Jurklies. Musterbeschussanträge für die WEG-Hausverwaltung · Stand März 2017...

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Stand März 2017 WEGMusterbeschlusssammlung Wir freuen uns sehr unseren Mitgliedern nunmehr eine WEGMusterbeschlusssammlung mit umfangreichen Kommentierungen zu den jeweiligen Themen anbieten zu können. Es ist beabsichtigt, die Beschlusssammlung noch zu erweitern. Alle Formulare und Mustertexte sind ggf. auf den Einzelfall hin anzupassen. Bitte beachten Sie hierzu die umfangreiche Kommentierung. Eine Haftung wird nicht dafür übernommen, dass das jeweilige Dokument für den von Ihnen angedachten Anwendungsbereich geeignet ist. Die Verwendung der Vorlagen geschieht ohne Mitwirken des IVD und auf eigene Verantwortung des Nutzers. Der IVD selbst hat keinen Einfluss auf den Inhalt der Beschlussvorlagen. Die Vorlagen stellen keine Rechtsberatung dar. Sämtliche Texte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nicht ohne Genehmigung des Herausgeber (Boorberg Verlag) auf anderen Medien und Webseiten verwendet werden. Es werden keine Garantien, Zusicherungen oder sonstigen Rechtsansprüche begründet.

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Stand März 2017 

 

 

 

 

 

 

 

 

WEG‐Musterbeschlusssammlung 

 

Wir  freuen  uns  sehr  unseren  Mitgliedern  nunmehr  eine  WEG‐Musterbeschlusssammlung  mit 

umfangreichen Kommentierungen zu den jeweiligen Themen anbieten zu können. Es ist beabsichtigt, 

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Gliederung

I. Bestellung und Abberufung des Verwalters/VertragsangelegenheitenM I. 1

M I. 2

M I. 3 M I. 4

M I. 5

M I. 6

M I. 7

M I. 8

M I. 9

Beauftragung des Verwaltungsbeirats zur Angebots einholung bei einem VerwalterwechselWahl des künftigen Verwalters der WEG bei mehreren Bewerbern (nur Auswahlverfahren)Isolierte Bestellung eines VerwaltersBestellung des Verwalters und Genehmigung des ausge­handelten und den Eigentümern bekannten Vertrags Bestellung des Verwalters mit Ermächtigung des Beirats zum Aushandeln und Abschluss des Verwaltervertrags Wiederbestellung des bisherigen Verwalters und Verlängerung des bestehenden Vertrags zu geänderten Konditionen Vertragsanpassungen während der laufenden Bestellungszeit bzw. VertragsdauerWiederbestellung des bisherigen Verwalters nach Ablauf der BestellungsdauerAbberufung des Verwalters mit Vertragskündigung

M I. 10 Einvernehmliche Beendigung des Verwalteramtes mit Vertragsauflösung

M I. 11 Entlastung des VerwaltersM I. 12 Ermächtigung des Verwalters zu Rechtsgeschäften und

Rechtshandlungen gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG

II. BeiratsangelegenheitenM II. 1 Einzelwahl und Bestellung von BeiratsmitgliedernM II. 2 Abschluss einer Beiratshaftpflichtversicherung für den

VerwaltungsbeiratM II. 3 Beschluss zur Haftungsbegrenzung der BeiratsmitgliederM II. 4 Abberufung eines VerwaltungsbeiratsmitgliedsM II. 5 Festsetzung einer Aufwandspauschale für den

VerwaltungsbeiratM II. 6 Festsetzung einer Vergütung für den VerwaltungsbeiratM II. 7 Zuweisung einer Sonderaufgabe an den Verwaltungsbeirat

durch BeschlussM II. 8 Entlastung der Verwaltungsbeiräte

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Gliederung

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III. Eigentümerversammlung / GeschäftsordnungsbeschlüsseM III. 1 Geschäftsordnungsbeschluss zu den Formalien der konkreten

VersammlungM III. 2 Geschäftsordnungsbeschluss zur Erweiterung der Tagesordnung

um einen nicht in der Ladung angekündigten Tagesordnungs­punkt

M III. 3 Absetzung eines angekündigten TagesordnungspunktesM III. 4 Zulassung eines externen Beraters der Gemeinschaft zur

Teilnahme an der Versammlung M III. 5 Zulassung sonstiger gemeinschaftsfremder Dritter zur

Teilnahme an der VersammlungM III. 6 Ausschluss eines Versammlungsteilnehmers von der TeilnahmeM III. 7 RedezeitbeschränkungM III. 8 Wahl eines abweichenden Versammlungsleiters/ProtokollführersM III. 9 Geschäftsordnungsbeschluss auf Anweisung des Verwalters zur

Verkündung eines rechtswidrigen Beschlusses (Zitterbeschluss zu einer baulichen Veränderung)

M III. 10 Abbruch und Vertagung der VersammlungM III. 11 Allgemeine Regelungen zur Durchführung und zum Ablauf

künftiger Versammlungen

IV. Das Finanz- und Rechnungswesen der EigentümergemeinschaftM IV. 1 Genehmigung des Wirtschaftsplans der EigentümergemeinschaftM IV. 2 Genehmigung des vom Verwalter vorgelegten Wirtschaftsplans

mit ÄnderungenM IV. 3 Erhebung einer Sonderumlage zur Durchführung einer

InstandsetzungsmaßnahmeM IV. 4 Erhebung einer Sonderumlage zur Liquiditätssicherung der

Gemeinschaft wegen HausgeldzahlungsausfällenM IV. 5 Außerordentliche Zuführung von Mitteln zur Instandhaltungs­

rücklage sowie künftige Erhöhung der regelmäßigen ZuführungM IV. 6 Ermächtigung des Verwalters Liquiditätsengpässe auf dem

laufenden Gemeinschaftskonto durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage zu decken

M IV. 7 Bildung einer LiquiditätsrücklageM IV. 8 Genehmigung der JahresabrechnungM IV. 9 Genehmigung der Jahresabrechnung unter KorrekturvorbehaltM IV. 10 Ermächtigung des Verwalters, mit der kontoführenden Bank

einen Überziehungsrahmen (Kontokorrentkredit) zu vereinbarenM IV. 11 Aufnahme eines längerfristigen Kredits durch die Gemeinschaft

zur Finanzierung einer größeren Instandsetzungsmaßnahme

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Gliederung

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M IV. 12 Änderung der vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel für Betriebs­ und Verwaltungskosten gem. § 16 Abs. 3 WEG

M IV. 13 Die Änderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel für Instandhaltungs­ bzw. Instandsetzungsmaßnahmen gem. § 16 Abs. 4 WEG

M IV. 14 Beschlussfassung zur generellen Fälligkeit von Zahlungen nach § 21 Abs. 7 WEG

M IV. 15 Vorfälligkeits­ bzw. Verfallklausel für die HausgeldvorschüsseM IV. 16 Verpflichtung zur Teilnahme am SEPA­Lastschriftverfahren

gem. § 21 Abs. 7 WEGM IV. 17 Tilgungsbestimmung von HausgeldzahlungenM IV. 18 Regelung zur Verzinsung der fälligen Hausgeldzahlungen

bei VerzugM IV. 19 Beschluss zur Tragung und Umlage der Kostenlast für eine

besondere Nutzung des Gemeinschaftseigentums (Umzugs­kostenpauschale)

M IV. 20 Beschlussfassung zur Versorgungssperre bei Hausgeldrück­ständen

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Musterbeschlussantrag M I. 1: Beauftragung des Verwaltungsbeirats zur Angebots­einholung bei einem Verwalterwechsel

1. Regelungsbedarf

Da der bisherige Verwalter seine langjährige Tätigkeit aus persönlichen Gründen beenden möchte, ist ein neuer Verwalter für eine größere Gemein­schaft zu suchen und zu bestellen. Die Angebotseinholung soll durch den Beirat erfolgen. Die Eigentümer legen Wert auf ein professionell tätiges Un­ternehmen mit entsprechendem Fachpersonal. Wegen eines querulatorisch veranlagten Eigentümers überlegt der bisherige Verwalter, wie das Verfah­ren möglichst transparent und rechtssicher zu gestalten ist.

2. Formulierung TOP Einladung

Beauftragung des Beirats zur Einholung von Angeboten geeigneter Bewerber für die Übernahme der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft ab … .

3. Antragsmuster

Der Verwaltungsbeirat wird beauftragt mindestens 3 Angebote zur Über-nahme der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft XY ab … einzuholen. Die Tätigkeit des künftigen Verwalters soll auf der Grundlage des Vertragsformulars … (z. B. des IVD Bundesverbandes der Immobilien-berater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.) vereinbart werden. Den Anbietern ist vor Abgabe ihres Angebots das vorgenannte Vertrags-formular sowie die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung der WEG zur Verfügung zu stellen.

Die Anfragen sind ausschließlich an professionell tätige Verwalter zu richten, die einen Verwaltungsbestand von wenigstens … Wohneinheiten betreuen. Diese sollen gebeten werden, das überlassene Vertragsformular mit ihren Bedingungen/Vergütungsvorstellungen zu ergänzen und zusätz-lich mindestens folgende Angaben zu machen:

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Bauftragung Verwaltungsbeirat Angebotseinholung bei Verwalterwechsel

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− Unternehmensform, − Anzahl, Ausbildung und Funktion der Mitarbeiter, − Fortbildung in den letzten drei Jahren, − bestehende Versicherungen (Vermögensschaden-, Betriebs-Vertrau-

ensschadenshaftpflicht) sowie deren Deckungssummen, − Referenzen − (usw.).

Es steht jedem Miteigentümer frei, ggf. selbst ein Angebot unter Berück-sichtigung der o.g. Kriterien einzuholen sowie an den Beirat bis spätestens … weiter zuleiten.

Das Ergebnis der Angebotseinholung ist in Form eines Preisspiegels der Einladung zur nächsten Versammlung beizufügen. Interessierten Eigentü-mern sind auf Anfrage durch den Beirat die gesamten Bewerbungsunter-lagen der Kandidaten zu übermitteln. Diese sind ferner in der nächsten Eigentümerversammlung zur Einsichtnahme bereitzuhalten.

Die Anbieter sind zur nächsten Versammlung einzuladen, um ihnen Gele-genheit zur persönlichen Vorstellung zu geben.

4. Anmerkungen

Die wenigsten Eigentümer und Beiräte haben eine genauere Vorstellung da­von, welche Anforderung die professionelle Verwaltung ihrer Eigentümer­gemeinschaft an den Verwalter stellt. Hinzu kommt, dass sie bei verschie­denen Angeboten mit unterschiedlichen Vertragsformularen konfrontiert sind und damit die Vergleichbarkeit von Leistung und Preis nicht unmit­telbar gegeben ist. Die Auswahl und Bestellung eines geeigneten Verwalters gerät damit oftmals zur Glückssache.

Am sichersten lassen sich mehrere Angebote vergleichen, wenn sie – wie bei der Ausschreibung bei einer größeren Instandhaltungsmaßnahme – auf einer einheitlichen Basis beruhen, die vorliegenden Angebote also auf der­selben vertraglichen Grundlage erfolgen.

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M I. 1

3

Die Eigentümer/Beiräte müssen sich zudem vor der Einholung von Ange­boten klar darüber sein, welches Anforderungsprofil sie an die Kompetenz und Organisationsstruktur des Verwalters stellen und auf welche Leistun­gen sie besonderen Wert legen. Zu berücksichtigen ist auch, welche beson­deren Probleme in absehbarer Zeit durch die Gemeinschaft zu bewältigen sind. Stehen z. B. umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an, empfiehlt sich die Bestellung eines Verwalters mit bautechnischer Abteilung bzw. Fach­personal.

Nur aus der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung lassen sich für einen Anbieter die Struktur der Gemeinschaft, die Abrechnungserfor­dernisse und eventuell über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende Ver­walterpflichten erkennen. Den Anbietern sollten daher diese Unterlagen sowie weitere Informationen (ggf. Jahresabrechnung/Wirtschaftsplan) zur Verfügung gestellt werden.

AchtungBei größeren Wohnanlagen können Eigentümer auf einem professionellen, qualifizierten und neutralen Verwalter bestehen. Die Bestellung eines Be-werbers, der diese Voraussetzung nicht erfüllt, kann daher ordnungsmä-ßiger Verwaltung widersprechen1. Bei kleinen Anlagen hingegen können „Newcomer“ oder ein Eigentümer-Verwalter eine empfehlenswerte Alter-native darstellen. Allerdings sind auch bei Eigentümer-Verwaltern immer gewisse Grundkenntnisse und eine zu erwartende Neutralität zu fordern2.

Sinnvoll erscheint es, dem beauftragten Beirat Vorgaben dahingehend zu machen, welche wesentlichen Informationen bei eventuellen Bewerbern abgefragt werden sollen, sowie auf welche Weise und wann das Ergebnis der Anfragen den Eigentümern zu übermitteln ist.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Der Beschluss kann mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen ge­fasst werden. Es gilt das gesetzliche bzw. vereinbarte Stimmrechtsprinzip. Stimmrechtsausschlüsse nach § 25 Abs. 5 WEG bestehen nicht.

1 LG Hamburg ZWE 2012, 288.2 LG Düsseldorf IMR 2014, 211.

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Bauftragung Verwaltungsbeirat Angebotseinholung bei Verwalterwechsel

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6. Anfechtungsrisiken

Bei der Bestellung des ersten bzw. eines neuen Verwalters der Gemeinschaft ist auf ein umfassendes, sachgerechtes und insbesondere transparentes Auswahlverfahren zu achten. Dem Informationsinteresse aller Miteigentü­mer muss nachgekommen werden.

Der Beschluss zur Wahl und/oder Bestellung eines neuen Verwalters ent­spricht nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn den Eigentümern mehrere Angebote vorliegen3, andernfalls kann der Beschluss erfolgreich angefochten werden. Wie viele Angebote notwendig sind, bleibt dem Be­urteilungsspielraum der Eigentümer überlassen. Damit genügen ggf. auch zwei Angebote, es sei denn der Zweck eines Alternativangebotes (Aufzei­gen der Stärken und Schwächen der jeweiligen Angebote) wird dadurch verfehlt4.

Interessierten Eigentümern muss es unbenommen bleiben, ggf. eigene An­gebote einzuholen und an den Beirat weiterzuleiten.

Der Beirat ist grundsätzlich berechtigt, eine Vorauswahl geeigneter Bewer­ber zu treffen, die zur persönlichen Vorstellung geladen werden sollen5. Al­lerdings darf dadurch das Recht über andere Bewerber abzustimmen, nicht ausgeschlossen sein. Der Forderung eines Eigentümers, dass das von ihm eingeholte Angebot auf jeden Fall zur Wahl gestellt werden soll, ist daher nachzukommen6.

Ein Anspruch der Eigentümer auf die Anhörung der Bewerber vor der Wahl/Bestellung besteht nicht7, gleichwohl sollte darauf nicht verzichtet werden, da die Verwalterstellung ein persönliches Vertrauensverhältnis er­fordert und sich die Eigentümer nur durch eine persönliche Vorstellung ein ausreichendes Bild von den Bewerbern machen können.

Zur Frage ob bei der Wiederbestellung des bisherigen Verwalters mehrere Angebote vorliegen müssen, siehe Beschlussantragsmuster M I. 6.

3 BGH ZWE 2011, 317.4 BGH a.a.O.5 OLG Düsseldorf NJW­RR 2002, 661.6 AG Hamburg­Altona IMR 2015, 1014 (nur online).7 OLG München ZMR 2007, 1000.

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Musterbeschlussantrag M I. 2: Wahl des künftigen Verwalters der WEG bei mehreren Bewerbern (nur Auswahlverfahren)

1. Regelungsbedarf

Es stehen drei geeignete Bewerber für das Verwalteramt zur Verfügung. Mit der Wahl soll ermittelt werden, welcher Kandidat die Mehrheit der Stim­men auf sich vereinigen kann. Die Bestellung (insbesondere deren Dauer) soll einer weiteren Beschlussfassung vorbehalten bleiben, da mit dem ge­wählten Bewerber noch Einzelfragen untergeordneter Natur zu klären sind.

2. Formulierung TOP Einladung

Vorstellung und ggf. Befragung der Bewerber für das Verwalteramt sowie Wahl eines Bewerbers als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft ab … .

3. Antragsmuster

Stehen mehr als zwei Bewerber zur Wahl, ist zur Bestimmung der erforder­lichen Mehrheit ein korrektes Wahlverfahren anzuwenden.

Antragsmuster M I. 2a

Von den Kandidaten für das Verwalteramt A, B und C wird derjenige zum Verwalter der WEG gewählt, der bei der nachfolgenden Abstimmung die einfache Mehrheit der Ja-Stimmen auf sich vereinigt. Ist dies bei keinem Bewerber der Fall, wird eine Stichwahl zwischen denjenigen Bewerbern durchgeführt, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen auf sich ver-einigt haben.

Der zu wählende bzw. zu bestellende Verwalter benötigt die (einfache) Mehrheit aller abgegebenen Stimmen. Das ist nicht unbedingt dann schon der Fall, wenn er die höchste Stimmanzahl unter den Bewerbern auf sich

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Wahl Verwalter der WEG (Auswahlverfahren)

2

vereinigt (relative Mehrheit). Die relative Mehrheit genügt selbst dann nicht, wenn über mehrere Verwalterkandidaten gleichzeitig abgestimmt wird1. Erreicht also jeder einzelne Bewerber nur eine relative Mehrheit der Stimmen, muss zusätzlich ein weiterer Wahlgang stattfinden. Dies sei an folgendem Beispiel verdeutlicht, bei dem in der (beschlussfähigen) Versammlung 15 Eigentümer anwesend bzw. vertreten sind und sich das Stimmrecht nach Köpfen (§ 25 Abs. 2 WEG) bemisst.

Ergebnis der Abstimmung

Kandidat A 7 Ja­StimmenKandidat B 5 Ja­StimmenKandidat C 3 Ja­Stimmen

Kandidat A hat zwar die meisten Stimmen wurde aber nicht mit Mehrheit gewählt, denn für ihn haben zwar 7 Eigentümer gestimmt, gegen ihn je-doch 8 Eigentümer.

Es ist daher eine Stichwahl notwendig, wie folgt:

Antragsmuster I. 2b

Von den Kandidaten A und B wird derjenige zum künftigen Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft ab … gewählt, der bei der nachfol-genden Abstimmung die einfache Mehrheit der Ja-Stimmen auf sich ver-einigt.

Ergebnis der Abstimmung

Kandidat A 6 Ja­StimmenKandidat B 5 Ja­Stimmen

Nachdem sich in der Stichwahl nunmehr 4 Eigentümer der Stimme ent­halten und keinem der beiden verbliebenen Kandidaten die Zustimmung erteilt haben, wurde Bewerber A mit der einfachen Mehrheit gewählt. Die Enthaltungen sind nicht mitzuzählen, sodass nur 11 Stimmen verblieben sind, wovon 6 Stimmen für die einfache Mehrheit ausreichen.

1 BayObLG NZM 2003, 444.

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M I. 2

3

Hat sich bei der Diskussion bereits ein klarer Favorit herausgebildet, kann zur Abkürzung des Verfahrens (ggf. nach Durchführung einer Probeabstim­mung) auch allein dieser Kandidat zur Wahl gestellt werden.

Antragsmuster I. 2c

Kandidat A wird zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft ab … gewählt.

Erreicht der zur Wahl gestellte Favorit die erforderliche Mehrheit, muss eine Abstimmung zu den übrigen Kandidaten nicht mehr durchgeführt werden2. Eine solche Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, auch wenn sich die weiteren Kandidaten nicht mehr zur Wahl stellen können, denn durch die mehrheitliche Zustimmung zum Kandidaten A wären weitere Wahlgänge eine nutzlose Förmelei.

4. Anmerkungen

Im Zusammenhang mit der Auswahl/Wahl/Bestellung des Verwalters tre­ten mitunter Fragen der sog. Majorisierung auf. Darunter versteht man die missbräuchliche Ausübung eines vorhandenen Stimmenübergewichts eines Eigentümers oder einer Gruppe von Eigentümern zur Durchsetzung eigener (wirtschaftlicher) Interessen ohne Rücksicht auf die Belange der übrigen Miteigentümer3.

Eine Majorisierung läge beispielsweise dann vor, wenn der aufteilende Ei­gentümer, mit der ihm zustehenden Stimmenmehrheit, gegen den Willen der Minderheit seine 18­jährige Tochter zum Verwalter wählt, die weder Erfahrung noch Fachkenntnisse in der Wohnungseigentumsverwaltung hat, um ihr ein Einkommen zu verschaffen.

Liegt ein Stimmrechtsmissbrauch durch Majorisierung vor, unterliegen die betreffenden Stimmen einem Stimmrechtsausschluss, der nicht im Woh­nungseigentumsgesetz selbst geregelt ist, sondern sich aus § 242 BGB (Treu und Glauben) herleitet. In der Praxis werden Majorisierungsfragen dann relevant, wenn ein Stimmrechtsausschluss gemäß § 25 Abs. 5 WEG per se

2 OLG Köln NZM 2000, 676.3 BGH ZMR 2002, 930.

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Wahl Verwalter der WEG (Auswahlverfahren)

4

noch nicht gegeben ist. Ein solcher Fall läge z. B. möglicherweise dann vor, wenn der Eigentümerverwalter mit ungebunden erteilten Vollmachten sei­tens der Mehrzahl der Eigentümer zugleich mit seiner Wiederbestellung über eine Erhöhung der Vergütung Beschluss fassen lässt, um einen dies­bezüglichen Stimmrechtsausschluss zu umgehen (siehe hierzu Ziffer 6 zu Muster M I. 3).

Eine Majorisierung liegt nicht schon dann vor, wenn ein Mehrheitseigentü-mer die Minderheit überstimmt. Entscheidend ist vielmehr, dass das Stim-menübergewicht missbräuchlich eingesetzt wird.

Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss im Einzelfall unter Abwägung aller Interessen geprüft werden. Für einen Verwalter/Versammlungsleiter, der einen Beschlussgegenstand zur Abstimmung stellt, dürfte eine solche Ent­scheidung nur in Ausnahmefällen möglich sein. Den Eigentümern bleibt somit ggf. nur der Weg der Beschlussanfechtungsklage.

5. Stimmrechtsfragen/Stimmrechtsausschlüsse

Stellt sich ein Miteigentümer zur Wahl als neuer Verwalter, unterliegt die­ser keinem Stimmrechtsausschluss (siehe Ziffer 5 zu Muster M I. 3).

6. Anfechtungsrisiken

Die Wahl des Verwalters ist anfechtbar, wenn sie nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Materiell ist das z. B. dann der Fall, wenn ein Kan­didat gewählt wird, der einschlägig vorbestraft bzw. in sonstiger Weise fachlich oder persönlich ungeeignet ist, z. B., weil die gebotene Neutralität nicht zu erwarten ist, oder er sich in Vermögensverfall befindet etc.

Die Wahl einer „1-Euro GmbH“ als Verwalter widerspricht dann noch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn diese ansonsten über ausreichende Bonität verfügt. Hiervon müssen sich jedoch die Eigentümer ein eigenes Bild machen können4, d. h. die Bewerberin muss nachvollziehbare Anga-ben zu ihrer Bonität machen.

4 BGH NJW 2012, 3175.

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M I. 2

5

Ist der Verwalter fachlich inkompetent und bestehen aufgrund persönlicher und wirtschaftlicher Beziehungen zu einzelnen Eigentümern begründete Zweifel an seiner Neutralität, liegt bei dessen Wahl ein Verstoß gegen die ordnungsmäßige Verwaltung vor5, ebenso in dem unter Ziffer 4, Abs. 2 ge­nannten Beispielsfall6. Anderer Ansicht ist das LG Stuttgart7, wonach die Bestellung einer Polizistin als Verwalterin, die weder über Ausbildung oder Erfahrung in der Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften noch über eine betriebliche Ausstattung verfügte, keinen Bedenken begeg­nete (was jedoch lediglich bei kleineren Gemeinschaften als unproblema­tisch erscheint).

AchtungDie Wahl/Bestellung eines Verwalters für eine „Untergemeinschaft“ wäre im Übrigen nichtig. Die Untergemeinschaft selbst ist nicht (teil­)rechtsfähig, ihr steht nicht die Beschlusskompetenz zu, einen „Teil­Ver­walter“ zu bestellen8. Für eine WEG, selbst wenn diese aus diversen Un-tergemeinschaften besteht, kann und darf es nur einen Verwalter geben.

5 LG Düsseldorf IMR 2014, 211.6 LG Hamburg IMR 2016, 206.7 LG Stuttgart, IMR 2015, 503.8 LG Hamburg IMR 2013, 1013 (nur online).

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Musterbeschlussantrag M I. 3: Isolierte Bestellung eines Verwalters

1. Regelungsbedarf

In der letzten Versammlung haben sich drei Bewerber für die Übernahme der Verwaltung vorgestellt und in der anschließenden Diskussion einigten sich die Eigentümer auf die A­GmbH. Beirat C hat den Auftrag erhalten, den Verwaltervertrag auszuhandeln. Dies ist noch nicht erfolgt, weil C zwi­schenzeitlich erkrankte. Nachdem die Bestellung des bisherigen Verwalters in Kürze ausläuft und Einigkeit über die wesentlichen Vertragskonditionen besteht, soll zunächst nur die Bestellung von A erfolgen, um eine verwalter­lose Zeit zu vermeiden. Der Vertrag soll einer gesonderten Beschlussfassung vorbehalten bleiben. Der bisherige Verwalter fragt sich, ob das möglich ist.

2. Formulierung TOP Einladung

Bestellung der Fa. A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemein-schaft … für den Zeitraum von … bis … .

3. Antragsmuster

Die Fa. A-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer X, B-Str. 100 in C-Stadt wird für den Zeitraum von … bis … zum Verwalter der Wohnungs-eigentümergemeinschaft D-Str. 1 in C-Stadt bestellt.

Die Vergütung des Verwalters für seine nach dem Wohnungseigentumsge-setz zu erbringenden Leistungen beträgt pro Wohneinheit/Monat € 29,75 (= € 25,00 zzgl. MwSt.) und pro TG-Stellplatz/Monat € 3,57 (= € 3,00 zzgl. MwSt.).

Protokollzusatz:Herr X erklärt für die bestellte A-GmbH, dass diese die Bestellung annimmt.

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Isolierte Bestellung eines Verwalters

2

4. Anmerkungen

Mit der Bestellung erlangt der Verwalter seine Stellung als Organ des teil-rechtsfähigen Verbands der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie ver­schafft ihm die Befugnis diesen im Rechtsverkehr nach außen zu vertreten. Er wird damit primäres Handlungsorgan der Gemeinschaft mit den damit verbundenen gesetzlichen Ermächtigungen gem. § 27 Abs. 3.

Nach der sog. Trennungstheorie1 ist hiervon der rechtsgeschäftliche Ab-schluss des Verwaltervertrages zu unterscheiden. Dieser regelt das Innen­verhältnis zwischen den Vertragsbeteiligten und bildet die Grundlage für die Verwaltervergütung. Regelmäßig werden mit dem Verwaltervertrag zu­dem die Rechte und Pflichten des Verwalters konkretisiert, abgeändert oder auch erweitert.

Es begegnet daher keinen Bedenken, zunächst über die Bestellung des Ver­walters zu beschließen und den Vertragsschluss einer weiteren Beschluss­fassung vorzubehalten.

AchtungWird zunächst lediglich die Bestellung des Verwalters beschlossen, muss zugleich wenigstens zu den weiteren grundlegenden Eckdaten dieser Be-stellung Beschluss gefasst werden (mindestens sind daher gleichzeitig die Dauer der Bestellung und Grundvergütung des Verwalters festzulegen)2. Dies gilt sowohl für den Fall, dass zunächst erst noch weitere Verhand-lungen geführt werden sollen wie auch dann, wenn vorgesehen ist, den Verwaltervertrag ohne Weiteres kurzfristig in der nächsten Versammlung zu genehmigen.

Der Beschluss „Die Fa. A­GmbH wird zum Verwalter der WEG … bestellt; die Genehmigung des Verwaltervertrages soll in der nächsten Versammlung erfolgen.“ wäre somit auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären, denn weder wurde festgelegt, für welche Zeitdauer die Bestellung gelten soll, noch welche Vergütung die Eigentümer für die gesetzlich bestimmten Leis­tungspflichten des Verwalters zu zahlen haben.

1 BGH NJW 1997, 2106 (herrschende Rechtsmeinung).2 OLG Hamm ZMR 2003, 53; OLG Düsseldorf ZMR 2006, 872.

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M I. 3

3

Zum Bestellungsbeschluss selbst ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Be­schluss der Eigentümer (der auch in Abwesenheit des zu bestellenden Verwalters gefasst werden kann) stellt für sich genommen noch nicht die Bestellung des Verwalters dar, sondern lediglich ein Angebot an den Bewer­ber auf Bestellung als Verwalter der WEG. Eine wirksame und beide Seiten bindende Bestellung liegt erst dann vor, wenn der Bewerber die Bestellung auch annimmt. Keiner (auch kein Eigentümer der WEG) kann gegen seinen Willen verpflichtet werden, die Stellung des Verwalters einer WEG einzu­nehmen. Die Annahme der Bestellung wiederum kann ausdrücklich oder aber auch konkludent (durch die Aufnahme der Tätigkeit) erfolgen.

Drängt die Zeit, sollte daher die Bestellung in Anwesenheit des künftigen Verwalters erfolgen, damit dieser die Bestellungsannahme auch sogleich erklären kann (was selbstverständlich zu protokollieren ist). Andernfalls kann zunächst ein Schwebezustand eintreten, bis der neue Verwalter seine Tätigkeit in einer Weise aufnimmt, die in zweifelsfreier Weise auf eine kon­kludente Annahme der Bestellung schließen lässt.

Schlimmer noch: Erklärt sich der bestellte Kandidat nicht, wird er auch nicht für die WEG tätig (weil er es sich z. B. anders überlegt hat) und ist zu­dem kein Beirat vorhanden, kann es dazu kommen, dass die Gemeinschaft längere Zeit ohne Verwalter auskommen muss. Es wäre dann nämlich keine Person vorhanden, die zur Einberufung einer Eigentümerversammlung be­rechtigt ist, um das Manko zu beheben.

Grundsätzlich ist es auch über die zitierte obergerichtliche Rechtsprechung hinaus empfehlenswert, Beginn und Ende der Bestellung bzw. die exakte Bestellungsdauer durch den Beschluss selbst festzulegen.

Denn fehlt es an einer solchen Regelung, ist die Bestellung nicht nichtig, sondern wirksam. Sie läuft dann auf unbestimmte Zeit und endet spätes-tens nach 3 bzw. 5 Jahren3. Dies kann zur Rechtsunsicherheit bei allen Be­teiligten führen.

Die Höchstdauer der Bestellung ist gesetzlich auf fünf Jahre begrenzt (§ 26 Abs. 1 S. 2 WEG). Wird nach Begründung der WEG erstmals ein Verwal­ter bestellt, beträgt die maximal zulässige Bestellungszeit drei Jahre (§ 26 Abs. 1 S. 2). Dadurch soll vermieden werden, dass ein vom Bauträger be­

3 OLG München NZM 2007, 647.

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Isolierte Bestellung eines Verwalters

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stellter Erstverwalter aufgrund eines Interessenskonflikts die Verfolgung der Baumängelgewährleistung nicht sachgerecht veranlasst. Diese Beschrän­kung gilt nicht etwa nur dann, wenn der Verwalter vom Bauträger über die Gemeinschaftsordnung eingesetzt, sondern auch für den Fall, dass dieser von der (werdenden) Gemeinschaft selbst per Beschluss bestellt wird.

Erfolgt eine Bestellung über die zulässige Grenze hinaus, endet die Bestel-lung nach Ablauf der 3- bzw. 5-jährigen Frist. Sie ist nur bis zum Ende des Höchstbestellungszeitraums gültig und im Übrigen gem. § 139 BGB nich­tig4. Möglich ist es auch, die Bestellung ausdrücklich auf „unbestimmte Zeit“ vorzunehmen, mit den vorgenannten Konsequenzen.

Wird der Verwalter für einen kürzeren Zeitraum als 5 bzw. 3 Jahre bestellt und zugleich beschlossen, dass sich die Bestellung jeweils automatisch (z. B. um ein weiteres Jahr) verlängert, endet die Bestellung ebenfalls nach der jeweils gesetzlich zulässigen Höchstdauer.

Wenngleich also die Bestimmung der Bestellungsdauer bzw. des Bestel­lungsendes durch den Beschluss nicht zwingend notwendig ist, ist eine ausdrückliche Regelung hierzu dennoch anzuraten und sei es nur, um für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen, wann eine Wieder­ bzw. Neubestel­lung des Verwalters erforderlich ist.

Wiederbestellungen nach Ablauf der (erstmaligen) Bestellungszeit bzw. der jeweiligen Bestellungshöchstdauer sind unbegrenzt möglich, allerdings ist eine Wiederbestellung frühestens 1 Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit zulässig (§ 26 Abs. 2). Dies gilt nicht sofern die Bestellungsdauer ab Be­schlussfassung auf längstens 5 Jahre festgelegt wird, also wenn z. B. zwei Jahre vor Ablauf der Bestellungsdauer beschlossen wird, dass der Verwalter ab diesem Zeitpunkt erneut für die Dauer von 5 Jahren bestellt wird.

Beschränkungen der Verwalterbestellung in Vereinbarungen der Gemein-schaft über die gesetzlichen Regelungen hinaus sind im Übrigen unwirk-sam (§ 26 Abs. 1 S. 5 WEG), so z. B. eine Bestimmung in der Gemeinschafts­ordnung, wonach die Bestellung des Verwalters einer ¾­Mehrheit bedarf5 oder wonach grundsätzlich nur eine Bestellungshöchstdauer von 3 Jahren zulässig ist.6

4 OLG München ZMR 2007, 989.5 BayObLG WuM 1996, 497.6 OLG Düsseldorf ZWE 2008, 52.

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M I. 3

5

Wirksam hingegen sind Regelungen, die die Verwalterbestellung erleich­tern (mit Ausnahme: der jeweils gesetzlichen festgelegten Höchstbestel­lungsdauer in § 26 Abs. 1 S. 2).

Zur Angabe der Vergütung siehe Muster M I. 5, Ziffer 4.

5. Stimmrechtsfragen

Es gilt das gesetzliche bzw. vereinbarte Stimmrechtsprinzip. Erforderlich ist die einfache Mehrheit.

Bei der (alleinigen) Wahl/Bestellung besteht kein Stimmrechtsausschluss für einen Bewerber, der selbst Eigentümer ist7 (anders bei der Beschluss­fassung über den Verwaltervertrag). Auch der bisherige Verwalter kann als Vertreter von Eigentümern mitstimmen und insofern auch Untervollmach­ten erteilen (siehe hierzu Muster M I. 4, Ziffer 5).

6. Anfechtungsrisiken

Formell bestehen dann Anfechtungsrisiken, wenn es an einer ordnungs­gemäßen Ankündigung des Beschlussgegenstandes in der Einladung fehlt. Die Bezeichnung „Neuwahl des Verwalters“ genügt aber, um unter diesem TOP auch über die Bestellung und den Verwaltervertrag Beschluss zu fas-sen8. Die persönliche Vorstellung der Kandidaten ist rechtlich nicht erfor­derlich. Hierauf kann die Mehrheit der Eigentümer verzichten9.

Wird der Beschluss über die Wahl/Bestellung des Verwalters angefochten, bleibt die Bestellung (außer im Falle der Nichtigkeit) so lange wirksam, bis der Beschluss vom Gericht für ungültig erklärt wird (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG). Allerdings besteht die Möglichkeit einen Antrag auf einstweilige Verfügung gem. den §§ 935 ff. ZPO zu stellen um die Wirksamkeit des Beschlusses bis zur endgültigen Entscheidung aussetzen zu lassen.

7 BGH NZM 2002, 995.8 OLG Schleswig ZMR 2006, 804.9 OLG München ZMR 2007, 1000.

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Musterbeschlussantrag M I. 4: Bestellung des Verwalters und Genehmigung des ausge­handelten und den Eigentümern bekannten Vertrags

1. Regelungsbedarf

In der letzten Versammlung wurde die A­GmbH gewählt. Nachdem zwi­schenzeitlich Bestellungsdauer und Verwaltervertrag ausgehandelt wur­den, soll nunmehr die Bestellung erfolgen. Gleichzeitig soll der ausgehan­delte Verwaltervertrag, der an alle Eigentümer mit der Einladung übersandt wurde, genehmigt werden.

2. Formulierung TOP Einladung

Bestellung der A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft für den Zeitraum von … bis … sowie Genehmigung des Verwaltervertrages. Beauf-tragung und Bevollmächtigung des Beirats zur Vertragsunterzeichnung.

(Hinweis: die Bezeichnung „Neuwahl eines Verwalters“ in der Ladung zur Versammlung reicht zwar grundsätzlich aus, um unter diesem TOP sowohl über die Bestellung wie auch über den Verwaltervertrag Beschluss zu fassen1, jedoch sollten alle Beschlussgegenstände in der Einladung konkret bezeich­net werden, um Einwände der Eigentümer zu vermeiden, sie seien nicht darüber informiert worden, dass auch der Vertrag Beschlussgegenstand ist).

3. Antragsmuster

Die A-GmbH, B-Str.100, C-Stadt wird für den Zeitraum von … bis … zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft D-Str. 1 in C-Stadt be-stellt. Der mit der Einladung übersandte Verwaltervertragsentwurf der A-GmbH wird genehmigt (alternativ: wird mit folgenden Änderungen ge-nehmigt…).

1 OLG Schleswig ZMR 2006, 804.

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Bestellung des Verwalters/Vertragsgenehmigung

2

Er gilt für die Dauer der Bestellung. Der Verwaltungsbeirat wird ermäch-tigt, den Verwaltervertrag namens der Gemeinschaft zu unterzeichnen.

4. Anmerkungen

Der Musterbeschlussantrag spiegelt den Idealfall wieder, bei dem den Woh­nungseigentümern bei der Beschlussfassung über die Bestellung der ab­zuschließende Verwaltervertrag bereits bekannt ist und in unveränderter Form oder mit kleineren Änderungen abgeschlossen werden soll.

Die Parteien des Verwaltervertrags sind einerseits der Verwalter und an­dererseits der teilrechtsfähige Verband der Wohnungseigentümergemein-schaft2, nicht die Wohnungseigentümer3.Nach nunmehr herrschender Mei­nung ist der Verwaltervertrag damit zwar kein „Vertrag zugunsten Dritter“ aber ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Eigentümer4.

Der Vertragsschluss bedarf keiner Form. Auch der Abschluss eines münd­lichen Vertrages wäre damit möglich, was jedoch schon aus Beweisgründen nicht angeraten werden kann. Es sollte daher ein schriftlicher Vertrag ge­schlossen und dieser seitens der Gemeinschaft durch den Beirat oder – falls ein solcher nicht existiert – durch einen einzelnen Eigentümer unterzeich­net werden (im Wege der Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 S. 3 WEG).

Erfolgt eine Bestellung ohne (beabsichtigten) Abschluss eines Verwalter-vertrags, ist dies grundsätzlich zulässig und möglich. In diesem Fall hat der Verwalter die ihm durch das Gesetz zugewiesenen Pflichten zu erfüllen und ihm stehen die gesetzlich begründeten Rechte zu. Allerdings hat er dann keinen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit. Es gelten für diese Kon­stellation vielmehr die Regelungen der §§ 677 ff. BGB, mit der Folge, dass dem Verwalter lediglich einen Aufwendungsersatzanspruch gem. § 683 BGB gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zusteht, der jedoch auch

2 OLG Hamm NZM 2006, 632, OLG München NZM 2007, 88.3 OLG Düsseldorf ZWE 2007, 92.4 OLG Hamm ZWE 2008, 470; OLG Frankfurt a.M. ZWE 2008, 470.

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M I. 4

3

die „übliche Vergütung“ der Zeit und Arbeitskraft des Verwalters umfasst, wenn die Leistungen zum Beruf oder Gewerbe des bestellten Verwalters zu zählen sind5.

Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass Regelungen im Verwaltervertrag nicht im Widerspruch zu den bestehenden Vereinbarungen der Wohnungs­eigentümer stehen; eine gegen Regelungen der Gemeinschaftsordnung verstoßende Verwaltervertragsklausel wäre unwirksam. Da Vertragspartei der teilrechtsfähige Verband ist, können im Verwaltervertrag keine direkten Pflichten der Eigentümer begründet werden, dies würde einen unzulässi­gen Vertrag zu Lasten Dritter darstellen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist rechtlich dann als Verbrau-cher gem. § 13 BGB zu qualifizieren, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, das weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient6.

Soweit der Verwaltervertrag demgemäß als Formularvertrag einzustufen ist, sind sämtliche Vertragsklauseln an den §§ 305 ff. BGB zu messen. Insbe­sondere darf daher mit den Vertragsbestimmungen keine unangemessene Benachteiligung der Gemeinschaft verbunden sein (Inhaltskontrolle).

Die Vergütung des Verwalters ist im Übrigen frei vereinbar, sie muss aber den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung genügen. Die Eigentümer sind zwar nicht verpflichtet, das günstigste Angebot wahrzunehmen, je­doch würde die Bestellung eines Verwalters, dessen Vergütungsforderung 40 % höher liegt als das eines Konkurrenten nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist7.

5 Vgl. Sprau in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Auflage, RdNr. 8 zu § 683 BGB.6 BGH vom 25. 03. 2015, Az. VIII ZR 243/13, NZM 2015, 665; so auch bereits OLG München

ZMR 2009, 137.7 OLG München NZM 2007, 804.

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Bestellung des Verwalters/Vertragsgenehmigung

4

AchtungSondervergütungen können nur für solche Leistungen des Verwalters ver-einbart werden, die über diejenigen Aufgaben hinausgehen, die dem Ver-walter durch das Gesetz zugewiesen sind.

Die Laufzeitbeschränkung bei Dauerschuldverhältnissen von zwei Jahren gem. § 309 Nr. 9a BGB ist nicht auf WEG­Verwalterverträge anwendbar8.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Über die Bestellung eines Verwalters wie auch über Vertragsfragen ist die einfache Mehrheit erforderlich, aber auch ausreichend (§ 21 Abs. 3 WEG).

Beim Bestellungsbeschluss selbst unterliegt ein Eigentümerverwalter kei-nem Stimmrechtsausschluss. Ebenso wenig ist ein Fremdverwalter daran gehindert, mit ihm erteilten und weisungsungebundenen Vollmachten für seine eigene Bestellung zu stimmen.

Hiervon ist die Beschlussfassung über den Verwaltervertrag zu unterschei-den. Insofern trifft den Eigentümer als Verwalterkandidat der gesetzliche Stimmrechtsausschluss gem. § 25 Abs. 5 WEG (Vornahme eines auf die Ver­waltung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichteten Rechtsgeschäfts). Entsprechendes gilt für den Fremdverwalter für ihm erteilte Vollmachten.

Für den Eigentümerverwalter gilt das Stimmverbot zum Verwaltervertrag dann wieder nicht, wenn die Beschlussfassung über Bestellung und Ver-waltervertrag (wie im obigen Muster) gleichzeitig erfolgt. Dann besitzt die Wahrnehmung der mitgliedschaftlichen Rechte des Eigentümers Vorrang9. Um zu vermeiden, dass der Eigentümerkandidat über den mit ihm abzu­schließenden Vertrag selbst mitbeschließen kann, müssten die Beschluss­gegenstände unter getrennten Tagesordnungspunkten behandelt und abge­stimmt werden.

8 BGH ZMR 2002, 776.9 OLG Hamm NZM 2007, 253.

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M I. 4

5

6. Anfechtungsrisiken

Es gilt die formellen Beschlussanforderungen zu beachten. Zur Bestellung vgl. auch Muster M I. 3. Der Beschluss über den Verwaltervertrag kann dann mit Erfolg angefochten werden, wenn er Bestimmungen enthält, die ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen (z. B. die Vereinbarung einer überhöhten Vergütung/vereinbarungswidrige Klauseln) oder wenn er der Inhaltskontrolle gem. den §§ 305 ff. BGB nicht standhält. Auch wenn Be­stellung und Vertragsabschluss in einem einheitlichen Beschluss erfolgen, ist eine Teilanfechtung nur hinsichtlich des Gegenstandes „Vertrag“ mög­lich. Die gegenteilige Auffassung des OLG Köln10 dürfte nach der WEG­Re­form unter dem Gesichtspunkt der Dispositionsmaxime nicht mehr haltbar sein11.

10 OLG Köln ZMR 2008, 70.11 Vgl. Abramenko in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 41b zu § 26.

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Musterbeschlussantrag M I. 5: Bestellung des Verwalters mit Ermächtigung des Beirats zum Aushandeln und Abschluss des Verwaltervertrags

1. Regelungsbedarf

Wie in Muster M I. 4. Jedoch ist bislang nur der Bestellungszeitraum sowie die Grundvergütung verhandelt. Die weiteren Vertragskonditionen, insbe­sondere zu den Sonderleistungen und deren Vergütung sollen noch ausge­handelt werden und der Vertrag – ohne weitere Beschlussfassung – durch den Beirat abgeschlossen werden.

2. Formulierung TOP Einladung

Bestellung der A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft für den Zeitraum von … bis … . Beschluss zur Vergütung der A-GmbH für ihre gesetzlich bestimmten Leistungspflichten. Beauftragung und Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats, die näheren Konditionen des Verwaltervertrags auszu-handeln und diesen für die Gemeinschaft abzuschließen.

(siehe hierzu auch Hinweis zu Ziffer 2 des Musters M I. 4).

3. Antragsmuster

Die A-GmbH, B-Str.100, C-Stadt wird zum Verwalter der Wohnungsei-gentümergemeinschaft D-Str. 1 in C-Stadt mit Wirkung ab … bis zum … bestellt.

Für die Dauer des o.g. Bestellungszeitraums ist ein Verwaltervertrag abzu-schließen. Die Vergütung des Verwalters für seine nach dem Wohnungs-eigentumsgesetz zu erbringenden Leistungen beträgt pro Wohneinheit/Monat € 29,75 (= € 25,00 zzgl. MwSt.) und pro TG-Stellplatz/Monat € 3,57 (= € 3,00 zzgl. MwSt.).

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Ermächtigung Beirat Aushandeln/Abschluss des Verwaltervertrags

2

Der Verwaltungsbeirat wird beauftragt und bevollmächtigt, unter Beach-tung der obigen Vorgaben die Konditionen des Verwaltervertrags inkl. eventueller Sonderleistungen und deren Vergütung im Übrigen auszuhan-deln und den Verwaltervertrag namens der Gemeinschaft zu abzuschließen.

4. Anmerkungen

Das Aushandeln der Bestimmungen und der Abschluss des Verwalter­vertrages unterliegt der Kernkompetenz der Eigentümerversammlung1. Gleichwohl wird es von der Rechtsprechung als zulässig erachtet, die Ver­handlungen über die Einzelheiten des Vertrages und den Vertragsabschluss auf den Beirat oder einzelne Eigentümer zu delegieren.

Allerdings sind einer solchen Ermächtigung Grenzen gesetzt. Insofern for­dert die obergerichtliche Rechtsprechung, dass mit dem Bestellungsbe­schluss die wesentlichen Eckdaten der Bestellung und des Vertrages (also zumindest Vertragslaufzeit und Vergütung) festgelegt werden2. Diese Punk­te sind also einer Delegation entzogen.

Erfolgt die Beschlussfassung zur Bestellung und zum Abschluss des Ver-waltervertrages in getrennten Eigentümerversammlungen, muss bereits der Bestellungsbeschluss zumindest die wesentlichen Umrisse des Verwal-tervertrages festlegen3.

Der Verwalter hat in der Regel ein Interesse daran, die Vergütung für seine Leistung optisch möglichst günstig erscheinen zu lassen. Vielfach werden daher Vergütungen nur als Nettopreis zzgl. MwSt. benannt. Da die Eigentü­mergemeinschaft aber nach nunmehr höchstrichterlicher Rechtsprechung als „Verbraucher“ im Sinne des § 13 BGB zu qualifizieren ist, sofern ihr auch nur ein einziger Miteigentümer angehört, der Verbraucher ist4, hat der Verwalter tunlichst § 1 Abs. 1 der Preisangabenverordnung zu beachten. Danach hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs­, geschäfts­ oder re­

1 OLG München NJW­RR 2008, 1182.2 OLG Köln NZM 2002, 1002; OLG Hamburg ZMR 2003, 776; OLG Frankfurt ZMR 2008,

895.3 BGH NZM 2015, 348.4 BGH NJW 2015, 3228.

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M I. 5

3

gelmäßig Waren oder Dienstleistungen anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind.

Diese gesetzliche Vorgabe ist daher nicht nur bei der Abgabe eines Angebots auf Übernahme einer WEG­Verwaltung sowie bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen, sondern auch bei Beschlussfassungen, soweit hierdurch die Vergütung des Verwalters festgelegt wird. Andernfalls sind die genann­ten Nettovergütungssätze als Gesamtpreis zu betrachten mit der Folge, dass der Verwalter lediglich hierauf einen Anspruch erwirbt (netto = brutto).

Dies gilt auch für spätere Änderungen der Vergütung des Verwalters.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Siehe Muster M I. 3 und M I. 4.

6. Anfechtungsrisiken

Die Delegation der Vertragsverhandlungen auf Beiräte oder Eigentümer ent­spricht dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn den Beiräten völlig freie Hand gelassen wird, also der Eigentümerversammlung die Entschei­dung nicht wenigstens über Bestellungsdauer und das Honorar für die ge­setzlich festgelegten Pflichten des Verwalters überlassen bleibt. Auch ein solcher Beschluss ist aber nicht nichtig, sondern erwächst in Bestandskraft, sofern er nicht fristgemäß angefochten wird.

Die Vereinbarung von Sondervergütungen für Zusatzleistungen des Verwal­ters ist von einer erteilten Vollmacht zum Aushandeln des Vertrages um­fasst5, nicht jedoch die Vereinbarungen von Haftungsbeschränkungen, die über die gesetzlichen Regelungen (§ 280 Abs. 1, § 823 BGB) hinausgehen6.

Die Ermächtigung wird überschritten, wenn vertragliche Klauseln ver­einbart werden, die von der Gemeinschaftsordnung oder dem Gesetz ab­

5 OLG Hamm NJW­RR 2001, 229.6 OLG Hamm a.a.O.

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Ermächtigung Beirat Aushandeln/Abschluss des Verwaltervertrags

4

weichen. Die vertraglichen Vereinbarungen müssen jeweils ordnungsmä­ßiger Verwaltung entsprechen. Überschreitet der Bevollmächtigte seine Befugnisse im o. g. Sinn, ist der Vertrag zumindest teilweise unwirksam7.

Bestehen im Einzelfall Zweifel, wie weit die Vollmacht der „Delegierten“ reicht, ist dem Verwalter zu empfehlen, den Vertrag in der nächsten Ver­sammlung separat genehmigen zu lassen.

7 OLG Hamm a.a.O.

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Musterbeschlussantrag M I. 6: Wiederbestellung des bisherigen Verwalters und Verlängerung des bestehenden Vertrags zu geänderten Konditionen

1. Regelungsbedarf

Die Bestellungsdauer des Verwalters läuft ab. Der bisherige Verwalter soll erneut bestellt und Vertragskonditionen (Vergütung) teilweise angepasst werden.

2. Formulierung TOP Einladung

Bestellung der Fa. A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemein-schaft für den Zeitraum von … bis… . Verlängerung des bestehenden Vertrages für die Wiederbestellungsdauer sowie Anpassung der Verwaltervergütung ab … .

3. Antragsmuster

Die A-GmbH, B-Str.100, vertreten durch den Geschäftsführer X, C-Stadt wird von … bis … zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft D-Str.1 in C-Stadt bestellt.

Der Verwaltervertrag vom … wird bis zum Ablauf der neuen Bestellungs-dauer mit folgenden Maßgaben verlängert:

Die Vergütung des Verwalters für die in § XX des Vertrages aufgeführ-ten Leistungen beträgt ab … pro Wohneinheit € 28,00/Monat zzgl. der ges. gültigen MwSt. von derzeit 19 % = € 33,32 inkl. MwSt. und pro TG-Stellplatz € 4,00/Monat zzgl. der ges. gültigen MwSt. von derzeit 19 % = € 4,76 inkl. MwSt.

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Wiederbestellung des Verwalters/Verlängerung bestehender Vertrag

2

Die Vergütung des Verwalters für gem. § YY Ziffer xx des Vertrages anzu-fertigende Kopien beträgt nunmehr € 0,50 zzgl. der ges. gültigen MwSt. von derzeit 19 % = €  0,60 inkl. MwSt. für die ersten 50 Kopien sowie € 0,15 zzgl. der ges. gültigen MwSt. von derzeit 19 % = € 0,18 inkl. MwSt. für jede weitere Kopie.

Soweit Verwalterleistungen nach Zeitaufwand zu vergüten sind, beträgt die Vergütung nunmehr € 70,00/Std. zzgl. der ges. gültigen MwSt. von derzeit 19 % = € 83,30 inkl. MwSt.

Der Verwaltungsbeirat wird beauftragt und ermächtigt, namens der Ge-meinschaft einen entsprechenden Nachtrag zum bisher bestehenden Ver-waltervertrag mit den o.g. Änderungen zu unterzeichnen.

4. Anmerkungen

Die wiederholte Bestellung des bisherigen Verwalters ist unbegrenzt zuläs­sig. Der Wiederbestellungsbeschluss darf allerdings frühestens ein Jahr vor Ablauf der laufenden Bestellungszeit gefasst werden (§ 26 Abs. 2 WEG). Im Übrigen siehe Muster M I. 3, Ziffer 4.

Während das Vorliegen mehrerer Angebote bei der Neuwahl eines Verwal­ters nach der Rechtsprechung zwingend erforderlich ist, ist dies bei der Wiederbestellung des Verwalters für einen weiteren Zeitraum – und zwar auch dann, wenn der ursprüngliche Bestellungszeitraum bei der Wiederbe­stellung bereits abgelaufen war – nicht notwendig1. Das soll allerdings dann nicht gelten, wenn aus irgendwelchen Gründen Anlass zur Einholung wei­terer Angebote besteht (nachlassende Effizienz der Verwaltungstätigkeit, Streitigkeiten zwischen Verwalter und Eigentümer etc.)2.

Es empfiehlt sich, Änderungen der Verwaltervergütung nicht nur per Be­schluss genehmigen zu lassen, sondern auch einen Nachtrag zum bestehen­den Vertrag hierüber zu fertigen.

1 BGH ZWE 2011, 317.2 BGH ZWE 2011, 427.

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M I. 6

3

Zur Angabe von Bruttobeträgen für Vergütungsbestandteile des Verwalters siehe Anmerkungen zum Musterbeschlussantrag M I. 5, Ziffer 4.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Vgl. Muster M I. 3 u. M I. 4.

