absolventen sprachen bei dieser Gelegenheit von ihren Erfolgen: Malika Abduganijewa, Logis-tikmanagerin bei der Inkomconsulting GmbH (siehe auch Ausgabe 3), Alexan-der Wereschtschagin, kaufmännischer Direktor bei Apiteks, und Ruchsora Hu-rutdinowa, Direktorin der Progress En-gineering GmbH.

Jörg Hetsch, Delegierter der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien, leitete eine Podiumsdiskussion zum Thema Wirt-schaftskooperation zwischen Deutschland und Usbekistan. Vertreter der deutschen Unternehmen Güring, CLAAS und Commerzbank, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der Deut-schen Botschaft Taschkent und des Senior Expert Service diskutierten über Chan-cen, Herausforderungen und Motive für die Erschließung des usbekischen Mark-tes. Einigkeit bestand darin, dass nur die Ausrichtung auf eine langfristige Koope-ration in Usbekistan Erfolg hat – bis hin zur Errichtung eigener Produktionsstätten und Gründung von Tochterunternehmen. Der usbekische Markt ist dabei insbeson-dere für Unternehmen interessant, die weltweit agieren und planen, auch andere zentralasiatische Länder sowie China und Afghanistan als Märkte zu erschließen.

Im feierlichen Rahmen der Jubiläumskon-ferenz unterzeichneten Andreas Oberstel-ler, Unterabteilungsleiter im BMWi, und Schawkat Tuljaganow, stellvertretender Minister für Außenhandelsbeziehungen, Investitionen und Handel der Republik Usbekistan auch die MoU-Verlängerung für das Programm bis Ende 2018.

Investitionsvorhaben, der russischen Lo-kalisierungsstrategie und Importsubsti-tution stand eine verstärkte Kooperation in den Bereichen Energie, Umweltschutz sowie Berufs- und Führungskräfteaus-bildung im Fokus des Treffens. Diese Themen finden sich auch in den bran-chenspezifischen MP-Fortbildungspro-grammen sowie Alumniveranstaltungen wieder.

Führungskräfte aus Mexiko bei Brose

DEUTSCHLAND

V. l. n. r.: Alexej Lichatschow (Wirtschaftsminis-terium der RF) und Uwe Beckmeyer (BMWi)

Andreas Obersteller (BMWi) und Schawkat Tuljaganow (Außenwirtschaftsministerium Usbekistans) bei der MoU-Unterzeichnung

Voller Erfolg: Mexikanische MP-Teilnehmer der Automotive-Branche

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DEUTSCHLAND

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Berlin. 18 Jahre – 18 Partnerländer, so könn-te man die Bilanz des BMWi-Managerfort-bildungsprogramms Ende 2016 ziehen. Drei besondere Vorzüge des Programms hob Uwe Beckmeyer, der Parlamentarische Staatssekretär im BMWi, hervor: „Erstens, wir haben gute Partnerstrukturen und sind offen für neue Partner. Zweitens, wir sind erfolgreich, weil wir uns um konkrete Dinge kümmern, und drittens, das MP ist ein Faktor der Stabilität in einem zuneh-mend schwierigen politischen Umfeld“. Auch Yildiz Götze, die im BMWi für das MP zuständige Referatsleiterin, sieht den partnerschaftlichen Ansatz des Programms als einen entscheidenden Erfolgsfaktor: „Den Verdienst daran, dass das MP so gut aufgestellt ist, haben alle, die an diesem Pro-gramm arbeiten – wir in Deutschland und alle Partner in ihren Ländern“. Mit dem MP und Veranstaltungen wie der Partnerkonfe-renz werden Netzwerke geschaffen, die weit über das MP hinausgehen.

Im Mittelpunkt der 10. Konferenz stand das Thema Innovation, ein ganz zentrales Thema des MP – sowohl auf politischer, Unterneh-mens- als auch auf Programmebene. Um die globalen Herausforderungen zu meistern, müssen Innovationen auf allen Ebenen initi-iert werden. „Und dabei geht es nicht nur um Innovationen im Hightech-, sondern auch im Lowtech-Bereich“, sagte Götze.

Innovationen im Fokus

Wolfgang Crasemann, Referatsleiter für In-novations- und Technologiepolitik, stellte

den Unterschied zwischen Forschung und Innovation dar, nämlich einerseits die Pro-duktion von Wissen durch Grundlagen- und angewandte Forschung vorwiegend durch Hochschulen und Forschungsein-richtungen, andererseits den Wissenstrans-fer in den Markt hinein durch neue Pro-dukte, Dienstleistungen sowie neue Prozesse und Systeme. Dabei spielen die deutschen KMU eine herausragende Rolle: Sie können schnell auf Markt- und Kundenbe-dürfnisse reagieren. Cra-semann machte deutlich, wie wichtig es ist, dass die Regierung Rahmen-bedingungen und ein Klima für Innovati-onen schafft, mit eigenen Beispielen, z.B. in der Beschaffungspolitik, voran geht, die Cluster- und Netzwerkbildung fördert und durch Schirmherrschaften für Innovations-cluster Aufmerksamkeit weckt. Viele dieser Maßnahmen sind dabei nicht einmal kos-tenintensiv, sondern benötigen politisches Engagement für ein wichtiges Zukunfts-thema.

Am eigenen Praxisbeispiel stellte Jan Krü-ckemeyer, geschäftsführender Gesellschaf-ter der Reinhard Krückemeyer GmbH & Co. KG, dar, wie in seinem Unternehmen Innovationen initiiert werden. Ausgehend von den Perspektiven des Lieferanten oder des Kunden wird für Innovationen eine Push- oder Pull-Strategie verfolgt, wobei sein Unternehmen die Pull-Strate-

gie präferiert. Diese besteht darin, dass ein Kunde, der für ein Problem eine Lösung sucht, sich damit an den Lieferanten/Her-steller wendet und dieser forscht, wie das Problem effizient gelöst werden kann. Die verschiedenen Innovationsstrategien von Unternehmen lernen die ausländischen

Führungskräfte wäh-rend der Fortbildung in Deutschland von vie-len unterschiedlichen Firmen kennen. Alum-ni aus verschiedenen Ländern berichteten in kurzen Videosequen-zen über wichtige Er-fahrungen während der Fortbildung und vor

allem über die Umsetzung ihrer Projekte, die Initiierung von Innovationen in ihren Heimatunternehmen und die Kooperati-on mit deutschen Firmen.

„Cluster- und Innovationspolitik ist genau das, was wir brauchen und womit wir uns in unserer täglichen Arbeit beschäftigen“, berichtete Olga Badanova, Abteilungslei-terin beim Wirtschaftsministerium der Republik Moldau. Auch andere MP-Part-ner äußerten sich sehr positiv über das Fokusthema der Konferenz. „Besonders nützlich waren die Erfahrungen Deutsch-lands im Bereich Innovationsentwicklung und beim Aufbau von Industrieclustern. Diese beiden Bereiche werden die Priori-täten bei der zukünftigen Managerfortbil-dung bestimmen“, sagte Muhammed Ata-jew, Direktor des Instituts für strategische

Planung und wirtschaftliche Entwicklung Turkmenistans.

Nutzen des Programms und Evaluierung

Am zweiten Konferenztag diskutierten die Vertreter der Partnerländer, des BMWi und der GIZ die in den vergangenen zwei Jahren eingeführten Innovationen im Programm, über erreichte Ergebnisse, den Nutzen des MP für die beteiligten Länder und die wei-teren Perspektiven der Zusammenarbeit. „Die meisten Kontakte sind auf der Ebene der KMU“, unterstrich Oxana Kozlovskaja, Abteilungsleiterin für Wirtschaft bei der ukrainischen Botschaft in Deutschland. „Es ist ein tolles Programm, die Absolventen sind sehr gut qualifiziert.“

„Das MP ist eine Investition, und die ein-gesetzten Mittel sollten nicht als Ausgaben zählen“, gab Dr. Shanti Swaroop Gupta, Senior Development Officer im Depart-ment für Industriepolitik und Entwicklung des indischen Ministeriums für Handel und Industrie, zu bedenken. „Einerseits ist es eine Fortbildung, andererseits leistet es aber einen großen Beitrag zur Gesundung der Volkswirtschaft.“ Diesen Gedanken griff Reimut Düring, GIZ-Programm-direktor, direkt auf. Bei jeder Investition erwarte man einen Return of Investment. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse des MP auf vielen Ebenen evaluiert. Dies könnte auch das Thema einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit den Partnern werden, um die jeweiligen Ergebnisse zu dokumen-tieren und auszutauschen.

„Wo man sich austauscht und zusammenarbeitet, da ist Frieden. Und das ist gut so“, betonte der Parlamentarische Staatssekretär im BMWi Uwe Beckmeyer, als er die 10. Partnerkonferenz des BMWi-Managerfortbil-dungsprogramms eröffnete. Politische Entscheidungsträger und Vertreter der Durchführungsorganisationen aus fast allen MP-Partnerländern versammelten sich Anfang Dezember 2016 in Berlin. Partnerkonferenzen haben sich im Laufe der Jahre zu einem wichtigen Forum entwickelt, das dem gegenseitigen Kennenlernen, der Vernetzung zwischen den Ländern und dem persönlichen Erfahrungsaustausch dient.

10. Internationale Partnerkonferenz

DEUTSCHLAND

„Cluster- und Innova-tionspolitik ist genau das, was wir brauchen und womit wir uns in unserer täglichen Arbeit beschäftigen“. Olga Badanova, Wirtschaftsministerium Moldau

10 JOURNAL Ausgabe 9

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DEUTSCHLAND DEUTSCHLAND

12 JOURNAL Ausgabe 9 13

Weil der Stadt / Ditzingen. Mit über 100 Jahren Tradition ist die Firma Fortuna Spe-zialmaschinen GmbH in Weil der Stadt ein gelungenes Beispiel für den Wandel hin zur Moderne. Sie ist Weltmarktführer für Maschinen zum Spalten und Schärfen von Leder, Kunststoff oder Gummi. Hoch-effiziente Lösungen für die Kartongeträn-keverpackungsindustrie ergänzen das Fir-menportfolio. 90 Prozent Exportanteil und konkurrenzlos gute Maschinen sprechen für sich. Ihr Erfolgsrezept basiere auf einer ausschließlichen Produktion in Deutsch-land sowie einer Belegschaft aus Fach-

Bonn. Zehnjähriges Bestehen feierte 2016 das Programm „Fit für das Russ-landgeschäft“. Mit über 140 Teilnehmern erreichten die 8. Deutsch-Russischen Un-ternehmergespräche im Generalkonsulat der Russischen Föderation erneut einen Teilnehmerrekord. Die KMU-Vertreter kamen nach Bonn, um sich über die ak-tuelle Wirtschaftslage, Auswirkungen der

Dresden. Die Innovationskraft sächsischer Hightech-Unternehmen strahlt seit einiger Zeit bis nach China aus. Im Oktober 2015 besuchten Spezialisten der China Academy of Launch Vehicle Technology (CALT) für mehrere Tage die GICON®-InTraBiD Dresden. Die aus zehn Ingenieuren beste-hende Gruppe interessierte sich vor allem für Präzisionstechnologien, neue Werkstof-fe und die Nutzung erneuerbarer Energien. Bestandteil des Besuchsprogramms waren Termine im Fraunhofer-Institut für Organi-sche Elektronik, Elektronenstrahl- und Plas-matechnik FEP, wo Hightech-Verfahren zur Oberflächenbeschichtung entwickelt wer-den, sowie bei der HTS GmbH in Coswig, die Hochtechnologiesysteme für den Einsatz in der europäischen Raumfahrt präsentierte. Trends in der Entwicklung und Anwendung von hochpräzisen Hydraulikpumpen und -ventilen am Institut für Fluidtechnik der Technischen Universität Dresden stießen bei den Ingenieuren auf so großes Interesse, dass bereits über künftige Weiterbildungsveran-staltungen nachgedacht wird. „Wir möchten dabei gern wieder mit Ihnen kooperieren“, kündigte Delegationsleiter Liu Bo an.

Austausch mit Technologielieferanten

Auch in Russland setzt man auf die Er-fahrungen aus Dresden. Alexander Blit-

und Führungskräften mit firmeneigener Ausbildung, so Eigentümer Tilo Ullmer. Zudem sieht er in seiner Rolle als Inhaber mit umfassender Verantwortung eindeuti-ge Vorteile gegenüber fremd eingesetzten Geschäftsführern. Das schaffe Vertrauen beim Kunden und somit die Möglichkeit, mit den hochwertigsten und teuersten Pro-dukten im Markt zu bestehen. Diese Er-gänzung zum Managementthema „Global Business Process Management“ war für die Teilnehmer eine wichtige Erfahrung. Eini-ge von ihnen haben auch direkt ein baldiges Wiedersehen in Teheran vereinbart. Ganz

kin, Fachmann für Betriebsnetze beim russischen Unternehmen EvroSibEnergo, äußerte sich nach einem einwöchigen Trai-ning zum Thema Abwasserwirtschaft sehr zufrieden: „Naturgemäß ähneln sich die Technologien in Deutschland und Russ-land. Daher nehme ich viele technologi-sche Anregungen und Optimierungsmög-lichkeiten mit.“ Blitkin lernte nicht nur das System der Dresdner Abwasserwirtschaft kennen, sondern profitierte darüber hin-aus von den Erfahrungen der gesamten GICON®-Firmengruppe auf diesem Gebiet. Der Ingenieurdienstleister aus Dresden, zu dem auch die GICON®-In-TraBiD gehört, ist ein Zusammen-schluss unabhängiger Engineering- und Consultingunternehmen. Darüber hinaus zählen Anlagen-bau, Engineering-Maßnahmen im Energie- und Umweltbereich sowie Forschung & Entwicklung zu den Leistungsgegenständen des Unternehmens.

GICON®-InTraBiD vermittelt Wissen und Businesskontakte

Markenzeichen des Dresdner Fortbil-dungszentrums sind der Wissens- und Erfahrungstransfer, kombiniert mit Fach-exkursionen. Damit werden kolumbiani-

konkret entstand ein Kooperationskontakt zu einem iranischen Partner eines Teilneh-mers, der solche Spezialmaschinen schon lange sucht. „Ich bin wirklich glücklich über den Besuch bei Fortuna. Die Kom-petenz der Firma hat mich sehr überzeugt, und ich habe für einen meiner Geschäfts-partner einen direkten Kontakt hergestellt. Er wird bei allernächster Gelegenheit eine Fortuna-Maschine kaufen“, sagt Abdolreza Mohammadpour, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der iranischen Firma Farassan.

Mit ihren wegweisenden Entwicklungen spielt die Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH in Ditzingen eine wichtige Rolle beim höchst aktuellen Thema „Industrie 4.0“. So verwundert es nicht, dass das The-ma Innovations- und Lean Management zur IT-Vernetzung von Produktion und Service ein wichtiger Bestandteil des Un-ternehmensbesuchs war. Aber auch der Rundgang durch das Vorführzentrum be-eindruckte die Iraner sehr, insbesondere die Präzision der Fertigung. Der Besuch des firmeneigenen Trumpf-Museums mit Dar-stellungen historischer Meilensteine und technischer Highlights schlug einen gelun-genen Bogen zurück zur Tradition.

sche Repräsentanten von Kommunen und Universitäten, die sich für ein nachhaltiges Abfallmanagement interessieren, ebenso angesprochen wie die chinesischen Inge-nieure der CALT. Seit 2014 – damals er-hielt das Fortbildungszentrum auch den Zuschlag für die praktische Umsetzung des BMWi-Managerfortbildungsprogramms – bieten die Dresdner Managern und Füh-rungskräften ein facettenreiches Angebot in Sachen Fortbildung und Internationa-lisierung von Geschäften. Interessenten im In- und Ausland können dabei auf die jahrelangen interkulturellen Erfahrungen des Teams, enge Verbindungen zu instituti-onellen Partnern der Wirtschaftsförderung sowie auf die Kontakte der GICON-Fir-mengruppe zurückgreifen. Die Teilnehmer erhalten auf diese Weise nützliche Einblicke in deutsche Unternehmen, Institutionen und Kultur. Die Seminare vermitteln Wis-sen, Fähigkeiten und Kontakte, um auslän-dische Führungskräfte auf internationale Geschäftsbeziehungen vorzubereiten sowie Innovationen und Veränderungen in ihren Unternehmen anzustoßen. Dazu gehören auch Fachübersetzungen und Dolmetscher-leistungen. Eine anschließende individuelle Unterstützung ehemaliger Teilnehmer bei der Vertiefung von Geschäftskontakten ist selbstverständlich. Und natürlich können auch Alumni des Managerfortbildungspro-gramms auf Nachfrage von maßgeschnei-derten Programmen profitieren.

Die ersten Teilnehmer aus Iran waren Ende 2016 zur Managerfortbildung in Deutschland. Neben fachlichen Seminaren standen Unternehmensbesuche bei traditionsreichen deutschen Firmen auf dem Programm, die sich durch innovatives Management auf dem Weltmarkt behaupten.

Die GICON®-International Training und Business Development GmbH (GICON®-InTraBiD) mit Sitz in Dresden gehört zu den 13 Fortbildungs-zentren des MP und vermittelt ausländischen Führungskräften in ihren vier Deutschlandwochen Managementkompetenzen und Praxiswissen deutscher Unternehmen. Doch auch nach der Zeit in Deutschland können MP-Alumni das vielfältige Angebot des Dresdener Fortbildungszentrums nutzen und von maßgeschneiderten Weiterbildungen profitieren.

Zwischen Tradition und Industrie 4.0

8. Unternehmergespräche in Bonn

Wissenstransfer praxisnah und facettenreich

Rüdiger Focks ist seit 2013 bei den Carl Duisberg Centren als Projektmanager für die Geschäftsfeldentwicklung Inter-national sowie für die Organisation und Umsetzung des MP zuständig.

EU-Sanktionen und mögliche Lösungen zu informieren. Das MP bleibe eine stabile Säule für Wirtschaftskooperationen zwi-schen Russland und Deutschland, unter-strichen Generalkonsul Wladimir Sedych, Wolfgang Hombrecher vom BMWi und Alexej Bunkin vom Föderalen Ressourcen-zentrum Moskau. Daher zog sich eine Frage wie ein roter Faden durch alle Vorträge und Podiumsdiskussionen: Welche Lösungsan-sätze können unter den aktuellen Rahmen-bedingungen die Wirtschaftsbeziehungen nachhaltig stärken?

Über die Wirtschaftslage in Russland und ihre Auswirkungen auf die deutsche Wirt-schaft berichtete Dr. Andrea Gebauer vom Russland Kompetenzzentrum Düsseldorf der IHK Düsseldorf. Die Rezession hielte

zwar an, doch zeichne sich langsam eine Stabilisierung ab, war ihr Fazit. Dazu trage unter anderem auch der stabilere Ölpreis bei, der die Talfahrt des Rubels abmildert. Prof. Dr. Andreas Knaul von Rödl & Part-ner Moskau zeigte in seinem Vortrag über Sanktionen und Importersatz „Spirale nach unten oder Lösung?“ zukunftsorientierte Ansätze für Wirtschaftskooperationen im Bereich Import- und Investitionssubventio-nen auf. Aus der makroökonomischen Sicht habe der Staat die Bringverantwortung bei Strukturreformen sowie Investitions- und Wirtschaftsförderungsmaßnahmen. Falk Tischendorf von Beiten Burkhardt in Mos-kau hob die Vorteile von Lokalisierung und Importsubstitution für KMU in russischen Regionen hervor.

•Dresden

International Training and Business DevelopmentIn

Zu Besuch bei Fortuna Spezial-maschinen in Weil der Stadt

Fortbildungsteilnehmer in Dresden

Wladimir Sedych bei den Deutsch-Russischen Unternehmergesprächen

Technische Highlights: Werkzeugmaschinen der Firma Trumpf

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DEUTSCHLAND

14 JOURNAL Ausgabe 9 15

DEUTSCHLAND

Kiel. Erneuerbare Energien sind in Schles-wig-Holstein keine Nischenbranche. Das norddeutsche Bundesland setzt schon seit vielen Jahren auf den Trend der erneuerba-ren Energien. Über 2600 Unternehmen haben hier mit der Energiegewinnung aus Wind, Sonne, Biomasse, Erdwärme oder Wasserkraft zu tun. So konnten sich die indischen MP-Teilnehmer ein Bild vom Vorsprung bei erneuerbaren Energien in

Indiens Energiebedarf wird sich bis 2035 mehr als verdoppeln, behauptet die Studie des britischen Ölmagnaten BP Energy Outlook. Der Zuwachs gehört damit zu den höchsten weltweit. Versorgungslücken sollen nach Regierungsplänen Kohlekraft und erneuerbare Energien schließen. In-vestitionen in Projekte zur alternativen Energiegewinnung sind kräftig im Aufwind. Diese und andere Themenfelder waren für 19 Führungskräfte aus Indien hoch aktuell, die im September 2016 eine Managerfortbildung zum Thema erneuerbare Energien, finanziert von der BMWi-Exportinitiati-ve Energie, an der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein absolvierten.

Kompetenzzentrum Windenergie boten den MP-Teilnehmern eine Plattform mit einem starken Umfeld für Investitionen in der Windenergiebranche.

Den Startschuss der Fortbildung für in-dische Gäste gab eine Expertenrunde mit zahlreichen Unternehmensvertretern der Branche in der international renommier-ten Wirtschaftskanzlei Graf von West-phalen in Hamburg. Eingeladen dazu hatte das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg/Schleswig-Holstein. Das Im-pulsreferat von Dr. Ritesh Rajani zu bi-lateralen Investitionsmöglichkeiten, über zunehmende deutsch-indische Joint-Ven-tures sowie eine umfassende Expertise im Bereich des deutsch-indischen Rechtsver-kehrs stimmte die Teilnehmer auf ihre ge-schäftlichen Aktivitäten ein.

Eine anregende Diskussion ergab sich beim Besuch des Windkraftanlagenher-stellers Senvion GmbH in Husum, denn auch im internationalen Windkraft-geschäft spielt Indien eine bedeutende Rolle. Investoren hatten Ende 2015 circa 25,1 GW an Windkraftanlagen instal-liert. Das Repowering verspricht gute Geschäftschancen. Immer mehr Offshore Windparks entstehen auf dem Reißbrett. Indien lag mit einem Weltmarktanteil von 5,8 Prozent an vierter Stelle. Der Zubau dürfte sich bei drei bis fünf GW jährlich einpendeln. „Und unsere Windkraft-märkte sind regional organisiert“, erklärte MP-Teilnehmer Vijay Madhusudan.

Wachstumsmotor Solarbereich

Die Solarbranche entwickelt sich rapi-de zum neuen Favoriten der indischen

Energie wirtschaft. Dort entsteht derzeit einer der weltweit attraktivsten Märkte für Photovoltaik (PV). Die National Solar Mission hat bis 2022 einen Kapazitätsaus-bau von fünf auf 100 GW zum Ziel. „Wir sind auf der Suche nach energieeffizienten Lösungen im Solar-/PV-Bereich und bei Thermalsystemen“, sagte Dr. Vimal Eswarlal vom Top-Management der indischen Fir-ma Mangla Smart Energy Solution.

Deshalb wurden die Messestände von Sun Energy und Solar World bei der Hambur-ger Wind-Energy regelrecht umlagert – denn 70 Prozent der Teilnehmer sind in diesem Segment tätig. In einer Podiumsdis-kussion tauschten sie sich lebhaft darüber aus, dass in- und ausländische Firmen der-zeit vor allem in große Freiflächenanlagen

Harishankar Balaji ist Eigentümer und Geschäftsführer von V.D. Swami and Company, für die 100 Mitarbeiter im Einsatz sind. Bereits in Indien hatte Balaji ganz konkrete Vorstellungen davon, was er sich von seiner Fortbildung in Deutschland versprach, denn sein Unternehmen vertreibt die neuesten Technologien der erneuerbaren Energien auf dem indischen Markt. Diese suchte er nun in Deutschland. Er setzte sich in Indien bereits intensiv mit dem

deutschen Markt auseinander und fand einige Unternehmen, die seinen Bedürfnissen entspra-chen, u.a. Torqeedo GmbH in München. Diese Firma ist weltweiter Marktführer im Bereich der Elektromobilität und fokussiert sich auf den Einsatz erneuerbarer Energien in der Schifffahrt mit einem Schwerpunkt auf kleinmotorige Boote. Als Balaji in Deutschland ankam, hatte er bereits Kontakt mit Torqeedo GmbH aufgebaut und einen Unternehmensbesuch im Vorfeld vereinbart. Schon in den ersten zwei Wochen hatte er die Grundlagen für einen Vertrag gelegt, der demnächst unterzeichnet werden sollte.

Pratiek Parasmal Sanklecha ist Inhaber und Geschäftsführer des in-dischen Kleinunternehmens Sanklecha Tradelink Com-pany mit 30 Mitarbeitern. Das Unternehmen vertreibt Solar- und PV-Anlagen.

Beratung und Montage der Anlagen gehören ebenso dazu wie Service und Wartung. Das Unternehmen ist bereits 65 Jahre am Markt. Sanklechas Aufgabe in Deutschland bestand in der Selektion von Unternehmen, Produkten und dem Einkauf von Waren. Sein Wunsch ist, seinen heimischen Kunden die neuesten und besten Modelle im Bereich Solar Panels vorzustellen. Hierbei war er insbesondere an Modellen inte- ressiert, die sich noch in der Pilotphase befinden oder nur als Prototyp vorliegen. Sanklecha hat bereits von Indien aus deutsche Unternehmen kontaktiert, die Prototypen in diesem Segment entwickelt haben, z.B. Heliatek GmbH und Heliocentris Energy. Interessant waren für ihn Produkte, die demnächst Marktreife erreichen sollten. Weiterhin wollte er gebrauchte Maschi-nen nach Indien importieren. Auch in diesem Bereich hat er erfolgreiche Gespräche führen können (J. v. G. Thoma GmbH). Derzeit befindet er sich mit diesen Unternehmen in der Phase der Vertragsverhandlungen.

investieren. Große Potentiale liegen auch bei Dachanlagen. Allerdings gibt es immer noch Schwächen beim Stromnetz, vor al-lem fehlen Fachkenntnisse. „Die heimische Solarindustrie ist kaum entwickelt. Deut-sche Solarfirmen haben sehr gute Chan-cen“, ergänzten Harishankar Belaji und Ashwin Dhanotiya. Die Erzeugung und Netze können dem steigenden indischen Strombedarf nicht standhalten, waren sich die Teilnehmer einig. Regenerative Quel-len müssen künftig eine deutlich wichtigere Rolle im Energiemix des Landes spielen. „Die hohen Ziele, die wir uns sowohl für die Wind- als auch für die Solarstromer-zeugung setzen, können wir nur erreichen, wenn gleichzeitig geplant wird, die maro-den Netze für die neuen Anforderungen fit zu machen“, konstatierte Anu Asar.

Fokus Waste-Management

Auch das eng damit verwandte Thema Abfallmanagement erfreute sich eines großen Interesses. Die thermische Ab-fallverwertung der Müllverbrennungsan-lage Kiel, eine der modernsten Anlagen Europas, faszinierte die indischen Gäste. Während der Betriebsbesichtigung konn-ten sie die unterschiedlichen Schritte der Müllverwertung erleben. Hierzu zählen nicht nur die Spaltung der Bestandteile, die Trocknung, die Müllvergasung und die anschließende Verbrennung, son-dern auch der Kontrollraum und die von Menschen geführte Müllhebelarmkabine. Darüber hinaus schilderte der Geschäfts-führer Dr. Frank Ehlers die einstigen Konflikte mit der Kieler Bevölkerung, die sich gegen eine Eröffnung einer Müll-verbrennungsanlage in der Innenstadt wehrte. Hierbei ging er insbesondere auf die Befindlichkeiten der Bevölkerung ein,

die inzwischen die Präsenz der Müllanlage in ihrer „Mitte“ akzeptiert hat. Diese Ak-zeptanz resultierte aus dem ökologischen Umgang mit dem Müll.

Im Verlauf des Programms besuchte Claudia Raschke von der BMWi-Export-initiative Energie (Global Solutions Made in Germany), die diese Fortbildung finanziert, die Teilnehmer und erleb-te eine hoch motivierte und sehr aktive Gruppe. Raschke stellte die Aktivitäten der Exportinitiative vor und gab einen Überblick über die Projektentwicklungs-programme. Am Ende der Fortbildung präsentierten die Teilnehmer ihre Er-gebnisse im Bundeswirtschaftsministe-rium auf Einladung des BMWi und der Export initiative Energie.

Norddeutschland machen. Sie selbst re-präsentieren klein- und mittelständische Unternehmen aus der Bereichen Solar/Photovoltaik, Windenergie und Abfall-wirtschaft. Ein breitgefächertes Angebot von Unternehmensbesuchen, on top die Wind-Energy Messe Hamburg und das Forschungszentrum Deutsches Elektro-nen-Synchrotron DESY sowie eine Be-gegnung mit dem Forschungsnetzwerk im

Indische Solarbranche bereit für den Sprung

Marlies Riemer-Lange ist Projektleiterin an der WAK SH GmbH und dort zuständig für internationale Projekte. Die gelernte Dipl.-Kauffrau leitet und verantwortet die Durchführung des MP an der WAK.

Exportinitiative Energie

Die Exportinitiative Energie richtet sich vor allem an kleine und mittlere Unternehmen, die Energielösungen im Bereich erneuerbare Energien, Energieeffizienz, intelligente Netze und Speichertechnologien anbieten. Mit dem Programm unterstützt das BMWi diese Unter-nehmen bei der Erschließung neuer Märkte im Ausland – mit dem Ziel, deutsche Energietech-nologien weltweit stärker zu verbreiten. Um den Export von kompletten Energielösungen besser unterstützen zu können, wurden die bisherigen Exportinitiativen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz zur Exportinitiative Energie zu-sammengelegt und thematisch erweitert.

Indische Führungskräfte besuchen die Müllverbrennungsanlage in Kiel

MP-Teilnehmer beim Besuch der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V.

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DEUTSCHLAND DEUTSCHLAND

16 JOURNAL Ausgabe 9 1717

Das Leader-Ship:

„Trimm“ für die Partnerschaft

„Das wirtschaftliche Ziel eng mit dem Fortbildungsziel verzahnen“

Stellen Sie sich vor, Sie wagen sich in einem kleinen Segelboot über ein riesiges Meer. Unvorstellbar? Seit Jahrtausenden wagen das Menschen immer wieder aufs Neue. Stellen Sie sich vor, Sie machen ein ganzes

Unternehmen fit für die Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen, die sich jenseits eines „großen Teiches“ befinden. 19 tunesische Geschäftsführer und Führungskräfte wollten das wissen und stellten sich der Herausforderung.

