Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

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Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen Dissertation Lehrstuhl für Verkehrswesen Fakultät für Bauingenieurwesen Ruhr-Universität Bochum 2007

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Justin Geistefeldt

Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen

Dissertation

Lehrstuhl für Verkehrswesen Fakultät für Bauingenieurwesen

Ruhr-Universität Bochum

2007

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Diese Arbeit wurde von der Fakultät für Bauingenieurwesen der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen und genehmigt.

Referent: Prof. Dr.-Ing. W. Brilon Korreferent: Prof. Dr.-Ing. F. Busch

Tag der mündlichen Prüfung: 25. Juni 2007

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Vorwort

Autobahnen mit vier Fahrstreifen pro Fahrtrichtung sind in Deutschland bislang nur wenig verbreitet. Insbesondere für hoch belastete Autobahnabschnitte im Bereich von Ballungsräumen besteht jedoch zunehmend die Notwendigkeit, Richtungsfahrbahnen vierstreifig auszubauen. Dafür sind entsprechende Planungsgrundlagen erforderlich.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit hat Herr Dr.-Ing. Justin Geistefeldt den Verkehrsab-lauf und die Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen umfassend untersucht. Dazu wurden umfangreiche empirische Daten erhoben und aus-gewertet. Anhand der Verkehrsdaten von Dauerzählstellen wurden die Gestalt des q-v-Diagramms, die Fahrstreifenaufteilung und die Kapazität vierstreifiger Richtungsfahr-bahnen ermittelt. Mit Hilfe von Videomessungen wurde das Fahrverhalten der Verkehrs-teilnehmer auf der freien Strecke sowie im Bereich von Knotenpunkten analysiert. Ergänzend wurden mikroskopische Simulationen des Verkehrsflusses auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen durchgeführt. Die Beurteilung der Verkehrssicherheit erfolgte auf der Grundlage von Unfalldaten und Störungsmeldungen. Das Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmer beim Befahren vierstreifiger Fahrbahnen wurde mit einer Befragung erhoben.

Mit den Ergebnissen der Arbeit liegt erstmals ein wissenschaftlich gesicherter Kenntnis-stand zu den wesentlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Verkehrsablauf und der Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen vor. Besondere verkehrstechnische Anforderungen an den Entwurf und Betrieb solcher Autobahnen, die sich aus der Breite der Fahrbahn ergeben, werden aufgezeigt. Für die empirischen Untersuchungen wurden moderne mathematisch-analytische Methoden angewandt und weiterentwickelt. Vor allem die Ergebnisse der Analyse stochastischer Eigenschaften der Kapazität haben das Potenzial, zu einer grundlegenden Neuaus-richtung der Verfahren für die verkehrstechnische Bemessung von Straßen beizutragen und in zukünftige Richtliniengenerationen Eingang zu finden.

Die hier dokumentierten Untersuchungen wurden von der Bundesanstalt für Straßen-wesen, Bergisch Gladbach, gefördert.

Bochum, im August 2007 Prof. Dr.-Ing. W. Brilon

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Inhalt

1 Einleitung...................................................................................................................9

2 Grundlagen der Verkehrsflusstheorie ...................................................................12

2.1 Makroskopische Beschreibung des Verkehrsflusses ..........................................12

2.2 Zeitlücken im fließenden Verkehr........................................................................15 2.2.1 Zeitlückenverteilungen..............................................................................15 2.2.2 Beurteilung des Abstandsverhaltens ........................................................17

2.3 Ermittlung der Kapazität......................................................................................18 2.3.1 Konventionelle Betrachtungsweise...........................................................18 2.3.2 Stochastische Ansätze .............................................................................19 2.3.3 Einfluss der Intervalldauer ........................................................................24

3 Makroskopische Analyse des Verkehrsablaufs....................................................26

3.1 Datengrundlage ..................................................................................................26

3.2 Gestalt des q-v-Diagramms ................................................................................29 3.2.1 Methodik...................................................................................................29 3.2.2 Abschnitte ohne Geschwindigkeitsbeschränkung ....................................30 3.2.3 Abschnitte mit stationärer Geschwindigkeitsbeschränkung......................33 3.2.4 Abschnitte mit Verkehrsbeeinflussungsanlage .........................................33 3.2.5 Modellierung der q-v-Beziehung...............................................................35

3.3 Fahrstreifenaufteilung .........................................................................................39 3.3.1 Methodik...................................................................................................39 3.3.2 Freie Strecke außerhalb der Knotenpunkte..............................................41 3.3.3 Abschnitte im Knotenpunktbereich ...........................................................43 3.3.4 Abschnitte mit dem Charakter einer langen Verflechtungsstrecke ...........46 3.3.5 Standardisierung der Fahrstreifenaufteilung.............................................47

3.4 Deterministische Kapazitätsanalyse ...................................................................48 3.4.1 Methodik...................................................................................................48 3.4.2 Ergebnisse ...............................................................................................49

3.5 Stochastische Kapazitätsanalyse........................................................................52 3.5.1 Methodik...................................................................................................52 3.5.2 Ergebnisse ...............................................................................................54 3.5.3 Vergleich mit zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen ....................60 3.5.4 Funktionstyp der Kapazitätsverteilung......................................................62 3.5.5 Einfluss des Schwerverkehrsanteils .........................................................64 3.5.6 Umrechnung in Stunden-Intervalle ...........................................................67 3.5.7 Zusammenhang zwischen deterministischen und stochastischen

Kapazitäten ..............................................................................................69

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4 Mikroskopische Analyse des Verkehrsablaufs.....................................................71

4.1 Messkonzept.......................................................................................................71

4.2 Freie Strecke.......................................................................................................71 4.2.1 Durchführung der Messung ......................................................................71 4.2.2 Verkehrsstärken, Geschwindigkeiten und Fahrstreifenaufteilung.............73 4.2.3 Zeitlückenverteilung..................................................................................78 4.2.4 Beurteilung des Abstandsverhaltens ........................................................81 4.2.5 Wunschgeschwindigkeiten .......................................................................82 4.2.6 Fahrstreifenwechselverhalten...................................................................84

4.3 Anschlussstelle ...................................................................................................86 4.3.1 Durchführung der Messungen ..................................................................86 4.3.2 Ausfahrt ....................................................................................................87 4.3.3 Einfahrt .....................................................................................................92

4.4 Autobahnknotenpunkt .........................................................................................98 4.4.1 Durchführung der Messungen ..................................................................98 4.4.2 Ausfahrt mit Fahrstreifensubtraktion.......................................................101 4.4.3 Einfahrt mit Fahrstreifenaddition.............................................................107

5 Mikroskopische Simulation..................................................................................110

5.1 Simulationsmodell des Programms BABSIM ....................................................110

5.2 Kalibrierung des Simulationsmodells ................................................................112 5.2.1 Vorgehensweise.....................................................................................112 5.2.2 Ergebnisse .............................................................................................114

5.3 Anwendung .......................................................................................................117 5.3.1 Vorgehensweise.....................................................................................117 5.3.2 Ergebnisse .............................................................................................119

5.4 Zusammenfassende Bewertung .......................................................................121

6 Verkehrssicherheit ................................................................................................123

6.1 Störungsanalyse ...............................................................................................123 6.1.1 Datengrundlage......................................................................................123 6.1.2 Häufigkeit und Ursachen von Störungen ................................................124 6.1.3 Querschnittseinschränkungen infolge von Störungen ............................128 6.1.4 Fazit........................................................................................................129

6.2 Unfallanalyse ....................................................................................................129 6.2.1 Datengrundlage......................................................................................129 6.2.2 Unfallkategorien .....................................................................................132 6.2.3 Unfallkenngrößen ...................................................................................133 6.2.4 Unfallmerkmale ......................................................................................135 6.2.5 Unfallhäufungen .....................................................................................138

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6.2.6 Zusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Verkehrsbelastung ....141 6.2.7 Zusammenfassung.................................................................................143

6.3 Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmer .................................................144 6.3.1 Methodik.................................................................................................144 6.3.2 Sicherheitsempfinden der Pkw-Fahrer ...................................................146 6.3.3 Sicherheitsempfinden der Lkw-Fahrer....................................................153 6.3.4 Gesamtbetrachtung................................................................................157

7 Empfehlungen .......................................................................................................158

7.1 Verkehrstechnische Bemessungswerte ............................................................158 7.1.1 Kontext der Richtlinien............................................................................158 7.1.2 Kapazitätswerte......................................................................................159 7.1.3 q-v-Diagramme.......................................................................................161

7.2 Entwurfsmerkmale ............................................................................................166 7.2.1 Querschnittsgeometrie ...........................................................................166 7.2.2 Gestaltung von Knotenpunkten ..............................................................166 7.2.3 Wegweisende Beschilderung .................................................................167 7.2.4 Verkehrssteuerungseinrichtungen..........................................................168

8 Zusammenfassung und Ausblick ........................................................................169

9 Literatur..................................................................................................................173

Anhang A Verzeichnis der Bundesautobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ...........................................................................................181

Anhang B Verteilungsfunktionen der Kapazität ..................................................183

Anhang C Simulationsergebnisse für die freie Strecke......................................185

Anhang D Fragebögen der Verkehrsteilnehmerbefragung.................................191

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1 Einleitung

Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen sind in Deutschland bislang noch wenig verbreitet. Vor dem Hintergrund der steigenden Verkehrsbelastung auf Bundes-autobahnen gewinnt der vierstreifige Ausbau von Richtungsfahrbahnen allerdings zu-nehmend an Bedeutung. Dies betrifft insbesondere hoch belastete Autobahnabschnitte in Ballungsräumen, die in der Regel durch eine dichte Folge von Knotenpunkten ge-kennzeichnet sind.

Derzeit sind in Deutschland nur einzelne, zumeist relativ kurze Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Betrieb (siehe Anhang A). Vierstreifige Richtungs-fahrbahnen werden eingesetzt als:

• Abschnitte außerhalb von Knotenpunkten (z.B. A 5 Frankfurter Kreuz – Darmstädter Kreuz),

• Abschnitte mit dem Charakter einer langen Verflechtungsstrecke zwischen An-schlussstellen und Autobahnknotenpunkten (z.B. A 3 Frankfurter Kreuz – Offen-bacher Kreuz).

Neben den vorhandenen Streckenabschnitten bestehen in erheblichem Umfang Pla-nungen zum achtstreifigen Ausbau von Bundesautobahnen. So ist im Bundesverkehrs-wegeplan (BMVBW, 2003) für Abschnitte mit einer Länge von insgesamt etwa 130 km im vordringlichen Bedarf und 270 km im weiteren Bedarf ein Ausbau auf acht Fahr-streifen vorgesehen.

Im Ausland gibt es zahlreiche Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen. Dies gilt insbesondere für die USA, wo in Ballungsräumen Autobahnen mit teilweise bis zu sieben Fahrstreifen pro Richtung in Betrieb sind. Hier werden häufig einzelne Fahr-streifen als „High-Occupancy Vehicle Lanes“ gewidmet, d.h. die Benutzung ist nur für Fahrzeuge mit mehreren (in der Regel mindestens zwei) Insassen zugelassen. Auch im europäischen Ausland, vor allem im Bereich der großen Ballungszentren Westeuropas, sind einzelne Autobahnabschnitte mit vier Fahrstreifen pro Richtung ausgebaut.

Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen im Ausland verfügen teilweise auch auf der linken Fahrbahnseite über einen vollwertigen Standstreifen. Dadurch besteht für Verkehrsteilnehmer auf den linken Fahrstreifen bei Pannen oder Unfällen die Möglich-keit, nach links auf den Standstreifen auszuweichen, ohne den fließenden Verkehr auf der gesamten Fahrbahn kreuzen zu müssen. In den USA ist in den Richtlinien für den Straßenentwurf (AASHTO, 2004) ein Standstreifen auf der linken Fahrbahnseite für Autobahnen mit mindestens drei Fahrstreifen pro Richtung vorgesehen. Aus wirtschaft-lichen Gründen wird jedoch beim Ausbau von Autobahnen in der Regel auf die An-ordnung eines Standstreifens auf der linken Fahrbahnseite verzichtet. Auch die derzeit gültigen Entwurfsrichtlinien in den Niederlanden (Ministerie van Verkeer en Waterstaat, 1993) sehen für Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen einen Standstreifen auf der linken Seite vor. Erfahrungen zeigen jedoch, dass dieser Standstreifen nur sehr selten durch Pannenfahrzeuge genutzt wird. Daher wird in den Nachfolgerichtlinien auf

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die Empfehlung zur Anordnung eines Standstreifens auf der linken Seite verzichtet. Stattdessen werden u.a. dynamische Querschnitte mit temporärer Freigabe des linken Fahrstreifens in die niederländischen Richtlinien aufgenommen (vgl. de Vries, 2005).

Der Verkehrsablauf auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ist in Deutschland bislang kaum wissenschaftlich erforscht. Wesentliche Fragen des Verkehrsablaufs, der Verkehrssicherheit und des Straßenbetriebs sind für diesen Autobahntyp noch nicht behandelt worden. Dementsprechend fehlen in den nationalen Richtlinien spezifische Empfehlungen für die verkehrstechnische Bemessung solcher Autobahnen. Erkenntnisse zu besonderen Anforderungen an die wegweisende Be-schilderung und die geometrische Gestaltung von Knotenpunkten im Zuge vierstreifiger Richtungsfahrbahnen, die sich möglicherweise aus der größeren Anzahl der zum Aus- und Einfahren erforderlichen Fahrstreifenwechsel ergeben, liegen nicht vor.

Auch auf internationaler Ebene gibt es in den einschlägigen Literaturquellen und Richt-linien nur vereinzelte Angaben, die sich speziell auf Autobahnfahrbahnen mit vier oder mehr Fahrstreifen beziehen. In den USA wird in den Empfehlungen für den Entwurf und die verkehrstechnische Bemessung von Autobahnen in der Regel keine Unterscheidung nach der Fahrstreifenanzahl der Richtungsfahrbahn vorgenommen. So werden in den Verfahren zur Beurteilung der Qualität des Verkehrsablaufs des HCM (2000) generell fahrstreifenbezogene Parameter verwendet, d.h. die q-v-Beziehungen und Kapazitäts-werte gelten unabhängig von der Fahrstreifenanzahl. Aufgrund des Rechtsfahrgebotes, des in der Regel höheren Geschwindigkeitsniveaus und der größeren Geschwindig-keitsdifferenzen zwischen Pkw und Lkw auf deutschen Autobahnen ist die Annahme einer einheitlichen Kapazität für alle Fahrstreifen einer Richtungsfahrbahn jedoch nur eingeschränkt auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Auch hinsichtlich der Fahr-streifenaufteilung und des Zusammenhangs zwischen Verkehrsstärke und Geschwin-digkeit ergeben sich länderspezifische Unterschiede. Dies zeigen vergleichende Unter-suchungen des Verkehrsablaufs auf Autobahnen in den USA und Deutschland (z.B. Hall, Brilon, 1994; Bertini e.a., 2005).

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist eine umfassende Analyse des Ver-kehrsablaufs und der Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen in Deutschland. Von besonderem Interesse sind etwaige Unterschiede zu zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die folgenden Fragestellungen:

• Welche Gestalt haben typische q-v-Diagramme von vierstreifigen Richtungsfahrbah-nen? Wie groß ist die Kapazität solcher Querschnitte? Wie verteilt sich der Verkehr auf die vier Fahrstreifen?

• Gibt es Besonderheiten hinsichtlich des Geschwindigkeits- und Abstandsverhaltens der Verkehrsteilnehmer? Wie sind diese Aspekte im Hinblick auf die Verkehrs-regelung und -steuerung zu beurteilen?

• Welche Besonderheiten weist der Verkehrsablauf auf vierstreifigen Richtungsfahr-bahnen im Bereich von Anschlussstellen und Autobahnknotenpunkten auf? Ergeben

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sich daraus spezifische Anforderungen an den Entwurf von Ein- und Ausfahrten sowie an die Regeln für die Wegweisung und Beschilderung?

• Welches Sicherheitsniveau haben vierstreifige Richtungsfahrbahnen im Vergleich zu Autobahnen mit zwei oder drei Fahrstreifen pro Richtung? Bestehen bei vierstreifigen Querschnitten besondere Sicherheitsrisiken, die auf die Breite der Fahrbahn zurück-zuführen sind? Erfordert die Breite der Fahrbahn die Anordnung eines Standstreifens auch auf der linken Seite, um einen störungsfreien und sicheren Betrieb zu gewähr-leisten?

Ziel der Untersuchung ist es, anhand der gewonnenen Erkenntnisse konkrete Entschei-dungsgrundlagen für die Praxis bereitzustellen und Empfehlungen für die Aufnahme in die einschlägigen Regelwerke für die Planung und die verkehrstechnische Bemessung von Autobahnen zu erarbeiten.

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2 Grundlagen der Verkehrsflusstheorie

2.1 Makroskopische Beschreibung des Verkehrsflusses Für die Beschreibung eines Verkehrsstroms bestehen verschiedene Möglichkeiten. Bei der mikroskopischen Betrachtung wird die Bewegung jedes einzelnen Fahrzeugs entlang eines Verkehrsweges analysiert und z.B. als Trajektorie im Weg-Zeit-Diagramm dargestellt. Die makroskopische Betrachtungsweise verwendet dagegen Kennwerte, mit denen die Gesamtheit der Fahrzeuge eines Verkehrsstroms zusammenfassend be-schrieben wird. Zu unterscheiden sind lokal und momentan ermittelte Größen. Zu den lokal an einem Querschnitt ermittelten Kennwerten zählen die Verkehrsstärke q und die mittlere lokale Geschwindigkeit⎯vl. Die Verkehrsdichte k sowie die mittlere momentane Geschwindigkeit⎯vm ergeben sich dagegen aus der momentanen Beobachtung eines festen Streckenabschnitts. Zwischen lokaler und momentaner Geschwindigkeit besteht der folgende Zusammenhang (vgl. Leutzbach, 1972):

⎯vl = ⎯vm + σm(v)²⎯vm (2-1)

mit σm(v)² = Varianz der momentanen Geschwindigkeiten

Da der zweite Summand stets positiv ist, muss⎯vm immer kleiner als⎯vl sein. Nach Brilon, Großmann, Blanke (1993) kann zur Umrechnung gemessener lokaler Geschwin-digkeiten in momentane Größen näherungsweise der Faktor 0,974 verwendet werden. Dieser Faktor ergibt sich unter Annahme eines konstanten Variationskoeffizienten der lokalen Geschwindigkeiten von σl /⎯vl = 0,16 (nach Heidemann, Hotop, 1990) sowie unter der Voraussetzung, dass die Standardabweichungen der lokalen und momen-tanen Geschwindigkeiten vergleichbar sind.

Weil die momentane Geschwindigkeit⎯vm den Schätzwert für die Reisegeschwindigkeit darstellt, ist dieser Kennwert im Vergleich zur lokalen Geschwindigkeit⎯vl von größerer Bedeutung und wird daher oft vereinfachend mit v bezeichnet. Dies wird auch in diesem Bericht so gehandhabt.

Unter der Voraussetzung eines stationären Verkehrsablaufs kann der Zusammenhang zwischen q, k und v durch die sog. Zustandsgleichung beschrieben werden:

q = k · v (2-2)

Demzufolge müssen nur zwei der drei Größen q, k und v bekannt sein, um die Zusam-menhänge zwischen den Kennwerten vollständig zu beschreiben.

Aus dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer resultieren typische empirische Zusammen-hänge zwischen der Verkehrsstärke q, der Verkehrsdichte k und der mittleren momen-tanen Geschwindigkeit v. Weil die mittlere Kfz-Geschwindigkeit vom Schwerverkehrs-anteil abhängig ist, wird stattdessen im Allgemeinen die mittlere Pkw-Geschwindigkeit verwendet. Bild 2-1 stellt die Beziehung zwischen den drei Kenngrößen q, k und v am

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Beispiel einer vierstreifigen Richtungsfahrbahn (Autobahn A 5 bei Zeppelinheim in Fahrtrichtung Nord) graphisch dar. Im q-v-Diagramm nimmt die Punktewolke die typische asymmetrische Parabelform an. Hier sind zwei voneinander abgegrenzte Bereiche der Punktewolke deutlich erkennbar: Der obere Ast der Parabel im Bereich hoher Geschwindigkeiten repräsentiert den fließenden Verkehr, der untere Ast den gebundenen (d.h. zähfließenden und gestauten) Verkehr. Teilweise wird noch eine feinere Unterteilung verschiedener Verkehrszustände vorgenommen. So unterscheiden Kim, Keller (2001) zwischen sechs Zuständen: Dem freien und teilgebundenen Verkehr im oberen Ast sowie dem synchronen, stockenden, gestauten und stehenden Verkehr im unteren Ast des q-v-Diagramms. Regler (2004) kommt dagegen auf der Grundlage einer Analyse umfangreicher Daten von Dauerzählstellen im deutschen Autobahnnetz zu dem Ergebnis, dass sich im unteren Ast nur zwei homogene Verkehrszustände ab-grenzen lassen: der synchrone Verkehr mit relativ hohen Verkehrsstärken und Ge-schwindigkeiten von etwa 60 km/h sowie der gestaute Verkehr mit deutlich geringeren Verkehrsstärken und Geschwindigkeiten unter 50 km/h. Übergänge zwischen den ein-zelnen Zuständen erfolgen in einer bestimmten Regelmäßigkeit. Bei der Staubildung und der Stauauflösung werden in der Regel unterschiedliche Ketten von Punkten im q-v-Diagramm durchlaufen. Dieses sog. Hysterese-Phänomen wurde erstmals von Treiterer, Myers (1974) beschrieben.

Bild 2-1: Zusammenhang zwischen den makroskopischen Kenngrößen q, v und k (5-Minuten-Intervalle, Verkehrsflussmodell nach van Aerde, 1995)

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Da die makroskopischen Kennwerte q, k und v aus einer Aggregierung verschiedener Einzelzustände resultieren, ist die Intervalldauer bei der makroskopischen Betrachtung des Verkehrsflusses von großer Bedeutung. Je größer die Dauer des Bezugsintervalls ist, desto stärker ist der Effekt der Mittelung ausgeprägt. Insbesondere bei großen Intervalldauern von z.B. einer Stunde ist zu beachten, dass die Werte q, k und v einen Verkehrszustand repräsentieren können, der in der Realität während des Beobach-tungszeitraums nie existiert hat. Im q-v-Diagramm ist dieser Effekt dadurch erkennbar, dass sich bei größeren Intervalldauern in zunehmendem Maße Punkte im Inneren der Parabel ergeben, die aus einer Mittelung von Zuständen aus dem oberen und unteren Ast des q-v-Diagramms (d.h. vor und nach einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses oder einer Stauauflösung) entstanden sind.

Für die Verallgemeinerung und die praktische Anwendung der Beziehungen zwischen q, k und v werden funktionale Zusammenhänge auf der Basis von Verkehrsflussmodel-len verwendet, die durch Regressionsrechnung aus gemessenen Wertepaaren abge-leitet werden können. Auf der Grundlage verschiedener mathematischer Funktionen wurde eine Vielzahl von Modellansätzen entwickelt. Viele dieser Modelle beschreiben entweder nur den Bereich des fließenden Verkehrs oder basieren auf einem zweigeteil-ten Funktionsverlauf mit unterschiedlichen Ansätzen für den fließenden und gebunde-nen Verkehr.

Das Verkehrsflussmodell nach van Aerde (1995) ist der einzige derzeit bekannte Ansatz, mit dem eine akzeptable Beschreibung sämtlicher auftretender Verkehrszu-stände durch einen durchgehenden Kurvenzug gelingt. Der Ansatz basiert auf einem einfachen Fahrzeugfolgemodell. Danach setzt sich die Weglücke zwischen zwei auf-einander folgenden Fahrzeugen aus einem konstanten, einem von der Differenz zwischen der aktuellen Geschwindigkeit und der Geschwindigkeit bei freiem Verkehr abhängigen sowie einem linear von der aktuellen Geschwindigkeit abhängigen Term zusammen. Die k(v)-Funktion dieses Verkehrsflussmodells lautet:

k(v) = 1Δx = 1

c1 + c2v0 − v + c3 · v

(2-3)

mit Δx = Weglücke zwischen aufeinander folgenden Fahrzeugen v0 = mittlere momentane Geschwindigkeit bei freiem Verkehr (k = 0) c1, c2, c3 = Modellparameter

Die Konstanten c1, c2 und c3 können durch nicht-lineare Regression in der k-v-Ebene ermittelt werden. Die in Bild 2-1 dargestellten Kurvenzüge wurden mit dem Verkehrs-flussmodell nach van Aerde (1995) ermittelt. Im k-v-Diagramm ist die charakteristische S-Form der Modellfunktion erkennbar.

Um unterschiedliche Kapazitäten im fließenden und gestauten Verkehr berücksichtigen zu können, wurde von Ponzlet (1996) eine Erweiterung des Verkehrsflussmodells von van Aerde (1995) vorgenommen. Dabei wird in Gleichung (2-3) für alle Intervalle im

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Bereich des gestauten Verkehrs ein zusätzlicher geschwindigkeitsabhängiger Para-meter cΔdrop eingeführt:

k(v) = 1

c1 + c2v0 − v + (c3 + cΔdrop) · v

(2-4)

Im q-v-Diagramm ergibt sich damit ein horizontaler Sprung im Bereich der Kapazität. Der obere Ast der q-v-Beziehung entspricht dem Ausgangsmodell nach Gleichung (2-3).

Brilon, Ponzlet (1995) haben auf der Basis eines einfachen Warteschlangenmodells eine q-v-Beziehung zur Beschreibung des fließenden Verkehrs entwickelt. Ausgehend von der Annahme, dass jeder Punkt entlang einer Strecke einen Engpass für den stromaufwärts folgenden Verkehr darstellt, kann jeder Streckenabschnitt als ein M/M/1-Warteschlangensystem betrachtet werden. Die mittlere Wartezeit in einem solchen System entspricht dem Kehrwert der Differenz aus Kapazität und Verkehrsnachfrage. Die v(q)-Funktion lautet:

v(q) = v0

1 + v0L0 · (C0 − q)

(2-5)

mit L0, v0, C0 = Modellparameter

Der Parameter C0 hat die Einheit einer Kapazität, liegt aber bei Anpassung der Para-meter an beobachtete Werte über der tatsächlichen Kapazität der Strecke. Das Ver-kehrsflussmodell bildet die Grundlage der q-v-Bemessungsdiagramme des HBS (2001) für Autobahnabschnitte außerhalb der Knotenpunkte. Die im HBS (2001) angegebenen Modellparameter gelten für eine Analyse in Stunden-Intervallen.

2.2 Zeitlücken im fließenden Verkehr 2.2.1 Zeitlückenverteilungen

Die Zeitlücke beschreibt den zeitlichen Abstand aufeinander folgender Fahrzeuge bei lokaler Betrachtung an einem Straßenquerschnitt. In der Verkehrsflusstheorie wird in der Regel die Bruttozeitlücke, also z.B. der zeitliche Abstand zwischen den Durchfahrt-zeitpunkten der Fahrzeug-Vorderkanten, als maßgebende Größe verwendet. Die Zeit-lücke ist im mathematischen Sinne eine Zufallsgröße, die für einen stationären Ver-kehrszustand durch ihre statistische Verteilungsfunktion beschrieben werden kann.

Bei der mathematischen Beschreibung von Zeitlückenverteilungen werden zwei Modell-klassen unterschieden (vgl. Luttinen, 1996): Einfache Verteilungen mit einem einheit-lichen Modell für alle Fahrzeuge und kombinierte Verteilungen mit unterschiedlichen Modellen für frei fahrende Fahrzeuge und Fahrzeuge in Kolonnen. Zu den einfachen

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Verteilungen zählen u.a. die Exponentialverteilung, die verschobene Exponentialver-teilung, die logarithmische Normalverteilung und die Pearson-III-Verteilung. Die Expo-nentialverteilung beschreibt die Zeitlückenverteilung im freien Verkehr (vgl. Jacobs, 1970), d.h. für den idealisierten Zustand eines Verkehrsflusses ohne gegenseitige Be-einflussung der Einzelfahrzeuge:

F(t) = tqe1 ⋅−− (2-6)

mit t = Zeitlücke [s] q = Verkehrsstärke [Kfz/s]

Die verschobene Exponentialverteilung berücksichtigt dagegen, dass die Zeitlücke zwischen aufeinander folgenden Fahrzeugen bei der Betrachtung eines einzelnen Fahrstreifens einen Mindestwert Δ nicht unterschreiten kann:

F(t) = Δ≥Δ<

⎩⎨⎧− Δ−⋅λ− tfür

tfüre1

0)t( (2-7)

mit λ = q1

q⋅Δ−

q = Verkehrsstärke [Kfz/s] Δ = Mindestzeitlücke zwischen aufeinander folgenden Fahrzeugen [s]

Bei der logarithmischen Normalverteilung und der Pearson-III-Verteilung handelt es sich ebenfalls um einseitig begrenzte Verteilungen, die im Gegensatz zur verschobenen Exponentialverteilung jedoch einen stetigen Verlauf im Bereich der Mindestzeitlücke Δ aufweisen. Die Verteilungsfunktionen dieser Modelle sind allerdings nicht explizit dar-stellbar.

In der Klasse der kombinierten Ansätze zur Beschreibung von Zeitlückenverteilungen ist im angelsächsischen Raum vor allem die M3-Verteilung (Cowan, 1975) verbreitet. Bei diesem Modell wird angenommen, dass ein Anteil α der Fahrzeuge unbeeinflusst fährt, wohingegen die in Kolonnen fahrenden Fahrzeuge (Anteil 1 − α) eine konstante Zeit-lücke Δ zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten. Die Verteilungsfunktion der M3-Ver-teilung lautet:

F(t) = Δ≥Δ<

⎩⎨⎧

⋅α− Δ−⋅λ− tfürtfür

e10

)t( (2-8)

mit α = Anteil der unbeeinflusst fahrenden Fahrzeuge [-] Δ = Mindestzeitlücke zwischen aufeinander folgenden Fahrzeugen [s]

λ = q1

q⋅Δ−

⋅α

q = Verkehrsstärke [Kfz/s]

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Nach Tanner (1962) gilt bei einem Verkehrsfluss ohne Beeinflussung durch Lichtsignal-anlagen in etwa der Zusammenhang α = 1 − Δ · q und damit λ = q. Von Jacobs (1979) wurde die Näherung α = e−k · q vorgeschlagen, deren Parameter k empirisch ermittelt werden muss (in der Regel gilt: 6 ≤ k ≤ 9).

2.2.2 Beurteilung des Abstandsverhaltens

Das Abstandsverhalten der Verkehrsteilnehmer stellt einen wichtigen Faktor für die Sicherheit des Verkehrsablaufs auf Straßen und Autobahnen dar. Grundlage jeder Ver-haltensregel hinsichtlich der Abstandshaltung ist die Forderung, dass mit zunehmender Geschwindigkeit ein größerer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten werden muss. Andererseits beeinflusst das Abstandsverhalten auch die Kapazität einer Straße. Weil der mittlere Wegabstand der Kehrwert der Verkehrsdichte ist, gilt nach der Zustandsgleichung (2-2) der theoretische Zusammenhang, dass bei gleicher Geschwin-digkeit eine Verringerung des mittleren Wegabstands mit einer Zunahme der Verkehrs-stärke verbunden ist. Insofern stellen die Aspekte der Sicherheit des Verkehrsablaufs und der Leistungsfähigkeit gegensätzliche Ziele im Hinblick auf das Abstandsverhalten dar.

Für die Analyse der Abstände zwischen aufeinander folgenden Fahrzeugen ist der Grad der Beeinflussung des Abstandsverhaltens durch das vorausfahrende Fahrzeug zu berücksichtigen. Bei geringen Verkehrsstärken ist davon auszugehen, dass die Ver-kehrsteilnehmer in der Regel ihre Wunschgeschwindigkeit erreichen können und die Abstände zwischen den einzelnen Fahrzeugen zufällig verteilt sind. Bei sehr dichtem Verkehr müssen die Verkehrsteilnehmer dagegen ihre Geschwindigkeit häufig an die des vorausfahrenden Fahrzeugs anpassen. Für die Beurteilung des Abstandsverhaltens unter den Aspekten der Sicherheit und der Kapazität sind in erster Linie solche Folge-vorgänge von Bedeutung, bei denen eine Beeinflussung durch das vorausfahrende Fahrzeug stattfindet. Bei der Auswertung von Abstandsverteilungen ist daher der Anteil sehr geringer Abstände von besonderem Interesse.

In § 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO, 2004) wird nach dem Prinzip des „relativ sicheren Abstands“ ein Mindestabstand verlangt, bei dem der Fahrer im Falle einer Vollbremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs bis zum Stand abbremsen kann, ohne aufzufahren. Sofern die maximale Bremsverzögerung der Fahrzeuge gleich ist, muss die Nettozeitlücke zwischen den Fahrzeugen daher mindestens der Reaktionszeit ent-sprechen, die ein Fahrer für die Einleitung des Bremsvorgangs benötigt. Als Mindest-wert bei angespannter Fahrweise muss 1 Sekunde (Nettozeitlücke) angesehen werden. Werden zusätzlich die Wirkung der Fahrzeuglänge sowie denkbare Unterschiede im Bremsvermögen der Fahrzeuge einbezogen, so ergibt sich eine Mindest-Bruttozeitlücke von etwa 1,5 bis 2 Sekunden. Diese wird üblicherweise in der Rechtsprechung von Kraftfahrern gefordert (vgl. z.B. Janiszewski e.a., 2005). Ein Mindest-Zeitabstand von 2 Sekunden bedeutet, dass die Mindest-Weglücke zwischen den Fahrzeugen proportional zur Geschwindigkeit ist. Für Lkw gibt die Straßenverkehrsordnung (StVO, 2004) für

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Geschwindigkeiten über 50 km/h explizit einen Mindest-Wegabstand von 50 m an. Bei der für Lkw gültigen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ergibt sich aus dieser Regel ein Mindest-Zeitabstand von 2,25 Sekunden.

Eine Modellvorstellung für die Beurteilung des aus dem Abstandsverhalten der Ver-kehrsteilnehmer resultierenden Gefahrenpotenzials wurde von Leutzbach e.a. (1970) entwickelt. Als maßgebende Bewertungsgröße wird die Zeitspanne tRM verwendet, die einem folgenden Fahrzeug zur Einleitung einer Bremsung mit maximaler Verzögerung zur Verfügung steht, um bei einer Vollbremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs bis zum Stand rechtzeitig hinter diesem Fahrzeug zum Stehen zu kommen:

tRM = ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅

−⋅

+−⋅⋅2

2

1

11,Fz1

2 b2²v

b2²vlvd

v1 (2-9)

mit 1 = vorausfahrendes Fahrzeug 2 = nachfolgendes Fahrzeug d = Bruttozeitlücke zwischen Fahrzeug 1 und 2 [s] v = Geschwindigkeit [m/s] lFz = Fahrzeuglänge [m] b = maximal mögliche Bremsverzögerung [m/s²]

Als Mindestwert der Reaktionszeit kann 1 Sekunde angesetzt werden (vgl. Brilon, 1976). Alle Abstände, bei denen tRM kleiner als 1 Sekunde ist, werden als riskant einge-stuft.

2.3 Ermittlung der Kapazität 2.3.1 Konventionelle Betrachtungsweise

Die Kapazität einer Straße ist definiert als die „größte Verkehrsstärke, die ein Verkehrs-strom bei gegebenen Weg- und Verkehrsbedingungen an dem für ihn bestimmten Querschnitt erreichen kann“ (FGSV, 2000). In der konventionellen Denkweise, die den derzeit gültigen Regelwerken (z.B. HBS, 2001; HCM, 2000) zugrunde liegt, wird die Kapazität als Konstante aufgefasst. Bei der Beschreibung des Verkehrsablaufs durch ein Verkehrsflussmodell entspricht die Kapazität der Verkehrsstärke im Bereich des Scheitelpunkts der q-v-Kurve. Allerdings liegt ein eindeutiger Scheitelpunkt nur dann vor, wenn der Verkehrsablauf in der Modellbildung durch einen durchgehenden Kurven-zug beschrieben wird. Dies ist beim Modell nach van Aerde (1995) gegeben, so dass dieser Ansatz im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zur Anwendung kommt. Zweigeteilte Ansätze eignen sich dagegen nur bedingt zur Ermittlung der Kapazität, weil sich bei diesen Modellen die Größe der Kapazität in der Regel aus der Festlegung der Grenze zwischen den beiden Teilansätzen ergibt.

Die Größe der Kapazität ist von zahlreichen systematischen Einflüssen abhängig. Zu den Einflussfaktoren zählen die Fahrstreifenanzahl, die Fahrstreifenbreite, die Längs-

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19

neigung, Maßnahmen der Verkehrsregelung und -steuerung, der Schwerverkehrsanteil, der Anteil ortskundiger Verkehrsteilnehmer sowie Umfeldeinflüsse wie Witterungsbe-dingungen und Helligkeitsverhältnisse.

Darüber hinaus wird die Kapazität auch durch den Verkehrszustand systematisch beeinflusst. Zahlreiche Untersuchungen (Hall, Agyemang-Duah, 1991; Banks, 1991; Ponzlet, 1996; Brilon, Zurlinden, 2003; Regler, 2004) haben gezeigt, dass der maximale Stauabfluss nach einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses geringer ist als die Kapazität bei fließendem Verkehr. Dieser Effekt wird auf das Fahrverhalten der Ver-kehrsteilnehmer bei Stauauflösung zurückgeführt. Der Rückgang der Kapazität wird als „capacity-drop“ bezeichnet. Das Ausmaß des „capacity-drop“ ist allerdings sehr unein-heitlich und weist keine eindeutigen Gesetzmäßigkeiten auf (vgl. Regler, 2004).