6. Anfechtungsrisiken

Erfolgt der Wiederbestellungsbeschluss mit einer Dauer von fünf Jahren mehr als ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit und soll die weitere Be­stellung erst ab Ablauf der bisherigen Bestellungszeit gelten, ist dieser Be-schluss nicht nur anfechtbar, sondern als Verstoß gegen eine zwingende ge­setzliche Regelung nichtig3, denn damit würde die Höchstbestellungsdauer des § 26 Abs. 1 S. 2 WEG umgangen. Anderes gilt, wenn beschlossen wird, dass der neue Bestellungszeitraum sofort beginnt.

Eine erneute Bestellung des bisherigen Verwalters wäre auch anfechtbar, wenn wichtige Gründe dagegensprechen, dem Verwalter z. B. im abgelaufe­nen Bestellungszeitraum maßgebliche Verfehlungen vorzuwerfen sind.

3 KG WE 1998, 66.

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Musterbeschlussantrag M I. 7: Vertragsanpassungen während der laufenden Bestellungszeit bzw. Vertragsdauer

1. Regelungsbedarf

Die Konditionen des bestehenden Vertrages sollen während der laufen­den Bestellungsdauer abgeändert werden (hier Erhöhung der pauschalen Grundvergütung und Vereinbarung eines Sonderhonorars für die Erfüllung der Verpflichtungen nach der TrinkwasserVO).

2. Formulierung TOP Einladung

Anpassung der Verwaltergrundvergütung auf € 29,75/Wohnung und € 4,76/Stellplatz ab … sowie Honorierung des Aufwands der Verwaltung für die Erfül-lung der Pflichten der Gemeinschaft im Rahmen der TrinkwasserVO.

3. Antragsmuster

Die Vergütung gemäß § X des mit der Fa. A-GmbH bestehenden Verwal-tervertrages erhöht sich ab dem Wirtschaftsjahr … auf monatlich € 29,75 inkl. MwSt. je Wohnung sowie € 4,76 inkl. MwSt. je Stellplatz.

Die A-GmbH erhält ab dem Wirtschaftsjahr … für den im Rahmen der TrinkwasserVO anfallenden Arbeitsaufwand (Organisation der Untersu-chung, Erfüllung der Mitteilungspflichten etc.) die im Verwaltervertrag un-ter § X Ziffer xx vereinbarte Stundenvergütung. Der angefallene Aufwand ist schriftlich nachzuweisen und der Nachweis dem Verwaltungsbeirat im Rahmen der Prüfung der Jahresabrechnung vorzulegen.

Der Verwaltungsbeirat wird ermächtigt, einen diesbezüglichen Nachtrag zum Verwaltervertrag namens der Gemeinschaft zu unterzeichnen.

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Vertragsanpassungen

2

4. Anmerkungen

Die laufende Grundvergütung kann während der Bestellungsdauer jederzeit angepasst werden, sofern beide Parteien damit einverstanden sind. Seitens der Gemeinschaft ist hierfür eine entsprechende Beschlussfassung notwen­dig.

Klarstellend sollte mitbeschlossen werden, ab wann die Vertragsänderung eintritt.

Die Vertragsänderung bedarf nicht zwingend der Schriftform. Sie wird auch wirksam, wenn der Verwalter den diesbezüglichen Antrag stellt und dieser durch Beschluss genehmigt wird. Ein schriftlicher Nachtrag zum be­stehenden Vertrag ist jedoch im Sinne der Vertragsklarheit und Vertrags­wahrheit empfehlenswert. Steht eine Wiederbestellung an, kann nämlich dann der Einfachheit halber beschlossen werden, dass der bestehende Ver­trag samt Nachträgen für den weiteren Bestellungszeitraum verlängert wird.

Ebenso kann während der laufenden Bestellungs­ bzw. Vertragslaufzeit dem Verwalter eine Sondervergütung für zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu­gesprochen werden. Dies erscheint insbesondere dann gerechtfertigt, wenn neue gesetzliche Verpflichtungen auf die Gemeinschaft zukommen (z. B. TrinkwasserVO, Rauchwarnmelder), die letztendlich der Verwalter zu be­wältigen hat.

Gemäß § 21 Abs. 7 WEG verfügen die Eigentümer zudem seit der WEG­Reform zum 01. 07. 2007 über die Beschlusskompetenz dem Verwalter eine Vergütung für besonderen Verwaltungsaufwand zuzuerkennen, soweit dieser nur von einzelnen Eigentümern verursacht wird und die dadurch bedingte Kostenlast auf die Verursacher abzuwälzen (z. B. Nichtteilnahme am SEPA­Lastschriftverfahren; siehe hierzu im Einzelnen die Muster in Ab­schnitt IV).

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Da der Beschlussgegenstand ausschließlich Vertragsangelegenheiten mit dem Verwalter behandelt, unterliegt der Eigentümer-Verwalter dem Stimm-rechtsausschluss gem. § 25 Abs. 5. Die unter M I. 4, Ziffer 6 angesprochene Privilegierung greift in diesem Fall nicht.

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M I. 7

3

Ebenso trifft den Fremdverwalter ein Stimmverbot hinsichtlich ihm erteil­ter Vollmachten, zumindest wenn die Vollmachten zu diesem Punkt nicht weisungsgebunden sind. Er kann aber – weisungsungebundene – Unter­vollmachten erteilen.

6. Anfechtungsrisiken

Erforderlich ist – wie immer – in formeller Hinsicht die ordnungsgemäße Ankündigung des (gesamten) Beschlussgegenstands in der Ladung zur Ver­sammlung.

Die Nichtbeachtung des Stimmrechtsverbots führt auf Anfechtung hin zur Ungültigerklärung des Beschlusses, wenn Stimme(n) zu Unrecht mitgezählt wurde(n) und sich dies auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat1.

Die Vereinbarung eines Sonderhonorars für den Verwalter ist nur zulässig für Leistungen, die über den gesetzlichen Pflichtenkatalog hinausgehen. Ein Beschluss, der dem Verwalter z. B. ein Sonderhonorar für die Abhal­tung der jährlichen ordentlichen Eigentümerversammlung zubilligt, wäre auf Anfechtung hin aufzuheben.

Wird dem Verwalter ein Sonderhonorar zugebilligt, das auf die Verursa­cher umgelegt werden soll, muss auch dies ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Zur erfolgversprechenden Anfechtbarkeit eines solchen Be­schlusses führen unangemessen hohe Kosten2 oder eine Ungleichbehand­lung der Eigentümer3.

1 OLG München NZM 2005, 668.2 OLG Hamm ZWE 2000, 424.3 BGH ZWE 2011, 31.

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Musterbeschlussantrag M I. 8: Wiederbestellung des bisherigen Verwalters nach Ablauf der Bestellungsdauer

1. Regelungsbedarf

Der Verwalter hat übersehen, dass seine Bestellungszeit abgelaufen ist und es versäumt, rechtzeitig einen Beschluss zur Wiederbestellung herbeizu­führen. Die Eigentümer sind mit der bisherigen Verwaltungstätigkeit zufrie­den und wollen die Fortsetzung seiner Tätigkeit. Auch der Verwalter will die Verwaltung fortführen.

2. Formulierung TOP Einladung

Wiederbestellung der A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemein-schaft mit sofortiger Wirkung. Verlängerung des Verwaltervertrages. Genehmi-gung der faktischen Verwaltungstätigkeit der A-GmbH im Zeitraum von … bis… .

3. Antragsmuster

Die A-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer X, B-Str.100, C-Stadt wird mit sofortiger Wirkung bis zum …. als Verwalter der Wohnungseigen-tümergemeinschaft X- Str.1 in C-Stadt bestellt. Der bestehende Verwalter-vertrag wird für den Zeitraum der Bestellungsdauer verlängert.

Die Tätigkeit der A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemein-schaft für den Zeitraum von … bis … wird hiermit genehmigt.

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Wiederbestellung des bisherigen Verwalters

2

4. Anmerkungen

Es kommt gar nicht selten vor, dass verwalterseits übersehen wird, rechtzei­tig vor Ablauf des Bestellungszeitraums die eigene Wiederbestellung auf die Tagesordnung zu setzen. Der Mangel sollte schnellstmöglich behoben wer­den, wobei sich dies gar nicht einfach gestaltet. Denn ist die Amtszeit des Verwalters beendet, ist er nicht mehr berechtigt eine Eigentümerversamm-lung einzuberufen. Tut er dies gleichwohl, sind alle in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse wegen eines Ladungsmangels anfechtbar, denn § 24 Abs. 1 WEG setzt zwingend voraus, dass die Einberufung der Versammlung durch den (bestellten) Verwalter erfolgt. Hierbei gilt die Vermutung, dass der Ladungsmangel für den fehlerhaften Beschluss ursächlich war.

Es hilft dann nur noch, die Versammlung durch den Beiratsvorsitzenden oder seinen Vertreter einberufen zu lassen (§ 24 Abs. 3 WEG).

Fehlt ein Verwaltungsbeirat, kommen vier alternative Vorgehensweisen in Betracht:

− es findet eine a.o. Vollversammlung statt, in der alle Teilnehmer den Ver­zicht auf die Einhaltung der Vorschriften für eine ordnungsgemäße La­dung erklären (was wohl nur bei kleineren Gemeinschaften durchführbar erscheint);

− es erfolgt eine schriftliche Beschlussfassung nach § 23 Abs. 3 WEG; − ein Miteigentümer lässt sich vom zuständigen WEG-Gericht zur Einberu­fung einer Versammlung ermächtigen oder

− der (nicht mehr bestellte) Verwalter lädt selbst zu einer Eigentümerver­sammlung, riskiert hierbei aber die Anfechtbarkeit des Wiederbestel­lungsbeschlusses.

Bei der letztgenannten Alternative sollte der bisherige (nunmehr rein fak­tisch tätige) Verwalter aufgrund des generellen Anfechtungsrisikos nicht erst die Durchführung der ordentlichen Jahresversammlung abwarten, um seine Wiederbestellung herbeizuführen, sondern eine außerordentliche Versamm­lung mit dem einzigen TOP „Wiederbestellung des Verwalters mit sofortiger Wirkung“ einberufen, ansonsten können auch die übrigen Beschlüsse der Versammlung wegen des Ladungsmangels angefochten werden.

Besteht die Befürchtung, dass voraussichtlich einer oder mehrere Eigentü­mer den Beschluss anfechten werden (z. B. weil persönliche Differenzen bestehen), wäre zu überlegen, ob die Bestellungsdauer zunächst auf ein Jahr

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M I. 8

3

bzw. bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres beschränkt wird, um ggf. den Streitwert einer Anfechtungsklage zu begrenzen. Ein Beschluss über eine z. B. fünfjährige Bestellung könnte dann in der nächsten ordentlichen Versammlung nachgeholt werden.

Die begleitende Beschlussfassung zum Verwaltervertrag sollte nicht über­sehen werden. Ist im Vertrag eine automatische Verlängerungsklausel ver­einbart, kommt es ggf. auf die genaue Formulierung an.

Eine rückwirkende Bestellung für einen bereits abgelaufenen Zeitraum ist nicht möglich. Die Bestellung kann daher nur mit sofortiger Wirkung (d. h. ab Beschlussverkündung) erfolgen.

Während seiner faktischen Tätigkeit (d. h. in dem Zeitraum, in dem er nicht ordnungsgemäß bestellt ist) handelt der Verwalter ohne Vertretungs-macht. Schließt er in dieser Zeit namens der WEG Verträge mit Dritten, sind diese schwebend unwirksam (§ 177 Abs. 1 BGB). Er haftet somit Drit­ten gegenüber auf Vertragserfüllung oder Schadensersatz, wenn die WEG den Vertragsschluss nicht nachträglich genehmigt (§ 179 Abs. 1 BGB). Der Beschluss zur weiteren Bestellung sollte daher die (nachträgliche) Geneh-migung der Tätigkeit als faktischer Verwalter umfassen.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Es genügt die einfache Mehrheit.

6. Anfechtungsrisiken

Die Wesentlichste zu umschiffende Klippe stellt hier die Berechtigung zur Einberufung der Eigentümerversammlung dar. Im Übrigen gelten die Hin­weise zu den obigen Beschlussmusteranträgen, insbesondere zu M I. 6.

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Musterbeschlussantrag M I. 9: Abberufung des Verwalters mit Vertragskündigung

1. Regelungsbedarf

Der Verwalter ist auf unbestimmte Zeit bestellt. Die Eigentümer sind unzu­frieden mit dessen Leistungen und wollen ihn nach zweijähriger Amtszeit abberufen und den Verwaltervertrag kündigen.

Alternativ:

Die Amtszeit des Verwalters läuft noch 3 Jahre. Es wurde jedoch kürzlich festgestellt, dass von diesem keine Beschlusssammlung geführt wird. Der Verwalter hat erklärt, das halte er nicht für notwendig.

Da der Verwalter trotz Aufforderung durch den Beirat keine außerordentli­che Versammlung einberufen hat, lädt dieser nun seinerseits zu einer sol­chen ein.

2. Formulierung TOP Einladung

Abberufung der A-GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft zum …. / Abberufung der A GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümerge-meinschaft mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund wegen Nichterfüllung ihrer Verpflichtung zur Führung einer Beschlusssammlung. Ermächtigung des Bei-ratsvorsitzenden, Herrn Y die Kündigung des Verwaltervertrags auszusprechen.

3. Antragsmuster

Die A-GmbH, B-Str.100, C-Stadt wird als Verwalter der Wohnungseigen-tümergemeinschaft mit Wirkung zum … abberufen. Der Verwaltervertrag wird zum … gekündigt. Der Beiratsvorsitzende, Herr Y wird beauftragt und bevollmächtigt, der A-GmbH die Abberufung mitzuteilen und die Kündigung des Verwaltervertrages zu erklären.

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Abberufung des Verwalters mit Vertragskündigung

2

Alternativ:

Die A-GmbH, B-Str. 100, C-Stadt wird als Verwalter der WEG aus wichti-gem Grund mit sofortiger Wirkung abberufen. Der Verwaltervertrag wird mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt gekün-digt. Der Beiratsvorsitzende, Herr Y wird beauftragt und bevollmächtigt, der A-GmbH die Abberufung mitzuteilen und die Kündigung des Verwal-tervertrages zu erklären

4. Anmerkungen

Die Organstellung des Verwalters endet grundsätzlich erst mit Ablauf der Zeit, für die er bestellt ist1. Ist er auf unbestimmte Dauer bestellt, kann er jederzeit abberufen werden2. Ist entweder in der Gemeinschaftsordnung, durch Beschluss oder verwaltervertraglich vereinbart, dass die Abberufung einen wichtigen Grund erfordert, muss ein solcher auch vorliegen. Ein wichtiger Grund für eine Abberufung ist nach ständiger Rechtsprechung dann gegeben, wenn den Wohnungseigentümern nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung aller Umstände die Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zumutbar ist, insbesondere, wenn das Vertrauens­verhältnis zerstört ist, wobei es hierfür eines Verschuldens des Verwalters nicht bedarf.

Als Regelbeispiel für einen wichtigen Grund hat der Gesetzgeber in § 26 Abs. 1 S. 3 normiert, dass eine nicht ordnungsmäßige Führung der Be-schlusssammlung die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund rechtfertigt (dies gilt jedoch nicht, wenn lediglich geringfügige Mängel in der Führung der Beschlusssammlung zu beklagen sind3).

Zu den Abberufungsgründen existiert umfangreiche Rechtsprechung, auf die hier ergänzend verwiesen werden muss.

1 BayObLG WuM 1989, 206.2 OLG Hamm NZM 1999, 230.3 AG München ZMR 2009, 645.

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M I. 9

3

Bei Pflichtverstößen geringfügigerer Art wird für die Abberufung zudem eine vorherige Abmahnung für erforderlich gehalten4, die innerhalb ange­messener Frist erfolgen muss und sich nicht auf Pflichtverstöße in einem Zeitraum beziehen darf, für den bereits Entlastung erteilt wurde. Die Ab-mahnung kann durch Beschluss erfolgen und muss das Fehlverhalten klar benennen sowie darauf hinweisen, dass bei fortgesetztem Pflichtverstoß die Abberufung droht.

Die Abberufung wird mit Zugang wirksam5, d. h. erst der Zugang beendet die organschaftliche Stellung des Verwalters. Ist der Verwalter in der Ver-sammlung anwesend, in der der Abberufungsbeschluss gefasst wird, geht ihm diese mit der Feststellung/Verkündung des Beschlusses konkludent zu.

Ist er nicht anwesend muss die rechtsgeschäftliche Erklärung im Namen der Eigentümergemeinschaft als Verband entweder durch alle Miteigentü­mer (§ 27 Abs. 3 S. 2 WEG) oder durch eine von der Versammlung ermäch­tigte Person (§ 27 Abs. 3 S. 3 WEG) separat erfolgen.

Wird durch eine Versammlung ein neuer Verwalter bestellt, so liegt darin konkludent die Abberufung des bisher (noch) amtierenden Verwalters, da ansonsten zwei Verwalter vorhanden wären, was rechtlich nicht zulässig ist6.

Von der Abberufung ist die Kündigung des Verwaltervertrages zu unter-scheiden (Trennungstheorie!).

Zur Frage, ob die Abberufung zugleich den schuldrechtlichen Verwalter­vertrag zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter beendet, existie­ren unterschiedliche Rechtsauffassungen. Nach der von der herrschenden Rechtsmeinung vertretenen Trennungstheorie jedenfalls bedarf es einer separaten Kündigung des Vertrages7. Aufgrund der unsicheren Rechtslage sollte es nicht versäumt werden, einen Beschluss über die Kündigung des Vertrages herbeizuführen sowie einen Erklärungsvertreter zum schriftli-chen Ausspruch der Kündigung zu ermächtigen.

4 BGH NZM 2002, 788.5 BGH ZMR 2002, 768.6 OLG München NZM 2002, 995.7 BGH ZMR 2002, 767.

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Abberufung des Verwalters mit Vertragskündigung

4

Die ordentliche Kündigung ist nach den in § 621 BGB bestimmten Fristen jederzeit möglich, sofern nicht vereinbart ist, dass eine solche ganz ausge­schlossen oder nur zu bestimmten Terminen zulässig ist. Die Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden, da es sich nach allgemeiner Rechtsmeinung bei der Vorschrift des § 626 BGB um eine zwingende Gesetzesnorm handelt8. Eine entsprechendeVereinbarung in der Gemeinschaftsordnung wäre daher ebenfalls unwirk­sam. Liegt ein wichtiger Grund vor, muss auch die Kündigung des Verwal­tervertrages innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen.

Wird es versäumt, die Kündigung des Vertrages auszusprechen und folgt das ggf. vom abberufenen Verwalter angerufene Gericht der herrschenden Meinung zur Trennungstheorie, behält der Verwalter für die Restlaufzeit des Vertrages seine Vergütungsansprüche, vermindert um die ersparten Aufwendungen. Auch die Kündigung ist von der Eigentümergemeinschaft als Verband auszusprechen. Um zu vermeiden, dass alle Eigentümer die Kündigungserklärung abgeben müssen, ist daher ein Erklärungsvertreter zu bestimmen.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Sowohl die ordentliche wie auch die außerordentliche Abberufung aus wichtigem Grund können mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Gleiches gilt für die Vertragskündigung und die Ermächtigung eines Erklä­rungsvertreters zur Vornahme der schriftlichen Kündigung.

Ein Stimmrechtsausschluss für den (Eigentümer­)Verwalter besteht bei der ordentlichen Abberufung nicht. Daher kann auch der Fremdverwalter mit etwa ihm erteilten Vollmachten an der Abstimmung teilnehmen. Dies gilt auch dann, wenn gleichzeitig über die Kündigung des Verwaltervertrages mitbeschlossen wird, denn der Schwerpunkt der Beschlussfassung liegt auf dem organschaftlichen Akt9.

Anders sieht es bei der Abberufung aus wichtigem Grund aus. Hier unter­liegt der Verwalter einem Stimmrechtsausschluss und zwar unabhängig da­von, ob zugleich eine Beschlussfassung zum Verwaltervertrag erfolgt oder

8 Weidenkaff in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Auflage, RdNr. 1 zu § 626 BGB.9 BGH ZMR 2002, 934.

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M I. 9

5

nicht. Dies folgt aus dem allgemeinen zivilrechtlichen Rechtsgedanken, dass ein Gesellschafter immer dann nicht stimmberechtigt ist, wenn ihm eine Rechtsposition entzogen werden soll.10

6. Anfechtungsrisiken

Die Abberufung kann so wie jeder Beschluss angefochten werden, bleibt aber bis zur Ungültigkeitserklärung durch das Gericht wirksam. Auch der abberufene Verwalter ist nach herrschender Rechtsmeinung anfechtungs­befugt.

10 Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 138 zu § 25.

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Musterbeschlussantrag M I. 10: Einvernehmliche Beendigung des Verwalteramtes mit Vertragsauflösung

1. Regelungsbedarf

Die Eigentümer möchten einen neuen Verwalter bestellen, obwohl dem bis­herigen Verwalter keine Verfehlungen vorzuwerfen sind. Die Abberufung ist auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt, er ist noch für mehr als weitere zwei Jahre bestellt.

Der bisherige Verwalter ist diesem Ansinnen nicht grundsätzlich abgeneigt, nachdem sich der Arbeitsaufwand für die WEG in letzter Zeit stark erhöht hat und die Eigentümer bislang nicht bereit waren, die bis zum Ablauf der Bestellungsdauer fest vereinbarte Vergütung anzupassen.

Im Vorfeld haben Verwalter und Beirat Verhandlungen über die Beendigung des Verwalteramtes geführt und eine diesbezügliche Übereinkunft erzielt. Danach soll zunächst durch den bisherigen Verwalter zur Bestellung eines neuen Verwalters eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberu­fen werden, der einen Monat darauf das Amt „nahtlos übernehmen“ wird. Für den Verzicht auf seine vertraglichen Ansprüche erhält der Verwalter eine angemessene Abfindung.

2. Formulierung TOP Einladung

Einvernehmliche Beendigung der Tätigkeit der A-GmbH als Verwalter der Woh-nungseigentümergemeinschaft sowie Festlegung der diesbezüglichen Konditio-nen/Abfindung.

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Einvernehml. Beendigung Verwalteramt/Vertragsauflösung

2

3. Antragsmuster

Das Angebot der A-GmbH auf einvernehmliche Beendigung des Amtes als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft und auf Auflösung des Verwaltervertrags vom … wird mit Wirkung zum … angenommen. Die zwischen Beirat und der A-GmbH getroffenen Vereinbarungen zur Ab-wicklung des Bestellungsverhältnisses bzw. der Vertragsbeziehungen zwi-schen Verwalter und Gemeinschaft werden wie folgt genehmigt:

a.Die Fa. A-GmbH beruft unter Berücksichtigung der maßgebenden La-dungsfrist eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit dem TOP „Wahl und Bestellung eines neuen Verwalters für die Wohnungseigentü-mergemeinschaft“ ein, die bis spätestens bis zum … stattzufinden hat. Im Rahmen der Durchführung dieser Versammlung ist die A-GmbH lediglich verpflichtet, die Beschlussfähigkeit festzustellen und die Wahl eines Ver-sammlungsleiters/Protokollführers herbeizuführen.

b.Die Fa. A-GmbH erstellt eine Rechnungslegung gem. § 28 Abs. 4 WEG per …, die zusammen mit allen Verwaltungsunterlagen sowie insbesondere der ausgestellten Vollmachtsurkunde bis spätestens … an den in der Ver-sammlung am … neu zu bestellenden Verwalter zu übergeben ist.

c. Die Fa. A-GmbH wirkt – soweit erforderlich – daran mit, dass dem neuen Verwalter die Verfügungsberechtigung über sämtliche Konten der WEG bei der B-Bank rechtzeitig zu seiner Amtsübernahme eingeräumt wird.

d.Die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlt an die Fa. A-GmbH im Zuge der einvernehmlichen Vertragsauflösung einen Betrag i.H.v. € … inkl. MWSt. Die Zahlung ist fällig zum …, vorausgesetzt, die unter a – c ge-nannten Verpflichtungen dieses Beschlusses wurden durch die A-GmbH bis dahin erfüllt.

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M I. 10

3

4. Anmerkungen

Neben der Abberufung (seitens der Eigentümergemeinschaft) und der Nie­derlegung seines Amtes (durch den Verwalter) kann die Verwalterbestel­lung sowie der Verwaltervertrag auch einvernehmlich beendet werden.

Im rechtlichen Sinne ist gemäß der Trennungstheorie wieder zwischen der organschaftlichen Stellung des Verwalters und dem bestehenden Verwal­tervertrag zu differenzieren. Beides bedarf der Auflösung. Weiter gilt es die Abwicklungsmodalitäten zu regeln.

Sind sich beide Seiten über die Bedingungen der einvernehmlichen Been­digung – ggf. aufgrund von Vorverhandlungen mit dem Beirat – einig, bietet es sich an, dass der Verwalter der Eigentümerversammlung ein entspre-chendes Angebot unterbreitet, welches diese dann per Beschluss annimmt. Möglich wäre es selbstverständlich aber auch, dass Beirat und bisheriger Verwalter eine Aufhebungsvereinbarung schriftlich formulieren, die dann mit den festgelegten Bedingungen von der Versammlung genehmigt wird.

Wird nicht gleichzeitig in dieser Versammlung ein neuer Verwalter bestellt, muss überlegt werden, wer eine neue Versammlung mit dem TOP „Bestel­lung eines neuen Verwalters“ einberufen soll. Es spricht nichts dagegen, dass dies noch durch den bisherigen Verwalter erfolgt. Er kann sich dann darauf beschränken, diese Versammlung zu eröffnen, die Beschlussfähig­keit festzustellen sowie einen Geschäftsordnungsbeschluss über eine an­derweitige Versammlungsleitung/Protokollführung herbeizuführen.

Sofern nicht durch Vereinbarung abbedungen1, tritt die Reservekompetenz des Beiratsvorsitzenden bzw. dessen Stellvertreters zur Einberufung einer Versammlung erst mit Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 WEG in Kraft. Es ist daher vorliegend nicht möglich, diesen (oder einen Eigentü­mer) per Beschluss zur Einberufung zu ermächtigen.

Der bisherige Verwalter ist gem. § 28 Abs. 4 WEG schon von Gesetzes we­gen verpflichtet, zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit Rechnung zu legen. Er hat dann auch eine ihm evtl. erteilte schriftliche Vollmachtsur­kunde zurückzugeben.

1 zulässig nach BGH ZWE 2011, 317.

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Einvernehml. Beendigung Verwalteramt/Vertragsauflösung

4

Elementar wichtig ist es, dass der neue Verwalter ab Amtsbeginn Verfü­gungsvollmacht über die Konten der WEG besitzt. Er kann dann auch die WEG­Konten bei einer anderen Bank führen und ggf. die Guthaben dorthin übertragen.

Wird im Zuge der Beendigung der Verwaltung eine Abfindungszahlung an den bisherigen Verwalter vereinbart, sollte darauf geachtet werden, dass er seinen Verpflichtungen fristgerecht nachkommt. Die Fälligkeit der Abfin­dungszahlung sollte deshalb davon abhängen, dass er sämtliche von ihm eingegangenen Verpflichtungen erfüllt hat.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Der Beschluss kann mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Bei der einver­nehmlichen Beendigung der Verwaltertätigkeit steht der rechtsgeschäftliche Abwicklungsgedanke im Vordergrund. In Abweichung zu den Ausführun­gen unter M I. 4 Ziffer 5 dürfte somit vorliegend der Eigentümerverwalter wie auch der Fremdverwalter mit seinen weisungsfreien Vollmachten ins­gesamt einem Stimmrechtsausschluss unterliegen.

6. Anfechtungsrisiken

Soweit sich die Vereinbarungen der WEG mit dem Verwalter (insbesondere zu einer Abstandszahlung) im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung bewegen, dürfte eine Anfechtung kaum erfolgversprechend sein. Der Mehr­heit der Eigentümer ist ein weites Ermessen zuzugestehen, ob sie mit einem Verwalter weiter zusammenarbeiten will oder nicht.

Eine völlig willkürlich veranlasste Beendigung der Tätigkeit des bisherigen Verwalters – selbst wenn diese einvernehmlich erfolgt – dürfte aber dann rechtlich zweifelhaft sein, wenn hierdurch finanzielle Belastungen auch auf die damit nicht einverstandene Minderheit zukommen (z. B. Abstands­zahlung).

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Musterbeschlussantrag M I. 11: Entlastung des Verwalters

1. Regelungsbedarf

In der ordentlichen Eigentümerversammlung will der Verwalter einen Be­schluss zur Entlastung für seine Tätigkeit im vergangenen Wirtschaftsjahr herbeiführen.

2. Formulierung TOP Einladung

Entlastung der A-GmbH für ihre Tätigkeit als Verwalter der Wohnungseigentü-mergemeinschaft im Wirtschaftsjahr … .

3. Antragsmuster

Der A-GmbH wird für ihre Tätigkeit als Verwalter der Wohnungseigentü-mergemeinschaft im Wirtschaftsjahr … Entlastung erteilt.

4. Anmerkungen

Die Entlastung findet im Wohnungseigentumsgesetz keine Grundlage. Die­ses Rechtsinstitut ist vielmehr zum Vereins­ bzw. Gesellschaftsrecht ent­wickelt worden und stellt nach der herschenden Meinung eine (empfangs­bedürftige) Willenserklärung der Eigentümer für die Gemeinschaft dar, die wie ein negatives Schuldanerkenntnis i.S. des § 397 Abs. 2 BGB wirkt1. Wirksam wird die Entlastung mit Zugang beim Verwalter, also in der Regel mit der Verkündung des Beschlusses durch diesen als Versammlungsleiter.

1 So u. a. Abramenko in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage RdNr. 112 zu § 28; Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 198 zu § 28.

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Entlastung des Verwalters

2

Die Entlastung ist nicht nur eine Vertrauenskundgabe an den Verwalter, sondern hat weitreichende Rechtswirkungen, was den wenigsten Eigentü­mern bei der Beschlussfassung bewusst sein dürfte:

− Verzicht auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen2 ge­gen den Verwalter, soweit deren Grundlage bei Beschlussfassung bekannt war oder bei sorgfältiger Prüfung hätte bekannt sein müssen (den Eigen­tümern wird hierbei die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Verwal­tungsbeirats nach § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet) und zwar unabhängig von der Anspruchsgrundlage (also auch aus unerlaubter Handlung gem. § 823 BGB). Ausgeschlossen sind lediglich Ansprüche wegen strafrecht­lich relevanter Handlungen3, also z. B. wegen Unterschlagung/Urkunden­fälschung;

− Verzicht auf die Geltendmachung von Herausgabeansprüchen4 gegen den Verwalter und zwar unabhängig davon, ob diese auf § 667 BGB (Ge­schäftsbesorgung) aus den §§ 812 ff. BGB (ungerechtfertigte Bereiche­rung) oder aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag gem. den §§ 677 ff. BGB herrühren;

− Verzicht auf Auskunftsansprüche5 gegen den Verwalter für Vorgänge die den Zeitraum vor der Entlastung betreffen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Auskünfte dazu dienen sollen, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter geltend zu machen;

− Verzicht auf Rechnungslegungsansprüche für Zeiträume die vor der Er­teilung der Entlastung liegen;

− Verzicht auf die Geltendmachung von Gründen hinsichtlich Abberufung und Kündigung des Verwaltervertrags, wenn diese Gründe aus einer Zeit vor dem Entlastungsbeschluss herrühren.

Ein Anspruch des Verwalters auf Entlastung besteht nicht. Allerdings ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass ein solcher Beschluss trotz sei­ner weitreichenden Wirkungen grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwal-tung entspricht6, weil den Eigentümern durchaus daran gelegen sein kann, dass damit die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwal­ter gesichert wird.

2 OLG ZMR 2007, 1095.3 OLG Celle NJW­RR 1991, 979.4 Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat, 3. Auflage, RdNr. 342.5 OLG Düsseldorf NJW­RR 2001, 764.6 BGH ZMR 2003, 750.

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3

Auch zugunsten eines bereits ausgeschiedenen Verwalters kann der Ent­lastungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und ist daher zulässig7.

Es kann nicht ohne weiteres daraus geschlossen werden, dass die Geneh­migung der Jahresabrechnung die Entlastung für sämtliche Verwalterhand­lungen umfasst, die in diesem Rechenwerk ihren Niederschlag gefunden haben. Daher kann nur in Ausnahmefällen die Genehmigung der Jahres-abrechnung als generelle Entlastung des Verwalters für das betreffende Wirtschaftsjahr gewertet werden8. Die Genehmigung der Jahresabrechnung hat vorwiegend den Zweck, Abrechnungsspitzen auszugleichen. Sie billigt zwar das vom Verwalter aufgestellte Rechenwerk und die sich daraus erge­benden Salden mit Bindung für alle Eigentümer (sofern der Beschluss nicht binnen Monatsfrist angefochten und daraufhin durch das Gericht für ungül­tig erklärt wird), verfolgt aber naturgemäß nicht die Zielrichtung, Rechts­wirkungen gegenüber dem Verwalter zu erzeugen.

Will der Verwalter also durch seinen Beschlussantrag eine umfassende Entlastungswirkung herbeiführen, sollte er den Antrag entsprechend for-mulieren.

Mit der Formulierung „Tätigkeit als Verwalter im Wirtschaftsjahr …“ wird sichergestellt, dass das gesamte Verwalterhandeln von der Entlastung um­fasst ist.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Entlastung des Verwalters kann mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Der (Eigentümer-)verwalter unterliegt nach allgemeiner Rechts­meinung hierbei dem Stimmverbot des § 25 Abs. 5 WEG. Dies gilt auch hinsichtlich ihm erteilter (weisungsungebundener) Vollmachten. Entspre­chendes gilt für den „Fremd“Verwalter.

7 BGH NZM 2003, 950.8 a.A. und m.E. unzutreffend AG Oldenburg v. 16. 11. 2015, Az.: 310 C 93/13.

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Entlastung des Verwalters

4

6. Anfechtungsrisiken

Die Entlastung des Verwalters entspricht dann nicht ordnungsmäßiger Ver-waltung, wenn bereits bei Beschlussfassung etwaige Pflichtverletzungen und damit verbundene Schadensersatzansprüche erkennbar sind und kei-ne besonderen Gründe für einen Anspruchsverzicht bestehen.9 Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Abrechnung nicht korrekt oder auch nur ergän­zungsbedürftig ist oder wenn ein Miteigentümer ein nicht nur vollkommen aus der Luft gegriffenes Fehlverhalten geltend macht.

Der Beschluss muss auch hinreichend bestimmt sein, ansonsten droht die Gefahr der Feststellung der Beschlussnichtigkeit durch das Gericht. Er muss also den genauen Zeitraum erfassen, für den die Entlastung erteilt wird.

9 BGH NJW 2003, 3554.

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Musterbeschlussantrag M I. 12: Ermächtigung des Verwalters zu Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG

1. Regelungsbedarf

Nachdem mehrere neue Eigentümer in die Gemeinschaft eingetreten sind, kommt es durch diese immer wieder zu Beitragsrückständen. Mahnungen sind weitgehend erfolglos. In den Vereinbarungen in der Gemeinschafts­ordnung findet sich keine Berechtigung des Verwalters diese Hausgeldrück­stände klageweise geltend zu machen. Auch im Verwaltervertrag ist eine solche Ermächtigung nicht vorgesehen. Der Verwalter möchte daher einen Beschluss herbeiführen, nach dem er künftig grundsätzlich berechtigt ist, Zahlungsklagen wegen Hausgeldrückständen zu erheben. Die Ermächti­gung soll grundsätzlich für die Zukunft (unabhängig vom jeweiligen Ver­walter) gelten.

2. Formulierung TOP Einladung

Ermächtigung des jeweiligen Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG, Rückstände auf Beitragsforderungen gegen Wohnungseigentümer im Namen der Gemeinschaft gerichtlich geltend zu ma-chen und hierfür ggf. einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

3. Antragsmuster

Der jeweilige Verwalter der Gemeinschaft wird ermächtigt, Zahlungsrück-stände der Eigentümer auf Beitragsleistungen (Hausgelder, Sonderumla-gen sowie Nachzahlungen aus den Jahreseinzelabrechnungen) nach Fäl-ligkeit gerichtlich geltend zu machen. Er ist berechtigt, hierfür im Namen und für Rechnung der Gemeinschaft einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Der Verwalter wird insbesondere auch ermächtigt, derzeit bestehende und fällige Hausgeldrückstände unverzüglich gerichtlich einzufordern und hier-zu einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

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Ermächtigung des Verwalters gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG

2

4. Anmerkungen

Durch § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG wird den Eigentümern die Beschluss-kompetenz eingeräumt, dem Verwalter eine Ermächtigung zur Vornahme von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen zu erteilen, die über die gesetzlichen Ermächtigungen nach den Ziffern 1 – 6 hinausgeht. Gemäß den Ziffern 1 – 6 ist der Verwalter nicht ermächtigt, Aktivprozesse im Na­men der Gemeinschaft einzuleiten1. Dies gilt auch für Zahlungsklagen bei Hausgeldrückständen. Er bedarf hierfür vielmehr einer entsprechenden Ermächtigung durch Beschluss, sofern eine solche nicht in der Gemein­schaftsordnung vereinbart ist. Die Ermächtigung kann auch verwalterver-traglich erfolgen.2 Die verwaltervertragliche Ermächtigung stellt dann eine besondere Ausgestaltung der nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG eingeräumten Möglichkeit dar. Im Rahmen dieser Vorschrift kann der Verwalter zur Vor-nahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen ermächtigt werden.

Unter den Begriff „Rechtsgeschäft“ fallen sowohl einseitige (z. B. Kündi­gung, Aufrechnung) wie auch mehrseitige Rechtsgeschäfte (Abschluss von Verträgen). „Rechtshandlungen“ sind alle Handlungen, die Rechtsfolgen auslösen3. Hierunter fallen daher auch geschäftsähnliche Handlungen, insbesondere solche, die Verzug i.S.d. § 286 Abs. 1 BGB auslösen oder die Ausübung von Gestaltungsrechten (Schadensersatz statt Leistung gem. § 281 Abs. 4 BGB). Ebenso werden hiervon prozessuale Verfahrenshand­lungen umfasst (Klageerhebung, Klagerücknahme etc.).

Die Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG kann jederzeit widerru-fen werden. Ermächtigung und Widerruf werden mit Beschlussverkündung wirksam.

Die Reichweite der Ermächtigung wird durch den Beschlussinhalt festge-legt. Es ist daher darauf zu achten, dass der Umfang hinreichend genau be­stimmt ist (Nichtigkeitsgefahr!). Ist der Verwalter durch die Gemeinschafts­ordnung zur gerichtlichen Geltendmachung von Wohngeld gegen säumige Eigentümer ermächtigt, gilt dies nicht auch für die Einleitung einer Zah­lungsklage wegen einer Sonderumlage4.

1 BGH ZWE 2011, 177.2 OLG Brandenburg IMR 2008, 60.3 Merle/Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 254 zu § 27.4 AG Augsburg IMR 2009, 1038 (nur online).

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M I. 12

3

Durch die Beschlusskompetenz in der Norm wäre auch eine generelle und unbeschränkte Ermächtigung des Verwalters für alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen abgedeckt, zumindest im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums5 (siehe aber Ziffer 6).

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Ermächtigungen des Verwalters i.S.d. § 27 Abs. 3 Nr. 7 können mit einfa-cher Stimmmehrheit beschlossen werden.

Wird die generelle Ermächtigung des Verwalters (wie meist) aus dem An­lass aktueller Zahlungsrückstände heraus beschlossen, sind diese im Zwei­fel auch ohne den letzten Satz des Musterantrags umfasst. Jedoch könnten sich rechtliche Unsicherheiten im Bereich des Stimmrechtsausschlusses gem. § 25 Abs. 2, 2. Alt. ergeben. Insofern könnte zweifelhaft sein, ob Ei-gentümer mit aktuellen Zahlungsrückständen dem Stimmverbot unterlie­gen, wenn es nicht um die Einleitung eines konkreten Rechtsstreits geht. Dem wird mit dem Schlusssatz des Beschlussantrags vorgebeugt. Die Ei­gentümer mit bestehenden Rückständen unterliegen damit auf jeden Fall einem Stimmrechtsausschluss für die vorliegende Beschlussfassung.

Ein Stimmrechtsausschluss des Eigentümerverwalters nach § 25 Abs. 5 ist nicht ersichtlich. Bei der Ermächtigung handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft mit dem (Eigentümer­)verwalter im engeren Sinne (gebo­tene einschränkende Auslegung des Begriffs „Rechtsgeschäft“ im Rahmen des § 25 Abs. 5 WEG6). Anders ist die Sachlage m.E. zu beurteilen, wenn durch den Beschluss gleichzeitig eine Vergütung für den Verwalter im Zu­sammenhang mit der Ermächtigung festgelegt wird. Im Zweifel empfiehlt es sich dann, die Ermächtigung selbst und die Vergütung für den Verwalter jeweils separat zu beschließen.

6. Anfechtungsrisiken

Ein Mehrheitsbeschluss nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG muss ordnungs-mäßiger Verwaltung entsprechen. Bei einer uneingeschränkten Ermächti­gung zu allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen ist dies nicht mehr

5 Vgl. Abramenko in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 59 zu § 27.6 Vgl. Riecke in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 23 zu § 25.

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Ermächtigung des Verwalters gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG

4

der Fall, da hierbei das Risiko auf die Haftung des einzelnen Wohnungs­eigentümers für Verbindlichkeiten der WEG i.S.d. § 10 Abs. 8 WEG nicht mehr überschaubar ist.

Anfechtbar wäre z. B. auch ein Beschluss, wonach der Verwalter berechtigt ist, die Rücklage in Spekulationspapieren anzulegen.

Nicht von der Beschlusskompetenz umfasst wäre weiter ein Beschluss, wonach der Verwalter ermächtigt wird, Rechtshandlungen und Rechtsge­schäfte für einzelne oder alle Wohnungseigentümer vorzunehmen (z. B. Begründung von Sondernutzungsrechten, Verfolgung von Individualinter­essen). Dies folgt schon daraus, dass § 27 Abs. 3 WEG nur das Handeln des Verwalters für die Gemeinschaft regelt.

Einschränkungen oder eine gänzliche Abbedingung dieser Beschlusskompe­tenz können sich zulässigerweise aus der Gemeinschaftsordnung ergeben7.

Da Beschlüsse wegen ihrer Wirkung gegen Sonderrechtsnachfolger aus sich heraus klar, verständlich und nachvollziehbar sein müssen, ist deren Aus­legung nur sehr eingeschränkt möglich. Auch ein Ermächtigungsbeschluss gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG sollte daher die damit befundenen Befug-nisse des Verwalters so präzise bestimmen wie möglich.

In diesem Sinne sollte klargestellt werden, ob die Ermächtigung nur für den aktuell bestellten Verwalter gilt oder künftig für jeden Verwalter der WEG.

Seit der WEG­Reform kann der Verwalter nicht mehr ermächtigt werden, Ansprüche der Gemeinschaft im eigenen Namen (und damit als Prozess­standschafter) geltend zu machen8.

7 Vgl. Abramenko in Riecke/Schmid, a.a.O. RdNr. 64 zu § 27.8 BGH ZWE 2011, 177.

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Musterbeschlussantrag M II. 1: Einzelwahl und Bestellung von Beiratsmitgliedern

1. Regelungsbedarf

Es ist erstmals oder erneut (z. B. weil die bisherigen Beiräte sämtlich nicht mehr zur Verfügung stehen) ein Verwaltungsbeirat zu wählen und zu bestel­len. Der Verwalter entschließt sich, eine Einzelwahl durchzuführen. Auf entsprechende Nachfrage stellen sich drei Bewerber für das Beiratsamt zur Verfügung, jedoch erreichen nur zwei Kandidaten die einfache Mehrheit der Ja­Stimmen.

Daraufhin erklärt der Verwalter, dass die Bildung eines Beirats gescheitert sei.

Nunmehr meldet sich der Eigentümer X und teilt mit, ihm gegenüber habe Frau D erklärt, für den Beirat kandidieren zu wollen. Diese sei jedoch heute erkrankt und könne daher an der Versammlung nicht teilnehmen. Er schlage Frau D als Kandidatin für den Beirat vor.

In der (beschlussfähigen) Versammlung ist nach dem gesetzlichen Stimm­rechtsprinzip (Kopfprinzip) abzustimmen. Es sind 50 Stimmen anwesend bzw. vertreten.

2. Formulierung TOP Einladung

Wahl und Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsbeirats.

3. Antragsmuster

aHerr A wird mit sofortiger Wirkung auf unbestimmte Zeit als Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt.

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Einzelwahl/Bestellung Beiratsmitglieder

2

Abstimmung

30 Ja­Stimmen10 Nein­Stimmen10 Enthaltungen

Verkündung

Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Protokollzusatz Auf Nachfrage des Versammlungsleiters erklärt Herr A, dass er die Bestellung annimmt.

bFrau B wird mit sofortiger Wirkung auf unbestimmte Zeit als Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt.

Abstimmung

45 Ja­Stimmen5 Nein­Stimmen0 Enthaltungen

Verkündung

Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Protokollzusatz Auf Nachfrage des Versammlungsleiters erklärt Frau B, dass sie die Bestellung annimmt.

cFrau C wird mit sofortiger Wirkung und auf unbestimmte Zeit als Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt.

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M II. 1

3

Abstimmung

18 Ja­Stimmen20 Nein­Stimmen12 Enthaltungen

Verkündung

Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

dDie heute in der Versammlung nicht anwesende Frau D wird auf Nominie-rung des Miteigentümers X als Mitglied des Verwaltungsbeirats gewählt und auf unbestimmte Zeit bestellt. Die Wahl/Bestellung erfolgt unter der Bedingung, dass Frau D dem Verwalter gegenüber bis spätestens … schriftlich erklärt, dass sie diese annimmt. Der Verwalter hat die schriftliche Annahmeerklärung von Frau D der Versammlungsniederschrift beizufü-gen, die allen Eigentümern bis … zu übersenden ist.

Abstimmung

12 Ja­Stimmen8 Nein­Stimmen30 Enthaltungen

Verkündung

Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

(Hinweis zum Abstimmungsergebnis: Obwohl für Frau D nicht die Mehr­heit der anwesenden, bzw. vertretenen Stimmen votiert haben, ist diese als Verwaltungsbeirätin gewählt. Maßgebend ist ausschließlich, dass die ab­gegebenen Ja­Stimmen die Nein­Stimmen überwiegen. Die Enthaltungen werden nicht berücksichtigt1.)

1 BGHZ 106, 179; BGH NJW 1989, 1090.

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Einzelwahl/Bestellung Beiratsmitglieder

4

4. Anmerkungen

Der Verwaltungsbeirat stellt ein fakultatives Organ der Wohnungseigen­tümergemeinschaft dar, er ist also nicht zwingend vorgeschrieben. Ist ein Beirat bestellt, stehen ihm u. a. die in § 29 Abs. 2 und 3 bestimmten Rechte und Pflichten zu. Darüber hinaus ist der Vorsitzende des Beirats oder des­sen Vertreter berechtigt, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, falls ein Verwalter fehlt oder dieser die Einberufung pflichtwidrig verweigert (§ 24 Abs. 3 WEG).

Er ist Unterstützungs-, Hilfs- und Überwachungsorgan, jedoch nicht Vertre-ter der Eigentümer. Insbesondere besitzt er keine eigenen Entscheidungs­ bzw. Verwaltungsbefugnisse. Im Wege der Vereinbarung können ihm aber weitere und weitreichendere Rechte und Pflichten zugeordnet sein, so z. B. die Genehmigung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung2.

Auch per Beschluss können ihm (Hilfs-)aufgaben übertragen werden, die jedoch nicht so umfassend sein dürfen, dass sie die Kernkompetenzen der Eigentümer oder des Verwalters beschneiden. Unzulässig und damit an­fechtbar wäre daher ein Beschluss, durch den dem Beirat die zu treffende Entscheidung über Art und Umfang einer Sanierungsmaßnahme übertragen wird3, denn die Berechtigung hierzu steht nach § 21 Abs. 5 (Nr. 2) WEG ausschließlich den Eigentümern zu.

Grundsätzlich ist jeder Eigentümer für das Amt des Beirats geeignet. Nichtei­gentümer scheiden daher als Beiräte aus, es sei denn, es besteht eine ander­weitige Vereinbarung. Dem gesetzlichen Vertreter eines Eigentümers (z. B. Eltern eines Minderjährigen), einem Testamentsvollstrecker, Zwangs­ oder Insolvenzverwalter, Nießbrauchs­ oder Dauerwohnungsberechtigten kommt in diesem Sinne aber keine Eigentümerstellung zu. Ist eine juristische Per­son oder eine Personengesellschaft als Eigentümer im Grundbuch einge­tragen, kann auch diese als Verwaltungsbeirat bestellt werden. Sie handelt dann durch ihr vertretungsberechtigtes Organ (z. B. Geschäftsführer).

In der Gemeinschaftsordnung kann zulässigerweise festgelegt sein, dass bei Mehrhausanlagen für jedes Haus ein separater Beirat für die jeweiligen Untergemeinschaften zu bestellen ist.

2 OLG Hamm ZMR 2008, 63.3 So z. B. OLG München NZM 2009, 548.

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M II. 1

5

Die Bestellung der Beiratsmitglieder gilt unbefristet, wenn nicht beschlos­sen wird, dass sie nur für eine bestimmte Zeit bestellt werden sollen (was grundsätzlich zulässig ist).

Im Übrigen endet die Amtszeit durch (jederzeit mögliche) Abberufung, durch Niederlegung des Amtes seitens des Beiratsmitglieds (ebenfalls je­derzeit möglich), mit dem Tod oder dem Eintritt der Geschäftsunfähigkeit. Scheidet ein Mitglied als Eigentümer der Gemeinschaft aus (z. B. weil er seine Wohnung veräußert), verliert es dadurch sein Beiratsamt automatisch.

Der Verwaltungsbeirat besteht zwingend aus 3 Personen (§ 29 Abs. 1 S. 2 WEG), es sei denn, es besteht eine anderweitige Vereinbarung oder eine diesbezügliche Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung4.

Scheidet ein Mitglied – aus welchen Gründen auch immer – aus, besteht der Beirat aber trotz der Regelung des § 29 Abs. 1 S. 2 WEG als sogenannter „Rumpfbeirat“ fort, auch wenn er danach nur noch zwei Mitglieder zählt.

Kein Eigentümer ist verpflichtet, das Beiratsamt zu übernehmen. Bestellt als Verwaltungsbeiratsmitglied ist ein Eigentümer daher erst dann, wenn er das mit der mehrheitlichen Wahl verbundene Angebot auf Bestellung annimmt.

AchtungFinden sich keine drei Eigentümer für eine Kandidatur oder stellen sich zwar drei Kandidaten zur Verfügung aber erreichen davon nur zwei die Mehrheit der Stimmen, scheitert die Beiratswahl insgesamt, es kommt kein Verwaltungsbeirat zustande5.

Wünschen die Eigentümer trotzdem die Bestellung der beiden mehrheitlich gewählten Kandidaten als Beirat, sollte der Verwalter vor Verkündung des Beschlusses unbedingt einen Bedenkenhinweis erteilen und diesen proto­kollieren.

4 BGH NZM 2010, 325.5 BGH a.a.O.

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Einzelwahl/Bestellung Beiratsmitglieder

6

Eine andere Lösungsmöglichkeit dieses Dilemmas besteht darin, dass sich ein weiterer Eigentümer formal zur Übernahme des Amtes bereit erklärt, dieser mit Mehrheit gewählt wird, kurze Zeit danach aber sein Amt nie­derlegt.

Eine Bestellung kann auch unter einer Bedingung erfolgen6 (z. B. Bestellung von Ersatzmitgliedern). Es begegnet daher keinen Bedenken, einen nicht in der Versammlung anwesenden Eigentümer zu nominieren und diesen unter der Bedingung zu wählen, dass er seine Bestellung später annimmt.

Zur Wahl von Frau D: Gem. § 130 Abs. 1 BGB wird die in dem Beschluss gebündelte mehrheitliche Willenserklärung der Gemeinschaft (nämlich ei­nen in der Versammlung nicht anwesenden Eigentümer als Beiratsmitglied bestellen zu wollen) wirksam mit dem Zugang bei diesem. Notwendig ist also, dass der Verwalter diesem Kandidaten zunächst das Beschlussergebnis mitteilt und ihn zur Erklärung darüber auffordert, ob er die Wahl annehme. Die Annahmeerklärung des gewählten Eigentümers sollte aus Beweisgrün­den schriftlich erfolgen. Der Verwalter fungiert in diesem Zusammenhang als Empfangsbevollmächtigter für die Annahmeerklärung des Kandidaten seitens der Gemeinschaft gem. § 27 Abs. 3 S.1 Nr. 1 WEG.

Schlussendlich ist es notwendig, die übrigen Eigentümer darüber zu in­formieren, dass der Kandidat die Wahl angenommen hat (und damit im vorliegenden Beispiel, dass überhaupt ein Beirat – bestehend aus drei Mit­gliedern, wie gesetzlich vorgesehen – zustande gekommen ist).

Die Information des gewählten Kandidaten über das Beschlussergebnis hat daher durch den Verwalter unverzüglich nach der Versammlung zu erfol­gen. Die (beschlussmäßige) Annahmefrist ist so zu wählen, dass den Eigen­tümern – zur Vermeidung einer gerichtlichen Anfechtung – das Ergebnis rechtzeitig vor Ablauf der Klagefrist mitgeteilt werden kann.

Darüber, welches der bestellten Mitglieder den Vorsitz zu übernehmen hat, schweigt das Gesetz. Gleiches gilt für dessen Stellvertreter. Dies ist aber schon im Hinblick auf § 24 Abs. 3 WEG nicht ohne Belang, denn nur der Vorsitzende bzw. dessen Stellvertreter besitzen die Reservekompetenz für die Einberufung einer Eigentümerversammlung. Ist dies ungeklärt, können Beschlüsse, die aufgrund der Einladung eines nicht bestimmten Beirats­

6 Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 23 zu § 29.

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M II. 1

7

vorsitzenden erfolgen, jedenfalls dann u. U. wegen eines Ladungsmangels erfolgreich angefochten werden, wenn die Einladung nicht durch sämtliche Beiratsmitglieder erfolgt7.

Zudem ist die Versammlungsniederschrift vom Beiratsvorsitzenden, oder dessen Stellvertreter zu unterzeichnen, wenn ein Beirat vorhanden ist.

Es bieten sich drei Möglichkeiten zur Bestimmung des Vorsitzenden sowie des Stellvertreters an:

− Der Vorsitzende sowie dessen Stellvertreter wird zugleich mit der Wahl des jeweiligen Kandidaten durch die Eigentümerversammlung direkt be­stimmt.

− Es wird die Wahl unter der Prämisse durchgeführt, dass der Kandidat mit den meisten Ja­Stimmen Vorsitzender wird u.s.w.