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim gehört seit Anfang 2016 zu den 13 ausgewählten Fortbildungszentren, die im Rah-men des MP die Fortbildung in Deutschland durchführen. Auf unsere Fragen zu ihrem Start im Programm antworteten Katrin Cerquera und Manuel Lauer.

Hamburg. Will man sein Unternehmen „fit for Partnership“ mit internationalen Akteuren machen, kommt Ähnliches wie beim Segeln auf einen zu: Vor dem Wag-nis „Klar-Schiff “ machen und während der Reise vieles ganz anders angehen als gewohnt. Die gute Nachricht: Man kann dabei auf eine ganze Mannschaft bauen. Aber wie führt man diese Mannschaft? Welche Führung entspricht heute in mo-dernen deutschen Unternehmen dem Stand der Zeit und wieweit sollte man sei-nen Führungsstil daran anpassen?

Wer sich aufs hohe Meer begibt, muss zu-nächst einmal umlernen, oder noch bes-ser: bisher gewiss Geglaubtes hinter sich lassen. Die moderne englische Sprache hat einen Ausdruck dafür gefunden:

Unlearning

Sich über Managementmethoden zu in-formieren bedeutet zu lernen. Und die-ses Lernen muss passend für die jeweilige Herausforderung sein. Schulbücher oder Managementwälzer helfen eher wenig: Unser Lernen verändert sich im Laufe der Zeit. Wir lernen zu lernen, neue Lern-muster lösen die alten ab. Zunächst – bis

in das Kleinkindalter – ist Lernen spiele-risch. Wir sind experimentierfreudig und neugierig, probieren lieber aus, als uns die Dinge erklären zu lassen. In der Schule nehmen wir dann Wissen auf, bis wir in der Pubertät beginnen, stärker zu hin-terfragen, auszuwählen, uns auch mal zu verweigern. Diese Muster unterscheiden sich nicht grundlegend bei Menschen, die in Tunesien oder in Deutschland groß geworden sind. Dann, wenn wir eine Aus-bildung oder beispielsweise ein ingenieur-wissenschaftliches Studium durchlaufen, bedeutet Lernen, komplexe Probleme zu lösen.

All diese Lernmuster helfen uns weiter. Aber sie sind nicht genug, wenn wir uns auf den Weg über den großen Teich ma-chen. Dort werden ganz andere Heraus-forderungen an uns gestellt. Auf hoher See bestimmen Wind und Wellen, was wir lernen müssen. Vieles von dem, was an Land gilt, muss sprichwörtlich über Bord. Im Management eines mittelstän-dischen Unternehmens ist das nicht an-ders. Das Unternehmen lässt sich nur auf moderne Partnerschaften einstellen, wenn das Management in der Globalen Wirt-schaft angekommen ist. Und das bedeu-

tet gerade nicht, einen einseitigen Fokus auf Micro-Management oder technische Problemlösungen zu haben. All das ist wichtig. Aber es muss noch etwas Anderes hinzukommen: die Perspektive der Ent-wicklung.

Wer sich als Manager oder Geschäftsführer weiter entwickeln möchte, kann dies nicht alleine tun. Er muss das ganze Unterneh-men im Blick haben. Weiterentwicklung bedeutet Lernen in einer ganz neuen Per-spektive. Ein defizitorientiertes Problem-lösen wird durch eine chancenorientierte Entwicklungsperspektive ergänzt. Das hat weitreichende Konsequenzen, die am deutlichsten in der Mitarbeiterführung zu Tage treten. Wohlgemerkt, am deutlichs-ten, aber nicht nur dort.

Management und Leadership

Es kommt nicht von ungefähr, dass ein moder-ner Führungs-ansatz durch die Unterscheidung

zwischen „Management“ und „Leader- ship“ gekennzeichnet wird und aus den angelsächsischen Sprachräumen stammt. „Management“ bedeutet in diesem Sinne das eher klassische Führungsverständ-nis: Eine Führungskraft muss in der Lage sein, klare Anweisungen zu geben, genau nachzuhalten, Leistung zu beurteilen und Feedback dazu zu geben. Problemlösung unterstützt Mitarbeiter, wo es nötig ist. „Leadership“ bedeutet hingegen, kompe-tenzorientiert zu delegieren. Das heißt, Mitarbeitern weitreichende Verantwor-tungen zu übertragen und sie durch Füh-rungs-Coaching in ihren Kompetenzen zu entwickeln. Darüber hinaus blickt „Leadership“ in die Zukunft, sieht das eigene Unternehmen verantwortungsvoll in einen Gesamtzusammenhang aus Part-nerschaften eingebettet und fußt dabei auf einer transparenten Werteorientierung.

Wie beim Lernen, löst das Eine nicht das Andere ab, sondern erweitert, ergänzt, ba-lanciert. Management UND Leadership:

Das Unternehmen wird zum „Lernenden Unternehmen“.

Loslassen lernen

Einen großen Schritt auf der Reise mit dem Leader-Ship hatten die tunesischen Teil-nehmer bereits gemacht. Als Teilnehmer eines mehrwöchigen Programms mussten sie zwangsläufig delegieren, damit „der Laden auch ohne sie läuft“. Der Austausch der Teilnehmer untereinander dazu – die partnerschaftliche Entwicklung – war ein Meilenstein auf dem Weg zum Lernenden Unternehmen: Sie erfuhren voneinan-der, wie auch sehr verantwortungsvolle Aufgaben delegiert werden können. Und auch wichtiges „Unlearning“ hatte bereits stattgefunden: Durch das Loslassen von Aufgaben häuften sich die Probleme nicht an. Im Gegenteil: Die – zum Teil sehr un-terschiedlichen – Organisationen haben sich zu mehr Eigenständigkeit entwickelt. Für die Geschäftsführer und Manager eine ganz wesentliche Erfahrung, denn

Manager

• Anweisen• Nachhalten• Feedback• Mitarbeiter unterstützen• Probleme lösen• Planen und Budgetieren• Organisieren und Einsatz planen• Kontrollieren• Berichten

Führungskraft

• Gibt Vision und blickt in die Zukunft• Versammelt die Mitarbeiter hinter

gemeinsame Ideen• Inspiriert und motiviert• Befähigt Menschen und die Organisation• Schafft bzw. beeinflusst die Kultur• Entwickelt und coacht die Schlüsselpersonen• Reflektiert über das eigene Verhalten• Bildet Netzwerke

nun haben sie die Gelegenheit, sich mehr um die zukunftsorientierten Aufgaben wie das Schmieden von Partnerschaften zu kümmern. Und da bringen die tunesi-schen Teilnehmer in der Tendenz beson-dere Fähigkeiten mit. Denn was deutsche Unternehmen definitiv von tunesischen Geschäftspartnern lernen können: All bu-siness is people business. Geschäfts-Part-nerschaft ist in erster Linie Partnerschaft, und die beginnt beim Gegenüber, beim

Menschen. Und diese Einstellung ist in der Tat in besonderer Weise in der tunesi-schen Landeskultur verankert.

Dr. Peter Belker, Betriebswirt und Coach, ist seit 2015 als freier Trainer für die Akademie International, ein Geschäftsbe-reich der Akademie für Führungskräfte, tätig. Sein beraterischer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von erfahrenen Führungskräften und Geschäftsführern, die im internationalen Umfeld arbeiten.

GIZ: 2015 hat sich Ihr Fortbildungszent-rum erfolgreich an der Ausschreibung für die Durchführung des MP beteiligt. Wie haben Sie von dem Programm erfahren?Katrin Cerquera: Wir bieten für die GIZ schon seit vielen Jahren Weiterbildungs-programme an. Da ein vorangegangenes Programm ausgelaufen ist, hatten wir die Ausschreibungen im Blick und haben so von dem MP erfahren.

Von welchen Motiven und Vorstellungen haben Sie sich damals leiten lassen?Cerquera: In den letzten Jahren waren wir an GIZ-Programmen beteiligt, die makroökonomisches Wissen vermittelt haben. Dabei haben wir die Weiterbildun-gen konzipiert und begleitet. Die Semina-re und Trainings haben unsere Kollegin-nen und Kollegen am Institut gehalten. Am MP haben uns die Management- und interkulturellen Themen besonders ge-reizt, da wir selbst in diesen Feldern unsere Expertise als Tutoren und Trainer einbrin-gen können.

Warum passt das Programm gut in Ihr Portfolio?Manuel Lauer: Das ZEW hat langjährige Erfahrung in der Weiterbildung auslän-discher Fach- und Führungskräfte. Die

s

Katrin Cerquera ist Projektleiterin im Bereich Wissenstransfer & Weiterbildung mit Schwer-punkten im Bereich Kommunikation, Präsen-tation und Moderation. Sie studierte Internati-onale Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Fernost an der Hochschule Furtwangen und der Northwest University Xi’an (China).

Der Regionalwissenschaftler Manuel Lauer ist Referent und Projektleiter für den ZEW-Bereich „Internationale Qualifizierungsprogramme“. Er studierte Wirtschaft, moderne Sinologie und Politikwissenschaft an der Universität zu Köln und der Capital Normal University in Peking.

Führungskräfte aus Tunesien diskutieren über Management und Leadership

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DEUTSCHLAND DEUTSCHLAND

18 JOURNAL Ausgabe 9 19

Vermittlung wirtschaftswissenschaftlicher Kompetenzen an verschiedenste Teilneh-mer ist einer der Gründungsaufträge des ZEW. Das MP ergänzt unser Portfolio an Weiterbildungsformaten sehr gut. Wir können auf unsere eigene Infrastruktur zurückgreifen und unsere Stärken in der Wissensvermittlung nutzen. Darüber hin-aus sind wir sehr gut mit Unternehmen in der Region vernetzt und können mithilfe des Programms weitere Verbindungen aufbauen.

Auf welchen Themengebieten ist Ihr Zen-trum besonders stark? Was bieten Sie un-seren Teilnehmern?Lauer: Neben der Durchführung beste-hender Programme erarbeiten wir auch immer wieder neue Weiterbildungskon-zepte. Mit dem Wissen, worauf es bei der Kompetenzvermittlung ankommt, können wir mit unserer Erfahrung im Bildungsmanagement und unseren didak-tischen Kompetenzen den Teilnehmern eine sehr enge Betreuung bieten. Katrin Cerquera und ich sind im Projekt nicht nur als Tutoren, sondern auch als Trainer aktiv. So können wir das wirtschaftliche Ziel des Programms sehr eng mit dem Fortbildungsziel verzahnen. Dabei neh-men wir während der individuellen Coa-chings immer wieder Bezug auf die Inhal-te einzelner Trainings.

Im Sommer 2016 haben Sie Ihre erste MP-Gruppe betreut. Wie haben Sie die Teilnehmer erlebt? Cerquera: Die Gruppe aus China war recht heterogen. Vor allem die Seminar-sprache Englisch hat dem einen oder an-deren ein wenig Schwierigkeiten bereitet. Nichtsdestotrotz war es eine sehr herzli-che Gruppe, die sich untereinander stark unterstützt hat, so dass jeder Teilnehmen-de die für seine Entwicklung passenden Schritte nach vorne machen konnte.

Welche Erfahrungen aus dieser Zeit sind Ihnen besonders in Erinnerung geblie-ben? Lauer: Der sehr enge Kontakt mit den Teilnehmern in den Trainings, den Un-ternehmensbesuchen und den Einzelcoa-chings war eine besondere Erfahrung. Es war schön zu sehen, wie die Gruppe un-tereinander, aber auch mit unserem ZEW-Team langsam zusammengewachsen ist. Auch wenn der Aufenthalt in Deutsch-land recht kurz ist, konnten wir bei allen Entwicklungsschritte feststellen. Zum

Ende der Durchführung war die Atmo-sphäre sehr entspannt und kollegial. Die chinesischen Führungskräfte hatten eine bereichernde Zeit in Deutschland, und wir haben umgekehrt viel von ihnen gelernt.

Wie ist die Umsetzung des Pro-gramms gelaufen? Cerquera: Nach einer relativ kurzen Konzeptionszeit für Neulinge im MP und einer aufwendigen Suche nach Un-ternehmen, die uns zu den Gruppenbesuchen empfingen, haben wir in der Durchfüh-rungsphase unseren Gästen ein anspruchsvolles und interessan-tes Programm bieten können. Wir hatten das Glück, dass es nur bei einem Unternehmen krankheits-bedingt einen Wechsel des Vortragen-den gab. Dies erfuhren wir jedoch auch schon im Vorfeld, und es wurde ein sehr guter weiterer Referent zur Verfügung gestellt. Beeindruckt waren wir von der Herzlichkeit und dem personellen Ein-satz, den viele Firmen in ihren Beitrag zum MP investierten.

Was würden Sie bei der nächsten Gruppe anders machen?Lauer: Mittlerweile hatten wir schon un-sere nächste Gruppe aus Vietnam. Unser Ziel war es dieses Mal, vor Einreise der Führungskräfte noch mehr individuelle Geschäftskontakte anzubahnen und fixie-ren zu können.

Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen des Programms? Wie sind Sie damit um-gegangen?Cerquera: Die Stärke des MP liegt sicher-lich darin, dass das Programm sehr eng an die Bedürfnisse der Teilnehmer zuge-schnitten werden kann, wenn die Gruppe nicht zu heterogen ist. Es hat sich gezeigt, dass die Führungskräfte nach dem vierwö-chigen Deutschlandaufenthalt nicht nur ein neues Netzwerk deutscher Geschäfts-partner mitnehmen, sondern sich unter-einander auch sehr gut vernetzen und die Chance wahrnehmen, voneinander zu ler-nen und sich zu unterstützen.

Die größte Herausforderung sehen wir, je nach Gruppenzusammensetzung, in den unterschiedlichen Englischniveaus. Wir haben darauf mit mehreren Formaten wie z.B. Lernpatenschaften reagiert. Darüber

hinaus hatten wir den Vorteil, dass Manuel Lauer Chinesisch spricht, so dass die wich-tigsten Dinge auf jeden Fall an alle kommu-niziert werden konnten.

Setzt Ihr Fortbildungszentrum ähnliche Formate um? Was ist aus Ihrer Sicht das Alleinstellungsmerkmal des MP?Lauer: Bevor wir in den MP-Pool der Fortbildungszentren kamen, haben wir ähnliche Programme durchgeführt – je-doch mit anderen Zielgruppen. Parallel bieten wir vor allem ein- oder zweitägige Seminare für deutsche Manager und Wis-senschaftler an. Alleinstellungsmerkmal des MP sind sicherlich die ganz konkre-ten Geschäfts- bzw. Kooperationsideen, mit denen viele Führungskräfte nach Deutschland kommen und die sie in ih-ren persönlichen Treffen mit deutschen Unternehmen umsetzen möchten. Hin-zu kommt, dass sich der Erfolg des Pro-gramms zeitnah und unmittelbar messen lässt. Dies hebt das MP stark von anderen Maßnahmen im Human Capacity De-velopment ab.

Liebe Frau Cerquera, lieber Herr Lauer, herzlichen Dank für das Gespräch!

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Personal Recruiting Der Fachkräftemangel ist ein Problem, das den Arbeitsmarkt zunehmend beherrscht. Dadurch sehen Unternehmen sich immer öfter gezwungen, ihre aktive Personalsuche und -auswahl zu überdenken. Möglichkeiten des Personal Recruiting und der Personalentwicklung in Deutschland sowie der Austausch über Gemeinsamkeiten und Unterschiede standen im Zentrum des Workshops mit turkmenischen MP-Teilnehmern von Dr. Sandra Wolf, Arbeitspsychologin und Inhaberin der Firma innsicht.

Dresden. Vom Gespräch über Testver-fahren bis hin zum Assessment Center – Möglichkeiten und Anforderungen er-folgreicher Personalauswahl gibt es viele. Einige davon lernten turkmenische Füh-rungskräfte während eines HR-Trainings kennen und überlegten gemeinsam, wie sie diese auf die spezifischen Anforderun-gen in Turkmenistan und auf ihre jeweili-gen Gewerke anpassen können. Im Zuge dessen haben sie auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anforderung von Personal Recruiting und -entwicklung er-arbeitet.

Personalauswahl in Deutschland

Die Themen im Seminar waren ein leben-diges Indiz für die Herausforderungen der Personalauswahl, die sich Unterneh-men heute stellen. Der bestehende Fach-kräftemangel erfordert von ihnen immer stärker, als „Bewerber um Bewerber“ auf-zutreten. Dies hat Ansätze wie Employer Branding hervorgebracht, in denen es um die Entwicklung einer attraktiven Arbeit-gebermarke mit Kern und Botschaft geht. Zusätzliche Schwierigkeiten bereiten Aus-wahl- und Beurteilungsfehler im Rahmen der Auswahlverfahren. Alles in allem ist es heute wichtiger denn je, nicht nur gezielt,

sondern auch erfolgreich, d.h. passend, zu suchen. Dies erfordert den Einsatz valider und reliabler Instrumente. Spezielle eig-nungsdiagnostische Verfahren helfen da-bei, Motivation, Fähigkeiten, Interessen, Entwicklungsstand und Verhaltensweisen von Bewerbern zuverlässig zu erfassen.

Zum Erstkontakt werden neben den klassischen Stellenanzeigen, die hin und wieder noch zu finden sind, vor allem on-line-Jobportale wie Monster.de oder pro-fessionelle Netzwerke wie Xing sowie Be-werbungsmessen und Job-Börsen benutzt. Letztere jedoch stoßen gerade bei der jungen Bewerber-Generation aufgrund von Aufwand, Geschwindigkeit und zeitlich-räumlicher Unabhängigkeit auf wenig Gegenliebe. Für die Suche von spe-zialisierten und erfahrenen Fachkräften werden zunehmend auch Headhunter zur Unterstützung hinzugezogen. Die letzt-endliche Auswahl der Bewerber erfolgt mit Hilfe eignungsdiagnostischer Verfah-ren mit dem Ziel, eine möglichst hohe Person-Unternehmens-/Arbeits-Passung zu finden.

Im Rahmen der DIN Norm 33430 sind Qualitätsanforderung an durchführen-de Personen, Methoden und Abläufe der

Eignungs- und Personaldiagnostik be-schrieben. Nicht Gegenstand der Norm sind Personalentscheidungen selbst, diese bleiben in der Verantwortung der Unter-nehmen. Naturgemäß beinhalten sie auch Fehlerrisiken. Das Risiko in der Auswahl geeigneten Personals besteht darin, a) ei-nen passenden Kandidaten aus dem Pool der Verfügbaren zu übersehen und nicht auszuwählen oder b) einen ungeeigneten Kandidaten fälschlicherweise für geeignet zu halten und auszuwählen. Beides wird sich im weiteren Verlauf als frustrierend für beide Seiten erweisen. Daher emp-fiehlt sich die Kombination mehrerer Er-hebungsmethoden und ein strukturierter Prozess entlang genau definierter Anfor-derungen an die Stelle durch ein Anforde-rungsprofil. So entsteht im Anschluss die Basis für erfolgreiche Personalarbeit.

Weitere Inhalte des Workshops waren daher Führungsmodelle, Gruppendy-namiken und Teamprozesse und deren Relevanz für Leistung und Produktivität sowie die Gestaltung von Veränderungs-prozessen. Autorität und starre Struktu-ren wurden dabei immer wieder thema-tisiert. Bei der gemeinsamen Teamübung wurde schnell deutlich, dass dies nicht nur ein Mitarbeiterthema ist, sondern auch Führungskräfte sich mit Feedback und Kooperation schwer tun können, da gerne jeder das Zepter in der Hand halten möchte.

Dr. Sandra Wolf ist Psychologin und Coach. Die Inhaberin der Dresdener Firma innsicht – entdecken und entwi-ckeln berät zu den Themenbereichen Führungsverhalten und Persönlichkeits-entwicklung und bietet auch Seminare für MP-Teilnehmer an. Kontakt unter www.innsicht.de

•Mannheim

Personal Recruiting: Die Führungskräfte halten die Fäden in der Hand

Turkmenische MP-Teilnehmer beim HR-Training

Page 11: Journal - managerprogramm.de€¦ · nehmen seit 2012 im Rahmen des MP „Fit für das Chinageschäft“ an Fortbil-dungen im Reich der Mitte teil. NACHRICHTEN NACHRICHTEN 4 JOURNAL

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20 JOURNAL Ausgabe 9 21

Im Herbst 2016 verbrachten 14 Führungskräfte aus Deutschland zwei Wochen zur Fortbildung in China. Im Rahmen des Programms „Fit für das Chinageschäft“ besuchten sie die Wirtschaftszentren Jieyang, Shenzhen und Chengdu.

Das BMWi-Managerfortbildungsprogramm mit Belarus feierte 2016 sein zehntes Jubiläum. Über seine Entwicklung, die Fortschritte und die Heraus-forderungen berichten die Partnerorganisationen – das Ministerium für Wirtschaft der Republik Belarus und das Institut für Business und Manage-menttechnologien an der Belarussischen Staatlichen Universität. Mit beiden Partnern hat sich im Laufe der letzten Jahre eine erfolgreiche und vertrauens-volle Zusammenarbeit entwickelt. Die stellvertretende Wirtschaftsministerin Irina Kostewitsch legt beeindruckende Ergebnisse der belarussischen Alumni vor. Diese Zahlen beweisen, dass das MP mit Belarus einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen leistet und ein wirk-sames Instrument zur Qualifizierung belarussischer Führungskräfte darstellt.

Jieyang / Shenzhen / Chengdu. Es gibt kaum einen effizienteren Weg, sich ein Bild von diesem Land zu machen und Möglich-keiten für das eigene Geschäft zu entdecken“, sagt Peter Gröndahl. Er ist Teilnehmer des fünften Managerfortbildungsprogramms für deutsche Unternehmer, die Interesse am chinesischen Markt haben. Die zwei Wo-chen Weiterbildung, die er und 13 andere deutsche Manager in China verbracht ha-ben, zeichneten sich erneut durch die wirk-same Kombination aus Information über deutsch-chinesische Kooperationen mit Zugang zu Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft, Matchmaking, Besuchen bei chinesischen und deutschen Unterneh-

Berlin. Hugo René González, Direktor des Familienunternehmens Tangible Nous aus Mexiko, nimmt stolz den ersten Preis der mexikanischen Regierung für sein innova-tives MP-Kooperationsprojekt entgegen. Dabei geht es um die Entwicklung eines „nachhaltigen Nahrungsmittels basierend auf vegetarischen Proteinen“ – z.B. aus Reis, Erbsen, Hafer, Amarant oder Weizen. Zu den Vorteilen gehören hoher Proteinanteil, lange Haltbarkeit und einfacher Transport durch Wegfall von Kühlketten sowie nied-rigere Kosten. Nach dem MP 2015 vertritt Tangible Nous nun zwei deutsche Firmen in Mexiko und hat auch schon einen Vertreter

men sowie Messen und Konferenzen aus. Und das Interesse von chinesischer Seite an Kontakten zur deutschen Wirtschaft und an einer Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen ist ungebrochen. Wirtschafts-zentren wie Jieyang, Shenzhen und Chengdu haben trotz des abgeschwächten Wachstums in China ein großes Potential an Wirtschafts-entwicklung und Handel.

Während des Aufenthalts in Chengdu be-suchten die Unternehmer die 16. Western China International Fair (WCIF), die 2016 unter dem Motto „Western China, Oppor-tunities for the World” stand und bei der Deutschland das Ehrengastland war. Damit

wurde den guten wirtschaftlichen Beziehun-gen Respekt gezollt, die China und Deutsch-land seit Jahrzehnten pflegen. Großen An-klang fand auch die Deutsch-Chinesische Wirtschaftskonferenz, die der Bundeswirt-schaftsminister Sigmar Gabriel feierlich er-öffnet hat und bei der die Teilnehmer erfolg-reich an einem Matchmaking teilnahmen. Auch hier stand die Modernisierung der chinesischen Industrie im Vordergrund – wi-dergespiegelt insbesondere in den Themen KMU und Industrie 4.0.

Den feierlichen Abschluss des Konferenz-tages bildete der „Deutsche Abend“ im New Century Global Center in Chengdu. Über 600 Gäste folgten der Einladung des Generalkonsulats. Die Veranstaltung wurde durch Generalkonsul Dr. Klaus Schmidt, Sichuans Gouverneur Yin Li, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Matthias Mach-nig und Nordrhein-Westfalens Verkehrs-minister Michael Groschek eröffnet. Hier hatten die MP-Teilnehmer Gelegenheit, mit Machnig über ihre China- und Pro-grammerfahrung zu sprechen. Und diese wird ihr Chinabild nachhaltig verändert haben.

Gröndahl ist jedenfalls mehr als beein-druckt. „Eine Reise in die Metropolen Chinas kommt einem bisweilen wie eine Reise in die Zukunft vor“, fasst er seine Eindrücke zusammen. „China lädt inno-vative deutsche Unternehmer ein, ihre Ideen vor Ort zügig umzusetzen und erfolgreich weltweit zu vermarkten. Für Deutschland öffnet sich in China gerade eine Tür – gehen wir einfach durch.“

GIZ: Liebe Frau Kostewitsch, seit 2006 läuft nun schon das MP mit Belarus. Wir möch-ten dieses Jubiläum zum Anlass nehmen, die letzten zehn Jahre gemeinsam Revue passie-ren zu lassen. Wie hat sich das Programm aus Ihrer Sicht in dieser Zeit entwickelt?Irina Kostewitsch: Vielen unserer Füh-rungskräfte mangelt es heute an beruf-lichen Fachkenntnissen, vor allem im Hinblick auf moderne Managementtech-niken. Das Programm ist ein effizientes Instrument, um dabei Abhilfe zu schaffen. Etwa 400 Manager aus staatlichen und privaten Unternehmen haben in den letz-ten zehn Jahren am MP teilgenommen. Jeder Einzelne knüpfte im Ausland nütz-liche Kontakte, lernte beruflich dazu und baute die eigenen Managementfähigkei-ten aus. Vor allem im Human Ressource Management lernten die Teilnehmer viel Neues, aber auch beim Qualitäts- und In-novationsmanagement, beim Marketing, Unternehmensführung und den verschie-denen Aspekten des Außenhandels.

Allein 2015 konnten bereits während der Fortbildungen Verträge mit deutschen Unternehmen über drei Millionen US$ ge-schlossen werden. In Planung befinden sich Verträge für 13,9 Millionen US$. Im Rah-men der Fortbildungen 2015 schlossen die Teilnehmer insgesamt 26 Kooperations-vereinbarungen, es gab zwölf konkrete Kooperationsangebote, bei vier Kontakten sind weitere Treffen geplant, in Vorberei-tung sind fünf Produkttests und drei Pilot-projekte. Die umsatzstärksten Verträge ka-

men in den Bereichen Speditionsverkehr, Lieferung von Mess- und Prüfgeräten und Hightech-Ausrüstungen zustande. Etwa 70 Prozent der Alumni aus den Jahren 2011-2015 haben noch Kontakt zu den deut-schen Unternehmen, die sie während ihrer Fortbildung kennengelernt haben. Diese Fakten belegen den Nutzen des Programms und seinen hohen Wert für die bilaterale Wirtschaftskooperation.

Was erwartet die belarussische Regierung vom MP? Die Qualifikation unserer Fach- und Füh-rungskräfte ist ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der belarussischen Wirtschaft. Deshalb ist die Regierung un-seres Landes vor allem daran interessiert, alles für deren Aus- und Weiterbildung zu tun. Das MP ist eine hervorragende Weiterbildungsplattform. Das haben die letzten zehn Jahre gezeigt. Wir sehen heute konkrete Erfolge, die sich in klaren Zahlen niederschlagen, und möchten die-se effiziente Kooperation auch in Zukunft fortführen. Besonders wichtig für die Nachhaltigkeit des Programms ist vor al-lem auch die Alumniarbeit.

Deutschland ist der wichtigste Handels-partner von Belarus innerhalb der EU und auch sonst auf Platz vier der Außen-handelspartner – hinter Russland, China und der Ukraine. Gibt es hier noch Ent-wicklungspotential?Das gibt es auf jeden Fall! Wenn man das deutsche Wirtschaftspotential betrachtet und daneben die Herausforderungen, vor denen die belarussische Wirtschaft steht, dann sind die Möglichkeiten unserer Ko-operation sowohl im Handel als auch in der Industrie und bei den Investitionen noch lange nicht ausgeschöpft. 2013 erreichte der bilaterale Handelsumsatz den Rekord-wert von 4,8 Milliarden US$. Diverse glo-bale und regionale Einflüsse führten zu einer Verschlechterung der belarussischen Außen handelsbilanz, in deren Folge sich zwischen 2014 und 2015 auch die bilatera-len Handelsströme reduzierten. Dennoch gehörte Deutschland auch 2015 noch zu den fünf bedeutendsten Außenhandels-partnern unseres Landes. Die deutsch-bela-russischen Beziehungen genießen deshalb

„Für Deutschland öffnet sich in China gerade eine Tür“

Mexikanischer Innovationspreis verliehen

Fit für das Chinageschäft

Partnerland Belarus

„Offen für die Zusammenarbeit“für das zukünftige Produkt in Deutschland und Europa gefunden – die Firma Seaport Industry Services aus Bremen. Der zweite Platz ging an Jessica Madrid von der Firma Laser Manufacturing für innovative Herstel-lung von Stahlmetallteilen für die Auto- und Luftfahrtindustrie. Den dritten Preis erhielt José Rodriguez Calixto von MODEBO für sein Projekt zu neuen Wegen für kos-tengünstige Energieeffizienz in Gebäuden. Die vorgestellten Kooperationsprojekte mit deutschen Geschäftspartnern wurden, wie bereits im bilateralen MoU Anfang 2016 vereinbart (siehe Ausgabe 8, S. 4), auf Inno-vation, Wachstumspotential, Umsetzbarkeit

und Wirkung geprüft. Staatssekretär im BMWi Uwe Beckmeyer und Enrique Jacob, Präsident von INADEM, zeichneten die er-folgreichen Alumni am 1. Dezember 2016 in Berlin aus.

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Hugo René González (Mitte), Jessica Madrid, José Rodriguez Calixto

Minsk

Irina Kostewitsch

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22 JOURNAL Ausgabe 9 23

nach wie vor hohe Priorität in der belarus-sischen Außenpolitik. Für die weitere Ent-wicklung unserer Wirtschaft spielen somit die Außenhandelsbeziehungen, deutsche Investitionen, technische Hilfe, unser Zu-sammenwirken im Rahmen internationaler Organisationen und zivilgesellschaftliche Kontakte eine bedeutsame Rolle.