2.3.2 Stochastische Ansätze

Im Gegensatz zur traditionellen Denkweise kommen neuere Untersuchungen (z.B. Elef-teriadou e.a., 1995; Minderhoud e.a., 1996; Kühne, Anstett, 1999; Lorenz, Elefteriadou, 2000; Brilon, Zurlinden, 2003; Regler, 2004) zu der Erkenntnis, dass die Kapazität un-abhängig von systematischen Einflüssen erheblich variieren kann und daher eher als Zufallsgröße aufzufassen ist. Hintergrund dieses neuen Denkansatzes ist die Beobach-tung, dass der Zusammenbruch des Verkehrsflusses, d.h. der plötzliche Übergang des fließenden Verkehrs in zähfließenden oder gestauten Verkehr, ein in starkem Maße zufälliges Ereignis ist. Ein Zusammenbruch des Verkehrsflusses tritt ein, wenn die Ver-kehrsnachfrage die Kapazität überschreitet. Die Betrachtung der Kapazität als Konstan-te würde bedeuten, dass jede Verkehrsnachfrage, die größer als ein bestimmter (fester) Kapazitätswert ist, unmittelbar zum Zusammenbruch des Verkehrsflusses führt, wohin-gegen bei jeder Verkehrsnachfrage unter diesem Kapazitätswert ein Zusammenbruch völlig ausgeschlossen ist. In der Realität ist die Kapazität jedoch zufälligen Schwankun-gen unterworfen, die z.B. durch die Zufälligkeit des Verkehrsablaufs, der Verkehrszu-sammensetzung und des individuellen Verhaltens der Fahrzeugführer begründet sein können. Demzufolge liegt es nahe, die Kapazität als eine Zufallsgröße zu betrachten. Dies bedeutet, dass die Kapazität nicht durch einen einzelnen Wert, sondern durch eine Verteilungsfunktion repräsentiert wird. Die Verteilungsfunktion der Kapazität FC(q) ist definiert als die Wahrscheinlichkeit, dass es bei der Verkehrsstärke q zu einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses kommt:

FC(q) = p(C ≤ q) (2-10)

mit C = Kapazität [Kfz/h] q = Verkehrsstärke [Kfz/h]

Die wesentliche Schwierigkeit bei der Schätzung einer solchen Verteilungsfunktion besteht darin, dass die Kapazität keine direkt messbare Größe ist. Beobachtungen des Verkehrsflusses liefern Wertepaare der Verkehrsstärke q und Geschwindigkeit v,

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20

erlauben aber keine direkte Aussage über die (momentan) maximal mögliche Verkehrs-stärke, bei der der Verkehr gerade noch fließt. Im Mittelpunkt der stochastischen Kapa-zitätsanalyse steht daher die Auswertung von Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses, die anhand der Ganglinie der mittleren Geschwindigkeit identifiziert werden können. Ein solcher Zusammenbruch entsteht dadurch, dass die Verkehrsnachfrage in einem Inter-vall die momentane Kapazität überschreitet. Weil gleichzeitig die Verkehrsstärke nie größer als die Kapazität sein kann, kann die Verkehrsstärke in dem Intervall, in dem der Zusammenbruch ausgelöst wird, als Kapazitätswert aufgefasst werden. Diese Betrach-tungsweise setzt allerdings voraus, dass die Analyse auf der Grundlage einer kurzen Intervalldauer erfolgt. Bei längeren Intervalldauern von z.B. einer Stunde wäre der Kausalzusammenhang zwischen der beobachteten Verkehrsstärke und dem Eintreten des Zusammenbruchs nicht gegeben, weil Zusammenbrüche des Verkehrsflusses im Allgemeinen plötzlich erfolgen. Als geeigneter Kompromiss zwischen der Forderung nach einer möglichst kurzen Intervalldauer einerseits und der Verfügbarkeit ent-sprechender Verkehrsdaten andererseits hat sich das 5-Minuten-Intervall erwiesen (Brilon, Zurlinden, 2003).

Ein einfacher Ansatz zur empirischen Analyse der Wahrscheinlichkeit eines Zusammen-bruchs des Verkehrsflusses in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke ist die Auswertung der Häufigkeit von Zusammenbrüchen in Verkehrsstärkeklassen. Für jede Klasse wird dabei das Verhältnis zwischen der Anzahl der Intervalle unmittelbar vor einem Zusam-menbruch des Verkehrsflusses und der Gesamtzahl der Intervalle in der Klasse er-mittelt. Diese Vorgehensweise wurde z.B. von Lorenz, Elefteriadou (2000) angewandt. Ein Nachteil des Ansatzes ist jedoch, dass bei der Analyse des Verkehrsablaufs auf Streckenabschnitten mit seltenen Überlastungen selbst bei umfangreichen Datensätzen relativ große Klassenbreiten erforderlich sind, um aussagekräftige Werte der Zusam-menbruchswahrscheinlichkeit zu ermitteln.

Von Brilon, Zurlinden (2003) wurde ein Verfahren zur Ermittlung von Verteilungs-funktionen der Kapazität entwickelt, das auf einer Analogie zur Theorie der Analyse von Lebensdauerdaten basiert. Der Ansatz geht auf van Toorenburg (1986) zurück (siehe auch: Minderhoud e.a., 1996). Bei diesem Verfahren wird der Zusammenbruch des Verkehrsflusses als Todes- oder Versagensfall im Sinne der Lebensdaueranalyse auf-gefasst. Die Kapazität repräsentiert die „Lebensdauer des Verkehrsflusses“. Unter-schieden wird zwischen zensierten und unzensierten Intervallen:

• In unzensierten Intervallen wird die Kapazität erreicht, d.h. es erfolgt ein Zusam-menbruch des Verkehrsflusses. Die unmittelbar vor dem Zusammenbruch beobach-tete Verkehrsstärke wird als Kapazitätswert aufgefasst.

• In zensierten Intervallen wird die Kapazität nicht erreicht, d.h. der Verkehr bleibt im fließenden Zustand. Die Kapazität kann nicht gemessen werden, es kann jedoch die Aussage getroffen werden, dass die momentane Kapazität größer als die ge-messene Verkehrsstärke ist. Auch diese Information ist wertvoll für die Schätzung einer Verteilungsfunktion der Kapazität.

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Intervalle im Zustand des zähfließenden oder gestauten Verkehrs, d.h. nach einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses, ermöglichen keine Aussage zur Kapazität im fließenden Verkehr. Sie gehen daher nicht in die Analyse ein.

Die mathematischen Verfahren zur Ermittlung von Lebensdauerverteilungen (vgl. z.B. Lawless, 2003) können ganz allgemein für Stichproben, die sich aus unzensierten und zensierten Werten zusammensetzen, verwendet werden. Bei den sog. nicht-parametri-schen Verfahren erfolgt die Schätzung der Verteilungsfunktion ohne die Annahme eines bestimmten Funktionstyps der Lebensdauerverteilung. Zu den nicht-parametrischen Verfahren zählt die Product-Limit-Methode nach Kaplan, Meier (1958). Danach lautet die Schätzung der Überlebensfunktion S(t):

)t(S = 1 − )t(F = ∏<

tt:i i

ii

in

dn (2-11)

mit )t(S = Schätzung der Überlebensfunktion [-] )t(F = Schätzung der Lebensdauerverteilung [-] ni = Anzahl der Individuen mit einer Lebensdauer t ≥ ti [-] di = Anzahl der Versagensfälle im Intervall i [-]

ti ist ein charakteristischer Zeitpunkt für das Intervall i, z.B. dessen Mittelpunkt. Alternativ kann für jeden Zeitpunkt ti, zu dem ein Versagensfall eintritt, ein Faktor des Produkts in Gleichung (2-11) gebildet werden, so dass jeweils di = 1 ist.

Die Standardabweichung der Product-Limit-Schätzung der Überlebensfunktion S(t) kann mit der Formel von Greenwood (1926) geschätzt werden:

)t(ˆ Sσ = ∑< −⋅

⋅tt:i iii

i

i)dn(n

d)t(S (2-12)

mit )t(ˆ Sσ = Standardabweichung der Schätzung der Überlebensfunktion [-]

)t(S = Schätzung der Überlebensfunktion [-] ni = Anzahl der Individuen mit einer Lebensdauer t ≥ ti [-] di = Anzahl der Versagensfälle im Intervall i [-]

Aus der Standardabweichung können Konfidenzintervalle für die Funktionswerte der Überlebensfunktion S(t) nach folgender Formel abgeleitet werden (vgl. Lawless, 2003):

)t(ˆz)t(S)t(S)t(ˆz)t(S S)1(5,0S)1(5,0 σ⋅+≤≤σ⋅− γ+⋅γ+⋅ (2-13)

mit zp = p-Quantil der Standardnormalverteilung [-] γ = Konfidenzniveau [-]

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22

Unter Verwendung der Analogie zwischen der Lebensdaueranalyse und der Verkehrs-flussanalyse lautet die Product-Limit-Schätzung der Verteilungsfunktion FC(q) der Kapa-zität (vgl. Brilon, Zurlinden, 2003):

FC(q) = 1 − i

i

qq:i k1k

i

−Π≤

; i ∈ {Z} (2-14)

mit ki = Anzahl der Intervalle mit einer Verkehrsstärke q ≥ qi [-] q = Verkehrsstärke [Kfz/h] {Z} = Menge der Intervalle, die einen Zusammenbruch nach sich ziehen

Die Schätzung der Verteilungsfunktion mit der Product-Limit-Methode hat die Eigen-schaft, dass die Funktion beim größten unzensierten Wert endet. Ist der größte beobachtete Stichprobenwert zensiert, so erreicht die Verteilungsfunktion nicht den Wert 1.

Wird ein Funktionstyp für die Lebensdauerverteilung vorgegeben, so kann die best-mögliche Anpassung der Verteilungsfunktion an die empirischen Daten durch eine Maximum-Likelihood-Schätzung erfolgen. Die Likelihood-Funktion lautet (vgl. Lawless, 2003):

L = [ ]∏=

δ−δ −⋅n

1i

1 ii )t(F1)t(f (2-15)

mit f(t) = Dichtefunktion der Lebensdauer [-] F(t) = Verteilungsfunktion der Lebensdauer [-] n = Gesamtzahl der Individuen [-] δi = 1, wenn die Beobachtung i unzensiert ist δi = 0, wenn die Beobachtung i zensiert ist

Durch die Maximierung der Likelihood-Funktion werden die Parameter der Verteilungs-funktion bestimmt, für die sich eine optimale Anpassung an die beobachteten zensierten und unzensierten Daten ergibt. Für die Optimierung ist es zweckmäßig, die loga-rithmierte Likelihood-Funktion L* = ln L zu verwenden, die wegen der Stetigkeit und des monoton steigenden Verlaufs der Logarithmusfunktion an den gleichen Stellen ihr Maximum erreicht wie die nicht-logarithmierte Likelihood-Funktion.

Übertragen auf die Verkehrsflussanalyse lautet die Likelihood-Funktion (vgl. Brilon, Zurlinden, 2003):

L = [ ]∏=

δ−δ −⋅n

1i

1iCiC

ii )q(F1)q(f (2-16)

mit qi = Verkehrsstärke im Intervall i [Kfz/h] fC(q) = Dichtefunktion der Kapazität [-]

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FC(q) = Verteilungsfunktion der Kapazität [-] n = Gesamtzahl der Intervalle [-] δi = 1, wenn die Kapazität erreicht wird δi = 0, wenn kein Zusammenbruch erfolgt

Die stochastische Methode zur Ermittlung der Kapazität in Analogie zur Theorie der Analyse von Lebensdauerdaten wurde zunächst von Brilon, Zurlinden (2003) anhand der Verkehrsdaten gravierender Engpässe im Autobahnnetz angewendet. Eine ein-deutige Engpasssituation liegt z.B. bei einer Fahrstreifenreduktion gemäß Bild 2-2a vor. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass die an einem Messquerschnitt unmittelbar vor dem Engpass zu beobachtenden Zusammenbrüche des Verkehrs-flusses ausschließlich durch den Engpass selbst verursacht werden und nicht auf Rück-staus von weiter stromabwärts zurückzuführen sind. Wenn keine eindeutige Engpass-situation vorliegt, kann durch einen weiteren Kontrollquerschnitt sichergestellt werden, dass die an einem Messquerschnitt auftretenden Zusammenbrüche nicht durch einen weiter stromabwärts gelegenen Engpass verursacht worden sind (vgl. Regler, 2004). In diesem Fall wird der gesamte Streckenabschnitt zwischen dem Messquerschnitt und dem stromabwärts gelegenen Kontrollquerschnitt als fiktiver Engpass aufgefasst (siehe Bild 2-2b). Alle Zusammenbrüche, die im Abschnitt zwischen Mess- und Kontrollquer-schnitt auftreten, werden diesem fiktiven Engpass zugeordnet. Rückstaus von strom-abwärts werden bei der Kapazitätsanalyse identifiziert und nicht weiter berücksichtigt.

a) eindeutig lokalisierbarer Engpass b) fiktiver Engpass

Bild 2-2: Engpasstypen

Brilon, Zurlinden (2003) untersuchten unter Verwendung von Gleichung (2-16) mehrere Funktionstypen hinsichtlich ihrer Eignung zur Beschreibung der Kapazität als Zufalls-größe. Die beste Übereinstimmung mit den Verkehrsdaten der analysierten Engpässe ergab sich bei Verwendung der Weibull-Verteilung. Die Verteilungsfunktion der Weibull-Verteilung lautet:

F(x) =

a

bx

e1⎟⎠⎞

⎜⎝⎛−

− (2-17)

mit a = Formparameter b = Maßstabsparameter

Erwartungswert E(X) und Varianz σ²(X) der Weibull-Verteilung sind gegeben durch:

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24

E(X) = ⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ +Γ⋅

a11b (2-18)

σ²(X) = ⎪⎭

⎪⎬⎫

⎪⎩

⎪⎨⎧

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ +Γ−⎟

⎠⎞

⎜⎝⎛ +Γ⋅

22

a11

a21b (2-19)

mit Γ(x) = Gammafunktion an der Stelle x

Der Formparameter a bestimmt in erster Linie die Streuung der Verteilungsfunktion. Bis-herige Untersuchungen (Brilon, Zurlinden, 2003; Regler, 2004; Brilon, Geistefeldt e.a., 2006a) zeigen, dass der Formparameter der Verteilungsfunktion der Kapazität von Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung bei einer Analyse in 5-Minuten-Intervallen ungefähr a = 13 beträgt. Systematische Einflüsse auf die Kapazität können durch Variation des Maßstabsparameters b der Weibull-Verteilung, der proportional zum Erwartungswert der Verteilungsfunktion ist (Gleichung (2-18)), erfasst werden.

2.3.3 Einfluss der Intervalldauer

Die Kapazität nimmt mit zunehmender Intervalldauer ab. Diese Abhängigkeit wurde für die konventionelle Betrachtungsweise der Kapazität als Konstante bereits von Keller, Sachse (1992) und Ponzlet (1996) beschrieben.

Mit dem stochastischen Konzept kann die Abhängigkeit der Kapazität von der Inter-valldauer theoretisch erklärt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Intervall der Dauer ∆ kein Zusammenbruch des Verkehrsflusses auftritt, entspricht dem Komplemen-tärwert der in ∆-Intervallen ermittelten Verteilungsfunktion der Kapazität. Unter der An-nahme der statistischen Unabhängigkeit des (erstmaligen) Eintretens eines Zusammen-bruchs in aufeinander folgenden ∆-Intervallen ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Intervall der Dauer T = n · ∆ kein Zusammenbruch erfolgt, als Produkt der Wahrscheinlichkeiten, dass im ersten bis n-ten ∆-Intervall jeweils kein Zusammenbruch eintritt. Demnach gilt für die Transformation der Verteilungsfunktion von ∆-Intervallen in T-Intervalle der folgende Zusammenhang:

)q(F1 TT,C− = [ ]∏=

ΔΔ−n

1ii,,C )q(F1 (2-20)

mit FC,Δ(q) = empirisch ermittelte Verteilungsfunktion der Kapazität in Δ-Intervallen [-] FC,T(q) = transformierte Verteilungsfunktion der Kapazität in T-Intervallen [-] Δ = Intervalldauer der empirisch ermittelten Kapazitätsverteilung [min] T = n · Δ = Intervalldauer der transformierten Kapazitätsverteilung [min] qΔ,i = Verkehrsstärke im Δ-Intervall i [Kfz/h]

qT = ∑=

Δ⋅n

1ii,q

n1 = mittlere Verkehrsstärke im T-Intervall [Kfz/h]

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Unter der vereinfachenden Annahme konstanter Verkehrsstärken (d.h. qΔ,i = qT) wurde von Brilon, Zurlinden (2004) eine Gleichung zur Transformation der Weibull-Verteilungs-funktion der Kapazität zwischen beliebigen Intervalldauern hergeleitet. Ausgehend von einer Kapazitätsverteilung, die auf der Basis der Intervalldauer Δ ermittelt wurde, ergibt sich danach für die Intervalldauer T die folgende Verteilungsfunktion:

FC,T(q) =

a

bqT

e1⎟⎠⎞

⎜⎝⎛⋅

Δ−

− für q ≥ 0 (2-21)

mit q = Verkehrsstärke [Kfz/h] T = Intervalldauer der transformierten Kapazitätsverteilung [min] Δ = Intervalldauer der empirisch ermittelten Kapazitätsverteilung [min] a = Formparameter der empirisch ermittelten Kapazitätsverteilung [-] b = Maßstabsparameter der empirisch ermittelten Kapazitätsverteilung [Kfz/h]

Für einen Formparameter der Kapazitätsverteilung von a = 13 (vgl. Kapitel 2.3.2) ergibt sich damit für die Umrechnung der auf der Basis von 5-Minuten-Intervallen ermittelten Kapazität in Stunden-Intervalle ein Faktor von etwa 0,83.

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3 Makroskopische Analyse des Verkehrsablaufs

3.1 Datengrundlage Die empirische Analyse makroskopischer Kenngrößen des Verkehrsablaufs auf Auto-bahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen erfolgte auf der Grundlage der Daten von Dauerzählstellen. Die an Zählstellen automatisch erhobenen Verkehrsdaten bieten die Möglichkeit, mit vertretbarem Aufwand einen sehr großen Stichprobenumfang zu erreichen.

BAB Fahrtr. Querschnitt Fstr. Typ km Streckenabschnitt A 3 Nord A3/20N 4 IST 155,580 AS Raunheim – AK Wiesbaden

A3/51GS 4 TLS 173,200A3/52GS 4 TLS 174,150A 3 Süd A3/52RS 4 TLS 174,640

AK Frankfurt/Main – AS Frankfurt/Main-Süd

A3/53GS 4 TLS 175,600A3/54GS 4 TLS 176,800A3/55GS 4 TLS 177,500A3/56GS 4 TLS 178,600

Süd

A3/57GS 5 TLS 179,150

AS Frankfurt/Main-Süd – AK Offenbach

A3/120GN 4 TLS 179,550A3/121GN 4 TLS 178,600A3/55ON 4 IST 178,400A3/122GN 4 TLS 177,500A3/123GN 4 TLS 176,150A3/123AGN 5 TLS 175,630

A 3

Nord

A3/124GN 5 TLS 175,200

AK Offenbach – AS Frankfurt/Main-Süd

Süd A5/68S 4 IST 496,560 AS Frankfurt/Main-Niederrad – AK Frankfurt/MainA 5

Nord A5/68AN 4 IST 496,560 AK Frankfurt/Main – AS Frankfurt/Main-NiederradA 5 Nord A5/3FKN 5 TLS 498,800 AK Frankfurt/Main (Einfahrbereich)

Süd A5/83S 4 IST 501,000 AS Zeppelinheim (zwischen Aus- und Einfahrt) A 5

Nord A5/83N 4 IST 501,000 AS Zeppelinheim (zwischen Aus- und Einfahrt) Süd A5/2AXS 4 TLS 504,900 AS Zeppelinheim – AS Langen/Mörfelden

A 5 Nord A5/2AXN 4 TLS 504,900 AS Langen/Mörfelden – AS Zeppelinheim Süd A5/90S 4 IST 519,650 AD Darmstadt – AK Darmstadt

A 5 Nord A5/90N 4 IST 519,650 AK Darmstadt – AD Darmstadt Ost A66/40O 4 IST 4,570 AS Frankfurt/Main-Höchst – AS/AD Eschborn

A 66 West A66/38W 4 IST 4,570 AS/AD Eschborn – AS Frankfurt/Main-Höchst

Tab. 3-1: Dauerzählstellen an Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Hessen

Ein Großteil der deutschen Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen befindet sich im Bundesland Hessen (vgl. Anhang A). Für die Untersuchung standen die Verkehrsdaten sämtlicher Dauerzählstellen an Bundesautobahnen des Landes Hessen für den Zeitraum von 2001 bis 2004 zur Verfügung. Die Daten wurden von der Ver-

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kehrszentrale Hessen bereitgestellt. Die Sichtung der Daten ergab insgesamt 27 Zähl-stellen an vierstreifigen Richtungsfahrbahnen. Diese Querschnitte sind in Tab. 3-1 an-gegeben. Einige Querschnitte weisen aufgrund ihrer Lage im Bereich der Ein- oder Ausfahrt von Knotenpunkten fünf Fahrstreifen auf. Verflechtungsstrecken mit durch-gehender Breitstrichmarkierung zwischen eng beieinander liegenden Knotenpunkten sind hinsichtlich des Verkehrsablaufs nicht mit längeren vierstreifigen Richtungsfahr-bahnen vergleichbar und wurden daher nicht in Auswahl einbezogen.

Darüber hinaus wurden von der Autobahndirektion Südbayern die Daten von drei Mess-querschnitten der vierstreifigen Richtungsfahrbahn der Autobahn A 8 zwischen dem Autobahnkreuz München-Süd und der Fahrstreifenreduktion stromabwärts der An-schlussstelle Hofoldinger Forst zur Verfügung gestellt (vgl. Tab. 3-2). Diese Verkehrs-daten umfassen den Zeitraum von April bis September 2004.

BAB Fahrtr. Querschnitt Fstr. Typ km Streckenabschnitt A8/29 4 TLS 11,720

A 8 Ost A8/31 4 TLS 13,467

AK München-Süd – AS Hofoldinger Forst

A 8 Ost A8/33 4 TLS 15,620 AS Hofoldinger Forst – AS Holzkirchen

Tab. 3-2: Dauerzählstellen im Zuge der vierstreifigen Richtungsfahrbahn der Autobahn A 8 in Bayern

Hinsichtlich der technischen Ausstattung der Dauerzählstellen sind zwei Typen zu unterscheiden:

• TLS-Zählstellen: Die Fahrzeugerfassung erfolgt gemäß den Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen (TLS, 2002) in der Regel durch Induktions-Doppelschleifen, die Geschwindigkeiten werden anhand der Differenz der Überfahrzeiten ermittelt, die Rohdaten liegen in 1-Minuten-Intervallen vor.

• IST-Zählstellen: Die Fahrzeugerfassung erfolgt durch einzelne Induktionsschleifen, die Geschwindig-keiten werden anhand der Belegungsdauer ermittelt, die Rohdaten liegen in 5-Minuten-Intervallen vor.

Die Genauigkeit der an TLS-Zählstellen erhobenen Verkehrsdaten ist aufgrund der Fahrzeugerfassung durch Doppelschleifen höher als bei IST-Zählstellen. Dies gilt vor allem für die Geschwindigkeitserfassung.

Die Verkehrsdaten der Dauerzählstellen mussten für die weitere Verwendung zunächst aufbereitet und auf offensichtliche Fehler geprüft werden. Die Aufbereitung der Daten umfasste die folgenden Schritte:

• Ermittlung der Verkehrsstärken und Geschwindigkeiten des jeweiligen Gesamtquer-schnitts durch Aggregierung der Daten der einzelnen zugehörigen Messschleifen,

• Aggregierung der 1-Minuten-Daten der TLS-Zählstellen zu 5-Minuten-Werten,

• Ermittlung von Stundenwerten,

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• Umrechnung der lokalen Geschwindigkeiten in momentane Größen nach Gleichung (2-1),

• Erstellung von q-v-Diagrammen in 5-Minuten- und Stunden-Intervallen sowie Erstel-lung von fahrstreifenbezogenen Diagrammen (q-v-Beziehung und Verkehrsstärke-anteile).

Um Fehler in der Datenerfassung zu eliminieren, wurden im Zuge der Aufbereitung automatisch grundlegende Plausibilitätsprüfungen durchgeführt. Dabei wurden z.B. solche Intervalle gelöscht, in denen sämtliche Einzelwerte (Verkehrsstärken und Ge-schwindigkeiten der einzelnen Zählschleifen) mit denen des vorangegangenen Inter-valls übereinstimmten oder in denen ungewöhnlich hohe Sprünge der Verkehrsstärke auftraten.

Anschließend wurden die für die Auswertung relevanten Querschnitte einer zusätz-lichen manuellen Plausibilitätsprüfung unterzogen. Dabei wurden anhand der q-v-Dia-gramme, der Fahrstreifenaufteilung sowie der Verkehrsstärke- und Geschwindigkeits-ganglinien der Querschnitte Auffälligkeiten identifiziert, die offensichtlich auf eine fehler-hafte Datenerfassung oder -verarbeitung zurückzuführen waren oder durch Arbeits-stellen oder Störfälle verursacht wurden. Dazu zählten z.B. Intervalle mit einem Ausfall einzelner Zählschleifen sowie längere Zeiträume mit einem deutlich verringerten Ge-schwindigkeitsniveau. Diese Intervalle wurden aus den Datensätzen gelöscht.

Für die Verwendbarkeit der Datensätze im Rahmen der vorliegenden Untersuchung stellte die Lage der Messquerschnitte das maßgebende Kriterium dar. Da die manuelle Überprüfung der Vollständigkeit und Plausibilität der Verkehrsdaten bei einigen Querschnitten erhebliche Anteile fehlender oder fehlerhafter Intervalle ergab, wurden jedoch auch die Qualität und der Umfang der Datensätze bei der Auswahl geeigneter Analysequerschnitte mit berücksichtigt. Insgesamt wurden 16 Messquerschnitte für die weiteren Auswertungen ausgewählt. In Tab. 3-3 sind diese Querschnitte hinsichtlich ihrer Lage und der Geschwindigkeitsregelung im Bereich der Zählstelle kategorisiert. Da alle Querschnitte in ebenem Gelände liegen, ist die Längsneigung an den Zählstellen nicht explizit angegeben. Die Anzahl der vorhandenen 5-Minuten-Intervalle bezieht sich auf die aufbereiteten Datensätze und zeigt den z.T. sehr unterschiedlichen Umfang der vorliegenden Daten. Die maximale Verkehrsstärke in 5-Minuten-Intervallen ist ein Indi-kator für die Spannweite der an den Querschnitten beobachteten Verkehrsstärken.

Die Auswertung der Daten von Dauerzählstellen zielte im Wesentlichen darauf, Erkenntnisse zur Gestalt des q-v-Diagramms, zur Fahrstreifenaufteilung sowie zur Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen zu gewinnen. Einige der ausgewählten Querschnitte sind aufgrund ihrer Lage nur für die Analyse einzelner Untersuchungs-aspekte geeignet. Darüber hinaus wurde bei Abschnitten mit mehreren Zählstellen in dichtem Abstand nur ein einzelner, repräsentativer Querschnitt analysiert, wenn der Vergleich der aufeinander folgenden Zählstellen keine zusätzlichen Erkenntnisse brach-te. Tab. 3-3 gibt an, für welche Auswertungen die einzelnen Querschnitte verwendet wurden.

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Auswertung Lagecharakteristik Geschwindigkeits-

beschränkung Querschnitt vorh. Intervalle

max q[Kfz/h] q-v-Diagr. Fstr.-auft. Kapazität

A5/2AXS 44.189 7.584 keine

A5/2AXN 129.793 8.736 A8/29 47.032 7.212 - -

Strecke außerhalb der Knotenpunkte, im Ballungsraum VBA

A8/31 47.006 7.056 A5/68AN 19.160 9.468

keine A5/83N 333.338 8.220 - A5/68S 44.116 9.492 A5/3FKN 181.598 8.844 - -

Strecke in der Nähe von Knotenpunkten, im Ballungsraum 100 km/h

A5/83S 183.930 7.344 - - A3/53GS 106.762 7.836 - - A3/54GS 105.228 7.968 - A3/57GS 99.324 8.064 - - A3/120GN 103.588 9.312 - A3/121GN 102.151 9.336 A3/122GN 104.871 9.336 -

Abschnitte zwischen zwei Knotenpunkten mit dem Charakter einer langen Ver-flechtungsstrecke, im Ballungsraum

VBA

A3/123GN 106.174 9.228 -

Tab. 3-3: Kategorisierung der für die empirischen Auswertungen ausgewählten Querschnitte (die Anzahl der vorhandenen Intervalle und die maximale Verkehrsstärke max q beziehen sich auf 5-Minuten-Intervalle)

3.2 Gestalt des q-v-Diagramms 3.2.1 Methodik

Der empirische Zusammenhang zwischen Verkehrsstärke q und mittlerer Pkw-Ge-schwindigkeit v ist ein wesentliches Hilfsmittel zur Beurteilung des Verkehrsablaufs auf Straßen und Autobahnen. Das q-v-Diagramm repräsentiert das Geschwindigkeits-verhalten der Verkehrsteilnehmer und kann auch verkehrliche Besonderheiten der betrachteten Strecke aufzeigen. Durch die Anpassung von Verkehrsflussmodellen (vgl. Kapitel 2.1) kann die deterministische Kapazität des betrachteten Streckenabschnitts ermittelt werden. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das q-v-Diagramm nur solche Verkehrszustände wiedergibt, die in der Realität auch tatsächlich aufgetreten sind. Insofern wird die Gestalt des q-v-Diagramms nicht nur von der Streckencharakteristik und dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer, sondern u.U. auch von der Höhe und zeit-lichen Verteilung der Verkehrsnachfrage beeinflusst. Ein vollständiges Bild des Ver-kehrsablaufs ergibt sich nur dann, wenn ein breites Spektrum von Verkehrsstärken bis hin zur Kapazität beobachtet wurde. Diese Einschränkung muss insbesondere bei der Analyse vierstreifiger Richtungsfahrbahnen beachtet werden, weil solche Strecken in der Regel keine gravierenden Engpässe im Netz darstellen und Verkehrsstärken im Bereich der Kapazität daher nur selten auftreten.

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Die Analyse der q-v-Diagramme vierstreifiger Richtungsfahrbahnen erfolgte auf der Grundlage von Stunden- und 5-Minuten-Intervallen. Da wegen des Umfangs der analy-sierten Datensätze (vgl. Tab. 3-3) bei einer Darstellung in 5-Minuten-Intervallen eine starke Überlagerung einzelner Punkte auftritt, wurde für diese q-v-Diagramme eine Dar-stellungsform gewählt, bei der Bereiche mit einer Überlagerung mehrerer Einzelwerte durch eine dunklere Farbe hervorgehoben sind.

Zunächst wurden die empirischen q-v-Diagramme der Analysequerschnitte hinsichtlich ihrer Struktur in Abhängigkeit von der Streckencharakteristik untersucht. Die wesent-liche Einflussgröße stellt in diesem Zusammenhang die Geschwindigkeitsregelung an der jeweiligen Zählstelle dar. Die Modellierung der q-v-Beziehung erfolgte anschließend für ausgewählte Querschnitte, die sich als repräsentativ für bestimmte Streckencharak-teristika erwiesen.

3.2.2 Abschnitte ohne Geschwindigkeitsbeschränkung

Die Messquerschnitte A5/2AXN und A5/2AXS an der Autobahn A 5 zwischen Anschlussstelle Zeppelinheim und Anschlussstelle Langen/Mörfelden repräsentieren den Verkehrsablauf auf der freien Strecke ohne Geschwindigkeitsbeschränkung. Das in Bild 3-1 dargestellte q-v-Diagramm in 5-Minuten-Intervallen der Richtungsfahrbahn in Fahrtrichtung Nord verdeutlicht das relativ hohe Geschwindigkeitsniveau an der Mess-stelle. Bei geringen Verkehrsstärken werden mittlere Pkw-Geschwindigkeiten von etwa 130 km/h erreicht, auch bei den höchsten an der Messstelle beobachteten Verkehrs-stärken liegt die Geschwindigkeit im fließenden Verkehr teilweise noch deutlich über 100 km/h. Die höchste in einem 5-Minuten-Intervall gemessene Verkehrsstärke beträgt 8.760 Kfz/h, Verkehrsstärken über 8.000 Kfz/h wurden allerdings insgesamt in nur 5 Intervallen beobachtet. Das q-v-Diagramm des Querschnitts A5/2AXS in Fahrtrichtung Süd (Bild 3-2) weist eine sehr ähnliche Struktur auf, allerdings ist die Punktewolke im fließenden Verkehr aufgrund der deutlich geringeren Anzahl der zugrunde liegenden Einzelwerte (vgl. Tab. 3-3) schmaler. Dass die höchsten gemessenen Verkehrsstärken mit bis zu 7.584 Kfz/h deutlich geringer sind als in der Gegenrichtung, ist im Wesent-lichen auf die unterschiedliche Struktur der Verkehrsnachfrage zurückzuführen. Ver-kehrsspitzen auf dem betrachteten Abschnitt der Autobahn A 5 ergeben sich in erster Linie an Werktagen durch den Berufspendlerverkehr mit dem Fahrtziel Frankfurt. Dem-zufolge werden die Spitzenbelastungen in Fahrtrichtung Nord am Morgen und in Fahrtrichtung Süd am Nachmittag erreicht. Da sich der Pendlerverkehr am Morgen in der Regel auf einen kürzen Zeitraum verteilt, werden hier – im Verhältnis zum gesamten Tagesverkehr – höhere Verkehrsstärken erreicht als in der Nachmittagsspitze.

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Bild 3-1: q-v-Diagramm des Querschnitts A5/2AXN (5-Minuten-Intervalle)

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Bild 3-2: q-v-Diagramm des Querschnitts A5/2AXS (5-Minuten-Intervalle)

Der Messquerschnitt A5/83N an der Autobahn A 5 in Fahrtrichtung Nord befindet sich zwischen der Aus- und Einfahrt der Anschlussstelle Zeppelinheim. Das in Bild 3-3 dargestellte q-v-Diagramm ist in seiner Struktur nahezu identisch mit dem Diagramm des 3,9 km südlich gelegenen Querschnitts A5/2AXN. Ein Einfluss des unmittelbar stromabwärts gelegenen Frankfurter Kreuzes zeigt sich lediglich in der größeren Anzahl der Intervalle im unteren Ast des q-v-Diagramms, die überwiegend auf Rückstaus vom Knotenpunktbereich zurückzuführen sind.

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Bild 3-3: q-v-Diagramm des Querschnitts A5/83N (5-Minuten-Intervalle)

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Bild 3-4: q-v-Diagramm des Querschnitts A5/68AN (5-Minuten-Intervalle)

Für den Querschnitt A5/68AN an der Autobahn A 5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und der Anschlussstelle Frankfurt-Niederrad (Bild 3-4) ergibt sich insgesamt ein niedri-geres Geschwindigkeitsniveau als auf dem Abschnitt der A 5 südlich des Frankfurter Kreuzes. Dies könnte teilweise auf den Einfluss der stationären Geschwindigkeitsbe-schränkung im Bereich des Frankfurter Kreuzes, die etwa 1 km vor der Messstelle aufgehoben wird, zurückzuführen sein. Im fließenden Verkehr ergibt sich ein nahezu linearer Zusammenhang zwischen Verkehrsstärke und mittlerer Pkw-Geschwindigkeit. Der Rückgang der Geschwindigkeit mit zunehmender Verkehrsstärke ist dabei äußerst gering. Auch bei hohen Verkehrsstärken werden noch Geschwindigkeiten über 100 km/h erreicht. Die A 5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und dem Westkreuz Frank-

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furt ist der am stärksten belastete Autobahnabschnitt im Ballungsraum Rhein/Main. An der Zählstelle wurden in 5-Minuten-Intervallen Verkehrsstärken von bis zu 9.468 Kfz/h im fließenden Verkehr und bis zu 8.484 Kfz/h im gestauten Verkehr aufgezeichnet. Die starke Belastung ergibt sich in erster Linie aus der Überlagerung des Fernverkehrs mit dem starken Berufspendlerverkehr.

3.2.3 Abschnitte mit stationärer Geschwindigkeitsbeschränkung

Der Querschnitt A5/68S an der Autobahn A 5 in Fahrtrichtung Süd befindet sich etwa 300 m vor dem Beginn des Sortierbereichs der Ausfahrt des Frankfurter Kreuzes. In diesem Abschnitt ist eine stationäre Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h angeordnet. Das in Bild 3-5 dargestellte q-v-Diagramm zeigt, dass die Pkw-Geschwin-digkeiten bei sehr geringen Verkehrsstärken im Durchschnitt etwa 10 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegen. Bei sehr hohen Verkehrsstärken werden im fließenden Verkehr Geschwindigkeiten von 80 bis 90 km/h erreicht. Ähnlich wie in der Gegenrichtung (vgl. Bild 3-4) weist das q-v-Diagramm im Bereich des fließenden Verkehrs einen nahezu linearen Zusammenhang zwischen der Verkehrsstärke und der mittleren Pkw-Geschwindigkeit auf. Die Spitzenbelastungen sind mit bis zu 9.492 Kfz/h ebenfalls sehr hoch.

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Bild 3-5: q-v-Diagramm des Querschnitts A5/68S (5-Minuten-Intervalle)

3.2.4 Abschnitte mit Verkehrsbeeinflussungsanlage

Der Messquerschnitt A8/31 liegt an der Autobahn A 8 zwischen Kreuz München-Süd und Anschlussstelle Hofoldinger Forst. Der Abschnitt ist mit einer Verkehrsbeein-flussungsanlage ausgerüstet. Das in Bild 3-6 dargestellte q-v-Diagramm zeigt hinsicht-lich der Spannweite der aufgezeichneten Verkehrsstärken einen deutlichen Einfluss der

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etwa 3 km stromabwärts gelegenen Querschnittsreduktion auf drei Fahrstreifen. Das q-v-Diagramm weist zahlreiche Wertepaare im unteren Ast auf, die auf eine Über-lastung im Bereich der Fahrstreifenreduktion zurückzuführen sind. Die höchste ge-messene Verkehrsstärke in 5-Minuten-Intervallen beträgt lediglich 7.056 Kfz/h. Die Geschwindigkeit im fließenden Verkehr liegt bei geringen Verkehrsstärken bei etwa 120 km/h, bei hohen Verkehrsstärken werden etwa 100 km/h erreicht.

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Bild 3-6: q-v-Diagramm des Querschnitts A8/31 (5-Minuten-Intervalle)

Der vierstreifige Abschnitt der Autobahn A 3 zwischen Anschlussstelle Frankfurt-Süd und Kreuz Offenbach ist in beiden Fahrtrichtungen mit einer Verkehrsbeeinflussungs-anlage ausgestattet. Bild 3-7 zeigt das q-v-Diagramm des Querschnitts A3/54GS in Fahrtrichtung Süd, in Bild 3-8 ist das q-v-Diagramm des Querschnitts A3/121GN in der Gegenrichtung dargestellt. Beide Diagramme weisen eine sehr ähnliche Struktur auf. Allerdings wurden am Querschnitt A3/121GN mit bis zu 9.336 Kfz/h deutlich höhere Verkehrsstärken beobachtet als in Fahrtrichtung Süd. Hinsichtlich der Pkw-Geschwin-digkeiten im fließenden Verkehr lassen sich zwei Bereiche voneinander abgrenzen. Bei Verkehrsstärken unter ca. 4.000 Kfz/h werden Geschwindigkeiten von etwa 120 bis 130 km/h erreicht, bei höheren Verkehrsstärken sinkt die Geschwindigkeit auf etwa 100 km/h ab. Die ausgeprägte Stufenform der Punktewolke im oberen Ast des q-v-Diagramms ist auf die Anzeige variabler Geschwindigkeitsbeschränkungen durch die Verkehrsbeeinflussungsanlage in Abhängigkeit von der Zählschleifenbelegung zurück-zuführen.