− Der Vorsitzende bzw. der Stellvertreter werden nach der Bestellung der Mitglieder beiratsintern bestimmt.

Die ersten beiden Alternativen haben den Vorzug, dass bereits mit der Wahl/Bestellung den Eigentümern bekannt gemacht wird, wer Vorsitzen­der des Beirats bzw. dessen Stellvertreter ist. Bei der dritten Alternative sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass sowohl dem Verwalter wie auch allen Miteigentümern unverzüglich bekannt gegeben wird, wer – bei­ratsintern – als Vorsitzender bzw. Stellvertreter des Vorsitzenden bestimmt wurde. Dies ist schon deswegen notwendig, damit im Fall der Ladung zu einer Eigentümerversammlung, die nicht durch sämtliche Beiräte erfolgt, eine Prüfung zur Einberufungsberechtigung möglich ist.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Wahl/Bestellung ist ebenso wie die Abberufung mit einfacher Mehrheit möglich. Eigentümer, die als Beirat kandidieren, sind nicht vom Stimm­recht ausgeschlossen, können sich also auch selbst wählen, da hier die Aus­übung ihres Mitgliedschaftsrechts im Vordergrund steht.

7 Siehe hierzu OLG Köln NZM 2000, 675.

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Einzelwahl/Bestellung Beiratsmitglieder

8

6. Anfechtungsrisiken

Nach § 134 BGB ist die Bestellung des Verwalters als Mitglied des Verwal­tungsbeirats nichtig, auch wenn er selbst Wohnungseigentümer ist8. Dies gilt ebenso für den Alleingeschäftsführer des Verwalters (als juristischer Person)9.

Der Gemeinschaft steht keine Beschlusskompetenz dahingehend zu, abwei­chend vom Gesetz oder den Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung generell mit Wirkung für die Zukunft über eine personelle Zusammenset­zung des Beirats zu beschließen. Ein Beschluss, wonach der Beirat künftig nur aus zwei Beiratsmitgliedern bestehen soll, wäre deshalb ebenso nichtig wie ein Beschluss, dass künftig auch Personen zu Beiräten bestellt werden können, die nicht Miteigentümer der Gemeinschaft sind.

Hingegen ist die Bestellung von nur zwei Beiratsmitgliedern (im Einzelfall) nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar. Der Beschluss erwächst daher nach Ablauf der Anfechtungsfrist in Bestandskraft. Gleiches gilt für die (einmalige) Bestellung eines Nichteigentümers oder einer BGB­Gesellschaft als Beirat.

Das Gesetz stellt keine persönlichen Anforderungen an die Beiratsmitglie­der. Diese müssen über keine spezifische fachliche Qualifikation verfügen. Die Bestellung eines Beiratsmitglieds kann aber dann mit Erfolg angefoch-ten werden, wenn diese nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwal­tung entspricht, weil ein wichtiger Grund gegen die Bestellung dieses Ei-gentümers vorliegt. Hier besteht aber zum einen ein weites Ermessen der Eigentümer10 und zum anderen sind an die Geeignetheit eines Beirats nicht so strenge Anforderungen zu stellen wie an einen Verwalter. Bedenken ge­gen die Neutralität genügen nicht, weil die Beiräte keiner diesbezüglichen Pflicht unterliegen11. Beabsichtigt ein Eigentümer seine Wohnung zu ver­kaufen, steht dieser Umstand seiner Wahl nicht von vornherein entgegen12.

8 Elzer/Riecke in Deckert, Die Eigentumswohnung, Loseblattwerk, Gruppe 4, RdNr. 1105.9 OLG Zweibrücken vom 22. 09. 1983, Az.: 3 W 76/83.10 OLG Frankfurt NJW­RR 2001, 1669.11 OLG Frankfurt NJW­RR 2000, 88.12 BayObLG ZMR 2001, 996.

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M II. 1

9

7. Exkurs Blockwahl

Die Zulässigkeit der sog. Blockwahl, also die gleichzeitige Wahl sämtlicher Beiratsmitglieder oder die Abstimmung über zwei konkurrierende „Lis­ten“, ist in der juristischen Literatur heftig umstritten. Für dieses Verfah­ren spricht die Zeitersparnis. Gegen diesen Modus ist einzuwenden, dass durchaus Eigentümer mit einem einzelnen Kandidaten nicht einverstanden sind, aber diesen notgedrungen mitwählen müssen.

Nach Ansicht obergerichtlicher Rechtsprechung soll eine Blockwahl je­denfalls dann zulässig sein, wenn in der Versammlung zu diesem Abstim­mungsmodus keine Bedenken erhoben werden13.

Sachgerechte Ergebnisse dürfte eher die Einzelwahl der Beiräte liefern, denn zwischen den Eigentümern und jedem einzelnen Beiratsmitglied sollte ein Vertrauensverhältnis bestehen, in dem persönliche Animositäten keine Rolle spielen. Allerdings muss ein Eigentümer immer auch damit rechnen, dass ein ihm nicht genehmes Beiratsmitglied mit Mehrheit der restlichen Miteigentümer gewählt wird.

13 KG ZMR 2004, 776; OLG Hamburg ZMR 2005, 396.

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Musterbeschlussantrag M II. 2: Abschluss einer Beiratshaftpflichtversicherung für den Verwaltungsbeirat

1. Regelungsbedarf

Für den Verwaltungsbeirat soll eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Vorab hat der Verwalter Angebote von drei Versicherern mit je­weils unterschiedlichen Deckungssummen hierzu eingeholt.

2. Formulierung TOP Einladung

Abschluss einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für die jeweiligen Verwaltungsbeiräte mit Wirkung ab … . Festlegung der Deckungssumme, des Versicherungsumfangs sowie Auswahl des Versicherers. Beauftragung und Be-vollmächtigung des Verwalters zum Abschluss des Versicherungsvertrags. Be-stimmung des Umlageschlüssels für die Versicherungsprämien.

3. Antragsmuster

Die Gemeinschaft schließt zugunsten der jeweils bestellten Verwaltungs-beiräte mit Wirkung ab … eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von € …. ab. Diese hat eventuelle Haftungs-ansprüche für diejenige Tätigkeit zu umfassen, die den Beiräten nach dem Wohnungseigentumsgesetz (ggf.: und der Gemeinschaftsordnung) ob-liegt, wie auch Haftungsrisiken aus Aufgaben, die dem Beirat im Einzelfall durch Beschluss zugewiesen werden. Es sind Ansprüche sowohl von Drit-ten wie auch von der Gemeinschaft gegenüber den Beiräten abzudecken Hierzu wird das Angebot der XY-Versicherungsgesellschaft vom 00. 00. 00 wahrgenommen. Der Verwalter wird beauftragt und ermächtigt im Na-men der Gemeinschaft den Versicherungsvertrag abzuschließen, sowie

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Abschluss einer Beiratshaftpflichtversicherung

2

allen Beiratsmitgliedern nach Abschluss eine Kopie der Police auszuhändi-gen. Die anfallenden Versicherungsprämien von derzeit € …/Jahr werden nach dem allgemein für Versicherungen geltenden Umlageschlüssel ge-mäß der Gemeinschaftsordnung auf die Eigentümer umgelegt (alternativ: werden abweichend von dem in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Umlageschlüssel nach – z. B. der Anzahl der Wohnungen etc. – verteilt).

4. Anmerkungen

Vielfach ist den Kandidaten, die sich für das Amt des Verwaltungsbeirats zur Verfügung stellen nicht bewusst, dass sie ganz erheblichen Haftungsri-siken unterliegen, selbst wenn sie nur ehrenamtlich tätig sind.

Werden die Beiratsmitglieder rechtsgeschäftlich im Auftrag und für die Ge­meinschaft gegenüber Dritten tätig (z. B. die Gemeinschaft aufgrund eines Beschlusses bei Vertragsabschluss zu vertreten), haftet zunächst die Ge­meinschaft für ein Verschulden der Beiräte nach § 278 BGB (Haftung für Er­füllungsgehilfen). Darüber hinaus kommt die Haftung der Gemeinschaft ge­genüber Dritten bei unerlaubten Handlungen eines Beirats aus den §§ 823, 831 in Betracht. Ebenso kann sich eine Haftung aus den Grundsätzen der Duldungs­ bzw. Anscheinsvollmacht ergeben1.

Wird die Gemeinschaft durch Dritte für ein fehlerhaftes Verhalten von Bei­räten in Anspruch genommen, kann diese ggf. Regressansprüche geltend machen.

Die Beiratsmitglieder selbst haften gegenüber der Gemeinschaft grundsätz­lich aus dem Auftragsverhältnis gem. §§ 662 ff. BGB in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften des BGB zu den Leistungsstörungen (§§ 280 ff.) sowie aus den Vorschriften zur unerlaubten Handlung nach den §§ 823 ff. BGB.

1 Vgl. im Einzelnen Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat, 3. Auflage, RdNr. 494 ff.

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M II. 2

3

Der Haftungsumfang ergibt sich aus § 276 BGB. Die Beiräte haften daher für Vorsatz und Fahrlässigkeit, wobei leichte Fahrlässigkeit (neben der zu­sätzlich erforderlichen Kausalität zwischen Verschulden und Schaden) für eine Haftung in vollem Umfang ausreicht.

In aller Regel ist aber der Sorgfaltsmaßstab bei ehrenamtlicher Tätigkeit auf das Wissen eines ordentlichen, interessierten und gewissenhaften Prüfers zu begrenzen2. Allerdings wird von der Rechtsprechung auch vorausge­setzt, dass nur derjenige ein Beiratsamt übernimmt, der aufgrund seiner Kenntnisse auch in der Lage ist, die Kontrollpflichten (z. B. im Rahmen der Prüfung der Jahresabrechnung oder von Kostenvoranschlägen) ordnungsge­mäß wahrzunehmen!

Die Haftung trifft nicht das Gremium Beirat als Organ der Gemeinschaft, sondern die einzelnen Beiratsmitglieder, denen die nicht ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Pflichten vorzuwerfen ist. Ist das bei mehreren Beiräten der Fall, haften diese als Gesamtschuldner nach den §§ 421 ff. BGB.

Die Haftungsrisiken der Beiräte können durch eine Vermögensschadensver­sicherung abgesichert werden. Möglich ist der Abschluss einer solchen Ver­sicherung durch die Beiratsmitglieder selbst. Versicherungsnehmer kann aber auch die Gemeinschaft sein, hierbei vertreten durch den Verwalter, die den Abschluss zugunsten der Beiräte als Versicherte tätigt.

Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für die Verwaltungsbeiräte entspricht nach allgemeiner Rechtsmeinung grundsätzlich ordnungsmä-ßiger Verwaltung3 weil dadurch auch das Finden geeigneter Kandidaten erleichtert wird. Gleiches muss für die Übernahme lediglich der Versiche­rungsprämien durch die Gemeinschaft gelten, sofern die Beiräte selbst für die Abdeckung der Risiken ihrer Tätigkeit gesorgt haben. Eine Beschluss-kompetenz hierfür wie auch für den Abschluss einer Versicherung seitens der Gemeinschaft besteht aufgrund der Berechtigung der Eigentümer, den Beiratsvertrag im Zuge der konkreten Bestellung der Beiratsmitglieder gem. § 29 näher auszugestalten4.

Bereits bei Angebotseinholung sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur die nach dem Gesetz (§ 29 Abs. 2, 3 WEG) festgelegten Tätigkeiten des

2 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 62 zu § 29 WEG.3 so z. B. KG Berlin ZMR 2004, 780.4 Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat, 3. Auflage, RdNr. 546.

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Abschluss einer Beiratshaftpflichtversicherung

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Beirats vom Versicherungsschutz abgedeckt werden, sondern auch weitere Aufgaben die dem Beirat u. U. zusätzlich gemäß der Gemeinschaftsordnung obliegen. Die Versicherung sollte ebenfalls Deckung für solche Aufgaben bieten, die dem Beirat im Einzelfall durch Beschluss übertragen werden.

Ferner ist sicherzustellen, dass nicht nur die Ansprüche Dritter, sondern auch die Ansprüche der Gemeinschaft vom Umfang des Versicherungsver­trages gedeckt sind. Eine Eigenbeteiligung sollte auf das Minimum begrenzt bzw. ausgeschlossen werden.

Für den Verwalter – der in der Regel selbst kein Versicherungsfachmann ist – empfiehlt es sich, zu diesem TOP der Versammlung den Versicherungsver­treter desjenigen Versicherungsunternehmens, mit dem voraussichtlich der Vertrag abgeschlossen wird hinzuzuziehen, um für die konkrete Beantwor­tung spezifischer Eigentümerfragen zur Verfügung zu stehen.

Der Verwalter ist gesetzlich nicht berechtigt, Verträge im Namen und für Rechnung der Gemeinschaft abzuschließen. Er bedarf hierzu einer Ermäch­tigung nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG durch Mehrheitsbeschluss, sofern nicht eine entsprechende Berechtigung nach der Gemeinschaftsordnung oder dem Verwaltervertrag besteht.

Ob der Beschlussinhalt – ohne separate Ermächtigung – den Verwalter zu­gleich konkludent berechtigt, den entsprechenden Vertrag abzuschließen, ist ggf. per Auslegung zu ermitteln. Eine solche Berechtigung ist zwar im­mer dann anzunehmen, wenn der Verwalter den Beschluss ohne Abschluss des jeweiligen Rechtsgeschäfts nicht durchführen könnte, allerdings sollte bei Dauerverträgen vorsorglich immer die Ermächtigung zum Vertragsab­schluss durch den Verwalter im Namen der Gemeinschaft ausdrücklich und klarstellend mitbeschlossen werden, um etwaige Zweifel gar nicht erst entstehen zu lassen.

Für die anfallenden Kosten kann mit einfachem Mehrheitsbeschluss gem. § 16 Abs. 3 WEG ein von den Vereinbarungen abweichender Umlageschlüs-sel festgelegt werden. Es handelt sich insoweit um Kosten der Verwaltung.Nachdem große und kleine Wohnungen von der Beiratstätigkeit in gleichem Maße profitieren, dürfte eine Umlage nach Wohnungen, wie oftmals bei derVerwaltervergütung praktiziert, ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.Soweit die WEG auch Stellplätze, Hobbyräume etc. umfasst, müssen dieseselbstverständlich im angemessenen Verhältnis berücksichtigt werden.

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M II. 2

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5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Beschlussfassung ist die einfache Mehrheit notwendig und ausrei­chend. Da der Abschluss einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung durch die Gemeinschaft für die Beiräte kein Rechtsgeschäft mit dem einzel­nen Eigentümer darstellt, trifft diese kein Stimmverbot nach der 1. Alt. des § 25 Abs. 5 WEG.

6. Anfechtungsrisiken

Auch wenn mit einem solchen Beschluss eine Kostenbelastung aller Ei­gentümer verbunden ist, entspricht dieser in der Regel ordnungsgemäßer Verwaltung (s.o.). Der – mäßigen – Einzelbelastung des Eigentümers steht der Vorteil gegenüber, dass im Schadensfall ein solventer Deckungsgegner vorhanden ist5.

5 Häublein ZMR 2003, 233.

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Musterbeschlussantrag M II. 3: Beschluss zur Haftungsbegrenzung der Beiratsmitglieder

1. Regelungsbedarf

Die Verwaltungsbeiratsvorsitzende Frau B fordert den Verwalter auf, den Tagesordnungspunkt „Begrenzung der Haftung des Beirats auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit“ zur Beschlussfassung der nächsten Eigentümerver­sammlung vorzusehen. Immerhin sei der Beirat ehrenamtlich tätig und habe keine fachspezifischen Kenntnisse.

2. Formulierung TOP Einladung

Beschränkung der Haftung der Beiratsmitglieder A, B und C für ihre Tätigkeit als Verwaltungsbeirat der Gemeinschaft auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

3. Antragsmuster

Die Haftung der derzeit bestellten Beiräte der WEG, Herrn A, Frau B und Frau C bei der Erfüllung ihrer Beiratsaufgaben wird gegenüber er Gemein-schaft auf das Vorliegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflicht-verletzung beschränkt. Eine Inanspruchnahme der o.g. Beiräte durch die Gemeinschaft für Vermögensschäden wegen einer leicht fahrlässigen Ver-letzung ihrer Pflichten ist ausgeschlossen. Im Übrigen verbleibt es bei den gesetzlich vorgesehenen Haftungsregelungen.

4. Anmerkungen

Die Gemeinschaftsordnung kann als Vereinbarung wirksam Haftungsbe-schränkungen für die Beiratstätigkeit vorsehen. Ein Beschluss dahinge­hend, dass (alle) Beiräte der WEG (künftig) nur für grobe Fahrlässigkeit

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Beschluss Haftungsbegrenzung der Beiratsmitglieder

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und Vorsatz haften, wäre dagegen mangels Beschlusskompetenz nichtig1, da dieser mit Dauerwirkung für die Zukunft die gesetzliche Haftungsrege­lung abändert. Umstritten ist, ob eine Haftungsbeschränkung in einem Bei­ratsvertrag möglich ist2. Zulässig soll dagegen ein Beschluss sein, mit dem den aktuell bestellten Beiräten eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zugestanden wird3.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Notwendig und ausreichend ist die einfache Mehrheit. Da es sich bei der Haftungsbeschränkung um eine Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Gemeinschaft und Beirat handelt, unterliegen die Beiräte einem Stimmrechtsverbot gem. § 25 Abs. 5 S. 1, 1. Alt. WEG.

6. Anfechtungsrisiken

Der haftungsbeschränkende Beschluss muss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn die Beiräte un-entgeltlich tätig sind4, bei einem entgeltlich tätigen Beirat dürfte damit ein Beschluss zur Haftungsbegrenzung auf Anfechtung hin vom Gericht für un­gültig zu erklären sein.

1 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG – Kommentar und Handbuch zum Wohnungs­eigentumsrecht, 11. Auflage, RdNr. 34 zu § 29 WEG.

2 Zustimmend Merle/Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 115 zu § 29 WEG.

3 Abramenko in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 26 zu § 29 WEG unter Hinweis auf OLG Frankfurt OLGZ 1988, 189 f.

4 U. a. Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 116 zu § 29 WEG; Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 26 zu § 29 WEG.

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Musterbeschlussantrag M II. 4: Abberufung eines Verwaltungsbeiratsmitglieds

1. Regelungsbedarf

Zwischen Herrn B, der schon viele Jahre als Beiratsmitglied der WEG tätig und auf unbestimmte Zeit bestellt ist und einigen neu in die Gemeinschaft eingetretenen Miteigentümern haben sich Streitigkeiten ergeben. Der Ei­gentümer X beantragt beim Verwalter, zur nächsten Versammlung den TOP „Abberufung des Miteigentümers B als Verwaltungsbeirat“ aufzunehmen und darüber beschließen zu lassen.

Begründung: Herr B genieße nicht mehr das Vertrauen aller Eigentümer.

Herr B erscheint zur Versammlung nicht.

2. Formulierung TOP Einladung

Abberufung des Herrn B als Mitglied des Verwaltungsbeirats (Antrag des Eigen-tümers X).

3. Antragsmuster

Herr B wird mit sofortiger Wirkung als Mitglied des Verwaltungsbeirats ordentlich abberufen. Der Verwalter wird beauftragt, Herrn B die Abberu-fung unverzüglich mitzuteilen.

4. Anmerkungen

Für den Verwalter stellt sich in der oben beschriebenen Situation zunächst die Frage, ob er überhaupt verpflichtet ist, dem Antrag des Eigentümers X

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Abberufung eines Verwaltungsbeiratsmitglieds

2

nachzukommen. Dies ist dann der Fall, wenn die Behandlung des und die Beschlussfassung über den Antrag des Eigentümers X ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

Ist die Bestellungszeit nicht geregelt, kann ein Verwaltungsbeiratsmit­glied jederzeit abberufen werden (ordentliche Abberufung)1. Ein wichtiger Grund hierfür ist nicht notwendig, es sei denn es besteht eine entsprechen­de Vereinbarung oder es wurde bereits im Bestellungsbeschluss die Abbe­rufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt. Gleiches gilt, wenn die Bestellung auf eine bestimmte Zeitdauer erfolgt ist2.

Vorliegend hat daher der Verwalter den Antrag des Eigentümers X – auf jeden Fall und unabhängig von der Bestimmung des § 24 Abs. 2 WEG – in die Tagesordnung der Versammlungsladung aufzunehmen sowie eine Aus­sprache und Abstimmung in der Eigentümerversammlung hierzu herbeizu­führen, denn es wurde zudem ein wichtiger Abberufungsgrund geltend ge­macht. Ob dieser zutrifft und ob die Mehrheit der Eigentümer diesen Grund ebenso für gegeben hält, hat der Verwalter nicht zu prüfen.

Bei einer Abberufung ist die Angabe der Abberufungsgründe im Beschluss­text nicht erforderlich. Den Eigentümern steht es frei, sich auch bei einem Antrag auf Abberufung aus wichtigem Grund auf die ordentliche Abberu­fung zu beschränken.

Ein wichtiger Grund zur Abberufung eines Beiratsmitglieds liegt dann vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit mit dem Beiratsmitglied unzumutbar ist, weil das erforderliche Vertrauensverhältnis fehlt3. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund.

Die Abberufung durch Beschluss wird gegenüber dem Beiratsmitglied B erst wirksam mit Zugang, d. h. sie muss Herrn B gegenüber erklärt werden. Da Herr B nicht in der Versammlung anwesend war, muss die Mitteilung des Abstimmungsergebnisses aus dem sich die Abberufung ergibt, sepa­rat erfolgen. Sinnvollerweise ist der Verwalter hiermit zu beauftragen. Die

1 OLG Hamm NZM 1999, 227.2 Merle/Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 29 zu § 29 WEG;

Abramenko in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 9 zu § 29 WEG.3 BayObLG WE 1991, 226.

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Erklärung gegenüber dem abberufenen Beiratsmitglied kann zwar grund­sätzlich formfrei erfolgen, aus Beweisgründen ist jedoch eine schriftliche Übermittlung mit Zugangsnachweis zu empfehlen.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Beschlussfassung zur Abberufung eines Beiratsmitglieds erfolgt mit (einfacher) Stimmmehrheit4. Bei der ordentlichen Abberufung ist auch das abzuberufende Beiratsmitglied stimmberechtigt, bei seiner Abberufung aus wichtigem Grund hingegen nicht5.

6. Anfechtungsrisiken

Hinsichtlich des Beschlusses zur ordentlichen Abberufung eines Beirats­mitglieds sind keine (materiellen) Anfechtungsrisiken ersichtlich. Eine An­fechtungsklage hiergegen vermag keine aufschiebende Wirkung zu zeigen. Die Abberufung gilt vielmehr so lange, bis sie u. U. vom zuständigen Ge­richt für unwirksam erklärt wird6.

Wird der Antrag gestellt, ein Beiratsmitglied aus wichtigem Grund abzube­rufen, sollte der Verwalter sowohl den bzw. die Antragsteller auffordern, ihre Gründe schriftlich darzulegen wie auch dem angegriffenen Beiratsmit­glied Gelegenheit geben, schriftlich darauf zu erwidern.

Es empfiehlt sich, beide Stellungnahmen mit der Einladung zur Ver­sammlung an alle Eigentümer zu übersenden.

Ein Beschluss über die Abberufung eines Beiratsmitglieds soll nicht (al­lein) deswegen für ungültig zu erklären sein, weil mit der Abberufung nicht gleichzeitig ein Ersatzmitglied, bzw. Nachrücker bestellt wird7. Dem ist schon deswegen zuzustimmen, weil der Beirat auch dann grundsätzlich fortbesteht, wenn er nicht mehr über drei Mitglieder verfügt (Rumpfbeirat).

4 OLG München ZMR 2007, 996.5 Abramenko in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 10 zu § 29 WEG.6 OLG Hamm NJW­RR 1992, 1232.7 Prych PIG 32, 39.

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Musterbeschlussantrag M II. 5: Festsetzung einer Aufwandspauschale für den Verwaltungsbeirat

1. Regelungsbedarf

Im Rahmen der regelmäßigen Besprechung zwischen Verwalter und Bei­rat spricht das Beiratsmitglied Frau A das Thema Erstattung der Auslagen des Beirats an. Sie habe z. B. im letzten Wirtschaftsjahr Telefon­, Porto und sonstige Kosten i.H.v. ca. € 230,00 selbst aufgebracht. Nachdem schon der immense Zeitaufwand der Beiratsmitglieder durch die übrigen Eigentümer nicht honoriert werde, möchten diese wenigstens ihre eigenen Auslagen erstattet bekommen.

2. Formulierung TOP Einladung

Erstattung der Auslagen des Verwaltungsbeirats als jährliche Pauschale (Vor-schlag € … derzeit/jährlich).

3. Antragsmuster

Zur Abgeltung ihres Sachaufwands (Telefon, Fax, Porto, etc.) erstattet die Gemeinschaft künftig den Verwaltungsbeiräten insgesamt und ohne ge-sonderten Nachweis pro Wirtschaftsjahr eine Pauschale in Höhe von € … .

Die Pauschale ist fällig zu Beginn des jeweiligen Wirtschaftsjahres. Die Zahlung erfolgt an den jeweiligen Verwaltungsbeiratsvorsitzenden auf dessen Konto. Die anteilsmäßige Verteilung der Pauschale an die einzelnen Beiratsmitglieder ist interne Angelegenheit des Verwaltungsbeirats.

Mit der pauschalen Abgeltung des Beiratsaufwandes ist die Erstattung eventuell darüber hinausgehender Kosten im Zusammenhang mit der Bei-ratstätigkeit auf entsprechenden Nachweis hin nicht ausgeschlossen.

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Festsetzung einer Aufwandspauschale für Verwaltungsbeirat

2

Die Umlage der Pauschale bzw. darüber hinausgehender Auslagen er-folgt nach dem in der Gemeinschaftsordnung bestimmten Kostenvertei-lungsschlüssel für Verwaltungskosten (alternativ: nach…).

4. Anmerkungen

Jedes Beiratsmitglied hat auch ohne entsprechenden Beschluss Anspruch auf Ersatz der für die ordnungsgemäße Erfüllung des Amtes getätigten Auf­wendungen. Dies folgt aus den gesetzlichen Bestimmungen zum Auftrags­recht (§§ 662, 670 BGB).

Die herrschende Rechtsprechung hält aber auch einen pauschalen Aufwen-dungsersatz, der sich in einem angemessenen Rahmen bewegen muss, aus Vereinfachungsgründen für zulässig1. Während nachgewiesene Auslagen vom Verwalter auch ohne Beschlussfassung zu erstatten sind, bedarf die pauschalierte Kostenerstattung eines Eigentümerbeschlusses. Diese muss für die Eigentümergemeinschaft im Rahmen des Vertretbaren liegen, da auch insoweit die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung gelten.

Bei einem ehrenamtlich tätigen Beirat zählen zu den erstattungsfähigen Auslagen insbesondere Telefon­, Porto­, Kopie­ sowie ggf. Fahrtkosten. Ob auch Kosten für Fachliteratur bzw. für den Besuch entsprechender Semina­re darunter fallen, hängt vom Einzelfall ab. Je größer die Wohnanlage und je umfangreicher die Aufgabenstellung ist, umso eher wird man hier großzügi­ge Maßstäbe anlegen müssen. Die Übernahme der zuletzt genannten Kosten sollte jedoch separat beschlossen werden.

Kein Anspruch besteht aber für ein ehrenamtlich tätiges Beiratsmitglied auf Erstattung von Verdienstausfall oder von eigener Arbeitsleistung (auch wenn diese zum beruflichen oder gewerblichen Tätigkeitsbereich des Bei­rats gehört. Ebenfalls nicht zu ersetzen sind Kosten, die dem Beiratsmit­glied im Rahmen seiner Eigentümerstellung entstehen (z. B. für die Teilnah­me an einer Eigentümerversammlung)2.

1 BayObLG NZM 1999, 865; OLG Schleswig ZMR 2005, 736.2 Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 15 zu § 29 WEG.

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M II. 5

3

AchtungDie Aufwandspauschale sollte keinesfalls als „Vergütung“ bezeichnet werden, Hierdurch könnte – ungewollt – ein höherer Sorgfaltsmaßstab für die Beiratstätigkeit indiziert werden (siehe Anmerkungen zu Muster-beschlussantrag M II. 7). Zudem können sich steuerrechtliche Probleme ergeben.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für den Beschluss zur pauschalen Erstattung der Beiratsauslagen ist die einfache Mehrheit ausreichend.

Formal handelt es sich zwar bei einem Beschluss zur pauschalierten Abgel­tung der Auslagen um eine Ausgestaltung des Vertrages mit den Beiräten, jedoch hat der Beauftragte bereits von Gesetzes wegen einen Anspruch auf seine Aufwendungen (§ 670 BGB). Anders als bei einer Regelung über eine eventuelle Vergütung nehmen die Beiräte hierbei auch kein privates Son­derinteresse wahr. Die Pauschalierung dient vielmehr der Eliminierung des Aufwands für den Nachweis über die Höhe der Auslagen. Ein Stimmrechts-ausschluss der Beiräte bei der Abstimmung über den Antrag ist damit nicht ersichtlich.

6. Anfechtungsrisiken

Solange sich die Aufwandspauschale der Höhe nach im Rahmen ordnungs­mäßiger Verwaltung bewegt (insbesondere also keine verdeckte „Vergü­tung“ damit verbunden ist), dürfte eine Anfechtung kaum erfolgverspre­chend sein.

Fehlt jedoch die Regelung im vorletzten Satz des Beschlussmusters, wäre dieser anfechtbar, denn dann würde der Beschluss die gesetzliche Rege­lung des § 670 BGB abändern und den Anspruch der Verwaltungsbeiräte auf vollen Ersatz ihrer notwendigen Aufwendungen in unzulässiger Weise beschränken. Diesen muss daher der Nachweis vorbehalten bleiben, dass Aufwendungen notwendig waren, die die Pauschale überstiegen haben.

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Festsetzung einer Aufwandspauschale für Verwaltungsbeirat

4

Sofern durch einen Beschluss Kosten mit Dauerwirkung für die Zukunft entstehen, ist zu überlegen, ob diese nach dem allgemeinen Kostenvertei­lungsschlüssel umgelegt werden sollen oder ob es sachgerecht erscheint, im Rahmen des § 16 Abs. 3 WEG eine abweichende Verteilung der Kosten zu beschließen.

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Musterbeschlussantrag M II. 6: Festsetzung einer Vergütung für den Verwaltungsbeirat

1. Regelungsbedarf

Durch vielfältige Probleme der Gemeinschaft ist der Zeit­ und Arbeitsauf­wand der Beiräte sehr hoch. Da es sich bei den Beiratsmitgliedern um qua­lifizierte Fachleute handelt, die ihre Aufgabe zur Zufriedenheit der übrigen Miteigentümer erledigen, soll deren Tätigkeit entsprechend vergütet wer­den, auch um diese für die Zukunft zu motivieren.

2. Formulierung TOP Einladung

Gewährung einer pauschalen Vergütung der Beiratsmitglieder für ihren Arbeits- und Zeitaufwand ab …. .

3. Antragsmuster

Jedes Verwaltungsbeiratsmitglied erhält für seine Tätigkeit eine pauschale Vergütung in Höhe von € … im Jahr und zwar beginnend ab … . Die Vergütung deckt den gesamten Zeit- und Arbeitsaufwand des jeweiligen Beiratsmitglieds für das betreffende Wirtschaftsjahr pauschal ab. Diese ist zum Ende eines jeden Jahres zur Zahlung fällig. Bestand die Mitgliedschaft im Beirat nicht das gesamte Jahr über, besteht nur Anspruch für den ent-sprechenden Zeitanteil.

Die Vergütung erfolgt seitens der Gemeinschaft brutto für netto. Sämtliche daraus resultierenden steuerlichen Verpflichtungen (ESt./USt./GewSt.) obliegen dem jeweiligen Empfänger der Vergütung. Dieser hat die Gemeinschaft von etwaigen fiskalischen Ansprüchen – auch nach seinem Ausscheiden aus dem Verwaltungsbeirat der Wohnungseigentümerge-meinschaft – freizustellen.

Ansprüche auf Erstattung seiner Auslagen stehen jedem Beiratsmitglied darüber hinaus gesondert zu.

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Festsetzung Vergütung für Verwaltungsbeirat

2

Die Verteilung der Kosten auf alle Miteigentümer wird nach dem all-gemein bestimmten Kostenverteilungsschlüssel (alternativ: nach …) vor-genommen.

ProtokollzusatzDie in der heutigen Versammlung anwesenden Beiratsmitglieder Frau A, Herr B und Frau C erklären auf Nachfrage des Versammlungsleiters, dass sie dieses Angebot annehmen.

4. Anmerkungen

Eine Vergütung der Beiratstätigkeit kann im Rahmen der Gemeinschafts-ordnung bereits von vornherein vereinbart sein, oder aber auch beschlos­sen werden.

Die ehrenamtlich ausgeübte Beiratstätigkeit folgt den gesetzlichen Regelun­gen des Auftrags gem. den §§ 662 ff. BGB. Wird hingegen eine Vergütung für die Tätigkeit gewährt, ist diese als Dienst­ (§§ 611 ff. BGB) oder Geschäfts­besorgung (§ 675 BGB) zu qualifizieren.

Wird die Beiratstätigkeit vergütet, verschärft sich nach der Rechtsprechung der von den Beiratsmitgliedern anzuwendende Sorgfaltsmaßstab im Rah-men der Haftung. Während sich ein Beiratsmitglied, das ehrenamtlich tätig ist, ggf. noch auf eine leicht fahrlässige Verletzung seiner Pflichten und da­mit auf eine Haftungsfreistellung berufen kann, haften Beiräte, deren Tätig­keit bezahlt wird, über die gesamte Breite eines eventuellen Fehlverhaltens, also auch für leichteste Fahrlässigkeit. Die Festsetzung einer Vergütung der Beiratstätigkeit ist damit durchaus ein zweischneidiges Schwert und sollte daher – auch seitens der Beiräte – nicht unbedacht erfolgen.

Die Höhe der Vergütung hat sich an den Grundsätzen ordnungsmäßige Ver-waltung zu orientieren. Sie hat die Größe der Wohnanlage, den Umfang der Beiratstätigkeit sowie die Haftungsrisiken der Beiräte zu berücksichtigen. Insofern ist die Vergütung des Aufsichtsrats einer AG oder des Beirats einer GmbH kein angemessener Maßstab, zumal solche Gremien in der Regel um­fassendere Pflichten wahrzunehmen haben1.

1 Vgl. Drasdo, Der Verwaltungsbeirat nach dem WEG, 4. Auflage, S. 69 m.w.N.

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M II. 6

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Eine gemäß (Zeit­)nachweis zu zahlendes Vergütung ist wegen u. U. auf­wendiger Kontrollnotwendigkeiten möglichst zu vermeiden. Besteht eine Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung, dass auch gemeinschaftsfrem­de Personen als Beiratsmitglieder bestellt werden können, kann für diese ein höheres Honorar durchaus angemessen sein.

Im Gegensatz zur Gewährung eines Auslagenersatzes (der pauschal für den Gesamtbeirat beschlossen werden und dessen Verteilung interner Abspra­chen des Beirats überlassen werden kann), ist bei der Beschlussfassung über eine Vergütung darauf zu achten, dass eine solche für die jeweils einzelnen Beiratsmitglieder festgelegt bzw. beschlossen wird. Schon im Hinblick auf steuerrechtliche Anforderungen muss klar definiert werden, welches Bei-ratsmitglied welche Vergütung für seine Tätigkeit in welcher Höhe von der Gemeinschaft erhält.

Weiter ist festzulegen, dass das jeweilige Beiratsmitglied die durch die Entgegennahme der Vergütung durch die Gemeinschaft in Verbindung ste­henden steuerrechtlichen Notwendigkeiten selbst wahrzunehmen hat. Ggf. sollte zu entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten ein Steuerberater kon-sultiert werden.

Vergütungen aus einer Beiratstätigkeit sind als Einnahmen aus einer sons­tigen selbstständigen Tätigkeit steuerpflichtig (§ 18 Abs. 3 EStG). Sie unter­liegen ggf. darüber hinaus der Umsatzsteuer bzw. der Gewerbesteuer. Die steuerrechtlichen Implikationen der Festsetzung und der Zahlung einer Beiratsvergütung sind daher zum einen vorab zu klären und zum anderen zwingend im Beschluss zu regeln. Versäumt der Verwalter dies, läuft er Gefahr in eine Haftungsfalle zu geraten.

Der Beschluss stellt ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages dar. Der Ver­trag kommt erst zustande, wenn er von den Beiräten auch angenommen wird. Dies ist schon deswegen erforderlich, weil sich der Haftungsmaßstab mit der Gewährung einer Vergütung verschärft.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Zur Beschlussfassung ist die einfache Mehrheit ausreichend. Die Mitglie­der des Beirats sind mit ihrem Stimmrecht gem. § 25 Abs. 5 WEG ausge­

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Festsetzung Vergütung für Verwaltungsbeirat

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schlossen, da der Beschluss auf die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihnen gerichtet ist, das die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft.

Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Vergütungsabrede im Zusammen-hang mit der Bestellung der Beiräte erfolgt, denn hier hat die Ausübung des Stimmrechts der Beiratskandidaten als Mitgliedschaftsrecht bei der Bestel­lung des Organs Verwaltungsbeirat Vorrang (siehe Muster M I. 4, Ziffer 5).

6. Anfechtungsrisiken

Die Vergütung des Zeitaufwands der Beiratsmitglieder kann nicht erfolg­reich angefochten werden, soweit diese im üblichen Rahmen liegt und da­mit ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

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Musterbeschlussantrag M II. 7: Zuweisung einer Sonderaufgabe an den Verwaltungsbeirat durch Beschluss

1. Regelungsbedarf

Es soll eine Sanierung der Putzfassade stattfinden. Über das Sanierungskon­zept, die Kosten, die ausführenden Unternehmen, die Begleitung der Maß­nahme durch ein Ingenieurbüro sowie die Finanzierung wurden bereits die notwendigen Beschlüsse gefasst. Es ist aber zu erwarten, dass sich beim Bauablauf weiterer Klärungsbedarf ergibt, über den kurzfristig entschieden werden muss. Hiermit soll der Verwaltungsbeirat beauftragt werden.

2. Formulierung TOP Einladung

Beauftragung und Ermächtigung des Verwaltungsbeirats, ggf. Einzelheiten der technischen Ausführung im Rahmen der Putzsanierung zu entscheiden und fest-zulegen. Festsetzung einer diesbezüglichen Höchstgrenze für Mehrkosten. Erwei-terung der bestehenden Beiratshaftpflichtversicherung für diese Sonderaufgabe.

3. Antragsmuster

Im Rahmen der bevorstehenden Sanierung der Putzfassade werden die Verwaltungsbeiratsmitglieder beauftragt und ermächtigt, bautechnische und sonstige Einzelfragen, die im Laufe der Ausführung auftreten und nur untergeordneter Natur sind, verbindlich für die Gemeinschaft zu entschei-den (z. B. Auswahl des genauen RAL-Farbtons der grau zu streichenden Balkongeländer, Einzelheiten der bautechnischen Ausführung etc.). Die Er-mächtigung gilt auch, soweit durch notwendige Entscheidungen im Einzel-fall über die beschlossene Auftragssumme hinaus Mehrkosten entstehen, jedoch höchstens für Mehrkosten bis insgesamt € 10.000,00 inkl. MwSt. Eine entsprechende Auftragsvergabe hat durch den Verwalter zu erfolgen.

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Sonderaufgabe an Verwaltungsbeirat durch Beschluss

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Der Verwalter wird beauftragt und ermächtigt, mit dem Versicherer der Vermögenschadenshaftpflichtversicherung der Beiräte eine Deckung für diese Sonderaufgabe zu vereinbaren. Die hierfür entstehende Prämie ist aus dem laufenden Konto zu finanzieren.

ProtokollzusatzAuf Nachfrage erklären die Beiratsmitglieder A, B und C, dass sie diesen Auftrag gemäß Beschluss annehmen.

4. Anmerkungen

Die Beschlusskompetenz für Maßnahmen der Instandhaltung und In-standsetzung obliegt gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG allein den Wohnungsei-gentümern. Diese haben darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise eine solche ausgeführt wird. Generell kann diese Befugnis nur durch Ver­einbarung auf ein anderes Organ der Gemeinschaft übertragen werden.

Im Einzelfall und sowie in Grenzen können jedoch auf Beiratsmitglieder, einzelne Eigentümern (sog. Sonderausschüsse) oder auch Dritte – ggf. auch verbunden mit einer Bevollmächtigung – Entscheidungen übertragen wer-den, die nach dem Gesetz eigentlich den Wohnungseigentümern vorbehal­ten sind.

Gerade bei größeren Sanierungsmaßnahmen ist während der Durchführung der Maßnahme in der Regel noch eine Vielzahl von Ausführungsfragen zu klären und zu entscheiden, die vorab nicht bedacht wurden. Hier empfiehlt es sich, die Entscheidung von untergeordneten Einzelfragen auf (die) Bei­räte oder auch einzelne (fachkundige) Eigentümer zu delegieren, da ansons­ten jeweils die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung notwen­dig wäre, was zudem den Bauablauf erheblich verzögern würde.

Voraussetzung hierfür ist, dass die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis bei den Eigentümern verbleibt (also nur in einem engen und vorgegebenen Rahmen zu klärende Einzelentscheidungen übertragen werden) und dass damit kein unübersehbares finanzielles Risiko für die Eigentümer verbun­

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den ist1. Nach Ansicht des KG kann auch die Entscheidung über die Farb­auswahl delegiert werden2, was aber in dieser generellen Form als bedenk­lich erscheint (rot statt weiß?).

Naturgemäß ist nicht vorhersehbar, welche Entscheidungen ggf. in wel­chem Umfang zu treffen sind. Andererseits muss der Beschlussinhalt die notwendige Bestimmtheit aufweisen. Ebenfalls ist zu bedenken, dass ggf. mit den Entscheidungen Mehrkosten verbunden sein können. Es bietet sich daher an, die Einzelfallentscheidungskompetenz beispielhaft in den Beschluss aufzunehmen. Die Bestimmung darüber, welche Mehrkosten da­durch verursacht werden dürfen, muss jedoch eindeutig bestimmt sein.

Sofern Beiräten per Beschluss Aufgaben übertragen werden, die über die Zuweisung des § 29 Abs. 2 und 3 WEG hinausgehen, liegt darin rechtlich das Angebot auf die Erteilung eines Auftrags gem. den §§ 662 ff. BGB. Kein Beiratsmitglied kann gezwungen werden, einen solchen Auftrag zu über-nehmen. Die Annahme des Angebots durch die Beiräte ist deshalb zum Zustandekommen des Auftragsverhältnisses erforderlich3. Dieser Auftrags-vertrag kommt dann auch nicht mit dem Gremium Verwaltungsbeirat als Organ der Gemeinschaft zustande, sondern mit den einzelnen Beiräten.

Zu bedenken ist auch die Haftungsfrage. Sind solche Sonderaufgaben nicht vom Deckungsumfang der bestehenden Beiratshaftpflichtversicherung um­fasst, sollte für eine entsprechende Erweiterung gesorgt werden.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Beschlussfassung ist die einfache Mehrheit erforderlich und aus­reichend. Da bei der Beauftragung der Beiratsmitglieder keine privaten Sonderinteressen berührt werden, unterliegen diese keinem Stimmrechts­verbot. Anders wäre dies zu bewerten, wenn die Tätigkeit der Mitglieder vergütet werden soll.

1 OLG Düsseldorf ZWE 2001, 219.2 KG Berlin ZMR 2004, 622.3 Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 80 zu § 29.

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Sonderaufgabe an Verwaltungsbeirat durch Beschluss

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6. Anfechtungsrisiken

Soweit die unter Ziffer 4 dargestellten Voraussetzungen eingehalten wer­den, sich die Delegation von Kompetenzen lediglich auf untergeordnete Einzelfragen beschränkt, diese hinreichend beschrieben werden und mit der Ermächtigung kein unübersehbares Kostenrisiko für die Eigentümer verbunden ist, erscheint eine Anfechtung kaum erfolgversprechend.

7. Exkurs: an den Beirat übertragbare Aufgaben/Befugnisse

Befugnisse und Aufgaben können weder durch Vereinbarung noch durch Beschluss an den Beirat übertragen werden, sofern damit unabdingbar den Eigentümern oder dem Verwalter zugewiesene Kompetenzen beschnitten werden. Die Rechtsstellung von Eigentümern und Verwalter darf nicht zu stark ausgehöhlt werden4.

Im Einzelnen erscheinen folgende Aufgaben bzw. Befugnisse auf den Bei­rat/die Beiräte durch Vereinbarung (V) oder Mehrheitsbeschluss (MB) über­tragbar, wobei aber ggf. das Zustimmungserfordernis (ZE) der Beiräte ggf. zu beachten ist5.

Maßnahmen der laufenden Verwaltung können dem Beirat auch nicht durch (V) übertragen werden, soweit diese gem. § 27 Abs. 1 – 3 WEG dem Verwalter zugewiesen sind. Insofern sind auch keine Weisungen durch den Beirat zulässig (§ 27 Abs. 4 WEG).

Eine Überwachung der laufenden Verwaltungstätigkeit kann dem Beirat übertragen sein (V).

Die generelle Entscheidung über Maßnahmen der Instandhaltung und In-standsetzung durch den Beirat ist nur dann möglich, wenn ihm diese Kom­petenz durch (V) zugewiesen ist (vgl. § 21 Abs. 1 WEG), im Übrigen siehe oben.

Die Aufstellung einer Hausordnung obliegt nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG den Wohnungseigentümern, eine diesbezügliche Kompetenzzuweisung an

4 LG Frankfurt a.M. OLGZ 1988,188.5 Siehe im Einzelnen Merle/Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage,

RdNrn. 79 ff. zu § 29.

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M II. 7

5

den Beirat kann daher nur über (V) erfolgen. Durch (MB) ist es allerdings möglich, dem Beirat zu beauftragen den Entwurf einer Hausordnung zu fer­tigen, über den dann die Eigentümerversammlung beschließt.

Nach neuerer und zutreffender Rechtsprechung6 kann der Beirat ebenso we­nig wie der Verwalter durch (MB) beauftragt werden, das Gemeinschafts-eigentum vom Bauträger abzunehmen, denn das Recht zur Abnahme steht aus dem Kaufvertrag dem jeweiligen Erwerber zu.

Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen kann dem Beirat durch (V) übertragen sein. Zulässig ist auch ein (MB) nach § 27 Abs. 3 S. 3 WEG7. Der Auftrag bedarf im Falle eines (MB) des (ZE) der Beiräte.

Die Übertragung der Befugnis zur Bestellung sowie zur Abberufung des Verwalters durch den Beirat ist wegen § 26 Abs. 1 S. 5 WEG weder durch (V) noch durch (MB) möglich. Allerdings kann der Beirat im Falle einer Ab­berufung des Verwalters beauftragt und ermächtigt werden, den Verwalter-vertrag zu kündigen, bzw. die Abberufungserklärung zu übermitteln (MB).

Die Kompetenz zum Aushandeln des Verwaltervertrages durch den Beirat bedarf grundsätzlich einer (V). Allerdings ist nach obergerichtlicher Recht­sprechung eine diesbezügliche Übertragung auf den Beirat durch (MB) in engen Grenzen möglich (vgl. Muster M I. 5) Der Abschluss eines den Eigen-tümern bekannten Verwaltervertrages kann per (MB) auf den Verwaltungs­beirat delegiert werden.

Die Erstellung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung oder deren Ge-nehmigung, kann durch (V) auf den Beirat übertragen sein. Ein entspre­chender (MB) wäre nichtig. Selbiges gilt für die Entlastung des Verwalters.

6 OLG München vom 06. 12. 2016, Az.: 28 U 2388/16.7 BGH ZMR 2004, 382.

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11

Musterbeschlussantrag M II. 8: Entlastung der Verwaltungsbeiräte

1. Regelungsbedarf

In der ordentlichen Eigentümerversammlung soll die Entlastung der Ver­waltungsbeiräte beschlossen werden. Der Miteigentümer Herr B. ist aus dem Beirat im Laufe des Wirtschaftsjahres ausgeschieden. Die Miteigentü­merin D ist für diesen (als bereits früher gewähltes Ersatzmitglied) nachge­rückt.

2. Formulierung TOP Einladung

Entlastung der Verwaltungsbeiratsmitglieder A, B, C und D für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr …

3. Antragsmuster

Die Verwaltungsbeiratsmitglieder A und C werden für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr … entlastet. Das Verwaltungsbeiratsmitglied B wird für seine Tätigkeit als Beirat für den Zeitraum vom … bis … entlastet. Das Verwaltungsbeiratsmitglied D wird für seine Tätigkeit als Beirat für den Zeitraum vom … bis … entlastet.

4. Anmerkungen

Für die Entlastung der Verwaltungsbeiratsmitglieder gelten die zur Entlas-tung des Verwalters entwickelten Grundsätze entsprechend (siehe Muster M I. 11). Sie entspricht nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie ihre Pflichten voll erfüllt haben1. Die Ansicht des AG Schwerin2, wonach

1 IMRRS 2010, 2832.2 IMRRS 2014, 0991.

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Entlastung der Verwaltungsbeiräte

2

es keinen Grund darstellt, den Beschluss über die Entlastung des Verwal­tungsbeirats für ungültig zu erklären, obwohl dieser keine Rechnungsprü­fung durchgeführt hat, erscheint daher zweifelhaft.

Einen Anspruch auf Entlastung haben die Beiratsmitglieder ebenso wenig wie der Verwalter, auch wenn sie ehrenamtlich tätig sind. Allerdings kann die Gemeinschaftsordnung oder auch (ggf.) ein Beiratsvertrag einen solchen Anspruch zulässigerweise begründen.

Nachdem bei Pflichtversäumnissen nicht der Beirat als Organ haftet, son­dern jeweils die einzelnen Beiratsmitglieder (zur Haftung im Allgemeinen siehe Anmerkungen zum Muster M II. 2 und M II. 3), ist richtigerweise den einzelnen „Mitgliedern des Verwaltungsbeirats“ und nicht „dem Ver­waltungsbeirat“ Entlastung zu erteilen. Allerdings wird ein Beschluss zur Entlastung „des Beirats“ regelmäßig dahin auszulegen sein, dass dessen Mitgliedern Entlastung erteilt wurde.

Ob die Entlastung für das Wirtschaftsjahr oder für die gesamte Amtsdauer der Beiratsmitglieder erfolgt, sollte sich eindeutig aus der Beschlussformu­lierung ergeben. Ist mangels Eindeutigkeit eine Auslegung erforderlich, ist diese so vorzunehmen, dass die Rechtsposition der Eigentümer am wenigs­ten beeinträchtigt wird3.

Hat ein Wechsel in der Zusammensetzung des Beirats stattgefunden, sollte das zur Vermeidung von Zweifeln in der Beschlussformulierung entspre­chend berücksichtigt werden.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Beschlussfassung ist die einfache Mehrheit ausreichend. Für die Beiratsmitglieder besteht ein Stimmrechtsausschluss gem. § 25 Abs. 5 WEG.

6. Anfechtungsrisiken

Der Entlastungsbeschluss ist für ungültig zu erklären, wenn ein Ersatzan­spruch gegen die Beiratsmitglieder (z. B. im Zusammenhang mit der Prü­

3 Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat, 3. Auflage, RdNr. 477.

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M II. 8

3

fung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung) möglich erscheint4, also u. a. auch dann, wenn diese der Eigentümerversammlung die Genehmigungeiner nicht ordnungsgemäßen oder nicht vollständigen Abrechnung emp­fohlen haben5.

4 BayObLG NJW­RR 1991, 1360.5 OLG Düsseldorf WE 1991, 251.

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11

Musterbeschlussantrag M III. 1: Gemeinschaftsordnungsbeschluss zu den Formalien der konkreten Versammlung

1. Regelungsbedarf

In einer größeren Gemeinschaft kam es in der letzten Versammlung zu Störungen im Ablauf, weil einige Eigentümer ausufernde und sich wie­derholende Redebeiträge lieferten. Die Auszählung der Stimmen (Stimm­rechtsprinzip MEA) dauerte sehr lange. Einige Versammlungsteilnehmer haben sich im vergangenen Jahr über das Rauchen anderer Teilnehmer beschwert. Zudem kam es vermehrt vor, dass Eigentümer die Versamm­lung vorzeitig verlassen haben, ohne sich abzumelden. Es musste daher vor mehreren Abstimmungen jeweils erneut die Beschlussfähigkeit geprüft werden. Der Verwalter überlegt vorab, wie er dies vermeiden könnte.

Als TOP 3 der Versammlung ist die erneute Bestellung des Verwalters an­gekündigt. Ein Eigentümer stellt nach Eröffnung der Versammlung den Antrag, dieses Thema erst zum Schluss zu behandeln. Der Verwalter soll zudem bei der Diskussion und Abstimmung den Versammlungsraum ver­lassen, um den Eigentümern eine ungezwungene Meinungsäußerung und Beschlussfassung zu ermöglichen.

2. Formulierung TOP Einladung

Entgegen der eigentlich zwingenden Bestimmung des § 23 Abs. 2 WEG muss der Gegenstand von Geschäftsordnungsbeschlüssen (GO­Beschlüsse) in der Einla­dung zur Versammlung nicht bezeichnet (angekündigt) werden1. Solche Anträge stellen vielmehr eine spontane Ergänzung der Tagesordnung dar und sind jeder-zeit zulässig, also vor oder zu Beginn aber auch während der Versammlung zu allen oder zu einzelnen (noch anstehenden) Tagesordnungspunkten.

1 OLG Köln NJW 2000, 3580.

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GO-Beschluss zu den Formalien der konkreten Versammlung

2

Anderes gilt jedoch dann, wenn Regelungen zum Ablauf bzw. zur Verfahrens-weise nicht für die konkrete, sondern für künftige Versammlungen generell und mit Dauerwirkung beschlossen werden sollen. Hier ist – wie im Übrigen auch – eine konkrete (schlagwortartige) Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Ladung (z. B. Rauchverbot in künftigen Versammlungen) unter Einhaltung der Frist des § 24 Abs. 4 zu beachten (siehe hierzu Antragsmuster M III.11).

3. Antragsmuster

Zur Geschäftsordnung der heutigen Versammlung wird Folgendes festge-legt:

1. Für die Dauer der Versammlung herrscht im Versammlungssaal Rauchver-bot. Eine Raucherpause von 15 Minuten erfolgt nach zwei Stunden Ver-sammlungsdauer.

2.Die Abstimmungen erfolgen zu allen TOP – sofern durch einen Versamm-lungsteilnehmer nichts anderes beantragt wird – in offener Abstimmung per Handzeichen. Nur soweit sich nach diesem Abstimmungsmodus keine eindeutige Mehrheit ergibt, wird eine Stimmauszählung nach Miteigen-tumsanteilen durchgeführt.