Sie haben auf die große Bedeutung von Investitionskrediten für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen hingewiesen.Deutschland gehört traditionell zu den wichtigsten Kreditgebern der belarussi-schen Wirtschaft. Deutsche Unterneh-men sind bei den Direktinvestitionen in Belarus ganz vorne mit dabei. Anfang 2016 gab es 312 Unternehmen mit deut-scher Kapitalbeteiligung. Deutsches Ka-pital ist in erster Linie in der Industrie vertreten, aber auch in den Transportun-ternehmen, der Landwirtschaft, im Han-del und der Lebensmittelindustrie. 2015

kamen deutsche Investitionen in Höhe von 98 Millionen US$ ins Land, der An-teil der Direktinvestitionen betrug dabei 75,9 Millionen US$. Zudem suchen bela-russische Unternehmen ihre Nische auf dem deutschen Markt. Die belarussischen Investitionen in der deutschen Wirtschaft betrugen 2015 39,3 Millionen US$. Und auch hier ist noch viel Luft nach oben.

Für welche Branchen ist der deutsche Markt derzeit besonders attraktiv?Die meisten bilateralen Projekte existieren in der Chemie und der Petrochemie, im Maschinenbau, der Metall- und der Holz-verarbeitung. In der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie, bei den alternativen Energieträgern und auf dem Sektor Ener-gieeinsparung entwickeln sich ebenfalls in-tensive Kontakte. Von jeher ist Deutschland bei uns Importeur Nr. 1 für Hightech-Aus-rüstungen, vor allem auch bei der Moderni-sierung belarussischer Produktionsanlagen.

Und was hat der belarussische Markt deutschen Unternehmen zu bieten?Hier zeigt sich eine hochinteressante Ten-denz in den bilateralen Beziehungen, näm-lich wachsende Umsätze bei Transport-, Computer-, Telekommunikations- und IT-Dienstleistungen für Deutschland.

Im Sommer 2016 hielten sich belarussi-sche Führungskräfte aus dem Sektor er-neuerbarer Energien in Deutschland auf. Welchen Stellenwert hat die Branche für die belarussische Wirtschaft?Belarus verfügt ja bekanntlich nicht über große eigene Brennstoff- und Energie- ressourcen. Wenn man bedenkt, dass ins-besondere die Reserven an traditionellen Energieträgern weltweit zurückgehen und immer teurer werden, wächst der Druck, diese durch eigene und erneuer-bare Energien zu ersetzen. Deshalb ist die Entwicklung von alternativen Ener-giequellen ein Kernaspekt für die weitere

GIZ: Seit 2006 koordiniert IBMT das MP mit Belarus. Haben sich in diesem Zeitraum die Interessen und Ansprü-che der Teilnehmer verändert? Was sind die Top-Themen für Fortbildungen in Deutschland?Wladimir Apanassowitsch: Das ge-samte Programm spielt eine bedeutende

Ausrichtung unseres Energiesektors. Wie aktuell diese Thematik ist, zeigen die Ver-abschiedung des Gesetzes „Über erneuer-bare Energiequellen“ und das Nationale Programm zum Ausbau lokaler und er-neuerbarer Energiequellen für den Zeit-raum 2011-2015, das vom Ministerrat der Republik Belarus 2011 beschlossen wurde.

Noch ist es zu früh, über greifbare Er-gebnisse der Fortbildung zu sprechen, aber alle 19 Führungskräfte kamen mit wertvollen Informationen zu den techni-schen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten des Themas zurück. Sie infor-mierten sich über die neuesten Trends und Technologien, besuchten eine Reihe von Unternehmen und auch die Top-Mes-se Intersolar in München. Dort waren die weltweit führenden Firmen für Solarener-gie an einem Ort vertreten. Die deutschen technischen Erfahrungen auf diesem zu-

kunftsweisenden Feld sind für unsere Ma-nager von großem Nutzen.

Wo sehen Sie Schwierigkeiten bei der Entwicklung der deutsch-belarussischen Wirtschaftsbeziehungen?Die Möglichkeiten der bilatera-len profitablen Zusammenarbeit sind bei Weitem noch nicht aus-geschöpft. Hier sind beide Seiten in der Pflicht. Belarus ist offen für die weitere Zusammenarbeit und einen umfassenden Dia-log mit Deutschland. Man kann mit Bestimmtheit sagen, dass die erfolgreiche Entwick-lung der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Bildung für beide Seiten nur Positives mit sich bringen wird und eine gute Basis bildet, aber auch Ansporn sein kann, mögliche Probleme zu überwinden.

Vielen Dank für das Interview!

Quelle: gtai

Marktpotential für ausländische Unternehmen 2016

Maschinenbau

Kfz

Chemie

Bau

Elektro

Informations- und Kommunikationstechnologie

Umwelttechnik

Medizintechnik

Landwirtschaft

BELARUS

Fläche: 207.600 km2

Einwohner: 9,5 Millionen (2015)

Rohstoffe: Getreide, Kartoffeln, Milch, Holz, Kalk, Mergel, Dolomit-Kalkstein, Granit, geringe Mengen an Öl und Erdgas, Torf

BIP: 45,9 Mrd. US$ (2016)

BIP pro Kopf: 4.855,2 US$ (2016)

BIP-Entstehung: verarbeitende Industrie 22,4%; Handel 12,5%; Bauwirtschaft 8,3%; Transport, Kommunikation 7,7%; Land-, Forst-, Jagdwirtschaft 6,7%; Strom, Gas, Wasser 3,3%; Bergbau 0,7%; Andere 38,4%

Wichtigste Handelspartner: Russland, Ukraine, China, Deutschland

Importe aus Deutschland: Maschinen, chemische Erzeugnisse, Kfz, Elektrotech-nik, Messtechnik

Exporte nach Deutschland: Erdöl, Eisen und Stahl; Rohstoffe; chemische Erzeug-nisse; Textilien/Bekleidung

Rolle für die Fortbildung belarussischer Manager, ihre berufliche Weiterqualifi-zierung und, was besonders wichtig ist, für die belarussische Wirtschaft. Anhand der Best Practices in anderen Ländern konnten sich unsere Führungskräfte in-ternationales Know-how bei der Orga-nisation von Arbeitsabläufen aneignen. Deutschland ist seit langem einer der wichtigsten Wirtschaftspartner der Re-publik Belarus. Deutsche Unternehmen sind für belarussische Geschäftsleute in erster Linie zuverlässige Lieferanten von Hightech-Ausrüstungen vor allem für Leicht- und Lebensmittelindustrie, Gerä-tebau, Bauwesen und Medizin. Wichtig war die Fortbildung für 19 belarussische Führungskräfte 2016 in Deutschland zum Thema erneuerbare Energien. Zunächst befürchteten wir, gar keine Gruppe für dieses Thema zusammen zu bekommen, denn alternative Energiequellen sind in Belarus bisher noch nicht sehr verbreitet.

Aber dann entstand sogar ein regelrech-ter Wettbewerb um die Teilnahme an der Fortbildung.

Gleichzeitig können sich immer mehr bela russische Geschäftsleute vorstellen, mit ihren Produkten und Dienstleistun-gen, die zum Teil sehr innovativ sind, zu-nächst den deutschen Markt und in der Folge dann auch europäische Märkte für sich zu erschließen.

Gerade in letzter Zeit kamen viele luk-rative Geschäfte zwischen deutschen und belarussischen Unternehmen im Rahmen des MP zustande. Welche halten Sie für besonders erwähnenswert? Es gibt eine Menge solcher Projekte, die in eine vollwertige, langfristige Kooperation münden. Ein gutes Beispiel ist ein Investi-tionsprojekt für die Herstellung von Kin-dersäften. Oder eine Sales Managerin aus einem belarussischen Unternehmen, das Polyamid- und Polyesterfasern und Ver-bundwerkstoffe produziert und vertreibt: Dank des MP konnte sie einen wichtigen Beitrag zur Erschließung des deutschen Marktes für ihren Betrieb leisten. Eine MP-Absolventin von 2016 plant in Bela-rus einen müllverarbeitenden Betrieb auf-zubauen. Sie möchte zu diesem Zweck bei einem deutschen Hersteller Anlagen für die Müllverbrennung kaufen und konnte bereits während ihrer Fortbildung eine entsprechende Vereinbarung schließen.

Absolut erwähnenswert ist auch der Auf-bau einer Produktion für Wärmezähler der deutschen Firma Landis+Gyr GmbH hier in Belarus.

Besonders beliebt sind Gruppen, die sich übergreifend aus osteuropäischen Füh-rungskräften zusammensetzen – Belarus-sen durchlaufen ihre Fortbildung zusam-men mit Ukrainern und Moldauern. Und auch nach dem Deutschlandaufenthalt gibt es viele überregionale Veranstaltun-gen wie Alumnikonferenzen oder Fol-low-ups. Worin sehen Sie den Mehrwert solcher Events für die belarussischen Ma-nager? Für die MP-Absolventen aus Belarus sind die ukrainischen und moldauischen Kol-legen sowohl als Lieferanten als auch als Auftragnehmer, Vertriebspartner und natürlich auch als Projektpartner für ge-meinsame Vorhaben interessant. Deshalb sind die Follow-up-Seminare auch nicht nur Diskussionsforen für die Nachberei-tung der Fortbildung, sondern ebenfalls eine Plattform für den Meinungsaus-tausch und die Generierung neuer Ideen. Ein MP-Absolvent sagte einmal, bei der Fortbildung habe er in seiner Gruppe mindestens zehn zuverlässige Kollegen

kennengelernt, mit denen er sofort Ge-schäfte machen würde.

Wie arbeiten Sie mit dem belarussischen Alumniverein zusammen und welche Plä-ne haben Sie für die zukünftige Alumni-arbeit?Im Programm geht es ja nur zu einem Teil um die Fortbildung. Ein weiterer wich-tiger strategischer Baustein sind Aufbau und Entwicklung einer Business-Com-munity in Belarus und die Umsetzung gemeinsamer Bildungs-, Forschungs- und Beratungsprojekte. Die Zusammenarbeit mit dem Alumniverein ist durchaus viel-seitig. Wir binden ihn in die Auswahl der Programmteilnehmer ein, kooperieren bei Informationsveranstaltungen über inter-nationale Best Practices und rekrutieren aus seinen Reihen Dozenten für Fortbil-dungsveranstaltungen. Wir haben uns ge-meinsam für verschiedene Förderprojekte zur Entwicklung des Unternehmertums in Belarus beworben. In Kürze werden wir eine Start-up-Schule mit einem Busi-ness Accelerator gründen und gehen da-von aus, dass die Vertreter des Vereins uns dabei aktiv als Fachleute, Mentoren und Berater für Existenzgründer unterstützen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Erfolge des MP in Belarus wären ohne eine reibungslose Umsetzung auf operativer Ebene undenkbar. Mit seiner professionellen logistischen Unterstützung und effektiven Akquise geeigneter MP-Kandidaten aus seinen zahlreichen MBA-Programmen und Weiterqualifizierungsmaßnahmen für belarussische Manager stellt das Institut für Business und Managementtech-nologien (IBMT) einen idealen Programmpartner dar. Wir sprachen mit dem Institutsdirektor Prof. Wladimir Apanassowitsch.

„Vollwertige Kooperation“

Wladimir Apanassowitsch

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24 JOURNAL Ausgabe 9 25

Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in Minsk

Erster Ansprechpartner für deutsche Firmen in BelarusDeutschland und Belarus verbinden enge Wirtschafts- und Investitionsbezie-hungen. Seit Jahren rangiert Deutschland unter den TOP 5 der Handelspartner des osteuropäischen Staates. Es behält dabei seine Bedeutung als führender Lieferant von Investitions-, Innovations- und Hochtechnologiegütern und ist einer der wichtigen ausländischen Partner der Republik Belarus im Investi-tions- und Kreditbereich.

Minsk. Die Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft (RDW) nahm 1995 als Kon-taktbüro des Landes Nordrhein-West-falen – Vertretung der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg – ihre Tätigkeit auf und wurde im Jahre 2000 durch die Entscheidung des Bundesmi-nisteriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in die Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in Bela rus überführt. 2001 erfolgte die offizielle Eröffnung. Seitdem gehört die Repräsentanz zum weltweiten Netz deut-scher Auslandshandelskammern (AHK). Vorrangiges Ziel der RDW ist es, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen deutschen und belarussischen Unternehmen effektiv zu entwickeln und

zu fördern. Professionelle Unterstützung für den erfolgreichen Auf- und Ausbau der Geschäftsaktivitäten auf ausländi-schen Märkten bieten AHK im Rahmen des Servicekonzepts von DEinternatio-nal – mit einem weltweit harmonisierten Angebot an qualitativ hochwertigen und jeweils standortspezifischen Dienstleis-tungen. Ansprechpartner für DEinterna-tional in Belarus ist seit 2009 das Informa-tionszentrum der Deutschen Wirtschaft.

Ende der Sanktionen und Jubiläum

2016 war ein spezielles Jahr für die Re-präsentanz der Deutschen Wirtschaft in Belarus – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Ende Februar 2016 wurden die EU-Sanktionen gegen Belarus auf-gehoben, was sicherlich eine wichtige

Entscheidung für das Land gewesen ist. Intensivierung von Beziehungen auf allen Ebenen zwischen der EU und Deutsch-land zu Belarus ist bereits Realität. Wir hoffen, dass diese Entwicklung neue po-sitive und konstruktive Impulse auch für die bilaterale Wirtschaftszusammenarbeit bringt. Die RDW ist bereit, sich aktiv an diesen Prozessen im Kontext der globalen Vision der Außenwirtschaftsförderung ihrer Dachorganisation – des Deutschen Industrie- und Handelskammertages – „think global, act local“ zu beteiligen. Das Jahr 2016 war für die RDW auch des-halb besonders, weil sie ihr 15-jähriges Beste-hen feierte. Die Repräsentanz als Mitglied des weltweiten AHK-Netzes nimmt dieses Datum zum Anlass, ihre Tätigkeit zur Inte-ressenvertretung der deutschen Wirtschaft in Belarus und zur Förderung der bilateralen deutsch-belarussischen Wirtschaftsbezie-hungen zu stärken und zu intensivieren.

Das beste Geschenk sind dabei positive Rückkoppelungen zu ihren Projekten und Veranstaltungen, wie z.B. die bereits traditi-onellen Tage der Belarussischen Wirtschaft in Deutschland und Tage der Deutschen Wirtschaft in Belarus oder die 2016 zum ersten Mal stattgefundenen Events – das Sommerfest der Deutschen Wirtschaft und die Markterkundungsreise deutscher Un-ternehmen nach Belarus im Rahmen des BMWi-Markterschließungsprogramms im Bereich Industriekooperation.

Leistungsprofil der RDW

Als offizielles Instrument der Außen-wirtschaftsförderung Deutschlands ist die RDW in Belarus die erste Adresse

für deutsche Unternehmen, die den bela-russischen Markt erschließen möchten. Die RDW arbeitet auch intensiv mit den deutschen Unternehmen zusammen, die bereits in Belarus vertreten sind. Aktivi-täten im Rahmen der vier bei der RDW tätigen bilateralen Arbeitsgruppen (AG) widmen sich schwerpunktmäßig den The-men „Industriekooperation und Innova-tionen“, „Transport, Logistik, Zollwesen“, „Berufsbildung“ und „Recht, Steuern, Finanzen“. Das Ziel der AG-Tätigkeit ist die Interessenvertretung, Informierung über aktuelle Änderungen der Gesetzge-bung der Republik Belarus und Erarbei-tung von Vorschlägen zur Schaffung von günstigen Geschäftsrahmenbedingungen zwecks Weiterleitung an zuständige Ver-waltungsorgane in Deutschland und Bela-rus. Die AG zählen über 100 Teilnehmer – Vertreter der in Belarus ansässigen deut-schen Unternehmen sowie der belarus-sischen Firmen und Institutionen – und bieten mit ihrem offenen Format eine gut geeignete Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch.

Auch die Zusammenarbeit im Bereich der Energieeffizienz und der Nutzung von erneuerbaren Energien steht nach wie vor ganz oben auf der Tagesordnung der RDW: In Kooperation mit der Deutschen Energie-Agentur fand am 10. Oktober 2016 bereits das V. Deutsch-Belarussische Energieforum statt. Im zweiten Halbjahr wurde eine Zielmarktanalyse zu Bio- energie-, Windanlagen und Solarparks in Belarus erstellt und im Rahmen der Infor-mationsveranstaltung „Grüne Wirtschaft in Belarus“ in Berlin Anfang November 2016 vorgestellt.

Zu den Tätigkeiten der RDW gehört seit 2012 auch die Durchführung der jährli-chen Konjunkturumfrage „Geschäftsklima in Belarus“, die als Stimmungsbarometer der deutschen Wirtschaft vor Ort dient. Auf Grundlage der Umfrageergebnisse und Anfragen von deutschen Unterneh-men erarbeitet die RDW Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und unterstützt deutsche Unternehmen bei der Lösung der Problemfälle. Zwecks Bereitstellung der wirtschaftsrelevanten aktuellen Informationen wird regelmäßig ein AHK-Newsletter herausgegeben und das Marktprofil Belarus aktualisiert. Im Rahmen der Messeaktivitäten wird den belarussischen Ausstellern und Fachbesu-chern Unterstützung bei der Teilnahme an den Fachausstellungen der Messe Berlin, Koelnmesse und Messe München geleistet.

Die Repräsentanz der Deutschen Wirt-schaft in Belarus steht in engem Kontakt mit der Deutschen Botschaft Minsk, vielen Partnerorganisationen und Verbänden in Deutschland, wie Germany Trade & In-vest, der Deutschen Energie-Agentur, dem Osteuropaverein der deutschen Wirtschaft e.V. und dem Ost-Ausschuss der Deut-schen Wirtschaft, sowie in Belarus mit dem Deutsch-Belarussischen Wirtschaftsclub. Sie arbeitet erfolgreich mit der Belarus-sischen Handels- und Industriekammer, Unternehmerverbänden sowie offiziellen Behörden zusammen. Der Dialog mit der belarussischen Regierung wird u.a. im Rah-men des Konsultativrats für ausländische Investitionen (FIAC – Foreign Invest-ment Advisory Council) beim Ministerrat der Republik Belarus geführt. Seit dessen Gründung im Jahr 2001 ist die RDW FIAC- Mitglied und gehört dem Ständi-gen Komitee des Konsultativrats und drei Arbeitsgruppen an, seit Anfang 2016 leitet die RDW als Co-Vorsitzende gemeinsam mit dem stellvertretenden Bildungsminis-ter die Arbeitsgruppe für Verbesserung der Versorgung mit Fachkräften.

Potential der Zusammenarbeit

Für die weitere Entwicklung der deutsch-belarussischen Kooperation be-steht ein bemerkenswertes Potential in vie-len Bereichen. Dessen Realisierung hängt jedoch nicht zuletzt davon ab, inwieweit sich Belarus als ein interessanter Wirt-schaftspartner und attraktiver Investitions- standort entwickeln wird. Auf diesem Wege können Erfahrungen Deutschlands mit sei-

ner hohen Standortqualität und internatio-nalen Wettbewerbsstärke von Interesse sein.

Deutschlands Wirtschaftskraft beruht weitgehend auf Förderung von Innovati-onen (1. Platz weltweit bei Exporten von Technologie-Produkten), Forschung & Ent wicklung, Energiewende sowie praxis-orientierter Ausbildung (einschließlich des Dualen Berufsbildungssystems). Die Lokomotive der europäischen Wirtschaft kann und ist bereit, seine Technologien und Know-how zu teilen, um Exportmög-lichkeiten von deutschen Unternehmen weltweit zu erweitern. Belarus ist dabei keine Ausnahme. Dieser Transfer erfolgt mithilfe von diversen Instrumenten, dazu zählt auch das weltweite AHK-Netzwerk.

Auch das BMWi-Managerfortbildungs-programm ist ein wichtiges Element der Außenwirtschaftsförderung. Das Pro-gramm mit Belarus besteht seit 2006 und feierte im Jahr 2016 sein zehnjähriges Ju-biläum. In diesen Jahren haben etwa 400 Fach- und Führungskräfte das Fortbil-dungsprogramm in Deutschland erfolg-reich absolviert und dadurch Einblicke in die deutsche Unternehmenspraxis erhal-ten sowie Kontakte zu deutschen Firmen geknüpft. Als Instrumente der deutschen Außenwirtschaftsförderung teilen die Re-präsentanz der Deutschen Wirtschaft in Belarus und das Managerfortbildungspro-gramm eine gemeinsame Philosophie: Die Zusammenarbeit darf keine Einbahnstraße sein, sie funktioniert nur dann gut, wenn beide Richtungen stimmen. In diesem Sin-ne gratuliert die RDW dem MP in Belarus herzlich zum Jubiläum und wünscht wei-terhin viel Erfolg für seine Mission!

Kontakt:

Dr. Wladimir Augustinski Leiter der Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in Belarus Prospekt Gasety Prawda 11 220116 Minsk, Republik Belarus Tel./Fax: +375 17 270 38 93, 272 20 97E-Mail: [email protected]; [email protected]://belarus.ahk.de

Minsk

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Follow-up in Usbekistan

Strategisches Management

„Fit for Partnership with Germany“ in der Ukraine

15 Jahre Managerfortbildungsprogramm!

Während eines Follow-up-Seminars in Taschkent im September 2016 infor-mierten sich mehr als 30 Teilnehmer über die Entwicklung eines Business- plans und diskutierten über die Bedeutung des Strategischen Managements. Angesichts der schwierigen Bedingungen der usbekischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb sind diese Themen hoch aktuell, und entspre-chend groß war das Interesse bei den usbekischen Führungskräften.

In den 15 Jahren des MP in der Ukraine haben mehr als 1100 Führungskräfte eine Fortbildung absolviert. Praktisch jeder von ihnen hat seinen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung des Landes geleistet.Taschkent. Der erste Schritt zum nachhal-

tigen Erfolg eines Unternehmens liegt in der Entwicklung eines Geschäftsmodells. Dieses sollte vor der Erstellung eines Bu-sinessplans entwickelt bzw. optimiert wer-den. Denn ohne ein innovatives Geschäfts-modell ist jeder Businessplan wertlos.

Eine Kombination des „Business Model Canvas“ von Osterwalder und Pigneur mit der „Blue-Ocean-Strategie“ von Kim und Mauborgne ist dabei besonders er-folgversprechend. Mit dem Business Mo-del Canvas können grundlegende Aspekte von Unternehmen und deren Interdepen-denzen wie beispielsweise Schlüsselpart-ner und -ressourcen, Kostenstruktur, Kundenbeziehungen strukturiert und vi-sualisiert werden (siehe Ausgabe 7, S. 58). Die Blue-Ocean-Strategie zeigt auf, wie innovative und schwer kopierbare Ge-schäftsmodelle einen höchst profitablen, konkurrenzlosen Markt schaffen können. Dabei kommt es darauf an, Schlüsselfak-toren zu finden und zu entwickeln, die es im bisherigen Markt noch nicht gibt.

Erstellung eines Businessplans

Den Businessplan sollte das Management-team selbst entwickeln. Zum einen fördert es die Motivation und Identifikation da-mit. Zum anderen können diejenigen, für die der Businessplan bestimmt ist, besser die besondere Unternehmenskultur und die Begeisterung des Managements erken-nen und spüren. Dies ist insbesondere bei der Sanierung und Reorganisation von Unternehmen von Bedeutung. Grund-sätzlich sollte der Businessplan kurz und präzise sein und neugierig darauf machen, tiefer in die Analyse (due diligence) des Unternehmens einzusteigen. Besondere

Kiew. Über 160 Programmabsolventen und Ehrengäste kamen am 21. Oktober 2016 in den Empfangsräumlichkeiten der Werchowna Rada in Kiew zusammen, um 15 Jahre MP in der Ukraine zu feiern. Gründe dafür gibt es genug: Mehr als 60 Prozent der befragten MP-Alumni haben Projekte mit ausländischer Beteiligung realisiert und entsprechende Verträge ab-geschlossen. Ein Drittel exportiert eigene Erzeugnisse nach Europa, mehr als zehn Prozent haben neue Arbeitsplätze geschaf-fen, etwa die Hälfte konnte ihre Produk-tion ausbauen, neue Vertriebsmärkte und Businessfelder erschließen, und mehr als 40 Prozent der Teilnehmer haben eigene Start-ups gegründet. In einer „Hall of Fame“ im Foyer des Gebäudes wurden 80 herausra-gende Alumni-Projekte vorgestellt, und das war nur ein kleiner Teil der Erfolgsstories.

Ute Leupold, zuständig für das MP mit der Ukraine im BMWi, würdigte die konkre-ten Programmergebnisse, die entstandenen deutsch-ukrainischen Unternehmerkon-takte, die langjährigen Beziehungen beider Länder und die Karriereentwicklung der MP-Absolventen. Gerade heute, vor dem Hintergrund der von der ukrainischen Re-gierung verfolgten Reformen, sei das MP besonders wichtig für das Land, so Denis Gutenko, Referatsleiter für die Entwicklung des Unternehmertums und Regulierungs-politik beim ukrainischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel.

Der Delegierte der deutschen Wirtschaft in der Ukraine, Alexander Markus, wies auf ein wichtiges Datum hin – die kürzlich erfolgte Eröffnung der Deutsch-Ukraini-

Bedeutung hat die „Executive Summary“, in der alle Kapitel zusammengefasst sind. In erster Linie soll diese Zusammenfas-sung das Interesse des Lesers wecken, das Unternehmen näher kennen zu lernen und den Businessplan komplett zu lesen. Denn Statistiken zeigen, dass ca. 80 Pro-zent der Businessplan-Zuständigen im Fi-nanzbereich diesen nach Lesen der Execu-tive Summary zur Seite legen. Abgesehen von seiner wichtigen Rolle als Dokument für Außenstehende fungiert der Business-plan aber auch als Guideline für das Ma-nagement selbst.

Entwicklung von Unternehmensstrategien

Bei der Entwicklung von Unternehmens-strategien profitieren KMU am meisten von einer Symbiose der wissenschaftlichen Ansätze „market based view“ (Porter´s Five Forces u.a.) und „ressourced based view” (Hamel, Prahalad, Barney u.a.). Die beiden Ansätze bündeln effektiv die verschiedenen Vorteile bei der Strategie-bildung. Während der Ansatz „market ba-

sed view“ die Strategie vorwiegend aus der Analyse des Absatzmarktes ableitet, ent-wickeln die „resourced based view“-An-hänger die Unternehmensstrategien vor allem aus den internen Ressourcen und Kernkompetenzen. Einmal formulierte Strategien sind jedoch nicht in Stein ge-meißelt, sondern müssen permanent an die politischen und ökonomischen Ver-änderungsprozesse eines Landes angepasst werden.

Handwerkszeug erfolgreicher Manager

Managementmethoden wie beispielswei-se die SWOT-Analyse, die von der Bos-

ton Consulting Group (BCG) entwickelte BCG-Matrix, Manage-ment by Objectives, Balanced Score Card gehören zu den bedeu-tendsten Handwerks-zeugen erfolgreicher Manager. Sie sollten jedoch den „soft facts“ wie Motivation der Mitarbeiter, Einbin-dung der Mitarbeiter in den Change-Prozess oder Entwicklung von kollegialer Teamarbeit eine größere Bedeutung beimessen als den „hard

facts“ (Kapital, maschinelle Ausstattung etc.). Die Theorie der „Emotionalen Intel-ligenz“, hervorgegangen aus den Motivati-onstheorien von Maslow und Herzberg, unterstützt diese Ansicht. Die Vertreter dieser Theorie betonen, dass 80 Prozent des Erfolgs im Geschäftsleben der Emoti-onalen Intelligenz zu verdanken sind. Im Gegensatz zur angeborenen rationalen In-telligenz ist sie erlernbar. Führungskräfte sollten demnach lernen, ihre Emotionen zu verstehen, sie zu lenken und sich selbst zu motivieren, bevor sie mit Empathie in der Lage sind, andere Menschen zu moti-vieren und zu entwickeln.

Fred Ludolph, Dipl. Betriebswirt, ist seit mehr als 25 Jahren Managementtrai-ner und Unternehmensberater sowie Präsident der deutsch-russischen Unter-nehmensgruppe GOLDEX. Er ist Co-Autor des im ECON Verlag erschienenen Buchs „Der Businessplan.Professioneller Aufbau und erfolgreiche Präsentation“. In der Zeit von 1990 bis Anfang 1993

war Ludolph Aufsichtsratsvorsitzender und Leiter des von der Treuhandanstalt eingesetzten Privatisierungsteams für ein Textilwerk in Sachsen.

schen Außenhandelskammer in Kiew so-wie auf ein B2B-Forum, das MP-Alumni vorbereitet und aktiv mitgestaltet haben. „Die deutsch-ukrainischen Wirtschafts-kontakte sind von großer Bedeutung. Um erfolgreich kooperieren zu können, müssen die Wirtschaftsakteure beider Länder ein-ander verstehen. Diesem Ziel dient die Ar-beit der Deutsch-Ukrainischen AHK und des MP“, betonte Markus.

„Das Programm ist wie eine Lokomotive und macht eine Umkehr der Wirtschafts-entwicklung in unse-rem Land unmöglich“, erklärte der Präsident der ukrainischen IHK, Gennadi Tschi- schikow. Ihn beein-druckte besonders der Gender-Ansatz des Programms. „Fast die Hälfte der Anwesenden hier sind Frauen. Vor allem sie schultern die Probleme, mit denen die Wirtschaft des Landes zu kämp-fen hat. Wir leben in einer Zeit, in der jeder etwas erschaffen und sich selbst verwirkli-chen kann. Das Wichtigste ist, darauf zu vertrauen, dass Sie als Elite der ukraini-schen Wirtschaft alles erreichen können. Der Anstieg unseres BIP um zwei Prozent ist insbesondere Ihnen, den Programm-absolventen, zu verdanken. Ich wünsche Ihnen und Ihren deutschen Partnern wei-terhin viel Erfolg!“

Während der Konferenz wurden Partner-schaftsvereinbarungen zwischen dem MP und den regionalen Netzwerken in Kiew, Lwiw, Sumy, Donezk, Tschernigow, Nikola-

jew, Luzk und Saporischschja unterzeichnet: der erste Schritt auf dem Weg zu einer lang-fristigen und gewinnbringenden Zusam-menarbeit. Auch andere Regionen äußerten den Wunsch, GIZ-Partner zu werden. Das Partnernetz des MP wächst und gedeiht.

Und nach alter Tradition wurde für die Gäste der Konferenz auch etwas Neues, Unkonven-tionelles organisiert: In einer Zukunftswerk-statt analysierten die Alumni den Einfluss der Industrie 4.0, spielten Zukunftsszenarien durch und suchten gemeinsam nach Antwor-

ten auf Fragen: Wie sieht ein Unternehmen im Jahr 2025 aus? Welcher Beruf wird dann überflüssig sein? Welche Unternehmensbe-reiche wird man auflösen können oder müssen? Und wie sollte man sich und sein Unternehmen auf die-

se Zukunft vorbereiten, um auf dem eigenen und auf Auslandsmärkten nicht nur zu beste-hen, sondern auch zu wachsen? Das Leben ändert sich im Sekundentakt, Industrie 4.0 hält bereits Einzug, neue Technologien sind aus unserem Leben schon nicht mehr weg-zudenken. In der Zukunftswerkstatt ging es aber auch darum, über ein neues Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nachzudenken.