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Bild 3-7: q-v-Diagramm des Querschnitts A3/54GS (5-Minuten-Intervalle)

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Bild 3-8: q-v-Diagramm des Querschnitts A3/121GN (5-Minuten-Intervalle)

3.2.5 Modellierung der q-v-Beziehung

Die Analyse der empirischen q-v-Diagramme hat gezeigt, dass an einigen Analysequer-schnitten aufgrund der geringen Verkehrsnachfrage oder infolge des Einflusses strom-abwärts gelegener Engpässe nicht die gesamte Bandbreite möglicher Verkehrszu-stände erfasst wurde. Für die weiteren Auswertungen wurden daher die folgenden Querschnitte ausgewählt, die – soweit dies anhand der vorliegenden Daten beurteilt werden kann – als repräsentativ für die jeweiligen Streckenparameter anzusehen sind:

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• A5/2AXN (AS Langen/Mörfelden – AS Zeppelinheim): Strecke außerhalb der Knoten-punkte, ohne Geschwindigkeitsbeschränkung

• A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad): Strecke in unmittelbarer Nähe von Knotenpunkten, ohne Geschwindigkeitsbeschränkung

• A5/68S (AS Frankfurt-Niederrad – Frankfurter Kreuz): Strecke in unmittelbarer Nähe von Knotenpunkten, Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h

• A3/121GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd): Strecke in der Nähe von Knotenpunkten, mit Verkehrsbeeinflussungsanlage

Alle Querschnitte repräsentieren den Verkehrsablauf auf Strecken innerhalb von Ballungsräumen mit einem hohen Anteil an Berufspendlern.

Die Modellierung des Zusammenhangs zwischen Verkehrsstärke und Geschwindigkeit auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen erfolgte in erster Linie mit dem Ziel, eine empirische Grundlage für die Entwicklung von Bemessungsdiagrammen für die Fort-schreibung des HBS (2001) zu schaffen. Daher kam für die Modellanpassung das Warteschlangenmodell nach Brilon, Ponzlet (1995), das auch den Bemessungsdia-grammen des HBS für zwei- und dreistreifige Fahrbahnen zugrunde liegt, zur Anwen-dung. Mit diesem relativ einfach handhabbaren Verkehrsflussmodell (Gleichung (2-5)) konnte für alle Analysequerschnitte eine gute Anpassung an die q-v-Wertepaare im Bereich des fließenden Verkehrs erreicht werden.

Die Anpassung des Warteschlangenmodells nach Brilon, Ponzlet (1995) erfolgte auf der Grundlage von Stunden- und 5-Minuten-Intervallen. Für die Abgrenzung des fließenden Verkehrs wurde vorab für jeden Querschnitt eine Grenzgeschwindigkeit festgelegt, die ungefähr in der „Lücke“ zwischen dem oberen und unteren Ast des q-v-Diagramms liegt. Die Anpassung des Verkehrsflussmodells erfolgte in der q-v-Ebene an Mittelwerte der Verkehrsstärke für Verkehrsstärkeklassen der Breite 12 Kfz/h für die Diagramme in 5-Minuten-Intervallen bzw. 60 Kfz/h für die Diagramme in Stunden-Intervallen.

Um den Einfluss des Schwerverkehrs zu erfassen, wurden für die Auswertung nur Intervalle mit einem Schwerverkehrsanteil zwischen 5 und 15 % berücksichtigt. Die Ergebnisse sind damit repräsentativ für einen Schwerverkehrsanteil von etwa 10 %. Für geringere und höhere Schwerverkehrsanteile war die Spannweite der Verkehrsstärken nicht ausreichend, um aussagekräftige Zusammenhänge zu ermitteln.

Der Verkehrsablauf auf Autobahnen bei Nässe ist durch ein deutlich verringertes Geschwindigkeitsniveau gekennzeichnet (vgl. Ponzlet, 1996). Daher wurden nur Intervalle bei Trockenheit in die Auswertung einbezogen. Da keine detaillierteren Wet-terdaten zur Verfügung standen, wurden die Witterungsbedingungen an den Analyse-querschnitten näherungsweise anhand von Tageswerten der Niederschlagshöhe der nahe gelegenen Wetterstation 10637 des Deutschen Wetterdienstes am Flughafen Frankfurt/Main erfasst. Die Verkehrsdaten von Tagen, an denen an der Wetterstation eine Niederschlagshöhe von mindestens 1 mm aufgezeichnet wurde, blieben für die Auswertungen unberücksichtigt. An Tagen mit einer Niederschlagshöhe unter 1 mm

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können nur schwache, kurze Regenereignisse aufgetreten sein, so dass ein nennens-werter Einfluss auf den Verkehrsablauf allenfalls in einzelnen Intervallen vorliegt.

Die Helligkeitsverhältnisse beeinflussen ebenfalls das Geschwindigkeitsverhalten der Verkehrsteilnehmer, verglichen mit dem Einfluss der Witterungsbedingungen ist die Differenz zwischen der mittleren Geschwindigkeit bei Helligkeit und Dunkelheit allerdings deutlich geringer (vgl. Ponzlet, 1996). Daher wurde auf eine Unterscheidung zwischen hellen und dunklen Verhältnissen verzichtet. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass wegen des in der Regel sehr hohen Schwerverkehrsanteils in den Nachtstunden ein erheblicher Teil der Intervalle bei Dunkelheit bereits durch die Beschränkung auf Schwerverkehrsanteile zwischen 5 und 15 % ausgeschlossen wird.

Die Anpassung des Warteschlangenmodells nach Brilon, Ponzlet (1995) an die q-v-Wertepaare der Analysequerschnitte zeigt Bild 3-9. Die Kurvenzüge sind jeweils bis zur höchsten gemessenen Verkehrsstärke dargestellt. Die Parameter der angepassten Modellfunktionen sind in Tab. 3-4 zusammengestellt. Die Funktionsverläufe der auf der Grundlage von 5-Minuten- und Stunden-Intervallen ermittelten Kurvenzüge weisen für die einzelnen Querschnitte nahezu deckungsgleiche Verläufe auf. Abweichungen er-geben sich ausschließlich aus den unterschiedlichen maximalen Verkehrsstärken.

Im Gegensatz zum Warteschlangenmodell nach Brilon, Ponzlet (1995) können mit dem Verkehrsflussmodell nach van Aerde (1995) sämtliche Verkehrszustände im q-v-Dia-gramm – einschließlich des gestauten Verkehrs – nachgebildet werden. Die Beschrei-bung des q-v-Diagramms mit einem durchgehenden Kurvenzug ermöglicht insbeson-dere eine Schätzung der Kapazität des betrachteten Querschnitts. Allerdings ist die Modellanpassung im Bereich hoher Verkehrsstärken im fließenden Verkehr vergleichs-weise ungenau. Das Verkehrsflussmodell nach van Aerde (1995) kommt daher aus-schließlich im Rahmen der deterministischen Kapazitätsanalyse in Kapitel 3.4 zur An-wendung.

5-Minuten-Intervalle Stunden-Intervalle Querschnitt Geschwindigkeits-

beschränkung v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h] v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h]A5/2AXN keine 139,39 0,2013 10.362 138,33 0,2216 10.336 A5/68AN keine 137,58 0,0771 14.045 147,63 0,0507 14.541 A5/68S 100 km/h 141,41 0,0314 15.686 145,52 0,0284 16.053 A3/121GN VBA 147,50 0,0757 12.459 140,86 0,1171 10.924

Tab. 3-4: Parameter der angepassten Modellfunktionen nach Brilon, Ponzlet (1995)

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Bild 3-9: Anpassung der Modellfunktion nach Brilon, Ponzlet (1995)

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3.3 Fahrstreifenaufteilung 3.3.1 Methodik

Die Aufteilung des Verkehrs auf die einzelnen Fahrstreifen ist ein wesentlicher Aspekt bei der Analyse des Verkehrsablaufs auf Autobahnen. Empirische Untersuchungen an zwei- und dreistreifigen Fahrbahnquerschnitten (vgl. Hotop, 1975; Sparmann, 1978; Busch, 1984) zeigen, dass der Verkehr in der Regel ungleichförmig über die Fahrstrei-fen verteilt ist und die Fahrstreifenaufteilung in starkem Maße von der Verkehrsstärke des Gesamtquerschnitts abhängt. Bei niedrigen Verkehrsstärken weist der rechte Fahr-streifen aufgrund des Rechtsfahrgebotes den höchsten Anteil an der Gesamtverkehrs-stärke auf. Bei hohen Verkehrsstärken ist dagegen der linke Fahrstreifen besonders stark belastet. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass von den Verkehrsteil-nehmern bei einem Fahrstreifenwechsel nach links im Mittel deutlich kleinere Zeitlücken angenommen werden als bei einem Wechsel nach rechts (Sparmann, 1978). Darüber hinaus ist der Einfluss des Schwerverkehrs auf die Fahrstreifenwahl der Pkw-Fahrer zu berücksichtigen. Nach Sparmann (1978) ergeben sich für zweistreifige Autobahn-Richtungsfahrbahnen im Bereich der Kapazität Verkehrsstärkeanteile von etwa 1/3 auf dem rechten Fahrstreifen und 2/3 auf dem linken Fahrstreifen (vgl. Bild 3-10a). Für drei-streifige Richtungsfahrbahnen wurden von Busch (1984) bei maximaler Gesamtver-kehrsstärke Anteile von etwa 18, 32 und 50 % auf dem rechten, mittleren und linken Fahrstreifen ermittelt (vgl. Bild 3-10b).

a) Zweistreifige Richtungsfahrbahn (nach Sparmann, 1978) b) Dreistreifige Richtungsfahrbahn (nach Busch, 1984)

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q [Kfz/h] q [Kfz/h]

Bild 3-10: Fahrstreifenaufteilung auf zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen

Die Auswertung der Fahrstreifenaufteilung auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen erfolgte auf der Grundlage von 5-Minuten-Intervallen. Für jeden Fahrstreifen i der Analysequerschnitte wurden jeweils zwei Diagramme mit den Verkehrsstärkeanteilen pi sowie den Absolutwerten der Verkehrsstärke qi in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke des Gesamtquerschnitts qges erstellt. Als Beispiel zeigen Bild 3-11 und Bild 3-12 die ent-sprechenden Diagramme des Querschnitts A5/2AXN an der Autobahn A 5 zwischen Anschlussstelle Langen/Mörfelden und Anschlussstelle Zeppelinheim.

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Fahrstreifen 1 Fahrstreifen 2

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Bild 3-11: Verkehrsstärken qi der Fahrstreifen des Querschnitts A5/2AXN (5-Minuten-Intervalle)

Fahrstreifen 1 Fahrstreifen 2

Fahrstreifen 3 Fahrstreifen 4

Bild 3-12: Verkehrsstärkeanteile pi der Fahrstreifen des Querschnitts A5/2AXN (5-Minuten-Intervalle)

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Für die Analyse der Fahrstreifenaufteilung wurden Mittelwerte und Standardabweichun-gen der Verkehrsstärkeanteile pi für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h (d.h. 25 Fahrzeuge pro 5-Minuten-Intervall) gebildet. Dabei wurden nur Werte im Zustand des fließenden Verkehrs, d.h. Intervalle mit einer mittleren Geschwindigkeit über der Grenz-geschwindigkeit des jeweiligen Querschnitts, einbezogen. Die für den gestauten Ver-kehr vorliegenden Daten waren in aller Regel nicht umfangreich genug, um aussage-kräftige Zusammenhänge herzuleiten. Klassen mit weniger als fünf Einzelwerten wurden nicht berücksichtigt. Experimente mit kleineren Klassenbreiten ergaben nahezu identische Funktionsverläufe, allerdings stärker fluktuierende Einzelwerte bei geringen und hohen Verkehrsstärken.

3.3.2 Freie Strecke außerhalb der Knotenpunkte

Zur Analyse der Fahrstreifenaufteilung im Bereich der freien Strecke auf durchgehend vierstreifigen Richtungsfahrbahnen wurden die Querschnitte A5/2AXN und A5/2AXS an der Autobahn A 5 zwischen den Anschlussstellen Langen/Mörfelden und Zeppelinheim ausgewertet. Bei diesen Zählstellen ist die Entfernung zu den nächstgelegenen Knoten-punkten so groß, dass von einer für den Verkehrsablauf auf der freien Strecke repräsentativen Fahrstreifenaufteilung ausgegangen werden kann. Die Entfernung zur nördlich gelegenen Anschlussstelle Zeppelinheim beträgt 3,7 km, die Anschlussstelle Langen/Mörfelden im Süden ist 2,1 km entfernt.

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Bild 3-13: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A5/2AXN (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittel-werte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

Bild 3-13 zeigt die Fahrstreifenaufteilung am Querschnitt A5/2AXN. Bei sehr hohen Verkehrsstärken von über 7.000 Kfz/h weisen die einzelnen Fahrstreifen (von rechts nach links) Verkehrsstärkeanteile von etwa 10, 22, 32 und 36 % auf. Bei geringen Verkehrsstärken ist der rechte Fahrstreifen mit etwa 50 % am stärksten belastet. Die

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Streuung der Einzelwerte in den einzelnen Klassen nimmt mit zunehmender Ver-kehrsstärke des Gesamtquerschnitts ab. Für den Querschnitt A5/2AXS (siehe Bild 3-14) ergeben sich im Bereich mittlerer Verkehrsstärken ähnliche Funktionsverläufe. Bei sehr hohen Verkehrsstärken ist der rechte Fahrstreifen mit 12 % etwas stärker und der dritte Fahrstreifen mit 30 % etwas schwächer belastet als in der Gegenrichtung. Die Unterschiede bei sehr geringen Verkehrsstärken sind auf die geringe Anzahl von Einzelwerten in der Klasse unter 300 Kfz/h beim Querschnitt A5/2AXS zurückzuführen.

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Bild 3-14: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A5/2AXS (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittel-werte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

Die Daten des Querschnitts A8/31 an der Autobahn A 8 zwischen Kreuz München-Süd und Anschlussstelle Hofoldinger Forst können ebenfalls als repräsentativ für den Ver-kehrsablauf auf der freien Strecke angesehen werden, wenngleich die Entfernung zum nächstgelegenen Knotenpunkt mit rund 1,5 km geringer ist als bei den Querschnitten der A 5. Der vierstreifige Abschnitt südöstlich des Autobahnkreuzes München-Süd ist mit einer Verkehrsbeeinflussungsanlage ausgerüstet. Aus Bild 3-15 geht hervor, dass sich der Verkehr auf der Autobahn A 8 bei hohen Verkehrsstärken gleichmäßiger auf die einzelnen Fahrstreifen verteilt als auf der Autobahn A 5. Der rechte Fahrstreifen erreicht einen Anteil von etwa 18 %, der linke Fahrstreifen ist mit etwa 32 % der Gesamtverkehrsstärke belastet. Allerdings können für Verkehrsstärken über 7.000 Kfz/h mangels ausreichender Messwerte in diesem Bereich keine Aussagen zur Fahrstreifen-aufteilung getroffen werden. Die bessere Auslastung des rechten Fahrstreifens bei hohen Verkehrsstärken könnte u.a. darauf zurückzuführen sein, dass bei Anzeige einer Geschwindigkeitsbeschränkung durch die Verkehrsbeeinflussungsanlage weniger Ver-kehrsteilnehmer nach links wechseln, weil dadurch nur geringe Reisezeitvorteile zu erwarten sind.

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Bild 3-15: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A8/31 (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittelwerte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

3.3.3 Abschnitte im Knotenpunktbereich

Für die Analyse der Fahrstreifenaufteilung vierstreifiger Richtungsfahrbahnen im Ein-flussbereich großer Knotenpunkte standen Daten mehrerer Dauerzählstellen an der Autobahn A 5 im Bereich des Frankfurter Kreuzes zur Verfügung. Hinsichtlich ihrer Lage sind die Querschnitte A5/68AN, A5/68S und A5/3FKN im nördlichen Knotenpunkt-arm für die Analyse besonders geeignet. Anhand der Auswertung der Daten dieser Dauerzählstellen bestand darüber hinaus eine Vergleichsmöglichkeit mit den Ergeb-nissen der Videomessung, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung in der nörd-lichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes durchgeführt wurde (vgl. Kapitel 4.4).

Die Dauerzählstelle A5/3FKN liegt im Bereich der Fahrstreifenaddition an der nördlichen Einfahrt des Frankfurter Kreuzes. An der Fahrstreifenaddition werden zu den drei durch-gehenden Fahrstreifen zwei Fahrstreifen addiert, von denen der äußere rechte Fahr-streifen nach etwa 500 m wieder eingezogen wird. Die Dauerzählstelle befindet sich unmittelbar hinter der Markierungsspitze der Fahrstreifenaddition. In Bild 3-16 ist die Fahrstreifenaufteilung des insgesamt fünfstreifigen Einfahrbereiches dargestellt. Der Anteil des Einfädelungsstreifens liegt über die gesamte Spannweite der gemessenen Verkehrsstärken nahezu konstant bei 10 %. Der zweite der beiden addierten Fahr-streifen ist ebenfalls relativ konstant mit rund 20 % der Gesamtverkehrsstärke belastet. Der linke Fahrstreifen erreicht bei Verkehrsstärken über 8.000 Kfz/h einen Anteil von knapp 30 %.

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Bild 3-16: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A5/3FKN (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittel-werte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

Die Querschnitte A5/68AN und A5/68S befinden sich an der Autobahn A 5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und der Anschlussstelle Frankfurt-Niederrad. Wegen der Nähe zum Sortierbereich des Frankfurter Kreuzes ist insbesondere beim Querschnitt A5/68S in Fahrtrichtung Süd von einer erheblichen Beeinflussung der Fahrstreifenaufteilung durch die ausfahrenden Verkehrsteilnehmer auszugehen.

Der Querschnitt A5/68AN in Fahrtrichtung Nord ist etwa 1,2 km vom Ende des Ein-fädelungsstreifens an der zweiten Einfahrt des Frankfurter Kreuzes und 300 m vom Beginn des Ausfädelungsstreifens der Anschlussstelle Frankfurt-Niederrad entfernt. Die in Bild 3-17 dargestellte Fahrstreifenaufteilung zeigt, dass der rechte Fahrstreifen bei sehr hohen Verkehrsstärken einen Anteil von etwa 18 % erreicht, wohingegen die linken drei Fahrstreifen mit Anteilen zwischen 26 und 29 % nahezu gleich stark belastet sind. Im Gegensatz zur freien Strecke weisen die beiden rechten Fahrstreifen bei geringen Verkehrsstärken ähnlich hohe Anteile von jeweils etwa 40 % auf.

Der Querschnitt A5/68S befindet sich etwa 300 m vor dem Beginn des Sortierbereichs in der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes. Am Ende des fünfstreifigen Sortier-bereichs werden die beiden rechten Fahrstreifen ausgefädelt, für den Durchgangs-verkehr auf der Autobahn A 5 in Fahrtrichtung Süd stehen die linken drei Fahrstreifen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4.4.2). Bild 3-18 verdeutlicht den starken Einfluss des Knotenpunkts auf die Fahrstreifenaufteilung am Querschnitt A5/68S. Bei hohen Verkehrsstärken sind alle vier Fahrstreifen nahezu gleich stark belastet. Bemerkenswert ist insbesondere, dass der Anteil des rechten Fahrstreifens bei mittleren und hohen Verkehrsstärken nahezu konstant bei 25 % liegt. Dies ist auf den hohen Anteil ausfahrender Verkehrsteilnehmer zurückzuführen, die die Autobahn A 5 am Frankfurter Kreuz über die rechten beiden Ausfädelungsstreifen verlassen und sich bereits vor dem Beginn des Sortierbereichs rechts eingeordnet haben. Der hohe Anteil des zweiten

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Fahrstreifens (von rechts) bei geringen Verkehrsstärken ist darauf zurückzuführen, dass sich viele der durchfahrenden Verkehrsteilnehmer bereits vor dem Beginn des Sortier-bereichs links einordnen.

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Bild 3-17: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A5/68AN (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittel-werte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

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Bild 3-18: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A5/68S (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittelwerte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

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3.3.4 Abschnitte mit dem Charakter einer langen Verflechtungsstrecke

Die dichte Folge von Dauerzählstellen im Bereich der Verkehrsbeeinflussungsanlage an der Autobahn A 3 zwischen Anschlussstelle Frankfurt-Süd und Kreuz Offenbach er-möglichte eine detaillierte Analyse der Fahrstreifenaufteilung auf vierstreifigen Rich-tungsfahrbahnen mit dem Charakter einer langen Verflechtungsstrecke zwischen zwei Knotenpunkten. Von Interesse war insbesondere die Auslastung des rechten Fahr-streifens im Vergleich zu den drei durchgehenden Fahrstreifen auf der linken Fahrbahn-seite. Die Veränderung der Fahrstreifenaufteilung zwischen den beiden Knotenpunkten wurde für die Fahrtrichtung Nord ausgewertet, da hier im Vergleich zur Gegenrichtung deutlich höhere maximale Verkehrsstärken gemessen wurden. Ein Abgleich mit den Verkehrsdaten der Gegenrichtung ergab keine gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Fahrtrichtungen.

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Bild 3-19: Fahrstreifenaufteilung des Querschnitts A3/121GN (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittel-werte und Standardabweichungen für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

Bild 3-19 zeigt die Fahrstreifenaufteilung am Querschnitt A3/121GN bei Streckenkilo-meter 178,6, der sich im mittleren Teil des Untersuchungsabschnitts zwischen dem Offenbacher Kreuz (km 180,6) und der Anschlussstelle Frankfurt-Süd (km 174,9) be-findet. Die Struktur der Fahrstreifenaufteilung weist Ähnlichkeiten mit den für die Auto-bahn A 8 ermittelten Funktionen (vgl. Bild 3-15) auf. Bei sehr hohen Verkehrsstärken ist der Anteil des linken Fahrstreifens mit 33 % etwas geringer als auf der freien Strecke, der Anteil des rechten Fahrstreifens beträgt etwa 14 %. Der Anteil des rechten Fahr-streifens liegt bei geringen Verkehrsstärken knapp über 50 %.

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Bild 3-20: Verkehrsstärkeanteile des rechten Fahrstreifens an vier aufeinander folgenden Messquer-schnitten der Autobahn A 3 zwischen Kreuz Offenbach und Anschlussstelle Frankfurt-Süd (5-Minuten-Intervalle, dargestellt sind Mittelwerte für Verkehrsstärkeklassen der Breite 300 Kfz/h)

Die Veränderung der Auslastung des rechten Fahrstreifens zeigt Bild 3-20. Dargestellt sind die Verkehrsstärkeanteile des rechten Fahrstreifens an den in dichtem Abstand aufeinander folgenden Querschnitten A3/120GN, A3/121GN, A3/122GN und A3/123GN. Die Lage der Querschnitte veranschaulicht die Skizze neben dem Diagramm. Bei Ver-kehrsstärken über 6.000 Kfz/h weist der rechte Fahrstreifen am Querschnitt A3/123GN unmittelbar vor dem Beginn des Sortierbereichs der Anschlussstelle Frankfurt-Süd einen deutlich erhöhten Verkehrsstärkeanteil von etwa 22 % auf. Der ungewöhnliche Anstieg der Anteilswerte des rechten Fahrstreifens im Bereich zwischen 5.000 und 6.000 Kfz/h ist auf die Struktur der Verkehrsnachfrage zurückzuführen. Verkehrsspitzen in dem betrachteten Streckenabschnitt ergeben sich in erster Linie durch den starken Pendlerverkehr mit dem Fahrtziel Frankfurt. Da viele Berufspendler die Autobahn A 3 an der Anschlussstelle Frankfurt-Süd verlassen, ist diese Ausfahrt bei sehr hohen Ver-kehrsstärken überdurchschnittlich stark belastet. Bei geringen Verkehrsstärken ist der rechte Fahrstreifen an den mittleren beiden Querschnitten etwas stärker belastet als an den Querschnitten in unmittelbarer Nähe der Knotenpunkte. Dies lässt den Schluss zu, dass ein nennenswerter Anteil der auf der Autobahn A 3 durchfahrenden Verkehrsteil-nehmer gemäß dem Rechtsfahrgebot hinter der Fahrstreifenaddition am Offenbacher Kreuz zunächst nach rechts und anschließend vor der Fahrstreifensubtraktion an der Anschlussstelle Frankfurt-Süd wieder nach links wechselt.

3.3.5 Standardisierung der Fahrstreifenaufteilung

Die empirische Analyse der Fahrstreifenaufteilung auf vierstreifigen Richtungsfahr-bahnen hat gezeigt, dass die einzelnen Querschnitte sehr spezifische Kurvenverläufe aufweisen. Wesentliche Einflussgrößen sind die Nähe des betrachteten Querschnitts zu

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Knotenpunkten sowie die Geschwindigkeitsregelung im Bereich der Messstelle. Eine Standardisierung der Fahrstreifenaufteilung wurde daher nur für vierstreifige Richtungs-fahrbahnen außerhalb der Knotenpunkte ohne Geschwindigkeitsbeschränkung durch-geführt. Die standardisierten Aufteilungskurven sind in Bild 3-21 dargestellt. Die Kurven wurden an die Mittelwerte der Fahrstreifenaufteilung an den Querschnitten A5/2AXN (Bild 3-13) und A5/2AXS (Bild 3-14) sowie an die im Rahmen der Verkehrsmessung an der Autobahn A 5 bei Gräfenhausen beobachteten Werte (vgl. Kapitel 4.2.2) angepasst. Wegen der sehr großen Streuung der Fahrstreifenaufteilung bei geringer Verkehrsbe-lastung sind die Kurven nur für Verkehrsstärken ab 1.000 Kfz/h dargestellt.

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Bild 3-21: Standardisierte Fahrstreifenaufteilung auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen außerhalb der Knotenpunkte ohne Geschwindigkeitsbeschränkung

3.4 Deterministische Kapazitätsanalyse 3.4.1 Methodik

In den derzeit geltenden verkehrstechnischen Bemessungsrichtlinien (z.B. HBS, 2001; HCM, 2000) wird die Kapazität einer Autobahn als fester Wert aufgefasst. In dieser deterministischen Betrachtungsweise entspricht die Kapazität dem Scheitelpunkt der q-v-Beziehung des betrachteten Streckenabschnitts.

Für die Ermittlung der Kapazität im q-v-Diagramm wurde das Verkehrsflussmodell nach van Aerde (1995) gemäß Gleichung (2-3) verwendet. Darüber hinaus wurde auch die um einen Parameter zur Erfassung des „capacity-drop“ erweiterte Modellvariante nach Gleichung (2-4) getestet. Mit diesem erweiterten Modell konnte jedoch keine akzeptable Anpassung an die empirischen Daten erreicht werden.

Die Kapazitätsanalyse erfolgte für die in Kapitel 3.2.5 ausgewählten repräsentativen Querschnitte. Die Anpassung der Modellfunktion wurde auf der Grundlage von 5-

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Minuten- und Stunden-Intervallen mittels Regression in der k-v-Ebene durchgeführt. Um eine gleichmäßige Anpassung über die gesamte Breite der beobachteten Verkehrszu-stände zu erreichen, wurden dazu Mittelwerte der Verkehrsdichte für Dichteklassen der Breite 1 Kfz/km verwendet. Analog zu der in Kapitel 3.2.5 beschriebenen Vorgehens-weise wurden nur Intervalle mit einem Schwerverkehrsanteil zwischen 5 und 15 % und trockenen Umfeldbedingungen berücksichtigt.

Bei einer Betrachtung längerer Intervalldauern resultieren die Wertepaare im q-v-Diagramm z.T. aus einer Aggregierung verschiedener Einzelzustände. Vor allem im Übergangsbereich zwischen fließendem und gestautem Verkehr können einzelne Wertepaare einen Verkehrszustand repräsentieren, der in der Realität nie existiert hat (vgl. Hall, Brilon, 1994). Da diese instationären Werte den Verlauf und insbesondere die Lage des Scheitelpunkts der angepassten Modellfunktion erheblich beeinflussen können, wurden diese Übergangswerte bei der Modellanpassung auf der Grundlage von Stundenwerten nicht berücksichtigt. Als Kriterium für Instationarität wurde die Wurzel der mittleren quadratischen Abweichung der Geschwindigkeiten in den 12 einzelnen 5-Minuten-Intervallen vom zugehörigen Stundenwert der Geschwindigkeit („RMS-Fehler“) verwendet, der Grenzwert wurde auf 10 km/h festgelegt.

Eine realistische Schätzung der Kapazität anhand eines Verkehrsflussmodells ist nur möglich, wenn das q-v-Diagramm eine nennenswerte Anzahl von Wertepaaren im Bereich der Überlastung enthält. Diese Voraussetzung ist bei den untersuchten Quer-schnitten nur teilweise erfüllt. Insbesondere lagen für die Analyse in Stunden-Intervallen nur sehr wenige Werte mit stationären Verkehrsverhältnissen im Bereich des gestauten Verkehrs vor. Bei einer Auswertung von Verkehrsdaten in vollen Stunden ist der Zeit-punkt der Stauentstehung und -auflösung maßgebend dafür, ob stationäre Werte im Zustand des gestauten Verkehrs vorliegen. Um diesen Effekt auszugleichen und eine ausreichende Anzahl an Wertepaaren im unteren Ast des q-v-Diagramms zu erhalten, wurden daher gleitende Stundenwerte gebildet.

3.4.2 Ergebnisse

Bild 3-22 zeigt die Anpassung der Modellfunktion nach van Aerde (1995) an 5-Minuten-Intervalle sowie gleitende Stunden-Intervalle. Beim Querschnitt A3/121GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd) wurden wegen der ausgeprägten Stufenform der Punkte-wolke im oberen Ast des q-v-Diagramms (vgl. Kapitel 3.2.4) für die Optimierung der Modellparameter nur Verkehrsdichteklassen mit k > 50 Kfz/km berücksichtigt, um eine bessere Anpassung im Bereich hoher Verkehrsstärken zu erreichen.

Die für die vier Analysequerschnitte mit dem Modell von van Aerde (1995) ermittelten Kapazitäten sowie die jeweils höchsten gemessenen Verkehrsstärken sind in Tab. 3-5 zusammengestellt. Zum Vergleich sind auch die Kapazitäten angegeben, die sich auf der Grundlage von Stunden-Intervallen ohne Ausschluss der instationären Werte er-geben würden.

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Instationäre WerteStationäre Werte

Bild 3-22: Anpassung der Modellfunktion nach van Aerde (1995)

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5-Minuten-Werte gleitende Stundenwerte Querschnitt Geschwindigkeits-

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Tab. 3-5: Kapazität C nach van Aerde (1995) und höchste gemessene Verkehrsstärke max q

Die ermittelten Kapazitäten liegen zwischen 6.823 und 8.565 Kfz/h in Stunden-Inter-vallen sowie zwischen 6.811 und 8.118 Kfz/h in 5-Minuten-Intervallen. Der Vergleich mit den maximalen Verkehrsstärken zeigt, dass die Kapazitäten bei einer Analyse in 5-Minuten-Intervallen deutlich unter den höchsten gemessenen Verkehrsstärken liegen. Bei der Betrachtung von Stunden-Intervallen repräsentiert der Scheitelpunkt der Modell-funktion die höchsten Verkehrsstärken dagegen wesentlich besser. Durch den Aus-schluss der instationären Stundenwerte ergeben sich nur geringe Unterschiede zwi-schen den Kapazitätswerten in 5-Minuten- und Stunden-Intervallen. Beim Querschnitt A5/68S (AS Frankfurt-Niederrad – Frankfurter Kreuz) liegt die Kapazität in Stunden-Intervallen sogar deutlich über dem Wert in 5-Minuten-Intervallen.

Am Querschnitt A5/2AXN an der Autobahn A 5 zwischen Anschlussstelle Langen/Mör-felden und Anschlussstelle Zeppelinheim treten Überlastungen nur sehr selten auf. Daher ergibt sich die Lage des Scheitelpunkts der van Aerde-Modellfunktion aus der Struktur der Verkehrsnachfrage und repräsentiert nicht die Kapazität des vierstreifigen Streckenabschnitts. Im Vergleich zu den Querschnitten in der Nähe von Knotenpunkten ist der linke Fahrstreifen des Querschnitts A5/2AXN bei hohen Verkehrsstärken beson-ders stark belastet (vgl. Bild 3-13). Allerdings konnte auch anhand einer Analyse fahr-streifenbezogener q-v-Diagramme nicht geklärt werden, inwieweit die höhere Belastung des linken Fahrstreifens zu einer geringeren Kapazität des Gesamtquerschnitts führt.

Bei den Querschnitten A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad) und A3/121GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd), die jeweils in der Nähe großer Knotenpunkte liegen, ist eine Beeinflussung der Ergebnisse durch Rückstaus von stromabwärts gelegenen Engpässen möglich. Allerdings deuten die Höhe der er-mittelten Kapazitäten und die geringe Anzahl der Werte im unteren Ast des q-v-Dia-gramms darauf hin, dass dieser Einfluss allenfalls gering ist. Die Kapazitäten der beiden Querschnitte sind im Vergleich zu den entsprechenden Werten des HBS (2001) für dreistreifige Richtungsfahrbahnen innerhalb von Ballungsräumen mit 10 % Schwerver-kehrsanteil um 42 bzw. 43 % höher. Die – bezogen auf die Fahrstreifenanzahl – über-proportional höhere Kapazität der vierstreifigen Querschnitte könnte auf das geringere Ausmaß der Interaktionen zwischen Pkw und Lkw auf vierstreifigen Richtungsfahr-bahnen zurückzuführen sein. So werden auf vierstreifigen Fahrbahnen die beiden linken Fahrstreifen ausschließlich von Pkw genutzt, während auf dreistreifigen Fahrbahnen nur der linke Fahrstreifen ausschließlich von Pkw befahren wird. Infolge der höheren Kapa-

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zität der Fahrstreifen mit reinem Pkw-Verkehr ergibt sich durch den vierten Fahrstreifen ein überproportionaler Kapazitätszuwachs.

Die sehr hohe Kapazität des Querschnitts A5/68S (AS Frankfurt-Niederrad – Frankfurter Kreuz) ist in erster Linie auf die sehr gleichmäßige Verteilung des Verkehrs über die vier Fahrstreifen bei hohen Verkehrsstärken (vgl. Bild 3-18) zurückzuführen. Die Lage des Querschnitts in unmittelbarer Nähe zum Beginn des Sortierbereichs vor dem Frankfurter Kreuz stellt insofern einen Sonderfall dar, der nicht mit Streckenabschnitten außerhalb von Knotenpunkten vergleichbar ist.

3.5 Stochastische Kapazitätsanalyse 3.5.1 Methodik

Die Verfahren zur stochastischen Kapazitätsanalyse (vgl. Kapitel 2.3.2) basieren im Wesentlichen auf der Auswertung von Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses. Auto-bahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Deutschland stellen in der Regel keine gravierenden Engpässe im Netz dar. Sofern auf vierstreifigen Fahrbahn-abschnitten Zusammenbrüche des Verkehrsflusses auftreten, sind diese häufig auf Störfälle oder Rückstaus von stromabwärts gelegenen Engpässen (z.B. Fahrstreifenre-duktionen, Arbeitsstellen oder stark belastete Einfahrten) zurückzuführen. Eine Über-lastung des vierstreifigen Querschnitts bei sehr hoher Verkehrsnachfrage ist dagegen äußerst selten, da die zufließende Verkehrsstärke oft durch die begrenzte Kapazität stromaufwärts liegender Netzelemente beschränkt wird. Der dominierende Einfluss stromabwärts gelegener Engpässe ist bei der Analyse der Kapazität vierstreifiger Rich-tungsfahrbahnen besonders zu berücksichtigen.

Zur Ermittlung von Verteilungsfunktionen der Kapazität in 5-Minuten-Intervallen kam sowohl die Product-Limit-Methode als auch die Maximum-Likelihood-Schätzung unter Annahme einer Weibull-Verteilung zur Anwendung (vgl. Kapitel 2.3.2). Für die Schätzung der Verteilungsfunktion der Kapazität mit der Maximum-Likelihood-Methode wurden darüber hinaus auch die Normalverteilung und die Gammaverteilung als Funk-tionstypen getestet. Damit konnte jedoch keine bessere Anpassung an die empirischen Daten erreicht werden (vgl. Kapitel 3.5.4).

Die Definition eines Zusammenbruchs des Verkehrsflusses wurde im Vergleich zur Vorgehensweise von Brilon, Zurlinden (2003) modifiziert. Für die Unterscheidung des fließenden und gestauten Verkehrs wurde anstelle einer konstanten Grenzgeschwindig-keit von 70 km/h für jeden Analysequerschnitt anhand des q-v-Diagramms eine indi-viduelle Grenzgeschwindigkeit festgelegt, um insbesondere dem hohen Geschwindig-keitsniveau auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ohne Geschwindigkeitsbeschrän-kung Rechnung zu tragen. Die Identifikation von Zusammenbrüchen des Verkehrs-flusses erfolgte anhand einer Betrachtung der mittleren Pkw-Geschwindigkeit in vier aufeinander folgenden Intervallen. Sofern die Geschwindigkeit in zwei Intervallen über und in den folgenden beiden Intervallen unter der Grenzgeschwindigkeit lag, wurde

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dieser Geschwindigkeitsrückgang als Zusammenbruch aufgefasst. Darüber hinaus wurde als zusätzliche Bedingung für einen Zusammenbruch eine Mindestdifferenz von 10 km/h zwischen den Mittelwerten der Geschwindigkeiten in den beiden Intervallen vor und nach dem Unterschreiten der Grenzgeschwindigkeit eingeführt. Dadurch konnte eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses mit einem signifikanten Rückgang der Geschwindigkeit einerseits und einem gering-fügigen Unterschreiten der Grenzgeschwindigkeit aufgrund kurzfristiger Schwankungen der mittleren Geschwindigkeit andererseits erreicht werden. Durch die Verwendung von Mittelwerten der Geschwindigkeit über je zwei Intervalle vor und nach dem Unterschrei-ten der Grenzgeschwindigkeit war sichergestellt, dass auch solche Fälle als Zusam-menbruch identifiziert wurden, bei denen es durch eine Mittelung von Verkehrszu-ständen in dem Intervall, in dem der Zusammenbruch eintrat, zu einem kontinuierlichen Rückgang der mittleren Geschwindigkeit kam.

Insgesamt mussten die folgenden fünf Bedingungen erfüllt sein, damit die Verkehrs-stärke im Intervall i als Verkehrsstärke vor einem Zusammenbruch, d.h. als unzensierter Kapazitätswert, aufgefasst wurde:

v(i−1) > vgrenz v(i) > vgrenz v(i+1) ≤ vgrenz v(i+2) ≤ vgrenz

v(i−1) + v(i)2 − v(i+1) + v(i+2)

2 > 10 km/h

mit v(i) = mittlere Pkw-Geschwindigkeit im Intervall i [km/h] vgrenz = Grenzgeschwindigkeit [km/h]

Als zensierte Werte wurden die Verkehrsstärken der Intervalle i aufgefasst, für die die folgenden beiden Bedingungsgleichungen erfüllt waren:

v(i) > vgrenz v(i+1) > vgrenz

mit v(i) = mittlere Pkw-Geschwindigkeit im Intervall i [km/h] vgrenz = Grenzgeschwindigkeit [km/h]

Intervalle, die keines dieser beiden Gleichungssysteme erfüllten, wurden für die Kapa-zitätsanalyse nicht berücksichtigt. Dies sind im Wesentlichen die im Zustand des ge-stauten Verkehrs, d.h. nach einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses, gemessenen Verkehrsstärken.