3.Versammlungsteilnehmer, die die Versammlung vor der Beendigung durch den Versammlungsleiter verlassen, sind verpflichtet sich beim Versamm-lungsleiter abzumelden, damit ggf. eine erneute Überprüfung der Be-schlussfähigkeit möglich ist.

4.TOP 3 (Wiederbestellung der Verwaltung) ist erst nach Behandlung der übrigen TOP aufzurufen.

Zum Versammlungsleiter für TOP 3 wird Frau Y als Vorsitzende des Ver-waltungsbeirats bestimmt. Sie führt auch das Protokoll hierzu. Der Verwal-ter hat zu diesem TOP den Versammlungsraum zu verlassen.

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M III. 1

3

Die maximale Redezeit beträgt zu TOP 3 fünf Minuten. Die Versamm-lungsleiterin ist berechtigt, einem Versammlungsteilnehmer das Wort zu entziehen, wenn dieser die Redezeit überzieht.

Bei Überschreitung der Redezeit und/oder sonstigen Störungen der Ver-sammlung zu diesem TOP ist die Versammlungsleiterin berechtigt, Teilneh-mer abzumahnen sowie nach zweimaliger Abmahnung einen Geschäfts-ordnungsbeschluss zum Ausschluss des Störers aus der Versammlung herbeizuführen.

4. Anmerkungen

Unter Geschäftsordnungsbeschlüssen sind solche Beschlüsse zu verstehen, die den Verfahrensablauf sowie das Ob und Wie der Beschlussfassung in der Versammlung regeln.

Die Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 24 Abs. 5 WEG, wonach der Verwalter den Vorsitz führt, sofern die Versammlung nichts anderes be-schließt. Wenn die Eigentümer das Recht haben, den gesetzlich vorgese­henen Versammlungsleiter anderweitig zu bestimmen, so können sie auch über die übrigen Formalitäten der Versammlung beschließen.

Denkbar sind viele Regelungsgegenstände, insbesondere die Umstellung der Tagesordnung, die Wahl eines alternativen Versammlungsleiters für die ganze Versammlung bzw. für einen/einige TOP oder auch Vorgaben zum Essen/Trinken/Rauchen/Handygesprächen etc.

Antragsberechtigt ist zum einen der Versammlungsleiter, der den ordnungs­gemäßen Ablauf der Versammlung sicherzustellen hat, aber auch jeder stimmberechtigte Teilnehmer der Versammlung.

Der Verwalter/Versammlungsleiter ist verpflichtet, über Anträge zur Ge-schäftsordnung abstimmen zu lassen. Aus der Natur der Sache heraus er­gibt sich, dass die Anträge zur Geschäftsordnung vor den Sachanträgen zu behandeln und zu beschließen sind.

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GO-Beschluss zu den Formalien der konkreten Versammlung

4

Wird eigentümerseits ein Antrag zur Geschäftsordnung gestellt, ist der Versammlungsleiter dafür verantwortlich, dass der Beschluss auch hinrei­chend bestimmt ist, er hat also ggf. Formulierungshilfe zu leisten.

Nach der Abstimmung zu einem Antrag zur Geschäftsordnung hat der Ver­sammlungsleiter das Beschlussergebnis zu verkünden, insbesondere fest­zustellen ob der Antrag angenommen wurde oder nicht.

Wird ein reines Beschlussprotokoll erstellt, müssen Gemeinschaftsord­nungsbeschlüsse dort nicht aufgenommen werden. Allerdings ist das gleichwohl sinnvoll, um im Falle einer späteren Anfechtungsklage ggf. den Nachweis führen zu können, auf welcher formellen Grundlage die Sach­beschlüsse gefasst wurden. In der Beschlusssammlung sind Geschäfts­ordnungsbeschlüsse nicht zu vermerken, da diese sich mit Ablauf der Versammlung erledigen und damit keine Wirkung gegen den Sonderrechts­nachfolger entfalten.

Ist der Verwalter nicht selbst Eigentümer, steht ihm kein eigenes Teil-nahmerecht an der Versammlung zu. Ein solches ergibt sich lediglich aus seiner Funktion als Versammlungsleiter. Bestimmen also die Eigentümer zu einzelnen oder zu allen TOP einen anderweitigen Versammlungsleiter, kann der Verwalter wirksam von der Teilnahme an der Versammlung aus­geschlossen werden2.

Zum Abstimmungsverfahren enthält das Gesetz keine Regelungen, solche können jedoch in der Gemeinschaftsordnung vereinbart sein. Ist dies nicht der Fall, können die Versammlungsteilnehmer auf Vorschlag des Versamm­lungsleiters oder aus eigener Initiative die Verfahrensweise vorgeben3.

Die Umstellung der Tagesordnung kann jederzeit beschlossen werden. Auch eine Beschränkung der Redezeit (siehe hierzu M III. 7) ist zumindest im Einzelfall grundsätzlich möglich, ebenso ein grundsätzliches Rauchver-bot4, Regelungen zur Handynutzung, zum Essen, Trinken etc.

2 Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 99 zu § 24.3 KG ZMR 1985, 105.4 LG Dortmund ZWE 2014, 127.

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M III. 1

5

Beantragt ein Teilnehmer ein Rauchverbot, ohne dass diesem Antrag von der Versammlung nachgekommen wird, kann er sämtliche Beschlüsse an­fechten, wenn er geltend macht, er habe deswegen die Versammlung aus Gesundheitsgründen verlassen5.

Gerade bei Versammlungen mit einer hohen Teilnehmeranzahl und u. U. knapper Beschlussfähigkeit besteht die Gefahr, dass die Versammlung im Verlauf beschlussunfähig wird, wenn Eigentümer (ggf. unbemerkt vom Versammlungsleiter) ihre Teilnahme beenden. Ein Geschäftsordnungsbe­schluss, wonach sich Teilnehmer beim Versammlungsleiter abzumelden haben, ist in solchen Fällen sicherlich sinnvoll, denn die Beschlussfähig­keit muss nicht nur zu Beginn der Versammlung vorliegen, sondern bei jeder einzelnen Abstimmung6 gegeben sein.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Es gilt das vereinbarte bzw. gesetzliche Stimmrechtsprinzip. Geschäftsord­nungsbeschlüsse können mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

6. Anfechtungsrisiken

Geschäftsordnungsbeschlüsse, die ausschließlich Angelegenheiten der lau­fenden Versammlung regeln, sind nicht selbstständig anfechtbar, denn sie erledigen sich mit dem Ende dieser Versammlung.

Dies gilt aber dann nicht, wenn eine generell gültige Geschäftsordnung für künftige Versammlungen beschlossen werden soll (siehe Muster M III. 11). Hierfür sind zum einen die allgemeinen Beschlusserfordernisse (Ankün­digung in der Einladung/Aufnahme in das Protokoll bzw. die Beschluss­sammlung) zu beachten und zum anderen können solche Beschlüsse voll­umfänglich zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden. Werden solche dauerhaften Regelungen nicht angefochten, erwachsen sie jedoch in Bestandskraft, selbst wenn sie rechtswidrig sind.

Geschäftsordnungsbeschlüsse sind wie alle Beschlüsse objektiv­normativ auszulegen, d. h. die subjektiven Vorstellungen der Versammlungsteilneh­

5 OLG Köln ZMR 2000, 866.6 BayObLG WE 1990, 140.

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GO-Beschluss zu den Formalien der konkreten Versammlung

6

mer sind unbeachtlich. Die mögliche Auslegung eines Geschäftsordnungs­beschlusses dahingehend, dass dieser auch für künftige Versammlungen gelten soll, ist daher durch eine entsprechende Formulierung zu vermei­den7. Vorliegend ist das beispielhaft durch Satz 1 des Beschlussmusters si­chergestellt.

Auch wenn Gemeinschaftsordnungsbeschlüsse (zur laufenden Versamm­lung) nicht eigenständig angefochten werden können, haben sie u. U. doch Auswirkungen auf die Sachbeschlüsse. Daher können Sachbeschlüsse mit dem Argument angefochten werden, dass diese auf einem rechtswidrigen Geschäftsordnungsbeschluss beruhen und sich die Rechtswidrigkeit auf den Sachbeschluss ausgewirkt hat.

Wurde z. B. die Begleitperson eines Eigentümers zu Unrecht von der Teil­nahme ausgeschlossen, können sämtliche danach gefassten Sachbeschlüsse vom Gericht für ungültig erklärt werden, wobei die Kausalitätsvermutung gilt, dass sich der formale Mangel auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat. Die Beweislast, dass dies nicht der Fall war, liegt bei den Beklagten der Anfechtungsklage, also bei den übrigen Miteigentümern.

Erkennt also der Verwalter als Versammlungsleiter in diesem Fall die recht­liche Fragwürdigkeit eines Geschäftsordnungsbeschlusses, sollte er ei­nen diesbezüglichen Bedenkenhinweis erteilen und auch protokollieren. Weiter ist zu empfehlen, die Abstimmung von rechtlich fragwürdigen Ge­schäftsordnungsbeschlüssen namentlich durchzuführen, sofern eine Aus­wirkung auf Sachbeschlüsse zu befürchten ist, denn auch für rechtswidrige Geschäftsordnungsbeschlüsse haften diejenigen Eigentümer, die nicht da­gegen gestimmt haben.

7 vgl. dazu LG Frankfurt/Main ZWE 2014, 408.

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11

Musterbeschlussantrag M III. 2: Gemeinschaftsordnungsbeschluss zur Erweiterung der Tages­ordnung um einen nicht in der Ladung angekündigten TOP

1. Regelungsbedarf

Eigentümer X erklärt in der Versammlung, dass das Treppenhaus dringend gestrichen werden müsse. Er habe mit mehr als einem Viertel der Miteigen­tümer darüber gesprochen, die ebenfalls nicht bis zur nächsten ordentli­chen Versammlung über die Entscheidung zum Neuanstrich warten wollen. Er habe ferner drei Angebote eingeholt, die er heute vorlegen werde, so dass zugleich über die Beauftragung der Malerfirma entschieden werden kann. Der Verwalter regt die Abhaltung einer a. o. Versammlung an, weil dieser TOP in der Einladung nicht angekündigt worden sei. Dies wird von X abge­lehnt, da hierfür eine Sondervergütung für den Verwalter zu zahlen wäre. Nach § 24 Abs. 2 WEG habe er Anspruch auf Behandlung und Beschluss­fassung. Er stellt daher den Antrag zur Geschäftsordnung, den TOP „Neu­anstrich des Treppenhauses und Beauftragung einer von der Versammlung zu bestimmenden Malerfirma hierfür“ ad hoc aufzunehmen und darüber heute Beschluss zu fassen.

2. Formulierung TOP Einladung

Entfällt, siehe Musterantrag M III.1

3. Antragsmuster

Die Tagesordnung der heutigen Versammlung wird auf Antrag des Eigen-tümers X um den TOP Neuanstrich des Treppenhauses erweitert. Antrags-gemäß soll über die von Herrn X hierzu eingeholten drei Angebote beraten und Beschluss zur Beauftragung einer der ausgewählten Firmen durch die Verwaltung gefasst werden.

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GO-Beschluss nicht in Ladung angekündigter TOP

2

4. Anmerkungen

Nach § 24 Abs. 4 S. 2 WEG beträgt die Ladungsfrist zur Eigentümerver­sammlung mindestens zwei Wochen. Ist eine längere Ladungsfrist in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, gilt diese. Ohne Ankündigung in der La­dung kann allenfalls über Angelegenheiten Beschluss gefasst werden, die von völlig untergeordneter Bedeutung sind1

Die Verkürzung der Ladungsfrist durch den Verwalter kann dann gerecht­fertigt sein, wenn ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt. Dies ist der Fall, wenn zwar noch kein unmittelbar drohender Schaden abgewendet werden muss, jedoch die Einhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Ladungsfrist zu lange erscheint, um eine rechtzeitige Beschlussfassung her­beizuführen2. Das ist im vorliegenden Beispiel offensichtlich nicht der Fall.

Unbeachtlich ist der Hinweis des Eigentümers X auf das sog. Minderhei­tenquorum des § 24 Abs. 2, 2. HS WEG. Auch bei dieser Vorgehensweise ist die gesetzliche bzw. vereinbarte Ladungsfrist einzuhalten.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die einfache Mehrheit genügt zur Annahme des Antrags.

6. Anfechtungsrisiken

Der Geschäftsordnungsbeschluss selbst ist nicht anfechtbar, wohl jedoch der auf dieser Grundlage gefasste Sachbeschluss. Der Verwalter hat auch hier tunlichst seinen Aufklärungs­ und Hinweispflichten nachzukommen und einen entsprechenden Bedenkenhinweis sowohl zu erteilen, zu proto-kollieren sowie eine namentliche Abstimmung durchzuführen:

1 OLG Hamm WE 1993, 111.2 Steinmeyer in Timme, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage, RdNr. 59 zu § 24 WEG.

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M III. 2

3

Der Versammlungsleiter gibt zum Antrag des Eigentümers X zu bedenken, dass die Ergänzung der Tagesordnung und ein darauf beruhender Sach-beschluss (Neuanstrich des Treppenhauses) in der heutigen Versammlung mangels Ankündigung in der Einladung rechtswidrig und daher anfechtbar wäre. Im Falle einer Anfechtung wird das Gericht den Beschluss aller Vo-raussicht nach für ungültig erklären und die Kosten des Rechtsstreits den beklagten Eigentümern auferlegen.

Nicht zwingend, jedoch zu empfehlen, ist ein weiterer ergänzender Hin­weis zur Haftung der Eigentümer für ihr Stimmverhalten:

Der Versammlungsleiter weist weiter darauf hin, dass die Eigentümer für ihr Stimmverhalten grundsätzlich haften und daher auf Versammlungs-teilnehmer, die dem Antrag zur Geschäftsordnung zustimmen oder sich enthalten, Regressansprüche der übrigen Eigentümer zukommen könnten. Die Abstimmung erfolgt daher namentlich.

Anders sieht die Rechtslage aus, wenn in einer sog. Vollversammlung sämt­liche Eigentümer anwesend sind. Hier können die Eigentümer grundsätz­lich wirksam auf Formalien der Einberufung verzichten und somit auch ad hoc einen Sachbeschluss zu einem nicht in der Einladung angekündigten Gegenstand fassen.

Allerdings ist auch insoweit Vorsicht geboten. Die bloße Teilnahme eines Eigentümers an der Versammlung, sein Schweigen zur beabsichtigten Er­weiterung der Tagesordnung sowie seine Mitwirkung an der Abstimmung indiziert für sich allein noch keine Zustimmung zum Verzicht auf die Ein-haltung der gesetzlichen vorgeschriebenen Formalien3. Darauf, dass mit der Zustimmung zur Behandlung des TOP „Neuanstrich Treppenhaus“ ein Verzicht auf die Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften verbunden ist, sollte der Versammlungsleiter daher gesondert hinweisen (und den Hin­weis protokollieren):

3 Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 99 zu § 23.

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GO-Beschluss nicht in Ladung angekündigter TOP

4

Der Versammlungsleiter gibt zum Antrag des Eigentümers X zu bedenken, dass die Ergänzung der Tagesordnung und ein darauf beruhender Sachbe-schluss (Neuanstrich des Treppenhauses) nicht in der Einladung angekün-digt wurde. Da jedoch alle Eigentümer anwesend sind, ist eine Beschluss-fassung zu diesem Punkt dann möglich, wenn sich alle Anwesenden mit der Behandlung und Beschlussfassung unter Verzicht auf die form- und fristgerechte Ankündigung dieses TOP einverstanden erklären.

AchtungDiese Lösungsmöglichkeit scheidet dann aus, wenn ein oder mehrere Ei-gentümer nicht persönlich anwesend, sondern lediglich vertreten sind, denn die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten beschränkt sich natur­gemäß ausschließlich auf die in der Ladung angekündigten TOP.

PraxistippLiegt keine Vollversammlung vor, will die Mehrheit der Eigentümer aber gleichwohl eine möglichst schnelle Beschlussfassung ohne Abhaltung einer außerordentlichen Versammlung zu der sie wieder erscheinen müssten, bietet sich in kleineren Gemeinschaften ein anderes Procedere zur Um-schiffung des Ankündigungsmangels wie folgt an:

In der Versammlung wird das Beschlussthema zur Meinungsbildung le-diglich besprochen und vereinbart, dass der Verwalter form- und fristge-recht zu einer außerordentlichen Versammlung in seine Büroräume einlädt, wofür ihm die Eigentümer Vollmachten mit entsprechenden Weisungen erteilen. Der Verwalter kann dann den entsprechenden Beschluss im Wege einer sog. Einmannversammlung fassen und protokollieren.

Diese Vorgehensweise kann auch dann sinnvoll sein, wenn die Versamm-lung beschlussunfähig ist/wird und die Eigentümer es vermeiden wollen, zu einer Wiederholungsversammlung erscheinen zu müssen.

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11

Musterbeschlussantrag M III. 3: Absetzung eines angekündigten Tagesordnungspunkts

1. Regelungsbedarf

Auf Antrag des Eigentümers X hin hat der Verwalter in der Einladung zur Versammlung unter TOP 4 das Beschlussthema „Neuanstrich des Treppen­hauses“ angekündigt. Eigentümer Y ist der Meinung, dass diese Maßnahme noch 2–3 Jahre warten kann, zumal im nächsten Jahr dringliche Sanierungs­arbeiten an der Tiefgarage anstehen, für die ohnehin nicht genügend Rück­lagen vorhanden sind und beantragt daher TOP 4 von der Tagesordnung der heutigen Versammlung abzusetzen.

2. Formulierung TOP Einladung

Entfällt, siehe Musterantrag M III. 1.

3. Antragsmuster

Die Behandlung des Tagesordnungspunktes 4 (Neuanstrich des Treppen-hauses) wird abgesetzt. Es findet in der heutigen Versammlung hierzu keine Beschlussfassung statt. (ggf.: Der Verwalter wird angewiesen, die-se Maßnahme auf die Tagesordnung der ordentlichen Versammlung im Jahr… zu setzen.)

4. Anmerkungen

Der Eigentümerversammlung steht grundsätzlich das Recht zu, auf die Erör­terung eines angekündigten TOP und eine entsprechende Beschlussfassung zu verzichten.

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Absetzung angekündigter Tagesordnungspunkt

2

AchtungAnders stellt sich die Lage dar, wenn der Eigentümer X Antrag auf Be-schlussfassung zu einer bestimmten Maßnahme gestellt hat, auf die er Anspruch hat, weil eine Unterlassung dieser Maßnahme den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Verwaltung widersprechen würde. Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn Eigentümer X beantragt, eine Beschlussfassung zur In-standsetzung der Fassade herbeizuführen, weil dort Wasser eindringt und Schimmelbildung in seiner Wohnung verursacht.

X kann in einem solchen Fall zwar nicht gegen den Geschäftsordnungs-beschluss, mit dem der TOP abgesetzt wird, vorgehen, doch steht ihm die Möglichkeit einer Regelungsklage gem. § 21 Abs. 8 i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG offen. Hat Eigentümer X einen Anspruch auf positive Beschlussfas­sung, kann auch die Absetzung dieses TOP durch Geschäftsordnungs­beschluss wieder zur Haftung derjenigen Eigentümer auf Schadensersatz führen, die für die Absetzung gestimmt oder sich enthalten haben1.

Der Verwalter ist in diesem Fall gehalten, einen entsprechenden Beden­kenhinweis zu erteilen und eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Der Verwalter weist darauf hin, dass der Eigentümer X gem. § 21 Abs. 4 WEG Anspruch auf Instandsetzung der Fassade hat. Nach der Rechtspre-chung des BGH machen sich daher diejenigen Eigentümer schadensersatz-pflichtig, die für die Absetzung dieses TOP stimmen oder sich enthalten. Die Abstimmung zu diesem Antrag zur Geschäftsordnung erfolgt deshalb namentlich. Weiter macht der Verwalter darauf aufmerksam, dass Eigentü-mer X Klage auf Durchführung der Instandsetzung erheben kann, wodurch Verfahrenskosten in erheblicher Höhe zu Lasten der übrigen Eigentümer anfallen können.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Absetzung eines angekündigten TOP kann mit einfacher Mehrheit be­schlossen werden.

1 BGH ZWE 2015, 88.

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M III. 3

3

6. Anfechtungsrisiken

Der Geschäftsordnungsbeschluss auf Absetzung eines TOP ist nicht selbst­ständig anfechtbar (siehe aber Ziffer 4).

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Musterbeschlussantrag M III. 4: Zulassung eines externen Beraters der Gemeinschaft zur Teilnahme an der Versammlung

1. Regelungsbedarf

Unter TOP 5 ist in der Einladung die Behandlung und Beschlussfassung des Themas Instandsetzung der Betonstützen der Tiefgarage angekündigt. Da die Maßnahme kompliziert und kostenintensiv ist, will der Verwalter zur Beratung der Eigentümer in der Versammlung den Fachingenieur Z beizie­hen. Er hat aber Bedenken, ob dies nicht gegen den Grundsatz der Nichtöf­fentlichkeit verstößt. Außerdem fragt er sich, ob er die geplante Teilnahme in der Einladung ankündigen muss.

2. Formulierung TOP Einladung

Die vom Verwalter beabsichtigte Teilnahme des Ingenieurs Z zu TOP 5 der Ver-sammlung bedarf keiner Ankündigung in der Ladung1.

3. Antragsmuster

Herr Dipl. Ing. Z wird zu TOP 5 die Teilnahme an der Versammlung gestat-tet, um die Eigentümer zum Thema Instandsetzung der Betonstützen in der Tiefgarage zu beraten und für Fragen zur Verfügung zu stehen.

4. Anmerkungen

Für Eigentümerversammlungen gilt der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit. Daher sind ausschließlich zum Zeitpunkt der Versammlung im Grund­buch eingetragene Eigentümer teilnahmeberechtigt. Eine Ausnahme lässt

1 BayObLG NZM 2004, 388.

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Zulassung externer Berater zur Teilnahme an Versammlung

2

die Rechtsprechung für den Fall zu, dass ein Sonderfachmann bei konkre-tem Bedarf im Interesse aller Eigentümer an der Versammlung teilnehmen soll2, um die Versammlungsteilnehmer zu beraten und so eine sachgerechte Beschlussfassung zu ermöglichen. Der Bedarf muss weiterhin gerade in der Versammlung bestehen.

Am erforderlichen Interesse aller Eigentümer fehlt es jedoch, sofern es sich bei dem Beschlussgegenstand um einen konkreten Interessensgegensatz zwischen einem einzelnen Eigentümer und der Gesamtheit der übrigen Ei­gentümer handelt3.

Allerdings wird der Verwalter als Versammlungsleiter zu beachten haben, dass die Teilnahme des gemeinschaftsfremden Beraters nicht das notwen­dige Maß überschreitet. Unzulässig wäre es demnach, der Beratungsperson die Teilnahme an der gesamten Versammlung zu gestatten, wenn dort auch weitere Beschlussgegenstände behandelt werden, die nicht der Anwesen­heit des Beraters bedürfen. So ist es zwar unschädlich, wenn der Berater auch noch bei der Beschlussfassung zugegen ist4, ist jedoch der Beratungs­bedarf gedeckt, sollte der Berater aus der Versammlung entlassen werden, damit den Eigentümern eine weitere Erörterung und die Beschlussfassung in Abwesenheit gemeinschaftsfremder Dritter ermöglicht wird.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Zulassung der Teilnahme einer Beratungsperson an der Versamm­lung im Interesse aller Eigentümer genügt die einfache Mehrheit.

6. Anfechtungsrisiken

Der Geschäftsordnungsbeschluss, mit dem einem externen Berater die Teil­nahme gestattet wird, ist selbstständig nicht anfechtbar. Sofern die unter Ziffer 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, wird auch eine Anfech­tung eines darauf beruhenden Sachbeschlusses keinen Erfolg haben.

2 OLG Köln NZM 2009, 787.3 BayObLG NZM 2004, 388; OLG Köln a.a.O.4 OLG Köln a.a.O.

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Musterbeschlussantrag M III. 5: Zulassung sonstiger gemeinschaftsfremder Dritter zur Teilnahme an der Versammlung

1. Regelungsbedarf

Der Verwalter bemerkt vor Eröffnung der Versammlung im Versammlungs­raum mehrere Personen, die offensichtlich nicht Eigentümer in der Wohn­anlage sind. Er fordert Anwesende dazu auf, den Versammlungsraum zu verlassen, sofern sie nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind.

Daraufhin beantragt Eigentümer A zur Geschäftsordnung, dem neben ihm sitzenden B die Teilnahme an der Versammlung zu gestatten. Es hande­le sich um seinen Neffen, dem er in Kürze seine Wohnung überschreiben werde. Er solle in dieser Versammlung auch sein Recht zur Abstimmung wahrnehmen. Eigentümerin C beantragt Herrn D zur Teilnahme zuzulas­sen, da er ihr frisch angetrauter Ehegatte sei und jetzt auch in ihrer Woh­nung lebe. Eigentümer E erklärt, dass neben ihm sein Rechtsanwalt F sitze, für den er die „Teilnahmeberechtigung“ beantrage, da bekanntermaßen die Gemeinschaft zerstritten sei und er daher grundsätzlichen Beratungsbedarf habe. Eigentümerin G, eine ungarische Staatsbürgerin die erst vor Kurzem die Wohnung erworben hat, macht geltend sie sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig und benötige den mitgebrachten Dolmetscher H. Sie beantragt zur Geschäftsordnung, H deswegen die Teilnahme an derVersammlung zu erlauben.

2. Formulierung TOP Einladung

Entfällt aus der Natur der Sache heraus.

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Zulassung Dritter zur Teilnahme an Versammlung

2

3. Antragsmuster

a) Herrn B wird auf Antrag des Eigentümers A die Teilnahme an derVersammlung als Zuhörer gestattet, aufgrund der Tatsache, dass essich um den Neffen des Herrn A handelt, der in Kürze Eigentümer derWohnung werden soll.

b) Herrn D als Ehemann der Eigentümerin C wird auf Antrag der Eigentü-merin C die Teilnahme an der Versammlung als Zuhörer gestattet.

c) Herrn Rechtsanwalt F wird auf Antrag des Eigentümers E die Teilnah-me an der Versammlung ausschließlich zum Zwecke der Beratung desHerrn E gestattet. Ein Rede- und Antragsrecht ist mit der Gestattungnicht verbunden.

d) Herrn H wird als Dolmetscher für Frau G die Teilnahme an der Ver-sammlung gestattet unter der Voraussetzung, dass Frau G und HerrH am Ende der Versammlungsrunde Platz nehmen, um die Durchfüh-rung der Versammlung durch die laufende Übersetzungstätigkeit nichtzu stören.

1. Anmerkungen

Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit von Eigentümerversammlungen er­gibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern wurde von der Rechtsprechung entwickelt1. Er wird aus § 23 Abs. 1 WEG hergeleitet, wonach die Be­schlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer erfolgt. Die Eigentümer sollen ihre Angelegenheiten unbeeinflusst von Dritten re­geln können2 und haben Anspruch darauf, dass interne Angelegenheiten vertraulich bleiben3.

Die Teilnahme von Begleitpersonen der Eigentümer an der Versammlung verletzt den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit und ist daher unzulässig.

1 BGH NJW 1993, 1329.2 LG München I ZWE 2013, 415.3 BayObLG NZM 2002, 616.

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M III. 5

3

Nicht zulässig ist es auch, dass Eigentümer eine Begleitperson mitbringen, der sie ihr Stimmrecht übertragen, während sie selbst ebenfalls an der Ver­sammlung teilnehmen wollen. Auch Ehegatten, die nicht Miteigentümer sind, besitzen kein Teilnahmerecht.

Die anwaltliche Beratung eines einzelnen Miteigentümers begründet eben­falls kein Teilnahmerecht des Beraters, unabhängig davon, ob der Berater einer beruflichen Schweigepflicht unterliegt oder nicht. Vielmehr ist der Eigentümer verpflichtet, eventuellen Beratungsbedarf vor der Versammlung anhand der TOP in der Einladung zu verwirklichen. In diesem Zusammen­hang kann auch nicht geltend gemacht werden, dass es sich um eine zer­strittene Gemeinschaft handelt.Dies mag im Einzelfall anders zu beurteilen sein, sofern der Beschlussge­genstand besonders schwierig ist und den jeweiligen Eigentümer im be­sonderen Maße betrifft4, was aber auf absolute Ausnahmefälle beschränkt bleibt.

Hat ein Eigentümer objektiven Bedarf an der Hinzuziehung einer Begleit-person, ist diese auch zur Teilnahme an der Versammlung zuzulassen. Ein solcher Fall ist z. B. gegeben bei einem Eigentümer in hohem Alter oder mit geistigen Gebrechen, wodurch eine konkrete Unterstützung zur Wahrneh­mung seiner Eigentümerrechte erforderlich ist.

Nachdem immer mehr Käufer aus dem Ausland Wohnungseigentum in Deutschland erwerben, gewinnt die letztgenannte Fallgestaltung zuneh­mend an Bedeutung. Hat der Eigentümer keine ausreichenden Deutsch-kenntnisse, kann er (selbstverständlich auf eigene Kosten) die Zulassung der Teilnahme eines Dolmetschers für die Versammlung verlangen. Ein ablehnender Gemeinschaftsordnungsbeschluss würde seine elementaren Rechte als Eigentümer unzulässig einschränken.Muss – wie im vorliegenden Fall durch eine laufende Simultanübersetzung – eine Störung der Konzentration der übrigen Versammlungsteilnehmer be­fürchtet werden, sollten gegen einen Beschlussbestandteil, der diese Stö­rung minimiert, keine begründeten Einwendungen zu befürchten sein.

Wenn, wie im genannten Beispiel, die Teilnahmeberechtigung mehrerer gemeinschaftsfremder Personen aus unterschiedlichen Gründen beantragt

4 OLG Köln WuM 2009, 547, das die Teilnahme eines Rechtsanwalts des Eigentümers für zulässig erachtete, weil es um die Entziehung des Wohnungseigentums gem. § 18 ging.

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Zulassung Dritter zur Teilnahme an Versammlung

4

wird, sind getrennte Beschlussfassungen notwendig. Jeder Antrag bedarf der Einzelbetrachtung dahingehend, ob ein Anspruch auf Teilnahmebe-rechtigung der Begleit- bzw. Beratungsperson besteht oder nicht.

2. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Siehe Musterantrag M III. 4.

3. Anfechtungsrisiken

Wird eine unberechtigte Teilnahme nicht während der Versammlung er­kannt, dürfte dies im Anfechtungsfall meist folgenlos bleiben. Denn nach herrschender Meinung kann ein anfechtender Eigentümer seine Klage nur dann auf die Verletzung des Nichtöffentlichkeitsgrundsatzes stützen, wenn er die Anwesenheit des Nichteigentümers in der Versammlung gerügt hat5. Oftmals wird gerade die Teilnahme von Ehegatten rügelos hingenommen, obwohl deren Nichteigentümereigenschaft bekannt ist.

Erfolgt jedoch eine Rüge wegen der Anwesenheit einer gemeinschaftsfrem­den Person, ist der Verwalter als Versammlungsleiter gut beraten, nicht selbst über die weitere Anwesenheit zu entscheiden, sondern einen Ge­schäftsordnungsbeschluss darüber herbeizuführen, denn die Zulassung oder die Ablehnung von Begleit­ und Beratungspersonen ist heikel, beson­ders wenn Verwalter und Eigentümer unvermittelt mit der Frage konfron­tiert werden. Sowohl die unzulässig erteilte Teilnahmeberechtigung wie auch eine ungerechtfertigte Ablehnung können zur erfolgreichen Anfech-tung sämtlicher Versammlungsbeschlüsse führen.

Zur Begrenzung seiner eigenen Haftung sollte also der Verwalter als Ver­sammlungsleiter in einem solchen Fall die Eigentümer zunächst über die Rechtslage aufklären und dann einen Bedenkenhinweis (etwa wie folgt) erteilen:

5 LG München I ZMR 2015, 490; OLG Hamburg ZMR 2007, 550.

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M III. 5

5

Der Verwalter weist darauf hin, dass für Eigentümerversammlungen der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit besteht. Personen, die zum Zeitpunkt der Versammlung nicht als Eigentümer einer Wohnung der Anlage im Grundbuch eingetragen sind, haben daher kein Recht, an der Versamm-lung teilzunehmen. In Ausnahmefällen kann dann ein Anspruch eines Eigentümers auf die Teilnahme einer Begleit- bzw. Beratungsperson be-stehen, wenn dieser andernfalls gehindert ist, seine Rechte angemessen wahrzunehmen. Ob dies bei den Personen B, D, F und H der Fall ist, kann durch den Verwalter derzeit weder sachlich noch rechtlich mit hinreichen-der Sicherheit beurteilt werden.

Die Versammlung wird darauf hingewiesen, dass sowohl der Ausschluss von Begleit- bzw. Beratungspersonen zur erfolgreichen Anfechtung sämt-licher Beschlüsse führen kann wie auch die Zulassung von Personen, denen kein Recht zusteht, an der Versammlung teilzunehmen, wobei im Falle einer erfolgreichen Klage den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf-erlegt werden.

Klarstellend sollte in einen Gemeinschaftsordnungsbeschluss zur Teilnah­me einer gemeinschaftsfremden Person aufgenommen werden, ob diese nur als Zuhörer/Berater zugelassen ist oder ob ihr auch ein Rederecht einge­räumt wird.

Im Falle einer Anfechtungsklage obliegt dem Kläger die Beweislast für den Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit, den übrigen Eigentü­mern als Beklagte die Beweislast für die fehlende Kausalität6, wobei Letzte­re insbesondere dann in Frage stehen kann, wenn sich der gemeinschafts­fremde Teilnehmer weder an der Diskussion noch an den Abstimmungen beteiligt hat7.

6 OLG Celle NZM 205, 308.7 OLG Hamm ZMR 1996, 677; AG Hersbruck ZWE 2012, 480.

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Musterbeschlussantrag M III. 6: Ausschluss eines Versammlungsteilnehmers von der Teilnahme

1. Regelungsbedarf

Der Eigentümer X ist sehr aufgebracht, weil sein Antrag auf Errichtung ei­nes Gartenhauses abgelehnt wurde. Er stört den weiteren Versammlungsab­lauf erheblich, indem er ständig den anderen Teilnehmern in das Wort fällt und unsachliche Zwischenrufe tätigt.

2. Formulierung TOP Einladung

Entfällt aus der Natur der Sache heraus.

3. Antragsmuster

Herr X wird (wegen fortgesetzter Störung der Versammlung durch un-sachliche Zwischenrufe) von der weiteren Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen. Herr X wird hiermit aufgefordert, den Tagungsraum zu verlassen.

4. Anmerkungen

Der Ausschluss von der Versammlung, und die damit verbundene Entzie­hung seines Stimmrechts stellt einen massiven Eingriff in den Kernbereich der elementaren Mitgliedschaftsrechte eines Eigentümers dar. Ein Aus­schluss darf daher nicht schon deswegen erfolgen, weil ein Eigentümer sich mit seinen Hausgeldzahlungen in Verzug befindet, auch wenn dies in der Gemeinschaftsordnung vereinbart sein sollte1. Ob ein unberechtigter

1 BGH NZM 2011, 246.

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Ausschluss Versammlungsteilnehmer von Teilnahme

2

Ausschluss zur Nichtigkeit oder lediglich zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse führt, ließ der BGH dabei offen. Das LG Dortmund geht zumin­dest dann von einer Nichtigkeit aus, wenn der Ausschluss vorsätzlich un­berechtigt erfolgt2. Dies sei vergleichbar mit einer bewussten Nichtladung eines Eigentümers. Im Übrigen dürfte mit der herrschenden Rechtsmeinung lediglich die Anfechtbarkeit anzunehmen sein.

Nicht unberechtigt ist ein Ausschluss dann, wenn schwerwiegende Grün-de vorliegen, die diesen rechtfertigen. Das ist dann der Fall, wenn ein Ver­sammlungsteilnehmer trotz Androhung des Ausschlusses die Versammlung stört oder fortgesetzt gegen Redezeitbegrenzungen verstößt (siehe hierzu auch Muster M III. 7).

Notwendig ist es zunächst, den Störer zu ermahnen bzw. abzumahnen. Spätestens mit der zweiten Abmahnung sollte vom Verwalter ausdrück­lich angekündigt werden, im Fortsetzungsfall einen Geschäftsordnungsbe­schluss über den Ausschluss herbeizuführen.

Wird ein persönlich anwesender Eigentümer mit weiteren Stimmrechts­vollmachten von der Versammlung zu Recht ausgeschlossen, kann er sich nicht darauf berufen, er habe nunmehr aufgrund der Vollmachten ein wei­teres Teilnahmerecht für die von ihm Vertretenen.

Ob der Beschlussantrag lediglich den unmittelbaren Regelungsgehalt (= Ausschluss) oder auch die Begründung hierfür umfassen soll, ist m. E. Geschmacksfrage. Inhaltlich legt der Antrag den Beschlussgegenstand fest3 und muss mit hinreichender Bestimmtheit eine durchführbare Regelung enthalten4. Ausreichend wäre insofern der Beschlussinhalt: „Herr X wird von der weiteren Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen.“

Kommt der Störer der Aufforderung zum Verlassen des Versammlungs­raums nicht nach, ist der Verwalter als Versammlungsleiter berechtigt un-mittelbaren Zwang anzuwenden (§§ 227 BGB, 32 StGB)5, allerdings dürfte es sinnvoller sein, das Hausrecht von der Polizei durchsetzen zu lassen.

2 LG Dortmund IMR 2016, 155.3 Drabek in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 17 zu § 23.4 Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 54 zu § 23.5 Vgl. Greiner ZWE 2016, 305.

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M III. 6

3

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für den Ausschluss eines Teilnehmers von der weiteren Versammlung ge­nügt die einfache Mehrheit.

6. Anfechtungsrisiken

Der Geschäftsordnungsbeschluss über den Ausschluss selbst ist nicht an­fechtbar, allerdings ggf. sämtliche Sachbeschlüsse, die nach einem rechts­widrigen Ausschluss des Teilnehmers gefasst werden.

Der Verwalter sollte es vermeiden, selbst den Ausschluss ohne entsprechen­den Geschäftsordnungsbeschluss der Versammlung auszusprechen. Soweit das ggf. angerufene Gericht die Störungen im Nachhinein für nicht massiv genug hält, um einen Ausschluss zu rechtfertigen, droht dem Verwalter die Auferlegung der Verfahrenskosten nach § 49 Abs. 2 WEG.

Die Ermahnung(en)/Abmahnung(en) sind tunlichst zu protokollieren, um im Fall einer Klageerhebung nachweisen zu können, dass der Ausschluss die „ultima ratio“ darstellte.

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Musterbeschlussantrag M III. 7: Redezeitbeschränkung

1. Regelungsbedarf

In einer größeren Gemeinschaft wird eine außerordentliche Eigentümerver­sammlung mit dem einzigen Tagesordnungspunkt „Wärmedämmung der Fassade“ durchgeführt. Schon im Vorfeld hat sich gezeigt, dass eine Viel­zahl von Eigentümern unterschiedliche Meinungen dazu haben. Das sind auch diejenigen Eigentümer, die ihre Bedenken gern mit großer Vehemenz und Langatmigkeit in der Versammlung vortragen. Der Verwalter überlegt, wie er einen geordneten und zügigen Ablauf bewerkstelligen kann.

2. Formulierung TOP Einladung

Wie bei allen Beschlüssen zur Geschäftsordnung ist eine Ankündigung in der Einladung nicht notwendig. Ist aber für den Verwalter absehbar, dass eine Ver-sammlung in angemessener Zeit nicht durchgeführt werden kann, sollte eine Ankündigung des diesbezüglichen Geschäftsordnungsbeschlussantrags in der Einladung erwogen werden, um die Eigentümer darauf hinzuweisen, dass sie sich – möglicherweise durch die vorherige Anfertigung von Notizen – vorbereiten sollten, um in einer eventuell verkürzten Redezeit ihre wesentlichen Argumente darlegen zu können.

3. Antragsmuster

In der vorliegenden Versammlung wird die Redezeit (ggf.: zu TOP …) auf 5 Minuten pro Versammlungsteilnehmer beschränkt. Der Versammlungs-leiter kann in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen. Bei Verstoß gegen die Beschränkung durch Versammlungsteilnehmer erfolgt eine Ermahnung und im Wiederholungsfall eine Abmahnung mit Entziehung des Wortes.

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Redezeitbeschränkung

2

Wird danach weiter bzw. erneut gegen die Beschränkung verstoßen, kann der Versammlungsleiter einen Geschäftsordnungsbeschluss zum Aus-schluss des jeweiligen Teilnehmers herbeiführen.

4. Anmerkungen

Auch in einer Eigentümerversammlung muss der Gleichbehandlungs­grundsatz gewahrt werden. Ausufernde Redebeiträge einiger Eigentümer beschränken das Rederecht anderer Eigentümer, wenn die Versammlung in angemessener Zeit durchgeführt werden soll. Nach herrschender Meinung sind daher Redezeitbeschränkungen grundsätzlich zulässig und können ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen1.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen:

Der Beschluss kann mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

6. Anfechtungsrisiken

Ein Beschluss, wonach die Redezeit zu allen Beschlussthemen (einer Ver­sammlung oder in allen Versammlungen) generell auf eine bestimmte Zeit und ohne Ausnahme begrenzt wird, entspräche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung2. Für begründete Ausnahmefälle muss daher immer eine Erwei­terung der begrenzten Redezeit vorgesehen werden. Entscheidend ist der Einzelfall.

Die Beschränkung muss dem Thema angemessen sein. Bei komplizierteren Sachverhalten wäre eine Begrenzung auf 1–2 Minuten sicherlich zu kurz und damit angreifbar.

Eine Redezeitbeschränkung kann auch ohne Gemeinschaftsordnungsbe­schluss durch den Versammlungsleiter angeordnet werden. Allerdings sind auch für diese Anordnung die obigen Vorgaben zu beachten.

1 LG Frankfurt a.M. ZWE 2014, 408.2 LG Frankfurt a.M a.a.O.

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Musterbeschlussantrag M III. 8: Wahl eines abweichenden Versammlungsleiters/ Protokollführers

1. Regelungsbedarf

Die Eigentümer möchten für die vorliegende Versammlung einen Versamm­lungsleiter und Protokollführer aus dem Eigentümerkreis bestimmen.

2. Formulierung TOP Einladung

Eine Ankündigung in der Ladung zur Versammlung ist nicht notwendig. Der dies-bezügliche Beschluss kann ad hoc in der Versammlung gefasst werden.

3. Antragsmuster

Zum Leiter der heutigen Eigentümerversammlung wird die Beirätin Frau X gewählt und zum Protokollführer Herr Y.

Protokollzusatz:Frau X und Herr Y nehmen die Wahl an und übernehmen nach Verkündung des Beschlusses die Versammlungsleitung bzw. die Protokollführung.

4. Anmerkungen

Dass eine andere Person als der Verwalter zum Versammlungsleiter be­stimmt werden kann, ergibt sich schon aus § 24 Abs. 5 WEG, wonach den Vorsitz der Verwalter führt, sofern die Versammlung „nichts anderes be­schließt“. Hingegen schweigt das Gesetz dazu, von wem die Niederschrift, also das Protokoll zu führen ist. Insoweit bestimmt § 24 Abs. 6 WEG le­diglich, dass dieses vom Versammlungsvorsitzenden zu unterzeichnen ist. Es wird daher vom Gesetz unterstellt, dass dies regelmäßig ebenfalls der

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Wahl abweichender Versammlungsleiter/Protokollführer

2

Vorsitzende zu fertigen hat1. Die Wohnungseigentümer haben aber die Be­fugnis, auch einen anderen (separaten) Protokollführer zu bestimmen, inso­weit kann auch eine abweichende Regelung in der Gemeinschaftsordnung getroffen sein2. Wechselt der Vorsitz während der Versammlung sind beide Vorsitzende für die Fertigung des Protokolls zuständig3.

Die zu bestimmenden Personen müssen aber damit einverstanden sein, die­se Funktion zu übernehmen. Gegen seinen Willen kann kein Miteigentü-mer gezwungen werden, die Versammlung zu leiten oder die Niederschrift zu fertigen.

Die Annahme der Wahl sowie der Zeitpunkt der Übernahme der Funktion sollten daher protokolliert werden.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Beschlussfassung ist mit einfacher Mehrheit möglich.

6. Anfechtungsrisiken

Die Tatsache, dass eine gemeinschaftsfremde Person zum Versammlungs­leiter/Protokollführer bestimmt wird, führt nicht zu deren Teilnahmerecht.

Wird also ein Gemeinschaftsfremder z. B. zum Protokollführer bestimmt, kann zwar der Gemeinschaftsordnungsbeschluss selbst nicht erfolgreich angefochten werden, denn er erledigt sich mit dem Ablauf der Versamm­lung. Jedoch infiziert dieser alle nachfolgenden Beschlüsse mit dem forma­len Mangel des Verstoßes gegen den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz.

Das Teilnahmerecht eines Gemeinschaftsfremden kann demnach nicht da-durch herbeigeführt werden, indem dieser zum Versammlungsleiter oder Protokollführer bestimmt wird.

1 Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 122 zu § 24.2 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 87 zu § 24.3 Staudinger/Bub, BGB – Buch 3: Sachenrecht. Gesetz über das Wohnungseigentum und

das Dauerwohnrecht Einleitung zum WEG. §§ 1­64 WEG (Wohnungseigentumsgesetz), 13. Bearbeitung, RdNr. 24 zu § 130.

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Musterbeschlussantrag M III. 9: Geschäftsordnungsbeschluss auf Anweisung des Verwalters zur Verkündung eines rechtswidrigen Beschlusses (Zitter­beschluss zu einer baulichen Veränderung)

1. Regelungsbedarf

Eigentümer X will ein Katzennetz an der straßenseitigen Loggia seiner Woh­nung im 1.  OG anbringen und bittet den Verwalter in der nächsten Ver­sammlung über seinen Antrag abstimmen zu lassen. Der Verwalter setzt den Antrag auf die Tagesordnung, zumal bei der kleinen WEG regelmäßig alle Eigentümer in der Versammlung anwesend sind. An dieser Versammlung nehmen jedoch die Eigentümer Y und Z überraschend nicht teil und sind auch nicht vertreten.

Der Verwalter weist darauf hin, dass auch die Anbringung eines Katzennet­zes eine bauliche Veränderung darstellen kann1, zumal hier geplant sei, die­ses an der Brüstung sowie den beiden Seitenwänden dauerhaft mit Dübeln zu befestigen. Es müssten dem Antrag wegen des Eingriffs in die Substanz des Gemeinschaftseigentums sowie wegen der optischen Veränderung der Fassadenfront sämtliche Miteigentümer zustimmen. Er macht X darauf auf­merksam, dass er – selbst wenn alle anwesenden Eigentümer zustimmen sollten – eine Ablehnung des Beschlussantrags verkünden müsse und regt an, den Antrag zurückzuziehen.

Damit gibt sich X jedoch nicht zufrieden. Er stellt einen Antrag zur Ge­schäftsordnung, den Verwalter als Versammlungsleiter anzuweisen, zu ver­künden, dass sein Antrag genehmigt sei, sofern bei der Abstimmung die einfache Mehrheit diesem zustimme.

2. Formulierung TOP Einladung

Entfällt, siehe Musterantrag M III. 1.

1 OLG Zweibrücken NZM 1998, 376; AG Oberhausen ZMR 2012, 62.

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Zitterbeschluss

2

3. Antragsmuster

Der Versammlungsleiter wird angewiesen, den Antrag des Eigentümers X auf Anbringung eines Katzennetzes als angenommen zu verkünden, so-fern dieser mehrheitlich genehmigt wird.

4. Anmerkungen

§ 22 Abs. 1 WEG gesteht den Eigentümern die Beschlusskompetenz fürbauliche Veränderungen zu („können beschlossen … werden“). Die Vor­schrift setzt aber voraus, dass einer baulichen Veränderung alle Eigentü-mer zustimmen müssen, die davon über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmteMaß hinaus beeinträchtigt sind. Die Anbringung eines Katzennetzes stelltin der Regel eine bauliche Veränderung dar2, weil sie Auswirkung auf denoptischen Eindruck der Fassade hat. Zudem muss für die Befestigung inGemeinschaftseigentum eingegriffen werden. Daher wären von der Anbrin­gung sämtliche Eigentümer i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt.

Die erforderliche allseitige Zustimmung kann in der Versammlung nicht er­reicht werden, weil zwei Eigentümer nicht an der Abstimmung teilnehmen werden3. Ein positiver Beschluss mit dem der Antrag des X genehmigt wird, wäre somit rechtswidrig und vom Gericht auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären, jedoch nicht nichtig.

Der Verwalter darf aber auch nicht die Abstimmung über den Antrag zur Geschäftsordnung verweigern. Diese Entscheidungskompetenz steht ihm als Versammlungsleiter nicht zu, sie liegt vielmehr bei der Versammlung selbst. Der Versammlungsleiter erfüllt in diesem Rahmen lediglich eine die­nende Funktion4. Daraus ergibt sich, dass Anträge zur Geschäftsordnung grundsätzlich einer Beschlussfassung zuzuführen sind.

2 OLG Zweibrücken NZM 1998, 376.3 Die Frage, ob fehlende Zustimmungen außerhalb des Beschlussverfahrens eingeholt wer­

den können, beantwortet weder das Gesetz noch ist dies bislang höchstrichterlich geklärt. Das LG München I hat entschieden, dass die Zustimmung gem. § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 im Rahmen des Beschlussverfahrens abzugeben ist und nicht isoliert erteilt werden kann (NZM 2016, 209).

4 Greiner ZWE 2016, 297.

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M III. 9

3

Unerheblich ist auch, dass der Antrag zur Geschäftsordnung auf einen rechtswidrigen Erfolg gerichtet ist, denn der Wohnungseigentümerver-sammlung ist es nicht versagt, rechtswidrige Beschlüsse zu fassen. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch solche Beschlüsse in Bestandskraft er­wachsen, sofern sie nicht auf Anfechtung hin durch das Gericht für ungül­tig erklärt werden.

Aufklärungs- und Hinweispflicht des Verwalters:Nach herrschender Meinung handelt der Verwalter nur dann nicht grob fahrlässig im Sinne des § 49 Abs. 2 WEG bei der Verkündung eines rechts­widrigen Beschlusses, wenn er die Eigentümer zuvor darauf hingewiesen hat, dass der rechtswidrige Beschluss angefochten werden und dies zur Kostenbelastung der (dann) beklagten Eigentümer führen kann5. Der sach­gerechte Bedenkenhinweis könnte wie folgt aussehen:

Der Versammlungsleiter weist darauf hin, dass die Genehmigung des Eigen-tümers X auf Anbringung eines Katzennetzes in dieser Versammlung durch Mehrheitsbeschluss zwar möglich ist, ein solcher Beschluss aber rechtswid-rig wäre, weil die Zustimmung der Eigentümer Y und Z fehlt. Diese kann nach derzeitiger Rechtslage auch nicht außerhalb des Beschlussverfahrens erteilt werden. Im Falle der Anfechtung, wird das Gericht den Beschluss al-ler Voraussicht nach für ungültig erklären und die Kosten des Rechtsstreits den beklagten Eigentümern auferlegen. Der Versammlungsleiter wird da-her die Annahme des Beschlussantrages (bei entsprechender Mehrheit) nur dann verkünden, wenn er durch Geschäftsordnungsbeschluss dazu angewiesen wird. Die Abstimmung wird namentlich durchgeführt.

AchtungDer erteilte Hinweis ist in das Protokoll aufzunehmen.

Der Versammlungsleiter sollte darüber hinaus das Abstimmungsverhalten der Eigentümer namentlich dokumentieren, da nach der Rechtsprechung des BGH, Eigentümer für ihr Stimmverhalten haften6. Dies gilt grundsätz­lich auch für den vorliegenden Fall. Eigentümer, die gegen den Geschäfts­ordnungsbeschluss stimmen, könnten im Falle einer Anfechtung ggf.

5 LG Karlsruhe IMR 2012, 1071 (nur online).

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Zitterbeschluss

4

Schadensersatzansprüche gegen diejenigen Eigentümer wegen der ihnen auferlegten Verfahrenskosten geltend machen, die dem Antrag zugestimmt haben.

Hierbei hat der Verwalter auch die Enthaltungen zu erfassen. Denn auch diese Eigentümer haben dadurch, dass sie nicht mit Nein abgestimmt ha­ben, den rechtswidrigen Beschluss ermöglicht7.

Ob sich die Hinweispflicht des Verwalters auch auf die Haftung der Ei­gentümer für ihr Abstimmverhalten erstreckt, war bislang noch nicht Ge­genstand der Rechtsprechung. Der vorsichtige Verwalter wird auch hierzu einen Bedenkenhinweis formulieren und in das Protokoll aufnehmen:

Weiter werden die Versammlungsteilnehmer darauf hingewiesen, dass die Eigentümer nach der Rechtsprechung des BGH für ihr Stimmverhalten grundsätzlich haften. Eigentümer die einem rechtswidrigen Beschlussan-trag zustimmen oder sich dazu der Stimme enthalten, können daher u. U. von Eigentümern, die diesen Antrag ablehnen, in Regress genommen wer-den.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Zur positiven Beschlussfassung genügt die einfache Mehrheit.

6. Anfechtungsrisiken

Der Beschluss zur Geschäftsordnung ist nicht selbstständig anfechtbar (sie­he Musterantrag M. III 1), wohl aber der Beschluss mit dem die bauliche Veränderung durch X genehmigt wird (s. o.).

6 BGH NZM 2015, 53.7 BGH a.a.O.

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Musterbeschlussantrag M III. 10: Abbruch und Vertagung der Versammlung

1. Regelungsbedarf

Der Versammlungsbeginn erfolgte um 17 Uhr. Gegen 22 Uhr ist – obwohl Beschlussfähigkeit noch vorliegt – schon ein deutlicher Schwund an Teil­nehmern festzustellen. Der Verwalter will die Versammlung abbrechen und vertagen, obwohl noch nicht alle Tagesordnungspunkte erledigt sind.

2. Formulierung TOP Einladung

Entfällt naturgemäß.

3. Antragsmuster

Die Versammlung wird um 22 Uhr abgebrochen. Die Fortsetzung der Ver-sammlung erfolgt nach gesonderter Einladung durch den Verwalter (ggf. spätestens am …).

4. Anmerkungen

Ist die einberufene Versammlung von vornherein nicht beschlussfähig, hat der Verwalter gem. § 25 Abs. 4 WEG eine neue Versammlung mit den gleichen Beschlussgegenständen einzuberufen, die dann in jedem Fall be­schlussfähig ist. Auf den Umstand, dass es bei dieser Zweit-/Wiederho-lungsversammlung nicht auf das Vorliegen der gesetzlichen oder verein-barten Beschlussfähigkeit ankommt, muss der Verwalter in der erneuten Ladung hinweisen. Im Übrigen sind auch diesbezüglich die Formalien der (Erst)ladung zu beachten (z. B. Textform/Ladungsfrist)1.