Das Abendessen bot dann ein zwangloses Ambiente, um über das Erreichte zu spre-chen oder einfach nur alte Freunde wieder zu sehen. Wie jeder Jubilar erhielt auch das Programm ein Geschenk: zwei Torten und Blumen von den Projektpartnern aus Sumy und den Geschäftspartnern aus Kiew.

„Das Experiment, nach vorne in die Zukunft zu schauen, bot die Ge-legenheit, selbst vorne und sozusagen bereits in der Zukunft zu sein.“ Natalja Jegorowa, MP-Absolventin

Gennadi Tschischikow, Präsident der ukrainischen IHK Intensive Diskussionen In der Zukunftswerkstatt

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PARTNERLÄNDER PARTNERLÄNDER

28 JOURNAL Ausgabe 9 29

Traditionen und Innovationen in ZentralasienBewährtes behalten und Neues ausprobieren – das ist eine typische Kombi-nation im MP. Auch die Follow-up-Workshops in Kirgisistan und Kasachstan folgten 2016 diesem Prinzip und verbanden traditionelle Ergebnispräsentatio-nen, Auswertungsgespräche im Kreise der Gruppe und Trainingsangebote mit einer neuartigen Unternehmensanalyse.

Astana / Bischkek. Ivan Ardamin aus Bischkek öffnet die Türen seiner Firma Ardamina und heißt die Gäste willkom-men. Seit seiner Rückkehr aus Deutsch-land hat sich vieles geändert – das ist für alle Follow-up-Teilnehmer offensichtlich, die Ardamin in Deutschland kennenge-lernt haben. Inzwischen wählt er sein Personal nach konkreten fachli-chen Kriterien aus und delegiert mehr Aufga-ben. Die Fluktuation im Unternehmen ist dadurch deutlich ge-sunken. Viel stärker als in der Vergangenheit orientiert sich Ardamin bei der Zusammenstellung des Sortiments der Oberbekleidung, die er produziert, am speziellen Geschmack der Kundinnen. Da er seine Waren nicht nur im eigenen Land verkauft, variieren die Schnitte und Farben seiner Modelle in Abhängigkeit davon, ob die Mäntel und Jacken für kir-gisische, russische, kasachische oder usbe-kische Kundinnen gedacht sind. Während die einen sich gern farbenfroh kleiden, be-vorzugen die anderen einen eher zurück-haltenden Farbstil. Auch die Website ist neu. Um mit dem aktuellen Trend zum sehr schnellen Wechsel der Kollektionen mitzuhalten, hat der MP-Alumnus einen Designer fest angestellt. Dieser kreiert

die neuen Modelle und ein IT-Fachmann setzt sie in Software-Programme für die Strickmaschinen um. Die erhöhte Flexi-bilität zahlt sich in gestiegener Nachfrage aus. Die Einnahmen möchte Ardamin für Investitionen in neue deutsche Strickma-schinen und den Bau einer großen neuen

Halle nutzen. Die zu-sätzlichen Kapazitäten sollen seiner Firma ermöglichen, zukünf-tig nach Europa zu exportieren. Ardamin qualifiziert sich ständig weiter, um am Puls der Zeit zu bleiben. Auch in diesem Punkt ist er in den Augen der an-

deren kirgisischen Follow-up-Teilnehmer ein Vorbild, dem es nachzueifern gilt.

Ein Unternehmensbesuch bei einem MP-Absolventen während eines Fol-low-up-Seminars ist keine Neuigkeit. Der Gastgeber kann dabei zeigen, wel-che Veränderungen die Firma seit seinem Deutschlandaufenthalt erfahren hat. Eine Innovation bestand diesmal darin, dass der Unternehmensbesuch in Kleingruppenar-beit vor- und nachbereitet wurde, um dem Gastgeber ein Feedback zu geben. Dafür sollten die Follow-up-Teilnehmer gezielt bestimmte Managementbereiche unter die Lupe nehmen. Bei der Auswertung

sollten sie rückmelden, was im Gastgeber-unternehmen bereits gelingt, wo aus ihrer Sicht Verbesserungspotential besteht und wo sie auch etwas von ihrem Kollegen übernehmen könnten.

Spetselektra unter der Lupe

Die Firma Spetselektra in Astana stellt Schaltschränke und Transformatoren her. Dort existierte bereits die Idee, Firmen-führungen für Externe anzubieten. Der Besuch der kasachischen Follow-up-Teil-nehmer in der Firma ihres MP-Kollegen Alexej Kutscher war der erste Schritt in Richtung Umsetzung dieser Idee. Kut-scher bot zwei thematische Rundgänge an: Qualitätsmanagement sowie Change- und Innovationsmanagement. Während des Rundgangs stellten die Absolventen ihre vorher erarbeiteten Fragen. Zur Feed-backrunde nach dem Unternehmensbe-such erschien auch der Generaldirektor Sergej Malychin persönlich – ein Indiz dafür, dass Spetselektra nicht nur äußer-lich modern ist.

Die Follow-up-Teilnehmer bescheinigten Spetselektra eine funktionierende Ab-sicherung der Qualität ihrer Produkte. Davon zeugen die ISO-Zertifizierung, die dreimalige Qualitätskontrolle im Ferti-gungsprozess sowie die Verwendung von modernen Technologien und Qualitäts-materialien. Auch auf dem Gebiet Innova-tions- und Changemanagement hat Spets-elektra einiges vorzuweisen. Die Firma hat sich mit ihren konkurrenzfähigen Pro-dukten und modernen Dienstleistungen, etwa bei der Lieferung der Produkte an die Kunden, erfolgreich auf dem kasachischen

Markt positioniert. Bemerkenswert ist die Kooperation mit einer Tochterfirma, die die Montage übernimmt und dabei im engsten Kontakt mit den Kunden steht. Kritik und Reklamationen, aber auch Anregungen und Wünsche werden von der Montagefirma in schriftlicher Form fixiert und in einem regelmäßig tagenden Gremium ausgewertet. Der professionelle Umgang mit dieser Information führt zu einer verbesserten Qualität, teils sogar zu neuen Produkten auf dem kasachischen Markt. Das Prozessma-nagement wurde opti-miert in Bezug auf die Anordnung der Arbeits-plätze und ihre ergono-mische Gestaltung. Das Unternehmen führte Kanban-Karten ein, die eine Qualitätskontrolle ermöglichen und die Mitarbeiter in die Verantwortung nehmen für die ausgeführten Arbeitsgän-ge, d.h. deren Qualität, Effizienz und Pro-duktivität. Damit einher geht die flexible Gehaltspolitik mit festen und leistungsab-hängigen Elementen. Um den Anschluss zu halten, bilden sich die Mitarbeiter im In- und Ausland fort. Dies fördert die Ein-führung moderner, innovativer Technolo-gien und Prozesse.

Doch gab es auch Verbesserungsvor-schläge. Die Alumni stellten ihren Gast-gebern eine Idee zur Neugestaltung der Kanban-Karte vor. Zurzeit wird darauf lediglich der Name des Mitarbeiters fest-gehalten, der sein Produkt zur weiteren Fertigung an seinen Nachfolger übergibt. Nützlich wäre aus der Sicht der Besucher, auch den Namen des Nachfolgers auf der Karte zu fixieren. In seiner Rolle als Emp-fänger eines Werkstücks würde er im Zuge

der Umgestaltung mit seiner Unterschrift die Qualität des entgegengenommenen Produkts bescheinigen. Für den Tipp war die Leitung von Spetselektra dankbar.

Alumnikonferenz in Kasachstan

Am 11. November 2016 fand in Kasachs-tan die alljährlich von der GIZ und ihrem kasachischen Durchführungspartner or-ganisierte Alumnikonferenz statt. Diese Events haben inzwischen eine hohe An-

ziehungskraft. Über 120 MP-Alumni, unter ihnen auch zwei Gäste aus Aserbaidschan und zehn Absolventen des Bolaschak-Programms für ingenieurtechni-sche Führungskräfte

aus kasachischen Großunternehmen, folgten der Einladung. „Die MP-Teil-nehmer sind Teil der Hoffnungsträger Kasachstans“, sagte der neue deutsche Botschafter Rolf Mafael. Deren Aufga-be sei es, ihr Land in die Gruppe der 30 global führenden Wirtschaftsnationen zu führen, wie es die Entwicklungsstrategie Kasachstans vorsieht. Auf seiner früheren Station in Südkorea habe Mafael erfahren, welche Bedeutung der Qualifizierung von Fach- und Führungskräften für den wirt-schaftlichen Aufschwung zukommt. In-sofern sei das MP genau der richtige Weg zur Verwirklichung der Staatsstrategie Ka-sachstan 2050.

Ein breit gefächertes Trainingsangebot lieferte neue Erkenntnisse aus der moder-nen Managementpraxis. Hauptgedanke im Training „Benchmarking for Excellen-ce“ war die Feststellung, dass sich die kasa-chischen Unternehmen unter den Bedin-

gungen des harten Wettbewerbs an den Besten orientieren müssen, um bestehen zu können. Die Übernahme bzw. Anpas-sung von Best Practices aus anderen Un-ternehmen als strategisches Element zur Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit war für viele Alumni eine neue, sehr wertvolle Anregung. Mehr als 40 Prozent von ihnen nehmen das Benchmarking-Training zum Ausgangspunkt für Veränderungs- und In-novationsprojekte in ihren eigenen Unter-nehmen. Wie ein roter Faden zog sich im Training „Chancen in der Krise – Wege und Instrumente erfolgreicher Krisen-bewältigung“ der Gedanke des Lernens aus der Krise, d.h. die Wahrnehmung der Krise als Chance. Zum Lerneffekt gehört die zukünftig rechtzeitige Wahrnehmung von krisenhaften Situationen durch Er-arbeitung von Checklisten mit Einbau von Frühwarnindikatoren. Unter diesen Voraussetzungen kann das Management frühzeitig gegensteuern. Durch Cross-Sel-ling und Rebranding können sich krisen-geschüttelte Unternehmen ein breiteres Standbein aufbauen. Intensiv diskutierten die MP-Alumni die Möglichkeiten der Einführung der Kurzarbeit, wie man sie in Deutschland bereits in Krisenzeiten erfolgreich praktiziert hat. Sehr nützlich, weil praxisorientiert, war auch das Trai-ning „Personalwirtschaft“ unter Berück-sichtigung von ausgewählten Prinzipien des Talent-Managements. Der Talent-Pool geht von einer Personalgewinnung aus, die nicht erst bei Vakanz reagiert, son-dern bereits über potentielle Kandidaten verfügt. Das sei wie im Fußball, sagte ein Teilnehmer in der Auswertungsrunde: „Jeder große Fußballklub verfügt über Reservespieler und Nachwuchs, und neue Spieler werden eingesetzt noch bevor eine Position vakant wird“.

„Die MP-Teilnehmer sind Teil der Hoffnungs-träger Kasachstans.“Rolf Mafael, deut scher Botschafter

Die Firma hat sich mit ihren konkurrenzfähigen Produkten und moder-nen Dienstleistungen erfolgreich auf dem kasachischen Markt positioniert.

Teilnehmer der Alumnikonferenz in Kasachstan

Rolf Mafael, Deutscher Botschafter in Kasachstan Alumnikonferenz in Astana

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IM FOKUS

30 JOURNAL Ausgabe 9 31

Aktuelle Wettbewerbspolitik in Deutschland

IM FOKUS

Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es, im Interesse der Verbraucher sowie aller Unternehmen unabhängig von der Größe und Rechtsform einen funktionsfähigen, möglichst un-beschränkten Wettbewerb zu gewährleisten und nachhaltig zu sichern. Funktionierender Wettbewerb ist eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung in der deut-schen Volkswirtschaft. Wettbewerb fördert Innovationen, eine optimale Allokation von Ressourcen, die Souveränität der Ver-braucher sowie eine leistungsgerechte Verteilung finanzieller Mittel und begrenzt wirtschaftliche Macht.

Berlin. Die Wettbewerbspolitik als Kern element der deutschen Wirtschafts-politik soll im Interesse von Unterneh-men sowie von Verbrauchern die faire Kompetition auf den Märkten sichern und eine freie und soziale Marktwirt-schaft gewährleisten. Eine gute Wett-bewerbspolitik stellt zugleich eine gute Investitionspolitik sicher, so lautet der deutsche Grundsatz. Wettbewerb zwingt Unternehmen zu Innovation und Inves-tition, wenn sie am Markt Erfolg haben wollen. Wenn er funktioniert, sind auch Wachstum, Innovation und Investitio-nen im gesamtwirtschaftlichen Interesse und zum Wohl der Verbraucher garan-tiert. Eine entsprechende Politik muss deshalb die passenden Rahmenbedin-gungen schaffen, unter denen Wettbe-werb funktionieren kann, d.h. die ihn vor Beeinträchtigungen seiner Funktionsfä-higkeit durch die Marktteilnehmer selbst schützen. Hinzu kommt für eine soziale Marktwirtschaft, dass die Wettbewerbs-bedingungen nicht zu Lasten Einzelner ausgenutzt werden dürfen.

Hierzu dient vor allem das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Es adressiert entsprechende Gefahren mit

dem Kartellverbot, dem Missbrauchs-verbot für marktbeherrschende Unter-nehmen und der Fusionskontrolle. Ver-gleichbare Regelungen enthalten auch die Wettbewerbsvorschriften der Europäi-schen Union. Für deren Durchsetzung, mit Ausnahme der EU-Fusionskontrolle,

sind auch die deutschen Kartellbehörden, insbesondere das Bundeskartellamt, zu-ständig.

Risikofaktor Digitaler Wandel

Zu den großen Veränderungen der letzten Jahre zählt die sogenannte Vierte Indust-rielle Revolution mitsamt ihren schnellen technologischen Entwicklungen. Dieser Wandel stellt gerade auch kleine und mit-telständische Unternehmen (KMU) vor große Herausforderungen. Das betrifft z.B. Veränderungen infolge verstärkten Online-Vertriebs, ihre Teilnahme am In-ternet der Dinge bzw. an Industrie 4.0, Nutzungs- und Zugangsbedingungen zu Plattformen oder Fragen zum Aufbau eigener mittelständischer Netzwerke. In-soweit stellt das digitale Zeitalter neue Herausforderungen auch an die Wettbe-werbspolitik. Auf den sich dynamisch ent-wickelnden Internetmärkten müssen eine

s

„Konkurrenz belebt das Geschäft“, heißt das bekannte Sprichwort. In der Tat: Wett-bewerb treibt die Wirtschaft an und verhin-dert Stagnation. Ohne Konkurrenz hätten Unternehmen keinen Anreiz, sich weiterzu-entwickeln und zu verbessern. Sie müssten keine neuen Technologien entwickeln, um ihren Marktvorsprung zu halten. Sie müss-ten die Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb nicht mehr verbessern, um exzellente Fach-kräfte zu gewinnen und zu binden. Steigen-de Qualität der Waren und Dienstleistungen, ständige Innovationen und zunehmende Kosteneffizienz sind einem funktionieren-den Wettbewerb zu verdanken. So entsteht ein Markt mit vielfältigen Produkten in jeder Preisklasse. Und davon profitieren gleicher-maßen Konsumenten wie Produzenten.

Der Wettbewerb ist das wichtigste Gestal-tungselement der Marktwirtschaft. An-ders als in der Planwirtschaft zwingt der Wettbewerb Unternehmen unablässig zur Leistungssteigerung und Optimierung in allen Bereichen, wenn sie auf dem Markt bestehen wollen. Doch genau das macht ihn zu einem sensiblen Instrument und ge-fährdet vielerorts seine Funktionsfähigkeit. Diese zu sichern – z.B. durch Verhindern von Kartellen und Monopolen – ist Aufgabe unabhängiger Instanzen in der Justiz und Politik. In Deutschland und vielen unse-rer MP-Partnerländer existiert eine ent-sprechende Wettbewerbsgesetzgebung, deren Einhaltung von Kartellämtern, der Monopolkommission oder den Gerichten überwacht wird. Wichtig ist auch, jungen

Unternehmern den Zugang zum Markt zu ermöglichen, um die etablierten Anbieter aus der Reserve zu locken.

Der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein – dieses Prinzip muss sich jedes Un-ternehmen auf die Fahnen schreiben, das dauerhaft am Markt überleben und erfolg-reich sein will. Für Unternehmer aus den MP-Partnerländern bedeutet dies oft nicht nur, auf hochwertige Ausrüstung zu setzen, sondern auch veraltete Managementme-thoden zu überdenken und ausgeklügelte HR-Strategien umzusetzen. Zugang zu bei-den Bereichen finden sie dabei u.a. über das MP.

Im Fokus:Wettbewerb

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IM FOKUS IM FOKUS

33

wirksame Fusionskontrolle und ein wirk-samer Schutz vor Missbrauch von Markt-macht sichergestellt sein. Zugleich müssen Innovationsanreize und die Offenheit der Internetmärkte erhalten bleiben, damit die Wirtschaft und Verbraucher weiter von den Chancen profitieren können, die die wachsende Internetökonomie bietet. Die 9. Novelle des GWB, die im Frühjahr 2017 in Kraft treten wird, schafft diesen zeitgemäßen wettbewerblichen Ord-nungsrahmen. Bei dem Interessenabgleich hat die deutsche Wettbewerbspolitik die besondere Bedeutung der KMU für die deutsche Wirtschaft ebenso vor Augen wie die Notwendigkeit, ihren besonderen Belangen gerecht zu werden, damit sie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen können.

Dabei sollen keine Investitionen verhin-dert, sondern die Märkte offengehalten werden. Das ist im besonderen Interesse von KMU. Wenn marktmächtige Un-ternehmen ihre dominanten Stellungen durch Aufkauf von kleinen Unterneh-men unkontrolliert festigen oder auf neue Märkte ausdehnen können, verringern sich für innovative KMU die Anreize und Möglichkeiten, auf zukunftsträchtigen Märkten überhaupt Fuß zu fassen. Die Konzentrationsentwicklung, die in man-chen digitalen Bereichen schon weit fort-geschritten ist, etwa der Trend zu Großun-ternehmen infolge von Big Data, könnte sich noch verstärken. Für das entstehende marktmächtige Unternehmen bestünden Anreize zur Forderung von überhöhten Preisen oder zu Diskri-minierungen. Solchen Gefährdungen wären wiederum KMU stärker ausgesetzt.

Der Wettbewerbsdruck auf die deutsche Wirt-schaft durch internatio-nale Unternehmen wird in Zukunft zu-nehmen. Aus KMU-Sicht könnten zur Sicherung ihrer Marktposition, ggf. zum Aufbau eigener Plattformgeschäftsmo-delle, auch Fusionen sinnvoll erscheinen (siehe auch S. 36). Für die deutsche Wirt-

schaftspolitik haben auch die Gründungs-förderung und Entwicklung eines dyna-mischen Start- up-Marktes weiter hohe Priorität.

Schutz vor Missbrauch durch marktbe-herrschende Unternehmen

Anlass für die Analyse und Identifizie-rung von gesetzgeberischem wettbewerbs-politischem Handlungsbedarf waren auch Beschwerden u.a. von mittelständischen Unternehmen gegen bestimmte Praktiken von großen Unternehmen wie Google, Apple, Amazon oder Facebook. Diese Un-ternehmen haben mit ihren innovativen daten- und internetbasierten Geschäfts-modellen großen Erfolg und in Teilbe-

reichen eine sehr starke Marktdurchdringung. Es gibt einige Charak-teristika, die sie von traditionellen Märkten unterscheiden. Kenn-zeichnend sind kon-zentrationsfördernde Netzwerkeffekte. Große

Nutzerzahlen für ihre über sogenannte Plattformen vermittelten Angebote (z.B. Suchmaschinen, Online-Marktplätze oder soziale Netzwerke; Vergleichsporta-le teilweise mit direkten Buchungsmög-lichkeiten) steigern die Attraktivität für

andere Nutzergruppen (etwa Werbetrei-bende, Hersteller, Händler) und umge-kehrt. Für ihren ökonomischen Erfolg müssen die Unternehmen die Wirkun-gen dieser Netzwerkeffekte einschätzen, ggf. eine gewisse Größe für erforderliche Skaleneffekte haben, wie auch Fähigkei-ten zur Aufbereitung der Nutzerdaten zu den vom Kunden gewünschten Informa-tionen und Lösungen. Häufig wird dabei von einer Nutzerseite keine unmittelbare Geldleistung für die Dienste, etwa die In-anspruchnahme einer Suchmaschine, ver-langt. Erforderlich ist im Austausch aber z.B. eine Registrierung mit Nutzerdaten, die Einwilligung in deren Weiterverwen-dung zur Zusendung von personifizierter Werbung. Konkret erhobene Vorwürfe werden in Kartellrechtsverfahren u.a. der Europäischen Kommission und des Bun-deskartellamtes untersucht, die teilweise noch nicht abgeschlossen sind.

Die allgemeine Diskussion über erfor-derliche Maßnahmen umfasste weiterge-hende Forderungen nach einer generellen Regulierung von Internetplattformen mit neuen Verboten bis hin zur Zerschlagung internationaler Digitalkonzerne. Das vor-handene kartellrechtliche Missbrauchs-verbot im GWB und in den Wettbewerbs-regeln der EU für marktbeherrschende Unternehmen ist grundsätzlich auch im Zeitalter der Digitalisierung geeignet, für eine freie und soziale Marktwirtschaft zu sorgen und die erforderlichen Rahmen-bedingungen zu setzen, unter denen auch KMU erfolgreich an der Wertschöpfung teilhaben können.

Es bleibt aber bei dem Grundsatz, dass außerhalb von Fusionen der Erwerb einer marktbeherrschenden Stellung mit legiti-men Mitteln kartellrechtlich nicht verbo-ten ist. Das Ziel, Marktführer zu werden, ist Anreiz für innovative Unternehmer-tätigkeit; das Erreichen dieser Position – die verdiente Belohnung. Auch KMU

32 JOURNAL Ausgabe 9

verfolgen dieses Ziel. Nur marktbeherr-schende Unternehmen unterliegen dem Missbrauchsverbot. Sie dürfen andere Un-ternehmen nicht unbillig behindern oder diskriminieren. Eine Erstreckung dieser Verbote auf nicht marktbeherrschende Unternehmen oder die Einführung von neuen Verpflichtungen, etwa Zugang zu eigenen Netzwerken oder Ressourcen ein-zuräumen, erscheint bisher auch wegen der potentiellen Betroffenheit von KMU wettbewerbspolitisch nicht sachgerecht.

Auch bei den weiteren Überlegungen zur Lösung möglicher Probleme infolge neuer digitaler Geschäftsmodelle müssen die po-tentiellen Wirkungen auf KMU berück-sichtigt werden. Das betrifft beispielsweise Verpflichtungen zur Transparenz, zum Datenschutz oder Regelungen, die ggf. nur für einzelne Wirtschaftszweige gel-ten sollen, etwa die Personenbeförderung (Stichwort Uber) oder die Automobil-branche und Fahrzeugdaten, die Touris-musbranche oder Kreativwirtschaft.

Internationale Wettbewerbspolitik

Die deutsche Wettbewerbspolitik steht dabei nicht losgelöst von ordnungspoli-tischen Überlegungen und den Arbeiten zur Schaffung eines funktionsfähigen di-gitalen Binnenmarkts in Europa. Die Bun-desregierung arbeitet weiter eng mit ihren europäischen Partnern und der Europäi-schen Kommission zusammen. Europäi-sche Regelungen sind im Hinblick auf das weltweite Netz und global agierende Un-ternehmen oft sachgerechter als nationale Vorschriften.

Wenn sich die Märkte erweitern, muss dies bei der Prüfung eines Zusammen-schlusses durch die Wettbewerbsbehör-den gebührend berücksichtigt werden. Aber auch auf globalen Märkten gilt es, Monopole und Oligopole zu verhindern. Hierzu wird eine verstärkte Zusammen-

arbeit auf internationaler Ebene zu einer Angleichung der Prüfungsstandards füh-ren müssen.

Vor diesem Hintergrund wird die inter-nationale Zusammenarbeit der Wettbe-werbsbehörden immer wichtiger. Das BMWi arbeitet zusammen mit dem Bundeskartellamt in internationalen Or-ganisationen wie WTO, OECD und UNCTAD in den dortigen Wettbewerbs-ausschüssen intensiv mit. Auf internati-onaler Ebene geht es nicht um eine Ver-einheitlichung des Wettbewerbsrechts, sondern um die Vereinbarung von Min-deststandards, auf die sich die Staatenge-meinschaft einigen sollte.

Daneben finden Diskussionen im Rah-men des International Competition Net-works (ICN) statt, welches sich ebenfalls als Forum für wettbewerbspolitische Meinungsbildung begreift. Das ICN ist ein im Jahr 2000 auch auf Betreiben des Bundeskartellamtes geschaffenes Netz-werk zwischen Wettbewerbsbehörden. Rund 130 nationale und multinationale Wettbewerbsbehörden sind Mitglieder beim ICN.

Jährliche Konferenzen geben den Leitern der Wettbewerbsbehörden die Gelegen-heit, sich auszutauschen, die Zusammen-arbeit zwischen den Kartellbehörden zu verbessern und Empfehlungen auszuspre-chen. Die Arbeit ist in einer Reihe von Fach-Arbeitsgruppen organisiert. Zu be-grüßen ist besonders die Einbeziehung der Entwicklungsländer. Das ICN hat sich so als weiteres wichtiges Forum für „Compe-tition Advocacy“ herausbilden können.

Von Dr. Silvia Leipelt, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Funktionierender Wettbewerb ist eine wesentliche Voraus-setzung für Wachstum und Beschäftigung.

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Ägypten

IM FOKUS IM FOKUS

34 JOURNAL Ausgabe 9 35

Innovationen und Außenhandel in den MP-Partnerländern

Inländische Patentanmeldungen (2014)

Quelle: Statistisches Bundesamt & World Trade Organization (WTO)

Anzahl Handelsabkommen (2016)

Export Mrd. US$ (2015)

Export in % des BIP (2015)

9 722,00

13%

Aserbaidschan

38%

214 11,3

Iran

24%

Belarus

60%

82

826,8

China

22%

587

15

2.281,9

Kirgisistan

239

1,4

Georgien

45%24

9 2,2

Ukraine

53%

54

38,10

16

Deutschland

47%

913

45

1.331,20

37%

Mexiko

1015

380,7

35%

Tunesien

13 14,17

46%

Moldau

196 2

43%

Mongolei

48

1 4,7

45%

Usbekistan

11 4 k.A.

21%

Turkmenistan

10(1999) 5 k.A.

73%(2012)

Indien

917

264,40

23%

Kasachstan105

11

41,829%

Russland169 343,9

13

30%

Vietnam

510

150,20

90%

2

174 130,5

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IM FOKUS IM FOKUS

37

Naturgemäß haben Branchenriesen auf-grund ihrer Größe erhebliche Vorteile bei Einkauf, Produktion und Vertrieb. Darunter leiden viele Mittelständler. Im Wettbewerb mit Großunternehmen fällt es ihnen immer schwerer, wirtschaftlich erfolgreich zu handeln. Besonders regio-nal agierende und spezialisierte Firmen geraten in vielen Branchen ins Hintertref-fen. Großunternehmen rollen den Markt auf und machen ihnen das Leben schwer.

Eine zeitgemäße Strategie im Wettbewerb mit Branchenriesen sind Kooperationen. Sie helfen Mittelständlern dabei, ratio-neller zu arbeiten, Leistungsangebote zu

Kleine und mittlere Unternehmen haben es im Wettbewerb mit Großunternehmen nicht leicht. Mit Kooperationen kön-nen sie ihre Marktposition deutlich verbessern. Welche Po-tentiale sich bieten und wie Unternehmen vorgehen sollten.

ergänzen, neue Marktchancen zu ergrei-fen und nicht zuletzt Kosten und Risi-ken auf mehrere Schultern zu verteilen. Doch noch schöpft nur ein Bruchteil der mittelständischen Unternehmen die vor-handenen Potentiale konsequent aus. In zunehmend umkämpften Märkten sollten Firmen verstärkt über eine überbetriebli-che Zusammenarbeit nachdenken.

Kooperation als Chance

Viele Unternehmen unterhalten bereits ein Netzwerk von Partnerfirmen, mit denen sie eher locker zusammenarbeiten. Echte Kooperationen gehen deutlich weiter. Die

Partner schließen einen Kontrakt und ar-beiten bei internen oder externen Abläufen eng zusammen. Sie bündeln ihre Kräfte, stimmen Teilleistungen ab und entwickeln bei Bedarf einen einheitlichen Marktauf-tritt. Eine Kooperation eröffnet je nach Form und Ausgestaltung zahlreiche Poten-tiale (siehe Infokasten). Dabei bleiben die Partner rechtlich selbständig.

Als Kooperationspartner kommen nicht nur Unternehmen mit ergänzenden Leis-tungen in Frage. Gerade Allianzen mit gleichartigen oder verwandten Fachbe-trieben sind sehr aussichtsreich. Es bieten sich Kooperationsmöglichkeiten über die gesamte Wertschöpfungskette. Stellen die Partner den Konkurrenzgedanken hin-ten an, können sie viele Synergien und Wachstumspotentiale nutzen. Je nach Ziel der Kooperation sitzen die Partnerunter-nehmen in der gleichen Region, in einem anderen Bundesland oder auch im weit entfernten Ausland.

Ein besonders großes Potential besteht, wenn Kooperationspartner ein spezielles Produkt in einem großen Gesamtmarkt anbieten. Nischenanbieter können ihre Marktbedeutung ausbauen und gemein-sam ihre Nische beträchtlich erweitern. Voraussetzung ist eine enge Verzahnung der betrieblichen Aktivitäten: Neben gemein-samen Marketingaktivitäten ist oft auch ein gebündeltes Schulungsprogramm sinnvoll, was einzelne Partner finanziell und logis-tisch kaum schultern können.

Keine Scheu vor Kartellen

Kartelle können strukturelle Wettbewerbs-nachteile kleinerer Akteure ausgleichen und das Leistungsangebot zugunsten der Kunden verbessern. Grundsätzlich ver-bieten das deutsche und europäische Kar-tellrecht alle Aktivitäten, die den fairen Wettbewerb verhindern, einschränken oder verfälschen. Doch gerade die mittel-ständisch geprägte deutsche Wirtschaft hat mit erheblichen strukturellen Nachteilen gegenüber Großunternehmen zu kämpfen. Dem trägt das deutsche Kartellrecht Rech-nung. Sogenannte „Mittelstandskartelle“ sind hierzulande weitgehend vom Kartell-verbot befreit, wenn sie die Wettbewerbs-fähigkeit der beteiligten Unternehmen ver-bessern. Legitime Kooperationsziele sind etwa eine straffere Einkaufs- und Vertrieb-sorganisation, schnellere Lieferfristen oder eine bessere Produktqualität.