Bei der Auswertung der Verkehrsdaten wurden nur solche 5-Minuten-Intervalle berück-sichtigt, in denen die Verkehrsstärke größer als 4.000 Kfz/h war. Ein Unterschreiten der Grenzgeschwindigkeit bei geringeren Verkehrsstärken ist in aller Regel entweder auf

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Störfälle oder auf einzelne, langsam fahrende Fahrzeuge in den Nachtstunden zurück-zuführen. Diese Ereignisse sind für die Kapazitätsanalyse nicht relevant. Zusammen-brüche des Verkehrsflusses bei Verkehrsstärken über 4.000 Kfz/h wurden soweit wie möglich mit Störungsmeldungen und Unfalldaten abgeglichen, um den Einfluss von Störfällen und Baustellen zu eliminieren. Dafür wurden insbesondere die Zusammen-brüche, die außerhalb der Spitzenstunden auftraten, manuell überprüft.

Bei der Interpretation der Ergebnisse der Kapazitätsanalyse ist der Schwerverkehrs-anteil als wichtige Einflussgröße einzubeziehen. Als Anhaltspunkt wurde für alle Analysequerschnitte der nach der Verkehrsstärke gewichtete Mittelwert des Schwer-verkehrsanteils berechnet. Geringfügige Unterschiede zwischen den mittleren Schwer-verkehrsanteilen an mehreren aufeinander folgenden Querschnitten in einem Abschnitt zwischen zwei Anschlussstellen ergeben sich durch den unterschiedlichen Umfang der einzelnen Datensätze. Ein Verfahren zur Berücksichtigung der Variabilität des Schwer-verkehrsanteils bei der stochastischen Kapazitätsanalyse wird in Kapitel 3.5.5 vorge-stellt.

Die Witterungsverhältnisse beeinflussen den Verkehrsablauf auf Autobahnen syste-matisch und sind daher bei der Kapazitätsanalyse besonders zu berücksichtigen. Da keine detaillierten Wetterdaten für die Untersuchungsstrecken zur Verfügung standen, wurden – analog zur Vorgehensweise bei der Analyse der Struktur des q-v-Diagramms (Kapitel 3.2.5) – Tageswerte der Niederschlagshöhe von benachbarten Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes verwendet. Für die Autobahnen A 3 und A 5 wurden die Daten der Wetterstation 10637 am Flughafen Frankfurt/Main verwendet, die sich in un-mittelbarer Nähe zu den analysierten Streckenabschnitten befindet. Für die Autobahn A 8 wurde die Wetterstation 10870 am Flughafen München als nächstgelegener Stand-ort ausgewählt. Anhand der Tageswerte der Niederschlagshöhe wurden die Tage iden-tifiziert, an denen an der jeweiligen Wetterstation Niederschlagshöhen von mindestens 1 mm aufgezeichnet wurden. Die Verkehrsdaten dieser Tage wurden für die Kapazitäts-analyse nicht verwendet, da eine Beeinflussung des Verkehrsablaufs durch Regen-ereignisse nicht ausgeschlossen werden konnte.

Unterschiedliche Helligkeitsverhältnisse haben keinen signifikanten Einfluss auf die Kapazität von Autobahnen (vgl. Brilon, Zurlinden, 2003) und wurden daher bei den Aus-wertungen nicht berücksichtigt.

3.5.2 Ergebnisse

In einem ersten Schritt wurde versucht, Verteilungsfunktionen der Kapazität anhand der Verkehrsdaten eines Analysequerschnitts und eines weiteren, stromabwärts gelegenen Kontrollquerschnitts zu ermitteln. Durch die Einbeziehung der am Kontrollquerschnitt aufgezeichneten Geschwindigkeiten sollten Zusammenbrüche des Verkehrsflusses, die aus einem Rückstau von stromabwärts gelegenen Engpässen resultieren, aus der Kapazitätsanalyse ausgeschlossen werden (vgl. Regler, 2004). Voraussetzung dafür ist allerdings ein homogener Streckenverlauf zwischen Analyse- und Kontrollquerschnitt.

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Insbesondere darf sich zwischen den beiden Querschnitten keine Einfahrt befinden, da andernfalls die in diesem Abschnitt auftretenden Zusammenbrüche des Verkehrsflusses durch eine höhere als der am Analysequerschnitt gemessenen Verkehrsnachfrage ver-ursacht werden können. Insgesamt wurden acht Paare von zwei aufeinander folgenden Querschnitten an vierstreifigen Richtungsfahrbahnen gebildet, die diese Voraussetzung erfüllten. Die Datenanalyse ergab jedoch nur eine sehr geringe Zahl auswertbarer Zusammenbrüche des Verkehrsflusses, die nicht auf einen Rückstau zurückzuführen waren. In drei Fällen wurde kein einziger Zusammenbruch identifiziert, so dass die Ermittlung einer Verteilungsfunktion mit den Methoden der Lebensdaueranalyse nicht möglich war. Die in Tab. 3-6 angegebenen Ergebnisse der Kapazitätsanalyse zeigen, dass auch bei den anderen Querschnitten aufgrund der äußerst geringen Zahl der erfassten Zusammenbrüche mit dieser Vorgehensweise keine zuverlässige Schätzung der Verteilungsfunktion der Kapazität möglich ist. Nur für die Querschnitte A3/120GN und A3/122GN konnte eine nennenswerte Anzahl von jeweils 9 Zusammenbrüchen ausgewertet werden. Die erheblichen Unterschiede zwischen den Parametern der Kapazitätsverteilungen dieser Querschnitte, die in dichtem Abstand an der Autobahn A 3 zwischen Kreuz Offenbach und Anschlussstelle Frankfurt-Süd liegen, verdeutlichen jedoch die eingeschränkte Aussagekraft der Ergebnisse.

Analyse-querschnitt

Kontroll-querschnitt

Abstand [km]

mittl. SV-Anteil

vgrenz

[km/h]Zusammen-

brüche max FC(q) nach PLM

a [-]

b [Kfz/h]

A3/53GS A3/54GS 1,200 14,3 % 70 2 0,0238 32,27 8.416 A3/54GS A3/57GS 2,350 14,6 % 70 0 - - - A3/120GN A3/121GN 0,950 14,3 % 75 9 0,0694 32,36 9.447 A3/121GN A3/122GN 1,100 13,5 % 75 3 0,0212 21,24 10.731 A3/122GN A3/123GN 1,350 12,5 % 75 9 0,0466 24,03 9.902 A5/2AXN A5/83N 3,900 10,7 % 80 0 - - - A5/83S A5/2AXS 3,900 10,1 % 70 0 - - - A8/29 A8/31 1,747 10,4 % 75 2 0,0009 6,93 15.602

Tab. 3-6: Ergebnisse der stochastischen Kapazitätsanalyse mit Kontrollquerschnitt: Anzahl der Zusam-menbrüche des Verkehrsflusses, Maximalwert der Product-Limit-Schätzung sowie Parameter der mit der Maximum-Likelihood-Methode ermittelten Weibull-Kapazitätsverteilung (Streckenpara-meter siehe Tab. 3-3)

Bei der Ermittlung von Verteilungsfunktionen der Kapazität unter Einbeziehung eines stromabwärts gelegenen Kontrollquerschnitts wird die Anzahl der in die Auswertung ein-fließenden Zusammenbrüche des Verkehrsflusses generell erheblich reduziert. Darüber hinaus wird die Anwendbarkeit des Verfahrens durch die sehr spezifischen Anforderun-gen an die Lage des Analyse- und Kontrollquerschnitts eingeschränkt. Verkehrsdaten von mehreren, in dichtem Abstand aufeinander folgenden Dauerzählstellen sind in der Regel nur auf Abschnitten mit Verkehrsbeeinflussungsanlage verfügbar. Beim Aus-schluss von Rückstauereignissen stellt insbesondere der Abstand zwischen Analyse- und Kontrollquerschnitt einen zusätzlichen Freiheitsgrad dar, der sich negativ auf die Robustheit der Ergebnisse der stochastischen Kapazitätsanalyse auswirken kann.

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Um aussagekräftige Verteilungsfunktionen der Kapazität vierstreifiger Richtungsfahr-bahnen schätzen zu können, wurde daher auf die Einbeziehung eines Kontrollquer-schnitts verzichtet. Dadurch konnte eine deutlich größere Anzahl an Querschnitten analysiert werden. Allerdings sind die auf diese Weise ermittelten Kapazitäten als Min-destwerte aufzufassen, weil eine Beeinflussung der Ergebnisse durch Rückstaus von stromabwärts gelegenen Abschnitten mit geringerer Kapazität nicht ausgeschlossen werden kann. Insofern erfordert diese Vorgehensweise eine sorgfältige Interpretation der Ergebnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Lage des Analysequerschnitts.

Die Ergebnisse der stochastischen Kapazitätsanalyse ohne Einbeziehung eines Kontrollquerschnitts für die insgesamt 14 analysierten Querschnitte sind in Tab. 3-7 zusammengefasst. Die Funktionsverläufe der mit der parameterfreien Product-Limit-Methode und der Maximum-Likelihood-Methode unter Vorgabe einer Weibull-Verteilung geschätzten Verteilungsfunktionen der Kapazität sind in Anhang B dargestellt. An den Querschnitten A5/2AXS (AS Zeppelinheim – AS Langen/Mörfelden) und A5/83S (AS Zeppelinheim) ergab sich allerdings auch ohne den Ausschluss von Rückstauereignis-sen keine ausreichende Anzahl von Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses, um plau-sible Ergebnisse zu erhalten. Die Ergebnisse der Querschnitte A5/2AXN (AS Langen/ Mörfelden – AS Zeppelinheim) und A5/68S (AS Frankfurt-Niederrad – Frankfurter Kreuz) basieren ebenfalls nur auf einer sehr geringen Zahl von jeweils 5 Zusammen-brüchen. Allerdings stimmt der Median der Verteilungsfunktion des Querschnitts A5/2AXN gut mit dem Wert des 3,9 km nördlich gelegenen Querschnitts A5/83N (AS Zeppelinheim) überein, so dass die ermittelten Parameter als realistisch angesehen werden können.

Querschnitt mittl. SV-Anteil

vgrenz [km/h]

Zus.-brüche

max FC(q)nach PLM

a [-]

b [Kfz/h]

σ [Kfz/h]

E(C) [Kfz/h]

CV [-]

Median[Kfz/h]

A3/53GS 14,3 % 70 32 0,0340 14,95 9.106 721 8.793 0,0820 8.885A3/54GS 14,6 % 70 46 0,0591 14,44 9.031 739 8.710 0,0848 8.804A3/120GN 14,3 % 75 39 0,1246 19,41 9.733 604 9.468 0,0638 9.551A3/121GN 13,5 % 75 39 0,2099 20,99 9.687 558 9.442 0,0591 9.519A3/122GN 12,5 % 75 66 0,2130 19,18 9.508 597 9.246 0,0645 9.328A3/123GN 12,7 % 75 82 0,3582 18,70 9.403 604 9.138 0,0661 9.220A5/2AXN 10,7 % 80 5 0,0461 18,36 9.383 613 9.114 0,0673 9.197A5/2AXS 7,8 % 80 2 0,0025 8,31 13.126 1.772 12.384 0,1431 12.558A5/68AN 11,8 % 80 19 1,0000 19,51 9.180 567 8.931 0,0635 9.009A5/68S 11,1 % 75 5 0,1318 14,24 11.538 956 11.124 0,0860 11.245A5/83N 14,9 % 80 77 0,0509 13,74 9.412 806 9.063 0,0890 9.164A5/83S 10,1 % 70 0 - - - - - - - A8/29 10,4 % 75 18 0,1085 15,14 7.894 618 7.626 0,0811 7.705A8/31 10,5 % 75 25 0,2413 17,13 7.434 519 7.208 0,0720 7.276

Tab. 3-7: Ergebnisse der stochastischen Kapazitätsanalyse ohne Kontrollquerschnitt: Anzahl der Zusam-menbrüche des Verkehrsflusses, Maximalwert der Product-Limit-Schätzung sowie Parameter der mit der Maximum-Likelihood-Methode geschätzten Weibull-Kapazitätsverteilung (Streckenpara-meter siehe Tab. 3-3)

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q [Kfz/h]

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]

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F C(q

) [-]

q-v-WertepaareMaximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild 3-23: q-v-Wertepaare und Schätzfunktionen der Kapazitätsverteilung des Querschnitts A5/68AN (5-Minuten-Intervalle, die vertikalen Balken repräsentieren die 95 %-Konfidenzintervalle der Product-Limit-Schätzung)

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q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

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F C(q

) [-]

q-v-WertepaareMaximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild 3-24: q-v-Wertepaare und Schätzfunktionen der Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/121GN (5-Minuten-Intervalle, die vertikalen Balken repräsentieren die 95 %-Konfidenzintervalle der Product-Limit-Schätzung)

Da die höchsten Verkehrsstärken bei fast allen Querschnitten zensierte Werte sind, brechen die mit der Product-Limit-Methode geschätzten Verteilungsfunktionen der Ka-pazität in der Regel bereits bei geringen Funktionswerten ab. Daher kann die Überein-stimmung der Product-Limit-Schätzung mit der anhand der Maximum-Likelihood-Metho-de ermittelten Weibull-Verteilungsfunktion nur eingeschränkt beurteilt werden. Eine

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Ausnahme bildet der Querschnitt A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad), bei dem die beiden höchsten gemessenen Verkehrsstärken jeweils einen Zusammen-bruch des Verkehrsflusses nach sich zogen. Bild 3-23 zeigt die ermittelten Kapazitäts-verteilungen sowie die q-v-Wertepaare dieses Querschnitts. Für die Funktionswerte der Product-Limit-Schätzung sind zusätzlich die 95 %-Konfidenzintervalle nach Gleichung (2-13) durch vertikale Balken dargestellt. Die Product-Limit-Schätzung stimmt insge-samt gut mit der Weibull-Verteilung überein. Hinsichtlich der Abweichung der beiden Funktionen oberhalb des Medianwertes ist zu berücksichtigen, dass sich der Verlauf der Product-Limit-Schätzung in diesem Bereich lediglich aus zwei Einzelwerten ergibt.

Als weiteres Beispiel sind in Bild 3-24 die für den Querschnitt A3/121GN (AK Offenbach – AS Frankfurt-Süd) ermittelten Verteilungsfunktionen der Kapazität dargestellt. Auch bei diesem Querschnitt ergibt sich eine relativ gute Übereinstimmung der beiden Funktionsverläufe, jedoch bricht die Product-Limit-Schätzung bereits bei einem Funk-tionswert von 0,21 ab. Wegen des größeren Umfangs der zugrunde liegenden Daten sind die 95 %-Konfidenzintervalle der Product-Limit-Schätzung bei kleinen Funktions-werten wesentlich schmaler als beim Querschnitt A5/68AN, d.h. der Verlauf der Ver-teilungsfunktion ist statistisch besser abgesichert. Allerdings zeigt sich auch bei diesem Beispiel, dass die Konfidenzintervalle der Product-Limit-Schätzung mit zunehmendem Funktionswert der Verteilung deutlich breiter werden. Die zunehmende Breite der Konfidenzintervalle ist eine generelle Eigenschaft der Product-Limit-Schätzung und gilt dementsprechend für alle analysierten Querschnitte.

Für die Querschnitte A8/29 und A8/31 (Kreuz München-Süd – AS Hofoldinger Forst) wurden Verteilungsfunktionen der Kapazität mit einem sehr geringen Medianwert von unter 8.000 Kfz/h ermittelt. Dies ist offensichtlich auf den erheblichen Einfluss der stromabwärts gelegenen Querschnittsreduktion auf drei Fahrstreifen zurückzuführen. Die Verteilungsfunktionen können daher nicht als repräsentativ für vierstreifige Rich-tungsfahrbahnen angesehen werden.

Auch bei den Ergebnissen für den Abschnitt der Autobahn A 3 zwischen Anschluss-stelle Frankfurt-Süd und Kreuz Offenbach, auf dem in beiden Fahrtrichtungen jeweils mehrere in kurzem Abstand aufeinander folgende Querschnitte analysiert wurden, zeigt sich ein Einfluss durch Rückstauereignisse von den stromabwärts gelegenen Knoten-punkten. So nimmt in beiden Fahrtrichtungen mit abnehmender Entfernung zum nächsten Knotenpunkt die Anzahl der Zusammenbrüche zu und der Medianwert der Kapazitätsverteilung ab. Trotz der vergleichbaren Streckencharakteristik ist der Median-wert in Fahrtrichtung Nord höher als in der Gegenrichtung. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass wegen der unterschiedlichen Verteilung der Verkehrsnachfrage in Fahrtrichtung Nord deutlich höhere Verkehrsstärken beobachtet wurden als in Fahrt-richtung Süd. Auch die unterschiedliche Engpasswirkung der jeweils stromabwärts gele-genen Streckenabschnitte könnte eine Rolle spielen. Unter Berücksichtigung der ge-nannten Rahmenbedingungen wird den Ergebnissen der Messquerschnitte A3/120GN und A3/121GN am Beginn des vierstreifigen Abschnitts in Fahrtrichtung Nord die größte Aussagekraft beigemessen.

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Für den Querschnitt A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad) wurde eine Kapazitätsverteilung mit einem Medianwert von 9.000 Kfz/h ermittelt. Für diesen Querschnitt standen nur die Verkehrsdaten von drei Monaten zur Verfügung, dennoch wurden in diesem kurzen Zeitraum insgesamt 19 Zusammenbrüche des Verkehrs-flusses erfasst. Alle Zusammenbrüche ereigneten sich zwischen 7:40 und 8:30 Uhr an Werktagen, d.h. im Bereich der Morgenspitze mit einem hohen Anteil an Berufspend-lern. Die geringe Streuung der Kapazitätsverteilung zeigt, dass der Verkehrsfluss im Be-reich hoher Verkehrsstärken durch den hohen Pendleranteil sehr homogen ist, obwohl auf dem betrachteten Abschnitt keine Geschwindigkeitsbeschränkung angeordnet ist. Inwieweit die ermittelte Kapazitätsverteilung durch Rückstaus von den stromabwärts gelegenen Anschlussstellen Frankfurt-Niederrad und -Westhafen sowie insbesondere vom Westkreuz Frankfurt beeinflusst wird, kann nicht beurteilt werden.

Der Querschnitt A5/83N liegt innerhalb der Anschlussstelle Zeppelinheim etwa 350 m vor dem Beginn des Sortierbereichs in der südlichen Zufahrt zum Frankfurter Kreuz, an dem die Einfahrt der Anschlussstelle Zeppelinheim auf der rechten Fahrbahnseite als fünfter Fahrstreifen addiert wird. Am Frankfurter Kreuz werden die rechten beiden Fahr-streifen zur Autobahn A 3 ausgefädelt. Für die am Querschnitt A5/83N beobachteten Zusammenbrüche des Verkehrsflusses können verschiedene Engpässe maßgebend sein. Zu berücksichtigen ist auch, dass der an der Fahrstreifenaddition einfahrende Ver-kehr am Analysequerschnitt nicht erfasst wird. Daher stellt die Lage des Querschnitts einen Sonderfall dar, so dass die ermittelten Ergebnisse nur eingeschränkt auf andere Strecken übertragbar sind. Dennoch kann der hohe Medianwert der ermittelten Kapa-zitätsverteilung als Indiz für die erhebliche Leistungsfähigkeit des Knotenpunktsystems stromabwärts der Messstelle gewertet werden. Im Vergleich mit dem 3,9 km südlich gelegenen Querschnitt A5/2AXN ergibt sich aus der unmittelbaren Nähe des Quer-schnitts A5/83N zum Frankfurter Kreuz keine nennenswerte Kapazitätsreduktion.

Bemerkenswert ist, dass die stochastische Methode keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Kapazität des Querschnitts A5/2AXN (AS Langen/Mörfelden – AS Zeppelinheim) im Bereich der freien Strecke und den Querschnitten in unmittelbarer Nähe von Knotenpunkten (z.B. A5/68AN, Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad) ergeben hat. Dies deutet darauf hin, dass die im Vergleich zur freien Strecke ausge-glichenere Verteilung des Gesamtverkehrs auf die vier Fahrstreifen in der Nähe von Knotenpunkten (vgl. Kapitel 3.3) nicht zu einer höheren Kapazität des Gesamtquer-schnitts führt.

Unter Berücksichtigung der – aufgrund des Einflusses stromabwärts gelegener Eng-pässe – eingeschränkten Aussagekraft der Ergebnisse für einzelne Querschnitte ergibt die stochastische Kapazitätsanalyse in etwa die folgenden charakteristischen Para-meter für die Verteilungsfunktion der Kapazität vierstreifiger Autobahn-Richtungsfahr-bahnen mit einem Schwerverkehrsanteil von etwa 10 %:

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• Strecke innerhalb von Ballungsräumen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung: a = 18, b = 9.300 Kfz/h (auf der Grundlage der Ergebnisse für die Querschnitte A5/68AN, A5/2AXN und A5/83N)

• Strecke mit Verkehrsbeeinflussungsanlage: a = 20, b = 9.700 Kfz/h (auf der Grundlage der Ergebnisse für die Querschnitte A3/120GN und A3/121GN)

Die entsprechenden Kapazitätsverteilungen sind in Bild 3-25 dargestellt. Der Median-wert der Verteilungsfunktion beträgt für Strecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung etwa 9.100 Kfz/h und für Strecken mit Verkehrsbeeinflussungsanlage etwa 9.500 Kfz/h.

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F C(q

) [-]

mit Verkehrsbeeinflussungsanlage

im Ballungsraum, ohne Tempolimit

Bild 3-25: Charakteristische Verteilungsfunktionen der Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen (5-Minuten-Intervalle)

3.5.3 Vergleich mit zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen

Aus früheren Untersuchungen (Brilon, Zurlinden, 2003; Brilon, Geistefeldt e.a., 2006a) lagen Vergleichswerte der stochastischen Kapazität für Autobahnen mit zwei- und drei-streifigen Richtungsfahrbahnen vor. Die Parameter der mit der Maximum-Likelihood-Methode ermittelten Verteilungsfunktionen der Kapazität dieser Abschnitte sind in Tab. 3-8 angegeben. Sämtliche Querschnitte befinden sich innerhalb von Ballungsräumen. Die dreistreifigen Abschnitte der Autobahnen A 3 und A 5 sind mit einer Verkehrsbeein-flussungsanlage ausgestattet, auf dem Abschnitt der Autobahn A 1 im Zuge des Kölner Rings war im zweistreifigen Ausbauzustand des Jahres 2000 eine stationäre Geschwin-digkeitsbeschränkung auf 100 km/h angeordnet.

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BAB Abschnitt Fstr. mittl. SV-Anteil

a [-]

b [Kfz/h]

σ [Kfz/h]

E(C) [Kfz/h]

Median[Kfz/h]

A 1 AS Köln-Bocklemünd – AK Köln-Nord 2 17,0 % 14,1 4.532 379 4.368 4.416 A 57 AS Krefeld – AS Krefeld-Oppum 2 13,5 % 13,9 4.905 416 4.725 4.777 A 66 AS Diedenbergen – AD Kriftel 2 9,9 % 13,8 4.759 406 4.583 4.635 A 3 AS Hanau – AS Obertshausen1) 3 15,4 % 21,9 6.874 381 6.706 6.760 A 3 AK Köln-Ost – AD Heumar 3 12,1 % 12,1 7.170 690 6.873 6.956 A 5 AS Friedberg – AK Bad Homburg 3 15,4 % 13,7 7.227 621 6.958 7.036

1) Querschnitt A3/110GN

Tab. 3-8: Vergleichswerte der stochastischen Kapazität zwei- und dreistreifiger Richtungsfahrbahnen: Parameter der Weibull-Kapazitätsverteilung (Quellen: Brilon, Zurlinden, 2003; Brilon, Geistefeldt e.a., 2006a)

Im Vergleich zu den charakteristischen Verteilungsfunktionen der Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen (Bild 3-25) ist der Formparameter a der Weibull-Verteilung bei den Vergleichsquerschnitten im Mittel etwas kleiner. Dies bedeutet, dass der Variations-koeffizient, d.h. der Quotient aus der Standardabweichung und dem Mittelwert der Verteilungsfunktion, bei vierstreifigen Richtungsfahrbahnen kleiner ist als bei zwei- und dreistreifigen Fahrbahnen. Der Medianwert der Verteilungsfunktion für vierstreifige Fahrbahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung ist etwa doppelt so groß wie bei den zweistreifigen Abschnitten der Autobahnen A 57 und A 66. Für vierstreifige Fahrbahnen mit Verkehrsbeeinflussungsanlage ist der Median um 35 bis 41 % und damit (bezogen auf die Anzahl der Fahrstreifen) überproportional höher als bei den dreistreifigen Abschnitten der Autobahnen A 3 und A 5. Dies bestätigt qualitativ die Erkenntnisse aus der deterministischen Kapazitätsanalyse in Kapitel 3.4.2. Unter Berücksichtigung der etwas höheren Schwerverkehrsanteile an den dreistreifigen Vergleichsquerschnitten und der erheblichen Abhängigkeit der Verteilungsfunktion der Kapazität von den spezi-fischen Verkehrs- und Umfeldbedingungen am jeweiligen Untersuchungsquerschnitt sind die Unterschiede hinsichtlich der Kapazität im Verhältnis zur Fahrstreifenanzahl jedoch als relativ gering anzusehen.

Als Beispiel sind in Bild 3-26 die Verteilungsfunktionen der Kapazität des dreistreifigen Querschnitts A3/110GN und des vierstreifigen Querschnitts A3/120GN an der Autobahn A 3 zwischen Anschlussstelle Hanau und Anschlussstelle Frankfurt-Süd gegenüberge-stellt. Da diese Querschnitte in einem Abstand von nur 12 km an der Richtungsfahrbahn der A 3 in Fahrtrichtung Nord liegen und somit sehr ähnliche Verkehrs-, Umfeld- und Steuerungsbedingungen aufweisen, sind sie für einen Vergleich der Kapazität drei- und vierstreifiger Richtungsfahrbahnen besonders gut geeignet.

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q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

F C(q

) [-]

A3/110GN (dreistreifig)A3/120GN (vierstreifig)

Bild 3-26: Vergleich der q-v-Diagramme und Kapazitätsverteilungen des dreistreifigen Querschnitts A3/110GN und des vierstreifigen Querschnitts A3/120GN (5-Minuten-Intervalle, Parameter der Verteilungsfunktionen: siehe Tab. 3-7 und Tab. 3-8)

3.5.4 Funktionstyp der Kapazitätsverteilung

Die parametrische Schätzung von Verteilungsfunktionen der Kapazität mit der Maximum-Likelihood-Methode nach Gleichung (2-16) erfolgt unter Vorgabe eines bestimmten Funktionstyps. Brilon, Zurlinden (2003) ermittelten auf der Grundlage der Daten von Querschnitten an zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen, dass sich unter Annahme einer Weibull-Verteilung die beste Anpassung an die empirischen Daten ergibt. Anhand der in Tab. 3-7 angegebenen Querschnitte wurde geprüft, ob dies auch für vierstreifige Richtungsfahrbahnen gilt. Neben der Weibull-Verteilung wurden die Normalverteilung und die Gamma-Verteilung hinsichtlich ihrer Eignung zur Beschrei-bung der Kapazität als Zufallsgröße getestet.

In Tab. 3-9 sind für die analysierten Querschnitte die maximierten Werte der logarith-mierten Likelihood-Funktion angegeben, die für die drei Funktionstypen ermittelt wur-den. Für die Mehrzahl der Querschnitte ergibt sich der größte Wert der logarithmierten Likelihood-Funktion und damit die beste Anpassung an die empirischen Daten unter Annahme einer Weibull-Verteilung. Mit der Normalverteilung oder der Gamma-Ver-teilung wird nur in den Fällen die beste Anpassung erreicht, in denen die Schätzung der Kapazitätsverteilung mit der parameterfreien Product-Limit-Methode bereits bei gerin-gen Funktionswerten abbricht. Ein Abbruch der Product-Limit-Schätzung bei geringen Funktionswerten bedeutet, dass im Bereich sehr hoher Verkehrsstärken ausschließlich zensierte Werte vorliegen und der Verlauf der Kapazitätsverteilung dementsprechend weniger gut abgesichert ist.

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63

max ln L Querschnitt Zusammen-

brüche max FC(q) nach PLM Weibull-Verteilung Normalverteilung Gamma-Verteilung

A3/53GS 32 0,0340 -410,469 -409,852 -409,117 A3/54GS 46 0,0591 -574,729 -574,632 -575,007 A3/120GN 39 0,1246 -454,042 -455,287 -456,448 A3/121GN 39 0,2099 -446,969 -448,044 -448,799 A3/122GN 66 0,2130 -735,341 -737,044 -740,061 A3/123GN 82 0,3582 -893,477 -896,360 -898,771 A5/2AXN 5 0,0461 -65,120 -64,847 -64,729 A5/2AXS 2 0,0025 -30,214 -30,284 -30,139 A5/68AN 19 1,0000 -186,505 -186,750 -187,630 A5/68S 5 0,1318 -67,288 -67,423 -67,496 A5/83N 77 0,0509 -962,136 -960,445 -959,198 A5/83S 0 - - - - A8/29 18 0,1085 -222,484 -222,920 -223,634 A8/31 25 0,2413 -292,285 -293,587 -294,876

Tab. 3-9: Vergleich des Maximums der logarithmierten Likelihood-Funktion für verschiedene Funktions-typen der Kapazitätsverteilung (der Wert mit der besten Anpassung ist jeweils durch Fettdruck hervorgehoben)

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

0 2000 4000 6000 8000 10000 12000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Weibull-VerteilungNormalverteilungGamma-VerteilungProduct-Limit-Schätzung

Bild 3-27: Ergebnisse der Maximum-Likelihood-Schätzung der Verteilungsfunktion der Kapazität unter Annahme verschiedener Funktionstypen für Querschnitt A3/123GN (5-Minuten-Intervalle)

Wie am Beispiel des Querschnitts A3/123GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd) aus Bild 3-27 hervorgeht, unterscheiden sich die angepassten Verteilungsfunktionen der Kapazität vor allem im Bereich hoher Verkehrsstärken. Demnach ist die Beurteilung der Anpassungsgüte der Verteilungsfunktion bei Querschnitten, an denen bei sehr hohen Verkehrsstärken keine Zusammenbrüche des Verkehrsflusses auftraten, nur von eingeschränkter Aussagekraft. Daher lässt sich aus dem durchgeführten Vergleich der Funktionstypen relativ eindeutig schließen, dass auch bei vierstreifigen Richtungsfahr-

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64

bahnen die Kapazitätsverteilung am besten durch eine Weibull-Verteilung repräsentiert wird. Die Ergebnisse zeigen insbesondere, dass die negative Schiefe eine charakteris-tische Eigenschaft der Verteilungsfunktion der Kapazität ist.

3.5.5 Einfluss des Schwerverkehrsanteils

Das Verfahren zur Ermittlung von Verteilungsfunktionen der Kapazität nach Brilon, Zurlinden (2003) basiert auf der Analyse von Kfz-Verkehrsstärken. Der Einfluss der Variabilität des Schwerverkehrsanteils auf die Kapazität wird dabei nicht berücksichtigt, da ein konstanter Schwerverkehrsanteil, d.h. ein identischer Verlauf der relativen Ver-kehrsstärkeganglinien von Pkw und Lkw, unterstellt wird. In der Realität treten jedoch erhebliche systematische Unterschiede zwischen der zeitlichen Verteilung des Schwer-verkehrs und des Pkw-Verkehrs auf. Von Bedeutung für die Kapazitätsanalyse ist vor allem die Höhe des Schwerverkehrsanteils bei sehr hohen Verkehrsstärken. Wie aus Bild 3-28 am Beispiel des Querschnitts A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad) hervorgeht, liegt der Schwerverkehrsanteil im Bereich von Verkehrsspitzen unter dem (nach der Verkehrsstärke gewichteten) Mittelwert. Trotz der vergleichsweise geringen Streuung des Schwerverkehrsanteils bei hohen Verkehrsstärken weichen die Anteile in den Intervallen vor einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses erheblich voneinander ab.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000q [Kfz/h]

b SV

[-]

zensierte IntervalleIntervalle vor einem Zusammenbruch

mittlerer Schwerverkehrsanteil

Bild 3-28: Zusammenhang zwischen Verkehrsstärke q und Schwerverkehrsanteil bSV am Beispiel des Querschnitts A5/68AN (5-Minuten-Intervalle)

Zur Erfassung des systematischen Einflusses der Variabilität des Schwerverkehrsan-teils wurde ein neuartiger Ansatz entwickelt, bei dem anstelle von Kfz-Verkehrsstärken die Verkehrsstärke in Pkw-Einheiten als Lebensdauervariable in die stochastische Kapazitätsanalyse eingeht. Es gilt der Zusammenhang:

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65

q = qPkw + fSV · qSV (3-1)

mit q = Gesamtverkehrsstärke [Pkw-E/h] qPkw = Pkw-Verkehrsstärke [Pkw/h] qSV = Stärke des Schwerverkehrs [Lkw/h] fSV = Gleichwert zur Umrechnung der Schwerverkehrsstärke in Pkw-Einheiten [-]

Der Gleichwert fSV zur Umrechnung der Schwerverkehrsstärke in Pkw-Einheiten stellt eine zusätzliche Optimierungsvariable bei der Ermittlung der Parameter der Verteilungs-funktion der Kapazität dar.

Bei der stochastischen Kapazitätsanalyse auf der Grundlage von Kfz-Verkehrsstärken wird der aus der Variabilität des Schwerverkehrsanteils resultierende systematische Einfluss als ein Teil der zufälligen Schwankung der Kapazität erfasst. Wird dagegen der systematische Charakter der Beeinflussung der Kapazität durch den Schwerverkehrs-anteil anhand der Umrechnung der Verkehrsstärken in Pkw-Einheiten berücksichtigt, ergibt sich eine geringere Streuung der Kapazität. Ziel ist es, den Gleichwert fSV so zu optimieren, dass die Streuung der Verteilungsfunktion der Kapazität minimal wird. Als Maß für die Streuung wird dabei der Variationskoeffizient CV, d.h. der Quotient aus der Standardabweichung und dem Erwartungswert der Verteilungsfunktion, verwendet. Die Standardabweichung eignet sich nicht als Zielgröße der Optimierung, da mit zuneh-mendem Gleichwert die Verkehrsstärke in Pkw-Einheiten und damit – bei konstantem Schwerverkehrsanteil in allen Intervallen – auch die (absolute) Standardabweichung der empirisch ermittelten Verteilungsfunktion der Kapazität zunimmt.

0,055

0,060

0,065

0,070

0,075

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0fSV [-]

CV [-

]

A5/68AN

A3/120GN

fSV,opt = 2,8

fSV,opt = 2,6

Bild 3-29: Zusammenhang zwischen dem Variationskoeffizienten CV der Verteilungsfunktion der Kapazität (in 5-Minuten-Intervallen) und dem Gleichwert fSV am Beispiel der Querschnitte A5/68AN und A3/120GN

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66

Die Minimierung des Variationskoeffizienten der Verteilungsfunktion der Kapazität er-folgte numerisch durch Variation des Gleichwerts fSV in Zehntelschritten zwischen 0 und 4. Für jeden Wert von fSV wurde die empirische Verteilungsfunktion der Kapazität durch Maximierung der Likelihood-Funktion (Gleichung (2-16)) geschätzt. Den ermittelten empirischen Zusammenhang zwischen dem Gleichwert fSV und dem Variations-koeffizienten CV zeigt Bild 3-29 am Beispiel der Querschnitte A3/120GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd) und A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad). Die Funktion verläuft im Bereich ihres Minimums sehr flach, so dass sich Unterschiede des Gleichwerts fSV nur geringfügig auf den Variationskoeffizienten CV auswirken.

Für die Analyse des Einflusses der Variabilität des Schwerverkehrsanteils auf die Verteilungsfunktion der Kapazität wurden vier Querschnitte ausgewählt, für die in Kapitel 3.5.2 aussagekräftige Verteilungsfunktionen auf der Grundlage einer aus-reichend hohen Anzahl an Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses ermittelt werden konnten. Die Auswertung erfolgte ohne Einbeziehung eines Kontrollquerschnitts. In Tab. 3-10 sind die anhand der Minimierung des Variationskoeffizienten CV ermittelten Gleichwerte fSV, opt sowie die Parameter der entsprechenden Verteilungsfunktion der Kapazität in Pkw-Einheiten angegeben.

Querschnitt mittl. SV-Anteil

vgrenz [km/h]

Zusammen-brüche

fSV, opt

[-] a [-]

b [Pkw-E/h]

σ [Pkw-E/h]

E(C) [Pkw-E/h]

min CV [-]

A3/120GN 14,3 % 75 39 2,6 20,91 11.405 660 11.115 0,0594 A3/121GN 13,5 % 75 39 3,1 23,98 11.662 592 11.400 0,0520 A5/68AN 11,8 % 80 19 2,8 20,14 10.363 621 10.090 0,0615 A5/83N 14,9 % 80 77 1,9 16,53 9.591 851 10.157 0,0838

Tab. 3-10: Ergebnisse der Minimierung des Variationskoeffizienten CV der Verteilungsfunktion der Kapazi-tät: Gleichwert fSV, opt sowie Parameter der Verteilungsfunktion in Pkw-Einheiten (Streckenpara-meter siehe Tab. 3-3)

Die ermittelten Gleichwerte liegen zwischen 1,9 und 3,1. Der Einfluss eines Lkw auf den Auslastungsgrad einer vierstreifigen Richtungsfahrbahn entspricht demnach etwa 2 bis 3 Pkw-Einheiten. An den untersuchten Querschnitten werden in den – für die Kapa-zitätsanalyse maßgebenden – hoch belasteten Intervallen Schwerverkehrsanteile von etwa 5 bis 15 % erreicht. Inwieweit die ermittelten Gleichwerte auf geringere oder höhere Schwerverkehrsanteile übertragbar sind, kann auf der Grundlage der verfüg-baren Daten nicht beurteilt werden.

Der minimale Variationskoeffizient min CV der Verteilungsfunktion der Kapazität in Pkw-Einheiten ist im Vergleich zum Variationskoeffizient der Verteilungsfunktion in Kfz-Ver-kehrsstärken (d.h. für fSV = 1, vgl. Tab. 3-7) um 3 bis 14 % kleiner. Demnach ist bei einer Analyse von Kfz-Verkehrsstärken nur ein sehr geringer Anteil der Streuung der Verteilungsfunktion der Kapazität auf den systematischen Einfluss der Variabilität des Schwerverkehrsanteils zurückzuführen. Die Ermittlung von Verteilungsfunktionen der Kapazität auf der Grundlage von Kfz-Verkehrsstärken ist daher für die meisten An-wendungen als ausreichend genau anzusehen.