1 Merle in Bärmann Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 116 zu § 25.

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Abbruch/Vertagung der Versammlung

2

AchtungEine echte Fortsetzungsversammlung im Sinne des § 25 Abs. 4 WEG mit der Folge, dass diese unabhängig von den erschienenen bzw. vertrete-nen Miteigentumsanteilen beschlussfähig ist, liegt nur dann vor, wenn ausschließlich die noch nicht erledigten Tagesordnungspunkte Gegen-stand der zweiten Versammlung sind. Sollen darüber hinaus weitere TOP behandelt und beschlossen werden, ist dies zwar grundsätzlich zulässig, allerdings muss für diese TOP dann die erforderliche Beschlussfähigkeit vorliegen2. Insofern muss aus der Einladung ersichtlich sein, für welche Beschlussgegenstände sich die Beschlussfähigkeit nach § 25 Abs. 4 bzw. nach § 25 Abs. 3 WEG richtet.

Die früher weit verbreitete Übung der sog. „Eventualeinberufung“ (also die zugleich mit der Einberufung zur Versammlung ausgesprochene Ladung zu einer kurzfristig später beginnenden Zweitversammlung am festgesetzten Versammlungsort für den Fall der Beschlussunfähigkeit der Erstversamm­lung) ist dem Verwalter verwehrt, sofern die Gemeinschaftsordnung diese Vorgehensweise nicht ausdrücklich zulässt. Ist die Zulässigkeit der Eventu­aleinberufung nicht vereinbart, kann eine solche (als Dauerregelung) auch nicht beschlossen werden3. Es fehlt hierfür an der Beschlusskompetenz4, der Beschluss wäre nichtig (als Einzelfallregelung – nur für die nächste Ver­sammlung – anfechtbar).

Die Notwendigkeit einer Zweitversammlung kann sich aber noch aus ande­ren Gründen ergeben.

Zum einen kann im Verlauf einer ursprünglich beschlussfähigen Ver­sammlung Beschlussunfähigkeit eintreten. Ist dies der Fall, hat der Ver­sammlungsleiter (wie im Fall der anfänglichen Beschlussunfähigkeit) das Vorliegen derselben festzustellen und die Versammlung von sich aus abzu-brechen, um dann zu einer Zweitversammlung zu laden. Allenfalls können in diesem Fall die noch ausstehenden Punkte besprochen/diskutiert wer­den (ggf. mit der Abrede eine Einmannversammlung durchzuführen – siehe Praxistipp in Muster M III. 2, Ziffer 6).

2 OLG Frankfurt a.M. RPfleger 1983, 22.3 OLG Frankfurt ZWE 2007, 84).4 LG Mönchengladbach NZM 2003, 245.

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M III. 10

3

Die Notwendigkeit des Abbruchs einer Versammlung kann sich aber – trotz fortbestehender Beschlussfähigkeit – auch aus anderen Gründen ergeben.

Bei tumultartigen Zuständen, in denen weder Sachbeschlüsse noch Ge­schäftsordnungsbeschlüsse zu einem weiteren geordneten Ablauf der Ver­sammlung zu erwarten sind, kann der Verwalter als Versammlungsleiter die Veranstaltung selbstverständlich jederzeit abbrechen und vertagen.

Ein weiterer Grund für den Abbruch und die Einberufung einer Zweitver­sammlung ist auch dann gegeben, wenn – wie hier – die übliche und erwar­tungsgemäße Versammlungsdauer schon weit überschritten ist. Gesetzliche Vorgaben zur Versammlungshöchstdauer existieren nicht, ebenso wenig ist hierzu veröffentlichte Rechtsprechung ersichtlich5. Es ist daher auf den Einzelfall abzustellen, also darauf ob die Beschlussfassung ab einem be­stimmtem Zeitpunkt noch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ist aufgrund der bisherigen Dauer die Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer schon erheblich herabgesetzt, sollte über einen Abbruch und Vertagung nachgedacht werden.

Wird ein diesbezüglicher Antrag von einem Eigentümer gestellt, muss der Versammlungsleiter diesen einer Abstimmung/Beschlussfassung zuführen. Auch er selbst kann einen solchen Antrag einbringen, wenn dazu Veran­lassung besteht, ggf. verbunden mit dem Bedenkenhinweis, dass weitere Beschlussfassungen anfechtungsgefährdet sind, sofern die Versammlung fortgesetzt wird.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Keine Besonderheiten.

6. Anfechtungsrisiken

Nicht ersichtlich.

5 Vgl. aber AG Koblenz NZM 201, 710, das jedenfalls eine Fortdauer nach 24 Uhr für unzulässig hält.

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Musterbeschlussantrag M III. 11: Allgemeine Regelungen zur Durchführung und zum Ablauf künftiger Versammlungen

1. Regelungsbedarf

In der Gemeinschaftsordnung der Gemeinschaft ist lediglich vereinbart, dass einmal jährlich eine Eigentümerversammlung stattzufinden hat. Wei­tere Regelungen fehlen. Die Eigentümer wollen für die künftigen Versamm­lungen einen festen Termin vorsehen. Die Ladung zur Versammlung soll den Eigentümern mindestens drei Wochen vor dem Termin zugehen. Au­ßerdem soll festgelegt werden, dass die Abstimmung zur Entlastung des Beirats sowie des Verwalters künftig grundsätzlich geheim stattfinden soll.

2. Formulierung TOP Einladung

Regelungen zur Durchführung der künftigen Versammlungen der Gemeinschaft: Terminierung/Ladungsfrist/Abstimmungsmodus zu Entlastungsbeschlüssen.

3. Antragsmuster

Künftig soll die jährliche ordentliche Eigentümerversammlung jeweils am letzten Mittwoch im Mai stattfinden, sofern dem keine zwingenden Grün-de entgegenstehen. Die Einberufungsfrist beträgt ab sofort mindestens drei Wochen, es sei denn es liegt ein Fall besonderer Dringlichkeit vor. Die Beschlussfassung zur Entlastung von Beirat und Verwalter hat künftig in geheimer Abstimmung zu erfolgen.

4. Anmerkungen

Von den Geschäftsordnungsbeschlüssen im eigentlichen Sinn (mit der Folge, dass diese sich mit Ablauf der konkreten Versammlung erledigen

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Allg. Regelungen zu Durchführung/Ablauf künftiger Versammlungen

2

und daher nicht selbstständig angefochten werden können) sind solche Be­schlüsse zu unterscheiden, die das Verfahren und den Ablauf künftiger Versammlungen als Dauerregelung festlegen sollen.

Grundsätzlich existieren für die Festlegung solcher Regelungen zwei Mög­lichkeiten: Entweder es wird eine umfassende Geschäftsordnung (ähnlich einer Hausordnung) für alle künftigen Versammlungen erstellt und per Be­schluss genehmigt oder es werden einzelne Regelungen beschlossen, die künftig zu beachten sind.

Zu den jeweiligen Regelungspunkten muss eine Beschlusskompetenz der Eigentümer gegeben sein (d. h. gesetzes­ bzw. vereinbarungsändernde Be­schlüsse als Dauerregelung wären nichtig) und es sind die Grundsätze der ordnungsmäßigen Verwaltung zu beachten.

Die Vorgabe, die Versammlung (in der Regel) zu einem bestimmten Zeit­punkt durchzuführen erscheint in dieser Hinsicht unbedenklich, zumal die Regelung Ausnahmen zulässt. Sicherlich ist es auch sinnvoll, wenn sich die Eigentümer von vornherein auf ein konkretes Datum einstellen kön­nen. Ordnungsmäßiger Verwaltung würde es aber widersprechen, wonach die Eigentümerversammlung jeweils erst im 2. Halbjahr stattfindet (sofern das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht). Denn in der ordentlichen Versammlung ist regelmäßig die Jahresabrechnung zu genehmigen, die in der Regel 3–6 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres fällig ist1.

Zur beschlussweisen Verlängerung der gesetzlichen Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG bestehen ebenfalls keine Bedenken. Hingegen läge für eine Verkürzung der gesetzlichen oder einer vereinbarten Frist keine Beschluss-kompetenz der Eigentümer vor. Eine Abkürzung der Ladungsfrist kann nur durch eine Vereinbarung erfolgen,2 ein diesbezüglicher Beschluss wäre von vornherein nichtig. Ebenso nichtig wäre die Verlängerung der Frist ohne den Ausnahmetatbestand der Verkürzung bei dringlichen Angelegenheiten.

Nichtig mangels Beschlusskompetenz wären auch Vorgaben, dass Anträge zur Tagesordnung nur in einer bestimmten Form bzw. Frist zulässig sind3.

1 Vgl. OLG Zweibrücken ZMR 2007, 728.2 OLG Dresden ZMR 2009, 301.3 Greiner ZWE 2016, 302.

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M III. 11

3

Das Verfahren zur Abstimmung kann für die konkrete Versammlung per Geschäftsordnungsbeschluss festgelegt werden4. Diese Frage unterliegt der Beschlusskompetenz der Eigentümer. Die Regelung kann daher auch dauer­haft für die Zukunft erfolgen. Ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungs­mäßiger Verwaltung ist nicht ersichtlich.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Keine Besonderheiten.

6. Anfechtungsrisiken

siehe Ziffer 4.

4 KG ZMR 1985, 105.

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Musterbeschlussantrag M IV. 1: Genehmigung des Wirtschaftsplans der Eigentümer­gemeinschaft

1. Regelungsbedarf

Es ist über den Wirtschaftsplan des laufenden/nächsten Jahres Beschluss zu fassen. In der Gemeinschaftsordnung ist zum Wirtschaftsplan lediglich bestimmt, dass das Wirtschaftsjahr jeweils vom 01.07. des laufenden Jahres bis zum 30.06. des Folgejahres läuft.

2. Formulierung TOP Einladung

Genehmigung des Gesamt- sowie der Einzelwirtschaftpläne für den Zeitraum vom 01. 07. 20.. bis 30. 06. 20.. .

3. Antragsmuster

Der Gesamt- sowie die Einzelwirtschaftspläne vom … (Datum der Erstel-lung) für den Zeitraum vom 01. 07. 20.. bis zum 30. 06. 20.. werden geneh-migt. Er/sie gelten auch ab 01. 07. 20.. so lange fort, bis über einen neuen Wirtschaftsplan für das folgende Wirtschaftsjahr Beschluss gefasst wird.

Fakultativ:Die sich aus den Einzelplänen ergebenden neuen monatlichen Hausgeld-zahlungen sind im Vorhinein fällig und zwar zum jeweiligen Monatsersten. Selbstzahler werden gebeten, bestehende Daueraufträge ggf. rechtzeitig anzupassen. Sofern SEPA-Lastschriftermächtigungen erteilt sind, ist die Verwaltung berechtigt, den einzuziehenden Betrag anzupassen.

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Genehmigung des Wirtschaftsplans der WEG

2

Ggf.:Soweit sich aus den Einzelwirtschaftsplänen eine Änderung des monatlich zu zahlenden Hausgeldes für bereits zurückliegende Monate ergibt, sind die entsprechenden Nachzahlungen zum 1. des nächsten Monats zur Zah-lung fällig. Guthaben werden zu diesem Zeitpunkt verrechnet.

Fakultativ:Der Verwalter wird ermächtigt, Hausgeldrückstände unverzüglich gerichtlich geltend zu machen sowie ggf. hierfür einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

4. Anmerkungen

Gemäß § 28 Abs. 1 WEG hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr ei­nen Wirtschaftsplan aufzustellen, der folgende Angaben zu enthalten hat:

− die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,

− die anteilsmäßige Verpflichtung der Eigentümer zur Lasten­ und Kosten­tragung,

− den anteilsmäßigen Beitrag der Eigentümer zur Bildung der Instandhal­tungsrücklage.

Jeder Eigentümer hat einen Anspruch auf die Erstellung eines Wirtschafts­plans, der den o. g. Vorgaben entspricht (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 5 WEG). Der Verband wiederum hat gegen seine Mitglieder einen Anspruch auf an­gemessene Finanzausstattung.

Dem Verwalter obliegt die Verpflichtung zur Aufstellung des Wirtschafts­plans unmittelbar selbst. Er wird dabei nicht als Organ der Gemeinschaft oder Vertreter der Eigentümer tätig. Bei einem Rechtsstreit wegen der Er­füllung dieser Pflicht auf Erstellung ist daher der Verwalter Beklagter und nicht die Gemeinschaft.

Die Vorschriften des § 28 Abs. 1–3 und Abs. 5 WEG können durch Ver-einbarung abgeändert werden. Sie können sogar völlig abbedungen sein. Infolgedessen kann eine Gemeinschaftsordnung bindend auch ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr festlegen. Die Abänderung der

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M IV. 1

3

gesetzlichen Regelungen zum Wirtschaftsplan durch Beschluss – insbeson­dere als gewollte Dauerregelung – ist hingegen unzulässig (fehlende Be­schlusskompetenz).

Die Gestaltung des Wirtschaftsplans ist über die o.g. Kriterien hinaus nicht festgelegt. Er hat aber die Einnahmen und Ausgaben übersichtlich und nachvollziehbar darzustellen. Diese sind möglichst vollständig zu erfassen.

In der Regel hat sich die Gliederung an der später zu erstellenden Jahresab­rechnung zu orientieren, um den Eigentümern die Prüfung zu ermöglichen, ob die Planvorgaben eingehalten wurden und wo ggf. Korrekturbedarf besteht.

Eine Gliederung der Ausgabenpositionen ist zumindest dort notwendig, wo die Wohnungseigentümer in unterschiedlicher Höhe und nach unter­schiedlichen Umlageschlüsseln belastet werden1. Lediglich die Angabe und Aufteilung einer Globalsumme ist daher nicht zulässig. Hingegen ist es nicht Aufgabe des WEG-Verwalters, zwischen umlagefähigen und nicht umlagefähigen Kosten im mietrechtlichen Sinn zu unterscheiden.

Ausgaben, die naturgemäß noch nicht feststehen (so vor allem regelmäßig im Instandhaltungs­ und Instandsetzungsbereich) können geschätzt wer­den2, wozu den Eigentümern ein großzügiges Ermessen einzuräumen ist. Unterdeckungen mit der Notwendigkeit von Sonderumlagen oder höheren Nachforderungen im Rahmen der Abrechnung sollten vermieden werden.

Wie der BGH entschieden hat, können auch voraussichtliche Kostenvor-schüsse für Rechtsstreitigkeiten (also auch für Beschlussanfechtungskla­gen) im Wirtschaftsplan berücksichtigt werden, wenn diese bereits festste­hen oder aber erfahrungsgemäß zu erwarten sind, wobei solche Kosten in den Einzelwirtschaftsplänen auf alle Eigentümer umgelegt werden dürfen3.

Die Einzelwirtschaftspläne sowie die Beschlussfassung hierzu sind zwin­gend notwendig, um überhaupt den Anspruch des Verbands auf Zahlung der Hausgeldvorschüsse gegen die Eigentümer zu begründen4. D. h., ohne Wirtschaftsplan und entsprechenden Genehmigungsbeschluss ist kein Ei­gentümer verpflichtet, Vorschüsse zu erbringen.

1 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 19 zu § 28.2 BayObLG WE 1989, 64; 1991, 363; 1995, 32; KG NJW-RR 1995, 327.3 BGH ZWE 2015, 91.4 BGH NZM 2005, 543.

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Genehmigung des Wirtschaftsplans der WEG

4

Zwar ist gem. § 28 Abs. 1 WEG der Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr aufzustellen (sofern nicht ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschafts­jahr vereinbart ist), allerdings weisen die gängigen WEG­Verwaltungspro­gramme meist die monatlichen Beiträge aus, was im vorliegenden Muster­antrag vorausgesetzt wird.

Nach § 28 Abs. 2 WEG sind die sich aus einem beschlossenen Wirtschafts­plan ergebenden Vorschüsse von den einzelnen Eigentümern „nach Abruf des Verwalters“ zu leisten. Den Eigentümern bleibt es aber unbenommen, die Fälligkeit selbst zu regeln, sofern diese nicht ohnehin vereinbart ist. Eine solche Fälligkeitsregelung kann entweder jeweils als Annex zum be­treffenden Wirtschaftsplan oder als Dauerbeschluss mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Die Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 21 Abs. 7 WEG (siehe Antragsmuster M IV. 14).

Die wenigsten Eigentümerversammlungen können gleich zu Beginn der je­weiligen Wirtschaftsperiode durchgeführt werden. Da das Wohnungseigen­tumsgesetz hierzu keine Regelung trifft, steht es dem Verwalter frei einen Wirtschaftsplan für das laufende Jahr aufzustellen oder für das Folgejahr. Wird der Wirtschaftsplan während der schon laufenden Wirtschaftsperio­de beschlossen, empfiehlt sich eine Regelung, wann – bei Änderungen der Höhe der Zahlungspflichten – sich daraus ergebende Nachzahlungen zu leisten bzw. Überzahlungen zu erstatten sind.

Zahlungsansprüche gegen die einzelnen Eigentümer begründet der jeweilige Wirtschaftsplan nur für die Wirtschaftsperiode, für die er aufgestellt ist und nicht darüber hinaus. Sofern also absehbar ist, dass über einen neuen Wirt­schaftsplan nicht vor Ablauf der laufenden Wirtschaftsperiode Beschluss gefasst werden kann, ist es notwendig, für die Fortgeltung des laufenden Wirtschaftsplans Sorge zu tragen, da ansonsten mit Ablauf der laufenden Periode kein Zahlungsanspruch gegen die Eigentümer mehr besteht.

Nicht zulässig ist es, eine generelle Fortgeltung des jeweiligen Wirtschafts­plans für die Zukunft zu beschließen. Hierzu fehlt den Eigentümern die Beschlusskompetenz. Ein entsprechender Beschluss wäre nichtig5.

Aus dem Wohnungseigentumsgesetz ergibt sich keine Berechtigung des Verwalters, Aktivprozesse ohne entsprechende Ermächtigung durch die

5 LG Itzehoe ZWE 2014, 133.

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M IV. 1

5

Wohnungseigentümer zu führen. Dies gilt auch für den Fall, dass Eigen­tümer in Zahlungsverzug geraten. Die gesetzliche Ermächtigung gem. § 27 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 WEG gilt lediglich für die außergerichtliche Geltendmachung von Forderungen gegenüber Eigentümern durch den Ver­walter selbst6. Daher bedarf auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Verfolgung der Zahlungsansprüche des Verbandes durch den Verwalter einer Ermächtigung gem. § 27 Abs. S. 1 Nr. 7 WEG. Auch im Rahmen der Notgeschäftsführung ist eine solche Vorgehensweise kaum denkbar, denn die kurzfristige Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung dürfte immer möglich sein.

Soweit der Verwalter also nicht bereits durch die Gemeinschaftsordnung oder durch den Verwaltervertrag (was zulässig ist7) ermächtigt wurde, selbstständig Zahlungsrückstände gerichtlich beizutreiben bzw. einen Rechtsanwalt hierfür zu beauftragen, ist eine gesonderte Beschlussfassung im Rahmen der Beschlusskompetenz der Eigentümer nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG hierzu notwendig. Die Ermächtigung kann auch als genereller Beschluss mit Wirkung für die Zukunft gefasst werden (vgl. Antragsmuster M I. 12), was zu empfehlen ist.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für den Beschluss über den Wirtschaftsplan genügt die einfache Mehrheit.

6. Anfechtungsrisiken

Gem. § 29 Abs. 2 WEG soll der Wirtschaftsplan vor der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit einer Stellungnahme versehen werden. Unterbleibt dies, ist das allerdings für sich genommen noch kein Grund, den Genehmigungsbeschluss für ungül­tig zu erklären8.

Im Übrigen ist der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans dann erfolgreich anfechtbar, wenn dort unzutreffende Einnahmen/Ausga-ben enthalten sind bzw. diese mit fehlerhaften Beträgen eingestellt werden.

6 OLG Düsseldorf ZMR 2001, 300.7 Vgl. Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 72 zu § 27.8 OLG München ZWE 2009, 27.

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Genehmigung des Wirtschaftsplans der WEG

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Die Beschlussungültigkeit droht auch bei der Verwendung falscher Umla-geschlüssel. Hier ist der Verwalter insbesondere dann gefordert, wenn er eine Wohnanlage neu in seinen Bestand übernimmt. Es sollte immer ak-ribisch geprüft werden, ob die in den Abrechnungen des Vorverwalters verwendeten Umlageschlüssel den Vereinbarungen entsprechen bzw. ob eine vereinbarte Kostenverteilung nach § 16 Abs. 3 WEG später durch Be-schluss wirksam abgeändert wurde.

Oftmals werden jahrelang – unbeanstandet – vereinbarungswidrige Umla­geschlüssel verwendet. Dies führt jedoch nur dann zu einer Bindung der Wohnungseigentümer für die Zukunft, wenn darin eine abändernde Ver­einbarung der Wohnungseigentümer zu sehen ist9, was in den seltensten Fällen angenommen werden kann.

Mit Erfolg anfechtbar ist der Genehmigungsbeschluss auch, wenn sich dem Plan nicht unmittelbar entnehmen lässt, welchen Beitrag der einzelne Eigentü­mer zu entrichten hat (es sei denn, bei einem feststehenden Gesamtbetrag lässt sich die anteilsmäßige Verpflichtung der Eigentümer unschwer errechnen10).

Wird der Beschluss über den Wirtschaftsplan vom Gericht für ungültig er­klärt, entfällt der Anspruch der Gemeinschaft gegen die Eigentümer auf Zah­lung von Vorschüssen mit Rechtskraft des Urteils. Der Verwalter muss daher in seinem solchen Fall einen neuen, korrekten Plan aufstellen und diesen durch eine unverzüglich einzuberufende Versammlung genehmigen lassen.

AchtungDer Beschluss muss hinreichend bestimmt sein. Aus dem Beschluss muss also klar hervorgehen, welcher Wirtschaftsplan genehmigt wurde. Dies wäre z. B. dann nicht der Fall, wenn nur Beschluss gefasst wurde, „den Wirtschaftsplan 20.. zu genehmigen“. Denn aus diesem Beschluss geht nicht hervor, ob nur die Gesamt- oder auch die Einzelpläne genehmigt wurden. Dringend zu empfehlen ist, auch das auf dem Plan ausgewiese-ne Erstellungsdatum in die Beschlussformulierung mit aufzunehmen, denn erst dadurch wird der beschlossene Plan eindeutig identifizierbar, zumal wenn möglicherweise verschiedene Varianten in Umlauf sind11.

9 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 29 zu § 28.10 BayObLG NJW­RR 1990, 720.11 AG Hamburg­Altona ZMR 2013, 568; AG Dortmund IMR 2016, 163.

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Musterbeschlussantrag M IV. 2: Genehmigung des vom Verwalter vorgelegten Wirtschaftsplans mit Änderungen

1. Regelungsbedarf

Der Verwalter legt zur Versammlung einen vom Beirat geprüften Wirt­schaftsplan vor, den der Beirat auch zur Annahme empfiehlt. Einigen Ei­gentümern erscheint der Kostenansatz für die Instandhaltung (€ 4.000.—) zu hoch. Begründung: in den letzten Jahren fielen regelmäßig höchstens € 2.000.— an Instandhaltungskosten/Jahr an. Die Mehrheit der Versamm­lungsteilnehmer möchte daher den Wirtschaftsplan nur unter der Voraus­setzung genehmigen, dass der Kostenansatz für die Instandhaltung auf € 2.000.— reduziert wird. Die Senkung der Planzahl wirkt sich pro 1000/MEA (vereinbarter Umlageschlüssel für die Kosten der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums) mit € 0,15/Monat aus.

2. Formulierung TOP Einladung

Wie Musterantrag M IV. 1.

3. Antragsmuster

Der Gesamtwirtschaftsplan vom … (Datum der Erstellung) für den Zeit-raum vom 01. 01. 20.. bis 30. 12. 20.. wird mit der Maßgabe genehmigt, dass die Kostenposition „Instandhaltung“ von € 4.000,00 auf € 2.000,00 reduziert wird.

Die Einzelwirtschaftspläne werden mit der Maßgabe genehmigt, dass sich die dort ausgewiesenen Monatsbeiträge um 0,15 € je 1000 MEA reduzieren.

(Im Übrigen siehe Musterantrag M IV. 1)

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Genehmigung Wirtschaftsplan mit Änderungen

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4. Anmerkungen

Die Eigentümerversammlung kann einen vom Verwalter vorgeschlagenen und vom Beirat zur Annahme empfohlenen Gesamtwirtschaftsplan durch Beschluss ändern, da die Vorlage nur einen Vorschlag darstellt1 und nicht bindend ist, selbst wenn der Beirat die Annahme empfiehlt.

Eine Änderung der Kostenansätze im vorgeschlagenen Gesamtwirtschafts­plan hat jedoch unmittelbare Auswirkung auf die gemäß den jeweiligen Einzelwirtschaftsplänen von den Eigentümern an die Gemeinschaft zu leis­tenden Beiträge.

Grundsätzlich muss ein Beschluss, mit dem Zahlungspflichten für ein­zelne Wohnungseigentümer begründet werden, die Höhe der jeweiligen Kostenschuld selbst ausweisen oder – wie hier im Falle der Genehmigung eines Wirtschaftsplans – einer Berechnung bzw. Kalkulation, auf die im Beschluss Bezug genommen wird, zu entnehmen sein2.

Ausnahmsweise genügt es aber, wenn sich der zu zahlende Betrag von den Eigentümern durch eine einfache Rechenoperation unschwer selbst ermitteln lässt3.

Dieses Erfordernis wird in der vorliegenden Antragsformulierung dadurch berücksichtigt, dass der Verwalter angibt, um welchen Betrag sich die Re­duzierung des Ansatzes für die Kosten der Instandhaltung pro 1000/MEA auswirkt.

Ist – wie üblich – im (kombinierten) Wirtschaftsplan der Anteil der auf den einzelnen Eigentümer entfallenden MEA angegeben, kann dieser unschwer selbst errechnen, in welcher Höhe sich seine im Einzelwirtschaftsplan aus­gewiesene monatliche Zahlungspflicht aufgrund der Änderung mindert.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für einen den Plan abändernden Beschluss gelten keine besonderen Mehr­heitserfordernisse. Zur Beschlussfassung genügt daher die einfache Mehr­heit.

1 OLG Hamm ZMR 2009, 60; KG NJW­RR 1990, 396.2 OLG Hamm NZM 2009, 90 zur Sonderumlage.3 s. BayObLG NJW­RR 1988, 272; OLG Hamm a.a.O.

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M IV. 2

3

6. Anfechtungsrisiken

Wie oben ausgeführt, muss bei der Begründung von Zahlungspflichten zu Lasten der Wohnungseigentümer die Höhe des auf diese entfallenden Be­trages feststehen bzw. durch diese zumindest leicht ermittelbar sein. Es ist daher nicht zulässig, bei größeren Unstimmigkeiten den Gesamtwirtschafts­plan mit entsprechenden Korrekturen zu genehmigen, gleichzeitig den Ver­walter durch Beschluss zu beauftragen, die Einzelpläne im Nachhinein zu erstellen und diese an die Eigentümer zu übersenden, wobei diese dann als genehmigt gelten.

Der Beschluss wäre mangels Bestimmtheit nichtig.

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Musterbeschlussantrag M IV. 3: Erhebung einer Sonderumlage zur Durchführung einer Instandsetzungsmaßnahme

1. Regelungsbedarf

Eine Instandsetzungsmaßnahme soll durch Erhebung einer Sonderumlage finanziert werden.

2. Formulierung TOP Einladung

Finanzierung der Maßnahme zu TOP… durch Erhebung einer Sonderumlage.

3. Antragsmuster

Die Kosten der unter TOP … beschlossenen Maßnahme werden finanziert durch Erhebung einer Sonderumlage, zahlbar von allen Sondereigentü-mern in Höhe von € …. Der Gesamtbetrag wird nach den dem Verhältnis der 1000/Miteigentumsanteile der jeweiligen Wohnungen und Tiefgara-genplätze auf die Eigentümer umgelegt. Die Sonderumlage ist am … zur Zahlung fällig. Soweit ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt ist, wird der Ein-zug zum Fälligkeitstermin von der Verwaltung veranlasst. Die betreffenden Eigentümer haben zum Fälligkeitstermin für eine ausreichende Deckung ihres Kontos Sorge zu tragen.

Fakultativ:Die Beiträge aus der Sonderumlage sind fällig mit Abruf des Verwalters durch gesondertes Schreiben.

Der Verwalter wird ermächtigt, rückständige Beiträge auf die beschlossene Sonderumlage ggf. unverzüglich gerichtlich geltend zu machen sowie hier-für einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

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Sonderumlage für Instandsetzungsmaßnahme

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4. Anmerkungen

Die Erhebung einer (vom Gesetz nicht vorgesehenen) Sonderumlage kann vor allem aus zwei Gründen notwendig sein. Zum einen kann eine solche wegen eines Liquiditätsengpasses erforderlich werden, z. B. wenn einzelne Eigentümer ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen (Ausfallde-ckungsumlage) oder sich die Ansätze im Wirtschaftsplan aus irgendwel­chen Gründen als unzutreffend erweisen (Liquiditätsumlage). Der Verwal­ter ist in solchen Fällen verpflichtet, unverzüglich den Beschluss über eine Sonderumlage herbeizuführen, wenn der kurzfristige Finanzierungsbedarf nicht anderweitig gedeckt werden kann, z. B. durch genehmigte Überzie­hung des Kontos der WEG.

Zum anderen entsteht häufig die Notwendigkeit der Erhebung einer Son­derumlage wegen des Finanzierungsbedarfs für eine einzelne größere Instandhaltungs-/Instandsetzungsmaßnahme. Hierbei gilt der Grundsatz, dass die Finanzierung der Maßnahme vor einer entsprechenden Auftrags-erteilung durch den Verwalter gesichert sein muss.

In beiden Fällen handelt es sich um eine Änderung/Ergänzung des lau­fenden Wirtschaftsplans. Mit dem Sonderumlagebeschluss kann somit die Pflicht weiterer – über den laufenden Wirtschaftsplan hinausgehender Bei­träge der Wohnungseigentümer i.S.d. § 28 Abs. 2 WEG ­begründet werden1.

Die Höhe der Sonderumlage richtet sich nach dem voraussichtlichen Fi­nanzbedarf. Den Eigentümern steht hierbei ein großzügiges Ermessen zu. Sind Zahlungsausfälle absehbar, ist die Sonderumlage entsprechend groß­zügiger zu bemessen. Es ist hierbei nicht erforderlich, dass ein Zahlungs­ausfall schon mit Sicherheit feststeht2.

Zulässig ist es, die Kosten einer Baumaßnahme (teilweise) durch eine Son­derumlage zu decken, obwohl noch genügend Mittel in der Instandhal­tungsrücklage vorhanden wären. Ein Anspruch des einzelnen Eigentümers darauf, zunächst die Rückstellung auszuschöpfen, besteht nicht3.

1 BGH WE 1989, 197.2 LG München I ZMR 2011, 239.3 BayObLG ZMR 2003, 694; OLG Köln NZM 1998, 878.

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M IV. 3

3

Die Sonderumlage unterliegt der jeweiligen Zweckbestimmung, die aus­drücklich oder konkludent mitbeschlossen wurde. Der Verwalter hat nicht das Recht, die Mittel aus der Sonderumlage für sachfremde Zwecke zu verwenden, jedoch steht den Eigentümern das Recht zu, später die einge­nommenen Gelder durch einen weiteren Beschluss umzuwidmen4. Voll­streckende Gläubiger der Gemeinschaft sind hingegen nicht an eine solche Zweckbestimmung gebunden5.

Einnahmen aus der Sonderumlage sind grundsätzlich über die jeweilige Jahresabrechnung auch abzurechnen. Dies bereitet Schwierigkeiten, wenn durch eine jahresübergreifende Baumaßnahme die Mittel im abzurech­nenden Wirtschaftsjahr noch nicht vollständig verbraucht sind und daher die eingenommenen Gelder (teilweise) über die Abrechnung wieder ausge­schüttet werden müssten.

Es ist in diesem Falle (zumindest buchhalterisch) eine entsprechende Son-derrücklage zu bilden, um die zweckbestimmungswidrige Rückzahlung zu vermeiden6. Diese ist in der Abrechnung neben der allgemeinen Instandhal­tungsrückstellung gesondert auszuweisen7.

Alternativ kann beschlossen werden, die Sonderumlage zunächst der In­standhaltungsrücklage zuzuführen und die Maßnahme aus der Rückstel­lung zu finanzieren:

Die aus der Sonderumlage vereinnahmten Mittel sind der Instandhal-tungsrücklage zuzuführen. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt aus der Rücklage.

Grundsätzlich muss der Beschluss die Beitragsverpflichtung des einzelnen Eigentümers unter Angabe des Verteilungsschlüssels betragsmäßig festle­gen8. Dies ist dann entbehrlich, wenn (wie im obigen Mustertext) die Bei­träge eindeutig bestimmbar sind und von den einzelnen Eigentümern un­schwer errechnet werden können9.

4 KG ZMR 2005, 309.5 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 56 zu § 28.6 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 44 zu § 28.7 Becker a.a.O, RdNr. 128.8 BGH WE 1989, 197.9 OLG Braunschweig ZMR 2006, 787; OLG Hamm NZM 2009, 90.

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Sonderumlage für Instandsetzungsmaßnahme

4

Werden nicht alle Eigentümer zur Beitragsleistung herangezogen (z. B. bei Mehrhausanlagen mit vereinbarter Kostentrennung), sind die zahlungs­pflichtigen Eigentümer in der Beschlussformulierung eindeutig zu bezeich­nen, z. B.:

Die Beiträge zur Sonderumlage sind allein von den Eigentümern des Hau-ses A zu tragen. Bei der maßgeblichen Gesamtwohnfläche des Hauses A von 500 qm werden die Kosten nach dem Verhältnis der Wohnflächen der einzelnen Wohnungen des Hauses A auf die Eigentümer verteilt.

Schon dieses Beispiel zeigt, dass es sowohl bei der Beschlussantragsfor­mulierung wie auch bei einer nachträglichen Errechnung der jeweiligen Anteile durch einzelne Eigentümer zu Schwierigkeiten kommen kann. Im Zweifel sollte daher im Beschluss die jeweilige Beitragsverpflichtung der einzelnen Eigentümer aufgeführt oder vor Beschlussfassung eine Aufstel­lung der einzelnen Beträge an die Eigentümer überreicht und im Beschluss darauf Bezug genommen werden:

Die Höhe des auf die einzelnen Eigentümer entfallenden Anteils bestimmt sich gemäß der mit der Einladung übersandten Aufstellung vom … .

Wird kein besonderer Fälligkeitstermin beschlossen (wozu die Eigentümer grundsätzlich berechtigt sind), sind die Beiträge aus der Sonderumlage so-fort mit Beschlussfassung zur Zahlung fällig10.

Oftmals erfolgt durch den Verwalter der Abruf der Beiträge mit einem ge-sonderten Schreiben an die Eigentümer, in dem die Höhe des auf den ein­zelnen Eigentümer entfallenden Anteils nochmals ausgewiesen ist.

Beim Musterantrag unter Ziffer 3 wäre diese Vorgehensweise entbehrlich, da sich zum einen der auf ihn entfallende Beitrag vom jeweiligen Eigentü­mer unschwer errechnen lässt (Gleiches würde bei einer betragsmäßigen Ausweisung der jeweiligen Einzelbeiträge in einer vorab übersandten Auf­stellung gelten) und zum anderen das Fälligkeitsdatum genau bestimmt ist. Dieses Fälligkeitsdatum sollte jedoch so gewählt werden, dass auch Eigen­

10 OLG Stuttgart NJW­RR 1989, 654.

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M IV. 3

5

tümer, die nicht an der Versammlung teilgenommen haben, nach Erhalt des Protokolls ausreichend Zeit haben, z. B. für ausreichende Kontodeckung bei erteilter Einzugsermächtigung Sorge zu tragen.

Bei einem Eigentümerwechsel ist derjenige zur Zahlung seines Beitrags ver­pflichtet, der bei Fälligkeit als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, bei beschlussmäßiger Bestimmung eines späteren Fälligkeitszeitpunkts also derjenige, der dann Eigentümer ist (Fälligkeitstheorie).

Wurde das Fälligkeitsdatum bereits mit Beschlussfassung bestimmt, tritt Verzug auch ohne Mahnung des Verwalters ein (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Verwalter kann dann sofort gerichtliche Beitreibungsmaßnahmen er­greifen, sofern er dazu ermächtigt ist.

Besteht keine Ermächtigung durch die Gemeinschaftsordnung, den Verwal­tervertrag oder einen generellen Beschluss hierzu, sollte der Verwalter sich gleichzeitig mit Beschlussfassung eine spezielle Ermächtigung erteilen las­sen, die anteiligen Beiträge auch gerichtlich einzufordern. Dies gilt auch für den Fall, dass die Gemeinschaftsordnung die Ermächtigung des Verwal­ters enthält, Wohngeldrückstände beizutreiben, denn diese Ermächtigung erstreckt sich nicht auch darauf, auch Sonderumlagebeiträge gerichtlich beizutreiben11.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Der Sonderumlagebeschluss kann mit einfacher Mehrheit gefasst werden, sofern nichts anderes vereinbart ist.

6. Anfechtungsrisiken

Gerade bei Sonderumlagebeschlüssen werden oftmals vom Verwalter Flüchtigkeitsfehler begangen, die zur Unwirksamkeit oder auch Nichtigkeit des Beschlusses führen können.

Der Beschluss muss zunächst einmal ordnungsgemäßer Verwaltung entspre­chen. Neben der entsprechenden Ankündigung in der Ladung sind daher den Eigentümern ggf. weitere Informationen und Unterlagen zur Verfügung

11 AG Augsburg IMR 2009, 1038 (nur online).

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Sonderumlage für Instandsetzungsmaßnahme

6

zu stellen, damit diese sich sachgerecht vorbereiten können. Steht die Rea­lisierung der Maßnahme erst in weiter Ferne, würde ein Sonderumlagebe­schluss zur Finanzierung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen12. Dies schon deswegen, weil bis zum tatsächlichen Kostenanfall Sonder­rechtsnachfolger in die Gemeinschaft eintreten könnten.

Ein unrichtiger Kostenverteilungsschlüssel führt zur Anfechtbarkeit des Beschlusses,13 nicht zu dessen Nichtigkeit. Grundsätzlich hat sich aber die Aufteilung der Beiträge zur Sonderumlage nach demjenigen Schlüssel zu richten, der auch für die endgültige Kostenverteilung in der Jahresabrech­nung gilt. Allerdings besteht für die endgültige Verteilung der Kosten in der Jahresabrechnung keine Bindung an den für die Sonderumlage bestimmten Umlageschlüssel. Dort ist auf jeden Fall der zutreffende Schlüssel anzu­wenden. Steht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Sonderumlage der tatsächlich anzuwendende Umlageschlüssel noch nicht fest, sind ggf. einstweilige Unwägbarkeiten hinzunehmen.

Ebenso ist ein Beschluss zur Erhebung einer Sonderumlage erfolgreich an­fechtbar, wenn er die benötigten Mittel erheblich zu hoch oder zu niedrig ansetzt oder wenn eine genaue Prognose der Kosten noch gar nicht möglich ist14.

Von einer Nichtigkeit des Beschlusses ist auszugehen, wenn dieser nicht hinreichend bestimmt ist. Grundsätzlich sind die nachfolgenden Punkte zu beachten:

Zunächst einmal ist es erforderlich, die Höhe des Gesamtumlagebetrages genau anzugeben. Insofern genügen z. B. folgende Formulierungen nicht: „Sonderumlage i.H.v. ca. € 100.000“ oder „Sonderumlage zwischen € 100.000 und € 110.000“.

Hat nur ein Teil der Eigentümer die Sonderumlage zu tragen, müssen die Kostentragungspflichtigen im Beschluss exakt bezeichnet werden, was be­sonders bei Mehrhausanlagen mit vereinbarter Kostentrennung unabding­bar ist. Im Übrigen sollte klarstellend immer formuliert werden: „von allen Eigentümern, bzw. von allen Wohnungs- und Stellplatzeigentümern etc.“.

12 LG Mönchengladbach ZMR 2007, 895.13 OLG Hamm ZMR 2009, 62.14 OLG Hamm a.a.O.

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M IV. 3

7

Zwingend notwendiger Bestandteil des Beschlusses als Mindestvorausset­zung ist weiter die Angabe des Umlageschlüssels, nach dem die Gesamtum­lage auf die einzelnen Eigentümer verteilt wird. Insofern soll aber die Be­zugnahme auf den allgemeinen Verteilungsschlüssel genügen15.

Wenn nicht der allgemeine oder ein feststehender sonstiger leicht zu er­rechnender Umlageschlüssel zur Anwendung kommt, hat eine Ausweisung der jeweiligen Beiträge der einzelnen Wohnungseigentümer zu erfolgen. Diese Ausweisung kann entweder im Beschlusstext selbst vorgenommen werden (wohl nur zu empfehlen bei kleineren Anlagen) oder dadurch, dass auf eine entsprechende Aufstellung Bezug genommen wird, die den Eigen­tümern bei Beschlussfassung vorgelegen hat.

Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, ist die Liste im Beschluss­text zum einen genau zu bezeichnen (z. B. „Aufteilung des Gesamtbetrages der Sonderumlage nach der den Eigentümern zur Beschlussfassung Auf­stellung vom … zum Umlageschlüssel Qm/Wfl.“) und zum anderen als An­lage zur Beschlusssammlung aufzunehmen16.

Eine Nichtigkeit des Beschlusses dürfte auch dann anzunehmen sein, wenn z. B. bei einer beabsichtigten Abweichung von der gesetzlichen oder verein­barten Kostenverteilung gem. § 16 Abs. 4 die Umlage nach einem Flächen­schlüssel beschlossen wird, der jedoch nicht genau bezeichnet wird, nichteindeutig feststeht oder unter den Eigentümern streitig ist.

Äußerste Vorsicht wäre daher geboten bei der Verwendung des Umlage­schlüssels Qm/Wfl., denn daraus ergibt sich nicht, nach welchen Kriterien dieser zu berechnen ist bzw. berechnet wurde, zumal hierfür unterschiedli­che Methoden zur Ermittlung in Frage kommen (z. B. DIN 277/283 oder die Wohnflächenverordnung).

Ist der Beschluss zur Erhebung einer Sonderumlage angefochten, aber vom angerufenen Gericht noch nicht für ungültig erklärt worden, besteht die Zahlungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers fort. Er kann seine Beitragsverpflichtung nicht mit dem Argument der durch ihn erhobenen Anfechtungsklage zurückweisen.

15 OLG München ZMR 2007, 217.16 BGH IMR 2016, 334.

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Sonderumlage für Instandsetzungsmaßnahme

8

Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit des Beschlusses, z. B. aus formellen Gründen, oder wurde der Beschluss gerichtlich für ungültig erklärt, kann er inhaltsgleich im Wege des Zweitbeschlusses erneut gefasst werden. Im Zweitbeschluss ist zugleich die Aufhebung des ersten Beschlusses zu se­hen17. Der anfechtende Eigentümer wäre in diesem Fall gezwungen, seine Anfechtungsklage für erledigt zu erklären und ggf. den Zweitbeschluss an­zufechten, wenn auch dieser mangelbehaftet sein sollte.

17 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 64 zu § 28.

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Musterbeschlussantrag M IV. 4: Erhebung einer Sonderumlage zur Liquiditätssicherung der Gemeinschaft wegen Hausgeldzahlungsausfällen

1. Regelungsbedarf

Durch zwei Eigentümer der Gemeinschaft wurden Hausgeldzahlungen in der Vergangenheit nur schleppend und seit zwei Monaten gar nicht mehr erbracht Es besteht dringender Nachfinanzierungsbedarf, zumal der Ver­walter nicht ermächtigt ist, das Konto der WEG zu überziehen oder Entnah­men aus der Rücklage vorzunehmen.

2. Formulierung TOP Einladung

Erhebung einer Ausfalldeckungsumlage.

3. Antragsmuster

Zur Sicherstellung der Liquidität der Gemeinschaft im laufenden Wirt-schaftsjahr 20.. wird eine Sonderumlage in Höhe von … beschlossen. Der Gesamtbetrag wird nach den dem Verhältnis der 1000/MEA der jeweiligen Wohnungen und Tiefgaragenplätze auf alle Eigentümer umgelegt.

(Im Übrigen siehe Muster M IV. 3).

4. Anmerkungen

Es kann aus vielfachen Gründen dazu kommen, dass die Liquidität der Ge­meinschaft akut gefährdet ist. Stehen dem Verwalter keine „Ausweichmög­lichkeiten“ zur Verfügung (z. B. einstweilige Entnahme des Finanzierungs­bedarfs aus der Rücklage oder Überziehung des Gemeinschaftskontos),

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Sonderumlage für Liquiditätssicherung

2

wird er gezwungen sein, kurzfristig (ggf. unter Verkürzung der Ladungs­frist) eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, um ei­nen Beschluss über die Deckung der Finanzierungslücke herbeizuführen.

Die Erhebung einer Sonderumlage zur Ausfalldeckung kann schon dann beschlossen werden, wenn Zahlungsausfälle absehbar sind1, es muss nicht abgewartet werden, bis diese bereits eingetreten sind.

An der Sonderumlage sind auch die illiquiden Eigentümer zu beteiligen2. Sofern zu erwarten ist, dass diese ihre Beiträge zur Umlage nicht erbringen können, ist der Gesamtbetrag der Umlage entsprechend zu erhöhen3.

Wird die Umlage erst nach der Zwangsversteigerung und Vorliegen des Tei­lungsplans in der nun feststehenden Höhe des Zahlungsausfalls beschlos­sen, ist auch der Ersteher an dieser Umlage zu beteiligen4

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Ausfalldeckungsumlage stellt eine Ergänzung des beschlossenen und laufenden Wirtschaftsplans dar. Sie kann daher ebenfalls mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.

6. Anfechtungsrisiken

Unzulässig und damit mit Erfolg anfechtbar ist der Sonderumlagebeschluss, wenn die Unterdeckung des Kontos anderweitig ausgeglichen werden kann, z. B. durch die Geltendmachung fälliger Ansprüche des Verbands oder der Teilauflösung einer zu hohen Instandhaltungsrücklage5.

1 LG München I ZMR 2011, 239.2 BGHZ 108, 44.3 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 47 zu § 28.4 KG NZM 2003, 116, ablehnend Becker in Bärmann, a.a.O, RdNr. 47a unter Hinweis auf

Verstoß gegen § 56 S. 2 ZVG.5 OLG Saarbrücken NJW­RR 2000, 87.

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Musterbeschlussantrag M IV. 5: Außerordentliche Zuführung von Mitteln zur Instandhal­tungsrücklage sowie künftige Erhöhung der regelmäßigen Zuführung

1. Regelungsbedarf

In den letzten Jahren erfolgten Entnahmen in maßgeblicher Höhe aus der Rücklage. Diese ist daher weitgehend abgeschmolzen. Im laufenden Wirt­schaftsjahr fand eine umfassende Liftsanierung statt, die über eine Son­derumlage finanziert worden ist. Für diese Liftsanierung (und damit für die Erhebung der Sonderumlage) wurde gem. § 16 Abs. 4 beschlossen, die diesbezüglichen Kosten nicht gem. der GO nach 1000/MEA zu verteilen, sondern im unterschiedlichen Maße auf die Eigentümer der jeweiligen Stockwerke. In 2–3 Jahren steht erneut eine größere Instandsetzungsmaß­nahme an. Die Eigentümer möchten dafür Vorsorge treffen und die schon aufgebrachten, aber nicht verbrauchten Gelder für die Liftsanierung in die Rücklage einstellen.

Dem Verwalter kommen bei der Lektüre der Bestimmungen des § 16 Abs. 3 und 4 WEG Bedenken, ob die „Umwidmung“ mit dem für die Liftsanierung beschlossenen Umlageschlüssel möglich ist.

Ab dem nächsten Wirtschaftsjahr soll darüber hinaus die Zuführung zur Rücklage generell erhöht werden.

2. Formulierung TOP Einladung

Zuführung der geplanten, aber nicht verbrauchten Mittel für die Liftsanierung von € … in die Instandhaltungsrücklage. Hinweis zur Umlage in der Jahresab-rechnung. Erhöhung der Zuführung mit Wirkung ab … von € … auf € … jährlich.

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Außerordentliche Zuführung zur Instandhaltungsrücklage

2

3. Antragsmuster

Die im Wirtschaftsplan nach dem Beschluss der Eigentümerversammlung zu TOP … erhobenen aber nicht verbrauchten Mittel für die Liftsanierung in Höhe von € … sind vom Verwalter noch in diesem Wirtschaftsjahr der Instandhaltungsrücklage zuzuführen.

In der Jahresabrechnung ist diese Sonderzuführung nicht nach dem für die Sonderumlage beschlossenen Umlagemaßstab zu berücksichtigen, sondern nach demjenigen Schlüssel zu verteilen, der gem. der Gemein-schaftsordnung für die Beiträge der Eigentümer zur Rücklagenzuführung gilt (z. B. 1000/MEA).

Mit Wirkung ab dem nächsten Wirtschaftsjahr soll die jährliche Zuführung zur Rücklage auf € … erhöht werden. Der Verwalter wird angewiesen, diese Erhöhung mit der Erstellung des Wirtschaftsplans für das kommende Wirtschaftsjahr … zu berücksichtigen.

4. Anmerkungen

Die Eigentümer verfügen über die Beschlusskompetenz, auch einen lau­fenden Wirtschaftsplan zu ändern bzw. zu ergänzen (siehe Sonderumlage). Sie können daher auch den Verwendungszweck von Mitteln für Ausgaben, die zwar in den Plan eingestellt, aber letztendlich nicht benötigt wurden, umwidmen.

Allerdings sind die Bedenken des Verwalters berechtigt.

Vorliegend wurde beschlossen, die Kosten der Sanierung des Aufzugs nicht nach dem vereinbarten Umlageschlüssel zu verteilen, sondern in Abwei­chung davon nach einem anderen Schlüssel. Hierfür besteht unzweifelhaft eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 4 WEG.

Hingegen steht den Eigentümern keine Beschlusskompetenz aus § 16 Abs. 3, 4 WEG zu, den gesetzlichen oder vereinbarten Umlageschlüssel für die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage per Beschluss abzuändern

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M IV. 5

3

(und zwar weder mit Dauerwirkung für die Zukunft noch im Einzelfall). Der in der Gemeinschaft geltende Umlageschlüssel für die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage kann damit allenfalls über eine Öffnungsklausel oder durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer geändert werden.

Wurde also die Sonderumlage zur Finanzierung der Maßnahme nach einem anderen Umlageschlüssel erhoben als demjenigen, der für die Beiträge der Wohnungseigentümer zur Rücklagenzuführung gilt, ist diese Sonderzufüh­rung in der nachfolgenden Jahresabrechnung nach dem gesetzlichen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssel abzurechnen.

Der Verwalter hat die Eigentümer zunächst auf diese Notwendigkeit hin-zuweisen und dies auch im Beschluss zu berücksichtigen. Andernfalls wäre der Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Umwidmung freigewordener Wirtschaftsplanmittel genügt die ein­fache Mehrheit. Dies gilt auch für denjenigen Beschlussteil, der den für die Sonderumlage beschlossenen Kostenverteilungsschlüssel hinsichtlich der Zuführung nicht benötigter Mittel in die Rückstellung wieder aufhebt.

6. Anfechtungsrisiken

Der Beschluss muss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Dies ist si­cherlich dann der Fall, wenn absehbarer Bedarf für die Entnahme aus der Rückstellung besteht, die Rückstellung nicht die erforderliche Höhe auf­weist und Sonderumlagen vermieden werden sollen.

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Musterbeschlussantrag M IV. 6: Ermächtigung des Verwalters, Liquiditätsengpässe auf dem laufenden Gemeinschaftskonto durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage zu decken

1. Regelungsbedarf

Die Eigentümer lehnen mehrheitlich die Vereinbarung eines Kontokorrent­kredits ab. Stattdessen soll die Deckung von Liquiditätslücken ggf. über eine Entnahme aus der (gut gefüllten) Instandhaltungsrückstellung erfol­gen.

2. Formulierung TOP Einladung

Ermächtigung des Verwalters, kurzzeitige Liquiditätsengpässe durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage und Übertrag auf das laufende Konto zu über-brücken.

3. Antragsmuster

Der Verwalter wird ermächtigt, künftig einen Sollstand des laufenden Kon-tos der Gemeinschaft durch Entnahme des jeweils erforderlichen Betrages aus der Instandhaltungsrücklage und dessen Übertrag auf das laufende Konto auszugleichen.

Die Ermächtigung gilt auch für den Fall, dass zwar noch kein Sollstand besteht, durch fällige Rechnungen aber ein solcher sicher zu erwarten ist.

Die Entnahme aus der Rücklage darf jedoch € … im Wirtschaftsjahr nicht übersteigen.

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Deckung Liquiditätsengpässe auf Gemeinschaftskonto

2

Entnahmen sind der Instandhaltungsrücklage wieder zuzuführen, sobald das laufende Konto eine ausreichende Deckung aufweist, spätestens je-doch mit dem Ausgleich der Salden aus der jeweiligen Jahresabrechnung.

Die Ermächtigung des Verwalters durch diesen Beschluss deckt nicht Ent-nahmen, durch die die Instandhaltungsrücklage auf einen Stand unter € … sinkt.

4. Anmerkungen

Es steht den Wohnungseigentümern frei, wie sie kurzfristige auftretende Deckungslücken bei der Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums ausgleichen. Der Verwalter selbst ist – ohne entsprechende Ermächtigung seitens der Wohnungseigentümer – nicht befugt, Finanzmittel aus der In­standhaltungsrücklage zu entnehmen um Sollstände des laufenden Kontos (vorübergehend) auszugleichen.1

Gem. § 21 Abs. 3, 5 Nr. 4 WEG können die Eigentümer die Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage mehrheitlich beschließen. Nachdem kein gesetzliches Verbot besteht, eine gebildete Rücklage wieder aufzulösen, verfügen die Eigentümer grundsätzlich über die Beschlusskompetenz dazu, es sei denn, der Auflösung steht eine anderweitige Vereinbarung entgegen.2

Von ihrer Kompetenz zur Auflösung können die Eigentümer auch in der Weise Gebrauch machen, dass sie die Instandhaltungsrücklage ganz oder zum Teil anderen Zwecken zuführen, also deren Zweckbestimmung ändern.