Das richtige Vorgehen

Verlockende Ideen für Kooperationen gibt es viele. Jedoch: Es liegt in der Verantwor-tung der Kooperationspartner, die recht-lichen Rahmenbedingungen zu erfüllen. Vor bösen Überraschungen bewahrt eine erste, auf die speziellen Bedürfnisse der Kooperation ausgerichtete Marktbetrach-tung unter Hinzuziehung eines Juristen für Wettbewerbsrecht.

Existieren keine unüberwindbaren juris-tischen Schranken, kann die Suche nach passenden Kooperationspartnern begin-nen. Nicht selten finden sich im beste-henden Netzwerk interessante Kandida-ten, zu denen schon eine Vertrauensbasis existiert. Ferner sind internetbasierte Ko-operationsportale, bundesweite Messen oder regionale Wirtschaftstage eine gute Anlaufstelle. Auch das Scouting von ge-eigneten Partnern mit Hilfe von markt-kundigen Beratern ist erfolgversprechend.

Kooperationspartner sollten nicht nur fachlich zueinander passen. Partner haben zum Teil sehr unterschiedliche Interessen. Schnell entstehen Konflikte, die den Erfolg der Kooperation gefährden. Wenn auch die Chemie untereinander stimmt, fällt der Auf-bau einer fairen Zusammenarbeit leichter. Kurzfristige firmenindividuelle Interessen müssen hinter langfristigen gemeinsamen Zielen zurückstehen. Anreiz ist ein weitaus größerer Erfolg als er alleine erzielbar ist. Steht das Gründerteam, sollten die Part-ner den Kooperationsrahmen einschließ-

lich Kosten- und Aufgabenverteilung ausarbeiten. Zunächst sollten sie für den Zweck der Kooperation eine detaillier-te Marktanalyse erstellen. Dann sollten sie mit juristischer Unterstützung eine Marktbeschreibung entwickeln, die die Vorteile der Kooperation für den Gesamt-markt hervorhebt. Eine häufige Kernüber-legung ist: Viele kleinere Marktteilnehmer werden von großen Wettbewerbern aus dem Markt gedrängt. In diesem Fall ist es für den Gesamtmarkt von Vorteil, wenn sich kleinere Akteure bis zu einer gewissen Größe zusammenschließen.

Die Chancen und Risiken sollten in eine Wirtschaftlichkeitsrechnung einfließen. Die angestrebten Umsatz- und Rationa-lisierungseffekte stehen den anfallenden Kosten und Mehrbelastungen der Koope-rationsfirmen gegenüber. Auf Grundlage dieser Zahlen sollten die Partner ein trag-fähiges Geschäftsmodell für die Koopera-tion entwickeln.

Mögliche Konfliktpunkte regeln

Es ist nicht praktikabel, alle denkbaren Handlungsoptionen in einem dicken Re-gelwerk zu fixieren. Eine durch Vertrauen geprägte Zusammenarbeit kann schnel-ler und flexibler auf Marktentwicklungen reagieren. Nichtsdestotrotz sollten die Partner einen schriftlichen Kooperations-vertrag schließen. Er sollte neben Punk-ten wie Kooperationszielen, Rechten und Pflichten der Partner sowie Vertragsbeginn, Dauer und Kündigung auch streitanfällige

Aspekte nicht ausklammern. Wichtig sind Regelungen hinsichtlich Wettbewerbsver-bot, Konfliktbewältigung und Ausschluss eines Kooperationspartners.

Jetzt kann die Kooperation starten. Zu-nächst werden eine gemeinsame Orga-nisation aufgebaut und alle beteiligten Mitarbeiter geschult. Wird die Geschäfts-stelle bei einem Partnerunternehmen eingerichtet, besteht die Gefahr eines In-formationsungleichgewichts. Praktikab-ler sind ausgelagerte Geschäftsstellen bei spezialisierten Dienstleistern. Von Vorteil ist der gezielte Einsatz von webbasierten Software-Tools, um einen schnellen und unkomplizierten Datenaustausch zu ge-währleisten. Die Partner sollten rund drei Monate nach Start der Kooperation ein erstes Fazit ziehen und notwendige Nach-besserungen vornehmen.

Kooperation erfordert Führung

Zwischen Kooperationspartnern kann es leicht brodeln, nicht zuletzt wenn sie sich im Markt als Konkurrenten gegenüber stehen. Langfristig angelegte Kooperatio-nen bauen vor und engagieren einen unab-hängigen Kooperationsmanager. Er kann zwischen unterschiedlichen Interessen moderieren und Alleingänge von Partnern unterbinden helfen. Transparente Planun-gen und ein systematisches Controlling beruhigen die Gemüter und verhindern Streitigkeiten über Budget und Kostenver-teilung. Auch das Marktumfeld erfordert dauerhaft ein besonderes Augenmerk. Ein neutraler Kooperationsmanager behält in Abstimmung mit einem spezialisierten Fachanwalt die Einhaltung aller wettbe-werbsrechtlichen Vorgaben genau im Blick.

Je erfolgreicher die Kooperation wirt-schaftet, desto mehr Verantwortung müssen die beteiligten Unternehmen oh-nehin abgeben. Im Erfolgsfall ist die Ko-operation nur die Vorstufe zu einer noch verbindlicheren Organisationsform, etwa einer gemeinsamen Vertriebsgesellschaft mit eigener Geschäftsführung.

Trumpfkarte im WettbewerbKooperation:

36 JOURNAL Ausgabe 9

Dr. Ralf Mühlbauer ist Inhaber und Geschäftsführer der Management Bera-tungsgesellschaft InnovaPart in Asbach, einer unabhängigen Beratungsgesell-schaft für mittelständische Unternehmen. Gemischte Projektteams aus Beratern und Inhouse-Mitarbeitern gewährleisten praxisgerechte Lösungen. Besondere Expertise besteht in den Bereichen

Marktpositionierung und Zukunftssicherung. Weitere Infos unter www.innovapart.de

Von Kooperationen profitierenEgal ob Einkauf, Produktion, Marketing, Vertrieb, Verwaltung oder Forschung: Es gibt viele denkbare Kooperationsfelder. Mit vereinten Kräften können kleinere Unternehmen ihre Kosten senken, ihren Umsatz steigern und ihre Qualität verbessern.

1. Kosten senken: Kleine Unternehmen kämpfen oft mit hohen Kosten. Ein gemein-schaftlicher Einkauf sichert kleinen Akteuren ähnlich gute Konditionen wie Großunter-nehmen. Eine Produktions-kooperation lastet vorhandene Kapazitäten besser aus und senkt Produktionskosten. Auch gemeinsame Werbung, Vertriebsaktivitäten oder Büroorganisation schonen die Firmenkasse.

2. Umsatz steigern: Kun-den erwarten verstärkt Full-Service aus einer Hand. Gemeinsam können Partner ihr Leistungsspektrum erwei-tern. Sie qualifizieren sich für größere Aufträge und konkur-rieren mit Großunternehmen. Eine Vertriebskooperation erschließt neue Absatzmärkte und Kunden. Der Aufbau einer überregionalen Vertriebsstruk-tur entfällt, da ein Partner den anderen vertritt.

3. Qualität verbessern: Für viele Anforderungen ist Spe-zialwissen gefragt. Ein enger Erfahrungsaustausch fördert die Entwicklung innovativer Produkte und Leistungen. Ein gemeinsamer Kundendienst erhöht die Servicequalität und verbessert das Markenimage. Auch neue Projekte etwa im Bereich Energieeffizienz und Umweltschutz lassen sich zu-sammen leichter bewältigen.

Quelle: InnovaPart MDL GmbH, www.innovapart.de

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IM FOKUSIM FOKUS

3938 JOURNAL Ausgabe 9

Im Handel wird der Wettbewerb härter. Durch Globalisierungsprozesse und zunehmende Orientierung der Hersteller selbst auf den eigenen Vertrieb geraten klassische Handelsunternehmen zunehmend unter Druck. Wie sie auf diese Trends reagieren, sich vor Verlusten schützen und konkurrenzfähig bleiben können, erklärt Unternehmensberater Ulrich Eggert anhand von 20 Methoden.

Der Handel wird in den kommenden Jah-ren von einem enormen Verdrängungs-wettbewerb gekennzeichnet sein. Es wird nicht mehr um Händler A gegen Händ-ler B, sondern um Systemgruppe A ge-gen Systemgruppe B und Filialsystem A gegen Franchisesystem B gehen. Außer-dem wird es zu einem scharfen Wettbe-werb zwischen den Branchen kommen, denn wer ein Auto kauft, verzichtet auf die Anschaffung von beispielsweise Mö-beln. Wer in Urlaub fährt, verschiebt die Renovierung der Wohnung. Und wer ins Ausland in Urlaub fährt, kauft auch gleich dort ein, weil etwa Kleidung inte- ressanter oder sogar preiswerter zu haben

Strategien für Wettbewerb im Handel

ist. Und über allem schwebt das Internet mit E-Commerce!

Der Innerbranchenwettbewerb wird durch einen Interbranchenwettbewerb, der nationale durch den internationalen Wettbewerb erweitert. Zudem verschärft die Industrie den Druck auf den Handel, indem sie durch vorwärts gerichtete Ver-tikalisierung selbst verkauft. So vertrieben etwa Hersteller wie Gerry Weber ihre Pro-dukte früher komplett über den Handel. Heute sind es gerade einmal noch etwa 50 Prozent, und in zehn Jahren vielleicht nur noch zehn Prozent. Wollen Händler in dieser Situation überleben, müssen sie

sich von der Konkurrenz unterscheiden, differenziert auftreten und dazu innovati-ve Überlegungen anstellen (siehe Abb. 1).Was sind aber nun die Methoden, die Erfolgsfaktoren und Strategien, die ein-zelne Unternehmen nach vorne bringen können? Denn wenn man sich die vom Grundsatz her mangelnde Nachfrage seitens der Bevölkerung ansieht, die ihre Ursache vor allem in einer schwachen Netto realeinkommenssteigerung, sin-kenden Bevölkerungszahlen und einer starken Verschiebung in Richtung Dienst-leistungen hat, ist in Deutschland mit einer generellen Branchenkonjunktur des Handels in den nächsten zehn Jahren nicht zu rechnen. Nur Firmenkonjunktu-ren werden einzelne Unternehmen nach vorne bringen können. Die momentane Flüchtlingswelle schwächt diese Trends nur vorübergehend ab.

Mit den folgenden Methoden haben Handelsunternehmen auch heute eine reale Chance, sich dem fortdauernden Downsizing bei Umsatz und Rendite zu entziehen:

1. Differenzierung durch Innovationen

Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, müssen sich in wesentlichen Aspekten von Mitwettbewerbern unterscheiden. Dazu reicht es nicht aus, auf Maßnah-men der Konkurrenz zu reagieren. Das Unternehmen muss selbst innovativ sein und Innovationen entwickeln, die es nach vorne bringen (siehe Abb. 2). Dabei geht es vor allen Dingen um Leistungsinnova-tionen, also um diejenigen, die der Kunde erkennt. Aber auch um Prozessinnovatio-nen, mit denen Unternehmen effizienter und effektiver arbeiten können. Ergänzen-de Sozialinnovationen, die die Mitarbeiter enger an das Unternehmen binden und motivieren, komplettieren das Feld.

2. Kundenorientierung

Es ist immer noch vorteilhafter, vorhande-ne Kunden zu halten und mit ihnen mehr Umsatz zu machen, als neue Kunden zu gewinnen. Deshalb ist eine durchgehende Kundenorientierung in Programm und Auftritt wichtig, um die Kundenbindung zu steigern und Neukunden für das Un-

ternehmen gewinnen zu können. Moder-ne Methoden hierfür sind Kundenkarten und die Akzeptanz von Kreditkarten, Newsletter, Blogs sowie entsprechende persönliche Betreuung.

3. Bedarfsorientierung

Der entscheidende Ansatz zur Kunden-orientierung ist die Bedarfsorientierung: Die Unternehmen sollten nur das anbie-ten, was der Kunde auch haben möchte – und nicht das, was sie aus irgendwelchen Gründen eingekauft haben. Der Segen liegt nämlich nur dann im Einkauf, wenn die eingekaufte Ware auch verkauft wer-den kann.

4. Dienstleistungen und Problemlösungen

Bereits 54 Prozent aller Konsumausgaben der Deutschen sind heute Dienstleistun-gen. Wenn der Handel nur Ware verkauft, deckt er zu nicht einmal mehr 30 Prozent die Nachfrage der Verbraucher – im Jahre 2020 werden das noch allenfalls 25 Pro-zent sein. Der Kunde möchte Problemlö-sungen und die heißen: Ware + Dienstleis-tung + Service + Beratung + Information + After Sales Services!

5. Ware + Dienstleistung + Service

Wer neben der eigentlichen Ware auch Dienstleistungen und Services anbietet, reagiert auf Kunden, die mehr wollen als nur das Notwendige. Diese Kunden ent-wickeln eine sogenannte „Neue Mitte“, die ihren Platz verteidigt und durchaus of-fensiv auftritt, indem sie billige, aber auch teure Produkte aus dem Markt verdrängt. Beispiele dafür sind das Engagement von Karl Lagerfeld bei H&M, die Gourmet-linien der Discounter oder auch der VW Touareg – ein Luxusprodukt eines Mas-senherstellers.

6. Sortimentsoptimierung

Die Sortimente müssen optimal auf den Kunden ausgerichtet sein. Das bedeutet zweierlei: auf der einen Seite „Category Migration“, also das Hineindringen in andere Sortimente, indem Handelsun-ternehmen die eigenen Angebote durch Randbereiche erweitern. Beispiele sind hier IKEA, Tchibo, Bau- und Heimwer-kermärkte oder auch Discounter. Auf der anderen Seite heißt das aber auch Sorti-mentsverzicht, nämlich den Verzicht auf

die Dinge, die Unternehmen nicht be-herrschen, die die Kunden nicht wollen, die das Image zerstören oder die die Läden unübersichtlich machen.

7. Kooperation und strategische Allianzen

Kaum ein Unternehmen wird es künftig schaffen, im Handel alleine erfolgreich zu sein. Kooperiert werden wird im Einkauf, in der Werbung und – noch viel wichtiger – im Verkauf. Ein gemeinsamer Einkauf ist die Grundlage dafür.

8. Systemvertrieb

Der gemeinsame Verkauf geht über in den Systemvertrieb, d.h. Unternehmen schlie-ßen sich zusammen unter einer Leitstrate-gie, die sie gemeinsam befolgen, die wie in einem Filialsystem bundesweit möglichst einheitlich auftritt und sich entsprechend in nationaler Werbung wie auch im In-ternet darstellen lässt. Allein arbeitende Firmen verlieren Marktanteile, kooperie-rende wachsen leicht. Alle Systemanbie-ter gehören zu den schnellstwachsenden Unternehmen im Markt, also Filial- und Franchisesysteme oder auch Vertikalisten.

9. Vertikalisierung

Handelsunternehmen müssen es schaf-fen, die Hersteller per Vertrag an sich zu binden. Dazu müssen sie sich rückwärts vertikalisieren. Das heißt: Produkte und Marken exklusiv führen. So lässt sich auch bei der Kalkulation und der Werbung ent-sprechend auftreten. Industrieunterneh-

men machen es schon heute vor, indem sie Handelsunternehmen durch Shop-in-Shop- und Flächenverträge, Concessions, eigene Filialen oder über Franchising an sich binden.

10. Retail Brand

Erfolgreiche Handelsunternehmen ma-chen sich selbst zur Marke, und die wich-tigsten Produkte, die sie verkaufen, führen eben diese Marke. Hierzu zählen Unter-nehmen wie H&M, Esprit oder IKEA. Diese Unternehmen stecken die ganze Kraft in die eigene Marke, in sich selbst, statt Marken eines dritten Herstellers groß zu machen.

11. Multi-Channel-Retailing

Das Internet wird künftig ein entscheiden-der Marktfaktor werden. Händler, die ihre Ware nur in stationären Läden anbieten, werden künftig auf Nischen angewiesen und beschränkt bleiben. Offensive Unter-nehmen hingegen werden versuchen, Ver-braucher auf allen Kanälen anzusprechen und dort auch zu verkaufen. Stationär, per Katalog, übers Internet, Newsletter oder auch durch Affiliate- und Content-Mar-keting.

12. Outsourcing

Kooperationen beim Einkauf sind das eine, vertragliche Auslagerungen an Dritte das andere. Insbesondere im Zeichen des Multi-Channel-Handels ist es sinnvoll, das gesamte Handling des dahinter stehenden

Die neuen Wettbewerbsdimensionen …

… bei explodierenden Handelsflächen

Wer ein neues Auto kauft, kauft keine Möbel!

Absoluter Verdrängungs-Wille

Inter-Branchen-Wettbewerb

Inner-Branchen-Wettbewerb

SystemWettbewerb

TechnischerWettbewerb

(Internet; RFID)

InternationalerWettbewerb

WirtschaftsstufenWettbewerb

Kampf um die Verbraucherausgaben

Abbildung 1

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40 JOURNAL Ausgabe 9 41

IM FOKUS IM FOKUS

Versands wie etwa Controlling, Werbung, Objektverwaltung oder Fuhrparkmanage-ment an externe Unternehmen auszula-gern. Je mehr abgegeben wird, desto gerin-ger ist jedoch die eigene Wertschöpfung. Hier sollten Handelsunternehmen gut überlegen, was sie selbst erledigen möchten und wo ihre Kernkompetenz liegt.

13. Internationalisierung

Wem es auf dem Heimatmarkt zu eng wird, erschließt sich neue Märkte im Aus-land. In der EU ist das einfacher gewor-den, wie Firmen wie etwa Fressnapf oder Douglas beweisen.

14. Neue Formate

Handelsunternehmen müssen ständig neue Angebotsformen, neue Betriebsty-pen und damit neue Formate entwickeln. Formate sind nichts anderes als eine neue Mixtur der Marketingelemente Preis-, Kommunikations-, Sortiments- und Dis-tributionspolitik (siehe Abb. 3).

15. Mehrschienen-Politik

Je ausgedehnter ein Filialnetz oder grö-ßer der regionale Marktanteil wird, umso sinnvoller ist es, nicht mit einer Idee über Land zu ziehen, sondern die Idee zu split-ten und zwei oder sogar drei Schienen aufzubauen. Das können zum Beispiel verschiedene Hausgrößen für Groß-, Mit-tel- und Kleinstädte oder Vororte und Nebenlagen sein. In preislicher Hinsicht auch Differenzierungen wie etwa eine Fachmarkt- oder Discountfiliale als Er-gänzung zum Stammgeschäft. Oder die filialbezogene Übernahme eines Franchi-

se-Konzepts, um auch andere Kunden-gruppen anzusprechen.

16. Technisierung durch RFID

Die kontaktlose Radio-Frequency Identi-fication (RFID) wird für den Handel im-mer wichtiger, vor allem in Bezug auf den Massenabsatz. Durch RFID-Technologie beziehungsweise den Einsatz von Trans-pondern kann der gesamte logistische Hintergrund rationalisiert werden. Künf-tig wird es sogar möglich sein, ganze Ge-schäftskonzepte auf der Basis dieser Chips aufzubauen, indem RFID am „Front End“, also beim Verbraucher, eingesetzt wird (zum Beispiel automatischer Check-Out inklusive Bezahlung oder auch auto-matische Diebstahlsicherung).

17. Virtuelle Unternehmensführung

Es gibt Unternehmen, die weder produ-zieren noch handeln – und trotzdem viel Geld verdienen. Bei der virtuellen Unter-nehmensführung beschränkt sich das Un-ternehmen einzig und allein auf die Marke. Es lässt Produkte entwickeln, produzie-ren und diese von Dritten, zum Beispiel Franchisepartnern, verkaufen. Es bewirbt den Verbraucher, diese Produkte bei den Franchisepartnern einzukaufen. Diese wiederum bestellen die Produkte bei den Herstellern und das Zentral-Unternehmen benötigt nicht einmal ein Lager. Das ge-samte Risiko wird auf Dritte verteilt.

18. Verträge

Insbesondere bei der virtuellen Unterneh-mensführung, aber auch schon bei der Vertikalisierung und Systembildung ist die

Ulrich Eggert ist Unternehmensberater sowie Markt-, Trend- und Zukunftsfor-scher. Vor seiner freiberuflichen Tätigkeit arbeitete er für die ehemalige BBE Unternehmensberatung GmbH, u.a. als Geschäftsführer. Eggert blickt auf über 30 Jahre beratende und forschende Tätigkeit für den Handel sowie die Absatz- und

Konsumgüterwirtschaft zurück. Kontakt: [email protected]; www.ulricheggert.de; vielfältige kostenlose Downloads zu Handel & Vertrieb: www.ulricheggert.de/kostenlosestudien

Dipl.-Betriebswirt Ingo F. Schreiber, MBA, Geschäftsführer SCHREIBER + WEINERT GmbH, Hannover

Dr. rer. oec. Perry Schlottmann, Geschäftsführer Supplyo GmbH, Hannover

Wettbewerbsvorteil eProcurement-LösungenWarum müssen sich Einkaufsabläufe in Unternehmen ändern und wie? Um wettbewerbsfähig zu bleiben, unterliegen alle Unternehmen im In- und Ausland dem Zwang der Digitalisierung. Diese Transformation muss pro-fessionell gemanagt werden. Während Lösungen für den Einkauf hierfür in der Vergangenheit häufig für KMU nicht finanzierbar waren, gibt es sie nun kostenneutral auf Internetbasis. Diese Lösungen heißen eProcurement- Lösungen und beschreiben einen in betriebliche Warenwirtschaftssysteme integrierten Beschaffungsprozess.

Der Gewinn liegt im Einkauf. Um den Einkauf besser aufzustellen, nutzen erfolg-reiche Unternehmen eine elektronische Multilieferanten-Beschaffungsplattform, um die sogenannten C-Teile zu beziehen. C-Teile sind, grob umrissen, solche Arti-kel, die nicht in das Produkt eingehen – also alles vom Betriebsausstattungsbedarf über Arbeitskleidung bis zum Bürobe-darf. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die häufig kleinteiligen und niedrigpreisigen C-Artikel werden einmal im Jahr vom Einkauf verhandelt. Die betrieblichen Be-darfsträger übernehmen dann autonom die Beschaffung über die Plattform. Dies bedeutet deutlich mehr Freiräume für den Einkäufer, der mehr Zeit für die Auswahl und Verhandlung hochpreisiger Produkte und Dienstleistungen hat.

Das technische Großhandelsunternehmen Schreiber + Weinert GmbH aus Hannover

bietet weltweit eProcurement-Lösungen für die Beschaffung an. Der Mittelständ-ler lädt zudem auch regelmäßig MP-Teil-nehmer zu Infoveranstaltungen ein. Ge-schäftsführer Ingo F. Schreiber hat auch bereits Vorträge in der Mongolei über eProcurement gehalten. „Wir bieten den Vorteil, dass es nicht Monate dauert, um die Plattform zu installieren“, sagt er zu den Lösungen. „Unmittelbar nachdem die Entscheidung für eine Beschaffungsplatt-form getroffen ist, kann das Unternehmen mit der Realisierung von signifikanten Ein-sparungen beginnen. Hierbei kann es sich um die Bereitstellung von elektronischen Produktkatalogen für Unternehmen han-deln, die bereits eine elektronische Beschaf-fungsplattform im Einsatz haben. Oder das Unternehmen entscheidet sich für eine be-triebskostenfreie eProcurement-Plattform“. Wichtig zu wissen sei, dass der Einkauf weiterhin über die Plattform mit seinen

langjährigen Lieferanten zusammenarbei-ten kann.

Eine solche eProcurement-Plattform bie-tet zum Beispiel die in Hannover ansässige Supplyo GmbH an. „Das Interessante an Supplyo als Plattform ist, dass sich damit die individuellen Wünsche eines jeden Kunden für ein erfolgreiches eProcurement umsetzen lassen“, erläutert Supplyo-Ge-schäftsführer Dr. Perry Schlottmann. „Je-des Unternehmen hat andere Organisa-tionsstrukturen und benötigt daher eine speziell zugeschnittene Lösung. In unserem „Alles aus einer Hand“-Ansatz sind wir in der Lage, alle wichtigen Besonderheiten zu berücksichtigen“. Supplyo vereint das lang-jährige technische Know-how mit dem kaufmännischen Wissen der Schreiber + Weinert GmbH. Auf diese Weise profitiert der Kunde doppelt: Er erhält die technische und die kaufmännische Expertise – hat aber trotzdem nur einen Ansprechpartner.

Auch wenn es das Ziel elektronischer Platt-formen ist, alle C-Teile über die Plattform abzuwickeln, wird man nach der Einführung einer eProcurement-Plattform feststellen, dass es noch immer Artikel gibt, die nicht im Artikelkatalog enthalten sind. Diese Artikel werden über sogenannte „Freitext“-Bestel-lungen abgewickelt. Auch hierfür bieten Un-ternehmen Lösungen. Da ist zum Beispiel das BIN (Bundling Industrial Needs) Kon-zept: Hier bietet der Dienstleister an, Arti-kel, die nicht auf der eProcurement-Platt-form gefunden werden, gebündelt zu liefern. Das spart die kostenintensive Anlage und Pflege von Lieferantenstammdaten.

Es ist an der Zeit für Unternehmen aller Größenordnungen, auf eProcurement-Lö-sungen umzustellen, um die Wettbewerbs-fähigkeit zu steigern. Mit einer Lösung, die schnell installiert werden kann und die betriebskostenfrei ist, kann von heute auf morgen Einsparpotential im Unternehmen gehoben werden.

richtige Vertragsgestaltung von äußerster Wichtigkeit. Interessant wird es insbeson-dere beim Einstieg ins Franchisegeschäft oder beim Thema Lizenzen.

19. Mitarbeiterorientierung

Mitarbeiter an das Unternehmen zu bin-den, sie zufrieden zu stellen und zu Höchst-leistungen zu motivieren funktioniert nur mit einer entsprechenden Orientierung in den Köpfen der Unternehmensleitung. Wer seine Mitarbeiter „liebt“, hat Chancen, von den Kunden „geliebt“ zu werden!

20. Controlling und Unternehmens- planung

Eine Unternehmensführung ohne Unter-nehmensplanung ist in heutigen Zeiten zum Scheitern verurteilt. Doch hilft ein Plan we-nig, wenn er nicht kontrolliert wird, um bei Abweichungen Maßnahmen zu ergreifen. Je größer das Unternehmen, desto aufwen-diger wird die Planung und das Controlling. Es müssen nicht immer gleich ERP-Pro-gramme (Enterprise-Resource-Planning) sein, aber Warenwirtschaftssysteme und kurzfristige Erfolgsrechnungen, die erken-nen lassen, wo das Unternehmen sein Geld verdient, sind unverzichtbar.

Führungs- und Management-Innovationen

Marktleistungs-Innovationen (Angebote)

Informations- und Kommunikations-

Innovationen

Geschäfts- Modell-

Innovation

Organisations-, Verfahrens-

und Prozess- InnovationenSozial-Innovation

(Entlohnung, Führung,…)

Differenzierung durch Innovationen

Alles-Könner(„Tote“ Mitte)

LIFESTYLE-Orientierung

Eigenständige Konzepte Satelliten-Konzepte

Discount-Orientierung Service- / DL-Orientierung

ERLEBNIS-Shopping LUXUS-Märkte

Nachbarschafts-Orientierung

Neue Formate

Abbildung 2 Abbildung 3

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IM FOKUS

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IM FOKUS

Kaum eine Disziplin verändert sich derzeit so rasant wie das Innovationsma-nagement. Unternehmen, die im Wettbewerb um Innovationen vorne liegen wollen, verabschieden sich mehr und mehr von dem Gedanken, dass sich Neues primär über Prozesse entwickeln lässt. Etablierte Konzepte geraten zunehmend in die Kritik. In vielen Unternehmen funktioniert Innovation nicht wegen, sondern trotz des klassischen Innovationsmanagements. Um Innovationen wirklich voranzutreiben genügt es nicht, Prozesse zu etablieren und Verantwortliche zu benennen: Das gesamte Unternehmen muss innova-tionsfähig werden.

42 JOURNAL Ausgabe 9

Weniger managen, mehr machen!

Innovation als Wettbewerbsvorteil

In den Anfängen des Innovationsma-nagements schien die Welt so einfach: Man definierte einen klaren Prozess von der Ideenauswahl bis zur Umsetzung, unterteilt in verschiedene Entwicklungs-phasen und Entscheidungspunkte. In der Phase der Ideensammlung wurden Geistesblitze entwickelt, mit Hilfe aus-geklügelter Priorisierungs- und Analyse-techniken die besten herausgepickt und zu Konzepten weiterentwickelt, ein Busi-nessplan wurde verfasst und geprüft, das Risiko genau abgewogen, erst dann ging es in die kostspielige und risikoreiche Umsetzung.

Dieses Konzept versprach Sicherheit und eine koordinierte Umsetzung. Und doch haben sich genau diese Innovationsprozes-se in zahlreichen Branchen als Innovations-hindernis entpuppt: So schrieb der briti-sche Wissenschaftler Tudor Rickards schon 1996, dass sich Unternehmen zunehmend von dem Gedanken verabschieden müssen, dass Innovation einem klaren Ablauf folge.

Innovation betrifft das ganze Unterneh-men

Unternehmen, die durch Innovationen Wettbewerbsvorteile generieren wollen, brauchen mehr als Innovationsprozesse und

Businesspläne. Innovation muss sich durch das gesamte Unternehmen ziehen. Mit Prozessinnovationen, mit der Entwicklung neuer Vertriebswege und -kanäle, durch die Implementierung innovativer Personal-, Marketing- und Recruitingmaßnahmen, durch innovative Produkt-, Dienstleis-tungs- und Geschäftsmodellinnovationen oder durch komplett neu gedachte digitale Geschäftsmodelle. Selbst Buchhalter kön-nen kreativ sein – indem sie Abläufe ent-bürokratisieren oder gemeinsam mit dem Controlling neue Kennzahlensysteme ent-wickeln, die Innovation unterstützen. Ein Unternehmen, das nicht in allen seinen Be-reichen innovativ ist, wird es schwer haben, Wettbewerbsvorteile durch erfolgreiche Innovationen zu generieren.

• Wie soll ein innovatives Produkt er-folgreich sein, wenn nicht zugleich das Anreizsystem für den Vertrieb überar-beitet wird? Von kaum einem Verkäufer kann ernsthaft verlangt werden, dass er die wertvolle Zeit beim Kunden für Innovationen „opfert“, wenn ein Groß-teil seines Einkommens aus Provisionen besteht und sich diese am besten durch den Verkauf von bekannten und im Markt akzeptierten Produkten erzielen lässt. Innovative Produkte sind erklä-rungsbedürftig – und deshalb von Na-tur aus schwerer zu verkaufen.