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67

3.5.6 Umrechnung in Stunden-Intervalle

Die Ermittlung von Verteilungsfunktionen der Kapazität basiert auf der Auswertung von Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses. Da solche Zusammenbrüche in der Regel sehr plötzlich eintreten, sind für die empirische Analyse nur kleine Intervalldauern ge-eignet. Bei großen Intervalldauern von z.B. einer Stunde wäre der kausale Zusammen-hang zwischen einem Zusammenbruch und der Verkehrsstärke im vorangegangenen Intervall nicht mehr gegeben. Eine Transformation der in 5-Minuten-Intervallen ermittel-ten Verteilungsfunktionen der Kapazität in Stunden-Intervalle ist jedoch anhand der in Kapitel 2.3.3 dargestellten theoretischen Ansätze möglich.

Für die Umrechnung von Verteilungsfunktionen der Kapazität von 5-Minuten-Intervallen in Stunden-Intervalle stellt der vereinfachte Ansatz nach Gleichung (2-21) wegen der zugrunde liegenden Annahme konstanter Verkehrsstärken innerhalb eines Stunden-Intervalls nur eine Näherung dar. Daher wurde stattdessen eine numerische Transfor-mation der Kapazitätsverteilung mit dem allgemeinen Ansatz nach Gleichung (2-20) durchgeführt.

Die Streuung der Verkehrsstärke innerhalb einer Stunde zeigt Bild 3-30 am Beispiel des Querschnitts A3/121GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd). Dargestellt ist die Standardabweichung der Verkehrsstärken in den 5-Minuten-Intervallen einer Stunde in Abhängigkeit von der mittleren Verkehrsstärke im Stunden-Intervall. Zu berücksichtigen ist, dass die Standardabweichung nicht nur zufällige Schwankungen, sondern auch systematische Schwankungen aus dem Einfluss der Tagesganglinie der Verkehrsnach-frage repräsentiert. So ergeben sich die z.T. sehr hohen Standardabweichungen im Bereich mittlerer Verkehrsstärken aus dem starken Anstieg der Verkehrsnachfrage in den Stunden vor Erreichen der Morgenspitze.

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000q [Kfz/h]

s [K

fz/h

]

Bild 3-30: Zusammenhang zwischen der Verkehrsstärke in gleitenden Stunden-Intervallen und der Standardabweichung der Verkehrsstärken in den 5-Minuten-Intervallen innerhalb der Stunde am Beispiel des Querschnitts A3/121GN

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68

Maßgebend für die Transformation von Verteilungsfunktionen der Kapazität ist die Stan-dardabweichung der Verkehrsstärken in Spitzenstunden. Die Analyse der Streuung der 5-Minuten-Verkehrsstärken innerhalb von Stunden-Intervallen für die Querschnitte A5/2AXN, A5/68AN, A5/68S und A3/121GN ergab für die höchstbelasteten Stunden (oberstes Perzentil der Verkehrsstärken in gleitenden Stunden-Intervallen) eine mittlere Standardabweichung von etwa 500 Kfz/h.

Unter Verwendung von Gleichung (2-20) wurden die charakteristischen Verteilungs-funktionen der Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen (vgl. Bild 3-25) in Stunden-Intervalle transformiert. Dazu wurden die Funktionswerte der Kapazitätsverteilung in Stunden-Intervallen für Verkehrsstärken zwischen q60 = 5.000 Kfz/h und 11.000 Kfz/h in Schritten von 10 Kfz/h nach Gleichung (2-20) berechnet. An die auf diese Weise ermit-telten Funktionswerte wurde anschließend eine Weibull-Verteilung durch Minimierung der Fehlerquadrate angepasst. Zur Erfassung der Variabilität der Verkehrsstärken innerhalb einer Stunde wurde eine Normalverteilung mit einer Standardabweichung von 500 Kfz/h (siehe oben) angenommen. Für die Verkehrsstärken in den 5-Minuten-Inter-vallen einer Stunde wurden jeweils Werte nach folgender Gleichung angesetzt:

q5,i = z(2 · i – 1) / 24 (3-2)

mit q5,i = Verkehrsstärke im 5-Minuten-Intervall i (mit i = 1...12) [Kfz/h] zp = p-Quantil der N(q60, 500)-Verteilung [Kfz/h] q60 = mittlere Verkehrsstärke im Stunden-Intervall [Kfz/h]

Die Art der Verteilung der Verkehrsstärken hat allerdings nur einen geringen Einfluss auf die transformierte Verteilungsfunktion. So ergab die Transformation für gleichver-teilte und normalverteilte Verkehrsstärken bei gleicher Standardabweichung nahezu identische Ergebnisse.

Die Transformation der charakteristischen Verteilungsfunktionen der Kapazität vier-streifiger Richtungsfahrbahnen von 5-Minuten-Intervallen in Stunden-Intervalle zeigt Bild 3-31. Für die Verteilung in Stunden-Intervallen wurden folgende Parameter ermittelt (ge-rundete Werte):

• Strecke innerhalb von Ballungsräumen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung: a = 17, b = 7.900 Kfz/h

• Strecke mit Verkehrsbeeinflussungsanlage: a = 19, b = 8.350 Kfz/h

Das Verhältnis der mittleren Kapazität in Stunden-Intervallen zur Kapazität in 5-Minuten-Intervallen beträgt etwa 0,85. Die Reduktion der Kapazität beim Übergang von 5-Minuten- in Stunden-Intervalle ist damit etwas geringer als der von Keller, Sachse (1992) und Ponzlet (1996) für deterministische Kapazitäten ermittelte Wert.

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69

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

mit Verkehrsbeeinflussungsanlage,5-Minuten-Intervallemit Verkehrsbeeinflussungsanlage,Stunden-Intervalleim Ballungsraum, ohne Tempolimit,5-Minuten-Intervalleim Ballungsraum, ohne Tempolimit,Stunden-Intervalle

Bild 3-31: Transformation der charakteristischen Verteilungsfunktionen der Kapazität vierstreifiger Rich-tungsfahrbahnen von 5-Minuten-Intervallen in Stunden-Intervalle

3.5.7 Zusammenhang zwischen deterministischen und stochastischen

Kapazitäten

Für die Anwendung von Verteilungsfunktionen der Kapazität in der verkehrstechnischen Bemessungspraxis ist der Zusammenhang zwischen konventionellen (konstanten) Kapazitätswerten und charakteristischen Werten der Kapazitätsverteilung von beson-derem Interesse. Als charakteristischer Wert der Verteilungsfunktion könnte z.B. der Median oder der Erwartungswert verwendet werden. Bei einer Verteilungsfunktion der Kapazität in 5-Minuten-Intervallen repräsentieren diese Kenngrößen allerdings eine so hohe Überlastungswahrscheinlichkeit, dass bei entsprechend hoher Verkehrsnachfrage ein Zusammenbruch des Verkehrsflusses innerhalb weniger Intervalle mit hoher Wahr-scheinlichkeit eintritt. Für den Vergleich mit Bemessungswerten sind daher kleinere Quantile (z.B. das erste oder fünfte Perzentil) besser geeignet.

Für die Querschnitte A5/2AXN, A5/68AN, A5/68S und A3/121GN wurden verschiedene Quantile der Verteilungsfunktion der Kapazität hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit dem konventionellen Kapazitätswert in Stunden-Intervallen (vgl. Kapitel 3.4) analysiert. Dabei wurden sowohl die empirisch ermittelten Verteilungsfunktionen der Kapazität in 5-Minuten-Intervallen als auch die in Stunden-Intervalle transformierten Verteilungen der jeweiligen Querschnitte zugrunde gelegt. Als Beurteilungsgröße wurde die Wurzel aus der mittleren quadratischen Abweichung zwischen den konventionellen Kapazitäts-werten und den entsprechenden Quantilen der Verteilungsfunktion verwendet. Für die Kapazitätsverteilung in 5-Minuten-Intervallen ergab sich die beste Übereinstimmung für p = 0,012, d.h. ungefähr für das erste Perzentil. Für die Verteilungsfunktion in Stunden-Intervallen wurde die beste Übereinstimmung für p = 0,200, d.h. für das 20. Perzentil, ermittelt. Dies bedeutet: Bei einer Verkehrsnachfrage in Höhe der mit dem Verkehrs-

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flussmodell von van Aerde (1995) ermittelten Kapazität in Stunden-Intervallen beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Verkehrszusammenbruchs in einem 5-Minuten-Intervall etwa 1 %. Bei einer Betrachtung von Stunden-Intervallen ist die Kapazität im konven-tionellen Sinne verknüpft mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 %, dass innerhalb einer Stunde der Verkehr zusammenbricht.

Bild 3-32 zeigt für die vier Analysequerschnitte die Gegenüberstellung der Kapazitäts-werte nach van Aerde (1995) mit dem ersten Perzentil der Verteilungsfunktion der Kapazität in 5-Minuten-Intervallen und dem 20. Perzentil der Verteilungsfunktion in Stunden-Intervallen.

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000

Kapazität im q-v-Diagramm [Kfz/h]

Qua

ntil

der K

apaz

itäts

verte

ilung

[Kfz

/h]

1%-Quantil der Verteilungin 5-Minuten-Intervallen

20%-Quantil der Verteilungin Stunden-Intervallen A5/2AXN

A5/68AN

A3/121GNA5/68S

Bild 3-32: Gegenüberstellung von Perzentilwerten der Verteilungsfunktion der Kapazität in 5-Minuten- und Stunden-Intervallen mit der Kapazität nach van Aerde (1995) in Stunden-Intervallen

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71

4 Mikroskopische Analyse des Verkehrsablaufs

4.1 Messkonzept Im Gegensatz zur Analyse der Daten von Dauerzählstellen ermöglichen empirische Erhebungen mittels Videotechnik mikroskopische Betrachtungen des Fahrverhaltens einzelner Verkehrsteilnehmer. Dem steht der hohe Aufwand gegenüber, der mit der Durchführung und Auswertung von Videomessungen verbunden ist. Der erreichbare Stichprobenumfang von Videoerhebungen ist daher begrenzt.

Mit den im Rahmen der Untersuchung durchgeführten Messungen sollten in erster Linie die folgenden Aspekte untersucht werden:

• Geschwindigkeitsverhalten auf freier Strecke

• Abstandsverhalten auf freier Strecke

• Fahrstreifenwechselverhalten und Fahrstreifenaufteilung auf freier Strecke

• Fahrstreifenwechselverhalten von ein- und ausfahrenden Fahrzeugen im Bereich von Anschlussstellen und Autobahnknotenpunkten

Für die Auswahl des optimalen Standorts zur Durchführung der Messungen waren fol-gende Kriterien zu erfüllen:

• Typische geometrische und verkehrliche Randbedingungen (d.h. möglichst keine Steigungen oder andere Sondereinflüsse)

• Begehbarkeit des Messstandorts

• Übersichtlichkeit hinsichtlich der Erfassung des Verkehrsablaufs durch Video-kameras

• Vermeidung von Störungen des Verkehrsablaufs auf der Untersuchungsstrecke sowie im nachgeordneten Netz

Dazu ergaben sich spezifische Anforderungen für die einzelnen Messungen in Abhän-gigkeit vom jeweiligen Untersuchungsaspekt.

4.2 Freie Strecke 4.2.1 Durchführung der Messung

Für die Durchführung der Videomessung zur Analyse des Verkehrsablaufs auf der freien Strecke kam nur der Abschnitt der Autobahn A 5 zwischen Anschlussstelle Zeppelinheim und Autobahndreieck Darmstadt in Betracht, da alle anderen derzeit bestehenden Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Deutsch-land von einer dichten Folge von Anschlussstellen und Knotenpunkten gekennzeichnet sind. Als Standort für die Verkehrsmessung wurde eine Brücke bei Streckenkilometer 514,0 östlich der Ortschaft Gräfenhausen ausgewählt. Der Standort ist jeweils rund 2 km von der Tank- und Rastanlage Gräfenhausen im Norden und der Anschlussstelle

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72

Weiterstadt im Süden entfernt. Von der Brücke aus besteht in Richtung Süden eine un-eingeschränkte Sicht auf einen etwa 600 m langen, geraden und ebenen Fahrbahnab-schnitt (vgl. Bild 4-1). Da die Brücke nur für land- und forstwirtschaftlichen Verkehr frei-gegeben ist, konnte eine Beeinträchtigung des nachgeordneten Verkehrs vermieden werden.

Die Messung wurde am Donnerstag, dem 17. September 2004, zwischen 7:20 Uhr und 10:30 Uhr durchgeführt. Im Mittelpunkt stand die Erfassung des Verkehrsablaufs auf der Fahrbahn in Fahrtrichtung Nord. Diese Fahrtrichtung ist während der Morgenspitze wegen des hohen Anteils von Berufspendlern mit dem Fahrtziel Frankfurt deutlich stärker belastet als die Gegenrichtung.

Bild 4-1: Blick vom Kamerastandpunkt aus in Richtung Süden auf die Fahr-bahn der Autobahn A 5

Bild 4-2: Anordnung der Kameras

Page 73: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

73

Insgesamt kamen bei der Messung sechs Kameras zum Einsatz, die auf Stativen hinter dem Brückengeländer montiert wurden (vgl. Bild 4-2). Mit jeweils einer Kamera wurde der Verkehrsablauf auf den vier Fahrstreifen in Fahrtrichtung Nord aufgezeichnet. Das Kamerabild wurde dabei steil auf einen kurzen Fahrbahnabschnitt unmittelbar vor der Brücke gerichtet. Die Zeiterfassung erfolgte durch Timecode-Geräte mit einer Genauig-keit von 1/25 Sekunde. Diese Aufzeichnungen dienten vorrangig zur Erfassung der Ab-stände und Geschwindigkeiten der Einzelfahrzeuge. Für die quasi-lokale Geschwindig-keitsmessung wurde eine 24,90 m lange Strecke eingemessen, die durch Fugen der Betonfahrbahn begrenzt wurde. Mit zwei weiteren Kameras wurde in beiden Fahrtrich-tungen der Verkehrsablauf auf dem Streckenabschnitt südlich des Kamerastandorts er-fasst. Diese Videoaufzeichnungen dienten der Analyse des Fahrstreifenwechselverhal-tens. Durch die Einbeziehung der im Messzeitraum schwächer belasteten Fahrtrichtung Süd sollte eine möglichst große Bandbreite auftretender Verkehrsstärken erfasst werden.

Die Auswertung der Videomessung in Fahrtrichtung Nord erfolgte für den Zeitraum von 7:20 bis 10:20 Uhr. Es wurden die Ankunftszeiten sämtlicher Fahrzeuge am Beginn und Ende der Messstrecke sowie die Fahrzeugtypen manuell erfasst. Aus der Differenz der Ankunftszeiten an den beiden Messpunkten wurden die quasi-lokalen Geschwindig-keiten der Einzelfahrzeuge berechnet. Des Weiteren wurden anhand der Ankunftszeiten am ersten Messpunkt auch die Verkehrsstärken, die Bruttozeitlücken zwischen den Fahrzeugen sowie die Fahrstreifenaufteilung ermittelt.

Hinsichtlich der Fahrzeugarten wurde zwischen Personenkraftwagen (Pkw), Kraft-rädern, Bussen sowie Lastkraftwagen (Lkw) und Lastzügen (Lz) unterschieden. Für die weitere Auswertung wurden Krafträder der Gruppe der Pkw sowie Lastzüge und Busse der Gruppe der Lkw zugeordnet.

Die Auswertung der Fahrstreifenwechsel erfolgte für die Fahrtrichtung Nord für den Zeit-raum von 7:20 bis 10:20 Uhr, in der Gegenrichtung von 7:30 bis 10:30 Uhr. Bei der Auswertung wurden der Zeitpunkt des Wechselvorgangs, die Fahrzeugart sowie der Ausgangs- und Zielfahrstreifen erfasst. Die Länge des betrachteten Streckenabschnitts beträgt in beiden Fahrtrichtungen etwa 560 m.

4.2.2 Verkehrsstärken, Geschwindigkeiten und Fahrstreifenaufteilung

Zur Einschätzung der verkehrlichen Rahmenbedingungen während der Messung und zur Überprüfung der in Kapitel 3 gewonnenen Erkenntnisse wurden ausgewählte makroskopische Parameter des Verkehrsablaufs ausgewertet. Bild 4-3 zeigt für beide Fahrtrichtungen die Ganglinien der Kfz-Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils in 5-Minuten-Intervallen während des Messzeitraums von 7:20 bis 10:30 Uhr. Erkennbar ist, dass in Fahrtrichtung Nord eine relativ große Bandbreite an Verkehrsstärken mit einem Maximalwert von 7.800 Kfz/h erfasst wurde. Die größten Verkehrsstärken traten im Zeitraum zwischen 7:30 und 8:30 Uhr auf, ab etwa 9:00 Uhr ging die Verkehrs-belastung deutlich zurück. Die Aggregierung der 5-Minuten-Werte zu gleitenden Stun-

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74

denwerten ergibt Verkehrsstärken zwischen 4.227 und 6.884 Kfz/h. Der Schwerver-kehrsanteil betrug in der Spitzenstunde etwa 5 bis 8 % und nahm anschließend im Zuge der schwächer werdenden Gesamtbelastung auf bis zu 16 % zu. In der Gegenrichtung wurden während des gesamten Messzeitraums relativ konstante Verkehrsstärken im Bereich von etwa 3.000 bis 4.000 Kfz/h beobachtet. Der Schwerverkehrsanteil schwankte zwischen etwa 10 und 15 %.

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

q [K

fz/h

]

Fahrtrichtung NordFahrtrichtung Süd

0%

5%

10%

15%

20%

07:2

0

07:3

0

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Uhrzeit

b SV [-

]

Bild 4-3: Ganglinien der Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils (5-Minuten-Intervalle)

Die Geschwindigkeiten der Einzelfahrzeuge wurden ausschließlich in Fahrtrichtung Nord erfasst. Bild 4-4 zeigt das q-v-Diagramm für diese Fahrbahn. Dargestellt sind sowohl 1-Minuten- als auch 5-Minuten-Intervalle. Während des gesamten Messzeit-raums wurden ausschließlich Verkehrszustände im oberen Ast des q-v-Diagramms be-obachtet. Auffällig ist, dass bei sehr hohen Verkehrsstärken im Bereich von etwa 8.000 Kfz/h noch mittlere Pkw-Geschwindigkeiten von etwa 120 km/h erreicht werden. Diese hohen Geschwindigkeiten sowie die Homogenität der beobachteten Verkehrszu-stände im Bereich hoher Verkehrsstärken deuten darauf hin, dass die Kapazität der Fahrbahn noch deutlich über den größten beobachteten Verkehrsstärken liegt.

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20

40

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100

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

1-Minuten-Intervalle5-Minuten-IntervalleWarteschlangenmodell

Bild 4-4: q-v-Diagramm der Gesamtfahrbahn in Fahrtrichtung Nord

Die Anpassung des Warteschlangenmodells nach Brilon, Ponzlet (1995) an die Mess-werte in 5-Minuten-Intervallen ergab den in Bild 4-4 dargestellten Funktionsverlauf. Im Vergleich zu den Daten der etwa 7 km nördlich gelegenen Dauerzählstelle A5/2AXN (vgl. Bild 3-9) ist das Geschwindigkeitsniveau der q-v-Beziehung deutlich höher. Neben den aus der Lage der beiden Querschnitte resultierenden Abweichungen ist dies auch auf die optimalen Witterungsbedingungen und Lichtverhältnisse während der Messung zurückzuführen.

In Bild 4-5 und Bild 4-6 sind die q-v-Wertepaare der einzelnen Fahrstreifen dargestellt. Erwartungsgemäß ist das Geschwindigkeitsniveau auf den beiden linken Fahrstreifen deutlich höher als auf den beiden rechten Fahrstreifen. Es zeigt sich, dass die Spannweite der Verkehrsstärken wie auch der beobachtete Maximalwert der Verkehrs-stärke vom rechten zum linken Fahrstreifen hin deutlich zunimmt. Der rechte Fahr-streifen erreicht Kfz-Verkehrsstärken von bis zu 1.080 Kfz/h in 1-Minuten-Intervallen, während auf dem linken Fahrstreifen bis zu 3.960 Kfz/h (d.h. 66 Fahrzeuge) in einem 1-Minuten-Intervall beobachtet wurden. In 5-Minuten-Intervallen wurden bis zu 888 Kfz/h auf dem rechten und bis zu 3.072 Kfz/h auf dem linken Fahrstreifen gemessen.

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0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-5: q-v-Beziehungen der einzelnen Fahrstreifen in Fahrtrichtung Nord (1-Minuten-Intervalle)

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0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-6: q-v- Beziehungen der einzelnen Fahrstreifen in Fahrtrichtung Nord (5-Minuten-Intervalle)

Bild 4-7 zeigt für die Fahrtrichtung Nord die Anteile der Verkehrsstärken der einzelnen Fahrstreifen an der Gesamtverkehrsstärke in 5-Minuten-Intervallen. Die ermittelten Zusammenhänge bestätigen prinzipiell die in Kapitel 3.3 gewonnenen Erkenntnisse. Bei hohen Verkehrsstärken ergeben sich Anteile von etwa 10, 22, 30 und 38 % auf dem ersten, zweiten, dritten und vierten Fahrstreifen. Bei mittleren Gesamtverkehrsstärken im Bereich von 4.000 Kfz/h ist dagegen der dritte Fahrstreifen am stärksten belastet.

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-7: Fahrstreifenaufteilung der Fahrbahn in Fahrtrichtung Nord (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

q i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-8: Verkehrsstärken der einzelnen Fahrstreifen in Fahrtrichtung Nord (5-Minuten-Intervalle)

In Bild 4-8 sind Absolutwerte der Verkehrsstärke anstelle von Anteilswerten dargestellt. Hier ergeben sich im beobachteten Verkehrsstärkebereich nahezu lineare Zusammen-hänge zwischen den jeweiligen fahrstreifenbezogenen Verkehrsstärken und der Ge-samtverkehrsstärke. Die Zunahme der Verkehrsstärke bei steigender Gesamtbelastung ist auf dem linken Fahrstreifen am stärksten ausgeprägt, wohingegen sich die Verkehrs-stärke des rechten Fahrstreifens nur geringfügig erhöht.

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78

4.2.3 Zeitlückenverteilung

Die Auswertung der Fahrzeugabstände für die Fahrbahn der A 5 in Fahrtrichtung Nord für den gesamten Messzeitraum ergab die in Bild 4-9 dargestellten Zeitlückenverteilun-gen. Die Verteilungen repräsentieren die mittleren Verkehrsverhältnisse während der Messung ohne eine Differenzierung nach der Verkehrsstärke. Betrachtet werden die Bruttozeitlücken zwischen Fahrzeugen, die auf demselben Fahrstreifen hintereinander fahren. Auffallend ist der mit über 60 % bei den Pkw und etwa 20 % bei den Lkw sehr hohe Anteil von Bruttozeitlücken unter 2 Sekunden. Bei den Pkw liegt die Zeitlücke in 27 % der beobachteten Fälle sogar unter 1 Sekunde. Sehr geringe Abstände waren insbesondere auf dem linken Fahrstreifen zu beobachten. In etwa 40 % der Fälle betrug hier die Bruttozeitlücke unter 1 Sekunde, nur rund 23 % der gemessenen Zeitlücken waren größer als 2 Sekunden.

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0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15t [s]

F(t)

[-]

PkwLkwalle Kfz

Bild 4-9: Empirische Zeitlückenverteilungen für den gesamten Messzeitraum

Zu beachten ist, dass der Unterschied zwischen den in Bild 4-9 dargestellten Zeit-lückenverteilungen der Pkw und der Lkw nicht aus unterschiedlichen Verhaltensweisen, sondern fast ausschließlich aus der unterdurchschnittlichen Verkehrsstärke auf den von Lkw befahrenen Fahrstreifen resultiert. So ergeben sich auf dem rechten Fahrstreifen nahezu deckungsgleiche Zeitlückenverteilungen für Pkw und Lkw. Dies gilt auch bei einer Unterscheidung von Fahrzeugfolgevorgängen (Pkw - Pkw, Pkw - Lkw, Lkw - Pkw und Lkw - Lkw).

Bei der Modellierung der Zeitlückenverteilung ist der dominierende Einfluss der Ver-kehrsstärke auf dem betrachteten Fahrstreifen zu berücksichtigen. Als Ausgangsgröße für die Modellanpassung dienten daher Wertepaare aus Zeitlücken und der fahrstreifen-bezogenen Verkehrsstärke in dem 5-Minuten-Intervall, in dem die jeweilige Zeitlücke beobachtet wurde. Verschiedene Modellfunktionen (vgl. Kapitel 2.2.1) wurden auf ihre Eignung zur Modellierung der Zeitlückenverteilung auf vierstreifigen Richtungsfahrbah-

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nen getestet. Mit dem einfachen Ansatz der verschobenen Exponentialverteilung konnte dabei eine sehr gute Anpassung an die empirischen Daten erreicht werden.

Die verschobene Exponentialverteilung (Gleichung (2-7)) weist neben der Fahrstreifen-Verkehrsstärke qFstr als einzigen Parameter die – von qFstr abhängige – Mindestzeit-lücke Δ auf. Für Zeitlücken t < Δ nimmt die Dichtefunktion der verschobenen Exponen-tialverteilung den Wert 0 an. Dies bedeutet, dass bei einer Anpassung der Verteilungs-funktion an die empirischen t-qFstr-Wertepaare mit einer Maximum-Likelihood-Schätzung die Mindestzeitlücke Δ höchstens den Wert der kleinsten gemessenen Zeitlücke an-nimmt. Wegen des stetigen Verlaufs der empirischen Verteilungsfunktion im Bereich sehr kleiner Zeitlücken (vgl. Bild 4-9) führt dies zu einer ungenauen Modellanpassung. Für die Kalibrierung des Parameters Δ wurde daher ein indirekter Weg gewählt, indem der Anteil α der Zeitlücken t > 1 s als Optimierungsvariable verwendet wurde. Dieser Ansatz entspricht der Vorgehensweise bei der Kalibrierung des Parameters α einer M3-Verteilung (vgl. Kapitel 2.2.1).

Die gemessenen Zeitlücken wurden zunächst in Klassen gleicher Verkehrsstärke ein-geteilt. Für jede Klasse wurde der Anteil der Zeitlücken t > 1 s bestimmt. Für die Mo-dellierung der α(qFstr)-Beziehung wurde der folgende Ansatz verwendet:

α(qFstr) = θ≥θ<

⎩⎨⎧

θ−⋅−Fstr

Fstr)q(k qfür

qfüre1

Fstr (4-1)

mit α = Anteil der Fahrzeuge mit einer Zeitlücke t > Δ [-] qFstr = fahrstreifenbezogene Verkehrsstärke [Kfz/s] k, θ = Modellparameter

Im Gegensatz zu der von Jacobs (1979) vorgeschlagenen Näherung α = e−k · q berück-sichtigt dieser durch den Parameter θ erweiterte Ansatz, dass für t = 1 s auch bei Verkehrsstärken bis etwa 800 Kfz/h noch Anteilswerte α von 1 erreicht werden (vgl. Bild 4-10). Mit der Methode der kleinsten Fehlerquadrate wurden für das α(qFstr)-Modell die Parameter k = 1,08 und θ = 0,1783 bestimmt. Eine ähnlich gute Anpassung an die empirischen Daten ergibt sich, wenn der Parameter k = 1 gesetzt wird. Für dieses vereinfachte Modell wurde der Parameter θ zu 0,1598 ermittelt.

Bild 4-10 zeigt die Anpassung der Modellfunktion α(qFstr) an die empirischen Daten. Im Vergleich der Werte der einzelnen Fahrstreifen fällt auf, dass der Anteil der Zeitlücken t > 1 s auf dem linken Fahrstreifen bei mittleren Verkehrsstärken um etwa 10 bis 20 % geringer ist als auf den anderen drei Fahrstreifen. Bei hohen Verkehrsstärken werden die Anteilswerte des linken Fahrstreifens aber gut durch die Modellfunktion repräsen-tiert. Daher wird auf eine separate Modellanpassung für den linken Fahrstreifen ver-zichtet.

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1,0

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500

qFstr [Kfz/h]

Ante

il de

r Zei

tlück

en t

> 1

s

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4Modellfunktion

Bild 4-10: Anteil α der Fahrzeuge mit einer Zeitlücke t > 1 s in Abhängigkeit von der Fahrstreifen-Verkehrs-stärke qFstr

Mit dem Zusammenhang α = 1 − F(t = 1 s) ergibt sich für den Parameter Δ in Gleichung (2-7) die folgende Bestimmungsgleichung:

Δ(qFstr) = ⎪⎩

⎪⎨⎧

θ≥−θ+⋅

θθ<

FstrFstrFstr

Fstr

qfür)q1(q

qfür1 (4-2)

mit qFstr = fahrstreifenbezogene Verkehrsstärke [Kfz/s] θ = 0,1598 = Modellparameter

0,0

0,1

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0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

t [s]

F(t)

[-]

Empirische VerteilungModellfunktion

Bild 4-11: Empirische Zeitlückenverteilung für Fahrstreifen-Verkehrsstärken zwischen 1.400 und 1.600 Kfz/h im Vergleich zu der angepassten Modellfunktion für qFstr = 1.500 Kfz/h

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Für qFstr = 1.500 Kfz/h ist in Bild 4-11 die kalibrierte Modellfunktion dargestellt. Im Vergleich zu der empirischen Verteilung der bei Fahrstreifen-Verkehrsstärken zwischen 1.400 und 1.600 Kfz/h gemessenen Zeitlücken ergibt sich eine nahezu exakte Überein-stimmung.

Die M3-Verteilung nach Cowan (1975) basiert auf der Annahme einer konstanten Mindestzeitlücke zwischen den in Kolonnen fahrenden Fahrzeugen. Mit dem α(qFstr)-Modell nach Gleichung (4-1) kann die M3-Verteilung für eine Mindestzeitlücke Δ = 1 s vollständig beschrieben werden. Im Vergleich zum einfacheren Ansatz der verschobe-nen Exponentialverteilung ergibt die M3-Verteilung jedoch keine bessere Anpassung an die empirischen Daten.

4.2.4 Beurteilung des Abstandsverhaltens

Für die Beurteilung des aus dem Abstandsverhalten der Verkehrsteilnehmer resultieren-den Gefahrenpotenzials wurde der Anteil riskanter Abstände nach Gleichung (2-9) ermittelt. Für die Fahrzeuglänge wurden näherungsweise mittlere Werte von 4,50 m für Pkw und 12,00 m für Lkw verwendet. Als maximale Bremsverzögerung wurden ein-heitlich 8 m/s² für Pkw und 5 m/s² für Lkw angesetzt.

Im Mittel über den gesamten Messzeitraum wurde bei den Pkw ein Anteil riskanter Abstände von 34,4 % festgestellt, bei den Lkw liegt der Anteil bei 10,8 %. Bild 4-12 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Anteil riskanter Abstände und der Verkehrsstärke des Gesamtquerschnitts auf der Basis von 5-Minuten-Intervallen. Für das Abstandsver-halten der Pkw-Fahrer ergibt sich ein eindeutiger linearer Zusammenhang zwischen den beiden Kenngrößen mit einem Bestimmtheitsmaß von 0,922. Bei hohen Verkehrs-stärken sind bis zu 45 % der Pkw-Abstände als riskant einzustufen. Beim Anteil riskanter Abstände der Lkw kann dagegen keine ausgeprägte Abhängigkeit von der Gesamtverkehrsstärke abgeleitet werden. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Häufig-keit riskanter Abstände im Wesentlichen durch die Verkehrsstärke auf dem jeweiligen Fahrstreifen beeinflusst wird. Die Verkehrsstärke auf den beiden rechten Fahrstreifen steigt bei einer Zunahme der Gesamtverkehrsstärke nur geringfügig an (vgl. Bild 4-8). Der höhere Anteil riskanter Abstände mit zunehmender Gesamtverkehrsstärke betrifft in erster Linie die beiden linken Fahrstreifen, die von den Lkw nicht befahren werden.

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R2 = 0,922

R2 = 0,014

0%

10%

20%

30%

40%

50%

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

Ante

il ris

kant

er A

bstä

nde

alle KfzPkwLkwLinear (Pkw)Linear (Lkw)

Bild 4-12: Anteil riskanter Abstände (tRM < 1 Sekunde) in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke (5-Minuten-Intervalle)

4.2.5 Wunschgeschwindigkeiten

Die Wunschgeschwindigkeit vW bezeichnet die Geschwindigkeit, die ein Fahrer auf ebener Strecke wählt, wenn er nicht durch andere Verkehrsteilnehmer beeinflusst wird. Da die Wunschgeschwindigkeit ein wesentliches Merkmal des Fahrverhaltens darstellt, ist diese Größe vor allem für die mikroskopische Verkehrsflusssimulation (siehe Kapitel 5) von Bedeutung.

Zur Beschreibung des Geschwindigkeitsverhaltens der Verkehrsteilnehmer wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit unter Verwendung mathematischer Methoden der Lebensdaueranalyse geschätzt werden können. Dabei werden die gemessenen Geschwindigkeiten der Einzelfahrzeuge in zensierte und unzensierte Beobachtungen unterteilt. Das Prinzip des Verfahrens ist mit dem in Kapitel 2.3.2 beschriebenen Vorgehen für die Ermittlung von Verteilungsfunk-tionen der Kapazität vergleichbar. Für die Ermittlung von Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit wurde ein ähnlicher Ansatz von Hoogendoorn (2005) vorge-schlagen.

Als zensierte Werte werden die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge aufgefasst, bei denen aufgrund eines geringen Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug und der fehlenden Überholmöglichkeit von einer Beeinflussung des Geschwindigkeitsverhaltens auszugehen ist. Die Wunschgeschwindigkeit dieser Fahrer kann nicht direkt festgestellt werden, muss aber größer oder gleich der gemessen Geschwindigkeit sein (vW ≥ v). Bei unbeeinflusst fahrenden Fahrzeugen kann dagegen die gemessene Geschwindigkeit als Wunschgeschwindigkeit angesehen werden (vW = v).

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83

Von einer Beeinflussung des Geschwindigkeitsverhaltens wurde ausgegangen, wenn gleichzeitig die folgenden beiden Kriterien erfüllt waren (vgl. Bild 4-13):

• Die Zeitlücke zum vorausfahrenden Fahrzeug ist kleiner als der Grenzwert tv.

• Die Zeitlücke zu dem auf dem Fahrstreifen links vom betrachteten Fahrzeug (sofern vorhanden) vorausfahrenden oder folgenden Fahrzeug ist kleiner als der Grenzwert tv bzw. th.

Für Pkw wurden als Grenzwerte Zeitlücken von tv = 2 s und th = 4 s angenommen. Für Lkw wurde wegen der im Mittel geringeren Fahrzeuggeschwindigkeiten tv = 3 s ange-setzt, das Kriterium der Überholmöglichkeit wurde für Lkw nicht verwendet.

Bild 4-13: Zeitlücken zur Beurteilung der Beeinflussung der Fahrzeuggeschwindigkeiten

Unter der Annahme normalverteilter Wunschgeschwindigkeiten wurden die Parameter μ und σ der Verteilungsfunktion mit der Maximum-Likelihood-Methode geschätzt. Die Likelihood-Funktion lautet:

L = [ ]∏=

δ−δ −⋅n

1i

1WW

ii )v(F1)v(f (4-3)

mit f(vW) = Dichtefunktion der Wunschgeschwindigkeit [-] F(vW) = Verteilungsfunktion der Wunschgeschwindigkeit [-] n = Gesamtzahl der erfassten Fahrzeuge [-] δi = 1, wenn Fahrzeug i unbeeinflusst fährt δi = 0, wenn Fahrzeug i beeinflusst fährt

Durch Maximierung der logarithmierten Likelihood-Funktion wurde für Pkw eine mittlere Wunschgeschwindigkeit von⎯vW = 160,2 km/h sowie eine Standardabweichung von σ = 30,9 km/h ermittelt, für Lkw ergaben sich die Werte ⎯vW = 91,6 km/h und σ = 7,3 km/h. Die entsprechenden Verteilungsfunktionen zeigt Bild 4-14.

Zum Vergleich wurden auch die Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit für die unbeeinflusst fahrenden Fahrzeuge, d.h. ohne Berücksichtigung der zensierten Werte in Gleichung (4-3), ermittelt. Bild 4-14 verdeutlicht, dass diese Vorgehensweise zu einer erheblichen Unterschätzung der Wunschgeschwindigkeiten führt. Dies betrifft vor allem die Verteilungsfunktion für die Pkw.

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0 50 100 150 200 250vW [km/h]

F(v W

) [-]

alle Pkwalle Lkwunbeeinflusste Pkwunbeeinflusste Lkw

Bild 4-14: Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeiten vW von Pkw und Lkw für alle Fahrzeuge (nach Gleichung (4-3)) sowie für unbeeinflusst fahrende Fahrzeuge (ohne Berücksichtigung zensierter Werte)

Zu beachten ist, dass insbesondere die Wahl des Grenzwerts tv einen erheblichen Einfluss auf die Schätzung der Verteilungsfunktion der Wunschgeschwindigkeit nach Gleichung (4-3) hat. Experimente mit größeren Grenzwerten ergaben insbesondere für die Verteilungsfunktion der Pkw-Wunschgeschwindigkeiten höhere Mittelwerte und Standardabweichungen. Die Einbeziehung der Relativgeschwindigkeit aufeinander folgender Fahrzeuge bei der Beurteilung der Beeinflussung des Geschwindigkeitsver-haltens (nach Brilon, 1975) verändert die Ergebnisse dagegen nur in geringem Maße. Wegen der – unter Berücksichtigung der Differenz zwischen lokal und momentan er-fassten Geschwindigkeiten – sehr guten Übereinstimmung der mittleren (lokalen) Pkw-Wunschgeschwindigkeit von 160,2 km/h und der (momentanen) Pkw-Geschwindigkeit im freien Verkehr von 156,2 km/h, die sich im q-v-Diagramm (Bild 4-4) für q → 0 ergibt, ist die Annahme einer konstanten Zeitlücke von 2 Sekunden als Grenzwert für Pkw als hinreichend genau für die Schätzung der Verteilungsfunktion der Wunschgeschwindig-keit anzusehen.