Die Ermächtigung des Verwalters Deckungslücken im laufenden Haushalt durch Entnahme entsprechender Finanzmittel aus der Instandhaltungs­rücklage vorzunehmen kann unzweifelhaft für den konkreten Einzelfall beschlossen werden. Ob auch eine generelle Ermächtigung des Verwalters in Form eines Vorratsbeschlusses mit Dauerwirkung für die Zukunft zuläs­sig ist, wird teilweise in Frage gestellt3, jedoch von der wohl herrschenden

1 LG Berlin ZWE 2014, 460.2 Merle in Bärmann RdNr. 159 zu § 21.3 LG Köln ZWE 2012, 279; Abramenko ZWE 2015,72.

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M IV. 6

3

Meinung bejaht, sofern die anderweitige Verwendung zeitlich und betrags­mäßig begrenzt wird und auf jeden Fall eine „eiserne Reserve“ verbleibt4. Ferner muss mit dem Beschluss auch die spätere Rückführung der Entnah­men in die Instandhaltungsrücklage gewährleistet werden.

Ist eine generelle Ermächtigung mit Dauerwirkung beabsichtigt, sollte dies im Beschlusstext zum Ausdruck kommen (hier: „künftig“), um den Be­schlussgegenstand von einer Einzelregelung abzugrenzen.

Es empfiehlt sich (zur Vermeidung von Sollzinsen) weiterhin, den Verwal­ter zu ermächtigen, eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage bereits bei drohender Unterdeckung des laufenden Kontos vornehmen zu dürfen.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für den Beschluss ist die einfache Mehrheit ausreichend. Soll die Instand­haltungsrücklage vollständig aufgelöst oder anderen Zwecken zugeführt werden, wird ein allstimmiger Beschluss für erforderlich gehalten5, der dann zwar von der Beschlusskompetenz der Eigentümer gedeckt (also nicht nichtig) ist, jedoch in aller Regel wegen § 21 Abs. 5 Nr. 4 nicht den Grund­sätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen dürfte.

6. Anfechtungsrisiken

Wird die Ermächtigung des Verwalters als Dauerregelung beschlossen, ist diese – wie bei anderen Ermächtigungen in finanziellen Angelegenheiten auf eine Höchstsumme pro Wirtschaftsjahr zu begrenzen. Die Eigentümer müs­sen ihr Risiko, das sie mit der Ermächtigun eingehen, abschätzen können.

Es ist darauf zu achten, den Beschluss hinreichend konkret auszugestalten. So ist z. B. die Formulierung, dass die Entnahme auf „10 % der Plansum­me des aktuellen Wirtschaftsplans“ begrenzt wird, zu unbestimmt (da sich daraus nicht ergibt, ob dieser Begriff auch die Zuführungen zur Instandhal­tungsrücklage umfassen soll)6. Dies gilt auch für die Formulierung, dass die

4 Merle in Bärmann RdNr. 157a zu § 21.5 Merle in Bärmann RdNr. 159 zu § 21.6 LG München I IMRRS 216, 1864.

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Rückführung der Entnahme „nach vollständiger Zahlung der Hausgelder aller Wohnungseigentümer“ zu erfolgen habe, da dieser Zeitpunkt nicht be­rechenbar ist7.

Der Beschluss enstpricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn eine eiserne Reserve in der Instandhaltungsrücklage verbleibt, deren Höhe von Alter der Anlage und vom konkreten Instandsetzungsbedarf abhängt8.

7 LG München a.a.O.8 OLG Saarbrücken, NJW­RR 2000, 87.

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Musterbeschlussantrag M IV. 7: Bildung einer Liquiditätsrücklage

1. Regelungsbedarf

Die Eigentümer ziehen es vor, ihre Wirtschaftspläne auf „Kante zu nähen“. Deswegen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Liquiditätsengpäs­sen und der Notwendigkeit zur Einberufung außerordentlicher Versamm­lungen. Den Vorschlag des Verwalters zur Deckung solcher Engpässe aus der Instandhaltungsrückstellung lehnen die Eigentümer ab, weil sie be­fürchten, den Überblick zu verlieren. Sie könnten sich aber mit der Bildung einer speziellen „Liquiditätsreserve“ anfreunden und bitten den Verwalter für die nächste Versammlung einen Antragsvorschlag zur Einrichtung und Finanzierung einer solchen Rückstellung zu formulieren.

2. Formulierung TOP Einladung

Bildung einer Rückstellung zur Sicherung der Liquidität der Gemeinschaft. Finan-zierung dieser Rückstellung. Vorgaben an den Verwalter zur Mittelverwendung.

3. Antragsmuster

1.Zusätzlich zur Instandhaltungsrücklage wird zur Sicherung der jederzeiti-gen Liquidität der Gemeinschaft eine separate Rückstellung in Höhe von € … gebildet. Für diese Liquiditätsrücklage ist ein gesondertes Bankkonto mit kurzfristiger Zugriffsmöglichkeit (Tagesgeldkonto) einzurichten.

2.(Alternative 1):Die Finanzierung der Liquiditätsrückstellung erfolgt durch Erhebung einer Sonderumlage i.H.v. von € …, umzulegen auf alle Eigentümer nach 1000/MEA (im Übrigen siehe Muster M IV. 3).

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Bildung einer Liquiditätsrücklage

2

(Alternative 2):Die Liquiditätsrückstellung wird dadurch gebildet, dass dem Konto der Instandhaltungsrücklage € … entnommen und dem neu zu errichtenden Konto zugeführt werden.

(Alternative 3):Die Liquiditätsrückstellung wird durch Ansparung von jährlich € … gebil-det. Hierfür ist vom Verwalter ab dem Wirtschaftsjahr … im Wirtschaftsplan eine Position Liquiditätsrücklage vorzusehen. Für die Umlage der Beiträge gilt derselbe Schlüssel wie für die Beiträge zur Instandhaltungsrücklage. Die Ansparung erfolgt so lange, bis die Gesamthöhe gemäß Ziffer 1 erreicht ist.

(Alternative 4):Ggf. Mischform aus den vorgenannten Alternativen.

3.Der Verwalter wird ermächtigt, bei drohender Unterdeckung des laufen-den Gemeinschaftskontos der Liquiditätsrückstellung den erforderlichen Betrag zu entnehmen, um die Unterdeckung zu vermeiden. Der Verwal-ter ist weiter ermächtigt, der Liquiditätsrückstellung entnommene Mittel aus dem laufenden Konto ohne gesonderte Beschlussfassung zuzuführen, wenn absehbar ist, dass die Bewirtschaftungskosten im betreffenden Wirt-schaftsjahr niedriger sind, als im Wirtschaftsplan vorgesehen und zwar so-lange bis die in Ziffer 1 genannte Höhe der Rückstellung wieder erreicht ist.

4. Anmerkungen

Den Wohnungseigentümern steht es frei zu entscheiden, ob die Tilgung der Verbindlichkeiten über die Erhebung einer Sonderumlage, die Aufnahme eines (gesonderten) Darlehens oder durch Rückgriff auf eine anderweitig zweckbestimmte Rücklage erfolgen soll1.

1 BGH NJW 1988, 1910.

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M IV. 7

3

Die Eigentümer können daher insbesondere durch entsprechenden Be­schluss bestimmen, dass die Instandhaltungsrücklage bis auf eine eiserne Reserve (siehe hierzu Muster M. IV. 6) für die Rückführung von Verwal­tungsschulden verwendet wird.

Die herrschende Rechtsmeinung hält daher die Bildung von weiteren Son-derrückstellungen2 neben der Instandhaltungsrücklage für zulässig und verweist zur Beschlusskompetenz auf § 28 Abs. 5 WEG3. Eine solche Vor­gehensweise ist zumindest dann sinnvoll, wenn die Eigentümer eine mög­lichst große Transparenz in der Jahresabrechnung zur Mittelherkunft und Mittelverwendung erreichen möchten.

Wie die Eigentümer die Mittel für ihre Rückstellungen aufbringen, bleibt ihrem Ermessen überlassen. Es kann daher beschlossen werden, die Mit­tel über eine einmalige Sonderumlage zur Verfügung zu stellen, durch ein­ oder mehrjährige Ansparungen im Rahmen des Wirtschaftsplans oder durch eine Umwidmung eines Teils der Instandhaltungsrücklage. Selbst­verständlich ist auch eine Mischform aus den genannten Finanzierungsele­menten möglich. Allerdings muss in der Instandhaltungsrücklage immer eine „eiserne Reserve“ verbleiben.

Die Inanspruchnahme jeglicher Rückstellung durch den Verwalter bedarf einer gesonderten Ermächtigung seitens der Wohnungseigentümer durch Beschluss. Eine solche Ermächtigung kann bereits durch die Vereinbarun­gen der Wohnungseigentümer (Gemeinschaftsordnung) erteilt sein oder auch durch einen generellen Ermächtigungsbeschluss nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG mit (Dauer)wirkung für die Zukunft erfolgen. Letzteres ist auch im Verwaltervertrag möglich4.

Eine spezielle Liquiditätsrückstellung macht nur dann Sinn, wenn dem Verwalter die generelle und dauernde Ermächtigung erteilt wird, diese – nach Notwendigkeit und ohne vorherige Beschlussfassung – in Anspruchzu nehmen. Andernfalls verbliebe es dabei, dass zur Inanspruchnahme ggf.eine außerordentliche Eigentümerversammlung abzuhalten ist. Die entspre­chende Ermächtigung ist daher erforderlicher Beschlussbestandteil.

2 Vgl. Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 10 zu § 28 (m.w.N.). 3 Anderer Ansicht: Lehmann­Richter in ZWE 2014, 105 ff., der die Kompetenz aus § 21

Abs. 5 Nr. 4 und 5 WEG folgert.4 BGHZ 104, 197; LG Hamburg ZMR 2009, 477.

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Bildung einer Liquiditätsrücklage

4

Wenig Sinn ergibt es auch, eine Liquiditätsreserve einzurichten, diese ggf. im Laufe der Zeit aufzubrauchen, um dann wieder von vorne zu beginnen. Der Verwalter sollte daher zugleich ermächtigt werden, diese Rückstellung wieder aufzufüllen, sobald dies die Finanzlage der Gemeinschaft erlaubt und für ihn absehbar ist, dass ein Liquiditätsüberschuss nicht nur von kur­zer Dauer, sondern nachhaltig ist.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Sowohl für die Einrichtung wie auch für die Finanzierung der Liquiditäts­rückstellung ist die einfache Mehrheit gem. § 25 Abs. 1 ausreichend.

6. Anfechtungsrisiken

Die Höhe der Liquiditätsrücklage ist an einem möglichen Bedarf auszurich­ten. Sie muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Insofern kann sicherlich nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass ihre Höhe zu niedrig angesetzt sei, denn es besteht keine gesetzliche Verpflich­tung eine solche Rückstellung vorzuhalten. Sie darf aber auch nicht dazu dienen, ungebührliches Vermögen beim Verband anzuhäufen. Die finanzi­ellen Unwägbarkeiten sollten m.E. im Normalfall mit dem Finanzbedarf der Gemeinschaft für ein bis zwei Monate hinreichend abgedeckt sein. Maß­gebend bei der Beurteilung dieser Frage ist, ob und in welcher Höhe ein vernünftiger Eigentümer vorsorgend handeln würde.

Wird die Rückstellung ausschließlich über eine Sonderumlage finanziert, ist darauf zu achten, dass die Beiträge einzelne Wohnungseigentümer nicht überfordern.

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Musterbeschlussantrag M IV. 8: Genehmigung der Jahresabrechnung

1. Regelungsbedarf

Genehmigung der Jahresabrechnung zum abgelaufenen Wirtschaftsjahr. Bestimmung der Fälligkeit des Saldenausgleichs. Der Verwalter ist weder nach der Gemeinschaftsordnung noch nach dem Verwaltervertrag noch durch Beschluss berechtigt, einen Aktivprozess zur Beitreibung von Zah­lungsrückständen einzelner Eigentümer einzuleiten.

2. Formulierung TOP Einladung

Genehmigung der Gesamt- sowie der Einzelabrechnungen für das Wirtschafts-jahr … . Ermächtigung des Verwalters Nachzahlungsbeträge ggf. gerichtlich gel-tend zu machen.

3. Antragsmuster

Die Gesamt- sowie die Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr …vom … (Datum der Abrechnung) werden genehmigt. Der Ausgleich der sich aus den Einzelabrechnungen ergebenden Salden ist zum … fällig.

Der Verwalter wird ermächtigt, Zahlungsrückstände aus der Jahresabrech-nung zwei Wochen nach Fälligkeit gerichtlich geltend zu machen sowie hierfür einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

4. Anmerkungen

a) Rechtsgrundlagen:Die Notwendigkeit einer Abrechnung begründet sich zunächst aus derPflicht eines jeden Wohnungseigentümers gegenüber den anderen Eigen­

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Genehmigung der Jahresabrechnung

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tümern, Lasten und Kosten des Gemeinschaftseigentums entsprechend seinem Anteil zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 WEG legt wiederum fest, dass diese Lasten­ und Kostenbeiträge zur Siche­rung der Liquidität vorschussweise zu leisten sind und zwar aufgrund eines vom Verwalter zu erstellenden Wirtschaftsplans gemäß § 28 Abs. 1 WEG, dessen Grundlage die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Ge­meinschaft bilden.

Nachdem der Wirtschaftsplan naturgemäß mit Schätzungen und vorläufi­gen Zahlen operieren muss, steht die endgültige Verpflichtung des einzel-nen Eigentümers über seinen Anteil an den Lasten und Kosten naturgemäß erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres fest. Daher ist der Ver­walter gem. § 28 Abs. 3 WEG verpflichtet, nach Ablauf des Kalenderjahres (bzw. ggf. einer abweichend vereinbarten Wirtschaftsperiode) eine Abrech­nung aufzustellen.

§ 29 Abs. 3 WEG stellt klar, dass es sich bei der Abrechnung um eine solcheüber den Wirtschaftsplan handelt. Sie hat sich daher am Wirtschaftsplan zuorientieren, um die Kontrolle durch die Eigentümer zu ermöglichen.

Letzten Endes handelt es sich bei der durch den Verwalter erstellten Ab-rechnung lediglich um einen Entwurf, dem erst der Genehmigungsbe­schluss durch die Eigentümerversammlung die Abrechnungsqualität nebst den damit verbundenen Rechtswirkungen verliehen wird

b) Ersteller:Die Erstellung der Abrechnung ist eine ureigene Aufgabe des WEG-Verwal-ters. Er handelt hierbei nicht als Vertreter der Gemeinschaft und/oder derEigentümer. Die Pflicht zur Erstellung trifft bei einem Wechsel immer den­jenigen Verwalter, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit als Verwalter bestelltist1. Bei einem Verwalterwechsel am Ende einer Wirtschaftsperiode hatdaher grundsätzlich der neu bestellte Verwalter die Abrechnung zu ferti­gen, da diese naturgemäß erst nach Ablauf der Wirtschaftsperiode, über dieabzurechnen ist, innerhalb einer angemessenen Frist fällig werden kann2.Welche Frist angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Ein­zelfalls (Größe der Anlage, Schwierigkeitsgrad etc.)3.

1 OLG Zweibrücken ZMR 2007, 887; OLG Celle ZMR 2005, 718.2 OLG Düsseldorf ZMR 2001, 573.3 Abramenko in Recke/Schmid RdNr. 61 zu § 28 WEG.

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M IV. 8

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Erfüllt der Verwalter seine Pflicht nicht rechtzeitig, können die Eigentümer die Abrechnung nach erfolgloser Mahnung mit Fristsetzung durch einen Dritten erstellen lassen und die Kosten hierfür als Schadensersatz einfor­dern4. Darüber hinaus kann darin ein wichtiger Grund zur Abberufung und zur außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrags liegen5.

c) Grundsätze von Funktion, Form und Inhalt der Jahresabrechnung:Die Abrechnung dient zum einen der Kontrolle des Verwalters (Gesamt­abrechnung) und legt zum anderen in der Einzelabrechnung die Beitrags­pflicht der Eigentümer gem. § 16 Abs. 2 WEG unter Anwendung der gülti­gen Umlageschlüssel für die betreffende Wirtschaftsperiode endgültig fest.Abrechnungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 28 Abs. 3 WEG), durch Ver­einbarung kann jedoch ein anderer Zeitraum festgelegt sein.

Die Abrechnung hat das Zahlenwerk in geordneter und übersichtlicher Form, gegliedert nach Sachpositionen darzustellen, um dem Kontrollinte­resse der Eigentümer zu genügen6 und muss daher aus sich heraus klar, verständlich und schlüssig sein. Der Eigentümer muss in die Lage versetzt werden, die Abrechnung ohne Hinzuziehung eines Fachmanns auf Schlüs­sigkeit und Plausibilität nachzuprüfen7.

Eine Kontrolle ohne die Angaben der Konten­ (und ggf. Kassen)bestände ist nicht möglich, deshalb ist auch der Stand aller Konten der Gemeinschaft zum Beginn wie auch zum Ende der betreffenden Wirtschaftsperiode an-zugeben.

Die Jahres(gesamt)abrechnung nach wohnungseigentumsrechtlichen Grundsätzen stellt eine reine Einnahmen-/Ausgabenrechnung dar. In sie sind alle tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben der betreffenden Wirt­schaftsperiode einzustellen8. Es gilt das Zu­ und Abflussprinzip, d. h. Ab­grenzungen sind grundsätzlich nicht vorzunehmen.

4 KG NJW­RR 1992, 529.5 BayObLG ZWE 2000, 38.6 LG München I ZWE 2012, 140.7 BGH ZWE 2012, 170.8 BGH ZMR 2012, 372.

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Genehmigung der Jahresabrechnung

4

AchtungEine Ableitung der Betriebskostenabrechnung für den Mieter aus der Jah-resabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist daher in den seltensten Fällen ohne Weiteres möglich, da dort eine periodengerechte Abrechnung zu erfolgen hat. Wird also die Stromrechnung des Jahres 01 erst im Jahr 02 gezahlt, ist sie im Rahmen bei der Gemeinschaft für das Jahr 02 in die Abrechnung einzustellen, während diese Zahlung dem Mieter gegenüber für das Jahr 01 abzurechnen ist. Die Aufteilung der Kostenpo-sitionen mit der Jahresabrechnung in „umlagefähig“ bzw. „nicht umlage-fähig“ ist daher schon aus diesem Grund irreführend.

Will der Verwalter (ggf.) an dieser – oft auch programmseitig vorge-sehenen – Vorgehensweise festhalten, sollte er zugleich mit der Jahres-abrechnung einen entsprechenden Hinweis für vermietende Eigentümer erteilen.

Die Abrechnung ist keine Bilanz. Nach herrschender Meinung sind daher Forderungen und Verbindlichkeiten nicht aufzunehmen, ebenso wenig ist (nach derzeit noch überwiegender Ansicht) ein Vermögensstatus oder Wirt­schaftsbericht im Rahmen der Abrechnung notwendig.

Nachdem die (im Wohngeld enthaltenen) Beiträge der Wohnungseigentü­mer zur Instandhaltungsrückstellung nach dem Einnahmen­/Ausgaben­prinzip formaljuristisch keine Ausgaben und Entnahmen aus der Rücklage keine Einnahmen der Gemeinschaft sind (es handelt sich insoweit nur um interne Umbuchungen), dürfen sie auch nicht als solche abgerechnet wer­den9.

Die Beitragszahlungen der Eigentümer, die als Zuführung zur Rücklage zweckbestimmt sind, die Entnahmen aus der Rücklage (inkl. deren anteils­mäßigen Ausweis für den jeweiligen Eigentümer) sowie die Entwicklung der Rückstellung (mit Darstellung des Kontenstandes zu Beginn und Ende des Abrechnungszeitraums) müssen daher in einen gesonderten Teil der Gesamt- wie der Einzelabrechnung dargestellt werden.

9 BGH ZWE 2010, 170.

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M IV. 8

5

In diesem Teil ist anzugeben, welche Beiträge der Rückstellung (gem. Wirt­schaftsplan) zugeführt werden sollten und welche ihr tatsächlich zugeflos­sen sind10 (Soll/Ist). Ferner sind dort (sofern bestehend) die Rückstände von Eigentümern auf ihre Beitragsleistungen zur Rückstellung aufzuführen.

In der Abrechnung sind weiter die Ausgaben für Heizung und Warmwasser aufzuführen, die im Abrechnungszeitraum abgeflossen sind und mit den Einzelabrechnungen umzulegen. Auch hier gilt zunächst wohnungseigen-tumsrechtlich das Zu- und Abflussprinzip11, d. h. es sind alle Kosten in die Abrechnung einzustellen, die in der betreffenden Wirtschaftsperiode hier­für aufgewandt worden sind und zwar unabhängig davon, ob zum Ende des Abrechnungszeitraums noch Brennstoffe (z. B. Heizöl) aus dem Bezug vorhanden waren oder nicht.

Allerdings gilt die HeizkV auch im Wohnungseigentum unmittelbar und steht somit auch über etwa abweichend getroffenen Vereinbarungen (§ 3 HeizkV). Nach der HeizkV sind diese Kosten verbrauchsabhängig und pe-riodengerecht abzurechnen, d. h. eventuell zum Ende des Abrechnungs­zeitraums noch vorhandener Brennstoff ist zu berücksichtigen.

Der gemäß der HeizKV perioden­ und verbrauchsgerecht ermittelte Anteil der Eigentümer ist in die Abrechnung einzustellen und gemäß der jeweili­gen Heizkostenabrechnung auf die Eigentümer umzulegen. Darüber hinaus sind aber auch Ausgaben im Abrechnungsjahr für einen zum Schluss des Jahres noch vorhandenen Brennstoffbestand in der Abrechnung zu berück­sichtigen und nach dem allgemein vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel bzw. nach § 16 Abs. 2 WEG zu verteilen.

Die beiden unterschiedlichen Umlagebeträge für Heizung und Warmwas-ser sowie die Kostenverteilung sind vom Verwalter in der Abrechnung zu erläutern12.

Die Einzelabrechnungen, die zwingender Bestandteil einer jeden Jahresab-rechnung sind, haben objekt­ und nicht eigentümerbezogen zu erfolgen13. D.h., für jede Sondereigentumseinheit ist eine separate Einzelabrech-nung zu erstellen. Auf die oftmals geübte Praxis, Wohnung und Stellplatz

10 BGH NJW 2010, 2127.11 BGH ZMR 2012, 372.12 BGH a.a.O.13 BGH ZWE 2012, 236.

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Genehmigung der Jahresabrechnung

6

eines Eigentümers in einer Abrechnung zusammenzufassen, sollte daher verzichtet werden. Stehen also Tiefgaragenstellplätze als Teileigentum im Sondereigentum, ist auch für jeden TG­Stellplatz eine separate Einzelab­rechnung zu fertigen14.

Aus der Objektbezogenheit der Abrechnung folgt bei einem Eigentümer-wechsel während der laufenden Wirtschaftsperiode, dass demjenigen Eigen-tümer gegenüber abzurechnen ist, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Abrechnung als Eigentümer der jeweiligen Sondereigentumsein­heit im Grundbuch eingetragen ist15. Einen eventuell zeitanteiligen Aus­gleich herbeizuführen, ist allein Sache der Kaufvertragsparteien.

Viele Verwalter betrachten es als Serviceleistung bei unterjährigem Eigentü­merwechsel für Verkäufer und Erwerber jeweils eine zeitanteilige Abrech­nung zu erstellen. Dies führt jedoch u. U. zum Rechtsverlust auf Seiten der Gemeinschaft, weswegen davor nur gewarnt werden kann. Soweit nämlich auf den nicht mehr im Grundbuch eingetragenem Voreigentümer mit seiner zeitanteiligen Abrechnung ein Teil der (negativen) Abrechnungsspitze um­gelegt wird, kann diese seitens der Gemeinschaft nicht mehr eingefordert werden. Da eine Beschlussfassung zu Lasten Dritter nichtig ist, kann der ausgeschiedene Eigentümer über den Genehmigungsbeschluss nicht mehr zum Ausgleich des Saldos verpflichtet werden. Gleichzeitig scheidet eine Verpflichtung des Erwerbers hierfür aus, weil dessen Einzelabrechnung ja diesen Anteil an der Abrechnungsspitze nicht ausweist und daher vom Be­schluss nicht erfasst wird.

Die Einzelabrechnungen sind aus der Gesamtabrechnung abzuleiten, d. h. jede Kostenposition der Gesamtabrechnung ist unter Anwendung des ver-einbarten oder gesetzlichen Umlageschlüssels (§ 16 Abs. 2 WEG) auf die einzelnen Einheiten aufzuteilen und die daraus resultierenden Einzelbeträ­ge sind betragsmäßig für die jeweilige Einheit auszuweisen.

14 AG Hamburg St. Georg ZWE 2014, 289.15 BGH ZWE 2012, 90.

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M IV. 8

7

AchtungGerade für den Verwalter, der ein Objekt neu in seinen Bestand übernimmt, stellt die Prüfung der anzuwendenden Kostenverteilungsschlüssel eine be-sondere Herausforderung dar, denn oftmals wird seit Jahren oder auch Jahr-zehnten vereinbarungswidrig abgerechnet. Auf den Grundsatz „das wurde schon seit Ewigkeiten so gemacht“ kann sich der Verwalter aber kaum mit Erfolg berufen, denn an eine konkludente Änderung von Vereinbarungen durch langjährige Übung sind strenge Anforderungen zu stellen.

Der Verwalter hat daher eingehend zu prüfen, ob evtl. die vom Vor-verwalter verwendeten Umlageschlüssel dem Gesetz, den Vereinbarun-gen oder bestandskräftigen Änderungen durch Beschlussfassung seit 01. 07. 2007 entsprechen. Erfolgten Änderungen über einen Kostenver-teilungsschlüssel vor der grundlegenden Entscheidung des BGH aus demJahr 200016 zur Beschlusskompetenz, ist weiter zu prüfen, ob ggf. einevereinbarte Öffnungsklausel zu einer wirksamen Änderung führte. Liegteine solche nicht vor, ist auch der kostenverteilungsändernde Beschlussnichtig und damit unbeachtlich.

Ist der anzuwendende Umlageschlüssel aus der GO nicht eindeutig be-stimmbar, hat die Kostenumlage im Zweifel nach der gesetzlichen Rege-lung des § 16 Abs. 2 WEG zu erfolgen.

Keinesfalls können Verteilungsschlüssel wirksam mit dem Verwalterver-trag abgeändert werden. Wird die Verwaltervergütung gem. Verwalterver-trag nach Einheiten berechnet, ist aber in der Gemeinschaftsordnung für alle Kosten z. B. Qm/Wfl. bestimmt, hat die Umlage in der Jahresabrechnung auch nach Qm/Wfl. zu erfolgen. Dies gilt auch für den Fall, dass anderwei-tig neue Kosten entstanden sind, die in der Gemeinschaftsordnung keine Berücksichtigung gefunden haben (z. B. Kabelgebühren bei älteren Wohn-anlagen).

Ebenso sind mit der Einzelabrechnung die Einnahmen unter Anwendung der geltenden Umlageschlüssel aufzuteilen.

Aus den auf die Einheit entfallenden Ausgaben sowie den Einnahmen, zu denen auch die tatsächlich erbrachten Vorschüsse gehören, resultiert das Abrechnungsergebnis bzw. der Abrechnungssaldo.

16 BGH NJW 2000, 3500.

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Genehmigung der Jahresabrechnung

8

Hiervon zu unterscheiden ist die sog. Abrechnungsspitze. Diese ergibt sich indem die Sollvorschüsse gemäß Wirtschaftsplan für die betreffende Ein­heit von den auf diese Einheit entfallenden Lasten und Kosten (ggf. redu­ziert um die auf die Einheit umzulegenden Einnahmen) abgezogen werden.

BeispielFür die Einheit 01 waren im Abrechnungszeitraum €  1.000,00 an Kos-tenvorschüssen zu leisten. Der Eigentümer hat hierauf lediglich € 800,00 bezahlt. Die tatsächlichen Lasten und Kosten betrugen 1.200,00.

Das Abrechnungsergebnis beläuft sich auf € 400,00 (€ 1.200,00 Kosten ./. € 800,00 Istzahlungen), die Abrechnungsspitze jedoch nur auf € 200,00 (€ 1.200,00 Kosten ./. € 1.000,00 Sollzahlungen).

Ob die Abrechnungsspitze in der Jahresabrechnung auszuweisen ist, ist derzeit umstritten.

d) Wirkung der Beschlussfassung:Der vom Verwalter zu erstellende Entwurf einer Jahresabrechnung hat fürsich genommen in keinerlei Richtung eine anspruchsbegründende Wirkung. Notwendig hierzu ist vielmehr die Beschlussfassung über die Abrechnung.Nach überwiegender Rechtsmeinung17 sind sowohl die Gesamtabrechnungwie auch die Einzelabrechnungen Gegenstand der Beschlussfassung, zu­mal die Einzelabrechnungen aus der Gesamtabrechnung abzuleiten sind.Beide Abrechnungen stehen in einem untrennbaren Zusammenhang18.

Erst durch Beschluss über die Abrechnung insgesamt und insbesondere die Genehmigung der Einzelabrechnungen, die auf jeden Fall zwingend erfor­derlich ist19, wird der Anspruch der Gemeinschaft auf Nachzahlung durch den einzelnen Eigentümer bzw. der Anspruch des einzelnen Eigentümers auf Auskehrung eines Guthabens begründet.

17 OLG München, NJW­RR 2008, 1182; a.A. Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 125 zu § 28.

18 OLG Düsseldorf NJW­RR 2008, 171.19 LG Gera ZMR 2015, 481.

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M IV. 8

9

Die Anspruchsbegründung bezieht sich dabei lediglich auf die (positive oder negative) Abrechnungsspitze20. Rückständige Wohngelder des einzel­nen Eigentümers sind weiterhin auf Grundlage der Beschlussfassung über den vorausgehenden Wirtschaftsplan geltend zu machen.

In älteren Gemeinschaftsordnungen noch aufzufindende Genehmigungs-fiktionsklauseln, wonach die (Einzel)Abrechnung als genehmigt gilt, wenn ihr binnen einer bestimmten Frist nicht widersprochen wird, sind unwirk­sam21. Hingegen ist es zulässig, die Genehmigung der Abrechnung unter der (aufschiebenden) Bedingung zu beschließen, dass diese in Teilen oder insgesamt durch den Beirat geprüft wird22.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Genehmigung der Jahresabrechnung ist die einfache Mehrheit aus­reichend. Durch Vereinbarung kann die Genehmigung der Jahresabrech­nung wirksam auf den Beirat übertragen sein23. Der Eigentümerverwalter ist nicht gem. § 25 Abs. 5, 1.Alt. WEG mit seinem Stimmrecht für die von ihm erstellte Jahresabrechnung ausgeschlossen24.

6. Anfechtungsrisiken

Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung ist zunächst mit Erfolg anfechtbar, wenn dieser inhaltliche Mängel aufweist, sei es, dass nicht alle Ausgaben oder Einnahmen erfasst sind, sei es, dass falsche Umla­geschlüssel verwendet wurden oder sonstige Einzelfehler aufweist. Fehlen Einzelbestandteile, kann u. U. lediglich ein Anspruch auf Ergänzung gel­tend gemacht werden. Dies gilt aber dann nicht, wenn wesentliche Teile nicht vorhanden sind (z. B. Angabe der Kontenstände zu Beginn und Ende des Abrechnungszeitraums).

Zunehmend gewinnt der Einwand Bedeutung, die Abrechnung sei für den durchschnittlichen Wohnungseigentümer nicht mehr nachvollziehbar

20 BGH ZWE 2012, 375.21 KG ZMR 1990, 428.22 BayObLG ZMR 1996, 680; a.A. Jennißen RdNr. 143 zu § 28.23 OLG Hamm ZMR 2008, 63.24 BayObLG WE 1996, 234.

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Genehmigung der Jahresabrechnung

10

oder unschlüssig. Der Verwalter wird sich daher über die Gestaltung seiner Abrechnung genaue Gedanken machen müssen, zumal die Anforderungen wegen vereinbarter Abrechnungserfordernisse (v. a. in Mehrhausanlagen) aber auch durch die Vorgaben des BGH immer komplexer werden.

Der Beschluss muss eindeutig erkennen lassen, auf welche Abrechnung sich dieser genau bezieht, da es ihm ansonsten an hinreichender Bestimmt­heit mangelt. Dies gilt vor allem – aber nicht nur – dann, wenn mehrere Entwürfe vorliegen25. Die Angabe des Abrechnungszeitraums wie auch des Erstellungsdatums im Beschlusstext selbst ist daher zu empfehlen.

Hat der Verwalter unberechtigte Ausgaben getätigt und diese abgerechnet, ist die Abrechnung nicht allein deswegen mit Erfolg anfechtbar. Der Ver­walter ist vielmehr verpflichtet, auch unberechtigt getätigte Ausgaben in die Abrechnung einzustellen.

Begründete Anfechtbarkeit besteht auch, wenn nur die Einzelabrechnun-gen beschlossen werden. Die isolierte Beschlussfassung hierüber ohne gleichzeitigen oder vorangegangenen Genehmigungsbeschluss über die Ge­samtabrechnung kann keine Nachzahlungspflichten begründen26.

Hinzunehmen ist eine fehlerhafte Abrechnung, wenn es lediglich um ge­ringfügige Bagatellbeträge geht27.

Ist der Genehmigungsbeschluss zur Abrechnung mangels Anfechtung be-standskräftig, kann deren Fehlerhaftigkeit durch einzelne Eigentümer nicht mehr eingewandt werden, auch wenn die Abrechnung tatsächlich unrichtig sein sollte. Insbesondere sind Eigentümer nicht berechtigt, Auf­rechnung mit Forderungen der Gemeinschaft gegen sie (laufende Hausgeld­zahlungen etc.) zu erklären oder Zurückbehaltungsrechte (z. B. an einer eventuellen Nachzahlung aus der Abrechnung) geltend zu machen.

25 AG Hamburg­Altona ZMR 2013, 568.26 OLG Düsseldorf ZWE 2007, 452.27 BayObLG NJW­RR 1997, 715.

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Musterbeschlussantrag M IV. 9: Genehmigung der Jahresabrechnung unter Korrekturvorbehalt

1. Regelungsbedarf

Der Verwalter hat übersehen, dass gemäß einem Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG die Verwaltervergütung in der zur Versammlung vorgelegten Jahres­abrechnung nach Wohnungen und nicht nach Miteigentumsanteilen zu verteilen ist. Bei der richtigen Verteilung nach Wohnungen beträgt der auf jede Einheit entfallende Betrag € 300,00. Aufgrund der Umlage nach Mitei­gentumsanteilen wurden Beträge zwischen € 220,00 und 370,00 umgelegt. Hierauf wird der Verwalter erst in der Versammlung hingewiesen. Er stellt sich die Frage, ob er gleichwohl die Abrechnung unter dem Vorbehalt der Korrektur genehmigen lassen kann oder ob er diese neu erstellen und darü­ber in einer außerordentlichen Versammlung abstimmen lassen muss.

2. Formulierung TOP Einladung

Wie Muster M IV. 7.

3. Antragsmuster

Die vom Verwalter vorgelegte Gesamt- sowie die Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr … vom… werden unter dem Vorbehalt genehmigt, dass die Verwaltervergütung nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern nach Wohnungen verteilt wird. Somit entfällt auf jede Wohnung im ange-rechneten Wirtschaftsjahr ein Betrag von € 300,00 .

Soweit in den Einzelabrechnungen aufgrund der Umlage nach Mitei-gentumsanteilen der Verwaltervergütung ein höherer Betrag als € 300,00 ausgewiesen ist, reduziert sich der Abrechnungssaldo der Einzelabrech-nung um den über € 300,00 hinaus umgelegten Betrag, im umgekehrten Fall erhöht sich der Abrechnungssaldo entsprechend.

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Genehmigung Jahresabrechnung unter Korrekturvorbehalt

2

Der Verwalter wird angewiesen, die Einzelabrechnungen entsprechend der o. g. Vorgabe neu zu erstellen und bis zum … an alle Eigentümer zu übersenden. Es sind dann die Salden der korrigierten Einzelabrechnungen spätestens am … zum Ausgleich fällig.

4. Anmerkungen

Nach herrschender Meinung stellt die vom Verwalter zur Genehmigung vorgelegte Jahresabrechnung nur einen Entwurf dar1, der von der Eigen­tümerversammlung im Beschlusswege abgeändert werden kann. Die Ge­nehmigung der Jahresabrechnung kann – wie jeder Beschluss – auch unter den Eintritt einer (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB gestellt werden2.

Eine solche Bedingung kann darin liegen, dass die Jahresabrechnung noch­mals durch den Beirat geprüft wird3, sie kann zulässigerweise auch den Vorbehalt der Zustimmung eines einzelnen Eigentümers vorsehen4.

Zu beachten ist allerdings, dass die vorzunehmende Korrektur klar de-finiert und in den Beschlusstext aufgenommen wird5. Für jeden Eigentü­mer muss anhand des ursprünglichen Abrechnungsentwurfs und des Be­schlusstextes überprüfbar sein, ob die beschlossene Korrektur in der neuen Fassung der Abrechnung berücksichtigt wurde6. Weiter muss in zeitlicher Hinsicht klar sein, bis wann die Bedingung erfüllt sein muss und damit – vorausgesetzt, die Bedingung ist eingetreten – zu welchem Zeitpunkt der Beschluss wirksam wird.

Schließlich ist im vorliegenden Fall noch in den Beschluss aufzunehmen, wann – nach Bedingungseintritt – der Ausgleich der Salden aus der über­arbeiteten Jahresabrechnung fällig wird, denn mit der vorliegenden Be­schlussfassung kann aufgrund der aufschiebenden Bedingung eine Fällig­keit noch nicht eintreten.

1 KG NJW­RR 1987, 1161.2 Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 31 zu § 23.3 BayObLG WE 1997, 153.4 OLG Köln vom 22. 09. 2004, Az.: 16 Wx 142/04.5 AG Tostedt ZWE 2010, 290.6 AG Hamburg­Altona IMRRS 2014, 0107 (nur online).

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M IV. 9

3

Kein zwingender Beschlussbestandteil ist die Angabe, wie sich die Korrek­tur auf die einzelnen Eigentümer auswirkt. Gleichwohl empfiehlt sich dies, soweit möglich.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Der Beschluss kann mit einfacher Mehrheit getroffen werden.

6. Anfechtungsrisiken

Die Genehmigung einer Jahresabrechnung unter dem Vorbehalt einer noch durchzuführenden Korrektur ist nur dann zu empfehlen, wenn der Kor­rekturbedarf auf einen eng eingrenzbaren Bereich beschränkt ist und sich die Auswirkungen der Korrektur in einem Rahmen bewegen, der für die Eigentümer bei Beschlussfassung überschaubar ist.

Der Verwalter hat darauf zu achten, dass die vorzunehmenden Korrekturen im Beschluss selbst klar und eindeutig definiert sind. Andernfalls läuft er Gefahr, im Anfechtungsfall zur Kostentragung gem. § 49 Abs. 2 WEG ver­urteilt zu werden7.

Eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Abrechnung (die sich aus dieser selbst ergibt, wie z. B. Schreibversehen oder reine Additionsfehler) kann selbst noch nach Bestandskraft des Genehmigungsbeschlusses korrigiert werden, sofern die Korrektur keine Auswirkungen auf andere Einzelab­rechnungen hat.

7 AG Bergisch­Gladbach IMR 2013, 1018 (nur online).

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Musterbeschlussantrag M IV. 10: Ermächtigung des Verwalters, mit der kontoführenden Bank einen Überziehungsrahmen (Kontokorrentkredit) zu verein­baren

1. Regelungsbedarf

In den vergangenen Jahren kam es einige Male vor, dass durch die gleichzei­tige Fälligkeit mehrerer Rechnungen oder auch durch nicht vorhersehbare Hausgeldausfälle das Konto der Gemeinschaft kurzzeitig in die „roten Zah­len“ rutschte. Die Bank der Gemeinschaft hat zwar die Überziehung hinge­nommen, ihre „Duldungsstarre“ jedoch mit horrenden Zinsen quittiert. Das ärgert den Beirat bei seiner Belegprüfung und er schlägt dem Verwalter vor, über die Vereinbarung eines Kontokorrentkredits mit der kontoführenden Bank beschließen zu lassen.

2. Formulierung TOP Einladung

Vereinbarung eines Kontokorrentkredits mit der X-Bank für das Konto der Gemein-schaft Nr. … zur Überbrückung kurzzeitiger Liquiditätsengpässe. Ermächtigung des Verwalters zum Abschluss eines entsprechenden Vertrags mit der X-Bank.

3. Antragsmuster

1.Für das laufende Konto der WEG, KtoNr. … soll ein unbefristeter Konto-korrentkredit mit der X-Bank über max. € …. vereinbart werden, um ggf. kurzfristigen und vorübergehenden Finanzierungsbedarf der Gemeinschaft abzudecken.

2.Der Verwalter wird beauftragt und ermächtigt, im Namen der Gemeinschaft eine entsprechende Kreditvereinbarung mit der X-Bank abzuschließen.

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Ermächtigung Verwalter für Kontokorrentkredit

2

4. Anmerkungen

Zur eigenmächtigen Vereinbarung eines Kredits zu Lasten des Verbandes oder der Eigentümer ist der Verwalter nicht berechtigt. Aus § 27 Abs. 3 Nr. 5 WEG ergibt sich hierfür weder eine gesetzliche Vertretungsmacht noch eine Geschäftsführungsbefugnis1. Dies gilt auch für die kurzfristige Überziehung des laufenden Gemeinschaftskontos, selbst wenn dies zur Kostendeckung notwendig sein sollte2.

Den Eigentümern steht aber grundsätzlich die Beschlusskompetenz zur Kreditaufnahme durch den teilrechtsfähigen Verband zu3. Um einen Kre­ditvertrag mit dem kontoführenden Institut abzuschließen, muss der Ver-walter gesondert ermächtigt werden.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Zur Beschlussfassung ist gem. § 21 Abs. 3 WEG die einfache Mehrheit aus­reichend.

6. Anfechtungsrisiken

Seit der BGH­Entscheidung (NJW 2012, 3719) ist geklärt, dass den Eigentü­mern die Beschlusskompetenz zur Kreditaufnahme zusteht. Der Beschluss muss aber auch ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Früher galt hierzu das Kriterium, dass die Kreditaufnahme die Hausgeldzahlungen al­ler Eigentümer für 3 Monate nicht übersteigen und außerdem nur für kur­ze Zeit erfolgen durfte4. Dem ist nicht mehr zu folgen5. Maßgebend für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses im Rahmen eines Über­ziehungskredits dürfte allein der Maßstab der wirtschaftlichen Vernünf-tigkeit sein. Zudem darf der Beschluss nicht zu einer unverhältnismäßi-gen Belastung der Wohnungseigentümer führen.. Zur Vermeidung hoher Zinsen für eine geduldete Überziehung, erscheint die Vereinbarung eines Kontokorrentkredits durchaus sinnvoll, zumal eine Deckungslücke oft nur in geringem Umfang und für begrenzte Zeit besteht.

1 BGH ZWE 2011, 209.2 Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 241 zu § 27.3 BGH NJW 2012, 3719.4 BayObLG NZM 2006, 20.5 Elzer in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 184 c zu § 16.

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M IV. 10

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Der Beschluss muss außerdem hinreichend bestimmt sein, dafür ist es not­wendig, dass der Beschluss die genaue Höhe des Kontokorrentkredits bezif­fert. Diese darf nicht in das Belieben des Verwalters gestellt werden.

Ob auch bei der Aufnahme eines Kontokorrentkredits eine Verpflichtung des Verwalters besteht, die Eigentümer auf ihre Haftung nach § 10 Abs. 8 WEG hinzuweisen, ist derzeit noch ungeklärt. Vorsorglich empfiehlt sich ein solcher Hinweis sowie dessen Aufnahme in das Versammlungsproto­koll (siehe hierzu M IV. 11).

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Musterbeschlussantrag M IV. 11: Aufnahme eines längerfristigen Kredits durch die Gemeinschaft zur Finanzierung einer größeren Instand­setzungsmaßnahme

1. Regelungsbedarf

Die Gemeinschaft will eine größere und dringend notwendige Instandset­zungsmaßnahme durchführen. Die Mittel der Instandhaltungsrückstellung reichen hierfür bei Weitem nicht aus. Nachdem sich viele Eigentümer be­reits im Rentenalter befinden, die über keine größeren Rücklagen verfügen und damit auch Schwierigkeiten haben dürften, ihren Anteil an einer Son­derumlage über eine persönliche Kreditaufnahme aufzubringen, hat der Verwalter bei der kontoführenden Bank ein Angebot über die Finanzierung der nicht durch Rücklagen gedeckten Investitionssumme eingeholt. Das Angebot, das Muster des Kreditvertrags sowie einen schriftlichen Hinweis zur Haftung der Eigentümer im Außen­ sowie im Innenverhältnis hat der Verwalter mit der Einladung übersandt.

Im Zuge der Diskussion wenden sich einige Eigentümer vehement gegen eine Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft. Sie wären allenfalls bereit, einem derartigen Beschluss zuzustimmen, wenn sie ihren Anteil im Wege einer Sonderumlage bezahlen können und von den Zins­ und Tilgungs­leistungen freigestellt werden. Eigentümer X kündigt an, eine positive Be­schlussfassung zur Aufnahme eines Darlehens „auf jeden Fall“ anzufech­ten.

2. Formulierung TOP Einladung

Finanzierung der Maßnahme zu TOP …, durch Entnahme aus der Instandhal-tungsrückstellung i.H.v. € … sowie über eine Kreditaufnahme seitens der Ge-meinschaft i.H.v. € …, ggf. mit der Möglichkeit für einzelne Miteigentümer ihren Anteil an den Kosten durch Sonderumlage unter Befreiung von den Zins- und Tilgungsleistungen sowie eventuellen sonstigen Kosten für das Darlehen selbst aufzubringen. Erörterung der Haftung der Eigentümer für ein von der Gemein-schaft aufgenommenes Darlehen.

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

2

(Beachten Sie bitte hierzu das der Einladung beigefügte Angebot der Y-Bank für eine Darlehensaufnahme, den Entwurf des Kreditvertrags sowie die Hinweise zur Haftung aller Eigentümer für Darlehen der Gemeinschaft).

3. Antragsmuster

1.Die Finanzierung der zu TOP … beschlossenen Maßnahme von voraus-sichtlich insgesamt € …. wird mit einem Teilbetrag von € … durch Entnah-me aus der bestehenden Instandhaltungsrücklage finanziert.

2.Die Deckung des danach verbleibenden Fehlbetrags i.H.v. € … erfolgt über die Erhebung einer Sonderumlage, umzulegen auf die Wohnungen/TG-Stellplätze nach Miteigentumsanteilen (bzw. nach einem anderen in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Umlageschlüssel).

Die Sonderumlage ist fällig und zahlbar zum … .Soweit der Verwaltung eine SEPA-Lastschriftermächtigung vorliegt, wird der Einzug des jeweiligen Sonderumlagebetrages zum Fälligkeitszeitpunkt von der Verwaltung veranlasst. Die Verwaltung wird im Übrigen beauf-tragt und ermächtigt, Sonderumlagebeiträge, die bei Fälligkeit noch nicht bezahlt sind, ohne weitere Anmahnung gerichtlich geltend zu machen und hierfür ggf. einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dies gilt nicht für dieje-nigen Eigentümer, die von ihrem Ablösungsrecht als Darlehensfinanzierer gem. Ziffer 3 dieses Beschlusses Gebrauch machen.

3.Es steht allen Eigentümern frei, die ihnen obliegende Zahlungsverpflich-tung aus der unter Ziffer 2 beschlossenen Sonderumlage mit eigenen Mit-teln zu leisten (Eigenfinanzierer) oder durch die Inanspruchnahme eines von der Gemeinschaft bei der Y-Bank aufzunehmenden Darlehens gemäß Ziffer 4 dieses Beschlusses abzulösen (Darlehensfinanzierer).

Eigenfinanzierer haben ihre Absicht der Eigenleistung der Verwaltung un-widerruflich per Brief, Fax oder per E-Mail bis spätestens … (eingehend bei der Verwaltung) mitzuteilen.

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M IV. 11

3

4.Der Verwalter wird beauftragt und ermächtigt, im Namen der Wohnungs-eigentümergemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband einen Darlehens-vertrag mit der Y-Bank abzuschließen.

Die endgültige Darlehenshöhe, die der Verwalter im Rahmen des Kredit-vertrages mit der Y-Bank vereinbaren darf, errechnet sich wie folgt:

€ … (voraussichtliche Gesamtkosten) ./. € … (Entnahme aus der Rückla-ge) ./. der fristgemäß angekündigten Zahlungen der Eigenfinanzierer zur beschlossenen Sonderumlage = Darlehensbetrag.

Die Ermächtigung des Verwalters zum Abschluss des Kreditvertrags gilt gem. Angebot der Y-Bank vom …. für die nachfolgenden Konditionen:

Höchstdarlehenssumme: siehe Absatz 3Auszahlung: …. %Laufzeit: …. JahreZinssatz p. A.: ….% nominal/.…% effektiv (sonstige Kosten ….)Anfängliche Tilgung p. A.: …. %Gesamtkosten (Zins/Tilgung/Nebenkosten) ….. € Vollständige Tilgung: zum Laufzeitende, d. h. zum … .Anschlussfinanzierung: nicht notwendig

Der Verwalter ist im Zusammenhang mit der Kreditaufnahme berechtigt, der Y-Bank Auskunft über die für den Kreditabschluss erforderlichen Daten der Eigentümer zu erteilen (Name, Wohnsitz, Geburtsdatum, Miteigen-tumsanteile). Er ist ferner berechtigt, der Bank – soweit erforderlich – Aus-kunft über etwa in den letzten … Jahren bestehende Wohngeldrückstände zu geben.

5.Zins und Tilgungsleistungen sowie sonstige Nebenkosten des Darlehens sind künftig im Innenverhältnis nur auf die Darlehensfinanzierer umzu-legen. Die Verteilung der Kosten auf diese Eigentümer bemisst sich nach dem Umlageschlüssel der unter Ziffer 1 beschlossenen Sonderumlage (d. h. – z. B. – 1000/MEA).

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

4

Der Verwalter wird in diesem Zusammenhang angewiesen, künftig im Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung eigene Kostenpositionen für Darlehenszinsen bzw. sonstige Darlehenskosten und die Darlehenstilgung zu bilden und mit den dort ausgewiesenen Kosten nur diejenigen Eigentü-mer zu belasten, die ihren Anteil an der Sonderumlage über das Verbands-darlehen finanziert haben.

6.Der Verwalter wird ferner angewiesen, den Darlehensvertrag mit der Y-Bank erst dann abzuschließen, wenn dieser Beschluss bestandkräftig ist. Die Arbeiten für die unter TOP … beschlossenen Maßnahme dürfen erst dann beauftragt werden, wenn der Kreditvertrag mit der Y-Bank rechts-wirksam zustande gekommen ist.

7.(Ggf.:)Die von den Selbstfinanzierern bezahlten Sonderumlagebeiträge wie auch der ausbezahlte Darlehensbetrag sind zunächst der Instandhaltungsrück-lage zuzuführen. Aus dieser sind dann die Gesamtkosten der Maßnahme zu bestreiten.

4. Anmerkungen

a)Grundsätzliches:

Nach der gesetzlichen Konzeption des § 16 Abs. 1 und 2 WEG hat die Ge­meinschaft sämtliche Lasten und Kosten für den Betrieb und den Unterhalt aber auch für die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftli­chen Eigentums aus den regelmäßigen Beitragsleistungen der Wohnungs­eigentümer zu bestreiten. Zur Finanzierung größerer Instandhaltungs­ bzw. Instandsetzungsmaßnahmen ist eine Rückstellung in angemessener Höhe anzusammeln (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG).

Reichen die Beiträge der Eigentümer gemäß Wirtschaftsplan im Einzelfall nicht aus, um die anfallenden Kosten zu decken, so ist zunächst über eine Sonderumlage zur Schließung einer Finanzierungslücke nachzudenken.

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M IV. 11

5

Bei kostenintensiven Instandhaltungsmaßnahmen stoßen jedoch auch hier Gemeinschaften schnell an ihre Grenzen, denn es liegt selten eine homoge­ne Finanzkraft der Eigentümer vor.

Bereits früher wurde daher von der Rechtsprechung anerkannt, dass kurz­fristige Liquiditätsengpässe auftreten können, die es sachgerecht erschei­nen lassen, zur Sicherung des laufenden Finanzbedarfs zumindest vorüber­gehend kurzfristige Darlehen aufnehmen zu können.

Vor der zunächst vom BGH postulierten Teilrechtsfähigkeit des Verbands der Wohnungseigentümer, die mit der Reform des WEG zum 01. 07. 2007 auch gesetzlich statuiert wurde, lag die Problematik einer Kreditaufnah­me seitens der Gemeinschaft darin, dass sämtliche Miteigentümer für die Kreditsumme in voller Höhe gesamtschuldnerisch gem. § 421 BGB hafte­ten. D. h., der jeweilige Kreditgeber konnte jeden einzelnen Miteigentümer auf Rückzahlung der gesamten Kreditsumme in Anspruch nehmen. Es war dann Sache des in Anspruch genommenen Eigentümers einen internen Ausgleich mit seinen Miteigentümern herbeizuführen.

Trotzdem wurde eine kurzfristige Kreditaufnahme von der Rechtsprechung als ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend erachtet, wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen.

Demnach war eine Kreditaufnahme nur dann zulässig, wenn die Kredit­summe die Summe der Hausgeldzahlungen aller Wohnungseigentümer für drei Monate nicht überstieg und ausschließlich zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses diente1.

Seit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit des Verbandes der Wohnungs­eigentümer haftet der einzelne Eigentümer nunmehr im Außenverhältnis nur noch nach dem Verhältnis der ihm zugewiesenen Miteigentumsanteile (§ 10 Abs. 8 S. 1, 1. HS WEG), allerdings obliegt ihm im Innenverhältnis beiZahlungsausfällen einzelner Eigentümer eine Nachschusspflicht, denn dieWohnungseigentümer sind untereinander verpflichtet, für einen ausgegli­chenen Etat zu sorgen (§ 28 Abs. 1 S. 1 WEG).

1 s. Elzer in Riecke Schmid RnNr. 184b zu § 16 WEG m.w.N.

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

6

Da der BGH im Jahr 2012 lediglich entschieden hatte, dass den Wohnungs­eigentümern grundsätzlich die Beschlusskompetenz zusteht, einen Dar­lehensvertrag zulasten des teilrechtsfähigen Verbands abzuschließen, der zur Deckung des Finanzbedarfs dienen soll2, war bislang höchstrichterlich noch ungeklärt, wann der Beschluss über die Aufnahme eines langfristigen Kredits durch den Verband ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und welche rechtliche Vorgaben bei der Beschlussfassung einzuhalten sind.