• Wie soll der Markterfolg innovativer Produkte bewertet werden, wenn sie mit Produkten und Angeboten vergli-chen werden, die zwanzig Jahre Effi-zienzoptimierung hinter sich haben?

1. Unternehmensstrategie: Wie sehr betont das Unternehmen Innovation in seiner Strategie? Wie stark lebt das Topmanage-ment das Thema Innovation vor? Wie gut ist die Strategie in den Köpfen von Mitar-beitern verankert?

2. Wertesystem: Inwieweit unterstützt das Wertesystem des Unternehmens kreatives unternehmerisches Denken und Handeln? Wie gut werden kreative neue Ideen ak-zeptiert? Wie hoch ist der Grad der Verän-derungsbereitschaft?

3. Strukturen: Inwieweit fördern Prozesse und Abläufe eher das operative Tages-geschäft oder die Entstehung von neuen Ideen? Inwieweit existieren Instrumente (klassische Innovationsprozesse, inter-ne Inkubatoren, Mentorensysteme etc.), die speziell darauf ausgerichtet sind, be-stimmte Innovationsgrade zu fördern?

4. Führungsstile: Inwieweit gehört die För-derung von neuen Ideen zur Kernaufgabe von Führungskräften? Welche neuen Ins-pirationen und Denkanstöße bringen Füh-rungskräfte in die tägliche Arbeit ein?

5. Ressourcen: Wie viele zeitliche und mate-rielle Ressourcen stellt das Unternehmen für Innovation bereit? Inwieweit werden interne Synergien eines Unternehmens genutzt, um Projekte schneller voranzu-treiben? Wie stark investiert das Unter-nehmen in die Ausbildung von Mitarbei-tern im Bereich Innovation?

Dr. Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Innolytics GmbH. Sein Unternehmen entwickelt Software für Zukunftsmarkt-forschung. Er ist Autor von zehn Büchern zum Thema Innovation und Digitalisierung. Weitere Infos und Kontakt unter www.innolytics.de

6. Teamkomposition: Wie werden Innovati-onsteams zusammengestellt? Wie hoch ist der Grad an fachlicher Diversität in-nerhalb von Teams? Wie konstruktiv sind Konflikte? Gerade Letzteres ist wichtig: In vielen Teams tötet zu viel Harmonie den Innovationsgeist.

7. Anreize: Inwieweit ist die Zahl und Qua-lität von Ideen eines Mitarbeiters Teil der Leistungsbewertung? Haben Mitarbeiter das Gefühl, dass neue Ideen und erfolgrei-che Innovationsprojekte ein Karriereturbo sind?

8. Kommunikation: Wie wird innerhalb ei-nes Unternehmens kommuniziert? Aus-schließlich innerhalb der verschiedenen Bereiche oder bereichsübergreifend? Wie ausgeprägt sind interne informelle Netz-werke? Wie stark ist das Unternehmen nach außen (mit Kunden, anderen inno-vativen Unternehmen, Forschungseinrich-tungen etc.) vernetzt?

9. Risikokultur: Wie risikobereit bzw. -scheu erleben Mitarbeiter die Kultur innerhalb eines Unternehmens? Wie wird innerhalb eines Unternehmens mit gescheiterten Ini-tiativen und Projekten umgegangen? Und wie proaktiv starten Führungskräfte und Mitarbeiter eigene Innovationsprojekte?

10. Klima: Wie nehmen Mitarbeiter ihr Arbeits-umfeld wahr? Eher als hochmotiviert und dynamisch oder als frustriert mit einer Neigung zum Stillstand?

Unternehmen, die hierfür keine inno-vativen Kennzahlensysteme entwickeln, werden selbst anfängliche Markterfolge immer als negativ bewerten.

• Wie sollen Durchbruchsinnovationen entwickelt werden können, wenn inner-halb des Unternehmens eine Kultur der Absicherung herrscht? Durchbruchs-innovationen – sogenannte „radikale“ Innovationen“ – sind von Natur aus deutlich risikoreicher als inkrementelle Weiterentwicklungen des Bestehenden.

• Wie soll ein Unternehmen neue Märkte entwickeln, wenn es klassische Metho-den der Marktforschung anwendet? Marktforschung kann nur in Märkten betrieben werden, die existieren.

Der Komplexitätsgrad erfolgreicher Inno-vationen ist also sehr hoch. Innovations-

prozesse können hier manchmal unterstüt-zend wirken, sind aber nur ein kleiner Teil des Gesamtbilds.

Die Innovationsfähig-keit von Unternehmen

Die Forschung zur In-novationsfähigkeit von Unternehmen begann Mitte der Neunzigerjah-re an der amerikanischen Harvard Universität. Mitt-lerweile wurden diese Forschungen durch hunderte von Studien ergänzt. Dabei ist deutlich geworden, dass sich Unterneh-men mit zehn Schlüsselbereichen und darauf aufbauenden Fragen auseinander-setzen müssen (siehe Kasten).

Das neue – holistische, d.h. ganzheitliche – Denken im Innovationsmanagement be-zieht alle Faktoren mit ein, die für den Er-folg von Innovationsprojekten wichtig sind.

Innovationsmanagement wird deutlich komplexer

Das klassische Innovationsmanagement, das momentan durch prozessorientierte Ansätze geprägt ist, wird es auch wei-terhin geben. Es wird nur künftig eine deutlich geringere Rolle spielen. Mög-licherweise werden klassische Innovati-onsprozesse künftig ein Teil des Projekt-managements werden. Erhalten Projekte einen innovativeren Charakter, werden sie mit Hilfe des Stage-Gate-Prozesses (Prozessmodell für die Innovations- und Produktentwicklung) gemanagt. Es wird normal sein, dass innerhalb von Unter-nehmen gleichzeitig verschiedene Inno-vationsgrade mit unterschiedlichen Me-thoden und Ansätzen gemanagt werden: die inkrementelle Weiterentwicklung be-stehender Technologien mit Hilfe eines Innovationsprozesses, die Entwicklung kundennaher Dienstleistungen mit Hilfe von Co-Creation-Ansätzen (Entwick-lung neuer Lösungen gemeinsam mit Kunden), die Entwicklung neuer Tech-nologiekombinationen mit Hilfe von Open Innovation und die Entwicklung radikaler Marktinnovationen mit Hilfe interner Inkubatoren. Das Verständnis, wann welche Methode für ein Unterneh-men die Richtige und wie diese Metho-de erfolgreich eingeführt und gemanagt wird, gehört zu den großen Herausforde-rungen für das Innovationsmanagement der Zukunft.

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Das Warenlager von Natalja Tomaschko lässt Kinderherzen höher schla-gen. Die Regale sind prall gefüllt mit Experimentierkästen, Zauberkästen, Brettspielen, Bastelsachen und vielen anderen Spiel- und Lernartikeln. Mit einem Sortiment aus mittlerweile 1.500 Artikeln und einem Jahresumsatz von über drei Millionen Euro hat es die Unternehmerin in einem guten Jahrzehnt bis an die Spitze der ukrainischen Spielwarenfabrikanten ge-schafft. Um ihre Marktposition in Deutschland auszubauen, hat sie 2014 am MP teilgenommen.

Die Alumniarbeit in Mexiko gewinnt immer mehr an Fahrt. Im Rahmen des Dualen Jahres Deutschland – Mexiko brachte der Alumniverein EMAAC im Oktober 2016 erstmals eine mexikanische Unternehmerdelegation nach Hamburg und Berlin. Mexikanische Alumni wollen ihr Geschäft mit Deutschland und Europa ausbauen.

Charkiw. „Deutsche Firmen sind hoch automatisiert. Das hat mich beein-druckt“, sagt Natalja Tomaschko. Als sie mit ihrer MP-Gruppe zu Besuch bei einem Getränkeabfüller war – wovon sie sich für ihre Branche eigentlich nicht viel versprochen hatte – kam ihr die Idee, die Abfülltechnik in der Produktion von Aquarell-Farben einzusetzen. „Die Far-ben wurden bei uns damals von Hand abgefüllt. Der Prozess war zeitaufwen-

Hamburg. „Hamburg – all in the same boat“: Ein intensives Wochenprogramm an politischen und wirtschaftlichen Fachterminen erwartete 14 Führungs-kräfte aus Mexiko, die sich im Okto-ber 2016 nach Deutschland aufmach-ten – organisiert vom mexikanischen Alumni verein EMAAC und seinen Ko-operationspartnern. Dass ausgerechnet Hamburg Standort der ersten deutschen EMAAC-Veranstaltung war, ist bei wei-tem kein Zufall. Die Hansestadt hat nicht nur traditionelle Wirtschaftsbezie-hungen zu Mexiko: Das erste deutsche Handelsschiff, welches vor 220 Jahren in Veracruz festmachte, kam aus Hamburg. Auch heute unterhalten rund 300 Ham-burger Firmen geschäftliche Kontakte mit Mexiko. Andersherum ist Hamburg Dreh- und Angelpunkt für all die mexi-kanischen Produkte, die auf den deut-schen und europäischen Markt streben. Als logistisches Zentrum bietet es den idealen Startpunkt für viele Unterneh-men. Die Mexikaner schauten sich des-halb den Hamburger Hafen, das dortige Frucht- und Kühl-Zentrum sowie das Containerterminal Altenwerder an.

Ein Highlight der Woche war eine bilate-rale Wirtschaftskonferenz, zu der deutsche und vor allem Hamburger Unternehmen

dig, kostenintensiv und fehleranfällig“, sagt sie. Tomaschko recherchierte nach einer geeigneten Maschine und wurde in Deutschland fündig. 2015 kaufte sie die 100.000 Euro teure Anlage, die seit 2016 im Einsatz ist. „Die Anschaffung hat sich in zwei bis drei Jahren rentiert. Übrigens, ganz ohne Kredit“, sagt die Finanzexper-tin und Wirtschaftsfachfrau, die die Ge-winne aus dem Saisongeschäft investiert hat. Die neue Technologie hat die Produk-tivität verzehnfacht. Während früher pro Schicht 200 Artikel hergestellt wurden, sind es jetzt 2.000. Die Automatisierung half, die Qualität und Genauigkeit beim Abfüllen zu verbessern und die Mietaus-gaben zu senken: Die Maschine benötigt nämlich zwanzig Mal weniger Platz.

Ihr Sortiment wird unter der Marke „Ra-nok Kreativ“ verkauft. Und An Gro Plus ist damit nun das einzige Unternehmen in der Ukraine, das Aquarell-Farben vom Band produziert. Dass die Konkurrenz

Zur Innovation inspiriert

bald nachrüstet, hält die Unternehmerin für wenig wahrscheinlich. „Dafür müssen sie erst die Erfahrungen machen, die ich in Deutschland gemacht habe“, sagt sie.

Die angespannte wirtschaftliche und po-litische Situation in der Ukraine geht an ihrem Geschäft vorbei. „An Kindern wird als Letztes gespart. Wir haben keinerlei Rückgänge im inländischen Verkauf. Der macht mit drei Vierteln das Gros unseres Geschäfts aus“, sagt die MP-Absolventin. Damit gehört sie zu den wenigen Unter-nehmern im Land, die das von sich behaup-ten können. Tomaschko selbst hat einen zwölfjährigen Sohn. „Alexander ist im glei-chen Jahr auf die Welt gekommen, in dem wir mit der Firma gestartet sind. Das war alles sehr turbulent. Die ersten Muster von Kinderpostern wurden mir auf die Säug-lingsstation gebracht“, erinnert sie sich. Da-durch ist ihre persönliche Geschichte eng mit der Firmengeschichte verbunden.

Auch das Auslandsgeschäft läuft stabil, mit Lieferungen nach Deutschland, Po-len, Griechenland, Spanien, Litauen und Tschechien. Zwar hat Tomaschko ihren Plan, neue Kunden in Deutschland zu finden, nicht realisieren können. Mehr als ein Jahr hat sie mit einem großen deut-schen Lebensmitteldiscounter verhandelt. Man konnte sich bisher aber nicht über die Konditionen einigen. Dennoch lässt sie von ihrem Ziel nicht ab. Im Gegenteil: Die Unternehmerin plant die Eröffnung einer Repräsentanz in Deutschland. „2015 haben die Deutschen drei Milliarden Euro für Spielzeug ausgegeben. Deutschland ist damit neben Frankreich der attraktivste Markt für die Spielwarenindustrie in Eu-ropa“, erklärt sie. Zurzeit laufen Verhand-lungen, die Niederlassung soll voraussicht-lich 2018 in Berlin eröffnen.

Für ihren Zwölfjährigen bringt Tomasch-ko immer noch gern neue Spiele mit. „Wenn wir den Geburtstag meines Soh-nes feiern, feiern wir immer auch den Geburtstag von unserer Firma“, sagt die ukrainische Geschäftsfrau.

Luis Pedraza ist Gründungspartner und Präsident vom mexikanischen Alumniverein EMAAC. Der studierte Jurist ist als Transaktions- und Finanzberater aktiver Multiplikator bei der Bildung von Business-Ökosystemen zwischen Unternehmen, Investmentfonds und inter-nationalen Projekten. Er wirkte auch bei

der Gründung einer lateinamerikanischen Finanzierungsplattform mit, die die Internationalisierung von KMU fördert.

Mexikanische Alumni zu Gast in Hamburg

kamen. Neben Vorträgen zu Investitions-möglichkeiten sowohl in Hamburg als auch in Mexiko gab es Paneldiskussionen zu Themen wie Inter-nationalisierung des Unternehmens, Aus-ländische Direktinves-titionen (FDI), Finan-zierung und rechtliche Rahmenbedingungen. Weitere Schwerpunkte waren Kooperati-onen deutscher und mexikanischer Start-ups, B2B-Kontaktbörse und ein von der Firma AngelsNest organisiertes Speedfun-ding, bei dem Unternehmer nach dem Vor-bild des Speeddatings mit mehreren poten-tiellen Investoren zusammenkommen, um ihre Projekte vorzustellen.

Größtmögliche Synergien schaffen

Auch Hamburger Institutionen wie die lokale Wirtschaftsförderung HWF sowie das Europäische Zentrum für Lateiname-rika (EZLA) bieten passgenaue Unter-stützung für all diejenigen, die ihre Ge-schäfte in Hamburg ausbauen möchten. Der hier ansässige Lateinamerikaverein LAV wurde 2016 100 Jahre alt und feier-te den Lateinamerikatag sowie den Wirt-schaftstag Mexiko in der Hansestadt.

„Die Hamburg-Woche bietet für jeden spannende Kontakte und ist deshalb branchenübergreifend von Interesse. Der Slogan ‚Hamburg – all in the same boat‘ darf deshalb auch gerne wörtlich genommen werden“, sagt Luis Pedraza, Präsident von EMAAC. „Wir möchten alle Akteure im Bereich der deutsch-me-xikanischen Wirtschaftsbeziehungen zusammenbringen und größtmögliche Synergien schaffen. Nur wenn alle am gleichen Strang ziehen, können wir et-was bewegen.“ Und die Vereinsmanage-rin Carola Muschke ergänzt: „EMAAC versteht sich als Sprachrohr der mexika-nischen KMU, die in Richtung Deutsch-land internationalisieren möchten. Mit Hamburg werden wir langfristige und

zuverlässige Koope-ration aufbauen, die Vertrauen auf beiden Seiten des Atlantiks schafft. Mexikanische Produkte, Ideen oder Investitionen sind kei-ne Nische mehr, son-dern ein Trend. Auch

in 2017 werden wir Unternehmerdelega-tionen nach Deutschland bringen.“

Die mexikanischen Gäste besuchten auch die Hauptstadt Berlin und wurden von Vertretern des BMWi und der mexi-kanischen Botschaft empfangen. Themen waren unter anderem Kooperationsmög-lichkeiten in der Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik, TTIP sowie die ak-tuellen Verhandlungen des Freihandels-abkommens zwischen der EU und Mexi-ko aus deutscher Sicht.

„Die Hamburg-Woche bietet für jeden span-nende Kontakte und ist deshalb branchenüber-greifend von Interesse.“Luis Pedraza, EMAAC

Natalja Tomaschko

An Spielen für Kinder wird nicht gespart

Mexikanische Unternehmer in Hamburg

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ALUMNI

4746 JOURNAL Ausgabe 9

ALUMNI

GIZ: Lieber Herr Lundgren, wie und wann haben Sie das erste Mal vom MP gehört?

Anders Lundgren: Das war gleich nach meiner Ankunft in Bischkek 2013. Ich wurde gefragt, ob ich einen Vortrag zur deutschen Wirtschaftspolitik im Rahmen des Vorbereitungsseminars für MP-Teil-nehmer halten könnte – damals noch in der Verwaltungsakademie des Präsiden-ten. Das habe ich gerne gemacht und sie dabei auch persönlich kennengelernt.

Ihnen scheint das Programm sehr am Herzen zu liegen, denn Sie nehmen oft an Veranstaltungen teil und laden sogar unse-re Alumni regelmäßig zu sich nach Hause ein. Warum?

Die Vorträge haben mir viel Freude ge-macht und die Gespräche bzw. Kontakte waren auch sehr hilfreich für meine Tätig-keit an der Botschaft. Schließlich berate

Woronesch. „Die Zeiten ändern sich – beginne mit Dir selbst.“ Unter diesem Motto lud das Regionale Ressourcenzen-trum von Woronesch am 23. September 2016 zur Dritten Eitingon-Unterneh-merplattform ein. Diese mauserte sich zu

Dass Vernetzung das A und O für nachhaltige Wirtschaftskontakte ist und die Verbindung zu Deutschland stärkt, wissen die MP-Alumni in Kirgisistan sehr gut. Und sie haben starke deutsche Helfer vor Ort: Anders Lundgren, Ständiger Vertreter in der Deutschen Botschaft Bischkek, beteiligt sich aktiv an MP-Veranstaltungen im Land und bietet selbst Networking-Events an. Im Interview erzählt er, wie ein solcher Abend aussieht und warum die Alumni für Deutschland wichtig sind.

„Wichtige Brücken für Deutschland“

Alumniarbeit in 2017ich ja mangels einer deutschen Handels-kammer deutsche Unternehmer vor Ort. Da sind die Einschätzungen zum Markt-umfeld von einheimischen Unternehmern natürlich sehr aufschlussreich.

Ihre Abende sind sehr beliebt bei unseren Absolventen. Wie viele Gäste kommen da so im Schnitt?

Ich versuche mich dieser Frage olympisch zu nähern – es ist schon schön, jedes Mal einen neuen Rekord aufzustellen. Das können dann Gesamtteilnehmerzahl, die Anzahl der neuen relevanten dienstlichen Kontakte, aber auch gerne die Zahl der ge-meinsam angestimmten Lieder sein. Beim ersten Treffen kamen etwas über 20 Gäste – dieses Mal mindestens doppelt so viele.

Wie läuft so ein Networking ab?

Solange es warm ist, treffen wir uns im Garten. Manchmal auch, wenn es kalt ist – dann stellen wir Feuertonnen auf. Ich

einem wichtigen Ereignis der russischen Alumniarbeit über die Grenzen des Ge-biets Woronesch hinaus.

Mehr als 300 Alumni, Programmbewer-ber, Vertreter verschiedener Institutio-

habe den Eindruck, die Sauerstoffzufuhr motiviert die Leute, sich mehr zu bewe-gen und sich dadurch auch mit unter-schiedlichen und noch nicht bekannten Gesprächspartnern zu unterhalten. Meist sammeln wir uns eine halbe Stunde. Dann stellen wir uns reihum kurz vor. Na ja, „kurz“ kann bei 50 Teilnehmern schon et-was dauern – aber die Alumni fassen sich dann auch wirklich kurz, weil man ja auch gerne informell Zeit verbringen möchte.

Was schwebte Ihnen vor, als Sie diesen Event zum ersten Mal veranstaltet haben? Hatten Sie konkrete Hoffnungen oder Zie-le damit verbunden?

Ja. Ich wollte das Interesse, das wir als Bun-desregierung, als Deutschland insgesamt an den Alumni haben, deutlich machen. Ich wollte gerne vermitteln: „Sie waren in Deutschland und es ist uns wichtig, mit Ihnen weiterhin in Kontakt zu bleiben. Sie sind wichtige Brücken für uns. Und wenn Sie mit Deutschland Handel treiben und mittelbar Arbeitsplätze dort sichern und hier in Kirgisistan neue schaffen – dann freut uns das noch zusätzlich.“

Mittlerweile haben sich die Treffen bei Ihnen sehr herumgesprochen. Ende Sep-tember 2016 kamen nicht nur unsere Absolventen, sondern auch Vertreter un-terschiedlicher staatlicher und gesellschaft-licher Organisationen.

Genau. Ich wollte diese Runde nicht mehr monopolisieren, sondern gerne mit ande-ren Vertretern deutscher und kirgisischer Institutionen teilen wie Kf W, GIZ, kir-gisisches Wirtschaftsministerium und die IHK. Konkret hatte mich auch der lokale SES-Vertreter (Senior Experten Service) angefragt, ob er sein Programm vorstellen

dürfte. Und GIZ und Kf W haben so viele wirtschaftsrelevante Projekte, mit denen wir als Botschaft sehr intensiv im Aus-tausch sind, dass sie ohnehin zur „Familie“ gehören.

Welchen Eindruck hatten Sie von diesem Abend in der erweiterten Zusammensetzung?

Das war großartig. Auch die Informa-tionen zum SES fielen auf fruchtbaren Boden. Ein Alumnus lancierte gleich bei der Vorstellungsrunde sein Gesuch nach einem Geschäftspartner – und am

Ende des Abends hatten wir dann sogar ein „Match“ – ein Saftproduzent und ein Supermarktinhaber hatten sich gefunden.

Können Sie sich vorstellen, solche Veran-staltungen noch weiter auszubauen oder öfter anzubieten?

Ich denke, der Rhythmus zweimal jährlich anlässlich der Besuche der Programmver-antwortlichen aus Deutschland ist eine gute Basis. Veranstaltungen des Alumni-vereins ergänzen sicherlich sinnvoll. Möglicherweise könnte man sie noch um

nen aus 14 russischen Regionen und aus-ländische Partner diskutierten über die Herausforderungen, die im Jahr 2017 vor ihnen stehen. Das betrifft die Bereiche Management, Innovationen, Personal, Marketing, Big Data und Projektmanage-ment. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen immer wieder Fragen nach der Erhöhung der Effizienz und der Effektivi-tät, um die Unternehmen in schwierigen wirtschaftlichen Situationen zukunftsfä-hig aufzustellen.

Im Rahmen ihrer Alumniarbeit hat die GIZ das Organisationskomitee konzepti-onell unterstützt. Im Frühjahr 2016 fand ein Workshop für die Organisatoren der Veranstaltung statt. Während des Work-shops erarbeiteten die Teilnehmer einen konzeptionellen Ansatz für die Unter-nehmerplattform, der auch für künftige Events dieser Art tragfähig ist und sich zu einem Brand entwickeln kann. Das Er-gebnis sprach für sich: Die Alumni haben eine inhaltlich überzeugende Konferenz auf die Beine gestellt, die mit der Teilnah-me des Vizegouverneurs eine hohe politi-sche Wertschätzung erhielt.

Ich bin sehr froh, dass wir über den Alumniverein so viele Treffen und Konferenzen ermöglicht haben.Ibarat Kurbanowa, Alumniverein, Kirgisistan

Die Erfahrung in Deutschland war so beeindruckend! Ich habe quasi mein Betriebssystem neu installiert. Das war zwar etwas schmerzhaft, aber es musste sein, weil ich so viel gesehen und neu gelernt habe.Almasbek Musabajew, Firma Bereke Welcome, Kirgisistan

andere ausgewählte Deutschland alumni, z.B. aus dem akademischen Bereich, er-weitern.

Wie sehen Sie die Zukunft des Manager-fortbildungsprogramms in Kirgisistan?

Gut. Die Alumnigruppe wächst und macht dadurch dieses ohnehin sehr attrak-tive Programm noch spannender.

Vielen Dank für das Gespräch!

Projektion in die Zukunft:

Anders Lundgren

Diskussionen in Woronesch: Was bringt 2017 mit sich?

Teilnehmer der 3. Eitingon-Unternehmerplattform in Woronesch

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ERFOLGREICHE TEILNEHMER ERFOLGREICHE TEILNEHMER

48 JOURNAL Ausgabe 9 49

Ein Herz schlägt grün

Selbständig in der Wirtschaftsberatung

Waleed Elrawy hat 20 Jahre in der Textilbranche gearbeitet. Mit dem Verkauf von Berufskleidung für Medizin, Gastronomie und Handwerk hat er seinen Lebensunterhalt verdient. Doch seine Leidenschaft gehört schon seit vielen Jahren der Solarenergie. 2014 hat der studierte Ingenieur der Mechatronik am MP teilgenommen. „Auf zu neuen Ufern“ – das gilt für ihn seitdem in vielerlei Hinsicht.

Anh Nguy war 27, als sie am MP teilnahm. Im Herzen der Hauptstadt Ho Chi Minh City, einer Acht-Millionen-Metropole im Süden Vietnams, arbeitete die MBA-Absolventin als Projektleiterin für eine deutsche Wirtschaftsbera-tungsfirma. Mit Anfang 30 hat sie ihre eigene Firma gegründet. Die Mana-gerfortbildung habe ihr bei diesem Sprung geholfen, sagt Anh Nguy heute.

Dubai, November 2015. Ingenieur Wa-leed Elrawy ist zufrieden. Es ist der 14. November 2015. Gerade ist das erste So-larboot vom Typ SunCat 21 im Seehafen Jebel Ali angekommen. Einen Monat war es unterwegs im Container und hat dabei knapp 6.500 Seemeilen vom Hamburger Hafen bis hierher hinter sich gebracht. Der solarbetriebene Katamaran wird ab Dezember 2015 seine Runden in Du-bai drehen und seine Passagiere lautlos und sicher über den Dubai Creek durch die Stadt befördern. Das gleiche Modell ist auch in Deutschland im Einsatz und schippert Touristen an den Sehenswür-digkeiten Berlins vorbei. Gebaut hat es die SolarWaterWorld AG in Berlin, Elrawys Geschäftspartner in Deutschland.

Was vorher geschah...Ägypten, Kairo, April 2014. Elrawy gründet die Firma SolarTech Egypt und stellt damit eine Weiche in seinem Leben um. Vor 20 Jahren hat er in der Textilbran-che angefangen. In den darauffolgenden Jahren sollte es keine großen beruflichen Veränderungen in seinem Leben geben, abgesehen von diversen Beförderungen bis hin zum Marketingchef eines führen-den ägyptischen Textilunternehmens von Berufskleidung.

Ho Chi Minh City. Anh Nguy vertritt mit ihrer Firma Sanet Vietnam Co. Ltd. ihre Kunden in den Ländern der asiatischen Wirtschaftsgemeinschaft ASEAN. Damit bietet sie Zugang zu einem Binnenmarkt von zehn Ländern mit einer zunehmend kon- sumfreudigen Bevölkerung von 620 Millio-nen Einwohnern. Die Unternehmerin kann gut mit deutschen Geschäftspartnern um-gehen, 80 Prozent ihrer Kunden kommen aus Deutschland. „Zum einen kommt das daher, dass ich fast fünf Jahre mit Deutschen zusammengearbeitet habe. Einen großen Einfluss hatte aber auch das MP“, sagt sie. Insbesondere die Vermittlung interkultu-reller Geschäftskompetenzen stellt sie dabei in den Vordergrund. „Ich konnte an den Trainings unter anderem in Berlin, Dresden und Stuttgart teilnehmen. Das hat mir sehr geholfen, die deutsche Kultur und das deut-sche Geschäftsverhalten zu verstehen“, sagt die Unternehmerin. Außerdem habe sie im Projektmanagement viel dazugelernt. Ihre Firma ist Teil der deutschen Sanet-Gruppe. Innerhalb dieser agiert sie jedoch weitestge-hend unabhängig. „Ich nutze den Namen und die guten Kontakte, für meine Geschäf-te bin ich aber selbst verantwortlich“, sagt Anh Nguy. Haftung, Kapital, Aufträge – all das liegt in ihren Händen.

Die MP-Teilnehmerin hat nun drei Mitar-beiter und konnte mit ihrer Wirtschafts-beratung im ersten Jahr 150.000 Euro umsetzen. Ihre Geschäftskompetenz mit deutschen Partnern hat sie zuletzt für Sie-mens ins Spiel gebracht. Für den deutschen Global Player hat sie in Vietnam, Singapur,

Ingenieur aus Ägypten bringt deutsche Solartechnologie nach Dubai

Deutschland, Berlin, Juni 2014. Die Teilnahme am MP mit Fokus auf er-neuerbare Energien ist für Elrawy eine große Chance. Als Junggründer und Neueinsteiger in der Solarbranche er-hofft er sich vom Programm wertvolle Kontakte und Geschäfts-Know-how. Auf einem Geschäftstreffen in Hamburg lernt er die Firma SolarWaterWorld AG kennen, ein Berliner Unternehmen, das mit solarbetriebenen Booten sein Geld verdient. Elrawy wittert gute Chancen für den Import der Technologie in seine sonnenverwöhnte Heimat und kann die Deutschen für sein Vorhaben gewinnen. „Wir sind nicht nur Partner, sondern auch Freunde geworden“, sagt er heute rückblickend. Doch der Start ist schwie-rig, die wirtschaftliche Situation und die Rahmenbedingungen in Ägypten sind durch die politischen Umbrüche für sein innovatives Projekt ungünstig. Aber der zweifache Familienvater will sich nicht so schnell geschlagen geben. „In Deutsch-land hat mich der Unternehmergeist in-spiriert und motiviert, für mein Ziel zu kämpfen“, sagt der Ingenieur. Und das muss nicht zwangsläufig in Ägypten sein. Elrawy gründet eine zweite Gesellschaft, die FitSolarTech Boats Trading LLC, mit Sitz in Dubai.

Dubai, 2015/2016. Zunächst pendelt Elrawy zwischen den Ländern und baut Kontakte auf. Im Januar 2015 verlagert er seinen Wohnsitz in den Wüstenstaat. Denn Dubai hat eine sehr liberale Wirt-schaftspolitik. „Im Ease of Doing Busi-ness Report 2016, der weltweit Länder auf deren Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität untersucht, erreichen die Vereinigten Arabischen Emirate Platz 31, Ägypten schafft es nur auf Platz 131 – von 189“, begründet der Unternehmens-chef seine Entscheidung. Dass das der richtige Schritt war, zeigt sich heute, zweieinhalb Jahre nach dem MP und zwei Jahre nach seinem Umzug. Gerade hat er ein weiteres Solarboot in das Sulta-nat Oman verkauft. Und ein sehr erfolg-versprechendes Projekt gestartet: Mit Hilfe der SolarWaterWorld AG hat er ein Abra umgerüstet. Abras sind kleine, dieselbetriebene Holzboote, die zum öf-fentlichen Nahverkehr Dubais gehören. Die rund 150 Abras werden dazu einge-setzt, Passagiere über den Dubai Creek zu befördern, einen 14 Kilometer langen Meeresarm des Persischen Golfs, der die Stadt in zwei Teile teilt.