4.2.6 Fahrstreifenwechselverhalten

Für die Analyse des Fahrstreifenwechselverhaltens wurden insgesamt 3.109 Fahrstrei-fenwechsel auf der Fahrbahn in Fahrtrichtung Nord sowie 2.930 Fahrstreifenwechsel in Fahrtrichtung Süd ausgewertet. In Tab. 4-1 ist für die einzelnen Ausgangs- und Zielfahrstreifen die mittlere Anzahl der Fahrstreifenwechselvorgänge pro km und Stunde für die Fahrtrichtung Nord angegeben. Die entsprechende Matrix für die Fahrtrichtung Süd ist in Tab. 4-2 enthalten. In beiden Fahrtrichtungen ist die Häufigkeit der Wechsel zwischen den Fahrstreifen 2 und 3 sowie 3 und 4 ungefähr doppelt so hoch wie zwischen den Fahrstreifen 1 und 2. Trotz der während des Messzeitraums unterschied-

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lichen Verkehrsstärken ist eine große Übereinstimmung der Ergebnisse der beiden Fahrtrichtungen hinsichtlich der Häufigkeit der Fahrstreifenwechselvorgänge zu er-kennen. Dies legt den Schluss nahe, dass die Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel im Bereich der beobachteten Belastungen nahezu unabhängig von der Verkehrsstärke ist. Bild 4-15 bestätigt diese Vermutung. Hier ist die Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro Kilometer und Stunde in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke auf der Grundlage von 5-Minuten-Intervallen dargestellt. Die Wertepaare beider Fahrtrichtungen wurden gemein-sam in einem Diagramm dargestellt. Die Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro km und Stunde schwankt in einem relativ breiten Bereich zwischen etwa 1.200 und 2.400. Eine eindeutige Abhängigkeit der Häufigkeit der Fahrstreifenwechselvorgänge von der Verkehrsstärke ist jedoch nicht zu erkennen. Dies gilt auch bei einer getrennten Be-trachtung der Pkw und Lkw.

von nach Fstr. 1 Fstr. 2 Fstr. 3 Fstr. 4

Fstr. 1 - 185 - - Fstr. 2 190 - 367 - Fstr. 3 - 391 - 363 Fstr. 4 - - 354 -

Tab. 4-1: Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro km und Stunde in Fahrtrichtung Nord (Mittel-werte über den gesamten Messzeitraum)

von nach Fstr. 1 Fstr. 2 Fstr. 3 Fstr. 4

Fstr. 1 - 184 - - Fstr. 2 189 - 357 - Fstr. 3 - 372 - 311 Fstr. 4 - - 332 -

Tab. 4-2: Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro km und Stunde in Fahrtrichtung Süd (Mittel-werte über den gesamten Messzeitraum)

0

500

1000

1500

2000

2500

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

Fahr

stre

ifenw

echs

el p

ro k

m u

nd S

tund

e

alle KfzPkwLkw

Bild 4-15: Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro km und Stunde in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke (Wertepaare beider Fahrtrichtungen, 5-Minuten-Intervalle)

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn anstelle der absoluten Zahl der Fahrstreifenwechsel pro Zeitintervall die Häufigkeit eines Fahrstreifenwechsels pro Fahrzeug betrachtet wird. Bild 4-16 zeigt, dass insbesondere bei den Pkw die Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro Fahrzeug und km mit zunehmender Gesamtverkehrsstärke deutlich abnimmt. Die Be-

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86

schreibung dieses Zusammenhangs durch eine lineare Regressionsgerade ergibt ein Bestimmtheitsmaß von 0,743. Bei den Lkw ist dagegen nur eine sehr schwache Abhängigkeit der Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro Fahrzeug und km von der Verkehrsstärke erkennbar. Auch die Überprüfung möglicher Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel der Lkw und der Lkw-Verkehrsstärke oder dem Schwerverkehrsanteil ergab keine eindeutige Abhängigkeit.

R2 = 0,743

R2 = 0,053

0,0

0,1

0,2

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

Fahr

stre

ifenw

echs

el p

ro F

ahrz

eug

und

km alle KfzPkwLkwLinear (Pkw)Linear (Lkw)

Bild 4-16: Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro Fahrzeug und km in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke (Wertepaare beider Fahrtrichtungen, 5-Minuten-Intervalle)

4.3 Anschlussstelle 4.3.1 Durchführung der Messungen

Im Mittelpunkt der empirischen Analyse des Verkehrsablaufs an Anschlussstellen im Zuge vierstreifiger Richtungsfahrbahnen stand der Aspekt der Ein- und Ausfahrstrate-gien der Verkehrsteilnehmer. Dazu sollte das Fahrstreifenwechselverhalten der ein- und ausfahrenden Fahrzeuge über eine möglichst lange Strecke hinter einer Einfahrt bzw. vor einer Ausfahrt erfasst werden.

Als Standort für die Videomessung wurde die nördliche Ein- und Ausfahrt der An-schlussstelle Langen/Mörfelden an der Autobahn A 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt ausgewählt. Dieser Anschluss an die B 486 ist als Kleeblatt ausgebaut. Die Geometrie der nördlichen Einfahrt entspricht Typ E1 gemäß RAL-K-2 (1991), die nördliche Ausfahrt entspricht Typ A1. Die Länge des Ein- und Ausfädelungsstreifens beträgt nach RAL-K-2 (1991) jeweils 250 m. Die Anschlussstelle wird in Fahrtrichtung Süd durch eine Ankündigungstafel in 1.000 m Entfernung und einen Vorwegweiser in 500 m Entfernung vom Beginn des Ausfädelungsstreifens angekündigt.

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87

Bild 4-17: Untersuchungsstrecke im Bereich der nördlichen Ein- und Ausfahrt der Anschlussstelle Langen/ Mörfelden

Von einer Brücke nördlich der Anschlussstelle aus konnte der Verkehrsablauf über einen Abschnitt von etwa 1 km Länge beobachtet werden (vgl. Bild 4-17). Die Brücke befindet sich unmittelbar hinter der Ankündigungstafel 1.000 m vor der Ausfahrt in Fahrtrichtung Süd. Für die Beobachtung beider Fahrtrichtungen wurden jeweils zwei Kameras mit unterschiedlichen Zoomeinstellungen eingesetzt. Für eine detailliertere Beobachtung des Verkehrsablaufs im Bereich des Einfädelungsstreifens in Fahrt-richtung Nord wurde zusätzlich eine weitere Kamera auf der Brücke der Bundesstraße B 486 über die A 5 an der Anschlussstelle Langen/Mörfelden in entgegengesetzter Blickrichtung angeordnet. Anhand dieser zusätzlichen Bildperspektive sollte in erster Linie beurteilt werden, inwieweit Fahrzeuge auf dem rechten Fahrstreifen der Haupt-fahrbahn nach links ausweichen, um einfahrenden Fahrzeugen das Einfädeln zu er-möglichen.

Wegen der unterschiedlichen Lage der Tagesspitzenstunde in den beiden wurden die Videomessungen an der Ein- und Ausfahrt der Anschlussstelle Langen/Mörfelden zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt. Die Erfassung des an der Anschlussstelle aus-fahrenden Verkehrs erfolgte am Freitag, dem 29. April 2005, zwischen 15:00 und 16:30 Uhr. Der in der Gegenrichtung einfahrende Verkehr wurde am Donnerstag, dem 19. Mai 2005, zwischen 8:00 und 9:30 Uhr aufgezeichnet.

4.3.2 Ausfahrt

Bei der Auswertung der Videoaufzeichnungen des Verkehrsablaufs in Fahrtrichtung Süd wurden alle an der Anschlussstelle ausfahrenden Fahrzeuge zurückverfolgt. Durch die beiden Kamerabilder konnte eine Strecke von 900 m Länge vor der Ausfahrt erfasst werden. Darüber hinaus wurden die Verkehrsstärken auf der Hauptfahrbahn getrennt

Einfahrt Ausfahrt

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88

für alle vier Fahrstreifen erfasst. Als Bezugspunkt diente der Vorwegweiser 500 m vor der Ausfahrt.

Die Lokalisierung der Fahrstreifenwechsel der ausfahrenden Fahrzeuge erfolgte an-hand des Vorwegweisers sowie der seitlichen Leitpfosten. Maßgebend für die räumliche Zuordnung der Fahrstreifenwechsel war jeweils der Punkt, an dem sich die Fahrzeuge mittig über der Leitlinie befanden. Zu berücksichtigen ist, dass aufgrund der nahezu horizontalen Kameraperspektive und der daraus resultierenden Problematik der Ver-deckung von Fahrzeugen nur eine ungefähre räumliche Zuordnung der Fahrstreifen-wechselvorgänge möglich war. Für den Zweck der vorliegenden Untersuchung ist die erreichbare Genauigkeit jedoch als ausreichend anzusehen.

0

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Uhrzeit

b SV [-

]

Bild 4-18: Ganglinien der Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils vor und in der Ausfahrt (5-Minu-ten-Intervalle)

Insgesamt wurden während der eineinhalbstündigen Messung 1.292 ausfahrende Fahr-zeuge erfasst, darunter 1.236 Pkw und Motorräder sowie 56 Lkw und Busse. Dies ent-spricht einer Verkehrsstärke von 861 Kfz/h und einem Schwerverkehrsanteil von 4,3 % in der Ausfahrt. Die in Bild 4-18 dargestellten Ganglinien der Verkehrsstärke in der Ausfahrt und auf der Hauptfahrbahn vor der Ausfahrt (einschließlich der ausfahrenden Fahrzeuge) zeigen, dass insbesondere die Stärke des ausfahrenden Verkehrs nur eine relativ geringe Schwankungsbreite aufweist. Daher wurden die folgenden Analysen stets für den gesamten Messzeitraum ohne eine Unterscheidung einzelner Intervalle durchgeführt. Die Stärke des Schwerverkehrs auf der Hauptfahrbahn erreichte während der Messung etwa 300 Kfz/h, der Schwerverkehrsanteil war mit durchschnittlich 5 % relativ gering.

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Bild 4-19: Fahrstreifenaufteilung 500 m vor der Ausfahrt (5-Minuten-Intervalle)

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]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-20: Verkehrsstärken der einzelnen Fahrstreifen 500 m vor der Ausfahrt (5-Minuten-Intervalle)

Die in Bild 4-19 dargestellte Fahrstreifenaufteilung auf der Hauptfahrbahn im Bereich des Vorwegweisers 500 m vor der Ausfahrt zeigt, dass die Verkehrsstärkeanteile auf allen vier Fahrstreifen etwa zwischen 20 und 30 % liegen. Damit ergibt sich an diesem Querschnitt eine sehr viel ausgeglichenere Verteilung des Verkehrs auf die einzelnen Fahrstreifen als auf der freien Strecke (vgl. Bild 4-7). Wie aus Bild 4-20 hervorgeht, werden auf dem rechten Fahrstreifen Verkehrsstärken von bis zu 1.600 Kfz/h erreicht. Durch die große Zahl ausfahrender Fahrzeuge ergibt sich damit auf diesem Fahrstreifen eine erhebliche Verkehrsverdichtung. Der Schwerverkehrsanteil auf dem rechten Fahr-streifen beträgt ungefähr 20 % und ist damit deutlich geringer als auf der freien Strecke.

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90

Die überdurchschnittliche Belastung des rechten Fahrstreifens vor der Ausfahrt verdeut-licht auch ein Vergleich der Fahrstreifenaufteilung der ausfahrenden und durchfahren-den Fahrzeuge. In Bild 4-21 ist die Fahrstreifenaufteilung der an der Anschlussstelle Langen/Mörfelden ausfahrenden Fahrzeuge und der durchfahrenden Fahrzeuge 500 m vor der Ausfahrt als Mittelwert über den gesamten Messzeitraum dargestellt. Die Ge-genüberstellung zeigt, dass die Verteilung der ausfahrenden Fahrzeuge bereits deutlich in Richtung der beiden rechten Fahrstreifen verschoben ist. 93 % der ausfahrenden Fahrzeuge befahren die beiden rechten Fahrstreifen.

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durchfahrende Kfzausfahrende Kfz

Bild 4-21: Fahrstreifenaufteilung in 500 m Entfernung von der Ausfahrt: Vergleich der ausfahrenden und durchfahrenden Fahrzeuge (Mittelwerte über den gesamten Messzeitraum)

Die Auswertung des Fahrstreifenwechselverhaltens vor der Anschlussstelle ergab, dass 54 der insgesamt 56 zurückverfolgten Lkw und Busse (96,4 %) bereits am Beginn des Erfassungsbereiches in 900 m Entfernung von der Ausfahrt auf dem rechten Fahr-streifen fuhren und bis zur Ausfahrt nicht mehr den Fahrstreifen wechselten. Für die Gruppe der Pkw und Motorräder ist in Bild 4-22 angegeben, bis zu welcher Entfernung vom Beginn des Ausfädelungsstreifens die ausfahrenden Fahrzeuge letztmalig den vierten, dritten, zweiten und ersten Fahrstreifen befuhren. Für diese Auswertung wurden nur die jeweils letzten Fahrstreifenwechsel nach rechts innerhalb des Erfassungs-bereiches berücksichtigt, weil Fahrstreifenwechsel nach links nicht mit der Absicht, die Autobahn an der Anschlussstelle zu verlassen, zusammenhängen. Das Diagramm zeigt, dass 38 % der ausfahrenden Fahrzeuge bereits am Beginn des Erfassungs-bereichs in 900 m Entfernung von der Ausfahrt auf dem rechten Fahrstreifen fuhren und dort bis zur Ausfahrt blieben, wohingegen nur 4 % der Fahrzeuge im Untersuchungs-abschnitt noch den linken Fahrstreifen befuhren. 500 m vor der Ausfahrt, d.h. im Be-reich des Vorwegweisers, hatten bereits 68 % der ausfahrenden Fahrzeuge endgültig den rechten Fahrstreifen erreicht. Rund 5 % der ausfahrenden Fahrzeuge wechselten dagegen erst unmittelbar an der Ausfahrt in einem Zug vom zweiten Fahrstreifen in den Ausfädelungsstreifen.

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Bild 4-22: Anteil der ausfahrenden Pkw und Motorräder, die letztmalig vor der Ausfahrt den vierten, dritten, zweiten und ersten Fahrstreifen befahren, in Abhängigkeit von der Entfernung vom Beginn des Ausfädelungsstreifens

Am Beispiel des 1-Minuten-Intervalls von 16:00 bis 16:01 Uhr sind in Bild 4-23 alle Fahrlinien der an der Anschlussstelle ausfahrenden Fahrzeuge schematisch dargestellt. Insgesamt wurden in diesem Intervall 21 ausfahrende Fahrzeuge beobachtet, darunter 1 Lkw. Die meisten Fahrer ordneten sich relativ frühzeitig auf dem rechten Fahrstreifen ein, wohingegen 2 Fahrer erst unmittelbar an der Anschlussstelle in einem Zug vom zweiten oder dritten Fahrstreifen in den Ausfädelungsstreifen wechselten.

Bild 4-23: Schematische Darstellung der Fahrlinien der während eines 1-Minuten-Intervalls ausgefahrenen Fahrzeuge (Entfernungsangaben in m, gemessen vom Beginn des Ausfädelungsstreifens)

Die Auswertungen zeigen, dass der überwiegende Teil der an der Anschlussstelle aus-fahrenden Verkehrsteilnehmer frühzeitig nach rechts wechselt. Daraus resultieren ins-besondere auf dem rechten Fahrstreifen sehr hohe Verkehrsstärken vor der Ausfahrt. Auffällig ist allerdings auch, dass einige Fahrer erst unmittelbar im Bereich der Ausfahrt vom zweiten Fahrstreifen in einem Zug in den Ausfädelungsstreifen wechseln. Dieses

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92

Verhalten kann jedoch nicht im Zusammenhang mit einer zu späten Ankündigung der Ausfahrt stehen. Daher lässt sich insgesamt feststellen, dass Abstände der Ankündi-gungstafel und des Vorwegweisers von 1.000 bzw. 500 m vor der Ausfahrt – gemäß den Vorgaben der RWBA (2000) – auch an vierstreifigen Richtungsfahrbahnen aus-reichend sind. Eine Einschränkung der Aussagekraft der Messergebnisse stellt aller-dings der geringe Schwerverkehrsanteil auf der Hauptfahrbahn dar. Inwieweit bei deut-lich höheren Schwerverkehrsanteilen durch eine noch stärkere Verdichtung auf dem rechten Fahrstreifen vor hoch belasteten Ausfahrten Störungen des Verkehrsablaufs entstehen können, lässt sich anhand der durchgeführten Messung nicht beurteilen.

4.3.3 Einfahrt

Bei der Auswertung der Videoaufzeichnungen von der Einfahrt der Anschlussstelle Langen/Mörfelden in Fahrtrichtung Nord stand der Verkehrsablauf in unmittelbarer Um-gebung des Einfädelungsstreifens im Mittelpunkt. Neben dem Fahrstreifenwechsel-verhalten der einfahrenden Fahrzeuge wurde hier zusätzlich untersucht, inwieweit die Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn den Fahrstreifen wechselten, um anderen Fahr-zeugen das Einfahren zu erleichtern. Dazu wurden anhand der Aufzeichnungen der zusätzlich auf der Brücke der B 486 angeordneten, in Fahrtrichtung ausgerichteten Kamera alle Fahrstreifenwechsel der Fahrzeuge auf den beiden rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn erfasst. Die Kameraperspektive zeigt Bild 4-24. Die Markierungs-spitze der Trenninsel der Zufahrt bildete den Bezugspunkt für die zeitliche Erfassung sämtlicher Fahrzeuge in der Zufahrt und auf der Hauptfahrbahn. Der Erfassungsbereich für die Fahrstreifenwechselvorgänge der durchfahrenden Fahrzeuge auf der Hauptfahr-bahn erstreckte sich über jeweils 250 m vor und hinter der Markierungsspitze am Beginn des Einfädelungsstreifens, d.h. über insgesamt 500 m. Das Fahrstreifen-wechselverhalten der einfahrenden Fahrzeuge wurde über die ersten 700 m hinter der Markierungsspitze ausgewertet. Die zusätzliche Kamera ermöglichte im Bereich des Einfädelungsstreifens eine räumliche Zuordnung der Fahrstreifenwechselvorgänge in 50-m-Schritten, wohingegen im weiteren Verlauf durch die größere Entfernung zu den Kameras nur noch eine Zuordnung in 100-m-Schritten möglich war. Als Ort eines Wechselvorgangs wurde wiederum der Punkt definiert, an dem sich die Fahrzeugmitte über der Leitlinie befand.

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Bild 4-24: Einfahrt an der Anschlussstelle Langen/Mörfelden in Fahrtrichtung Nord

Bild 4-25 zeigt die Ganglinien der Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils in der Einfahrt und als Summe des ein- und durchfahrenden Verkehrs in Höhe der Mar-kierungsspitze der Trenninsel. Insgesamt wurden 1528 einfahrende Fahrzeuge erfasst, darunter 96 Lkw und Busse (6,3 %). Bis etwa 9:00 Uhr wurden Gesamtverkehrsstärken von etwa 7.000 Kfz/h registriert, anschließend ging die Verkehrsstärke auf Werte um 5.000 Kfz/h zurück. Um diesem deutlichen Rückgang der Verkehrsstärke Rechnung zu tragen, wurde das Fahrstreifenwechselverhalten der einfahrenden Fahrzeuge getrennt für die Zeiträume von 8:00 bis 9:00 Uhr sowie 9:00 bis 9:30 Uhr analysiert.

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Bild 4-25: Ganglinien der Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils in der Einfahrt und als Summe der ein- und durchfahrenden Kfz (5-Minuten-Intervalle)

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Bild 4-26 zeigt die Fahrstreifenaufteilung auf der Hauptfahrbahn in Höhe der Mar-kierungsspitze der Einfahrt. In Bild 4-27 sind die Absolutwerte der Verkehrsstärke der einzelnen Fahrstreifen dargestellt. Die Punktewolken sind nahezu deckungsgleich mit denen des Querschnitts an derselben Richtungsfahrbahn im Bereich der freien Strecke etwa 7 km südlich der Anschlussstelle Langen/Mörfelden (vgl. Bild 4-7 und Bild 4-8). Ein geringfügiger Einfluss der Anschlussstelle lässt sich allenfalls anhand der etwas ge-ringeren Belastung des rechten Fahrstreifens ausmachen. Die Verkehrsstärke auf dem rechten Fahrstreifen war mit etwa 600 Kfz/h im gesamten Beobachtungszeitraum nahe-zu konstant.

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Bild 4-26: Fahrstreifenaufteilung unmittelbar vor der Einfahrt (5-Minuten-Intervalle)

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Bild 4-27: Verkehrsstärken der einzelnen Fahrstreifen unmittelbar vor der Einfahrt (5-Minuten-Intervalle)

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Bild 4-28: Anteil der einfahrenden Pkw und Motorräder, die erstmalig nach der Einfahrt den ersten, zweiten, dritten und vierten Fahrstreifen befahren, in Abhängigkeit von der Entfernung von der Markie-rungsspitze der Einfahrt (Zeitraum von 8:00 bis 9:00 Uhr)

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Bild 4-29: Anteil der einfahrenden Pkw und Motorräder, die erstmalig nach der Einfahrt den ersten, zweiten, dritten und vierten Fahrstreifen befahren, in Abhängigkeit von der Entfernung von der Markie-rungsspitze der Einfahrt (Zeitraum von 9:00 bis 9:30 Uhr)

Die Auswertung des Fahrstreifenwechselverhaltens der einfahrenden Fahrzeuge ergab, dass nur 4 der insgesamt 96 einfahrenden Lkw und Busse auf den ersten 700 m hinter der Markierungsspitze der Einfahrt vom rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn auf den zweiten Fahrstreifen wechselten. Alle anderen einfahrenden Lkw und Busse verblieben bis zum Ende des Erfassungsbereichs auf dem rechten Fahrstreifen. Für die Pkw und Motorräder ist in Bild 4-28 für den Zeitraum von 8:00 bis 9:00 Uhr dargestellt, ab welcher Entfernung von der Markierungsspitze die einfahrenden Fahrzeuge den ersten,

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zweiten, dritten und vierten Fahrstreifen erreichten. Bild 4-29 zeigt denselben Zusam-menhang für die Zeit von 9:00 bis 9:30 Uhr. Analog zur Vorgehensweise bei der Ana-lyse des Fahrstreifenwechselverhaltens vor der Ausfahrt in der Gegenrichtung wurden nur die jeweils ersten Fahrstreifenwechsel nach links berücksichtigt. Die Diagramme zeigen, dass etwa ein Drittel der einfahrenden Pkw und Motorräder bereits im Bereich des Einfädelungsstreifens, d.h. auf den ersten 250 m hinter der Markierungsspitze, den zweiten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn erreicht. Der Vergleich der beiden Beobach-tungszeiträume ergibt erwartungsgemäß, dass der zweite, dritte und vierte Fahrstreifen von den einfahrenden Fahrzeugen bei geringerer Verkehrsstärke auf der Hauptfahr-bahn schneller erreicht wird. So befuhren im Zeitraum von 8:00 bis 9:00 Uhr nur 1,6 % der eingefahrenen Pkw und Motorräder innerhalb des Erfassungsbereiches den linken Fahrstreifen, zwischen 9:00 und 9:30 Uhr lag dieser Anteil dagegen bereits bei fast 7 %.

Für das 1-Minuten-Intervall von 8:02 bis 8:03 Uhr sind in Bild 4-30 alle Fahrlinien der an der Anschlussstelle eingefahrenen Fahrzeuge schematisch dargestellt. In diesem Inter-vall wurden 19 einfahrende Pkw und 2 einfahrende Lkw beobachtet. Hinsichtlich der Fahrstreifenwechsel nach links ergibt sich eine relativ gleichmäßige Verteilung über den Erfassungsbereich.

Bild 4-30: Schematische Darstellung der Fahrlinien der während eines 1-Minuten-Intervalls eingefahrenen Fahrzeuge (Entfernungsangaben in m, gemessen von der Markierungsspitze der Einfahrt)

Für die Dimensionierung des Einfädelungsstreifens ist von besonderem Interesse, an welchem Ort die Fahrstreifenwechsel auf die Hauptfahrbahn durchgeführt werden. Aus Bild 4-31 geht hervor, in welchem Bereich des Einfädelungsstreifens die Pkw und Lkw den Wechsel auf die Hauptfahrbahn durchführten. Aufgrund der relativ konstanten Ver-kehrsstärke auf dem Einfädelungsstreifen und dem rechten Fahrstreifen der Haupt-fahrbahn bezieht sich das Diagramm auf den gesamten Beobachtungszeitraum von 8:00 bis 9:30 Uhr. Die Klasseneinteilung ergibt sich aus der räumlichen Zuordnung der Fahrstreifenwechselvorgänge in 50-m-Schritten. Es wird deutlich, dass die Lkw wesent-lich später auf die Hauptfahrbahn wechselten als die Pkw. Über 60 % der Lkw vollzogen den Wechsel auf die Hauptfahrbahn erst auf dem letzten Drittel des Einfädelungs-

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streifens. 7,3 % der Lkw befuhren nach dem Ende des Einfädelungsstreifens noch den Standstreifen, bei den Pkw betrug dieser Anteil nur 1,5 %.

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PkwLkw

Bild 4-31: Räumliche Verteilung der Fahrstreifenwechsel vom Einfädelungsstreifen auf die Hauptfahrbahn, gemessen von der Markierungsspitze der Einfahrt

Die Fahrstreifenwechselvorgänge zwischen den rechten beiden Fahrstreifen der Haupt-fahrbahn wurden für den Bereich von 250 m vor der Markierungsspitze der Einfahrt bis zum Ende des Einfädelungsstreifens, d.h. über eine Strecke von insgesamt etwa 500 m, erfasst. Bei den Wechselvorgängen vom rechten Fahrstreifen nach links wurde darüber hinaus nach Augenschein beurteilt, ob es sich um ein Ausweichmanöver han-delte, um einfahrenden Fahrzeugen das Einfädeln zu ermöglichen. In Tab. 4-3 sind die Anzahl und Häufigkeit der Fahrstreifenwechselvorgänge sowie der Anteil der Ausweich-manöver angegeben. Im Mittel über den gesamten Messzeitraum wurden 223 Fahrstrei-fenwechsel pro km und Stunde vom rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn nach links beobachtet. Zu berücksichtigen ist, dass diese Zahl die einfahrenden Fahrzeuge, die noch im Bereich des Einfädelungsstreifens auf den zweiten Fahrstreifen wechselten, nicht einbezieht. Von Fahrstreifen 2 nach Fahrstreifen 1 wechselten im Mittel 100 Fahrzeuge pro km und Stunde. Die Differenzierung der Zeiträume mit hoher und mittlerer Verkehrsstärke ergibt insbesondere für den Anteil der Ausweichmanöver große Unterschiede: Zwischen 8:00 und 9:00 Uhr wurde fast jeder zweite Fahrstreifenwechsel vom rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn nach links durch einfahrende Fahrzeuge veranlasst. Im Vergleich mit dem Verkehrsablauf auf der freien Strecke (vgl. Tab. 4-1 und Tab. 4-2) ergibt sich damit eine überdurchschnittliche Fahrstreifenwechsel-häufigkeit. Zwischen 9:00 und 9:30 Uhr war dagegen nur noch jeder achte Fahrstreifen-wechsel auf eine Konfliktsituation mit einem einfahrenden Fahrzeug zurückzuführen, so dass die Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel insgesamt stark zurückging.

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Wechsel nach links (1 → 2) Wechsel nach rechts (2 → 1) Zeitraum Anzahl Häufigkeit1) Ausweichvorgänge Anzahl Häufigkeit1)

8:00 – 9:00 Uhr 127 254 62 (48,8 %) 44 88 9:00 – 9:30 Uhr 40 160 5 (12,5 %) 31 124 8:00 – 9:30 Uhr 167 223 67 (40,1 %) 75 100

1) Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro km und Stunde

Tab. 4-3: Fahrstreifenwechsel zwischen den beiden rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn im Bereich der Einfahrt

Bild 4-32 verdeutlicht, dass die Anzahl der Ausweichmanöver auf der Hauptfahrbahn in erster Linie durch die Verkehrsstärke auf dem Einfädelungsstreifen beeinflusst wird. Bei Verkehrsstärken von bis zu ca. 1.000 Kfz/h in der Einfahrt wurden maximal 2 Ausweich-vorgänge pro 5-Minuten-Intervall beobachtet, in Intervallen mit mehr als 1.000 Kfz/h wurden dagegen bis zu 12 Ausweichvorgänge gezählt. Wegen der im Messzeitraum nahezu konstanten Verkehrsstärke auf dem rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn ergibt sich ein vergleichbarer Zusammenhang, wenn die Summe der Verkehrsstärken auf dem rechten Fahrstreifen und in der Einfahrt als Bezugsgröße verwendet wird.

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Bild 4-32: Ausweichvorgänge vom rechten Fahrstreifen der Hauptfahrbahn nach links pro 5-Minuten-Intervall in Abhängigkeit von der Stärke des einfahrenden Verkehrs

4.4 Autobahnknotenpunkt 4.4.1 Durchführung der Messungen

An großen Autobahnknotenpunkten müssen in der Regel starke Verkehrsströme ein- und ausgefädelt werden. Die hohen Verkehrsstärken erfordern ausreichend dimensio-nierte Rampen, Aus- und Einfahrten sowie lange Ver- und Entflechtungsbereiche auf der Hauptfahrbahn. Daraus ergeben sich in vielen Fällen spezifische Sonderlösungen für die Knotenpunktgeometrie.

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Zur Analyse des Verkehrsablaufs an Autobahnknotenpunkten im Zuge von Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen wurde eine Videomessung an der Autobahn A 5 in der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes durchgeführt. Das Frankfurter Kreuz verknüpft die Autobahnen A 3 und A 5 sowie die parallel zur A 3 verlaufende Bundes-straße B 43. Die Autobahn A 5 ist nördlich des Frankfurter Kreuzes in beiden Fahrt-richtungen vierstreifig ausgebaut. In Fahrtrichtung Süd wird der rechte Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn am Beginn der Verteilerfahrbahn des Knotenpunkts subtrahiert, in der Gegenrichtung erfolgt eine Addition des rechten Fahrstreifens an der ersten von zwei Einfahrten im Knotenpunktbereich. In beiden Fahrtrichtungen gilt im Knotenpunkt-bereich eine stationäre Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h. Bild 4-33 gibt einen Überblick über die nördliche Zufahrt des Frankfurter Kreuzes. In Bild 4-34 ist der nördliche Teil des Sortierbereichs der Fahrbahn in Fahrtrichtung Süd dargestellt.

Bild 4-33: Blick vom Kamerastandort auf die nördliche Zufahrt des Frankfurter Kreuzes (Blickrichtung Süd)

Bild 4-34: Nördlicher Teil des Sortierbereichs in der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes (Blick-richtung Nord)

Einfahrt 1 AusfahrtEinfahrt 2

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Bild 4-35: Wegweisende Beschilderung an der Autobahn A 5 in der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes

In Fahrtrichtung Süd wird in 1.200 m Entfernung von der Ausfädelung der Verteiler-fahrbahn ein weiterer Fahrstreifen auf der rechten Fahrbahnseite addiert, so dass sich ein fünfstreifiger Sortierbereich ergibt. Die drei linken (durchgehenden) Fahrstreifen des Sortierbereichs sind durch eine Breitstrichmarkierung von den rechten beiden Ausfäde-lungsstreifen getrennt. Die Ausfahrt entspricht prinzipiell Typ A4 nach RAL-K-2 (1991), die Länge des Sortierbereichs ist mit ca. 1.200 m allerdings deutlich größer als die Vor-gabe in den Richtlinien. Der Autobahnknotenpunkt wird durch Ankündigungstafeln in 4.000 und 1.500 m Entfernung angekündigt, im Sortierbereich sind drei Portalwegwei-ser im Abstand von etwa 1.190, 690 und 190 m von der Trenninselspitze angeordnet. Die beiden Ausfädelungsstreifen im Sortierbereich sind auf der Beschilderung konkre-ten Zielen zugeordnet. Die Systematik der wegweisenden Beschilderung in der Zufahrt zum Frankfurter Kreuz ist in Bild 4-35 schematisch dargestellt. Die Anordnung der

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101

Wegweiser im Sortierbereich entspricht der Situation an der Autobahn A 3 in Fahrtrich-tung Süd am Offenbacher Kreuz und stellt insofern eine Standardlösung für zwei-streifige Ausfahrten an vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Hessen dar.

In Fahrtrichtung Nord verteilt sich der auf die Autobahn A 5 einfahrende Verkehr auf zwei Einfahrten, die in dichtem Abstand aufeinander folgen. Die Fahrstreifengeometrie und die Längenausdehnung des Einfahrbereichs entsprechen dem Einfahrttyp EE3 nach RAL-K-2 (1991). Die Fahrstreifenaufteilung im Bereich des Einfädelungsstreifens unmittelbar hinter der Fahrstreifenaddition an der ersten Einfahrt wurde bereits in Kapi-tel 3.3.3 auf der Grundlage der Verkehrsdaten der Dauerzählstelle A5/3FKN analysiert (vgl. Bild 3-16).

Die Videomessung wurde zeitgleich in beiden Fahrtrichtungen am Dienstag, dem 21. Juni 2005, zwischen 15:00 und 16:30 Uhr durchgeführt. Die Erfassung des Verkehrs-ablaufs erfolgte von einer Brücke über die Autobahn A 5 nördlich der Ein- und Ausfahrt des Frankfurter Kreuzes. Die Brücke befindet sich etwa 450 m nördlich der Trenninsel-spitze der Ausfahrt an der Fahrbahn in Fahrtrichtung Süd. Der Verkehrsablauf im Sor-tierbereich auf dieser Richtungsfahrbahn wurde durch Kameras auf beiden Seiten der Brücke beobachtet. Der Teil des Sortierbereichs unterhalb der Brücke konnte allerdings nicht erfasst werden, da keine alternativen Kamerastandorte zur Verfügung standen. Da der Beginn des Sortierbereichs in Blickrichtung Nord teilweise durch einen Portalweg-weiser verdeckt ist (vgl. Bild 4-34), wurde auf dieser Seite eine zweite Kamera mit einer Perspektive schräg zur Fahrbahnachse eingesetzt. In der Gegenrichtung wurde der Verkehrsablauf im Bereich der Fahrstreifenaddition an der (in Fahrtrichtung) ersten Einfahrt erfasst. Dieser Abschnitt der Fahrbahn in Fahrtrichtung Nord konnte von der Brücke aus in Blickrichtung Süd uneingeschränkt, d.h. ohne Sichtbehinderung durch Einbauten, beobachtet werden. Allerdings musste aufgrund der großen Entfernung zur Trenninselspitze der ersten Einfahrt eine starke Zoomeinstellung verwendet werden.

4.4.2 Ausfahrt mit Fahrstreifensubtraktion

Für die Beurteilung des Verkehrsablaufs im Sortierbereich der Autobahn A 5 am Frank-furter Kreuz in Fahrtrichtung Süd ist in erster Linie von Interesse, in welcher Entfernung von der Ausfahrt sich die Verkehrsteilnehmer auf ihrem Zielfahrstreifen einordnen. Eine erste Sichtung der Videoaufzeichnungen ergab den Eindruck eines relativ homogenen Verkehrsablaufs im Sortierbereich mit eher geringen Geschwindigkeitsdifferenzen und wenigen Fahrstreifenwechseln insbesondere auf den letzten 500 m vor der Ausfahrt. Da wegen der Längenausdehnung des Sortierbereichs, der Problematik der Verdeckung von Fahrzeugen durch Lkw und der hohen Verkehrsstärken eine Verfolgung sämtlicher Fahrzeuge über den gesamten Sortierbereich weder möglich noch sinnvoll war, wurde stattdessen die Fahrstreifenaufteilung am Beginn und Ende des Sortierbereichs sowie die Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel zwischen den Ausfädelungsstreifen und der Durchgangsfahrbahn ausgewertet. Aufgrund der Kameraperspektive schräg zur Fahr-bahnachse und der großen Entfernung zum Kamerastandort sind die Ergebnisse hin-

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102

sichtlich der Fahrstreifenaufteilung am Beginn des Sortierbereichs allerdings nur als un-gefähre Werte anzusehen. Genauere Ergebnisse lieferte die Auswertung der Verkehrs-daten der Dauerzählstelle A5/68S in etwa 300 m Entfernung vom Beginn des Sortier-bereichs (vgl. Bild 3-18).

Bild 4-36 zeigt die für den Zeitraum der Messung ermittelten Ganglinien der Verkehrs-stärke und des Schwerverkehrsanteils im Sortierbereich insgesamt sowie in der Aus-fahrt. Die Werte beziehen sich auf den Querschnitt an der Markierungsspitze der Fahr-streifensubtraktion. Die Ganglinien zeigen eine sehr hohe Belastung der Ausfädelungs-streifen. Etwa 50 % der erfassten Fahrzeuge verlassen die Autobahn A 5 am Frank-furter Kreuz. Während der Messung stieg die Gesamtverkehrsstärke relativ kontinuier-lich von etwa 4.400 auf 7.600 Kfz/h an, in der Ausfahrt wurden bis zu 3.600 Kfz/h ge-messen. Der Schwerverkehrsanteil ging im gleichen Zeitraum von über 10 auf etwa 7 % zurück.

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[-]

Bild 4-36: Ganglinien der Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils in der Ausfahrt und auf der Hauptfahrbahn an der Markierungsspitze der Fahrstreifensubtraktion (5-Minuten-Intervalle)

Bild 4-37 zeigt die Fahrstreifenaufteilung auf der vierstreifigen Hauptfahrbahn unmittel-bar vor dem Beginn des Sortierbereichs (Punkt A in Bild 4-39). Im Gegensatz zur Situation außerhalb der Knotenpunkte (vgl. Kapitel 4.2.2) ist an diesem Querschnitt der rechte Fahrstreifen mit etwa 30 % der Verkehrsstärke des Gesamtquerschnitts am stärksten belastet. Wie aus Bild 4-38 hervorgeht, erreicht der rechte Fahrstreifen Verkehrsstärken von bis zu 2.500 Kfz/h in 5-Minuten-Intervallen. Der linke Fahrstreifen ist dagegen über die gesamte Spannweite der beobachteten Verkehrsstärken am schwächsten belastet.

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103

0,0

0,1

0,2

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-37: Fahrstreifenaufteilung auf der Hauptfahrbahn vor dem Beginn des Sortierbereichs (5-Minuten-Intervalle)

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

q i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild 4-38: Verkehrsstärken der einzelnen Fahrstreifen auf der Hauptfahrbahn vor dem Beginn des Sortierbereichs (5-Minuten-Intervalle)

In Bild 4-39 sind die Mittelwerte der Fahrstreifenaufteilung der Querschnitte am Beginn (Punkt A) und Ende (Punkt B) des Sortierbereichs gegenübergestellt. Die beiden Quer-schnitte sind 1,2 km voneinander entfernt. Die Nummerierung der Fahrstreifen geht aus der nebenstehenden Skizze hervor. Auch im Vergleich der Anteilswerte beider Quer-schnitte ist der rechte Fahrstreifen vor dem Beginn des Sortierbereichs im Mittel am stärksten belastet. In Höhe der Markierungsspitze an der Fahrstreifensubtraktion weisen die beiden Ausfädelungsstreifen ähnlich hohe Verkehrsstärkeanteile auf. Auf der Durchgangsfahrbahn ist der mittlere der drei Fahrstreifen am stärksten belastet.