Hierüber hat nunmehr der BGH mit seinem Urteil vom 25. 09. 20153 Klar­heit geschaffen. Er postuliert Folgendes:

− Die Aufnahme eines langfristigen hohen Kredits durch die Wohnungs­eigentümergemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband) kann grund-sätzlich ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Wesentliche Vor­aussetzung dafür ist allerdings, dass das Risiko einer Nachschusspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung erörtert wurde. Zwar könne eine solche Nachschusspflicht auch dann entstehen, wenn eine Sonderumlage beschlossen wird und hinsichtlich einzelner Miteigentümer Zahlungsausfälle auftreten, allerdings ist eine solche Sachlage nicht vergleichbar mit der Aufnahme eines Kredits mit einer längeren Laufzeit. Denn zur Zeit der Beschlussfassung wissen die Eigen­tümer nicht, welche Miteigentümer dem Verband künftig angehören wer­den und ob diese ihren Verpflichtungen nachkommen können.

− Ob eine Kreditaufnahme im Einzelfall ordnungsmäßiger Verwaltung ent­spricht, lässt sich aber nur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der allseitigen Inter-essen sämtlicher Wohnungseigentümer feststellen, wobei insbesondere folgende Überlegungen anzustellen sind:

+ Zunächst ist zu prüfen, welcher Maßnahme die Kreditfinanzierung die­nen soll. Je dringlicher eine Maßnahme ist, umso eher könne diese – bei fehlender Liquidität – über eine Kreditaufnahme finanziert werden. Bei dringlichem Instandhaltungs­ bzw. Instandsetzungsbedarf sei ein solches Bedürfnis zu bejahen. Soll mit dem Darlehen eine Moderni­sierung der Wohnanlage durchgeführt werden, kommt es darauf an: Je

2 BGH NJW 2012, 3719.3 BGH NZM 2015, 821.

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M IV. 11

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notwendiger sie ist, um die Wohnanlage auf einen zeitgemäßen Stan­dard zu heben, desto eher wird eine Darlehensaufnahme ordnungsge­mäßer Verwaltung entsprechen.

+ Sowohl die Kreditaufnahme für eine Instandhaltung bzw. Instandset­zung wie auch für eine Modernisierung nach § 22 Abs. 2 kann damit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Es kommt auf die Dringlichkeit/Notwendigkeit an. Kann also mit der Durchfüh-rung einer Maßnahme noch einige Jahre abgewartet werden, ist der Finanzierungsbedarf ggf. zunächst durch eine Erhöhung der Zufüh-rung in die Instandhaltungsrückstellung zu decken.

+ Ferner ist von Bedeutung, inwieweit es möglich ist, die notwendigen Mittel durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage bzw. die Erhebung einer Sonderumlage aufzubringen. Eine Kreditaufnahme scheidet in der Regel also dann aus, wenn in der Instandhaltungs-rücklage ausreichend Mittel vorhanden sind und auch nach Durch-führung der Maßnahme noch ein Rest für dringliche Instandsetzun-gen verbleibt (Notreserve).

Ebenso dürfte eine Kreditaufnahme dann nicht ordnungsgemäßer Ver­waltung entsprechen, sofern die Erhebung einer Sonderumlage ein-zelne oder mehrere Miteigentümer nicht überfordert. Es besteht dann kein Bedürfnis die Risiken der Zins­ u. Tilgungsfinanzierung einzuge­hen, selbst wenn den Eigentümern eine Finanzierung der Maßnahme über Kredit angenehmer erscheinen mag.

+ Weiter ist die Höhe des Gesamtdarlehensbetrags zu beachten. Auch die Zins- und Tilgungsraten dürfen die einzelnen Eigentümer in Bezug auf die künftig zu leistenden Wohngeldvorschüsse nicht überfordern. In die Überlegungen einzubeziehen ist in diesem Zusammenhang auch eine infrage kommende Nachschusspflicht der einzelnen Wohnungs­eigentümer. Sofern angesichts der Höhe der Belastung sowie evtl. be-reits bestehender Wohngeldausfälle oder aufgrund anderer Umstände absehbar ist, dass die Gemeinschaft nicht in der Lage ist, den Kredit sicher zu bedienen, muss von einer Darlehensaufnahme Abstand ge-nommen werden.

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

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+ Das Alter der Wohnanlage sowie deren Zustand sind ebenfalls zu be­rücksichtigen, soweit daraus während der Laufzeit des Kredits wei­tere finanzielle Belastungen entstehen können. Ist also während der Laufzeit des Darlehens weiterer kostspieliger Instandsetzungsbedarf zu erwarten, für den ebenfalls keine ausreichenden Mittel vorhanden sind, muss von der Kreditfinanzierung der anstehenden Maßnahme Abstand genommen werden.

+ Für die Beurteilung eines Beschlusses zur Kreditaufnahme im Hinblick auf eine ordnungsmäßige Verwaltung sind ferner die Kreditkonditio-nen, insbesondere die Höhe der Zinsen, die sonstigen Zusatzkosten, die Laufzeit des Darlehens und die Zahlungsbedingungen zu beachten. Eine dauerhafte Verschuldung der Gemeinschaft ist grundsätzlich zu vermeiden. Dies bedingt, dass der Kredit am Ende der Laufzeit zu-rückgezahlt ist, wobei eine längere Laufzeit als zehn Jahre nur in Aus-nahmefällen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen dürfte.

+ Ein Anspruch einzelner Eigentümer darauf, ihren Anteil an der Kre-ditsumme selbst zu finanzieren und diesen als Sonderumlage (zur Ab-wendung seiner quotalen Haftung) zu erbringen besteht grundsätzlich nicht! Gleichwohl kann liquiden Eigentümern die Möglichkeit einge­räumt werden, ihren finanziellen Beitrag zur beschlossenen Maßnah­me, für die Kredit aufgenommen werden soll, sofort zu entrichten, mit der Folge, dass ein Darlehen nur in entsprechend geringerer Höhe auf­genommen werden muss. Allerdings entfällt dadurch die gesetzliche Haftung des § 10 Abs. 8 WEG nicht. Die Mithaftung derjenigen Eigen­tümer, die vorzugsweise den auf sie entfallenden Betrag zur Durchfüh­rung der Maßnahme aus eigenen Mitteln aufbringen wollen kann allen­falls dadurch begegnet werden, dass ein Darlehen in Gesamthöhe in Anspruch genommen wird, gleichzeitig aber solchen Miteigentümern das Recht zur sofortigen Sondertilgung – und zwar unter Befreiung der Haftung nach § 10 Abs. 8 WEG eingeräumt wird. Es versteht sich von selbst, dass mit einer solchen Vorgehensweise der Darlehensgeber einverstanden sein muss. Damit entfällt jedoch nicht die Nachschuss-pflicht derjenigen Eigentümer im Innenverhältnis.

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− An die Beschlussfassung sowie den Beschlussinhalt selbst stellt der BGH folgende Anforderungen:

+ Der Kreditaufnahmebeschluss muss (wie jeder Beschluss) hinreichend bestimmt sein. Der Beschlusstext muss damit die wesentlichen Rah-menbedingungen des Darlehensvertrages enthalten. Notwendig sind Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Dar-lehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes (bzw. die Höhe des nicht zu überschreitenden Zinssatzes). Ferner muss aus dem Beschluss selbst hervorgehen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kre­dit am Ende der Laufzeit getilgt oder ob eine Anschlussfinanzierung notwendig ist.

+ Nicht zwingend erforderlich ist es hingegen, im Beschluss selbst die Beitragsleistungen der einzelnen Eigentümer für die Bedienung des Kredits aufzuführen.

+ Für wünschenswert erachtet der BGH („zugleich bietet sich an“) die Information der Eigentümer vor der Beschlussfassung über die Vermö-genssituation der Gemeinschaft, insbesondere über etwa bestehende Wohngeldrückstände. Der noch durch die Vorinstanz geforderten Of­fenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse aller Wohnungseigentü­mer sowie etwa bestehender Grundpfandrechte erteilt der BGH damit eine Absage, da ein solcher Anspruch nicht bestehe.

+ Schlussendlich weist der BGH darauf hin, dass die Eigentümer in der Versammlung auf ihre im Innenverhältnis bestehende Nachschuss-pflicht bei Zahlungsausfällen zu unterrichten sind. Insbesondere den­jenigen Eigentümern, die ggf. ihren Anteil an der Maßnahme selbst finanzieren wollen, muss erläutert werden, dass sie dadurch einer sol­chen Pflicht nicht entgehen können und demgemäß nicht ausschließ­lich der Außenhaftung gem. § 10 Abs. 8 unterliegen.

AchtungWichtig für den Verwalter ist in diesem Zusammenhang die Beachtung der Forderung des BGH, dass o. g. Aufklärung der Eigentümer ausdrück­lich im Protokoll dokumentiert werden muss. Allerdings ist es nicht not-wendig die Unterrichtung in den Beschlusstext selbst aufzunehmen.

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

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Der Verwalter weist im Rahmen einer etwaigen Kreditaufnahme durch den Verband zur Haftung der Eigentümer auf Folgendes hin:

Für die Rückzahlung des ggf. zu beschließenden Darlehens haftet jeder Ei-gentümer gegenüber der Y-Bank (also im Außenverhältnis) in Höhe seiner Miteigentumsanteile. Darüber hinaus sind alle Miteigentümer im Innen-verhältnis (also untereinander) nach § 28 Abs. 2 WEG verpflichtet für eine ausreichende Finanzierung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten zu sorgen.

Können also ein oder mehrere Miteigentümer ihren Zahlungsverpflichtun-gen gegenüber dem Verband nicht mehr nachkommen, sind die übrigen Miteigentümer verpflichtet, für deren Anteil aufzukommen und ggf. ent-sprechende Nachschüsse zu leisten.

Dies gilt auch für solche Eigentümer, die die anteiligen Kosten an der Maß-nahme aus eigenen Mitteln zahlen und zur Finanzierung nicht das Darle-hen in Anspruch nehmen.

(ggf.: Fragen der Eigentümer hierzu werden beantwortet. Die geplante Darlehensaufnahme wird unter diesem Aspekt diskutiert.)

b)Zum vorliegenden Antragsmuster im Einzelnen:

Das Antragsmuster geht von der Annahme aus, dass zum Zeitpunkt der Ei­gentümerversammlung noch nicht feststeht, ob und ggf. welche Eigentümer ihre anteiligen Kosten selbst tragen wollen und wie viele Eigentümer die Fi­nanzierung ihres Anteils über das Verbandsdarlehen in Anspruch nehmen.

Steht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung schon fest, welche Eigentümer die auf sie entfallenden Kosten aus eigenen Mitteln leisten und welche die Darlehensfinanzierung in Anspruch nehmen wollen, wäre der Beschluss unter den Ziffern 3 und 4 wie folgt zu modifizieren:

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3.Die Eigentümer der Wohnungen Nr.: … /TG—Stellplätze Nr.: … leisten die Sonderumlage binnen der unter Ziffer 2 genannten Frist aus eigenen Mitteln.

Die Verpflichtung zur Leistung der Sonderumlage für die Eigentümer der übrigen Wohnungen und TG-Stellplätze wird abgelöst durch die Inan-spruchnahme eines von der Gemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband aufzunehmenden Darlehens bei der Y-Bank gem. Ziffer 4 dieses Beschlus-ses.

4.Der Verwalter wird beauftragt und ermächtigt, im Namen und mit Voll-macht der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Darlehensvertrag mit der Y-Bank zu den nachfolgend genannten Konditionen abzuschließen.

(Absatz 3 der Ziffer 4 des Antragsmusters kann damit entfallen)

Zu Ziffer 1:Nach den Vorgaben des BGH muss der Beschluss Angaben über die zu fi­nanzierende Maßnahme enthalten. Dies kann durch Verweis auf den (unter einem separaten TOP) getroffenen Beschluss zur Maßnahme selbst erfolgen. Die voraussichtlichen Gesamtkosten sind aufzuführen. Soll die Maßnahme aus mehreren „Töpfen“ finanziert werden, ist es im Rahmen des Finan­zierungsbeschlusses zur hinreichenden Bestimmbarkeit unabdingbar er­forderlich, die jeweiligen Anteile (soweit schon feststehend) betragsmäßig auszuweisen.

Zu Ziffer 2:Da die Gemeinschaft kein Darlehen für einzelne Eigentümer aufnehmen kann und Banken wohl nicht bereit sein dürften, einzelne Eigentümer von deren Außenhaftung gem. § 10 Abs. 8 WEG auszunehmen, muss die Finanzierung der nicht durch die Rücklage abgedeckten Kosten zunächst zwingend über eine Sonderumlage erfolgen, die gegenüber sämtlichen Mit­eigentümern fällig zu stellen ist. Zur hinreichenden Bestimmtheit dieses Beschlussteils ist es notwendig den Gesamtbetrag der Umlage exakt zu be­

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

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ziffern, ebenso ist es erforderlich den Umlagemaßstab im Beschluss festzu­legen (vgl. zur Sonderumlage allgemein Muster M IV. 3), da andernfalls die Nichtigkeitsfolge droht.

Soll die Fälligkeit der Umlagebeiträge nicht sofort mit Beschlussfassung eintreten, muss der genaue Fälligkeitszeitpunkt mitbeschlossen werden (dies ist hier ohnehin schon deswegen notwendig, weil die Eigenfinanzie­rer noch nicht feststehen). Bei einem Eigentümerwechsel ist derjenige zur Zahlung verpflichtet, der zum Fälligkeitsdatum als Eigentümer im Grund­buch eingetragen ist.

Um eine zügige Umsetzung der Maßnahme selbst nicht zu gefährden, sollte sich der Verwalter ggf. ermächtigen lassen, bei säumigen Zahlern gerichtli­che Beitreibungsmaßnahmen einzuleiten (vgl. hierzu Ziffer 4 zu Muster M. IV. 3 am Ende).

Zu Ziffer 3:Dieser Beschlussteil enthält die Option für alle Eigentümer, den auf sie ent­fallenden Umlageanteil entweder aus eigenen Mitteln zu finanzieren oder durch den auf sie entfallenden Teilbetrag am Verbandsdarlehen zu ersetzen und sich dadurch von der Leistung der Sonderumlage zu befreien. Auch hier hat der Verwalter ein ordnungsgemäßes Verfahren sicherzustellen. Die Absichtsbekundung der Eigenleistung kann entweder durch die hier vorge­sehene fristgebundene und unwiderrufliche Mitteilung an den Verwalter vorgesehen werden oder wahlweise durch die Bestimmung eines frühen (d. h. vor dem geplanten Abschluss des Kreditvertrages liegenden) Einzah­lungstermins der anteiligen Beiträge der Eigenfinanzierer auf dem Gemein­schaftskonto.

M. E. sollte bei der Bestimmung der Form der Mitteilung von den gesetzli­chen Begrifflichkeiten (Elektronische Form/Textform/Schriftform gem. den§§ 126–126 b BGB) abgesehen werden, da den wenigsten Eigentümern diedort festgelegten Erfordernisse geläufig sind. Empfehlenswert ist es viel­mehr die erforderliche Art der Mitteilung konkret zu benennen.

Zu Ziffer 4:Da der Verwalter aus den gesetzlichen Bestimmungen heraus nicht berechtigt ist, Kreditverträge zu Lasten der Eigentümer oder des Verbandes abzuschlie­ßen, benötigt er hierfür eine diesbezügliche Ermächtigung. Andernfalls han­delt er als vollmachtloser Vertreter und haftet selbst für die Verpflichtungen

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aus dem abgeschlossenen Vertrag, wenn keine nachträgliche Genehmigung durch die Eigentümer erteilt wird (§ 177 Abs. 1 i.V.m. § 179 Abs. 1 BGB). Diese Ermächtigung enthält Ziffer 4 Satz 1 des Beschlusses.

Auch diese muss wieder hinreichend bestimmt sein, um sie nicht der Ge­fahr der Nichtigerklärung durch das ggf. angerufene Gericht auszusetzen.

Sofern die endgültige Darlehenshöhe (wie hier) bei Beschlussfassung noch nicht feststeht, ist es m.E. in diesem Zusammenhang zwingend erforderlich, das Kreditvolumen durch den Beschluss selbst so genau festzulegen, dass es anhand der übrigen Beschlussparameter ohne Weiteres berechnet wer­den kann und nicht im Belieben des Verwalters liegt. Um dem Rechnung zu tragen, wird vorliegend die Berechtigung des Verwalters zur Höhe der ggf. mit der Bank zu vereinbarenden Darlehenssumme genau vorgegeben.

Liegt erst ein Angebot zum Abschluss des Kreditvertrages mit der Bank vor, jedoch noch kein Entwurf des Kreditvertrages selbst, sollten die wesentli­chen Eckdaten zu dem ein Vertragsabschluss vom Verwalter vorgenommen werden darf im Beschlusstext selbst benannt werden. Auch hier droht an­sonsten der begründete Vorwurf, dass der Beschluss zu unbestimmt und damit nichtig sei.

Besser ist es selbstverständlich, wenn der Versammlung ein bereits aus­gehandelter Kreditvertragsentwurf vorliegt, der möglichst bereits mit der Einladung allen Eigentümern übersandt worden ist und der ggf. nur noch der Annahme durch die Eigentümer bedarf.

In diesem Fall könnte der Beschlusstext wie folgt gefasst werden:

Die Ermächtigung des Verwalters gilt für den Abschluss des Kreditvertrages mit der Y-Bank zu den Konditionen gemäß dem mit der Einladung über-sandten Vertragsentwurf vom … .

Der Verwalter hat in diesem Fall jedoch zu beachten, dass der Vertragsent­wurf der Beschlusssammlung als Anlage beizufügen ist, um die entspre­chende Information eventueller Sonderrechtsnachfolger zu gewährleisten.

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

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Soweit die kreditgewährende Bank Daten der einzelnen Eigentümer ver­langt, bedarf der Verwalter ebenfalls einer entsprechenden Ermächtigung. Die Datenschutzbestimmungen sind zu beachten.

Zu Ziffer 5:Der Beschlussteil zu Ziffer 5 dient dazu, die künftigen Aufwendungen für das Darlehen (d. h. vor allem Zins und Tilgung) im Innenverhältnis nur auf diejenigen Eigentümer umzulegen, die ihren Sonderumlageanteil über das Verbandsdarlehen erbringen und die Eigenfinanzierer davon freizustellen.

Da Zins­ und Tilgungsleistungen aus Mitteln der Gemeinschaft erfolgen, wären diese Aufwendungen gem. § 16 Abs. 2 WEG grundsätzlich auf alle Eigentümer umzulegen. Der BGH sieht indes eine davon abweichende Re­gelung der Kostenumlage von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG gedeckt.

Zur praktischen Umsetzung sind daher in Wirtschaftsplan und Jahresab­rechnung separate Kostenpositionen für Zins­ und Tilgungsleistungen zu bilden und diese jeweils ausschließlich auf Darlehensfinanzierer umzu­legen. Die separate Ausweisung der Zinsaufwendungen ist deswegen er­forderlich, weil diese bei vermietenden Eigentümern steuerrechtlich Wer­bungskosten darstellen.

Zu Ziffer 6:Wird der Beschluss zur Kreditaufnahme auf Anfechtung hin für ungültig erklärt, ist auch die Ermächtigung des Verwalters zum Abschluss des Ver­trages gegenstandslos. Der Kredit müsste rückabgewickelt werden und den Verwalter trifft u. U. die Haftung nach § 179 Abs. 1 BGB. Dies gilt es zu verhindern, indem vor Abschluss des Darlehensvertrages die Bestandskraft des Beschlusses abgewartet wird.

Die Maßnahme selbst darf ebenfalls erst beauftragt werden, wenn die Fi­nanzierung sichergestellt ist4. Das setzt das Vorliegen eines rechtswirksa­men Kreditvertrags voraus.

Zu Ziffer 7:Handelt es sich um eine Maßnahme, die periodenübergreifend durchgeführt wird, deren Gesamtkosten also nicht nur in einem einzigen Wirtschaftsjahr

4 BGH NJW 2011, 2958.

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anfallen, ist darauf zu achten, dass die aus der Sonderumlage und dem Kre­dit vereinnahmten Gelder zunächst der Instandhaltungsrücklage zugeführt werden, da ansonsten diese Einnahmen (anteilig) mit der Jahresabrechnung wieder ausgeschüttet werden müssten.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für den Beschluss zur Kreditaufnahme ist die einfache Mehrheit ausrei­chend. Dies gilt auch für den Beschlussteil zur abweichenden Kostenver­teilung (Freistellung der Eigenfinanzierer), da Beschlüsse nach § 21 Abs. 7 ebenfalls mit einfacher Mehrheit getroffen werden können.

6. Anfechtungsrisiken

Die Vorbereitung der Beschlussfassung zur Aufnahme eines Kredits seitens der Gemeinschaft bedarf der besonderen Aufmerksamkeit des Verwalters. Die Ankündigung in der Einladung „Aufnahme eines Kredits durch die Gemeinschaft über € …“ dürfte daher dem Informationsinteresse der Ei­gentümer und deren Bedürfnis zur ausreichenden Vorbereitung auf die Be­schlussfassung kaum genügen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft von der Rechtsprechung in den aller­meisten Fällen als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB qualifiziert wird5. Es gel­ten daher die Regelungen zum Verbraucherdarlehen gem. den §§ 491 ff. BGB. Den Eigentümern sind deshalb zur Beschlussfassung vom Verwalter diejenigen Informationen zur Verfügung zu stellen, zu deren Erteilung der Darlehensgeber gegenüber dem Verband verpflichtet ist (§ 491a BGB i.V.m. Art. 247 EGBGB). Dringend zu empfehlen ist daher die Übersendung eines (ausgehandelten) Kreditvertragsentwurfs mit der Ladung zur Versammlung. Diese Vorgehensweise bietet zudem den Vorteil, dass die wesentlichen Kre­ditvertragskonditionen nicht im Beschlusstext aufgeführt werden müssen, sondern eine Bezugnahme ausreicht.

Verwalter, die grundsätzlich nur ein Beschluss­ und kein Verlaufsprotokoll erstellen, haben die Vorgabe des BGH zu beachten, dass die Problematik der Nachschusspflicht aller übrigen Eigentümer bei Zahlungsausfall eines

5 BGH NZM 2015, 665.

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Kreditaufnahme Finanzierung Instandsetzungsmaßnahme

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oder mehrerer Eigentümer nicht nur Gegenstand der Erörterung in der Versammlung vor der Beschlussfassung gewesen sein muss, sondern dies auch zwingend zu protokollieren ist6. Dies (Erörterung und Protokollie­rung) sollte auch dann erfolgen, wenn der Verwalter einen entsprechenden Hinweis bereits mit der Einladung übersandt hat.

Ein Beschluss zur Kreditaufnahme seitens des Verbandes kann hingegen nicht mit Erfolg deswegen angefochten werden, weil dieser den Eigentü-mern keine Option einräumt, ihren Kostenanteil an der Maßnahme aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Insofern führt der BGH aus, dass kein Ei­gentümer verlangen könne, dass die Finanzierung eines Vorhabens nach seinen eigenen Präferenzen gestaltet werde. Er sei vielmehr an den Mehr­heitsbeschluss gebunden.

6 BGH NZM 2015, 821.

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Musterbeschlussantrag M IV. 12: Änderung der vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel für Betriebs­ und Verwaltungskosten gem. § 16 Abs. 3 WEG

1. Regelungsbedarf

In der Gemeinschaftsordnung ist vereinbart, dass sich die Umlage sämt­licher Kosten nach den Miteigentumsanteilen richtet. Allerdings erfolgte die Zuordnung der Miteigentumsanteile offensichtlich nicht nach dem Verhältnis der Wohnflächen. Die Wohnung des Eigentümers Herrn X ist im Vergleich zu den anderen Wohnungen bei Anwendung des geltenden Schlüssels mit ca. 30 % Mehrkosten belastet. Hinzu kommt, dass für die Eigentümerin der DG­Wohnung, Frau Y, ein Ausbaurecht hinsichtlich des darüber liegenden Spitzbodens vereinbart ist, das diese auch wahrgenom­men hat.

Eine Klausel, wonach die Kostenverteilung nach erfolgtem Ausbau ange­passt werden kann bzw. eine generelle Öffnungsklausel zur Änderung der Vereinbarungen durch Beschluss findet sich nicht in der Gemeinschafts­ordnung.

Herr X beantragt daher, dass künftig sämtliche Kosten nach dem Ver­hältnis der Grundflächen der Wohnungen – wie in den Aufteilungsplänen ausgewiesen – umgelegt werden sollen. Auch beim ausgebauten Spitzbo­den soll die Grundfläche gem. Aufteilungsplan herangezogen werden. Dem widerspricht Frau Y vehement, schließlich sei wegen der flachen Dachnei­gung nur eine sehr viel geringere Fläche als die Grundfläche des Spitzbo­dens tatsächlich nutzbar.

Eigentümer Z wendet ein, seine Wohnung sei nicht aufteilungsplange­mäß errichtet worden. Tatsächlich habe sie eine kleinere Fläche, als dort ausgewiesen. Er sehe auch nicht ein, warum nunmehr die Kosten für Kalt­ und Abwasser nach der Grundfläche verteilt werden sollen, hierfür soll­ten vielmehr Kaltwasserzähler eingebaut werden. Ebenso wenig eigne sich der Flächenmaßstab für die Verwalterkosten. Dieser Aufwand falle für jede Wohnung gleichermaßen und zwar unabhängig von ihrer jeweiligen Größe, an. Für die Verteilung der Heiz­ und Warmwasserkosten sei ohnehin die HeizkostenVO maßgebend. Schlussendlich wäre bei den Liftkosten zu be­rücksichtigen, dass der Aufzug von den Eigentümern in den oberen Stock­werken wesentlich intensiver genutzt wird als im EG oder 1. OG.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG

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Verwalter V hält eine generelle Änderung der Kostenverteilung für In­standhaltung und Instandsetzung sowie für die Zuführung zur Instandhal­tungsrücklage ohnehin für unzulässig.

2. Formulierung TOP Einladung

Änderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels für die Betriebskosten gem. § 556 Abs. 1 BGB sowie der Verwaltungskosten (gem. Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung: Verwaltervergütung/Sonstige Verwaltungskosten/Bankge-bühren) mit Wirkung ab dem Wirtschaftsjahr …

Festlegung der jeweiligen Umlageschlüssel für die einzelnen Kostenpositionen (Flächen/Einheiten etc.).

Ermittlung der zugrunde zu legenden Flächen, soweit für die vorgenannten Kos-tenpositionen die Flächen der Einheiten als Umlagemaßstab festgelegt werden soll mit Festlegung der hierfür anzuwendenden Vorschriften (z. B. Wohnflächen-verordnung) sowie der Einbeziehung der Balkon- und Terrassenflächen.

Ggf. Ermächtigung der Verwaltung zur Beauftragung des Architekturbüros A zur Ermittlung der für einen Flächenmaßstab zugrunde zu legenden Wohnflächen gem. dem Angebot vom …

Finanzierung der Kosten des Ingenieurbüros A i.H.v. € …

3. Antragsmuster

1.Das Architekturbüro A soll die tatsächlichen Wohnflächen sämtlicher Woh-nungen der Wohnanlage unter Heranziehung der Vorschriften der Wohn-flächenVO ermitteln. Die Grundflächen der straßenseitig gelegenen Bal-kone und Terrassen sollen dabei mit 25 % berücksichtigt werden und die gartenseitig gelegenen Balkone und Terrassen mit 50 %.

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M IV. 12

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Die Verwaltung wird ermächtigt, dem Architekturbüro A den diesbezügli-chen Auftrag gem. Angebot vom … zu Kosten i.H.v. € … zu erteilen. Die Kosten werden aus dem laufenden Etat finanziert.

2.Es sind Kaltwasserzähler in alle Wohnungen einzubauen. Der Verwalter wird ermächtigt, hierfür die Fa. B gem. Kostenangebot vom … zu beauf-tragen. Die Kosten i.H.v. € … werden durch Entnahme aus der Instandhal-tungsrücklage finanziert.

3.Mit Wirkung ab dem Wirtschaftsjahr … sind abweichend von § .. Nr. .. der Gemeinschaftsordnung zu den nachstehend aufgeführten Kostenpositio-nen folgende Umlageschlüssel anzuwenden:

a) die Kosten des Allgemeinstroms, der Müllentsorgung, des Hausmeisters und der Hausreinigung sowie der Gartenpflege werden nach dem Ver-hältnis der Wohnflächen aller Wohnungen verteilt. Hierfür gelten die vom Architekturbüro A noch zu ermittelnden Flächenmaße.

b)die Kosten für Kalt- und Abwasser sind verbrauchsabhängig zu verteilen.

c)die Kosten für Heizung und Warmwasser werden weiterhin gem. der Heiz-kostenV umgelegt, wobei jedoch nunmehr 70 % der Kosten nach Ver-brauch und 30 % der Kosten nach der beheizbaren Wohnfläche (gem. Flächenermittlung des Architekturbüros A ohne Balkon bzw. Terrassenflä-chen) zu verteilen sind.

d)die Kosten des Aufzugs sind stockwerksweise zu verteilen, wobei auf das EG 10 % der Gesamtkosten entfallen, auf das 1.OG 20 %, auf das 2.OG 30 % und auf das 3. OG 40 %. Innerhalb der Stockwerke sind die anteili-gen Kosten im Verhältnis der Wohnflächen (gem. Ermittlung des Architek-turbüros A) auf die dortigen Wohnungen umzulegen.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG

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e) die Kosten des Kabelanschlusses für die Fernseh- und Rundfunkversor-gung, die Verwaltervergütung, die sonstigen Verwaltungskosten sowie die Bankgebühren sind auf alle Wohnungen im gleichen Maßstab umzulegen, sodass jede Wohnung den gleichen Anteil trägt.

4.Der Verwalter wird im Zusammenhang mit der Änderung der Umlage-schlüssel angewiesen, mit der Aufzugswartungsfirma B eine Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass diejenigen Leistungsbestandteile des beste-henden Vollwartungsvertrages, die der Instandhaltung- bzw. Instandset-zung dienen, ab … separat zu berechnen, bzw. in den diesbezüglichen Rechnungen separat auszuweisen sind. Diese Kostenbestandteile sind nicht von der Änderung gem. Ziffer 3d) dieses Beschlusses betroffen, sondern künftig unter der Kostenposition Instandhaltungskosten abzurechnen.

4. Anmerkungen

a)In vielen Gemeinschaften ist die Umlage zahlreicher, wenn nicht aller Kostenarten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile vereinbart. Den wenigsten Erwerbern von Wohnungseigentum ist in diesem Zusam­menhang bekannt, dass das Verhältnis der Miteigentumsanteile nicht den Flächenverhältnissen der Wohnungen zueinander entsprechen muss. Das WEG macht keine Vorgaben, in welchem Verhältnis die Miteigentumsan­teile stehen müssen. Dem Aufteiler/Bauträger steht es daher frei, wie viele Miteigentumsanteile er welcher Wohnung zuordnet1. So kann er z. B. den höheren Nutzwert einer Wohnung in einem oberen Stockwerk dadurch berücksichtigen, dass er ihr mehr Anteile zuweist, als einer gleich großen Wohnung im Erdgeschoss. Das kann dazu führen, dass die Mehrheit der Eigentümer die Kostenverteilung als ungerecht empfindet und Änderungen anstrebt.

Anpassungsbedarf kann sich aber auch daraus ergeben, dass – wie im vor­liegenden Sachverhalt – Ausbaurechte für einzelne Eigentümer vereinbart

1 OLG Düsseldorf ZMR 2004, 613.

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M IV. 12

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wurden, jedoch aus den Regelungen der Gemeinschaftsordnung selbst her­aus keine Berücksichtigung der Wohnflächenmehrung bei der Kostenauftei­lung möglich ist, z. B. weil schlicht vergessen wurde, den Änderungsbedarf in der Gemeinschaftsordnung zu regeln.

Vor der grundlegenden Entscheidung des BGH im Jahr 20002 zur Beschluss­kompetenz wurde einer mehrheitlich gewünschten Anpassung des/der in der Gemeinschaft geltenden Kostenumlageschlüssel(s) oftmals über die sog. Zitterbeschlussfassung Rechnung getragen. Der Änderungsbeschluss war zwar auch damals schon rechtswidrig, erwuchs jedoch mangels Anfech­tung in Bestandskraft.

AchtungAus der vorgenannten BGH-Entscheidung folgte u. a., dass solche, den gesetzlich bestimmten oder vereinbarten Umlageschlüssel abändernden Mehrheitsbeschlüsse, nunmehr als nichtig, also von vornherein als unwirk-sam zu qualifizieren waren (sofern sie nicht durch eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung abgedeckt wurden). Dies führt immer wieder dazu, dass von den Gerichten Abrechnungsgenehmigungsbeschlüsse für ungültig erklärt werden (mit der Kostenfolge des § 49 Abs. 2 WEG!), weil alle oder einige Umlageschlüssel nicht den Vereinbarungen entsprechen.

Um dieses Risiko auszuschließen sollte der Verwalter daher alle von ihm erstellten Abrechnungen einmalig einer kritischen Prüfung zu folgenden Punkten unterziehen:

Entsprechen die in der Abrechnung angewandten Kostenverteilungsschlüs­sel den Regelungen der Gemeinschaftsordnung?

Falls nein, beruht die Änderung auf einem Beschluss der Wohnungseigen­tümer?

Falls ja, ist dieser Beschluss von einer Öffnungsklausel der Gemeinschafts­ordnung gedeckt?

2 BGH NJW 2000, 3500.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG

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Falls nein, wurde der/die Umlageschlüssel nach dem 01. 07. 2007 aufgrund der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 WEG abgeändert?

Der Gesetzgeber hat dem vielfach berechtigtem Bedürfnis der Eigentümer nunmehr Rechnung getragen und in § 16 Abs. 3 WEG den Eigentümern die grundsätzliche Beschlusskompetenz dafür zugestanden, den/die vereinbar­ten Umlageschlüssel für die Betriebs- und Verwaltungskosten flexibel den Erfordernissen der Gemeinschaft anzupassen.

Nicht von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG gedeckt sind Än-derungen der vereinbarten Kostenverteilung für Instandhaltungs- bzw. In-standsetzungsmaßnahmen gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG sowie für bauliche Änderungen oder Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 WEG. Hierfür richtet sich die Beschlusskompetenz vielmehr nach § 16 Abs. 4 WEG und ist auf die Einzelfallregelung beschränkt sowie an eine doppelt qualifizierte Mehr­heit gebunden (siehe Muster M IV.13).

Die Änderung eines vereinbarten Umlageschlüssels für die Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage wird nicht von § 16 Abs. 3 WEG erfasst (und ist auch nicht nach § 16 Abs. 4 WEG zulässig). Eine Abänderung kann hier allenfalls aufgrund einer bestehenden Öffnungsklausel in der Gemein­schaftsordnung vorgenommen werden.

Zu beachten ist außerdem, dass § 16 Abs. 3 WEG den Eigentümern nicht die Befugnis einräumt, einen oder mehrere Eigentümer mit Kosten zu belasten, von denen der/diese nach den Regelungen der Gemeinschafts-ordnung gerade ausgenommen sein soll(en)3. Ist also vereinbart, dass die Eigentümer der EG­Wohnungen nicht an den Aufzugskosten zu beteiligen sind, kann nicht über die Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG deren Belastung mit diesen Kosten herbeigeführt werden.

b)Die Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG erfasst zum einen Be-triebskosten, die für das gemeinschaftliche Eigentum anfallen, wie auch Betriebskosten des Sondereigentums, soweit diese nicht unmittelbar ge-genüber Dritten abgerechnet werden. Es muss sich um Kosten i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB handeln, also um Kosten, „die dem Eigentümer … durch das Eigentum … am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Ge­

3 BGH NZM 2012, 615.

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brauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen oder des Grundstücks laufend entstehen“ (§ 556 Abs. 1. S. 2 BGB). Weiter verweist diese Vorschrift in Satz 3 auf die BetrKV und damit auf den Katalog der Betriebskosten in § 2 BetrKV.

Somit unterfallen der Regelungskompetenz der Eigentümer aus § 16 Abs. 3 WEG sämtliche in § 2 der BetrkV aufgelisteten Kosten. Erfasst werden da­mit durch § 16 Abs. 3 WEG insbesondere auch die sog. sonstigen Betriebs-kosten (§ 2 Nr. 17 BetrKV), also Kosten, die zwar in den Ziffern 1–16 nicht ausdrücklich genannt sind, aber trotzdem solche darstellen (wie z. B. War­tung der Feuerlöscher/Dachrinnenreinigung etc.).

In Einzelfällen kann eine Abgrenzung besonders im Bereich der „sonstigen Betriebskosten“ schwierig sein. Entscheidend ist hier zum einen, dass kei­ne Kosten der Instandhaltung bzw. Instandsetzung vorliegen dürfen (dann ggf. Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG). Zum anderen kann von Betriebskosten i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur dann die Rede sein, wenn sie wiederkehrend entstehen. Dies ist dann der Fall, wenn die kostenauslösende Maßnahme in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird und nicht aus einem einmaligen bestimmten Anlass heraus4.

Von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG werden nicht nur Kos­ten des Gemeinschaftseigentums erfasst, sondern auch Kosten, die für das Sondereigentum anfallen, soweit diese nicht unmittelbar zwischen dem Sondereigentümer und einem Dritten abgerechnet werden. Hierunter fallen z. B. die Kosten der Heizung, des Warmwassers aber auch der Ver­brauchskosten für Kaltwasser in den jeweiligen Wohnungen (und daran an­knüpfend die Kosten der Abwasserentsorgung).

Voraussetzung ist also, dass die Zahlungsabwicklung zunächst über das Gemeinschaftskonto erfolgt und die Gemeinschaft Vertragspartner des Ver­sorgers ist (so etwa in der Regel beim Kabelfernsehen). Hierunter fällt z. B. nicht die Stromversorgung für die jeweilige Sondereigentumseinheit, die Grundsteuer etc.

Eingeschränkt ist die Beschlusskompetenz der Eigentümer aus § 16 Abs. 3 bei der Verteilung der Kosten für die Heiz- und Warmwasserversorgung. Hier gelten die Bestimmungen der HeizkV auch für das Wohnungseigen­

4 Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 11. Aufl. RdNr. 1036.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG

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tum unmittelbar (§ 3 HeizkV). Infolgedessen ist es den Eigentümern ver­wehrt, eine Kostenverteilung zu beschließen, die von den Bestimmungen der HeizkV in unzulässiger Weise abweicht (so. z. B. Verteilung der Kosten zu 40 % nach Verbrauch und zu 60 % nach dem Flächenmaßstab, entgegen der §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 HeizKV).

Neben den Betriebskosten können die Eigentümer gem. § 16 Abs. 3 WEG auch für die Kosten der Verwaltung mit Dauerwirkung Umlageschlüssel zuweisen, die von den Vereinbarungen abweichen. Unter diesen Kosten­komplex fällt in erster Linie die zwischen dem Verwalter und der Gemein­schaft vereinbarte Vergütung für seine Tätigkeit.

AchtungVielfach wird übersehen, dass eine Berechnung der Verwaltervergütung im Verwaltervertrag nicht eine bestehende Vereinbarung zur Verteilung dieser Kosten zwischen den Eigentümern abzuändern vermag. Ist also im Verwal-tervertrag die Vergütung nach Sondereigentumseinheiten berechnet und ausgewiesen, in der Gemeinschaftsordnung jedoch bestimmt, dass sämtli-che Kosten nach MEA zu verteilen sind, ist diese Kostenposition weiterhin nach MEA umzulegen. Ist eine Änderung beabsichtigt, muss zwingend ein Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG herbeigeführt werden, denn die Geneh-migung des Verwaltervertrages kann nicht generell dahingehend ausge-legt werden, dass auch die Verteilung der daraus resultierenden Kosten nach dem im Vertrag genannten Berechnungsmaßstab erfolgen soll5.

Weiter fallen unter die Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG sog. „sonstige Verwaltungskosten“, also z. B. Raummiete für die Abhaltung der Eigentümerversammlung, gesondert zu erstattende Auslagen des Verwalters gem. Verwaltervertrag etc. Ebenso sind unter diesem Begriff die Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens einzuordnen, (Bankspesen für die Konten der Gemeinschaft), aber auch Kosten der Tätigkeit des Ver­waltungsbeirats (Auslagen, Prämien für die Beiratshaftpflichtversicherung).

Zu beachten sind weiter § 16 Absatz 7 und 8 WEG. Danach gehören zu den Verwaltungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG auch die Kosten

5 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 94 zu § 16.; Elzer/ Riecke in Riecke/Schmid WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 332 zu § 16.

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eines Rechtsstreits nach § 18 WEG (Entziehung des Wohnungseigentums) sowie die Kosten gem. § 14 Nr. 4 WEG (Ersatz des Schadens der einem Son­dereigentümer an seinem Sondereigentum auf Grund der Instandhaltung/Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum entstanden ist). Ebenso stellen Kosten eines Rechtsstreits nach § 43 WEG dann Verwaltungskosten nach § 16 Abs. 2 WEG dar, soweit es sich um eine über den Rahmen des RVGvereinbarte Mehrvergütung des Rechtsanwalts gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4 undAbs. 3 Nr. 6 WEG handelt. Auch diese Kosten unterliegen der Beschluss-kompetenz nach § 16 Abs. 3 WEG.

Ebenso unter die Kostenverteilungsabänderungsbefugnis des § 16 Abs. 3 WEG fallen die in § 21 Abs. 7 WEG genannten Kosten eines besonderen Verwaltungsaufwands. Insofern können nach § 21 Abs. 7 WEG solche Kos­ten zu Lasten einzelner Miteigentümer erstmals begründet werden, wäh­rend § 16 Abs. 3 WEG die Beschlusskompetenz verleiht, diese (erstmals begründeten) Kosten abweichend vom vereinbarten Umlageschlüssel zu verteilen.

c)§ 16 Abs. 3 WEG verleiht den Eigentümern die Kompetenz, Betriebskostensowie Kosten der Verwaltung nach Verbrauch bzw. Verursachung zu erfas-sen sowie diese Kosten entweder nach Verursachung/Verbrauch oder abernach einem anderen Maßstab zu verteilen.

Den Eigentümern wird damit die Möglichkeit eröffnet, den Verbrauch von Materialien und Gütern verbrauchsabhängig zu erfassen, d. h. sie können über § 16 Abs. 3 WEG den Einbau entsprechender Messeinrichtungen be­schließen so z. B. den Einbau von Kaltwasserzählern (soweit in den Bun­desländern noch nicht verpflichtend vorgeschrieben).

Die Eigentümer können nach Installation der Messegeräte über § 16 Abs. 3 WEG die anfallenden Kosten daher grundsätzlich nach dem ermittelten Verbrauch verteilen.

Weiter können die Eigentümer zum anderen eine Kostenverteilung nach dem Grad der „Verursachung“ vornehmen. Unter Verursachung versteht der Gesetzgeber die unterschiedliche Inanspruchnahme von Gemeinschaftseigentum,bzw. gemeinschaftlichen Einrichtungen nach Dauer, Häufigkeit oder Intensität durch Eigentümer, die aus der Natur der Sache heraus vorhanden ist, jedoch messtechnisch nicht konkret er­

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG

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fasst werden kann. Klassiker in diesem Bereich ist, dass Gartenflächen dem Sondernutzungsrecht einzelner EG­Eigentümer unterliegen, die ver­einbarte Kostenverteilung diesen Umstand jedoch nicht berücksichtigt (Heckenschnitt etc.) oder dass die Kosten der Tiefgarage (Lüftung/TG­Tor) von allen Eigentümern im Verhältnis ihrer MEA zu tragen sind, obwohl nicht alle Wohnungseigentümer auch Eigentümer eines Stellplatzes in der Garage sind. Auch im Bereich der Aufzugsnutzung sind Unterschiede der Gebrauchshäufigkeit zwangsläufig vorhanden, besonders wenn eine Anlage zwei oder mehr Häuser aufweist, aber z. B. nur eines davon über einen Lift verfügt, jedoch vereinbarungsgemäß sämtliche Kosten von allen Miteigen­tümern zu tragen sind.

Die Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 WEG erfasst aber nicht nur Kos­ten, die verbrauchs­ oder verursachungsabhängig sind, sondern auch sol-che Aufwendungen, die für sämtliche Miteigentümer gleichermaßen an-fallen (z. B. Brandversicherung).

Nach der Gesetzeslage können daher die Eigentümer grundsätzlich für alle Betriebskosten i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB, also auch für sonstige Betriebskos­ten gem. § 2 Nr. 17 BetrkV, für alle Kosten der Verwaltung (auch solche nach § 16 Abs. 7 WEG sowie – eingeschränkt – nach § 16 Abs. 8 WEG) sowiefür sämtliche Kosten gem. § 21 Abs. 7 WEG (soweit diese durch Beschlussbegründet sind) eine Verteilung beschließen, die von den Vereinbarungender Gemeinschaftsordnung abweicht und zwar unabhängig davon, ob dieGemeinschaftsordnung die gesetzliche Kostenverteilung gem. § 16 Abs. 2WEG festlegt oder ob diese anderweitige Umlageschlüssel bestimmt.

d)Der geänderte Umlagemaßstab muss jedoch den Grundsätzen ordnungs-mäßiger Verwaltung genügen. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei jedoch den Eigentümern ein großzügiger Ermessensspielraum einzuräumen ist. Ordnungsmäßiger Verwaltung ent­spricht jeder Verteilungsmaßstab, der den Interessen der Gemeinschaft und der Eigentümer angemessen ist und nicht zu einer unbilligen Benachteili-gung einzelner Wohnungseigentümer gegenüber dem früheren Rechtszu­stand führt6.

6 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 102/103 zu § 16.

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Das Ermessen kann aber in bestimmten Fällen reduziert sein. Ordnungs­mäßiger Verwaltung würde es widersprechen, die Kaltwasserkosten statt nach Verbrauch nach Fläche zu verteilen, obwohl aufgrund landesrecht­licher Vorschriften der Einbau von Kaltwasserzählern vorgeschrieben ist oder solche bereits installiert sind.

Müssen zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels erst Verbrauchser­fassungsgeräte installiert werden, liegt ein Verstoß gegen die ordnungsmä­ßige Verwaltung dann vor, wenn die Kosten dafür unverhältnismäßig hoch sind. Es bedarf dann einer Kosten-Nutzen-Analyse7. Im Regelfall sollen die Aufwendungen die innerhalb von zehn Jahren erzielbaren Einsparungen nicht übersteigen8. Nach überwiegender Literaturmeinung erscheint jedoch das alleinige Abstellen auf den Amortisationsgedanken als zu starr, sodass sich auch längere Zeiträume als noch angemessen erweisen können9.

Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung würde es damit zweifels­ohne widersprechen, den Einbau von Verbrauchserfassungsgeräten zu be­schließen, aber gleichwohl dann nicht die Kosten nach Verbrauch zu ver­teilen.

Eines sachlichen Grundes für die Abänderung der Umlageschlüssel bedarf es nur insoweit, als die Änderung nicht willkürlich sein darf10.

Nicht zulässig ist es durch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG erstmalig Kostentragungspflichten zu Lasten eines Eigentümers zu begründen, denn die Vorschrift erlaubt nur die Abänderung bestehender Umlageschlüssel11.

e)Zulässig ist eine Abänderung der Umlageschlüssel nur für die Zukunft, d. h. mit Wirkung zum Beginn des laufenden Abrechnungszeitraums. DieEigentümer können darauf vertrauen, dass bereits abgeschlossene Ab­rechnungszeiträume unangetastet bleiben12. Im Zweifel sind im Laufe desWirtschaftsjahres durch einen entsprechenden Beschluss abgeänderte Um­

7 KG ZMR 2003, 600.8 BGH NJW 2003, 3476; OLG Düsseldorf NJW­RR 2010, 372.9 Hügel ZWE 2005, 204; Elzer in Riecke/Schmid WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 89a zu

§ 16; Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 102 zu § 16.10 BGH NJW­RR 2011, 1165.11 Siehe BGH NJW 2012, 257812 OLG Hamm ZMR 2007, 293.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG

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lageschlüssel bereits in der Jahresabrechnung über dieses Wirtschaftsjahr anzuwenden, auch wenn die Berechnung der Vorschüsse im Wirtschafts­plan noch nach den vorher geltenden Verteilungsschlüsseln erfolgte13.

Möglich ist es nach den vorgenannten Grundsätzen also auch noch, die Abänderung der Umlageschlüssel in der Versammlung zu beschließen, in der auch die Jahresabrechnung genehmigt wird.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Gem. dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 WEG kann die Änderung durch Stim­menmehrheit erfolgen. Notwendig ist daher die einfache Mehrheit der in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Eigentümer nach Köpfen (§ 25 Abs. 2 WEG).

Ist in der Gemeinschaftsordnung ein anderes Stimmrechtsprinzip verein­bart (Wert­/Objektprinzip) ist dieses nicht anzuwenden und zwar unabhän­gig davon, ob deswegen die Beschlussfassung erschwert oder erleichtert würde14. Ebenso wenig kann das nach § 16 Abs. 3 WEG gültige Mehrheits­erfordernis durch eine abweichende Vereinbarung in der Gemeinschafts­ordnung eingeschränkt werden (z. B. wonach die Verteilungsschlüssel mit einer Mehrheit der Hälfte aller Miteigentümer abänderbar sind). Dies würde gegen § 16 Abs. 5 WEG verstoßen.

6. Anfechtungsrisiken

Sollen vereinbarte Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 3 WEG ab­geändert werden, erfordert dies eine ordnungsgemäße Ankündigung in der Ladung zur Versammlung15. Insbesondere muss der Eigentümer nicht ohne Weiteres damit rechnen, dass im Rahmen einer angekündigten Beschluss­fassung zum Wirtschaftsplan zur Jahresabrechnung oder zu einer Sonder­umlage eine Änderung des geltenden Umlageschlüssels erfolgen soll16.

13 BGH NJW 2010, 2654.14 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 113 zu § 16.15 BGH NJW 2010, 2654.16 OLG Düsseldorf ZMR 2005, 895.

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Es genügt zwar – wie immer – eine schlagwortartige Bezeichnung des Be­schlussgegenstandes in der Einladung, dennoch sollte diese vom Verwalter so konkret wie möglich ausfallen, um dem Informations­ und Vorberei­tungsinteresse der Eigentümer zu genügen.

Sind nur einzelne oder wenige Kostenarten von einer beabsichtigten Ände­rung des Umlageschlüssels betroffen, sollten diese in der Ladung konkret benannt werden. Bei einer Vielzahl dürfte ein Verweis auf die diesbezügli­chen Kostenpositionen in Wirtschaftsplan und Abrechnung zweckdienlich sein.

Vorsicht ist für den Verwalter bei allen Verträgen zwischen der Gemein­schaft und Dritten geboten, die nicht nur Kosten des laufenden Betriebs umfassen, sondern auch Kosten der Instandhaltung bzw. Instandsetzung beinhalten.

Insbesondere – aber nicht ausschließlich – betrifft dieses Problem Haus­meister­ und Aufzugs­ bzw. sonstige Wartungsverträge. Oftmals sind in sol­chen Verträgen auch Vergütungen enthalten, die für die (laufende) Instand­haltung/Instandsetzung aufgewandt werden (sog. Vollwartungsverträge).

Es obliegt dem Verwalter, solche Kostenbestandteile zu identifizieren und vor einer Beschlussfassung nach § 16 Abs. 3 WEG eine entsprechende Ver­tragsänderung herbeizuführen, da ansonsten die Änderung der Umlage auch Instandhaltungskosten erfassen würde, wofür eine Beschlusskompe­tenz nach § 16 Abs. 3 WEG nicht eröffnet ist. Zwangsläufige Folge einer Anfechtung unter diesem Aspekt wäre die Aufhebung dieses Beschlusses.

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Musterbeschlussantrag M IV. 13: Die Änderung des vereinbarten Kostenverteilungs schlüssels für Instandhaltungs­ bzw. Instandsetzungsmaßnahmen gem. § 16 Abs. 4 WEG

1. Regelungsbedarf

Der Anstrich der Holzfenster in der Wohnanlage ist verwittert und erneue­rungsbedürftig. Diese stehen unzweifelhaft mit ihren sämtlichen Bestand­teilen im Gemeinschaftseigentum. Dem Verwalter liegen für die Maßnahme drei Angebote vor und er möchte diese in der anstehenden Versammlung beschließen lassen. In der Gemeinschaftsordnung ist vereinbart, dass die Kosten der Instandhaltung nach dem Verhältnis der Wohnflächen zu vertei­len sind. Der Beirat schlägt vor, die Kosten nicht nach den Bestimmungen der GO auf die Eigentümer umzulegen, da die Anzahl der Fenster pro Woh­nung stark schwankt. Der Verwalter lässt daraufhin von den Anbietern die Angebote ändern, sodass daraus hervorgeht, welche Kosten für die Fenster des Treppenhauses anfallen und welche Kosten für die Fenster der jeweili­gen Wohnungen.

2. Formulierung TOP Einladung

Erneuerung des Anstrichs aller Fenster (innen/außen). Auswahl der zu beauf-tragenden Malerfirma und Ermächtigung der Verwaltung zur Auftragserteilung. Finanzierung der Maßnahme. Diskussion und Beschlussfassung, die Kosten nicht nach Wohnflächen auf die Eigentümer umzulegen, sondern nach der Anzahl der jeweiligen Fenster.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 4 WEG

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3. Antragsmuster

1.Der Anstrich sämtlicher Fenster in der Wohnanlage soll innen wie außen erneuert werden. Mit den Arbeiten soll die Fa. Klecksel GmbH gemäß ih-rem Angebot vom … zu Kosten von insgesamt € … beauftragt werden. Die Verwaltung wird ermächtigt, den diesbezüglichen Auftrag zu erteilen. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt aus dem laufenden Konto.

2.Die Kosten für den Anstrich der Fenster des Treppenhauses werden gemäß § … der Gemeinschaftsordnung nach dem Verhältnis der Wohnflächenverteilt. Die Kosten für den Anstrich der Fenster und Balkon- bzw. Ter-rassentüren im Bereich der jeweiligen Wohnungen werden pro Wohnungumgelegt und zwar dergestalt, dass jeder Eigentümer diejenigen Kosten zutragen hat, die für die Fenster seiner Wohnung entstehen.

4. Anmerkungen

Die Vorschrift des § 16 Abs. 4 WEG soll den Eigentümern die Möglichkeit eröffnen, den in der Gemeinschaft geltenden Umlageschlüssel für eine konkrete – dem Anwendungsbereich der Norm unterfallende – Maßnah-me abzuändern. Über einen Beschluss nach § 16 Abs. 4 WEG kann zudem auch vom Grundsatz des § 16 Abs. 6 WEG abgewichen werden, wonach bei einer Maßnahme gem. § 22 Abs. 1 WEG (bauliche Änderung bzw. Auf­wendung, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung/Instandsetzung hinausgeht) nicht zustimmende Wohnungseigentümer von den Kosten frei­zustellen sind.