Seit einiger Zeit versucht die Verkehrsbe-hörde River Transport Authority (RTA), ihre öffentlichen Verkehrsmittel auf um-weltfreundlichere Technologien umzu-rüsten. Insbesondere bei den Abras hat man in den letzten Jahren viel auspro-biert, unter anderem Elektroantrieb. Bis-her konnte aber nichts überzeugen.

Seit Anfang 2016 ist Elrawys Boot nun in der Testphase. Nach der Auswertung könnte das Go vom Amt kommen, wei-tere Abras auf die emissionsfreie Techno-logie umzurüsten. Der Leiter der RTA Al Ali sagte im Interview mit der Gulf News vom 08. Februar 2016 über den Einsatz des Solarboots: „Es ist das erste Mal, dass eine 100-prozentige Solarboottech-nologie in unserer Region zum Einsatz kommt. Dadurch werden weitere Firmen Vertrauen in diese Technologie aufbauen und anfangen, sie zu nutzen.”

Damit wäre Elrawy der Wegbereiter für den Export deutscher Solartechnologie in die MENA-Region. Der 42-jährige könnte dann dank voller Auftragsbücher auch bald seinen nächsten, persönlichen Traum verwirklichen: seine Familie, die noch in Ägypten lebt, nachholen.

IMPRESSUMJournal „Fit for Partnership with Germany“ Managerfortbildungsprogramm des Bundes- ministeriums für Wirtschaft und Energie

Ausgabe 9

Herausgeber:

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

BMWi-Managerfortbildungsprogramm

Reimut Düring, Leiter Managerfortbildungs- programm des BMWi

E-Mail: [email protected]

Internet: www.managerprogramm.de

Verantwortlich:

Christina Otto

Redaktion: Natalia Astrin (verantwortlich), Anke Flören, Jan Löcher, Dr. Gerd Schimansky-Geier

Gestaltung: Diamond media GmbH, Miria de Vogt

Mitwirkende: Irina Alexiadis, Babette Bolz-White, Andrea Éles, Verena Freynik, Isolde Heinz, Tobias Knubben, Angela Leeke, Julia Müller, Jörg Schreiber, Karin Weber

Bildnachweis: AHK Belarus (S.24,25); AHP (S.9); Akademie Inter-national (S.16); Muchiddin Ali (S.8 o.); © BMWi/ Susanne Eriksson (S.6); Jury Buchanowsky (S.27); Reimut Düring/GIZ (S. 4); Waleed Elrawy (S.48); EMAAC (S. 45); Rüdiger Focks/CDC (Titelteaser r./S.12 o.); fotolia.com (S.57); Gerel Ganchimeg (S.54u.); GICON®-InTraBiD (S.13,19); Isolde Heinz/GIZ (S.8 u.); IHK München (S.58,59); IHK zu Schwerin (S.7 o.); istockphoto.com (S.2,26,30,31,33,36); Jünger Audio GmbH (S.52); Harald Kahn (S.3,10,11,20o.,22); Wladimir Kowaljow (S.5 o.); Jan Löcher/GIZ (S.10); Anders Lundgren (S.46); Ministerium für Industrie und Informations-technologie VR China (Titelteaser l./S.5 u.); Moirë Fotografía (S.51); Nationale Unternehmerkammer Kasachstan (S. 7 u.,28,29); Myrzabek Orumbajew (S.55); Regionales Ressourcenzentrum Woronesch (S.47); Manisha Sanghavi (S.50); Jörg Schreiber/GIZ (S.12 u.); Shutterstock.com (S. 1,20 u., 21 o., 23,32,38,41,43,51,53,54 o.,56); Natalja Tomaschko/ An Gro Plus (S.44); WAK (S.14,15); Wirtschaftsmi-nisterium Belarus/Alexander Minin (S.21 u.)

Übersetzung (englische Ausgabe): Joanne Chapman-Rose, Norah Schmidt, Sarah Smithson-Compton, Thomas Swinehart, Tomarenko Fachübersetzungen

Übersetzung (russische Ausgabe): Jurij Aleksejew, Vera Garmasch, Runa Hammerschmitt, Natalja Safronowa, Tomarenko Fachübersetzungen

Erscheinungsweise: zweimal im Jahr

Erscheinungsdatum der vorliegenden Ausgabe: Dezember 2016

Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 30. April 2017

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch teil- weise – nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmi-gung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Die kartographischen Darstellungen enthalten keine völkerrechtliche Anerkennung von Grenzen und Gebieten.

Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

ISSN 2195-870X

Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Thailand verlässliche Geschäftspartner ge-funden. Außerdem hat sie weitere deutsche Kunden aus den Bereichen Kosmetik, Auto-motive und Chemie in ihrer Geschäftstätig-keit unterstützt und war für Partner aus der Türkei und Frankreich tätig.

Ihr größter Kunde ist derzeit ein deutscher Investor aus der Kfz-Branche, der in Viet-nam einen Produktionsstandort aufbauen möchte. Wenn alles gut geht, wird er sich schon bald zu den rund 300 deutschen Un-ternehmen gesellen, die derzeit in Vietnam aktiv sind. Die Stimmung unter den deut-schen Firmen ist positiv. Laut einer im März 2016 durchgeführten Umfrage der AHK Vietnam beurteilen mehr als zwei Drittel der befragten Firmen die geschäftliche Lage als gut. Insbesondere deutsche FDI-Projek-te (foreign direct investment / ausländische Direktinvestitionen) aus den Bereichen High-Tech, Automotive und erneuerbare Energien hätten in den nächsten Jahren sehr gute Erfolgschancen, denkt Anh Nguy.

Die Jungunternehmerin schätzt den Aus-tausch mit anderen MP-Absolventen und nimmt regelmäßig an den Konferenzen teil. „Meine erste Veranstaltung habe ich 2011 besucht. Meine damalige Vorgesetzte war auf eine MP-Alumnikonferenz hier in Vietnam, in Tuy Hoa, eingeladen. Ich habe sie begleitet und war sehr beeindruckt von den Ergebnissen“, sagt Anh Nguy. Ein Jahr später hat sie selbst am Programm teilge-nommen. Und im darauffolgenden Jahr konnte sie ihre Erfahrungen als Multiplika-torin weitergeben – als Referentin auf einer Alumnikonferenz des MP.

In ihrer Freizeit lernt die engagierte Exis-tenzgründerin, die fließend Englisch spricht und Grundkenntnisse im Chinesischen und Japanischen besitzt, noch Deutsch. Da-mit werden ihr der Austausch und die Ver-netzung in Zukunft noch besser gelingen.

Waleed Elrawy vor einem emissionsfreien Solarboot

Anh Nguy

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ERFOLGREICHE TEILNEHMER ERFOLGREICHE TEILNEHMER

50 JOURNAL Ausgabe 9 51

Manisha Sanghavi ist Geschäftsführerin einer der führenden orthopädi-schen Kliniken in Asien. In Deutschland hat sie schnell Nägel mit Köpfen gemacht. Bereits zwei Monate nach ihrer Rückkehr hat die Inderin ihre Kooperationsziele umgesetzt und ein Austauschprogramm für Studenten der Physiotherapie und des Krankenhausmanagements aufgebaut. Das war zum einen ihrem starken persönlichen Engagement geschuldet, zum anderen aber auch der positiven Resonanz und der großen Bereitschaft auf deutscher Seite.

Elisabeth Rosado ist keine typische Unternehmerin. Mit 17 hat sie sich ent-schieden, Anthropologie zu studieren. Dass sie einmal den Familienbetrieb übernimmt und dass sie das Geschäft sogar faszinieren würde, hätte sie sich damals nicht vorstellen können. Heute ist sie 32 und kennt so ziem-lich jeden Imker auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan persönlich. Dass der yucatanische Honig vielerorts den deutschen Frühstückstisch versüßt, ist ihrem und dem Einsatz ihrer Familie zu verdanken.

Manisha Sanghavi über die Vorteile der Ausbildung in Deutschland und ihre Zukunftspläne.

Pune / Bochum. „Meine große Sorge war, dass sie mit der Kultur nicht zurecht-kommt, dem anderen Klima und unserem Essen“, sagt Manisha Sanghavi, Geschäfts-führerin des renommierten Sancheti-Hos-pitals in Pune, einer Drei-Millionen-Ein-wohner-Metropole im Westen Indiens. Gerade hat sie Luna Thomas verabschie-

Mérida. „Mein Großvater war Arzt und Hobbyimker. Meinen Vater hat er von Kindesbeinen an mitgenommen. Als Opa aufgehört hat, hat mein Vater die Bienenvölker übernommen. Vor über 15 Jahren ist aus dem Familienhobby dann unser Familienbetrieb Tropical Honey entstanden“, erzählt Rosado. Der Honig, den die Firma heute verkauft, stammt aus der Produktion eigener Völker und wird von den Imkern der Region zugekauft. Neben dem Naturprodukt bietet das Un-ternehmen auch weitere Honigprodukte an, beispielsweise Bonbons, Seifen und Shampoo. Über die Hälfte des Honigs

GIZ: Ihre Studenten sprechen fließend Englisch und haben es als Unterrichts-sprache. Bieten sich englischsprachige Länder da nicht eher für einen Aus-tausch an? Warum konzentrieren Sie sich auf Deutschland? Manisha Sanghavi: Deutschland hat ein hervorragendes Bildungssystem und ver-fügt über eines der besten medizinischen Versorgungssysteme weltweit. 2014 wur-den in Deutschland 328 Milliarden Euro für Gesundheit ausgegeben, pro Einwoh-ner über 4.000 Euro. Der Gesundheits-sektor in Indien ist noch nicht so weit fortgeschritten, entwickelt sich aber seit

det. Thomas ist 27 Jahre alt und studiert Physiotherapie an der Hochschule für Gesundheit (HSG) in Bochum. Bei Sanghavi hat sie ein achtwöchiges Trai-ning gemacht.

Sanghavis Sorgen waren unbe-rechtigt. Die deutsche Studentin hat sich schnell integriert und wie zuhause gefühlt. Das lag

nicht zuletzt an dem individuell auf sie zugeschnittenen Trainingsplan. „Mein Aufenthalt war sehr inspirierend und wichtig für mich, und ich hatte immer ei-nen Ansprechpartner“, sagt Thomas. Dass sich ihre Mitarbeiter und Studenten wohl-fühlen, ist Sanghavi wichtig. Sie führt ihr Unternehmen, zu dem neben der Klinik

für Orthopädie auch die Sancheti Health-care Academy gehört, an der auch Thomas studiert hat, wie eine Familie. Eine Groß-familie, die aus 640 Mitgliedern besteht und einen Umsatz von 141 Millionen Euro im Jahr generiert. Hier bildet Sang-havi 100 Studenten im Jahr aus. Sie kön-nen zwischen einem Bachelor oder Mas-ter in Physiotherapie wählen oder einem Abschluss im Gesundheitsmanagement. Thomas schätzt die Nähe von Ausbildung und Praxis, wie sie sie in Pune kennenge-lernt hat. „Für mich als Physiotherapeutin war es wichtig, die Operationen zu sehen. Jetzt kann ich mir vorstellen, was die Pati-enten durchmachen und was für die Reha wichtig ist”, sagt sie. Und was die Techni-ken angeht, habe sie keinen großen Unter-schied zwischen Indien und Deutschland feststellen können.

Mit ihrem Aufenthalt hat Thomas eine langfristig angelegte Kooperation zwi-schen der Sancheti-Group und der HSG Bochum eröffnet. „Als nächstes schicken wir unsere Studenten zur Qualifizierung nach Bochum. Dafür klären wir gerade die behördlichen Formalitäten“, kündigt Sanghavi an.

6.800 Kilometer Bochum – Pune Mexikanischer Honig für Deutschland

„Keine Kompromisse in punkto Qualität“

einigen Jahren rasant. Bis 2017 rechnen wir mit einem jährlichen Umsatz von 143 Milliarden Euro und einem Wachs-tum von 23 Prozent im Jahr. Indien ist die bevorzugte Destination für Health-care unter den Entwicklungsländern. Der indische Gesundheitsmarkt hat das Potential, dasselbe exponentielle Wachs-tum zu erreichen wie die heimische Soft-wareindustrie im letzten Jahrzehnt.

Wir möchten unsere Studenten auf die Anforderungen dieses wachsenden Marktes vorbereiten und ihnen die beste Ausbildung zukommen lassen, die inter-national verfügbar ist. Und die gibt es in Deutschland, nicht in England oder Amerika. Während meines MP 2016 habe ich immer wieder gesehen: Die Deutschen machen keine Kompromisse in punkto Qualität. Das gefällt mir.

An einigen Hochschulen wird außerdem in Englisch unterrichtet, wie z.B. an der Accadis Hochschule in Bad Homburg.

Diese Einrichtung hat übrigens einen so guten Ruf, dass hier sogar viele Eng-länder studieren. Solche Institute bieten sich natürlich besonders an.

Wie stellen Sie sich die weitere Zu-sammenarbeit mit Deutschland vor? Zunächst einmal wollen wir aus dem Pilotprojekt ein reguläres Austauschpro-gramm machen und auch unsere Studen-ten nach Bochum schicken. Außerdem suchen wir deutsche Anbieter, die Inte-resse an einer langfristigen Kooperation haben. Dabei können wir uns auch eine gemeinsame Ausbildung vorstellen, bei der ein Teil in Indien und ein Teil in Deutschland abläuft. Wir können deut-sche Institute unterstützen, Physiothera-piekurse in Indien anzubieten, dort die Prüfung abzunehmen und den Abschluss zu vergeben, auch als Onlinekurs.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ih-ren Projekten und danken Ihnen für das Gespräch!

geht in den Export, rund 60 Prozent kommen über einen Großhändler nach Deutschland. 2014 hat das Kleinunternehmen Honig im Wert von 544.000 Euro auf diesem Weg nach Deutschland verfrachtet. Im Einzelhandel wird er unter verschiedenen Marken verkauft.

In Zukunft möchte Rosado mit eigenem Label auftreten. In Deutschland hat sie sich deshalb mit verschiedenen Groß-händlern getroffen, unter anderem mit der Firma Fürsten-Reform aus Nieder-sachsen. „Mein Ziel war es, wenigstens einen neuen Händler zu finden und eine langfristige und effiziente Geschäftsbezie-hung mit ihm aufzubauen, so wie wir sie seit zehn Jahren mit der Norevo GmbH aus Hamburg haben”, sagt Rosado. Dazu arbeitet sie gerade an den nötigen Zerti-fizierungen für den direkten Export. So-bald sie die Berechtigung hat, will sie wei-terverhandeln. Bisher hat Tropical Honey immer über die mexikanische Niederlas-sung von Norevo exportiert. So konnten die Honighändler den aufwendigen Zer-tifizierungsprozess ausgliedern.

Bei der Produktion ihres Honigs setzt Rosado auf die Unterstützung deutscher Technologie. Vor einigen Jahren hat sie eine Maschine gekauft, mit der sich Wa-benwände aus natürlichen Materialien

herstellen lassen. Das steigert die Honig-produktion. Tropical Honey nutzt die Wände selbst und verkauft sie an die hei-mischen Bienenhalter. In Deutschland hat sich die Unternehmerin mit der Bernhard Rietsche GmbH, dem Hersteller dieser Maschine, getroffen und inzwischen eine weitere Kunstwabenmaschine für 52.000 Euro erworben.

In den letzten zehn Jahren hat Rosado viel Zeit in die Entwicklung ihrer unterneh-merischen Kompetenzen gesteckt, um die Lücke zum Studium zu schließen und fit für ihr Geschäft zu bleiben. Darunter wa-ren diverse Fortbildungen in Management und Business Administration und zuletzt 2013 das MP in Deutschland. „Mir ist wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu sein und mich ständig fortzubilden. Ich möchte mein Unternehmen mit den besten Strategien führen”, sagt sie. Dass sie das kann, stellt sie gern unter Beweis. Seit ihrer Teilnahme am MP hat sie die Mitarbeiterzahl um 50 Prozent auf 20 erhöht und ihren Umsatz um 30 Prozent gesteigert. Beeindruckt von der deutschen Systematik hat sie beispielsweise eine neue Software entwickeln lassen, um die Unternehmensabläufe zu verbessern und Einkauf und Verkauf besser zu planen und zu steuern. „Das MP hat mich dazu inspiriert, organisierter zu werden. Die Software ist nur ein Beispiel dafür”, sagt die junge Firmenchefin.

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Luna Thomas (2.v.l.) und Manisha Sanghavi (Mitte) bei der Zertifikatsüberreichung

Elisabeth Rosado

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ERFOLGREICHE TEILNEHMER

52 JOURNAL Ausgabe 9 53

David Selbach ist freier Wirtschaftsjour-nalist in Köln. Sein Schwerpunkt sind mittelständische Unternehmen.

ERFOLGREICHE TEILNEHMER

Der Berliner Audio-Prozessor-Spezialist Jünger Audio fertigt Geräte und Soft-ware für digitale Tonbearbeitung. Auf dem russischen Markt arbeitete Jünger schon seit drei Jahren mit dem Systemhaus OKNO TV zusammen, als sich eine OKNO-Managerin aus Sibirien bei Jünger meldete, die das Unternehmen im Rahmen des MP besuchen wollte. Weitere OKNO-Aufträge direkt aus Si-birien folgten – und Jünger Audio ist in Russland jetzt besser im Geschäft als je zuvor. Wie es dazu kam, verriet der Geschäftsführer Peter Pörs unserem Journalisten David Selbach.

Das chinesische Sprichwort „Wer fragt, gewinnt“ hat sich Hans Sanzenba-cher zu Herzen genommen, als er im Oktober 2015 die Metal Eco City in Jieyang besuchte. Der Industriepark in der südchinesischen Provinz Guangdong war eine Station, die der Ingenieur im Rahmen des MP „Fit für das Chinageschäft“ besuchte. Sanzenbacher war als Geschäftsführer der Polytechnik Deutschland GmbH unterwegs, um den chinesischen Markt für die Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH zu erschließen. Sein Produkt: umweltfreundliche Energietechnik, die den Chinesen den Absprung von der Kohle erleichtern soll.

David Selbach: Herr Pörs, als Laie hätte ich erwartet, dass Audio-Prozessoren und -Messgeräte heute vorrangig aus Asien kommen. Wie können Sie da konkurrie-ren, obwohl Sie ausschließlich in Deutsch-land fertigen?Peter Pörs: Wir sind in einer sehr spezi-ellen Nische unterwegs. Vor allem beim digitalen Radio und Fernsehen gibt es nicht sehr viele Anbieter für hochwerti-ge professionelle Tontechnik. In unseren Produkten arbeiten besonders leistungs-fähige Algorithmen, die andere so nicht anbieten können. Es geht um sehr hoch-wertige Ausrüstungen – die Ausstattung für ein einziges Studio kostet unter Um-ständen deutlich über 200.000 Euro. In manchen Anwendungen sind wir regio-naler Marktführer.

Sie liefern viele Ihrer Geräte ins Ausland. Wo liegen Ihre wichtigsten Märkte und wie ist Ihr Vertrieb organisiert?Außerhalb Europas – und da ist auch Russland eingeschlossen – sind wir vor allem in Asien aktiv. Wir arbeiten in den Ländern jeweils mit lokalen Vertriebspart-nern zusammen. Wir steuern das teilwei-

Auenwald / Jieyang. Polytechnik bietet Verbrennungsanlagen an, die aus Holzab-fällen Energie gewinnen. In Europa werden die nachhaltigen Biomasse-Anlagen bereits von vielen Kommunen, wie von den Stadt-werken in Bielefeld und Oberhausen, zur Erzeugung von Nah- und Fernwärme ein-gesetzt sowie von namhaften Unternehmen zur Erzeugung von Prozesswärme. In China ist Kohle immer noch die Hauptenergie-quelle. Neue Gesetze sollen deren Nutzung einschränken und den Einsatz erneuerbarer Energien fördern. Aber die Realität hinkt noch hinterher. „Die Umsetzung der Pläne hakt. Auch das Bewusstsein dafür ist noch nicht da. Die haben jahrelang auf billige Kohle gesetzt. Ein Umdenken erfordert viel Überzeugungsarbeit“, sagt Sanzenbacher. Und darin ist er richtig gut.

„Als uns in Jieyang das Energiekonzept vorgestellt wurde, dachte ich, das kann doch nicht wahr sein. Die nennen sich „Eco City“, holen aber ihre Energie aus Kohleanlagen“, berichtet er. Der Ver-fahrenstechniker wittert seine Chance und stellt einer Tochtergesellschaft der ZhongDe Metal Group, dem Initiator und Hauptfinanzierer der Metal Eco City, ein Alternativkonzept vor, das auf

Biomasse sticht Kohle

se von Berlin aus, teilweise über unsere Außendienst-Mitarbeiter, etwa in unserer Vertriebsvertretung in Singapur oder dem Büro in Irland. In Peking unterhalten wir auch ein eigenes kleines Büro.

In Russland sind Sie bereits gut im Ge-schäft? Ja, wir arbeiten dort seit drei Jahren mit der Firma OKNO TV zusammen. Das ist ein Systemhaus, das Geräte und Aus-rüstung für TV-Sender vertreibt. OKNO baut dabei auch komplette Studios.

2013 haben Sie eine Mitarbeiterin von OKNO im Rahmen des BMWi-Manager-fortbildungsprogramms zu Jünger Audio eingeladen. Warum?Das war ein interessanter Zufall. Die GIZ fragte bei uns an, ob wir eine Teil-nehmerin aus Sibirien empfangen und ihr den Betrieb zeigen würden. Sie hatte Jünger Audio als Wunschunternehmen angegeben. Als ich mir das näher an-schaute, sah ich, dass Marina Strygina in Sibirien für OKNO TV arbeitet. Persön-

Holzabfälle setzt. „Erst wurde mir ge-sagt, man hätte keine Biomasse für so eine Anlage. Auf mein Nachbohren kam dann aber raus, dass etliche Tausend Tonnen im Jahr allein aus dem Straßen-beschnitt anfallen. Die wurden einfach

weggeschmissen“, sagt Sanzenbacher. In vielen darauffolgenden Gesprächen und Verhandlungen konnte der Ingenieur mit seinem Konzept zur Umrüstung auf eine Bioenergieanlage von Polytechnik über-zeugen, die einen wesentlichen Teil des Wärmebedarfs in der Metal Eco City ab-decken soll. Zurzeit wird der Wärmebe-darf ermittelt, anschließend werden die Genehmigungsunterlagen eingereicht. 2018 soll die Anlage in Betrieb gehen.

Der Kontakt entwickelte sich so erfolg-reich, dass die Polytechnik gleich noch

lich kannte ich sie noch nicht. Also habe ich sie hierher eingeladen. Solche Begeg-nungen bieten einem doch immer neue geschäftliche Ansatzpunkte.

Wie lief das Ganze dann ab?Wir haben einen Termin vereinbart, Strygina hat uns einige Fragen zum Un-ternehmen geschickt. Als sie dann hier war, haben wir ihr die Produktion gezeigt und einige der Produkte vorgeführt.

Haben Sie danach zusätzliche Aufträge aus Russland bekommen?Ja, sicher. Seit Strygina hier war, haben wir über OKNO zwei große Projekte in Sibirien realisiert, inzwischen haben wir schon mehrere hunderttausend Euro Umsatz mit Aufträgen aus Russland er-zielt. Russland ist ein sehr interessanter Markt für uns – es gibt mehrere Zeitzo-nen und dadurch viele regionale Studios und lokale Privatsender.

Können Sie das MP weiterempfehlen?Auf jeden Fall. Es gibt für uns noch et-liche blinde Flecken auf der Weltkarte, und das Beispiel Strygina zeigt ja: Selbst wenn jemand aus einer Gegend kommt, in der man eigentlich schon vertreten ist, heißt das nicht, dass sich dadurch nicht zusätzliche Türen öffnen.

ein weiteres Projekt mit den neuen Part-nern gestartet hat: den Aufbau einer Produktionsstätte zur Herstellung von Anlagekomponenten. Das Joint Venture wurde Anfang Oktober 2016 unter-zeichnet. Die Produktion soll ab August 2017 in der Eco City an den Start gehen. Biomasse statt Kohle, so könnte es dank des Joint Ventures schon bald in weite-ren chinesischen Regionen heißen. Um weitere Aufklärungsarbeit zu leisten, hat sich Sanzenbacher auf einen „Road-Trip“ durch die chinesischen Provinzen bege-ben. Das Brennverhalten von Kohle, an das das Land gewöhnt sei, sei ein ganz anderes, als das von Biomasse, sagt er. Er müsse vielerorts erklären, wie alternati-ve Verbrennungsanlagen funktionieren, und Vertrauen aufbauen. „Wir blicken in Europa auf eine jahrzehntelange Erfah-rung mit erneuerbaren Energien zurück, die Polytechnik hat 2015 ihr 50-jähriges Jubiläum gefeiert“, sagt Sanzenbacher.

Der deutsche Ingenieur ist nun oft in China. Gerade hat die Polytechnik eine Vertriebsgesellschaft in Xouzhou eröffnet, die er zusammen mit einer weiteren Ge-schäftsführerin leitet. Es gibt viel zu tun für ihn in nächster Zeit, auch personell. Rund 100 Mitarbeiter sollen in der Ver-triebsgesellschaft eingestellt werden, die sich um die Vermarktung der Produkte in ganz China kümmern. Wenn die Produk-tion läuft, dann geht er von mindestens 300 Mitarbeitern in der neuen Fabrik aus.

„China ist kein Markt für Einsteiger“, sagt der Pro-zesstechnologe. Man brau-che hohe finanzielle und personelle Ressourcen für die Markterschließung. Außerdem sei der Ab-stimmungsprozess wesent-lich zeitaufwendiger. „In

Deutschland kommen nach der Kontakt-aufnahme bei Interesse sofort konkrete Gespräche, dann ein Plan und dann das Projekt. In China heißt es reden, reden, reden. Erst ganz am Ende kommt das Projekt.“ Trotzdem hat Sanzenbacher es geschafft, in nur einem Jahr nach seiner Programmteilnahme viele Pläne und Pro-jekte anzustoßen. Das Programm habe ihm sehr dabei geholfen, da es einen rea-listischen Eindruck vom Zielmarkt sowie wertvolle Kontakte vermittelte.

Jünger Audio GmbH, Berlin

Bei Jünger Audio dreht sich alles um den guten Ton. Die Berliner Firma hat sich auf digitale Tontechnik für Radio- und Fernsehsender spezi-alisiert. Im Technologiezentrum Adlershof entwi-ckeln und produzieren die Jünger-Spezialisten maßgeschneiderte Audio-Tontechnik für ihre Kunden. Auch die Algorithmen, die in den Jün-ger Audio Geräten arbeiten und auch bei einigen weltmarktführenden Lizenznehmern im Einsatz sind, entstehen in der deutschen Hauptstadt. Die Exportquote liegt bei über 70 Prozent. Sechs der knapp 40 Mitarbeiter sind im weltweiten Vertrieb tätig. Der Umsatz betrug zuletzt ca. fünf Mio. Euro pro Jahr, Tendenz steigend.

„Zusätzliche Türen geöffnet“

„Wir blicken in Europa auf eine jahrzehntelange Er-fahrung mit erneu-erbaren Energien zurück.“

Peter Pörs

Joint Venture-Partner Hans Sanzenbacher und Gao Huiming

Professionelle Tontechnik made in Germany

Tonstudio der Firma Jünger Audio

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ERFOLGREICHE TEILNEHMER

54 JOURNAL Ausgabe 9 55

ERFOLGREICHE TEILNEHMER

„Ein Unternehmen darf keinen Stillstand kennen“

Was haben ein Minzwodka, ein Lemonbier und ein Waldbeere-Mineralwasser aus der Mongolei gemeinsam? Die Aromen kommen alle aus dem Haus der WILD Berlin GmbH, dem ältesten Essenzen-Produzenten Deutschlands. Auf den Markt gebracht hat sie der führende mongolische Getränkehersteller APU, nachdem dessen Mitarbeiterin Gerel Ganchimeg 2015 am MP in Deutsch-land teilgenommen hatte.

Myrzabek Orumbajew ist der „Toyboss“ von Kirgisistan. Mit Spielzeug hat er aber nichts am Hut. Bei ihm dreht sich seit vielen Jahren alles um die Wurst. Obwohl er von Haus aus eigentlich Computeringenieur ist. Im Interview erzählt der 33-jährige von seinen Anfängen als Sandwich-Verkäufer und seinem Weg zum führenden Wurstfabrikanten von Kirgisistan.

Ulaanbaatar. In Deutschland gehören Biermischgetränke seit über zwanzig Jah-ren zum Standardsortiment im Geträn-ke- und Lebensmittelhandel. Sie haben sich seitdem ihren festen Anteil am Bier-markt gesichert. Neue Geschmacksvaria-tionen sprießen wie Pilze aus dem Boden und buhlen um die Gunst der verwöhn-ten Kunden. Seit August 2016 erfreut man sich auch in der Mongolei an diesen Mixgetränken. In Ulaanbaatar, Erdenet oder Darchan trinkt man jetzt „Bliss“: Bier mit Zitrone und Limette, Grapefruit und Ananas oder Mango und Pfirsich. „Unser Bier mit Fruchtgeschmack ist eine absolute Neuheit hier“, sagt Gerel Ganchimeg, die für das Qualitäts- und Innovationsmanagement bei APU ver-antwortlich ist und an der Produktent-wicklung der Hopfenspezialitäten mitge-wirkt hat. Bei der WILD Berlin GmbH hatte sie zuvor 18 Geschmacksrichtun-gen verkostet und sechs neue mit nach Hause gebracht, von denen einige jetzt „Bliss“ eine besondere Geschmacksnote verleihen.

Ob „Bliss“ den Mongolen wirklich schmeckt, muss sich aber erst noch zei-gen. Aber selbst wenn es floppt – das hat Ganchimeg beim Unternehmensbesuch

GIZ: Herr Orumbajew, was bedeutet eigentlich Toyboss? Für uns klingt es eng-lisch, ins Deutsche würden wir es in etwa mit „Spielzeugkönig“ übersetzen.Myrzabek Orumbajew: (lacht) Mit „boss“ liegen Sie schon ganz richtig, damit ist tatsächlich das englische Wort für Chef gemeint. „Toy“ ist kirgisisch und bedeutet „Festmahl“. Zusammengenommen soll es so viel heißen wie „jemand, der gerne und gut isst“. Den Namen haben wir uns da-mals im Kreis der Familie ausgedacht, als wir unsere ersten Würste auf den Markt gebracht haben. Seitdem ist das unsere Marke, die inzwischen sehr bekannt bei uns ist. Wir machen viel in den sozialen Medien und im Rundfunk und haben ei-gene Werbespots.