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104

0%

5%

10%

15%

20%

25%

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35%

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0 1 2 3 4Fahrstreifen

Ant

eil

Querschnitt AQuerschnitt B

0

1 2 3 4

1 2 3 4

A

B

Bild 4-39: Vergleich der Fahrstreifenaufteilung vor dem Beginn des Sortierbereichs und an der Markie-rungsspitze der Fahrstreifensubtraktion (Mittelwerte über den gesamten Messzeitraum)

In Bild 4-40 ist die Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel zwischen dem rechten Fahr-streifen der durchgehenden Fahrbahn (Nr. 2) und dem linken der beiden Ausfädelungs-streifen (Nr. 1) in Abhängigkeit von der Entfernung von der Markierungsspitze der Aus-fahrt angegeben. Fahrstreifenwechsel zwischen diesen beiden Fahrstreifen ergeben sich – abgesehen von Überholvorgängen – aus dem jeweiligen Fahrtziel der Verkehrs-teilnehmer und repräsentieren damit den Sortiervorgang zwischen der Durchgangsfahr-bahn und der Ausfahrt. Die räumliche Zuordnung der Fahrstreifenwechsel erfolgte in 100-m-Schritten jeweils für den Punkt, an dem sich die Fahrzeuge mittig über der Breit-strichmarkierung befanden. Im Sinne einer besseren Vergleichbarkeit mit den für die freie Strecke ermittelten Fahrstreifenwechselhäufigkeiten (siehe Kapitel 4.2.6) wurden die absoluten Häufigkeiten der Fahrstreifenwechsel in Werte pro km und Stunde umge-rechnet. Die Entfernung der Fahrstreifenwechsel von der Markierungsspitze der Aus-fahrt wurde anhand der Vorwegweiser und der Markierungsstriche auf der Fahrbahn sowie unter Zuhilfenahme von Luftbildern der Untersuchungsstrecke bestimmt. Für den Abschnitt in 400-500 m Entfernung von der Markierungsspitze wurde zwischen den Fahrstreifenwechselhäufigkeiten der angrenzenden Abschnitte interpoliert, da für den Bereich unterhalb des Kamerastandorts auf der dortigen Brücke keine Videoerfassung möglich war.

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105

0

500

1000

1500

2000

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3000

Abstand von der Markierungsspitze der Ausfahrt [m]

Fahr

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Fahrstreifenwechsel nach rechtsFahrstreifenwechsel nach links

(Wer

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1200 1100 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0

Bild 4-40: Mittlere Anzahl der Fahrstreifenwechsel pro km und Stunde zwischen dem rechten durchgehenden Fahrstreifen und dem linken Ausfädelungsstreifen in Abhängigkeit von der Entfernung zur Markierungsspitze der Fahrstreifensubtraktion

Insgesamt wurden während des Messzeitraums 1.606 Fahrstreifenwechsel vom rechten durchgehenden Fahrstreifen (Nr. 2) nach rechts auf den linken Ausfädelungsstreifen (Nr. 1) erfasst, darunter 11 Fahrstreifenwechsel von Lkw. Im Vergleich dazu ist die Anzahl der Fahrstreifenwechsel nach links mit insgesamt 80 (darunter 22 von Lkw) äußerst gering. Die Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel nach rechts geht mit abnehmen-der Entfernung zur Markierungsspitze kontinuierlich zurück. Lediglich im Bereich des zweiten Portalwegweisers (siehe Bild 4-34) wird dieser Trend unterbrochen. Mehr als ein Viertel der Fahrstreifenwechsel wird bereits auf den ersten 100 m des Sortierbe-reichs vorgenommen. Die Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel nach links ist – auf wesentlich niedrigerem Niveau – ebenfalls am Beginn des Sortierraums am größten. Hinter der Markierungsspitze wurden während der Messung noch 18 Fahrstreifen-wechsel nach rechts sowie 4 Fahrstreifenwechsel nach links beobachtet. In 15 dieser Fälle überfuhren Fahrzeuge die durchgezogene Doppellinie, 7 Fahrzeuge kreuzten sogar den Bereich der Trenninsel (Fläche zwischen den markierten Fahrstreifen).

Aus der geringen Anzahl der Fahrstreifenwechsel nach links vom Ausfädelungsstreifen auf die Durchgangsfahrbahn lässt sich ableiten, dass sich der überwiegende Teil der durchfahrenden Verkehrsteilnehmer vor dem Beginn des Sortierbereichs auf den drei linken Fahrstreifen einordnet. Bemerkenswert ist insbesondere, dass etwa 90 % der durchfahrenden Lkw bereits vor dem Beginn des Sortierbereichs auf dem zweiten Fahrstreifen (von rechts) fuhren. Demnach richten die meisten Fahrer die Wahl ihres Fahrstreifens langfristig ein mit der Strategie, bereits weit vor dem Knotenpunkt einen für sie weiterführenden Fahrstreifen zu benutzen.

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106

Von besonderem Interesse für die Beurteilung des Verkehrsablaufs im Hinblick auf Anforderungen an die Rechtzeitigkeit der Wegweisung sind die Fahrzeuge, die erst unmittelbar vor der Fahrstreifensubtraktion auf den Ausfädelungsstreifen wechseln. Die Auswertung der Videoaufzeichnungen ergab, dass unter diesen Fahrzeugen auffällig viele Taxis waren, die vermutlich zum Flughafen Frankfurt unterwegs waren. Etwa 25 % der Fahrzeuge, die auf den letzten 400 m vor der Markierungsspitze nach rechts in die Ausfahrt wechselten, waren Taxis. Dies zeigt, dass vor allem die ortskundigen Fahrer erst spät auf die Ausfädelungsstreifen wechseln.

Die insgesamt 22 Fahrzeuge, die noch hinter der Markierungsspitze einen Fahrstreifen-wechsel durchführten, wurden einer genaueren Analyse unterzogen. Die durch Rückverfolgung dieser Fahrzeuge ermittelten Fahrlinien sind in Bild 4-41 schematisch dargestellt. Die Auswertung zeigt, dass die meisten Fahrer erst deutlich hinter dem zweiten Portalwegweiser in etwa 670 m Entfernung von der Markierungsspitze den ersten Fahrstreifenwechsel durchführten. Daher kann aus dem Überfahren der durchge-zogenen Linie hinter der Markierungsspitze nicht auf eine zu späte Ankündigung der Ausfahrt geschlossen werden. Nur zwei Fahrer führten im Bereich des Sortierraums zwei Fahrstreifenwechsel zwischen dem rechten Fahrstreifen der durchgehenden Fahrbahn und dem linken Fahrstreifen der Ausfahrt durch und korrigierten damit ihre Zielwahl. Vier Fahrzeuge wechselten erst unmittelbar an der Fahrstreifensubtraktion vom linken Fahrstreifen der durchgehenden Fahrbahn in einem Zug in die Ausfahrt. Diese Verhaltensweise legt die Vermutung nahe, dass der zu späte Fahrstreifen-wechsel in die Ausfahrt auf einen aggressiven Fahrstil zurückzuführen ist. Bei acht Fahrern war der Fahrstreifenwechsel hinter der Markierungsspitze dagegen der einzige Wechselvorgang im Bereich des Sortierraums. Diese Verkehrsteilnehmer haben es möglicherweise versäumt, sich rechtzeitig auf dem Zielfahrstreifen einzuordnen. Letzt-lich kann aber nicht eindeutig beurteilt werden, ob die regelwidrige Verhaltensweise Folge einer missverstandenen Wegweisung oder eines aggressiven Fahrstils war.

Bild 4-41: Schematische Darstellung der Fahrlinien der Fahrzeuge, die hinter der Markierungsspitze der Ausfahrt am Frankfurter Kreuz in Fahrtrichtung Süd einen Fahrstreifenwechsel durchführten (Entfernungsangaben in m, gemessen von der Markierungsspitze)

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Insgesamt ergibt die Analyse des Verkehrsablaufs an der zweistreifigen Ausfahrt der Autobahn A 5 keine gravierenden Probleme im Zusammenhang mit dem Sortiervorgang vor der Fahrstreifensubtraktion. Dies betrifft sowohl die für die Durchführung der not-wendigen Fahrstreifenwechsel erforderliche Länge des Sortierbereichs als auch die Rechtzeitigkeit der Wegweisung. Da viele Verkehrsteilnehmer sich bereits vor dem Beginn des Sortierbereichs in Abhängigkeit von ihrem Fahrtziel einordnen, ist der rechte Fahrstreifen vor dem Beginn des Ausfädelungsstreifens am stärksten belastet. Dieser Bereich stellt daher den maßgebenden Engpass vor der Ausfahrt dar. Zu berück-sichtigen ist, dass im Rahmen der durchgeführten Messung zwar hohe Verkehrsstärken beobachtet wurden, aber keine Überlastung auftrat. Es ist davon auszugehen, dass für die Dimensionierung der Länge der Ausfädelungsstreifen die Bereitstellung eines aus-reichenden Stauraums für die ausfahrenden Fahrzeuge bei einer Überlastung der Aus-fahrt die maßgebende Größe ist.

4.4.3 Einfahrt mit Fahrstreifenaddition

Im Bereich der Fahrstreifenaddition an der Autobahn A 5 am Frankfurter Kreuz in Fahrtrichtung Nord (Einfahrt 1 in Bild 4-33) wurden während der Messung Verkehrs-stärken zwischen 3.000 und 4.300 Kfz/h beobachtet (vgl. Bild 4-42). Die zweistreifige Einfahrt war mit Verkehrsstärken von bis zu 1.700 Kfz/h ebenfalls nur relativ gering be-lastet.

0

1000

2000

3000

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5000

q [K

fz/h

] gesamtEinfahrt

0%

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15:00 15:10 15:20 15:30 15:40 15:50 16:00 16:10 16:20 16:30

Uhrzeit

b SV [-

]

Bild 4-42: Ganglinien der Verkehrsstärke und des Schwerverkehrsanteils in der Einfahrt und auf der Hauptfahrbahn hinter der Fahrstreifenaddition (5-Minuten-Intervalle)

Die Fahrstreifenaufteilung wurde an der Markierungsspitze der Fahrstreifenaddition (Punkt A in Bild 4-43) sowie am vierstreifigen Querschnitt hinter dem Ende des Ein-fädelungsstreifens (Punkt B) analysiert. Die beiden Querschnitte sind etwa 700 m von-

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einander entfernt. Die Auswertung einzelner 5-Minuten-Intervalle ergab für die schmale Spannweite der beobachteten Verkehrsstärken des Gesamtquerschnitts nur geringe Schwankungen der Fahrstreifenaufteilung. Hinsichtlich der Fahrstreifenaufteilung im Bereich des Einfädelungsstreifens wird auf die Auswertung der wesentlich umfang-reicheren Verkehrsdaten der Dauerzählstelle A5/3FKN in Kapitel 3.3.3 verwiesen.

0%

5%

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0 1 2 3 4Fahrstreifen

Ant

eil

Querschnitt AQuerschnitt B

0 1 2 3 4

1 2 3 4

A

B

Bild 4-43: Vergleich der Fahrstreifenaufteilung der Kfz vor und hinter der Einfahrt (Mittelwerte über den ge-samten Messzeitraum)

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0 1 2 3 4Fahrstreifen

Ante

il

Querschnitt AQuerschnitt B

0 1 2 3 4

1 2 3 4

A

B

Bild 4-44: Vergleich der Fahrstreifenaufteilung der Lkw vor und hinter der Einfahrt (Mittelwerte über den gesamten Messzeitraum)

In Bild 4-43 sind die Mittelwerte der Fahrstreifenaufteilung vor und hinter der Fahr-streifenaddition über den gesamten Messzeitraum gegenübergestellt. In Höhe der Markierungsspitze ist der rechte Fahrstreifen der Hauptfahrbahn am stärksten belastet.

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Die unterschiedliche Belastung der beiden Einfädelungsstreifen ist darauf zurückzu-führen, dass unmittelbar vor dem analysierten Querschnitt auf der rechten Seite der zweistreifigen Einfahrt eine weitere Rampe des Autobahnknotenpunkts eingefädelt wird. Die Fahrstreifenaufteilung auf der vierstreifigen Hauptfahrbahn hinter dem Ende des Einfädelungsstreifens ist vergleichbar mit den Werten, die sich auf der freien Strecke für Verkehrsstärken von etwa 4.000 Kfz/h ergeben (vgl. Kapitel 4.2.2). In diesem Bereich weist der dritte Fahrstreifen die höchste Belastung auf. Der in Bild 4-44 dargestellte Vergleich der Fahrstreifenaufteilung der Lkw zeigt, dass fast zwei Drittel der auf der Autobahn A 5 durchfahrenden Lkw am zweiten Querschnitt in 600 m Entfernung von der Fahrstreifenaddition bereits auf den rechten Fahrstreifen gewechselt sind. Nur 2 % der Lkw fuhren an diesem Querschnitt noch auf dem dritten Fahrstreifen.

Hinsichtlich des Verkehrsablaufs auf dem Einfädelungsstreifen auf der rechten Fahr-bahnseite des fünfstreifigen Querschnitts hinter der Fahrstreifenaddition wurde unter-sucht, an welchem Punkt die Fahrzeuge den Fahrstreifenwechsel auf die Hauptfahr-bahn durchführten. Bild 4-45 zeigt, dass der insgesamt etwa 500 m lange Einfädelungs-streifen nur von einzelnen Fahrzeugen auf seiner ganzen Länge befahren wird. 97 % der Pkw und 83 % der Lkw wechselten bereits auf dem ersten Drittel des Einfädelungs-streifens nach links. In 300 m Entfernung von der Markierungsspitze der Fahrstreifen-addition wurde der Einfädelungsstreifen während der gesamten Messung nur noch von 4 Fahrzeugen befahren.

0%

10%

20%

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40%

50%

60%

50 100 150 200 250 300 >300Entfernung von der Markierungsspitze der Fahrstreifenaddition [m]

Ant

eil

PkwLkw

Bild 4-45: Räumliche Verteilung der Fahrstreifenwechsel vom rechten Einfädelungsstreifen der Einfahrt nach links, gemessen von der Markierungsspitze der Fahrstreifenaddition (Mittelwerte über den gesamten Messzeitraum)

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110

5 Mikroskopische Simulation

5.1 Simulationsmodell des Programms BABSIM BABSIM ist ein mikroskopisches, zeitschrittorientiertes Simulationsprogramm zur Mo-dellierung des Verkehrsablaufs auf Bundesautobahnen. Das Programm wurde im Rahmen eines Forschungsauftrags der Bundesanstalt für Straßenwesen vom Lehrstuhl für Verkehrswesen und dem Lehrstuhl für Ingenieurinformatik im Bauwesen der Ruhr-Universität Bochum entwickelt (Brilon, Harding e.a., 2005). In einem Anschlussprojekt (Brilon, Harding e.a., 2006; Harding, 2007) wurden weitere Funktionen ergänzt und das verhaltensorientierte Modellkonzept überarbeitet. Für die vorliegende Untersuchung kam die weiterentwickelte Programmversion zur Anwendung.

Das Simulationsmodell des Programms BABSIM umfasst Komponenten zur Nachbil-dung des Fahrzeugfolgeverhaltens, des Fahrstreifenwechselverhaltens und der Routen-wahl im Bereich von Anschlussstellen und Knotenpunkten. Die Abstandshaltung zum Vordermann wird auf der Grundlage des psycho-physischen Abstandsmodells nach Wiedemann (1974) nachgebildet. Das Abstandsmodell ist um Komponenten erweitert worden, die die Berücksichtigung sog. „Trödeleffekte“ ermöglichen. Dies bedeutet, dass die Fahrer zufallsgesteuert ihre Wunschgeschwindigkeit wechseln. Dadurch ermöglicht das Modell eine realistische Nachbildung von zufälligen Zusammenbrüchen des Ver-kehrsflusses („Stau aus dem Nichts“). Die Modellierung von Fahrstreifenwechselvor-gängen basiert auf dem Modell von Sparmann (1978). Die Modellierung der Verkehrs-nachfrage einschließlich des Schwerverkehrsanteils erfolgt auf der Grundlage von Quelle-Ziel-Matrizen.

Die Nachbildung eines Verkehrsstroms basiert auf der Betrachtung von Fahrer-Fahr-zeug-Elementen. Jedem Fahrer-Fahrzeug-Element werden die für den Fahrvorgang maßgebenden Eigenschaften des Fahrzeugs und des Fahrzeugführers zufällig zuge-wiesen. Zu den fahrzeugbezogenen Parametern zählen im Wesentlichen der Fahrzeug-typ (Pkw oder Lkw) und das Beschleunigungsvermögen des Fahrzeugs. Die maximal realisierte Beschleunigung eines Fahrer-Fahrzeug-Elements wird mit einem kombi-nierten Ansatz nachgebildet, der neben dem geschwindigkeitsabhängigen Beschleuni-gungsvermögen des Fahrzeugs auch die Ausnutzung der technisch möglichen Be-schleunigung durch den Fahrer berücksichtigt. Um auch Pkw-Geschwindigkeiten über 49 m/s (176,4 km/h) nachbilden zu können, wurde für die vorliegende Untersuchung der bislang verwendete Ansatz nach Brilon, Brannolte (1977) zur Beschreibung der maxi-mal realisierten Beschleunigung amax von Pkw modifiziert (Gleichung (5-1a)). Für Lkw wurde dagegen der von Brilon, Harding e.a. (2005) gewählte lineare Ansatz beibehalten (Gleichung (5-1b)).

Pkw: amax = ( ) ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⋅+−⋅⋅+

B25,01v7B8,02,0 (5-1a)

Lkw: amax = ( ) ( ) vB01,0057,0B6,0581,1 ⋅⋅+−⋅+ (5-1b)

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mit B = Beschleunigungswille, N(0,5; 0,15)-verteilte Zufallsgröße [-] v = Geschwindigkeit [m/s]

Die Parameter zur Nachbildung des Beschleunigungsvermögens von Lkw in Gleichung (5-1b) wurden aus der Untersuchung des Verkehrsablaufs an Steigungsstrecken mit dem Simulationsprogramm LASI (Brannolte e.a., 2001) von Brilon, Breßler (2001) über-nommen. Das Programm LASI ist aus dem Simulationsmodell SIMLA (Brilon, Brannolte, 1977) hervorgegangen und wurde auch in Untersuchungen des Verkehrsablaufs auf zweistreifigen Landstraßen (Brilon, Weiser, 1997) und auf Landstraßen mit der Be-triebsform 2+1 (Brannolte e.a., 2004) eingesetzt.

Die Wunschgeschwindigkeit der Fahrzeugführer wird als normalverteilte Zufallsgröße aufgefasst. Mittelwert und Standardabweichung der Verteilungsfunktion der Wunschge-schwindigkeit sind von der Geschwindigkeitsregelung im jeweiligen Streckenabschnitt abhängig. Die diesbezüglichen Standardwerte des Programms BABSIM sind in Tab. 5-1 angegeben. Die Werte können manuell geändert werden. Für die Kalibrierung des Simulationsprogramms wurden die für vierstreifige Richtungsfahrbahnen im Bereich der freien Strecke ermittelten Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit (siehe Kapitel 4.2.5) verwendet. Bei der Anwendung des Simulationsprogramms wurden so-wohl die voreingestellten Standardwerte als auch die empirisch ermittelten Wunschge-schwindigkeiten verwendet.

Pkw Lkw

Tempolimit μ [km/h]

σ [km/h]

μ [km/h]

σ [km/h]

ohne 142 20 92 5 120 km/h 120 20 91 5 100 km/h 100 15 85 4 80 km/h 80 15 75 3

Tab. 5-1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Verteilungsfunktion der Wunschgeschwindigkeit (Standardwerte von BABSIM)

Das Fahrverhalten der Fahrzeugführer in bestimmten Verkehrssituationen wird auf der Grundlage eines absichtsorientierten Verhaltensmodells durch mehrere Parameter, die sich jeweils auf bestimmte Fahrvorgänge beziehen, repräsentiert (vgl. Harding, 2007). Eine Übersicht der relevanten Verhaltensparameter gibt Tab. 5-2. Von besonderer Bedeutung sind die Trägheitsparameter, mit denen die Trägheit bei der Umsetzung von bestimmten Fahrabsichten (z.B. eines Fahrstreifenwechsels) beschrieben wird.

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Absicht Parameter Wert Angestrebte Folgezeitlücke 0,4 s * Komplementärwert der Trödelwahrscheinlichkeit 1,0 Trödelzeit 3,0 s

Abstandshaltung zum vorausfahren-den Fahrzeug

Trägheit bei der Abstandshaltung 1,0 * Trägheit beim Wechsel von Fahrstreifen 1 nach 2 1,0 * Trägheit beim Wechsel von Fahrstreifen 2 nach 3 0,5 * Trägheit beim Wechsel von Fahrstreifen 3 nach 4 0,1 * Mindestdistanz zum Fahrstreifeneinzug 500 m

Überholen

Grenzgeschwindigkeit für die Akzeptanz kleinerer Zeitlücken beim Wechsel vom rechten Fahrstreifen nach links 20 m/s

Trägheit beim Fahrstreifenwechsel nach rechts 0,1 * Mindestdistanz zum Fahrstreifeneinzug 500 m Maximalgeschwindigkeit, bei der rechts vorbeigefahren wird 60 km/h

Rechtsvorbeifahren/ Einhaltung des Rechtsfahrgebotes

Maximale Relativgeschwindigkeit beim Rechtsvorbeifahren 5 km/h Kleinste akzeptable Zeitlücke auf dem Nachbarfahrstreifen 2,0 s Größte Zeitlücke, die das Wechselverhalten beeinflusst 4,0 s

Abstandshaltung beim Fahrstreifen-wechsel Toleranzfaktor bei der Bewertung der Zeitlücke nach hinten links 2,5

Trägheit beim Folgen der eigenen Fahrtroute 0,1 * Entfernung zur Abzweigung (pro erforderlichem Fahrstreifen-wechsel), ab der ein sofortiger Wechsel angestrebt wird 700 m *

Interaktionsschwelle mit dem links vorausfahrenden Fahrzeug 500 m Interaktionsschwelle mit dem rechts vorausfahrenden Fahrzeug 300 m Mindestlänge eines Fahrstreifens, damit dieser noch als Element der eigenen Strecke aufgefasst wird 1.000 m

Kritische Zeitlücke zum Ende des Fahrstreifens, wenn nach links gewechselt werden muss 5 s

Kritische Zeitlücke zum Ende des Fahrstreifens, wenn nach rechts gewechselt werden muss 3 s

Route folgen

Entfernung zum Ende des Fahrstreifens, ab der eine Unterstützung durch andere Fahrzeuge angefordert wird 500 m

Trägheit beim Unterstützen einfahrender Fahrzeuge 1,0 * Mindestgeschwindigkeit, ab der eine Unterstützung erfolgt 15 m/s

Unterstützen einfahrender Fahrzeuge Maximale Bremsverzögerung beim Unterstützen -1 m/s²

Tab. 5-2: Verhaltensparameter des Simulationsprogramms BABSIM (mit * gekennzeichnete Werte sind Er-gebnisse der Kalibrierung für vierstreifige Fahrbahnen; Bedeutung der Parameter: Harding, 2007)

5.2 Kalibrierung des Simulationsmodells 5.2.1 Vorgehensweise

Für die Kalibrierung des Simulationsmodells wurden die Ergebnisse der Verkehrs-messungen im Bereich der freien Strecke an der Autobahn A 5 in Fahrtrichtung Nord (vgl. Kapitel 4.2) und an der Ein- und Ausfahrt der Anschlussstelle Langen/Mörfelden

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113

(vgl. Kapitel 4.3) als Referenzwerte herangezogen. Zur Nachbildung der während der Messungen beobachteten Verkehrsabläufe wurden drei separate Netzmodelle mit dem Programm BABSIM erstellt. Diese Modelle sind in Bild 5-1 schematisch dargestellt. Das Netzmodell der Einfahrt bildet zusätzlich die stromaufwärts gelegene Ausfahrt der Anschlussstelle Langen/ Mörfelden nach, um deren Einfluss auf die Auslastung des rechten Fahrstreifens realistisch zu erfassen.

Bild 5-1: Netzmodelle zur Kalibrierung des Simulationsprogramms BABSIM

Die Kalibrierung erfolgte anhand der lokalen Betrachtung der Querschnitte QS, QA und QE in Bild 5-1. Die Lage der Querschnitte in den Netzmodellen der Ausfahrt und der Einfahrt entspricht den bei der Auswertung der Videomessungen verwendeten Quer-schnitten. Für die Beurteilung der Übereinstimmung der Simulationsergebnisse mit dem realen Verkehrsablauf wurden für die freie Strecke das q-v-Diagramm und die Fahr-streifenaufteilung in 5-Minuten-Intervallen betrachtet, für die Ein- und Ausfahrt lagen da-gegen nur empirische Daten zur Fahrstreifenaufteilung vor. Am Querschnitt QA vor der Ausfahrt wurde – analog zum Vorgehen bei der Auswertung der Videomessung – zu-sätzlich eine Unterscheidung zwischen durchfahrenden und ausfahrenden Fahrzeugen vorgenommen.

Die Verkehrsnachfrage wurde durch idealisierte Ganglinien modelliert, die hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung der Verkehrsstärken und der Höhe des Schwerverkehrsanteils ungefähr mit den während der Messungen beobachteten Werten übereinstimmen. Eine exakte Nachbildung der gemessenen Verkehrsstärkeganglinien war wegen des Ein-flusses der Fahrtzeit auf der Vorlaufstrecke vor dem jeweiligen Beurteilungsquerschnitt nicht möglich.

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114

Gegenstand der Kalibrierung des Simulationsmodells von BABSIM für vierstreifige Richtungsfahrbahnen waren die in Tab. 5-2 gekennzeichneten Parameter. Ziel war es, eine Parameterkombination zu ermitteln, mit der eine möglichst gute Modellierung des Verkehrsablaufs sowohl auf der freien Strecke als auch an Knotenpunkten gelingt. Dies erforderte eine parallele Betrachtung der drei Netzmodelle. Wegen der Vielfalt der Ver-gleichswerte war es nicht möglich, die Güte der Simulationsergebnisse quantitativ auf der Grundlage einer einzelnen Beurteilungsgröße zu optimieren. Stattdessen erfolgte in erster Linie eine qualitative Bewertung der Übereinstimmung der q-v-Diagramme und der Fahrstreifenaufteilung.

5.2.2 Ergebnisse

Die Kalibrierung des Simulationsmodells durch die systematische Variation der Modell-parameter ergab für die in Tab. 5-2 angegebenen Werte die bestmögliche Übereinstim-mung der Simulationsergebnisse mit den empirischen Daten. Für das q-v-Diagramm im Bereich der freien Strecke (Bild 5-2) konnte eine sehr gute Anpassung erreicht werden. Die Wurzel aus der mittleren quadratischen Abweichung („RMS-Fehler“, vgl. FGSV, 2006) zwischen den simulierten Werten und der an die Messwerte angepassten Modell-funktion nach Brilon, Ponzlet (1995) beträgt e = 5,4 km/h und ist damit nicht wesentlich höher als die Abweichung der Messwerte selbst (e = 3,8 km/h). Besonders gut gelingt die Anpassung im Bereich hoher Verkehrsstärken.

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationMesswerte

Bild 5-2: Vergleich des q-v-Diagramms am Querschnitt QS des Netzmodells der freien Strecke (vgl. Bild 5-1) mit Messwerten (5-Minuten-Intervalle)

Bemerkenswert ist, dass unter Verwendung der empirisch ermittelten Verteilungs-funktionen der Wunschgeschwindigkeit eine nahezu exakte Nachbildung des Geschwin-digkeitsniveaus auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen erreicht werden konnte. Dies zeigt, dass die in Kapitel 4.2.5 entwickelte Methode zur Analyse von Wunschgeschwin-

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115

digkeiten unter Einbeziehung der beeinflusst fahrenden Fahrzeuge zu realistischen Er-gebnissen führt. Auf der Grundlage von Verteilungsfunktionen der Geschwindigkeit frei fahrender oder allein fahrender Fahrzeuge ist dagegen in der Regel keine realistische Nachbildung des Geschwindigkeitsverhaltens der Verkehrsteilnehmer in Simulations-modellen möglich (vgl. z.B. Brilon, Harding e.a., 2005).

Abweichungen zwischen den Referenzwerten und der Simulation ergaben sich in erster Linie bei der Auslastung des rechten Fahrstreifens. So konnte der sehr geringe Ver-kehrsstärkeanteil des rechten Fahrstreifens nicht nachgebildet werden. Bessere Ergeb-nisse konnten mit einer Reduzierung des Trägheitsparameters für einen Fahrstreifen-wechsel nach rechts für Pkw auf dem zweiten Fahrstreifen erreicht werden. Der Träg-heitsparameter wurde auf ein Zehntel des für Fahrzeuge auf den anderen (linken) Fahr-streifen geltenden Wertes verringert. Durch diese Anpassung des Simulationsmodells wird berücksichtigt, dass nur wenige Pkw-Fahrer auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen das Rechtsfahrgebot strikt einhalten. Ein unverzüglicher Wechsel auf den äußeren rechten Fahrstreifen erfolgt auch bei ausreichenden Lücken in der Realität meist nicht.

Mit dem verringerten Trägheitsparameter für Fahrstreifenwechsel der Pkw vom zweiten Fahrstreifen nach rechts ist der Verkehrsstärkeanteil des rechten Fahrstreifens bei der Simulation der freien Strecke noch um etwa 5 Prozentpunkte höher als bei den Messwerten (Bild 5-3). Für die Netzmodelle der Ausfahrt (Bild 5-4) und der Einfahrt (Bild 5-5) ergibt sich dagegen insbesondere bei hohen Verkehrsstärken eine sehr gute Übereinstimmung der Fahrstreifenaufteilung mit den empirischen Daten. Die im Vergleich zu den Messwerten geringeren Unterschiede zwischen der Auslastung des rechten Fahrstreifens im Bereich der freien Strecke und an Anschlussstellen sind möglicherweise darauf zurückzuführen, dass sich das modellierte Fahrverhalten eines Verkehrsteilnehmers in erster Linie aus den Interaktionen mit anderen Fahrzeugen im unmittelbaren Umfeld ergibt, wohingegen längerfristige Strategien bei der Fahrstreifen-wahl auf der freien Strecke mit den zugrunde liegenden Simulationsmodellen nicht nachgebildet werden können. Bezüglich der Ergebnisse für die freie Strecke ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die Daten der Videomessung an der A 5 hinsichtlich der geringen Auslastung des rechten Fahrstreifens Extremwerte darstellen. Im Vergleich mit anderen vierstreifigen Querschnitten (z.B. A5/2AXS, vgl. Bild 3-14) zeigt sich, dass die Simulationsergebnisse in einer durchaus realistischen Größenordnung liegen.

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116

Fahrstreifen 1 Fahrstreifen 2

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 1 [-

]

SimulationMesswerte

0,0

0,1

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0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 2 [-

]

SimulationMesswerte

Fahrstreifen 3 Fahrstreifen 4

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 4 [-

]

SimulationMesswerte

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 4 [-

]

SimulationMesswerte

Bild 5-3: Vergleich der Fahrstreifenaufteilung am Querschnitt QS des Netzmodells der freien Strecke (vgl. Bild 5-1) mit Messwerten (5-Minuten-Intervalle)

Fahrstreifen 1 Fahrstreifen 2

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 1 [-

]

SimulationMesswerte

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 2 [-

]

SimulationMesswerte

Fahrstreifen 3 Fahrstreifen 4

0,0

0,1

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0,4

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 3 [-

]

SimulationMesswerte

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 4 [-

]

SimulationMesswerte

Bild 5-4: Vergleich der Fahrstreifenaufteilung am Querschnitt QA des Netzmodells der Ausfahrt (vgl. Bild 5-1) mit Messwerten (5-Minuten-Intervalle)

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117

Fahrstreifen 1 Fahrstreifen 2

0,0

0,1

0,2

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0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 1 [-

]

SimulationMesswerte

0,0

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 2 [-

]

SimulationMesswerte

Fahrstreifen 3 Fahrstreifen 4

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 3 [-

]

SimulationMesswerte

0,0

0,1

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0,3

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0,5

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p 4 [-

]

SimulationMesswerte

Bild 5-5: Vergleich der Fahrstreifenaufteilung am Querschnitt QE des Netzmodells der Einfahrt (vgl. Bild 5-1) mit Messwerten (5-Minuten-Intervalle)

Für die Nachbildung der Ausfahrstrategien an Anschlussstellen und Knotenpunkten ist der Entfernungsparameter der Absicht „Route folgen“ (vgl. Tab. 5-2) die maßgebende Einflussgröße. Die Kalibrierung dieses Parameters erfolgte anhand der mittleren Fahr-streifenaufteilung der ausfahrenden Fahrzeuge am Querschnitt QA in 500 m Entfernung vom Beginn der Ausfahrt. Mit einem Wert des Entfernungsparameters von 700 m er-gaben sich für die ausfahrenden Fahrzeuge Verkehrsstärkeanteile von durchschnittlich 75,8 %, 20,9 %, 2,5 % und 0,8 % auf dem ersten, zweiten, dritten und vierten Fahr-streifen und damit eine gute Übereinstimmung mit den in Bild 4-21 dargestellten Mess-werten.

5.3 Anwendung 5.3.1 Vorgehensweise

Wesentliches Ziel der Anwendung des Simulationsprogramms BABSIM war es, den Verkehrsablauf auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen im Bereich der freien Strecke unter solchen Randbedingungen nachzubilden, die durch die empirischen Untersuchun-gen nicht erfasst werden konnten. Dazu zählten Strecken mit einem hohen Schwerver-kehrsanteil sowie Steigungsstrecken.

Für die Anwendung des Simulationsprogramms wurde das in Bild 5-6 dargestellte Netzmodell verwendet. Der erste Teilabschnitt wurde generell als ebene Strecke mo-

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118

delliert und diente zur Verlängerung der Vorlaufstrecke, um am Beginn des Variations-bereichs der Längsneigung einen realistischen Verkehrsablauf zu gewährleisten. Für den zweiten, 2,5 km langen Teilabschnitt wurden Längsneigungen von 0, 3 und 5 % modelliert. Als maßgebender Beurteilungsquerschnitt wurde der Querschnitt Q5 in 2 km Entfernung vom Beginn der Steigungsstrecke verwendet. Die Betrachtung von vier weiteren Querschnitten (Q1 bis Q4) im Abstand von jeweils 500 m diente der Lokali-sierung von Stauereignissen und der Analyse des Einflusses der Länge der Steigungs-strecke auf den Verkehrsablauf.

Bild 5-6: Netzmodell der freien Strecke für die Anwendung des Simulationsprogramms BABSIM

Zur Erfassung der gesamten Bandbreite möglicher Verkehrsstärken wurde eine Gang-linie verwendet, bei der die Verkehrsnachfrage zunächst schrittweise von 300 auf 7.500 Kfz/h gesteigert und anschließend wieder reduziert wurde. Die Ganglinie mit einer Dauer von 4 Stunden wurde sechsmal durchlaufen, so dass jeder Simulationslauf einen Zeitraum von insgesamt 24 Stunden umfasste. Als Maximum der Verkehrsnachfrage wurde mit 7.500 Kfz/h ein relativ geringer Wert gewählt, da bei höheren Verkehrs-stärken bereits vereinzelte Überlastungen auf der Vorlaufstrecke und damit gedrosselte Zuflussverkehrsstärken im Analyseabschnitt des Netzmodells auftraten, so dass eine vergleichende Beurteilung des Einflusses der Streckenparameter in diesen Fällen nicht möglich war. Der Schwerverkehrsanteil wurde zwischen 0 und 20 % variiert.

Für die Modellierung des Geschwindigkeitsverhaltens kamen einerseits die im Rahmen der Verkehrsmessung an der Autobahn A 5 ermittelten Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit (vgl. Kapitel 4.2.5) zur Anwendung. Diese sehr hohen Geschwindigkeiten repräsentieren den Verkehrsablauf auf Verbindungsstrecken mit großen Abständen zwischen den Knotenpunkten. Zum anderen wurden die voreinge-stellten Wunschgeschwindigkeiten des Programms BABSIM (vgl. Tab. 5-1) verwendet, um das niedrigere Geschwindigkeitsniveau auf Strecken mit engen Knotenabständen innerhalb von Ballungsräumen nachzubilden.

Sämtliche Auswertungen wurden in 5-Minuten-Intervallen durchgeführt. An die q-v-Wertepaare im fließenden Verkehr wurde jeweils das Warteschlangenmodell nach Brilon, Ponzlet (1995) angepasst. Für die Unterscheidung des fließenden und gestauten Verkehrs wurden Grenzgeschwindigkeiten zwischen 100 km/h (für 0 % Längsneigung) und 80 km/h (für 5 % Längsneigung) verwendet. Die Kurven werden bis zu einer Verkehrsstärke von 7.500 Kfz/h, d.h. bis zum Maximum der nachgebildeten Verkehrs-nachfrage, dargestellt. Zu berücksichtigen ist, dass der Kurvenverlauf im Bereich hoher Verkehrsstärken von einzelnen Wertepaaren im Übergangsbereich zwischen fließen-

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119

dem und gestautem Verkehr teilweise erheblich beeinflusst wird. Eine Schätzung der Kapazität ist anhand der angepassten Modellfunktionen daher nicht möglich.

5.3.2 Ergebnisse

Die mit dem Simulationsprogramm BABSIM ermittelten q-v-Diagramme und Fahrstrei-fenaufteilungen am Beurteilungsquerschnitt Q5 (vgl. Bild 5-6) für Längsneigungen von 0, 3 und 5 % sowie Schwerverkehrsanteile von 0, 10 und 20 % sind in Anhang C ange-geben. Die Struktur der q-v-Diagramme sowie die Verkehrsstärkeanteile der einzelnen Fahrstreifen stimmen qualitativ gut mit den Auswertungen der Daten von Dauerzähl-stellen (siehe Kapitel 3) überein.

Der ermittelte Einfluss der Längsneigung auf die Struktur des q-v-Diagramms ist in Bild 5-7 veranschaulicht. Für die empirisch ermittelten Wunschgeschwindigkeiten ist bei gleichem Schwerverkehrsanteil die mittlere Pkw-Geschwindigkeit im Bereich geringer und mittlerer Verkehrsstärken bei 3 % Längsneigung um etwa 5 km/h geringer als auf ebener Strecke, bei 5 % Längsneigung ergibt sich ein um etwa 12 km/h verringertes Geschwindigkeitsniveau. Unter Annahme der niedrigeren Wunschgeschwindigkeiten nach Tab. 5-1 sind die Geschwindigkeitsdifferenzen deutlich geringer.