Der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 4 WEG erstreckt sich auf − Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG,

− Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung nach § 22 Abs. 3 WEG,

− Modernisierungen i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG, − Maßnahmen zur Anpassung an den Stand der Technik,

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M IV. 13

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− bauliche Veränderungen sowie Aufwendungen die über die ordnungs­gemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen (§ 22 Abs. 1 WEG),

− erstmalige ordnungsmäßige Herstellung des Bauwerks (z. B. Beseitigung von Baumängeln oder Herstellung eines aufteilungsplangemäßen Zu­stands),

− Erfüllung öffentlich­rechtlicher Anforderungen (z. B. Brandschutzmaß­nahmen, Einbau von Kaltwasserzählern sowie die

− Ersatzbeschaffung verbrauchter Teile.

Die Maßnahme muss das Gemeinschaftseigentum betreffen. Maßnahmen am Sondereigentum unterfallen grundsätzlich nicht der Regelungskompe­tenz des § 16 Abs. 4 WEG, es sei denn die Maßnahme macht zwingend ei­nen Eingriff in das Sondereigentum notwendig. Dann erfasst die Beschluss­kompetenz zur abweichenden Verteilung auch diejenigen Kosten, die im Sondereigentum anfallen.

Die Möglichkeit der vom Gesetz oder der Vereinbarung abweichenden Kos­tenverteilung wird von der Vorschrift ausschließlich für den Einzelfall er­öffnet.

Der Begriff „Einzelfall“ gilt hierbei sowohl für die Maßnahme wie für die Kostenverteilung. Ein solcher liegt dann vor, wenn sich der Beschluss im Zeitpunkt der Beschlussfassung auf eine dem Umfang nach erkennbare Maßnahme mitsamt den konkret hierfür anfallenden Kosten beschränkt und er sich mit seinem Vollzug erledigt. Ist dies nicht der Fall, ist die Be­schlusskompetenz des § 16 Abs. 4 WEG nicht eröffnet.

Ein Beschluss, wonach die Eigentümer künftig die Kosten der Reparaturen und Erneuerung der Fenster in ihren Wohnungen selbst zu tragen haben, wäre somit nichtig, da damit kein konkreter Einzelfall geregelt wird, son­dern eine generelle Änderung des Umlageschlüssels für die Zukunft herbei­geführt werden soll.

Unerheblich ist es aber, ob die Maßnahme in einem Wirtschaftsjahr abge­schlossen werden kann oder sich über mehrere Jahre erstreckt.

Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage der abweichenden Ver­teilung von Folgekosten baulicher Veränderungen. Erfolgt eine bauliche Änderung nur im Interesse weniger Eigentümer (z. B. Einbau eines Aufzugs

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 4 WEG

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in einem Haus einer Mehrhausanlage), lässt sich diese Unsicherheit aber dadurch umgehen, dass diese Eigentümer sich gegenüber dem teilrechts­fähigen Verband vertraglich verpflichten, künftig die Kosten des Betriebs und der Instandhaltung dieses Aufzugs alleine zu tragen. Dinglich abgesi­chert werden kann diese Verpflichtung durch die Eintragung einer Reallast zu Gunsten der Gemeinschaft in den entsprechenden Wohnungsgrund­büchern1, womit sie auch gegenüber Sondernachfolgern wirkt.

Der Umlageschlüssel muss im Rahmen einer Beschlussfassung nach § 16 Abs. 4 WEG dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs Rechnung tragen. Darunter wird die eigennützige Verwendung von Teilen, Einrich­tungen oder Anlagen des Gemeinschaftseigentums verstanden. Da nach dem Gesetz auch auf die „Gebrauchsmöglichkeit“ abgestellt werden kann, kommt es auf den tatsächlichen Gebrauch nicht entscheidend an. Den Woh­nungseigentümern steht in diesem Zusammenhang vielmehr ein Ermessens­spielraum zu.

Bei der Bestimmung des Verteilungsmaßstabs kann auf die Zugangsmög­lichkeit (z. B. separate Waschkeller in Mehrhausanlagen), auf die Dauer, Häufigkeit oder Intensität der Nutzung (z. B. Aufzug) oder auf die räumliche Zugehörigkeit von Bauteilen (z. B. Fenster/Balkone) abgestellt werden. So können die Kosten für einen Anstrich der Fenster nach deren Anzahl aufge­teilt oder die Kosten einer Balkonsanierung nur auf diejenigen Wohnungs­eigentümer umgelegt werden, die über einen Balkon verfügen. Möglich ist auch die Überbürdung der Sanierungskosten einer Tiefgarage alleine auf die Stellplatzeigentümer.

Zulässig ist es weiter, die Kosten der Instandhaltung/Instandsetzung von Bau­ oder Grundstücksteilen, die einem Sondernutzungsrecht unterliegen, nur auf die Sondernutzungsberechtigten umzulegen.

Problematisch ist eine abweichende Kostenverteilung immer dann, wenn an bestimmten Bauteilen grundsätzlich keine gesteigerte Gebrauchsmög­lichkeit einzelner oder einiger Eigentümer besteht. Demnach ist die Be­lastung nur eines Teils der Wohnungseigentümer mit den Kosten einer

1 Becker GE 2008, 1412.

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M IV. 13

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Fundament­2, Fassaden­ oder Dachsanierung3 nicht möglich, da an diesen Gebäudebestandteilen alle Eigentümer den gleichen Gebrauchsanteil ha­ben.

Der Umlageschlüssel muss dem gesteigerten Gebrauch bzw. der Möglich-keit hierzu Rechnung tragen. Dies ist nicht der Fall bei der Verteilung nach Wohn­ oder Nutzfläche4 nach 1000/MEA oder Anzahl der Einheiten5, da bei diesen Maßstäben kein Anknüpfungspunkt für einen Bezug zu einer eigen­nützigen Verwendung von Teilen des Gemeinschaftseigentums gegeben ist6.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für das Zustandekommen eines Beschlusses nach § 16 Abs. 4 WEG fordert das Gesetz eine Zustimmung von ¾ aller stimmberechtigten Wohnungs­eigentümer gem. § 25 Abs. 2 WEG (Köpfe), die gleichzeitig mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren müssen.

Für die Dreiviertel-Mehrheit kommt es nicht auf die in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Eigentümer an, sondern auf sämtliche Mitei-gentümer, wobei der Gesetzgeber durch den Verweis auf § 25 Abs. 2 WEG klargestellt hat, dass diese Mehrheit nach Köpfen zu berechnen ist. Ferner ist nur auf die stimmberechtigten Eigentümer abzustellen, d. h. nur von den stimmberechtigten Eigentümern müssen ¾ dem Antrag zustimmen. Unbe­rücksichtigt bleiben die Eigentümer, die einem Stimmverbot unterliegen.

Die Eigentümer, die dem Antrag zustimmen müssen gleichzeitig mehr als 50 % der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile innehalten. Beide Erfordernisse müssen gleichzeitig erfüllt sein.

Eine vereinbarte Öffnungsklausel ist nur insofern zu berücksichtigen, als sie die Mehrheitserfordernisse des § 16 Abs. 4 WEG erleichtert. Ein in der Gemeinschaftsordnung verankertes Stimmrechtsprinzip nach Miteigen­tumsanteilen oder Einheiten (Wert­ bzw. Objektprinzip) wird durch die gesetzliche Regelung von vornherein außer Kraft gesetzt. Es gelten aus­schließlich die Mehrheitserfordernisse des § 16 Abs. 4 WEG. Sieht die Ge­

2 BGH NZM 2015, 53.3 BGH NZM 2010, 584; LG München I ZWE 2010, 221.4 Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 137 zu § 16.5 Bonifacio in Timme, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage, RdNr. 204 zu § 16.6 Becker in Bärmann a.a.O.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 4 WEG

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meinschaftsordnung hingegen Erleichterungen gegenüber der Gesetzeslage, geht die Vereinbarung vor (z. B. dass eine abweichende Kostenverteilung mit 50 % aller Miteigentümer beschlossen werden kann).

Ist bei einer Mehrhausanlage vereinbart, dass nur die Eigentümer der je­weiligen Untergemeinschaft stimmberechtigt sind, sind nur die jeweiligen Eigentümer der Untergemeinschaft für das Quorum maßgebend7.

Für eine Wiederholungsversammlung gilt das nach § 16 Abs. 4 WEG erfor­derliche Stimmquorum ebenfalls. § 25 Abs. 4 WEG regelt insofern nur die allgemeine Beschlussfähigkeit einer Zweitversammlung, ändert aber nicht die zu erreichende Mehrheit für eine positive Beschlussfassung im Rahmen des § 16 Abs. 4 WEG.

Zu beachten ist weiter, dass für den Beschluss über die Maßnahme selbst andere Mehrheiten erforderlich sein können als für eine abweichende Ver­teilung der Kosten hierzu. So gelten lediglich für Maßnahmen der Moder­nisierung und der Anpassung an den Stand der Technik gem. § 22 Abs. 2 WEG dieselben Mehrheitserfordernisse für die Maßnahme selbst wie auch für eine abweichende Kostenverteilung.

Bei Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung genügt zum Be­schluss über die Durchführung die einfache Mehrheit (der in der beschluss­fähigen Versammlung anwesenden bzw. vertretenen) Eigentümer.

Im Bereich des § 22 Abs. 1 WEG (bauliche Veränderung etc.) müssen sämt­liche Eigentümer zustimmen, die von der Maßnahme beeinträchtigt sind. Im Rahmen der Kostenverteilung genügt jedoch auch hier, dass (lediglich) das qualifizierte Mehrheitserfordernis des § 16 Abs. 4 WEG erreicht wird.

Ggf. sollte der Verwalter die Beschlussfassung aufteilen, d. h. zunächst über die Maßnahme selbst abstimmen lassen und dann erst über die Kos­tenverteilung. Ansonsten wird das Gericht eine Auslegung nach § 139 BGB dahingehend vorzunehmen haben, ob der eine Beschlussbestandteil (Durchführung der Maßnahme) auch ohne den anderen Teil (abweichen­de Kostenverteilung) nach dem Willen der Wohnungseigentümer Bestand

7 LG Hamburg ZWE 2011, 133.

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M IV. 13

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haben sollte oder nicht. Im Zweifel wird das Gericht zu der Einschätzung gelangen, dass mit einer Ungültigkeit der beschlossenen Kostenverteilung auch der Beschluss zur Maßnahme selbst hinfällig ist.

Wird zur Finanzierung der Maßnahme mit abweichender Kostenverteilung die Erhebung einer Sonderumlage beschlossen, müssen die Beiträge zur Sonderumlage in der Regel dem beschlossenen Verteilungsmaßstab ent­sprechen. Nur ausnahmsweise kann davon abgewichen werden, z. B. wenn bei einzelnen Eigentümern Liquiditätsengpässe bestehen. Dann kann be­schlossen werden, zunächst die Sonderumlage nach dem allgemeinen Um­lagemaßstab zu erheben und die endgültige Kostenverteilung nach dem be­schlossenen Maßstab der Jahresabrechnung vorzubehalten.

Bei einem abweichendem Kostenumlagebeschluss gem. § 16 Abs. 4 WEG ist es den Eigentümern zudem regelmäßig verwehrt, eine Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage zu beschließen, denn deren Ansammlung lie­gen die nach dem allgemeinen Maßstab verteilten Beiträge der Wohnungs­eigentümer zugrunde. Insofern ist allenfalls eine vorläufige Finanzierung aus der Rücklage möglich mit der Maßgabe, dass der entnommene Betrag gemäß beschlossener Verteilung wieder dorthin zurückzuführen ist.

Nach mehrheitlicher und zutreffender Rechtsmeinung ist eine rückwirken-de Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für eine Maßnahme nicht zulässig. Es muss vielmehr beim Beschluss über die Durchführung der Maßnahme selbst feststehen, ob die diesbezüglichen Kosten nach dem ge­setzlichen bzw. vereinbarten Schlüssel umgelegt werden oder nach einem Schlüssel, der davon abweicht.

Nicht erforderlich ist es jedoch, dass die Kostenverteilung zugleich mit der Beschlussfassung über die Maßnahme selbst erfolgt. Es reicht aus, wenn der Umlagenbeschluss im Zusammenhang mit der beschlossenen Maßnahme erfolgt. Wird also z. B. in der ordentlichen Versammlung die Maßnahme selbst beschlossen, kann danach in einer außerordentlichen Versammlung noch die Beschlussfassung über eine abweichende Kostenverteilung er­folgen. Maßgeblich ist hierbei, ob die Eigentümer mit dem Ursprungsbe­schluss (Durchführung der Maßnahme) darauf vertrauen konnten, dass der gesetzliche bzw. vereinbarte Umlageschlüssel gilt oder nicht.

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Änderung Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 4 WEG

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6. Anfechtungsrisiken

Ein Beschluss nach § 16 Abs. 4 WEG ist anfechtbar, wenn er in der La-dung zur Eigentümerversammlung nicht explizit angekündigt wurde. Der Wohnungseigentümer muss nicht damit rechnen, dass mit dem Beschluss zur Maßnahme selbst auch eine abweichende Kostenverteilung hierzu be­schlossen werden soll8.

Ein diesbezüglicher Beschluss ist nichtig, wenn der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 4 WEG nicht eröffnet ist, z. B. weil es sich hierbei um Kosten handelt, die dem Bereich des § 16 Abs. 3 WEG unterfallen.

Der Beschluss zu einer abweichenden Kostenumlage ist nichtig, wenn er zu unbestimmt ist. Es ist daher darauf zu achten, dass die (abweichende) Verteilung exakt definiert wird. Nichtig wäre ein solcher Beschluss auch, wenn er nicht auf eine Einzelmaßnahme beschränkt ist, sondern den Eigen­tümern generell für die Zukunft Kostenlasten für bestimmte – der Norm des § 16 Abs. 4 WEG unterliegende – Maßnahmen zuweisen soll.

8 Elzer ZWE 2008, 153.

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Musterbeschlussantrag M IV. 14: Beschlussfassung zur generellen Fälligkeit von Zahlungen nach § 21 Abs. 7 WEG

1. Regelungsbedarf

In der Gemeinschaftsordnung findet sich keine Regelung zur Fälligkeit der monatlichen Hausgeldzahlungen etc. Der Verwalter will dies ändern und einen festen Fälligkeitszeitpunkt beschließen lassen.

2. Formulierung TOP Einladung

Regelung der Fälligkeit der Beitragsleistungen aus dem Wirtschaftsplan, aus Jah-resabrechnungen und Sonderumlagebeschlüssen.

3. Antragsmuster

Das nach dem beschlossenen Wirtschaftsplan von den Eigentümern zu leistende Hausgeld für das betreffende Wirtschaftsjahr ist in monatlichen Raten von je 1/12 des Jahresbetrages am ersten Tag eines Monats zu leisten. (ggf.: das nach dem beschlossenen Wirtschaftsplan … zu leistende monat-liche Hausgeld ist jeweils am ersten Tag eines Monats zu leisten).

Der Ausgleich der Salden (Guthaben/Nachzahlungen) aus den Jahresab-rechnungen ist jeweils 2 Wochen nach Genehmigung der Abrechnung zur Zahlung fällig.

Beitragsleistungen auf eine beschlossene Sonderumlage sind grundsätzlich 2 Wochen nach Beschlussfassung zu erbringen, sofern mit dem Sonderum-lagebeschluss keine andere Fälligkeitsregelung erfolgt.

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Beschlussfassung Fälligkeit von Zahlungen § 21 Abs. 7 WEG

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Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung ist der Eingang auf dem Konto der Ge-meinschaft maßgebend. Soweit Eigentümer der Gemeinschaft ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt haben, sind sie verpflichtet für eine ausreichende Kontodeckung zum Fälligkeitszeitpunkt Sorge zu tragen.

4. Anmerkungen

Gem. § 28 Abs. 2 WEG werden die nach den Einzelwirtschaftsplänen von den Eigentümern zu leistenden Vorschüsse „nach Abruf durch den Ver-walter“ fällig. Insofern ist der Verwalter vom Gesetz her ermächtigt, den Leistungszeitpunkt zu bestimmen, den er nach billigem Ermessen zu treffen hat. Das Bestimmungsrecht des Verwalters können die Eigentümer abbedin­gen und nunmehr mit der Beschlusskompetenz des § 21 Abs. 7 WEG selbst generell und mit Dauerwirkung die Fälligkeit von Zahlungen festlegen.

Dies gilt sowohl für die Forderungen aus bestehenden Wirtschaftsplänen, wie auch aus genehmigten Jahresabrechnungen oder beschlossenen Sonder­umlagen.

Die Beschlusskompetenz umfasst auch die Befugnis in der Gemeinschafts­ordnung vereinbarte Fälligkeitsregelungen abzuändern. Insbesondere kön­nen auch Vorfälligkeitsregelungen bzw. eine Verfallsklausel beschlossen werden (vgl. hierzu Muster M IV. 15).

Wird im Wirtschaftsplan das Hausgeld nur als Jahresbetrag ausgewiesen, ist mit zu beschließen, dass der Jahresbetrag in zwölf gleichbleibenden monat­lichen Raten zu zahlen ist.

Der Fälligkeitszeitpunkt kann auf ein kalendermäßig feststehendes Datum oder auch dadurch festgelegt werden, dass er sich aufgrund eines voraus-gehenden Ereignisses nach dem Kalender berechnen lässt und zwischen Ereignis und Fälligkeit eine angemessene Zeit zur Leistung bleibt (§ 286 Abs. 2 BGB).

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist für den Eintritt der Verzugsfol­gen (z. B. Pflicht des Schuldners zur Leistung von Verzugszinsen gem. § 288

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M IV. 14

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Abs. 1 BGB) eine Mahnung erforderlich (§ 286 Abs. 1 BGB). Hingegen tre­ten die Verzugsfolgen automatisch und ohne Mahnung ein, wenn der Leis­tungszeitpunkt nach § 286 Abs. 2 BGB bestimmt oder bestimmbar ist.

Mit der Beschlussfassung über die generelle Fälligkeit der jeweiligen Bei­tragsleistungen erspart sich der Verwalter den Abruf der Zahlungen bzw. die (ergänzende) Beschlussfassung zur Fälligkeit der Zahlungen bei der Ge­nehmigung des Wirtschaftsplans, der Jahresabrechnung oder eines Sonder­umlagebeschlusses. Ebenso entfällt die Notwendigkeit von Mahnungen zur Begründung der Verzugsfolgen.

Bei Sonderumlagen sollte ein Vorbehalt einer anderweitigen Fälligkeitsbe­stimmung erfolgen, um auf eventuelle Notwendigkeiten flexibel reagieren zu können.

Bei den regelmäßig wiederkehrenden Leistungen ist ein konkretes Kalen­derdatum einem berechenbaren Datum (z. B. dritter Werktag eines jeden Monats) vorzuziehen. Für längere Rückstandszeiträume entfällt damit die zeitraubende Ermittlung an welchem Datum konkret jeweils Verzug einge­treten ist. Soll ein Gleichklang der Hausgeldfälligkeiten mit Mieteingängen erfolgen, wäre demnach die Bestimmung „am 5. eines jeden Monats“ o. Ä. besser.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die einfache Mehrheit reicht zur Beschlussfassung aus.

6. Anfechtungsrisiken

Ordnungsgemäße (schlagwortartige) Bezeichnung in der Ladung und Be­stimmtheit des Beschlusses vorausgesetzt, sind keine Anfechtungsrisiken zu befürchten. Über § 21 Abs. 7 WEG kann jedoch nicht die generelle Fort­geltung von Wirtschaftsplänen beschlossen werden1.

1 Merle ZWE 2914, 134.

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Musterbeschlussantrag M IV. 15: Vorfälligkeits­ bzw. Verfallsregelung für die Hausgeldvorschüsse

1. Regelungsbedarf

In der Gemeinschaft geraten verschiedene Wohnungseigentümer immer wieder in Zahlungsverzug. Die Gemeinschaftsordnung besagt lediglich: „Das Hausgeld ist nach Maßgabe eines vom Verwalter aufzustellenden Wirt­schaftsplans zu zahlen.“ Der Verwalter denkt über ein wirksames Druckmit­tel gegenüber säumigen Schuldnern nach.

2. Formulierung TOP Einladung

Fälligkeit der nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Hausgeldzahlungen im Fal-le des Zahlungsverzugs.

3. Antragsmuster

Alternative 1 (Vorfälligkeitsregelung):Der Jahresbetrag des gemäß den jeweiligen Einzelwirtschaftsplänen zu zahlenden Hausgeldes ist ab dem Wirtschaftsjahr … in 12 gleichen monat-lichen Raten zum jeweiligen 1. eines Monats für den laufenden Monat zur Zahlung fällig. Gerät ein Eigentümer mit einem Betrag in Zahlungsverzug, der zwei Monatsraten entspricht, werden sämtliche noch ausstehenden Raten für das gesamte Wirtschaftsjahr sofort zur Zahlung fällig.

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Vorfälligkeits- bzw. Verfallklausel für die Hausgeldvorschüsse

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Alternative 2 (Verfallsregelung):Der Jahresbetrag des gemäß den jeweiligen Einzelwirtschaftsplänen zu zahlenden Hausgeldes ist ab dem Wirtschaftsjahr… insgesamt sofort zu Beginn der Wirtschaftsperiode im Voraus zur Zahlung fällig. Den Eigentü-mern wird es gestattet, den Jahresbetrag in 12 gleichen monatlichen Raten zum jeweiligen 1. eines jeden Monats für den laufenden Monat zu erbrin-gen. Gerät ein Eigentümer mit einem Betrag in Zahlungsverzug, der zwei Monatsraten entspricht, so ist der gesamte noch ausstehende Jahresbetrag sofort zur Zahlung fällig.

Für den Fall, dass ein in Zahlungsverzug befindlicher Eigentümer während der laufenden Wirtschaftsperiode aufgrund der Veräußerung seiner Einheit aus der Gemeinschaft ausscheidet, die Zwangsverwaltung für seine Ein-heit angeordnet oder das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet wird, tritt für diesen wieder die monatliche Zahlungsweise in Kraft. Der Eigentümer ist dann lediglich verpflichtet, die auf ihn bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens oder der Verfahrenseröffnung entfallenden Monats-beiträge zu leisten.

Ggf. klarstellend zu beiden Alternativen:Einer Mahnung des Verwalters bedarf es für den Eintritt der Verzugsfolge nicht.

4. Anmerkungen

Die Kompetenz zur Fassung für die obenstehenden Beschlüsse ergibt sich aus § 21 Abs. 7 WEG (Regelungen der Fälligkeit von Zahlungen). Sie be-steht auch für den Fall, dass in der Gemeinschaftsordnung hierzu eine an-derweitige Vereinbarung getroffen ist1. Während vor der WEG­Reform eine solche Regelung nur für das jeweilige Wirtschaftsjahr beschlossen werden konnte, ist sie nunmehr als generelle Dauerregelung ausgestaltbar.

1 Drabek in Riecke/Schmid, WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 291 zu § 21.

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M IV. 15

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Gemäß Alternative 1 wird das Hausgeld in monatlichen Raten fällig ge­stellt. In Alternative 2 der gesamte Jahreshausgeldbetrag zu Beginn der Wirtschaftsperiode fällig. Beide Alternativen entsprechen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung2.

Beide Regelungen bieten den Vorteil, dass bei Zahlungsverzug in dem be­stimmten Ausmaß der gesamte noch ausstehende Jahresbetrag gerichtlich geltend gemacht und ggf. zwangsvollstreckt werden kann.

Bei Alternative 2 kann die Fälligkeit zum Beginn der Wirtschaftsperiode jedoch zu Problemen führen, denn für die Zahlungen gilt bei Eigentümer­wechsel die sog. Fälligkeitstheorie. Danach ist derjenige Schuldner der jeweiligen Beiträge, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Gerät also der Erwerber in Zahlungsverzug, wäre der Veräußerer verpflichtet, den gesamten Jahresbetrag zu leisten. Wird die Zwangsverwaltung angeordnet oder das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers eröffnet, ist Schuldner des gesamten Jah­resbetrages der illiquide Eigentümer und nicht ab Verfahrenseröffnung der Zwangs­ bzw. Insolvenzverwalter.

Der Vorbehalt, dass in diesen Fällen trotz des Verzugs die Vorfälligkeit des gesamten Jahresbetrags zu Beginn der Wirtschaftsperiode als aufgehoben gilt und wieder die monatliche Zahlungsweise in Kraft tritt ist nicht nur sinnvoll, sondern auch zulässig3.

Die Grenze, zu der die Verzugsfolge eintritt, können die Eigentümer frei bestimmen. Sie sind nicht an die im Mietrecht für die Befugnis des Vermie­ters zur fristlosen Kündigung des Mieters geltende Bestimmung des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB gebunden.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die Regelung kann mit einfacher Mehrheit beschlossen werden (§ 21 Abs. 7 WEG).

2 LG Köln ZWE 2014, 414.3 LG Duisburg ZMR 2014, 745.

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Vorfälligkeits- bzw. Verfallklausel für die Hausgeldvorschüsse

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6. Anfechtungsrisiken

Nicht ersichtlich.

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Musterbeschlussantrag M IV. 16: Verpflichtung zur Teilnahme am SEPA­Lastschriftverfahren gem. § 21 Abs. 7 WEG

1. Regelungsbedarf

Die weitaus überwiegende Zahl Eigentümer hat ein SEPA­Lastschriftman­dat für die monatlichen Wohngeldzahlungen erteilt. Nur einige weigern sich beharrlich und bestehen darauf, die Zahlungen selbst veranlassen zu wollen. In der Gemeinschaftsordnung ist lediglich vereinbart, dass die Kos­tenvorschüsse monatlich zu leisten sind. Zwei Eigentümer zahlen immer erst am Ende des Monats, wobei es durchaus vorkommt, dass zum Jahres­wechsel das Wohngeld für Dezember des Vorjahres erst im Januar des Fol­gejahres auf dem Konto der Gemeinschaft gutgeschrieben wird. Diesbezüg­lich kam es schon zum Streit, weil diese Eigentümer darauf beharrten, den verspäteten Zahlungseingang buchhalterisch dem Vorjahr zuzurechnen, während der Verwalter auf die zwingenden rechtlichen Vorgaben zur rei­nen Einnahmen­/Ausgabenabrechnung verwies.

Der Verwalter sinnt auf Abhilfe und fragt sich, ob er die verpflichten­de Teilnahme am SEPA­Lastschriftverfahren für sämtliche Miteigentümer nicht nur für die monatlichen Hausgelder, sondern darüber hinaus auch für Nachzahlungen aus den Jahresabrechnungen und ggf. für Sonderumlagen beschließen lassen kann.

Zumindest möchte der Verwalter mit der beabsichtigten Beschlussfassung erreichen, dass ihm eine Sondervergütung für den erhöhten Buchungsauf­wand zugesprochen wird, falls sich Eigentümer weiterhin weigern, ihre Verpflichtungen über den SEPA­Lastschrifteinzug zu erfüllen.

2. Formulierung TOP Einladung

Erteilung einer SEPA-Lastschriftermächtigung durch die Eigentümer zu Gunsten der Gemeinschaft zum Einzug der monatlichen Hausgelder, evtl. Nachzahlungen aus den Jahresabrechnungen sowie von Zahlungspflichten aus beschlossenen Sonderumlagen. Beschluss zur Vereinbarung einer Mehraufwandspauschale zu-gunsten der Verwaltung im Falle der Nichterteilung der Lastschriftermächtigung. Beschlussfassung zur Kostentragung dieser Mehraufwandspauschale.

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Verpflichtung zu Teilnahme am SEPA-Lastschriftverfahren

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3. Antragsmuster

Alle Miteigentümer sind verpflichtet, der Gemeinschaft zur Erfüllung der ihnen obliegenden Zahlungspflichten ein SEPA-Lastschriftmandat zu er-teilen. Die Ermächtigung, fällige Zahlungen über dieses Lastschriftmandat vom Konto des jeweiligen Eigentümers einzuziehen, gilt sowohl für die laufenden Hausgeldvorschüsse wie auch für Nachzahlungen aus den je-weiligen Jahresabrechnungen sowie für beschlossene und fällige Leistun-gen aus Beschlüssen zur Erhebung einer Sonderumlage.

Der Verwalter ist berechtigt, der Gemeinschaft ab … eine Mehraufwands-pauschale in Höhe von € …/Monat und Eigentümer zu berechnen, für diejenigen Eigentümer, die kein SEPA-Lastschriftmandat erteilt haben. Die Pauschale haben (jeweils anteilig) diejenigen Eigentümer zu tragen, die den Mehraufwand durch Nichtteilnahme am SEPA-Lastschriftverfahren verursachen. Die Pauschale kann vom Verwalter zum Schluss des Wirtschaftsjahres dem Gemeinschaftskonto entnommen werden und ist mit der jeweiligen Jah-resabrechnung auf die betroffenen Eigentümer umzulegen.

4. Anmerkungen

Die Kompetenz zur vorstehenden Beschlussfassung ergibt sich aus § 21 Abs. 7 WEG, wonach die Eigentümer berechtigt sind, die „Regelung der Art und Weise von Zahlungen“… zu beschließen. Somit kann generell auch die verpflichtende Teilnahme der Eigentümer am SEPA­Lastschriftverfahren beschlossen werden1 und zwar nicht nur für laufende Hausgeldzahlungen, sondern auch für Nachzahlungen aus den Jahreseinzelabrechnungen wie auch für Beitragsverpflichtungen aufgrund beschlossener Sonderumlagen2.

Ob dies auch für das Abbuchungsverfahren gilt, erscheint zweifelhaft, denn im Gegensatz zur Lastschrift kann der Eigentümer bei einer Abbuchung eine unberechtigte Zahlung über seine eigene Bank nicht widerrufen.

1 LG Köln ZMR 2014, 823.2 Elzer in Timme, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage, RdNr. 383 zu § 21.

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M IV. 16

3

Die Einzugsermächtigung hat gegenüber der Gemeinschaft und nicht ge­genüber dem Verwalter zu erfolgen. Nicht dieser, sondern die Gemeinschaft ist berechtigter Zahlungsempfänger.

Der Beschluss selbst wäre ein „zahnloser Tiger“ wenn er nicht mit ent­sprechenden Sanktionsmöglichkeiten verbunden werden könnte. Es ent­spricht daher ordnungsmäßiger Verwaltung, dem Verwalter zum einen eine Sondervergütung für einen Mehraufwand bei Nichterteilung der Einzugs­ermächtigung zuzusprechen, wie auch diesen Mehraufwand den Kosten-verursachern aufzuerlegen. Gem. § 21 Abs. 7 (Var. 3) WEG besteht die Beschlusskompetenz besteht, die Kosten eines besonderen Verwaltungsauf­wands zu regeln.

Nach überwiegender Rechtsansicht, sollen die Wohnungseigentümer auch beschließen können, dass eine zu leistende Sondervergütung zur Verkür-zung des Leistungsweges vom Kostenverursacher direkt an den Verwalter zu bezahlen ist3.Richtigerweise sind m. E. aber die bestehenden Vertragsbeziehungen zu beachten. Die Parteien des Verwaltervertrags sind die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als teilrechtsfähiger Verband (nicht die einzelnen Wohnungseigentümer) und der Verwalter. Demnach kann nur der teilrechts­fähige Verband dem Verwalter eine diesbezügliche Aufwandspauschale zusprechen. Die Gemeinschaft wiederum kann die interne Kostenumlage auf den Verursacher des besonderen Verwaltungsaufwands regeln. Für den Verwalter dürfte der teilrechtsfähige Verband allemal der bequemere und sicherere Schuldner seiner Sondervergütung sein.

Ein besonderer Verwaltungsaufwand liegt immer dann vor, wenn ein Woh­nungseigentümer durch sein Verhalten einen über das objektiv, unabhängig von der konkreten Wohnungseigentumsanlage zu bestimmende Normal­maß hinausgehenden und vermeidbaren Aufwand verursacht4.

Weitere Beispiele für einen besonderen Verwaltungsaufwand sind: − Sammelüberweisungen für mehrere Einheiten, da diesen nicht der Betrag für die einzelne Einheit zu entnehmen ist5,

3 Zustimmend z. B. Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 195 zu § 21, Greiner ZMR 2009, 403; skeptisch Abramenko ZWE 2012, 386.

4 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 146 zu § 21 unter Verweis auf AG Bremen­Blumenthal ZWE 2014, 227.

5 OLG Düsseldorf ZMR 2001, 723.

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Verpflichtung zu Teilnahme am SEPA-Lastschriftverfahren

4

− Mahngebühren (str.), Kosten für Kopien soweit für einzelne Eigentümer angefertigt etc.;

− Sondervergütung des Verwalters für die Einleitung eines gerichtlichen (Mahn)Verfahrens bei Verzug;

− Sondervergütung des Verwalters für eine Zustimmung nach § 12 WEG bei Veräußerung6;

− Anteilige Ausweisung des steuerlich relevanten Betrages für haushalts­nahe Dienst­ und Handwerkerleistungen7.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Gemäß § 21 Abs. 7 WEG kann der Beschluss mit Stimmenmehrheit gefasst werden. Erforderlich ist also die einfache Mehrheit der anwesenden, bzw. vertretenen Eigentümer einer beschlussfähigen Versammlung

6. Anfechtungsrisiken

Kosten für die Erfüllung der dem Verwalter vom Gesetz auferlegten Ver­pflichtungen können nicht Gegenstand einer Beschlussfassung sein. Diese sind mit der Verwaltergrundvergütung abgegolten.

Eine gerichtliche Kostenentscheidung nach § 49 WEG oder nach den §§ 91 ff. ZPO kann nicht über einen Beschluss nach § 21 Abs. 7 WEG ab­geändert werden.

Mit Erfolg anfechtbar ist ein Beschluss nach § 21 Abs. 7 WEG auch dann, wenn dies zu unangemessen hohen Kosten8 oder zu einer Ungleichbehand-lung der Eigentümer9 führt.

Für die Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren wurde ein Betrag von mo­natlich € 2,50/Einheit als angemessen erachtet10.

6 Häublein ZMR 2007, 409.7 LG Karlsruhe BeckRS 2010, 17796.8 OLG Hamm ZWE 2000, 424.9 Vgl. OLG München ZWE 2015, 25.10 OLG Düsseldorf WE 1999, 195.

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Musterbeschlussantrag M IV. 17: Tilgungsbestimmung von Hausgeldzahlungen

1. Regelungsbedarf

Seit der Entscheidung des BGH, wonach derjenige Bestandteil des Haus­geldes, der zur Zuführung in die Instandhaltungsrücklage bestimmt ist, we­der eine Einnahme noch eine Ausgabe darstellt1 hadert der Verwalter mit seinem Schicksal. Insbesondere missfällt ihm, Hausgeldminderzahlungen quotal auf den Beitrag zu den Bewirtschaftungskosten und den Beitrag zur Instandhaltungsrücklage anrechnen zu müssen. Er sinnt auf Abhilfe.

2. Formulierung TOP Einladung

Tilgungsbestimmung bei Teilzahlungen auf fällige Hausgeldbeträge.

3. Antragsmuster

Für den Fall, dass die nach dem Wirtschaftsplan fälligen Hausgeldzahlun-gen nicht in voller Höhe erbracht werden, ist der Zahlungseingang zu-nächst auf die Beitragsleistung zu den Lasten und Kosten des Gemein-schaftseigentums (Bewirtschaftungskosten) anzurechnen und erst dann ein eventueller Restbetrag auf den Anteil des Eigentümers zur Zuführung in die Instandhaltungsrücklage.

Dies gilt nicht, wenn der Zahlungspflichtige eine anderweitige Tilgungsbe-stimmung trifft.

1 BGH ZWE 2010, 170.

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Tilgungsbestimmung von Hausgeldzahlungen

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4. Anmerkungen

Im Rahmen des § 21 Abs. 7 WEG besteht auch die Beschlusskompetenz der Eigentümer, eine Tilgungsbestimmung für Hausgeldzahlungen vorzuneh­men, wenn die Beitragsleistungen nicht in voller Höhe erbracht werden2, andernfalls ist der Verwalter verpflichtet, den Zahlungseingang quotal zu verteilen3.

Nach überwiegender Meinung kann eine solche Regelung nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen und nicht rückwirkend auf bereits geleistete Zah­lungen angewandt werden4.

Nach herrschender Rechtsmeinung ist es zulässig, Minderzahlungen zu­nächst auf den Beitrag zu den Bewirtschaftungskosten des Gemeinschafts­eigentums anzurechnen. Hingegen soll es nicht mit den Grundsätzen ord­nungsmäßiger Verwaltung vereinbar sein, zunächst eine Anrechnung auf den Beitrag zu Instandhaltungsrücklage vorzunehmen5.

Eine explizite Tilgungsbestimmung durch den Schuldner (die jedoch in den seltensten Fällen vorliegen dürfte) hat Vorrang (§ 366 Abs. 2 BGB). Dies ist im Beschluss zu berücksichtigen.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Einfache Mehrheit.

6. Anfechtungsrisiken

Bei genügender Ankündigung in der Ladung und Beachtung der Hinweise unter Ziffer 4 nicht ersichtlich.

2 Elzer in Timme, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage, RdNr. 382 zu § 21.3 Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG – Kommentar und Handbuch

zum Wohnungseigentumsrecht, 11. Auflage, RdNr. 101 zu § 28.4 Elzer in Timme a.a.O. 5 LG Köln ZWE 2012, 280.

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Musterbeschlussantrag M IV. 18: Regelung zur Verzinsung der fälligen Hausgeldzahlungen bei Verzug

1. Regelungsbedarf

Manche Eigentümer nehmen es mit ihren Zahlungsverpflichtungen gegen­über der Gemeinschaft nicht so genau und geraten immer wieder in Ver­zug. Dies stört den Beirat gewaltig, zumal die „Verzugskandidaten“ nicht zu denjenigen Eigentümern gehören, die mit ihren Mitteln knapp haushalten müssen. Der Beirat fragt beim Verwalter an, ob es nicht möglich sei, eine Art „Vertragsstrafe“ für die ständig säumigen Zahler zu beschließen.

2. Formulierung TOP Einladung

Festlegung der Höhe der vom Schuldner zu tragenden Verzugszinsen im Falle nicht rechtzeitiger Leistung der Hausgeldvorschüsse.

3. Antragsmuster

Erfolgen Hausgeldzahlungen nicht termingerecht (sei es, dass diese von Selbstzahlern nicht rechtzeitig erbracht werden, sei es, dass bei erteilter SEPA-Lastschriftermächtigung der Einzug mangels Kontodeckung nicht er-folgen kann) sind die dadurch entstehenden Rückstände ab Verzugseintritt vom Schuldner mit 10 %-Punkten über dem jeweils geltenden Basiszins-satz zu verzinsen.

4. Anmerkungen

Im Rahmen des § 21 Abs. 7 WEG sind die Eigentümer berechtigt Regelun­gen zu „Folgen des Verzugs“ zu beschließen. Die Beschlusskompetenz um­fasst hingegen nicht zu beschließen, wann Verzug eintritt. Dies bestimmt

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Verzinsung der fälligen Hausgeldzahlungen bei Verzug

2

sich ausschließlich nach den zwingenden Vorschriften der §§ 286 ff. BGB. Allerdings können die Eigentümer dafür Sorge tragen, dass der Verzug nicht erst durch eine Mahnung ausgelöst werden muss (siehe Muster M IV. 14).

Auch die Verzinsung der Rückstandsbeträge wird bereits durch das Gesetz angeordnet (§ 288 BGB). Diese beträgt jährlich 5 %­Punkte über dem Basis­zinssatz, sofern es sich bei dem Schuldner um einen Verbraucher handelt (§ 288 Abs. 1 BGB).

Im Rahmen der Kompetenz des § 21 Abs. 7 können die Eigentümer aber beschließen, dass bei Zahlungsverzug ein höherer als der gesetzlich be-stimmte Zins als pauschalierter Schadensersatz zu leisten ist.

Die Grenze wird hier von der vorwiegenden Rechtsmeinung bei der doppel­ten Höhe des gesetzlich bestimmten Verzugszinssatzes gezogen1.

Auch wenn bereits ein höherer als der gesetzlich vorgesehene Verzugszins vereinbart ist (z. B. 7 %­Punkte über dem Basiszinssatz) kann von der Be­schlusskompetenz Gebrauch gemacht und dieser auf die zulässige Grenze erhöht werden.

AchtungEs ist auf die Formulierung zu achten „5 %-Punkte“ über dem Basiszins-satz. Wird beschlossen, dass als Verzugszins 5 % über dem Basiszinssatz zu leisten sind, ergäben sich lediglich 5,25 % Verzugszins.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Der Beschluss kann mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

1 Vgl. Abramenko ZWE 2012, 386.

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M IV. 18

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6. Anfechtungsrisiken

Wird die unter Ziffer IV genannte Grenze eingehalten, sind keine Anfech­tungsrisiken erkennbar. Nichtig – als Verstoß gegen die zwingende Rege­lung des § 248 Abs. 1 BGB – wäre allerdings der Beschluss, dass die Ver­zugszinsen ihrerseits wieder zu verzinsen sind (Zinseszins).

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Musterbeschlussantrag M IV. 19: Beschluss zur Tragung und Umlage der Kostenlast für eine besondere Nutzung des Gemeinschaftseigentums (Umzugskostenpauschale)

1. Regelungsbedarf

Nach Ein­ und Auszügen sind oftmals Beschädigungen des Farbanstrichs im Treppenhaus festzustellen. Die Verursacherfeststellung scheitert regel­mäßig an der Behauptung, diese Schäden hätten schon vorher bestanden.

Der Verwaltungsbeirat bittet den Verwalter eine Beschlussfassung zur Ein­führung einer Umzugspauschale.

2. Formulierung TOP Einladung

Erhebung einer Umzugspauschale ab … .

3. Antragsmuster

Ab sofort sind die Eigentümer verpflichtet pro Umzug (Aus-/Einzug) eine Umzugspauschale in Höhe von € … an das Gemeinschaftsvermögen zu zahlen. Bei einem Eigentümerwechsel ist die Pauschale vom ausziehenden Eigentümer zu leisten, bei einem Mieterwechsel bzw. sonstigem Nutzer-wechsel vom aktuellen Eigentümer der betroffenen Wohnung.

Die Pauschale wird mit Beginn des jeweiligen Auszugs zur Zahlung fällig und ist unaufgefordert auf das Konto der Gemeinschaft (Kontoinhaber/IBAN/Bank) zu leisten. Erfolgt die Zahlung nicht, ist sie vom Verwalter un-ter Fristsetzung anzumahnen. Der Verwalter ist berechtigt, eine Mahnge-bühr von € … zu erheben.

Gezahlte Umzugspauschalen sind der Instandhaltungsrücklage zuzuführen.

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Umzugskostenpauschale

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4. Anmerkungen

Nach § 21 Abs. 7 WEG sind die Wohnungseigentümer auch berechtigt zu beschließen, dass Kosten für eine besondere Nutzung bzw. einen beson-deren Gebrauch des Gemeinschaftseigentums auf den jeweiligen Nutzer erhoben bzw. umgelegt werden.

Eine besondere Nutzung im Sinne dieser Vorschrift liegt immer dann vor, wenn in einer gesteigerten Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums bei typisierender Betrachtungsweise der Anfall von besonderen Kosten wahrscheinlich ist, was nicht voraussetzt, dass im Gebrauch eine unzu­lässige Nutzung des Gemeinschaftseigentums liegt1. Eine gesteigerte Inan­spruchnahme muss auch keine zusätzlichen Kosten verursachen, sie muss aber überhaupt Kosten verursachen (was z. B. beim Abstellen von Schuhen vor der Wohnungstür nur dann der Fall wäre, wenn aufgrund erschwerter Reinigung Mehrkosten anfallen).

Uneinigkeit besteht noch darüber, wann im Einzelnen eine gesteigerte In­anspruchnahme vorliegt, um die Beschlusskompetenz nach § 21 Abs. 7 zu begründen, nachdem gem. § 13 Abs. 2 jeder Wohnungseigentümer zum (gleichrangigen) Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums berechtigt ist.

Fraglich ist dies z. B. wenn gemeinschaftliche Einrichtungen vorhanden sind, die jedoch nicht von jedem Eigentümer gleichermaßen genutzt wer­den (z. B. Gemeinschaftswaschmaschine, Sauna, Schwimmbad), hier kann jedoch eine Entgeltbestimmung für die Nutzung als Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 2 WEG (mit einfacher Mehrheit) beschlossen werden2.

Unter § 21 Abs. 7 WEG fällt auch die Kostenzuweisung für den ausschließ-lichen Gebrauch von Gemeinschaftseigentums aufgrund eines vereinbar­ten Sondernutzungsrechts, es sei denn, der Sondernutzungsberechtigte ist durch die Gemeinschaftsordnung von einer Kostentragungspflicht für die Nutzung ausdrücklich befreit3.

1 BGH NJW 2010, 3508.2 Merle in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 186 zu § 21.3 Drabek in Riecke/Schmid WEG­Kommentar, 4. Auflage, RdNr. 298 zu § 21.

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M IV. 19

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5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Die einfache Mehrheit der in der beschlussfähigen Versammlung anwesen­dem bzw. vertretenen Eigentümer genügt.

6. Anfechtungsrisiken

Die Höhe der von den einzelnen Eigentümern zu zahlenden Beträge muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, sie muss da­her angemessen und darf nicht überhöht sein. Die berechtigten Belange z. B. eines Sondernutzungsberechtigten müssen Berücksichtigung finden. Zu hohe Pauschalen/Kostenüberwälzungen wären als Eingriff in elemen­tare Mitgliedschaftsrechte sogar nichtig4. Bei der Umzugspauschale ist eine Höhe von € 50,00 gerade noch angemessen5.

4 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 143 zu § 21.5 BGH NJW 201, 3508.

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Musterbeschlussantrag M IV. 20: Beschlussfassung zur Versorgungssperre bei Hausgeldrückständen

1. Regelungsbedarf

Eigentümer X, der die Wohnung von seiner verstorbenen Mutter geerbt hat, ist mit inzwischen fünf monatlichen Hausgeldvorschussraten in Zah­lungsrückstand. Über drei Raten liegt bereits Vollstreckungsbescheid vor. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen scheiterten jedoch an der Vermögenslo­sigkeit des X. Pfändbare Gegenstände hat der Gerichtsvollzieher ebenfalls nicht in der Wohnung vorgefunden. Den Eigentümer X belastet das wenig. Er hat bereits den Beirat darauf verwiesen, dass seine Rückstände nicht so „hoch gehängt werden“ sollen. Er habe nun einmal kein Geld und eine Erwerbstätigkeit oder der Umgang mit einschlägigen Ämtern würde nur zu einer Verkürzung seiner Lebenszeit führen. Außerdem sei sein vermögen­der Onkel auch schon betagt und damit „bald fällig“. Sobald er von diesem erbe, werde die Gemeinschaft ihr Geld schon noch bekommen.Diese Haltung erzürnt sowohl den Beirat wie auch die übrigen Eigentümer. Sie fordern den Verwalter auf sicherzustellen, dass X „künftig nicht mehr auf unsere Kosten heizen und duschen kann“.

2. Formulierung TOP Einladung

Einrichtung einer Versorgungssperre für die Wohnung Nr. … für Heizung/Warm-wasser/Kaltwasser wegen erheblichen Zahlungsrückstands des Eigentümers. Er-mächtigung des Verwalters zur Androhung, ggf. Durchsetzung und Durchfüh-rung der Maßnahme. Finanzierung diesbezüglicher Kosten.

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Versorgungssperre bei Hausgeldrückständen

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3. Antragsmuster

1.Die Verwaltung wird beauftragt und ermächtigt, dem Eigentümer der Wohnung Nr. … unverzüglich eine Sperre der Versorgung seiner Wohnung mit Heizenergie sowie Warm- und Kaltwasser für den Fall anzudrohen, falls binnen zwei Wochen nach Zugang der Androhung die bestehenden Hausgeldrückstände (i.H.v. derzeit € …) nicht ausgeglichen sind.

2.Nach Ablauf der gesetzten Frist ist der Verwalter für den Fall, dass keine vollständige Tilgung der Schuld bis dahin erfolgt ist, ermächtigt im Namen und für Rechnung der Gemeinschaft entsprechende Fachunternehmen zu beauftragen, um an den genannten Versorgungsleitungen Sperrvorrich-tungen anbringen zu lassen sowie die Sperrung durchzuführen.

Soweit die Installation der Sperrvorrichtungen nur in der Wohnung mög-lich ist und der Eigentümer/(Mieter) den Zutritt verweigert, ist die Verwal-tung ermächtigt, anwaltliche Hilfe zur Durchsetzung des Zutritts in An-spruch zu nehmen, den Auftrag zur Klageerhebung zu erteilen sowie die Zwangsvollstreckung zu beauftragen.

Sind die Zahlungsrückstände vollständig ausgeglichen, hat die Verwaltung unverzüglich die installierten Vorrichtungen zu entsperren und/oder die Sperrvorrichtungen wieder zurückbauen zu lassen, sofern die Kostenüber-nahme für die Entsperrung bzw. den Rückbau durch den Eigentümer der Wohnung Nr. … sichergestellt ist.

Sollte die Wohnung Nr. … zwischenzeitlich veräußert oder versteigert wer-den ist die Versorgung mit dem Eintrag des Erwerbers im Grundbuch wie-der herzustellen bzw. sofort nach Mitteilung an die Gemeinschaft, wer im Falle der Zwangsversteigerung den Zuschlag erhalten hat.

Alle im Zusammenhang mit der Vollziehung dieses Beschlusses anfallenden Kosten sind – soweit möglich – dem laufenden Konto zu entnehmen und im Übrigen ggf. aus der Instandhaltungsrücklage zu finanzieren.

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M IV. 20

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4. Anmerkungen

Das Recht der Gemeinschaft einen Eigentümer vom Bezug der von ihr be­schafften Versorgungsgüter über eine Versorgungssperre für seine Wohnung auszuschließen, sofern sich dieser erheblich mit der Zahlung des Hausgel­des in Verzug befindet, ergibt sich aus § 273 BGB (Zurückbehaltungsrecht)1.

Die Eigentümer verfügen über die Kompetenz, sowohl im Einzelfall über eine Versorgungssperre zu beschließen wie auch eine generelle Regelung mit Dauerwirkung für die Zukunft hierzu zu treffen2.

Nach Ansicht des LG München I soll dies sogar für Güter gelten, für de­ren Bezug ein direkter Vertrag zwischen Eigentümer und Versorger besteht, die aber über gemeinschaftliche Leitungen in die Sondereigentumseinheit transportiert werden3 (so z. B. in der Regel bei der Versorgung der Wohnung mit Strom).

Für die Einrichtung, bzw. Durchsetzung einer Versorgungssperre müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Zunächst ist die Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft erforder­lich, denn der Verwalter verfügt (außer im Falle einer Vereinbarung hierzu oder im Notfall) über keine Ermächtigung zur Durchführung der Maßnah­me4.

Es muss ein Zahlungsrückstand in erheblicher Höhe vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Eigentümer sich mit mehr als 6 Monatsraten im Rückstand befindet5. Weiter muss dem Vollzug der Versorgungssperre eine Androhung vorausgehen6. Die Anweisung an den Verwalter hierzu kann gleichzeitig mit dem Beschluss zur Versorgungssperre selbst erfolgen.

1 BGH NZM 2005, 626.2 KG Berlin NJW­RR 2006, 446. 3 LG München I ZMR 2010, 326.4 BGH a.a.O.5 BGH a.a.O.6 BGH a.a.O.

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Versorgungssperre bei Hausgeldrückständen

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Schlussendlich muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt blei­ben. Diese kann beispielsweise in Frage stehen, sofern bei Einrichtung der Versorgungssperre eine Gesundheitsgefährdung des Eigentümers oder des­sen Mieters zu befürchten ist7.

Liegen diese Voraussetzungen vor, hat der Eigentümer das Betreten seiner Wohnung gem. § 14 Nr. 4 zu dulden, sofern dies zur Anbringung von Sperr­vorrichtungen notwendig ist8.

Er kann die Versorgungssperre nicht durch Teilzahlungen abwenden, auch nicht dadurch, dass er eine Zweckbestimmung nach § 366 BGB vornimmt und diese Zahlungen ausdrücklich auf die Betriebskosten oder die von der Sperre betroffenen Versorgungsgüter leistet9.

Ist das Sondereigentum vermietet, steht dieser Umstand einer Versorgungs­sperre nicht entgegen10. Eine Besitzstörung des Mieters liegt nicht vor11. Umstritten ist, ob auch der Mieter das Betreten des Sondereigentums dul­den muss12. Bei Vermietung von Gewerberaum kann der Mieter die Sperre als unzulässigen Eingriff in seinen Gewerbebetrieb abwehren13.

Der Mieter kann nach § 267 Abs. 1 BGB die Sperre durch Zahlung an die Gemeinschaft abwenden. Hierfür genügt es, wenn er ab Androhung die lau­fenden Beiträge entsprechend den Kosten seines Verbrauchs leistet14.

5. Mehrheitserfordernis/Stimmrechtsfragen

Für die Beschlussfassung ist die einfache Mehrheit ausreichend.

7 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, RdNr. 199 zu § 28.8 OLG München a.a.O.9 KG Berlin ZMR 2005, 905.10 KG Berlin ZWE 2002, 182.11 BGH NJW 2009, 1947.12 Zustimmend z. B. Hügel/Elzer a.a.O. RdNr. 203 zu § 28; a.A. Becker in Bärmann,

Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, RdNr. 87 zu § 28.13 Wolicki in Köhler, Anwalts­Handbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Auflage, Teil 16

RdNr. 465.14 Becker in Bärmann a.a.O. RdNr. 88 zu § 28.

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M IV. 20

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6. Anfechtungsrisiken

Der Beschluss muss hinreichend bestimmt sein. Es ist also zu erfassen, wel­che Versorgungsgüter von der Sperre erfasst werden sollen und wie dies verwirklicht werden soll.

Weiter ist in diesem Sinne notwendiger Inhalt des Beschlusses, festzulegen welche Voraussetzungen zur Aufhebung der Sperre bestehen15.

Da der Verwalter von Gesetzes wegen nicht ermächtigt ist Aktivprozesse einzuleiten bzw. hierfür einen Rechtsanwalt zu beauftragen, ist es sinnvoll diese Ermächtigung ebenfalls im Beschluss zu erteilen.

Die Versorgungssperre kann nur für den säumigen Eigentümer angeordnet werden solange er Miteigentümer der Gemeinschaft ist. Der Beschluss muss daher eine entsprechende Aufhebung vorsehen, falls eine rechtsgeschäftli­che Veräußerung oder der Zuschlag in der Zwangsversteigerung erfolgt16.

Zu jedem Maßnahmenbeschluss gehört eine Regelung zur Finanzierung. Für die Einrichtung einer Versorgungssperre bzw. deren Durchsetzung kön­nen ganz erhebliche Kosten anfallen, die im Einzelnen bei Beschlussfas­sung noch nicht bezifferbar sind. Ggf. ist die Erhebung einer Sonderumlage mit zu beschließen.

15 Im Einzelnen Gaier ZWE 2004, 109.16 Wolicki in Köhler, Anwalts­Handbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Auflage, Teil 16,

RdNrn. 429, 430 unter Hinweis auf BayobLG MDR 1992, 967.

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