Sie haben einen Abschluss als Com-puteringenieur. Wie wurden Sie zum Wursthersteller?Nach dem Studium habe ich einige Zeit in diesem Beruf gearbeitet, aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist, den ganzen Tag vor dem Computer zu sitzen. Mich haben schon immer Menschen be-geistert, die selbständig sind und ihren Traum verwirklichen. Ich beschloss, es selbst zu wagen, und habe angefangen, zusammen mit meinen beiden Brüdern Sandwiches in Bischkek zu verkaufen. Das Geschäft lief gut, aber wir waren mit der Qualität der Wurst nicht zufrieden.

von ArcelorMittal in Deutschland ge-lernt – ist das der richtige Weg zu inno-vativen neuen Produkten. ArcelorMittal hatte den ausländischen Managern an seinem Unternehmenssitz im branden-burgischen Eisenhüt-tenstadt nicht nur Ein-blick in sein Stahlwerk, sondern auch in sein unternehmenseigenes Innovationsmodell ge-währt. „Man braucht so viele Ideen, um am Ende ein paar Hits zu landen. Das hatte ich bis dahin nicht auf dem Schirm“, sagt Ganchi-meg, die das Modell dann auch gleich für APU adaptiert hat. Inzwischen haben alle Produktionsein-heiten Innovationsboxen, in die die Mit-arbeiter ihre Ideen einwerfen. Die drei besten Ideen werden monatlich ausge-wertet, gesammelt und halbjährlich dem Managementboard vorgelegt. Dieses ent-scheidet dann darüber, welche Vorschlä-ge das Potential haben, umgesetzt zu werden. Auch an Mineralwasser mit Ge-schmack hat APU sich dank Ganchimegs Einsatz jetzt herangewagt. Die neue Mar-ke dafür heißt „Orgiluun“ und der Kunde

Als wir keine besseren Lieferanten fin-den konnten, haben wir uns gesagt: Das machen wir selbst! Wir haben uns dann langsam in das Geschäft eingearbeitet, die ersten Würste selbst produziert und uns immer weiter entwickelt. Inzwischen ha-ben wir das Unternehmen aufgeteilt, mein jüngerer Bruder macht die Sandwiches und die beiden anderen produzieren die Fleischwaren. Wir sind ein richtiges Fami-lienunternehmen.

Sie haben im April 2016 am MP teilge-nommen. Was fasziniert Sie an Deutsch-land?Viele deutsche Traditionsunternehmen sind seit Generationen in Familienbesitz und haben einen hohen Standard. Das finde ich beeindruckend, und ich wollte davon etwas für mein Unternehmen mit-nehmen. Erfolg bedeutet für mich, noch besser zu werden, mich ständig weiter zu entwickeln und mich fortzubilden. Ein Unternehmen darf keinen Stillstand ken-nen. Deshalb investieren wir auch gerade

kann wählen zwischen Waldbeere, Was-sermelone und Grapefruit. Und wer es hochprozentiger mag, trinkt den neuen Wodka „Taiga“, z.B. mit Minze, Zitrone und Gurke oder mit Chili und Honig. Die Aromen stammen ebenfalls von der Berliner Essenzenschmiede.

APU hat nicht erst seit dem MP Kon-takte zu deutschen Firmen. Unter Lizenz produzieren sie Kaltenberg, ein Hefe-weißbier der König Ludwig International GmbH. Das Bier wird nach deutschem Reinheitsgebot vor Ort gebraut, wobei APU zugute kommt, dass viele Brauer ihre Ausbildung in Deutschland gemacht haben. Einige langjährige deutsche Part-ner von APU waren im Rahmen des MP auch bereit, sich in verschiedenen Unter-nehmensbereichen tiefer in die Karten schauen zu lassen und ihre Erfahrungen

in der Unternehmens-führung zu teilen. Bei ihrem Besuch des deut-schen Spirituosenher-stellers Jägermeister hat Ganchimeg z.B. viel in punkto Qualitätsma-nagement dazugelernt. „Wir hatten rund 80 Rohstoffe im Einsatz, aber kein Verzeichnis und kein Regelwerk dafür“, sagt die Lebens-

mittelingenieurin. Die 45-jährige hat dann ein Rohstoffverzeichnis analog zum Jägermeister-Modell entwickelt, das seitdem im Einsatz ist. Über die Bedeu-tung des MP sagt Ganchimeg rückbli-ckend: „Während meines Trainings habe ich gemerkt, dass deutsche KMU eine gute Blaupause für mongolische Unter-nehmen sind. Besonders bei Firmen aus der eigenen Branche kann man viel über-tragen“.

in eine neue Fabrik – bei der wir übrigens deutsche Technik zum Einsatz bringen, die ich während des MP gekauft habe. Als ich nach Deutschland kam, wusste ich schon genau, was ich brauche, denn ich hatte mich schon mit einem Händler in Moskau getroffen. Die Preise für deutsche Technologien waren allerdings sehr hoch, und ich war kurz davor, auf die günstige-ren polnischen und türkischen Anlagen auszuweichen. Durch das MP konnte ich persönliche Kontakte zu den Herstellern aufbauen und die Anlagen direkt aus Deutschland beziehen – für die Hälfte des Preises! Die Maschinen sind zwar immer noch rund 20 Prozent teurer als die der Wettbewerber, liegen aber im Budget. Das war mir die Qualität wert.

Was genau haben Sie gekauft?Ich habe eine Universal-Koch- und Räu-cheranlage von Bayha & Strackbein ge-kauft, einen Kutter zum Zerkleinern und Mahlen von Fleischwaren, einen Wurst-füller von Handtmann und eine Klip-verschlussanlage von Poly-clip. Für alles zusammen habe ich rund 400.000 Euro investiert. Die Eröffnung der Fabrik ist im März 2017 geplant. Mit den neuen An-lagen können wir das Fünffache produ-zieren als bisher und unseren Umsatz auf bis zu 15 Millionen Euro im Jahr steigern. Heute produzieren wir drei bis vier Ton-nen Fleischwaren am Tag, ab 2017 kön-nen rund 20 Tonnen vom Band laufen. Damit können wir auch unseren Export steigern.

Was sind Ihre Exportziele?Bisher verkaufen wir unsere Waren in un-sere zentralasiatischen Nachbarländer. Das läuft über Zwischenhändler, die bei uns einkaufen und sich um die notwen-digen Exportdokumente und alles Wei-tere kümmern. Rund 20 Prozent unserer Produktion gelangt auf diese Weise nach draußen. In Zukunft wollen wir den Ex-port in unsere Unternehmensstrategie ein-bauen und eine Exportabteilung aufbau-en. Wir planen, den Exportanteil auf 70 Prozent zu steigern. Als erstes wollen wir die Länder der eurasischen Zollunion in Angriff nehmen, dann China und Europa. Deutschland gehört übrigens ebenfalls zu unseren Zielmärkten. Die neue Fabrik legt den Grundstein dafür: Damit steigern wir nicht nur unsere Kapazität, sondern auch die Qualität unserer Waren.

Vielen Dank für das Interview!

Neue Drinks für die Mongolei

Myrzabek Orumbajew

MP-Teilnehmer aus der Mongolei bei der Hannover Messe Gerel Ganchimeg

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FACHTHEMEN

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FACHTHEMEN

Im Zuge von Globalisierung und um-fangreichen Migrationsströmen gewin-nen Untersuchungen zur interkulturellen Kommunikation immer mehr an Bedeu-tung. Wenn die Geschäftskulturen einzel-ner Länder aufeinandertreffen, geht damit immer auch eine Interaktion unterschied-licher Wertesysteme einher. Internationa-le Wirtschaftsbeziehungen bewegen sich an den Schnittstellen unterschiedlicher Kulturräume. Je mehr Kulturräume auf-einandertreffen, desto schwieriger wird es, funktionierende Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen. Häufig liegen die Gründe für Probleme im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr nicht in falschen öko-nomischen Entscheidungen, sondern in interkulturellen Widersprüchen.

Aserbaidschan sieht sich als Kulturnation zwischen der westlichen und der östli-chen Zivilisation. Viele unterschiedliche Religionen vermischten sich hier, vom Zoroastrismus über das Christentum bis zum Islam. Die daraus resultierende außergewöhnliche Toleranz führte zur Entstehung eines offenen Kulturraums. Sie bildete den Grundstein für die Über-

In den letzten Jahrzehnten hat das Interesse an der Erforschung der Geschäftskulturen in unterschiedlichen Ländern und die Nutzung dieser Er-gebnisse für die Managementpraxis massiv zugenommen. Anhand speziell entwickelter Fragebögen gaben 22 aserbaidschanische Führungskräfte, die ihre MP-Fortbildung im Herbst 2016 in Tübingen absolvierten, einen Einblick in die kulturellen Unterschiede der Geschäftskulturen in Aserbaid-schan und Deutschland.

Ost und West

nahme neuer Ideen und Lehren und die Entwicklung der für die Aserbaidschaner typischen stark ausgeprägten kommuni-kativen Fähigkeiten.

Die Auswertung der Interviews förderte folgende kulturelle Unterschiede zwi-schen beiden Ländern zutage:

• Die Geschäftskultur in Deutschland ist linear-aktiv und in erster Linie auf das Geschäft ausgerichtet. Geschäfts- und Privatleben sind klar voneinander ge-trennt. Wichtigste Werte sind Zeitöko-nomie, Lösungsorientierung und strikte Planeinhaltung.

• Die Geschäftskultur in Aserbaidschan ist multiaktiv. Die Vertreter dieser Kultur sind emotional, kommunikativ und daran gewöhnt, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Bei der Aufgaben-lösung steht der menschliche Faktor im Mittelpunkt und man geht nicht plan-mäßig vor, sondern orientiert sich da-ran, wie interessant oder auch bedeut-sam ein Arbeitsschritt zum jeweiligen Zeitpunkt erscheint.

Die Vertreter des multiaktiven Typs stellen zwischenmenschliche Beziehungen in den Vordergrund, achten auf familiäre Ver-bindungen und pflegen einen informellen Umgangsstil. Ereignisse und geschäftliche Perspektiven binden sie in einen Gesamt-kontext aus persönlichen Gesprächen und Treffen ein.

Bei der Wahrnehmung von Geschäfts-terminen halten sich die Vertreter multi-aktiver Kulturen nicht akribisch an die vereinbarte Zeit. Eine leichte Verspätung wird als normal und absolut nicht als Miss-achtung des Gesprächspartners aufgefasst. In der Regel beginnt das Treffen mit ei-nem Smalltalk, z.B. auch über die Fami-lie, und geht langsam zum eigentlichen Gegenstand über. Ein absolutes Tabu sind jedoch religiöse oder politische Themen.

Bei Verhandlungen kommt es häufig vor, dass sich aserbaidschanische Gesprächs-partner mit „Nebenschauplätzen“ befas-sen, wodurch sich der Verhandlungspro-zess in die Länge ziehen kann. Wenn man also Geschäftstermine vereinbart, sollte man berücksichtigen, dass Vertreter multi-aktiver Kulturen ein eigenes „Zeitver-ständnis“ haben und dass Verhandlungen deshalb sehr lange dauern können. Wenn man als Verhandlungspartner nicht bereit ist, sich darauf einzulassen, sollte man sich mit diesem Kulturtyp lieber gar nicht erst an einen Verhandlungstisch setzen.

Im Hinblick auf das Zeitmanagement ha-ben beide Ansätze ihre Vor- und Nachteile. Die Deutschen werfen den Aserbaidscha-nern häufig mangelndes Pflichtgefühl vor, die Aserbaidschaner halten die Deutschen für unflexibel und terminfixiert. Aus dem Blickwinkel der eigenen Kultur heraus ha-ben beide Sichtweisen ihre Existenzberech-tigung – Probleme entstehen erst mit der Interaktion der Systeme. Deutsche, die in Aserbaidschan arbeiten, müssen sich auf die ständig wechselnden terminlichen Befind-lichkeiten der aserbaidschanischen Partner einstellen, und die Aserbaidschaner müssen lernen, die typisch deutsche Termintreue zu respektieren. Wenn ein Termin nicht ein-gehalten wird, irritiert das den Deutschen. Der ständige Blick auf die Uhr wiederum irritiert den Aserbaidschaner.

In Deutschland wird alles genau, weit im Voraus und rechtzeitig geplant. Geschäfts-treffen verlaufen formell, die Tagesordnung und der Zeitrahmen werden strikt einge-

halten. Verhandlungen wirken im Ablauf relativ unflexibel, sind jedoch gründlich, detailliert und diskussionsintensiv. Emotio-nen sind in Verhandlungen unwichtig, und wenn der Partner unprofessionell erscheint, wird er umgehend gegen einen kompeten-teren ausgetauscht.

In der aserbaidschanischen Geschäftskul-tur spielen persönliche Beziehungen eine wichtige Rolle. Erfolgreiche Geschäftsbe-ziehungen mit einem aserbaidschanischen Partner sind nur möglich, wenn man zu ihm ein vertrauensvolles, enges und freund-schaftliches Verhältnis aufgebaut hat.

In Aserbaidschan dominiert eine an der Familienstruktur ausgerichtete Geschäfts- und Unternehmenskultur. Hier bestimmt der „Älteste“, d.h. der Chef, die Abläufe. Er bildet die Autorität, und seinen Anwei-sungen wird ohne weitere Diskussion Folge geleistet. Aus diesem Grund ist in einem aserbaidschanischen Unternehmen das Delegieren von Kompetenzen ein schwieri-ger Prozess. Persönliche Kompetenzen von Untergebenen bleiben einem Außenste-henden oft verborgen, denn die Verantwor-tung für sämtliche Folgen des Handelns im Unternehmen liegt bei den „Ältesten“, d.h. der Unternehmensleitung.

In der aserbaidschanischen Gesellschaft spielt der gesellschaftliche Status eine große Rolle. Für Aserbaidschaner ist es äußerst wichtig, das Gesicht zu wahren. Ein Unter-gebener wird niemals auf Fehler des Vor-gesetzten hinweisen, da in dieser Kultur damit die Rechtmäßigkeit des Handelns des Vorgesetzten in Zweifel gezogen würde und folglich auch seine persönlichen Fä-higkeiten.

Während in Deutschland der kollegiale, demokratische Führungsstil verbreitet ist, bei dem die Mitarbeiter an Entschei-dungsprozessen mitwirken, Eigeninitiati-ve gefragt ist und Verantwortung delegiert wird, ist der Führungsstil in Aserbaid-schan eher autoritär und patriarchalisch geprägt. Der Chef steht hier nicht nur an der Spitze der Hierarchie, er nimmt auch eine Art Vaterrolle ein. Er gibt nicht nur Anweisungen, sondern kümmert sich auch in allen Lebenslagen um seine Mit-arbeiter. Der Vorgesetzte darf seine Mitar-beiter jederzeit rügen, aber der Untergebe-ne darf sich nicht einmal den Hauch einer Kritik am Vorgesetzten leisten.

Während der Diskussion in der Grup-pe kam immer wieder die Frage auf: Ist es in Deutschland wirklich so anders als bei uns? Natürlich mag niemand Kritik, aber hierzulande wird diese als Chance aufgefasst, Fehler nicht zu wiederholen. Eine sachbezogene Diskussion zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem ist eine vollkommen normale Sache. Die Mitar-beiter werden nicht für Liebedienerei ge-schätzt, sondern für ihre Initiative. Kritik ist in Deutschland sozusagen inhärenter

Bestandteil von Kommunikation. Man nimmt Kritik nicht notwendigerweise persönlich, sondern denkt sich: Nicht ich als Person werde kritisiert, sondern meine Handlungen. In Aserbaidschan wird Kri-tik hingegen in der Regel als persönliche Beleidigung empfunden.

Insbesondere hier zeigt sich der Unter-schied in den Kulturstandards. Die Be-sonderheit der Kommunikation nach deutschem Muster besteht in deren Gerad linigkeit. Warum um die Sache he-rumreden, wenn man Zeit sparen kann, indem man direkt auf den Punkt kommt. Die Aserbaidschaner sind es hingegen ge-wohnt, mit Anspielungen zu arbeiten. Sie gehen davon aus, dass der Gesprächspart-ner von selbst darauf kommt, was gemeint ist. Sie kommunizieren über Unausge-sprochenes und Hintergedanken.

Für eine erfolgreiche Verhandlungsführung muss man diese Mentalitätsunterschiede kennen, darf sie nicht persönlich nehmen und sollte sie bei der Entscheidungsfin-dung berücksichtigen. Nur wenn man sein Gegenüber genau kennt, kann man eine Strategie entwickeln, die beiden Seiten ge-recht wird. Vor allem sollte der Verhand-lungsprozess als Kooperation und nicht als Konfrontation aufgefasst werden.

Völker werden als offen oder verschlossen beschrieben, als emotional oder zurück-haltend. Nähe allerdings entsteht nur aus dem Respekt gegenüber der Kultur des anderen. Man muss dazu nur Berührungs-punkte finden und interkulturelle Brü-cken bauen.

Cross-Culture oder Interkultureller Brückenbau

Deutsche Kulturstandards Aserbaidschanische Kulturstandards

Monochrones Zeitverständnis Polychrones Zeitverständnis

Individualismus Kollektivismus (Clanzugehörigkeit)

Deutliche Trennung von Berufs- und Privatleben

Verquickung sämtlicher Lebensbereiche

Horizontale Hierarchie Hierarchiedenken, Senioritätsprinzip, Ehrbegriff

Konflikte werden als Chance aufgefasst Konfliktscheu (Prestigeverlust)

Direkte Kommunikation Indirekte Kommunikation

Selektive Gastfreundlichkeit Ausgeprägte Gastfreundlichkeit

Ausgeprägter Hang zu Kontrolle und Regelbeachtung

Geringes Augenmerk auf Formalitäten und Strukturen

56 JOURNAL Ausgabe 9

Violetta Sticker, Projektleiterin der Export Akademie in Tübingen, entwickelt und führt Fortbildungsprogramme für Teilnehmer aus Osteuropa sowie Führungstrainings in den GUS-Staaten durch. Ihr Schwerpunkt ist Projekt- und Zeitmanagement.

Köln, Deutschland

Baku, Aserbaidschan

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FACHTHEMEN FACHTHEMEN

58 JOURNAL Ausgabe 9 59

Im deutschen Geschäftsleben herrscht Pragmatismus: effiziente Meetings, klare Präsentationen und eine eher nüchter-ne Kommunikation. Nachdem die ers-te Hürde der Terminvereinbarung zum Kennenlernen genommen ist, besteht die nächste Herausforderung für ausländische Manager darin, mit einer überzeugenden Unternehmenspräsentation zu punkten. Fünf wesentliche Fragen stellen sich hier-bei: Wie bereite ich mich effektiv auf die Unternehmenspräsentation in Deutsch-land vor? Wie gehe ich mit meiner Ner-vosität vor dem ersten Auftritt um? Wie setze ich die Körpersprache am Überzeu-gendsten ein? Wie gestalte ich meine Fo-lien für deutsche Geschäftspartner? Und wie reagiere ich souverän auf unerwartete Situationen?

1. Wie bereite ich mich effektiv auf die Unternehmenspräsentation in Deutschland vor?

In Deutschland schätzen Geschäftspart-ner Kürze und Prägnanz. Eine gute Prä-sentation überzeugt durch Klarheit und eine hilfreiche Struktur. Planen Sie grund-sätzlich zwei Drittel der Zeit für ein freies Gespräch und eine gemeinsame Diskussi-on ein. Ihre Geschäftspräsentation sollte niemals länger als zwanzig Minuten dau-ern. Sortieren und filtern Sie. Fragen Sie sich immer: Welche Information ist für meinen Kunden wirklich interessant? Die meisten Kunden wollen keine ermüden-den Organigramme sehen, auch Büroge-bäude, so imposant sie auch sind, langwei-len. Stattdessen will der potentielle Kunde eine Lösung für sein Problem. Er will

verstehen, warum genau Sie das schaffen werden. Hierbei hilft z.B. das bewährte „Persuasive Selling Format“:

Persuasive Selling Format

1. Beschreibung des Bedarfs auf Seiten des Kunden

2. Vorstellung Ihres Unternehmens / Produktes bzw. Ihrer Dienstleistung

3. Umsetzung der Lösung beim Kunden4. Nutzen und Vorteile für den Kunden 5. Erste, leichte Aktionsschritte

2. Wie gehe ich mit meiner Nervosität vor dem ersten Auftritt um?

Machen Sie es wie Steve Jobs, der ehema-lige CEO und begnadete Präsentator von Apple: üben, üben, üben. Am Ende sahen Steve Jobs, Präsentationen dann mühelos

aus. Dahinter steckte allerdings viel Trai-ning. Rufen Sie sich auch immer Erfolge in Erinnerung und nutzen Sie diese chan-cenreichen Momente, um innerlich und äußerlich zu strahlen. Die 4-S-Regel hilft Ihnen, in den ersten Minuten ruhig und fokussiert zu werden.

4-S-Regel

Das erste „S“ steht für „STEH!“ und somit für den richtigen Standort und die Standfestigkeit. Kommen Sie dem Gesprächspartner so nah wie möglich und verstecken Sie sich nicht hinter Flipcharts und Tischen. Suchen Sie sich einen stabilen Stand und erden sich mit beiden Beinen, als wären Sie ein Baum, der Wurzeln schlägt.

Das zweite „S“ steht für „SCHAU!“: Nehmen Sie dann Blickkontakt zu den deutschen Geschäftspartnern auf. Halten Sie unbedingt die Stille aus und lassen Sie ein paar Sekunden verstreichen, um Spannung aufzubauen.

Das dritte „S“ steht für „SCHNAUF!“: Atmen Sie noch einmal tief aus, bevor Sie anfangen zu sprechen. Wenn Menschen aufgeregt sind, atmen sie oft zu flach, die Luft scheint nicht zu reichen. Mit genügend Luft ist Ihre Stimme laut und hat Volumen.

Das vierte „S“ steht für „SPRICH!“: Es ist legitim, den ersten und den letzten Satz Ihrer Unternehmenspräsentation auswendig zu lernen. „Start und Landung angeschnallt“ lautet hier das Motto. Denn auch im Flugzeug sind der Start und die Landung die kritischsten Momen-te, in denen die meisten Unfälle passieren.

3. Wie setzte ich die Körpersprache am Überzeugendsten ein?

Wussten Sie, dass wir Menschen „Spie-gelneuronen“ in unserem Gehirn ha-ben? Spiegelneuronen bewirken, dass wir mitempfinden, wie es anderen Men-schen geht. Einfach ausgedrückt bedeu-tet das: Begegnen wir jemandem, der freundlich ist, löst das ein gutes Gefühl in uns aus. Ein Geschäftspartner, der unfreundlich ist, löst negative Gefühle aus. Das wichtigste Werkzeug, das Sie immer dabei haben, um eine Resonanz beim Geschäftspartner auszulösen, ist Ihr Körper. Man unterscheidet in der Kör-persprache zwischen Zeichen des Hoch-status und Tiefstatus (siehe Tabelle). Hochstatus nehmen selbstbewusste Per-sönlichkeiten ein, um ihrer Dominanz Ausdruck zu verleihen. Tiefstatus wird

Eine gelungene Vorstellung des eigenen Unternehmens ist einer der vielen Schritte zum Geschäftserfolg. Das lernen die MP-Teilnehmer spätestens, wenn sie nach Deutschland kommen und mit ihren potentiellen Businesspartnern interagieren müssen. Doch wie überzeugt man deutsche Geschäftsleute am besten? Gerade in punkto Unternehmenspräsentation gibt es so viele Vorlieben wie es Kulturkreise gibt. Da es dabei aber nicht um das eigene ästhetische Empfinden geht, sondern um die Wahrnehmung des Geschäftspartners aus einem anderen kulturellen Kontext, ist es unge-mein wichtig, ein paar grundlegende Spielregeln zu beachten. Einige Tipps und Tricks verrät Beraterin Jutta Portner.

von Menschen eingenommen, die ihre Bereitschaft ausdrücken, sich unterzu-ordnen. Je nachdem, ob wir High- oder Low-Power-Posen zeigen, erzielen wir unterschiedliche Wirkungen. Betritt ein dominant auftretender Geschäftspartner den Raum, verschafft er sich durch seine natürliche Autorität Aufmerksamkeit und Akzeptanz. Zu starker Hochstatus kann aber auch als aggressiv wahrge-nommen werden. Ein Businesspartner, der mit Posen des Tiefstatus andere von seinen Vorschlägen überzeugen möchte, wird sich schwertun. Nehmen Sie vor Ih-ren Präsentationen bewusst High- oder Low-Power-Posen ein, um damit Ihre Wirkung auf Ihre Businesspartner zu korrigieren. Das funktioniert in beide Richtungen. Dominante Verhandelnde, die kooperieren wollen, können bewusst weniger dominante Haltungen einneh-men. Verhandelnde, die standhalten und sich stärker durchsetzen wollen, können bewusst High-Power-Posen einnehmen.

4. Wie gestalte ich meine Folien für deut-sche Geschäftspartner?

Moderne Präsentationen arbeiten wie die Werbung mit großen Bildern und wenig Text. Dahinter steckt die Idee, dass eine bildhaft aufbereitete Information tiefer und dauerhafter abgespeichert wird. In

Die überzeugende Unter-nehmenspräsentation

der heutigen Zeit sind wir durch moderne Medien an schnelle Wechsel von Bildse-quenzen gewöhnt. Formulieren Sie auf Ihren Folien keine ganzen Sätze aus, son-dern ergänzen Sie Stichpunkte durch Ihre Erklärungen. Verwenden Sie wenig Spie-gelstriche und erinnern Sie sich immer da-ran: Weniger ist mehr. Idealerweise haben Sie zwei Präsentationen: Eine für Ihren persönlichen Auftritt und eine mit allen Fakten, die Sie später verschicken oder als Handout verteilen. Charismatische Vor-tragende nutzen Storytelling, um mit Me-taphern zu begeistern. Bleiben Sie hierbei aber sachlich und übertreiben Sie nicht. Vergessen Sie nicht, im Geschäftsleben wirkt nur glaubwürdig, wer seriös auftritt.Für die graphische Gestaltung bedeutet das: Nicht zu bunt – nicht mehr als vier Farben. Bleiben Sie unbedingt konsistent: Das Logo Ihres Unternehmens sollte auf jeder Seite zu sehen sein. Referenzen und

Jutta Portner ist Geschäftsführerin von der Coaching Company C-TO:BE, Businesscoach und Managementtrai-nerin mit Schwerpunkt Verhandeln und Präsentieren mit jahrelanger internationaler Erfahrung. Autorin von „Besser verhandeln. Das Trainingsbuch“

(2010) und „NEGO. Flexibel verhandeln“ (2017). Infos unter www.c-to-be.de

Kontaktinformationen müssen schnell wiederzufinden sein.

5. Wie reagiere ich souverän auf unvorbe-reitete Situationen?

Alles gut gelaufen – und dann passiert es! Unerwartete Störungen bringen Prä-sentatoren aus ihrer Balance. Sie werden unsicher, das Schlimmste ist ein totaler Blackout. Um das zu verhindern, können Sie präventiv einiges tun: Überlegen Sie im Vorfeld, was passieren könnte und wie Sie mit diesen Situationen umgehen würden.

Vier klassische Stolperfallen und die besten Tipps aus der Praxis

1. Es tauchen Fragen auf, die Sie nicht erwar-tet haben. Tipp: Niemals „Fake“-Antworten geben! Keiner ist perfekt – versprechen Sie, die Antwort auf die Frage zu besorgen und den Fragesteller später darüber zu informieren.

2. Hilfe, die Technik versagt! Tipp: Nehmen Sie immer Ihr persönliches Equipment mit. Die Präsentation ziehen Sie am besten als Backup auf einen USB-Stick. Fragen Sie im Notfall nach einem Techniker, der Ihnen helfen kann.

3. Gähn! Sie treffen auf ein uninteressiertes oder müdes Auditorium. Tipp: Fassen Sie sich kurz und versuchen Sie, möglichst schnell in einen Dialog statt Monolog zu kommen.

4. „Wie heißt das nochmal auf Englisch?“ Tipp: Wenn Ihnen Vokabular auf Englisch fehlt, denken Sie daran: Viele Geschäftspart-ner sprechen „Bad Business English“ und haben Verständnis dafür, dass man ab und zu Worte sucht. Umschreiben Sie den Begriff oder fragen Sie Ihre Zuhörer.

Deutsche sind in der Regel pluralistisch und tolerant. Sie lieben Vielfalt und sind weltoffen. Wenn Sie diese Tipps und Tricks beherzigen, haben Sie eine gute Ausgangslage für Ihre Präsentation und somit für Ihre Verhandlungen mit poten-tiellen Geschäftspartnern.

Hochstatus Tiefstatus

Blickkontakt intensiver Blickkontakt aus konfron-tativer Körperhaltung heraus

kurzer, nervöser Blickkontakt

möglichst wenig zwinkern; warten, bis der andere wegsieht

Blickkontakt abbrechen und nachher schnell zurücksehen

bis ca. 3 Sekunden wird Blickkon-takt als angenehm empfunden

Blick nach unten mit zur Seite geneigtem Kopf

Raumanspruch und Gesten breitet sich mit Unterlagen stark am Besprechungstisch aus, beansprucht den meisten Raum

macht sich klein, will keinen Raum einnehmen

große ausladende Gesten kleinräumige und fahrige Gesten

Stand und Fußstellung breiter Stand, eher schulterbreit als hüftbreit

schmaler Stand

feste Erdung, Gewicht gleichmäßig auf beiden Beinen verteilt

Standbein und Spielbein wechseln

Füße eher nach innen gedreht

Brustbein und Schultern Brust nach vorne strecken Brust nach hinten drängen

nach unten und hinten gedrückte Schultern

eingefallene Schultern

Kopfhaltung und Kopfbewegungen

gerade gehaltener Kopf seitlich geneigter Kopf

nach oben gerecktes Kinn unruhige und nervöse Kopfbewe-gungen

langsame Kopfbewegungen stützt sich im Gespräch am Kinn ab

Mimik und Lächeln wenig bis gar kein Lächeln unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Situation

viel Lächeln, oft in Kombination mit häufigem Nicken

bis hin zum Pokerface, um innere Vorgänge nicht nach außen zu tragen

Diskussionen am Rande des Seminars

MP-Teilnehmer aus Osteuropa beim Training

Page 31: Journal - managerprogramm.de€¦ · nehmen seit 2012 im Rahmen des MP „Fit für das Chinageschäft“ an Fortbil-dungen im Reich der Mitte teil. NACHRICHTEN NACHRICHTEN 4 JOURNAL

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbHFriedrich-Ebert-Allee 4053113 BonnT +49 228 4460-1227F +49 228 4460-1333E [email protected]

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