Der Einfluss unterschiedlicher Schwerverkehrsanteile auf die mittleren Pkw-Geschwin-digkeiten bei gleicher Längsneigung ist sowohl bei hohen als auch bei niedrigen Wunschgeschwindigkeiten sehr gering. Dies deutet darauf hin, dass der Pkw-Verkehr auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in vergleichsweise geringem Maße durch den Schwerverkehr beeinflusst wird, da die beiden linken Fahrstreifen ausschließlich von Pkw befahren werden. Aus der Fahrstreifenaufteilung ergibt sich, dass der erhöhte Schwerverkehrsanteil im Simulationsmodell der vierstreifigen Richtungsfahrbahn auf der freien Strecke in erster Linie zu einer besseren Auslastung des rechten Fahr-streifens führt.

Der Einfluss der Länge der Steigungsstrecke auf den Verkehrsablauf kann aus der ver-gleichenden Betrachtung der Querschnitte Q1 bis Q5 abgeleitet werden. In Bild 5-8 sind die q-v-Diagramme der Beurteilungsquerschnitte für 10 % Schwerverkehrsanteil und hohe Wunschgeschwindigkeiten dargestellt. Bei Verkehrsstärken bis etwa 5.000 Kfz/h weisen die Querschnitte Q2 bis Q5 nahezu deckungsgleiche Verläufe der q-v-Be-ziehung auf, d.h. die aus der Längsneigung resultierende Reduzierung der mittleren Pkw-Geschwindigkeiten vollzieht sich bereits auf den ersten 500 m der Steigungs-strecke. Bei hohen Verkehrsstärken ergeben sich nennenswerte Veränderungen der q-v-Beziehung auf den ersten 1.000 bis 1.500 m hinter dem Beginn der Steigung. Die Erkenntnis, dass der Einfluss der Längsneigung auf den Verkehrsablauf bereits auf dem ersten Kilometer der Steigungsstrecke wirksam wird, stimmt mit den Ergebnissen der Untersuchung von Breßler (2001) zum Verkehrsablauf auf Steigungsstrecken im Zuge zwei- und dreistreifiger Richtungsfahrbahnen überein.

Page 120: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

120

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h)

0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

0

20

40

60

80

100

120

140

160

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

s = 0%s = 3%s = 5%

0

20

40

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140

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

s = 0%s = 3%s = 5%

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

s = 0%s = 3%s = 5%

0

20

40

60

80

100

120

140

160

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

s = 0%s = 3%s = 5%

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

s = 0%s = 3%s = 5%

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

s = 0%s = 3%s = 5%

Bild 5-7: Angepasste q-v-Modellfunktionen am Querschnitt Q5 des Netzmodells der freien Strecke (Bild 5-6) für hohe und niedrige Wunschgeschwindigkeiten sowie Längsneigungen von 0, 3 und 5 %

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121

3 % Längsneigung 5 % Längsneigung

80

90

100

110

120

130

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150

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

Querschnitt Q1Querschnitt Q2Querschnitt Q3Querschnitt Q4Querschnitt Q5

80

90

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110

120

130

140

150

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

Querschnitt Q1Querschnitt Q2Querschnitt Q3Querschnitt Q4Querschnitt Q5

Bild 5-8: Vergleich der angepassten q-v-Modellfunktionen an den Beurteilungsquerschnitten Q1 bis Q5 (vgl. Bild 5-6) für 10 % Schwerverkehrsanteil und hohe Wunschgeschwindigkeiten

5.4 Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassend ergibt die Kalibrierung und Anwendung des Simulationsprogramms BABSIM folgende Erkenntnisse:

• Das Simulationsmodell ist geeignet, den Verkehrsablauf auf vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen im Bereich der freien Strecke sowie an Ein- und Ausfahrten realistisch nachzubilden.

• Unter Verwendung der realen Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit, die mit dem in Kapitel 4.2.5 entwickelten Verfahren ermittelt wurden, ergibt sich für die freie Strecke eine sehr gute Übereinstimmung des q-v-Diagramms mit empirischen Daten.

• Mit der Implementierung eines verringerten Trägheitsparameters für die Durchfüh-rung von Fahrstreifenwechseln der Pkw vom zweiten Fahrstreifen nach rechts konnte die Fahrstreifenaufteilung realistisch nachgebildet werden.

• Mit dem Simulationsmodell können hohe Verkehrsstärken reproduziert werden. Zusammenbrüche des Verkehrsflusses treten bei der Simulation vierstreifiger Richtungsfahrbahnen in der Ebene bei Verkehrsstärken ab etwa 7.500 Kfz/h auf. Ausgangspunkt dieser Zusammenbrüche ist in aller Regel der linke Fahrstreifen. Allerdings entstehen bei der Modellierung hoher Verkehrsstärken teilweise bereits Überlastungen im Bereich der Vorlaufstrecke, in der aufgrund der gleichverteilten Einspeisung der Fahrzeuge in die einzelnen Fahrstreifen noch kein realistischer Ver-kehrsablauf vorliegt. Zur Vermeidung dieses Effekts müsste eine komplexere Netz-struktur nachgebildet werden, bei der hohe Verkehrsstärken auf einem Strecken-abschnitt durch die Zusammenführung mehrerer Verkehrsströme an Knotenpunkten erzeugt werden.

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122

• Die Anwendung des Simulationsmodells für Steigungsstrecken ergab insbesondere unter Annahme hoher Wunschgeschwindigkeiten einen deutlichen Einfluss der Längsneigung auf die mittleren Pkw-Geschwindigkeiten. Die Variation des Schwer-verkehrsanteils zwischen 0 und 20 % hatte dagegen nur geringe Auswirkungen auf die Struktur des q-v-Diagramms im Bereich der freien Strecke.

• Zu berücksichtigen ist, dass mangels entsprechender empirischer Daten keine Vali-dierung der Simulationsergebnisse für Steigungsstrecken und Strecken mit hohem Schwerverkehrsanteil möglich ist. Dies betrifft insbesondere die Übertragbarkeit der für ebene Strecken ermittelten Verhaltensparameter und Wunschgeschwindigkeiten auf Steigungsabschnitte.

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123

6 Verkehrssicherheit

6.1 Störungsanalyse 6.1.1 Datengrundlage

Die Analyse des Störungsgeschehens auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahr-bahnen erfolgte anhand von Störungsmeldungen, die von der Verkehrszentrale Hessen zur Verfügung gestellt wurden. Die Daten stammen aus den Aufzeichnungen der Landesmeldestelle des Landes Hessen und umfassen den Zeitraum von April 2001 bis Dezember 2003. Ziel der Analyse war eine Beurteilung des Störungspotenzials vor allem im Hinblick auf die Frage, inwieweit ein Standstreifen auf der linken Fahrbahn-seite für einen sicheren und störungsfreien Betrieb auf vierstreifigen Richtungsfahrbah-nen erforderlich ist.

Störungsmeldungen werden durch die Polizei oder die Verkehrszentralen erfasst und für den Verkehrswarndienst an die Landesmeldestelle weitergeleitet. Die Meldungen basieren in der Regel auf den vor Ort gemachten Beobachtungen und sind daher zwangsläufig fehlerbehaftet. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass das tatsächliche Störfallgeschehen durch die Störungsmeldungen vollständig erfasst wird. Dies gilt insbesondere für kleinere Störungen, die nicht zu Stau oder stockendem Verkehr geführt haben. Dennoch können die Störungsmeldungen einen Anhaltspunkt für die Störungshäufigkeit und für Besonderheiten hinsichtlich des Störfall-geschehens auf bestimmten Autobahnabschnitten liefern.

Weil im Verlauf einer Störung der Inhalt der Meldung an die Verkehrssituation vor Ort (z.B. Staulänge, Anzahl der blockierten Fahrstreifen) angepasst werden muss, setzt sich eine Störungsmeldung in der Regel aus mehreren Einzelmeldungen zusammen. Wegen der räumlichen Ausbreitung von Staus kann auch die Zahl der betroffenen Ab-schnitte variieren. Mit der letzten Einzelmeldung wird üblicherweise der Wegfall der Störung bekannt gegeben.

Die für die Auswertung relevanten Daten der Einzelmeldungen sind:

• Zeitpunkt des Beginns und der Aufhebung der Meldung

• Ortsbezug: Autobahn, Fahrtrichtung, Abschnitt

• Art und Umfang der Störung

Der Ortsbezug der Störungen wird durch Angabe der Anschlussstellen, die den be-troffenen Abschnitt begrenzen, hergestellt. Dies bedeutet, dass nur eine abschnitts-bezogene Auswertung der Daten möglich ist. Angaben zu Art und Umfang der Störung liegen uncodiert in Textform vor.

Die Dauer einer Störung kann aus den Differenzen der Startzeiten aufeinander folgen-der Einzelmeldungen abgeleitet werden. Falls keine Aufhebungsmeldung vorhanden war, d.h. der Wegfall der Störung nicht gemeldet wurde, wurde für die letzte gemeldete Störung eine Dauer von 30 Minuten angenommen. Sofern auf eine Einzelmeldung für

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124

einen Zeitraum von mehr als 4 Stunden keine weitere Einzelmeldung folgte, wurde die Geltungsdauer dieser Meldung ebenfalls auf 30 Minuten begrenzt.

Die Auswertung der Störungsmeldungen erfolgte für den 18,4 km langen Streckenab-schnitt der Autobahn A 5 zwischen Anschlussstelle Zeppelinheim und Autobahndreieck Darmstadt. Dieser Autobahnabschnitt verfügt in beiden Fahrtrichtungen durchgehend über je vier Fahrstreifen mit Standstreifen auf der rechten Fahrbahnseite und weist eine sehr einheitliche Streckencharakteristik auf. Insbesondere liegen wegen der gestreckten Linienführung und der nahezu ebenen Gradiente keine streckengeometrischen Beson-derheiten vor, aus denen eine spezifische Beeinflussung der Störungshäufigkeit abge-leitet werden könnte. Die an das Frankfurter Kreuz und das Autobahnkreuz Darmstadt angrenzenden Streckenabschnitte unmittelbar nördlich und südlich der Untersuchungs-strecke wurden nicht in die Auswertung einbezogen, da für diese Abschnitte anhand der vorliegenden Daten teilweise nicht eindeutig beurteilt werden konnte, ob gemeldete Störungen auf der durchgehenden Fahrbahn oder auf den Rampen innerhalb der Kno-tenpunkte verursacht wurden.

Die Untersuchungsstrecke setzt sich entsprechend der in den Ausgangsdaten verwen-deten Einteilung aus vier Teilabschnitten zusammen:

• Anschlussstelle Zeppelinheim – Anschlussstelle Langen/Mörfelden (5,8 km)

• Anschlussstelle Langen/Mörfelden – Tank- und Rastanlage Gräfenhausen (4,0 km)

• Tank- und Rastanlage Gräfenhausen – Anschlussstelle Weiterstadt (5,5 km)

• Anschlussstelle Weiterstadt – Autobahndreieck Darmstadt (3,1 km)

Aus den Daten der Landesmeldestelle wurden alle Störungen herausgefiltert, bei denen mindestens eine Einzelmeldung einen dieser Abschnitte betraf. Beide Fahrtrichtungen wurden getrennt betrachtet.

6.1.2 Häufigkeit und Ursachen von Störungen

Zur Beurteilung der Störungshäufigkeit auf der Untersuchungsstrecke sowie zur Fest-stellung der überwiegenden Störungsursachen wurden alle Störungen analysiert, die zu Stau oder stockendem Verkehr führten. Bei diesen gravierenden Verkehrsbehinderun-gen ist davon auszugehen, dass die Störungsmeldungen ein relativ vollständiges Bild des tatsächlichen Störfallgeschehens liefern. Für alle Abschnitte in beiden Fahrtrichtun-gen wurden die folgenden drei Kenngrößen ermittelt:

• Anzahl der Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr

• Anzahl der Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr, die auf dem jeweiligen Ab-schnitt verursacht wurden (und nicht auf Rückstaueffekte aus stromabwärts liegen-den Abschnitten zurückzuführen sind)

• Gesamtdauer der Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr

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125

Als verursachender Abschnitt eines Stauereignisses wurde jeweils der (in Fahrtrichtung) vorderste Abschnitt der ersten Einzelmeldung angenommen. Diese Vorgehensweise führte jedoch bei den beiden Teilabschnitten zwischen Anschlussstelle Langen/Mörfel-den und Anschlussstelle Weiterstadt zu verzerrten Ergebnissen, weil in den meisten Störungsmeldungen offensichtlich keine Unterscheidung dieser Abschnitte vorgenom-men wurde. Aus diesem Grund wurden diese Abschnitte bei der Analyse der auf dem jeweiligen Abschnitt verursachten Störungen gemeinsam betrachtet.

Die Ermittlung der o.g. Kenngrößen erfolgte getrennt für verschiedene Störungsur-sachen, die anhand von Schlüsselwörtern in den Meldungstexten identifiziert wurden. Folgende Ursachen wurden unterschieden:

• Unfall (einschl. Bergungsarbeiten und Störungen durch Neugierige)

• Panne (einschl. Störungen durch verlorene Ladung oder Gegenstände auf der Fahr-bahn)

• Baustelle (einschl. Tages- und Wanderbaustellen)

• sonstige

Die „sonstigen“ Störungen umfassen alle Meldungen, die nicht einer der anderen drei Ursachen (Unfall, Panne, Baustelle) zugeordnet werden konnten. Es ist davon auszu-gehen, dass es sich bei diesen Störungen zum überwiegenden Teil um verkehrs-bedingte Überlastungen handelt.

verursachte Störungen Störungen insgesamt Dauer der Störungen [h]

20011) 2002 2003 20011) 2002 2003 20011) 2002 2003 AS Zeppelinheim

27 30 20 34 45 29 42,0 80,2 48,7AS Langen/Mörfelden

45 55 44 76,1 92,9 89,6T+R Gräfenhausen 202) 232) 282)

55 63 41 87,1 101,8 87,1AS Weiterstadt

3 27 7 86 130 104 161,6 232,7 197,5Fahr

tr. S

üd

AD Darmstadt

AD Darmstadt 13 19 18 22 36 32 21,4 85,6 64,3

AS Weiterstadt 45 52 44 77,4 93,9 78,7

T+R Gräfenhausen 222) 342) 312) 45 49 49 77,8 91,5 85,2

AS Langen/Mörfelden 55 36 29 118 135 91 141,7 143,6 107,8Fahr

tr. N

ord

AS Zeppelinheim 1) Daten von April bis Dezember 2001 2) Summe der beiden Teilabschnitte

Tab. 6-1: Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr auf der Autobahn A 5 zwischen AS Zeppelinheim und AD Darmstadt

Tab. 6-1 fasst für die Jahre 2001 bis 2003 das Störungsgeschehen auf der Unter-suchungsstrecke zusammen. Zu beachten ist, dass die Daten des Jahres 2001 nur den Zeitraum von April bis Dezember umfassen. Es ist erkennbar, dass in beiden Fahrt-richtungen die jeweils letzten Abschnitte am stärksten von Stau und stockendem Ver-

Page 126: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

126

kehr betroffen sind. Dies ist allerdings in erster Linie auf Rückstaueffekte infolge von Störungen im Bereich der stromabwärts gelegenen Knotenpunkte (Autobahnkreuz Darmstadt in Fahrtrichtung Süd und Frankfurter Kreuz in Fahrtrichtung Nord) zurück-zuführen.

Von zentraler Bedeutung für die Beurteilung der Störungshäufigkeit ist die Analyse der auf den einzelnen Abschnitten der Untersuchungsstrecke verursachten Störungen. In Tab. 6-2 ist für jeden Abschnitt die Anzahl der verursachten Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr pro Kilometer und Jahr angegeben. Die Werte der beiden Teilabschnitte zwischen den Anschlussstellen Langen/Mörfelden und Weiterstadt wurden wiederum zusammengefasst. Die Umrechnung der Werte auf das Jahr erfolgte – unter Vernachlässigung jahreszeitlicher Einflüsse auf das Störfallgeschehen – durch Division der Gesamtanzahl der Störungen im Zeitraum von April 2001 bis Dezember 2003 durch 2,75.

Störungsursache

Unfall Panne Baustelle sonstige Summe

AS Zeppelinheim 2,07 0,25 0,69 1,82 4,83

AS Langen/Mörfelden 1,61 0,27 0,54 0,31 2,73

AS Weiterstadt 0,70 0,00 0,35 3,28 4,33 Fa

hrtr.

Süd

AD Darmstadt

AD Darmstadt 3,17 0,47 1,64 0,59 5,87

AS Weiterstadt 1,99 0,08 1,03 0,23 3,33

AS Langen/Mörfelden 2,26 0,25 1,19 3,82 7,52

Fahr

tr. N

ord

AS Zeppelinheim

Tab. 6-2: Anzahl der im Zeitraum von April 2001 bis Dezember 2003 auf der Autobahn A 5 zwischen AS Zeppelinheim und AD Darmstadt verursachten Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr pro Kilometer und Jahr

Die Auswertung der Störungsmeldungen ergab, dass sich auf dem achtstreifigen Untersuchungsabschnitt der Autobahn A 5 in beiden Fahrtrichtungen im Mittel jeweils etwa 5 Störungen pro km und Jahr ereignen, die Stau oder stockenden Verkehr zur Folge haben. Der Streckenabschnitt zwischen Anschlussstelle Langen/Mörfelden und Anschlussstelle Weiterstadt ist in beiden Fahrtrichtungen mit jeweils etwa 3 Stau-ereignissen pro km und Jahr nur selten von Störungen betroffen. Der Abschnitt zwischen Anschlussstelle Langen/Mörfelden und Anschlussstelle Zeppelinheim weist dagegen eine überdurchschnittliche Störungshäufigkeit auf, die vor allem auf die größere Zahl sonstiger Störungen (ohne Angabe einer Ursache) zurückzuführen ist. Fast die Hälfte der gravierenden Störungen auf der Untersuchungsstrecke wird durch Unfälle verursacht, wohingegen Pannen nur äußerst selten zu Stau oder stockendem Verkehr führen.

In der Untersuchung von Brilon, Geistefeldt e.a. (2006b) wurde das Störfallgeschehen für das gesamte Autobahnnetz Hessens in analoger Weise analysiert. Aus der dort er-

Page 127: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

127

mittelten Gesamtzahl der Störungen lassen sich unter Ansatz der Länge des hessischen Autobahnnetzes von 957 km (vgl. HSVV, 2005) Vergleichswerte für die Störungshäufigkeit pro km und Jahr herleiten. Diese Werte sind in Tab. 6-3 den Ergeb-nissen der Analyse des achtstreifigen Abschnitts der Autobahn A 5 gegenübergestellt.

Störungsursache

Unfall Panne Baustelle sonstige Summe

Untersuchungsabschnitt A 5 1,94 0,21 0,87 1,35 4,37 Hessen 3,82 0,75 1,95 9,43 15,94

Tab. 6-3: Vergleich der auf dem Untersuchungsabschnitt der A 5 verursachten Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr pro Kilometer und Jahr mit den entsprechenden Werten für das gesamte Autobahnnetz Hessens (Daten von April 2001 bis Dezember 2003)

Hinsichtlich der Aussagekraft des Vergleichs in Tab. 6-3 ist zu berücksichtigen, dass der Einfluss unterschiedlicher Verkehrsbelastungen sowie streckengeometrischer oder verkehrlicher Besonderheiten auf den einzelnen Abschnitten des hessischen Autobahn-netzes nicht erfasst wird. Dennoch können angesichts der deutlichen Unterschiede zwischen den Werten klare Tendenzen abgeleitet werden. Die Gegenüberstellung zeigt, dass der Untersuchungsabschnitt der A 5 eine unterdurchschnittliche Störungshäufig-keit aufweist. Die im Vergleich zum gesamten Autobahnnetz äußerst geringe Anzahl verkehrsbedingter Störungen ergibt sich aus der hohen Kapazität des achtstreifigen Abschnitts der A 5. Die – auf sehr niedrigem Niveau – ebenfalls deutlich geringere Häufigkeit von Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr infolge von Pannen lässt sich auf die vergleichsweise geringe Pannenrate auf ebenen Strecken (vgl. Bäumer, 2002) und die geringere Beeinträchtigung des Verkehrsflusses durch Pannenfahrzeuge auf breiten vierstreifigen Richtungsfahrbahnen zurückführen. Inwieweit die um rund 50 % geringere Häufigkeit der durch Unfälle verursachten Störungen ebenfalls auf eine geringere Beeinträchtigung des Verkehrsflusses oder auf eine niedrigere Unfalldichte auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen zurückzuführen ist, müssen weitere Unter-suchungen (siehe Kapitel 6.2) klären.

Neben der Beurteilung der Häufigkeit gravierender Störungen mit Stau oder stocken-dem Verkehr wurden die Meldungstexte sämtlicher Störungen, die den Untersuchungs-abschnitt der Autobahn A 5 betrafen, manuell ausgewertet. Insgesamt wurden 1.093 Störungsmeldungen analysiert. Hinsichtlich der Störungsursachen wurde hierbei eine detailliertere Unterscheidung als bei der Analyse der Störungen mit Stau oder stockendem Verkehr vorgenommen. Tab. 6-4 gibt die Verteilung der Störungsursachen für den gesamten Untersuchungsabschnitt der A 5 in beiden Fahrtrichtungen an. Die Summe der Anteilswerte ist größer als 100 %, weil bei einigen Störungsmeldungen mehrere Ursachen angegeben wurden.

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Ursache Anteil Unfall, Bergungsarbeiten, Neugierige 26,9 %Panne, brennendes Fahrzeug 8,4 %Gegenstände auf der Fahrbahn, Ölspur 43,9 %Baustelle 11,8 %Personen auf der Fahrbahn 1,0 %sonstige Ursachen 2,1 %ohne Angabe 12,9 %

Tab. 6-4: Anteile der Störungsursachen auf dem Untersuchungsabschnitt der A 5

6.1.3 Querschnittseinschränkungen infolge von Störungen

Von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung ist die Frage, zu welchem Anteil die einzelnen Fahrstreifen einer Richtungsfahrbahn von den Störungen betroffen sind. Dazu wurde für alle durch Pannen und Unfälle verursachten Störungen überprüft, inwieweit einzelne Fahrstreifen blockiert waren. Von den insgesamt 280 gemeldeten Unfällen auf der Untersuchungsstrecke war in 180 Fällen mindestens ein Fahrstreifen blockiert, bei den Pannen führten 59 der insgesamt 92 gemeldeten Ereignisse zu einer Querschnittseinschränkung. Die Häufigkeit der Blockierung der einzelnen Fahrstreifen geht aus Tab. 6-5 hervor. Erwartungsgemäß sind die beiden äußeren Fahrstreifen am meisten betroffen. Der linke Fahrstreifen war bei etwa 35 % der gemeldeten Pannener-eignisse und 44 % der Unfallereignisse blockiert, eine Blockierung des rechten Fahr-streifens trat bei 33 % der Pannen und 26 % der Unfälle auf. Bemerkenswert ist, dass die Häufigkeit einer Blockierung des linken und des rechten Fahrstreifens durch Pannenfahrzeuge ungefähr gleich hoch ist, obwohl nur auf der rechten Fahrbahnseite eine Ausweichmöglichkeit auf den Standstreifen besteht. Die vergleichsweise hohe Zahl der Unfallereignisse, die zur Blockierung des linken Fahrstreifens führen, deutet auf eine Häufung von Unfällen auf dem mit hohen Geschwindigkeiten befahrenen linken Fahrstreifen hin. Die Häufigkeit einer Fahrstreifenblockierung ist insgesamt jedoch relativ gering. Werden der Beobachtungszeitraum und die Länge des Untersuchungs-abschnitts berücksichtigt, so ergibt sich im Mittel eine Häufigkeit von 2,36 Störungen pro Jahr, km und Fahrtrichtung, bei denen es aufgrund einer Panne oder eines Unfalls zu einer Querschnittseinschränkung kommt. Eine Blockierung des linken Fahrstreifens tritt in 1,55 Fällen pro Jahr, km und Fahrtrichtung auf.

Ereignisse mit einer Blockierung von Ursache Ereignisse

insgesamt Ereignisse mit Fahr-streifenblockierung Fahrstreifen 1 Fahrstreifen 2 Fahrstreifen 3 Fahrstreifen 4

Panne 92 59 30 4 3 32 Unfall 280 180 73 34 38 125

Tab. 6-5: Störungen mit Blockierung einzelner Fahrstreifen auf dem Untersuchungsabschnitt der A 5 im Zeitraum von April 2001 bis Dezember 2003

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6.1.4 Fazit

Der achtstreifige Untersuchungsabschnitt der Autobahn A 5 weist eine vergleichsweise geringe Störungsdichte auf. Eine Blockierung des linken Fahrstreifens durch havarierte Fahrzeuge tritt nur in seltenen Fällen auf. Trotz der Unsicherheiten hinsichtlich der Qualität und Vollständigkeit der zugrunde liegenden Daten sind die Ergebnisse der Störungsanalyse ein Indiz dafür, dass der Nutzen eines Standstreifens auf der linken Fahrbahnseite gering wäre. Zu berücksichtigen ist zudem, dass selbst bei Vorhanden-sein eines Standstreifens auf der linken Seite eine Bergung havarierter Fahrzeuge über die vom fließenden Verkehr befahrenen Fahrstreifen erfolgen muss. Für eine effektive Absicherung von Störungsstellen und Bergungsmaßnahmen sind daher Verkehrsbeein-flussungsanlagen als die sinnvollere Alternative anzusehen.

6.2 Unfallanalyse 6.2.1 Datengrundlage

Die Analyse der polizeilich erfassten Verkehrsunfälle dient der Ermittlung von Gefahren-potenzialen im Straßenverkehr und ist eine wichtige Grundlage für die Durchführung von Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Unfälle sind zwar in der Regel die Folge von Fehlern der Verkehrsteilnehmer, solches Fehlverhalten kann jedoch durch bestimmte Straßenmerkmale begünstigt werden. Für die vorliegende Unter-suchung ist vor allem von Interesse, inwieweit Autobahnen mit vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen besondere Eigenschaften aufweisen, die sich negativ oder positiv auf das Unfallgeschehen auswirken und daher beim Entwurf und Betrieb solcher Strecken zu berücksichtigen sind.

Von der Verkehrszentrale Hessen wurden Unfalldaten in elektronischer Form zur Ver-fügung gestellt. Die Unfalldaten umfassen die Jahre 2001 bis 2003 und enthalten für alle erfassten Unfallereignisse die folgenden codierten Einzeldaten:

• Straßenbezug: Straße, Abschnitt, Kilometer, Station, DTV, Fahrtrichtung, Ortslage

• Angaben zur Unfallzeit: Datum, Wochentag, Uhrzeit

• Angaben zum Unfall: Anzahl Getöteter, Anzahl Schwerverletzter, Anzahl Leichtver-letzter, Unfallart, allgemeine Ursache, Unfallkategorie, Unfalltyp, Aufprall auf Hinder-nis, Unfallursache (Beteiligter 1 und 2)

• Angaben zur Unfallstelle: Charakteristik der Unfallstelle, Besonderheiten der Unfall-stelle, zulässige Höchstgeschwindigkeit, Lichtverhältnisse, Straßenzustand

Die Kategorisierung der Unfälle entspricht dem Code des Merkblatts für die Auswertung von Straßenverkehrsunfällen der FGSV (2003). Der Unfalltyp sowie die Angaben zu den Lichtverhältnissen und dem Straßenzustand wurden nur für einen Teil der Unfälle vollständig erfasst.

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Die manuelle Überprüfung der Unfalldaten ergab, dass in Einzelfällen mehrere Unfall-ereignisse in engem zeitlichen und räumlichen Abstand erfasst wurden. Bei zwei exakt zeitgleichen Unfallereignissen mit derselben Ortsangabe wurde von einer Doppeler-fassung ausgegangen und einer der beiden Datensätze gelöscht. Dies betraf 55 von insgesamt 2.130 Datensätzen. In der Regel waren in diesen Fällen auch die Unfallkenn-größen identisch. Bei zeitgleich erfassten Unfällen mit unterschiedlichen Kenngrößen wurde der – hinsichtlich der Unfallkategorie – schwerwiegendere Unfall für die weiteren Auswertungen berücksichtigt. Bei unterschiedlicher Vollständigkeit der beiden Daten-sätze wurde dagegen der Datensatz mit dem geringerem Informationsgehalt gelöscht. Bei Unfällen mit demselben Ortsbezug, aber geringen Differenzen hinsichtlich des Un-fallzeitpunkts konnte nicht eindeutig festgestellt werden, ob eine Doppelerfassung eines einzigen Unfalls vorlag. Da es sich bei dem zweiten der beiden Unfälle möglicherweise um einen Folgeunfall handelte, wurden diese Datensätze als unabhängige Unfallereig-nisse aufgefasst.

Die Auswertung der Unfalldaten erfolgte für den achtstreifigen Streckenabschnitt der Autobahn A 5 zwischen Westkreuz Frankfurt und Autobahnkreuz Darmstadt in beiden Fahrtrichtungen. Es wurden ausschließlich die Unfälle auf der Hauptfahrbahn berück-sichtigt. Um einerseits möglichst große Teilkollektive der Unfalldaten untersuchen zu können, andererseits aber auch den Einfluss unterschiedlicher Streckencharakteristika auf das Unfallgeschehen zu erfassen, wurde die Untersuchungsstrecke in drei Teilab-schnitte unterteilt:

• Der Verkehrsablauf auf dem nördlichen Abschnitt zwischen Westkreuz Frankfurt und Anschlussstelle Zeppelinheim ist durch dicht aufeinander folgende Knotenpunkte mit erheblichem Verkehrsaustausch und ausgedehnten Ver- und Entflechtungsbereichen gekennzeichnet. Im Bereich des Frankfurter Kreuzes ist in beiden Fahrtrichtungen eine stationäre Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h angeordnet. Der DTV ist mit bis zu 155.000 Kfz/Tag sehr hoch.

• Der mittlere Abschnitt zwischen Anschlussstelle Zeppelinheim und Anschlussstelle Weiterstadt hat den Charakter einer Verbindungsstrecke mit relativ großen Ab-ständen zwischen den Knotenpunkten. Es ist keine Geschwindigkeitsbeschränkung angeordnet. Der DTV beträgt etwa 120.000 Kfz/Tag.

• Der südliche Abschnitt zwischen Anschlussstelle Weiterstadt und Autobahnkreuz Darmstadt befindet sich im Übergangsbereich zwischen der freien Strecke und zwei dicht aufeinander folgenden Autobahnknotenpunkten. Der DTV liegt zwischen 98.000 und 120.000 Kfz/Tag. Zwischen Dreieck und Kreuz Darmstadt ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt.

Die relevanten Daten der drei Untersuchungsabschnitte fasst Tab. 6-6 zusammen. Da sich die Verkehrsbelastung an den Knotenpunkten innerhalb der einzelnen Abschnitte ändert, wurden als DTV-Werte jeweils über die Streckenlänge gewichtete Mittelwerte verwendet. Die Plausibilität der in den Unfalldaten angegebenen DTV-Werte wurde an-hand anderer Quellen (Lensing, 2003) und der vorliegenden Verkehrsdaten von Dauer-

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zählstellen geprüft. Die Veränderung der Verkehrsnachfrage im Analysezeitraum (2001-2003) wurde vernachlässigt, da auch in den Unfalldaten konstante DTV-Werte für alle drei Jahre angegeben sind.

Nr. Abschnitt Streckenkilometer Länge [km] DTV [Kfz/Tag]1 Westkreuz Frankfurt/Main – AS Zeppelinheim 492,500 – 501,164 8,664 148.657 2 AS Zeppelinheim – AS Weiterstadt 501,164 – 516,482 15,318 117.057 3 AS Weiterstadt – Darmstädter Kreuz 516,482 – 520,990 4,508 113.785

Tab. 6-6: Untersuchungsabschnitte der Autobahn A 5

Aus der amtlichen Unfallstatistik (Statistisches Bundesamt, 2002, 2003, 2004) lassen sich Unfallkenngrößen und Verteilungen der Unfallmerkmale für das gesamte deutsche Autobahnnetz ableiten. Die Daten für den Zeitraum von 2001 bis 2003 werden im Folgenden als Vergleichswerte für die Beurteilung des Unfallgeschehens auf der Unter-suchungsstrecke der Autobahn A 5 verwendet.

Die mittleren Unfallkenngrößen für das Gesamtnetz der Bundesautobahnen können Besonderheiten des Unfallgeschehens in Abhängigkeit von der Streckencharakteristik und der Verkehrszusammensetzung nicht abbilden. Für die vergleichende Beurteilung der Unfallkenngrößen der Autobahn A 5 wurden daher zusätzlich die Unfalldaten des südlich angrenzenden Abschnitts der Autobahn A 67 zwischen Autobahnkreuz Darm-stadt und der Querschnittsaufweitung nördlich der Anschlussstelle Lorsch in analoger Weise ausgewertet. Die Autobahn A 67 weist in diesem Abschnitt zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung und ansonsten sehr ähnliche streckengeometrische und verkehrliche Randbedingungen wie die Autobahn A 5 auf. Der DTV beträgt auf der A 67 etwa 65.000 Kfz/Tag und ist damit im Verhältnis zur Fahrstreifenanzahl ebenfalls mit der Verkehrs-belastung auf der A 5 vergleichbar. Für den Vergleich des Unfallgeschehens mit einzelnen Abschnitten der Autobahn A 5 wurde die Untersuchungsstrecke der Autobahn A 67 in zwei Teilabschnitte eingeteilt (vgl. Tab. 6-7):

• Der nördliche Abschnitt zwischen Autobahnkreuz Darmstadt und Tank- und Rast-anlage Pfungstadt repräsentiert den Übergang zwischen der freien Strecke ohne Ge-schwindigkeitsbeschränkung und dem Knotenpunktbereich mit stationärer Geschwin-digkeitsbeschränkung auf 100 km/h. Der Verkehrsablauf ist mit Abschnitt 3 (AS Weiterstadt – Darmstädter Kreuz) der Autobahn A 5 vergleichbar.

• Der südliche Abschnitt zwischen Tank- und Rastanlage Pfungstadt und Streckenkilo-meter 45,000 nördlich der Querschnittsaufweitung zwischen Anschlussstelle Gerns-heim und Anschlussstelle Lorsch hat den Charakter einer Verbindungsstrecke mit großen Knotenpunktabständen. Es ist keine Geschwindigkeitsbeschränkung ange-ordnet. Diese Randbedingungen entsprechen denen des Abschnitts 2 (AS Zeppelin-heim – AS Weiterstadt) der Autobahn A 5.

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Nr. Abschnitt Streckenkilometer Länge [km] DTV [Kfz/Tag]4 Darmstädter Kreuz – T+R Pfungstadt 24,710 – 29,900 5,190 66.856 5 T+R Pfungstadt – Querschnittsaufweitung 29,900 – 45,000 15,100 64.985

Tab. 6-7: Vergleichsabschnitte der Autobahn A 67

6.2.2 Unfallkategorien

Auf der 28,5 km langen achtstreifigen Untersuchungsstrecke der Autobahn A 5 ereigne-ten sich in den Jahren 2001 bis 2003 insgesamt 2.075 Unfälle, deren Daten polizeilich erfasst wurden. Tab. 6-8 zeigt die Verteilung der Unfälle nach der schwersten Unfall-folge (Unfallkategorie). Auf allen drei Teilabschnitten ist eine deutliche Abnahme der Unfallzahlen von 2001 bis 2003 zu erkennen. Da die Abnahme jedoch in erster Linie die Unfallkategorie 5 betrifft, ist anzunehmen, dass der Rückgang durch eine unterschied-lich vollständige Erfassung der Daten der sonstigen Unfälle mit Sachschaden begründet ist. Im Gegensatz zu Unfällen mit Personenschaden und schwerwiegenden Unfällen mit Sachschaden ist bei Unfällen der Kategorie 5 die polizeiliche Erfassung nicht zwingend erforderlich (vgl. FGSV, 2003) und im Falle nicht gemeldeter Bagatellunfälle auch nicht möglich. Auffallend ist, dass – im Gegensatz zum südlichen Teil der Strecke – im Abschnitt zwischen Westkreuz Frankfurt und Anschlussstelle Zeppelinheim keine schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden erfasst wurden. Da die Abschnittsgrenze an der Anschlussstelle Zeppelinheim mit der Grenze der Zuständigkeitsbereiche von zwei Polizeibehörden übereinstimmt, ist dies vermutlich auf einen Fehler bei der Datenver-arbeitung zurückzuführen, d.h. die im Abschnitt 1 erfassten Unfälle der Kategorie 4 wurden versehentlich gelöscht oder in die Kategorie 5 eingeordnet.

Abschnitt 1 (Nord) 2 (Mitte) 3 (Süd) Jahr 2001 2002 2003 2001 2002 2003 2001 2002 2003

Unfall mit Getöteten (1) 0 0 1 1 2 3 0 0 1 Unfall mit Schwerverletzten (2) 10 9 2 9 15 8 5 0 2 Unfall mit Leichtverletzten (3) 43 41 23 52 33 42 18 12 14 Schwerw. Unfall mit Sachschaden (4/6) 0 0 0 33 25 25 31 18 5 Sonstiger Unfall mit Sachschaden (5) 342 213 159 233 190 177 111 95 72

Summe 395 263 185 328 265 255 165 125 94

Tab. 6-8: Aufteilung der Unfälle auf der Autobahn A 5 im Zeitraum 2001 bis 2003 nach Unfallkategorien

Für die Analyse des Unfallgeschehens sind – insbesondere bei einer Betrachtung der durch Unfälle verursachten volkswirtschaftlichen Kosten – in erster Linie die Unfälle mit Personenschaden relevant. Wegen der unsicheren Datengrundlage bezüglich der Un-fallkategorien 4, 5 und 6 werden daher in den folgenden Auswertungen ausschließlich die Unfälle mit Personenschaden (Unfallkategorien 1 bis 3) betrachtet.

Aufgrund der relativ geringen Anzahl der Unfälle mit Personenschaden ergeben sich im Vergleich der drei analysierten Jahre erhebliche Schwankungen der Unfallhäufigkeit in

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den einzelnen Abschnitten. Ein eindeutiger Trend ist jedoch nicht erkennbar. Dies gilt auch bei genauerer Analyse der Unfallmerkmale. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und zur besseren Vergleichbarkeit des Unfallgeschehens in den Teilabschnitten werden daher im Folgenden stets Mittel- oder Summenwerte über den gesamten Betrachtungs-zeitraum angegeben.

6.2.3 Unfallkenngrößen

Für die vergleichende Beurteilung des Unfallgeschehens auf Straßen werden Kenn-größen verwendet. Die Unfalldichte ist der Quotient aus der Anzahl der Unfälle im Be-trachtungszeitraum und der Streckenlänge, bei der Unfallrate wird die Kfz-Fahrleistung als Bezugsgröße angesetzt. Neben den aus den absoluten Unfallzahlen abgeleiteten Kennwerten werden Unfallkostenraten und -dichten ermittelt, um die Unfallfolgen in die Bewertung einzubeziehen.

Unfallkosten repräsentieren die durch Unfälle verursachten volkswirtschaftlichen Schäden und stellen ein zusammenfassendes Maß für die Anzahl und Schwere von Un-fällen dar. Da die Folgeschäden von Unfällen nicht in jedem Einzelfall ermittelt werden können, werden für die Monetarisierung der Schäden Unfallkostensätze verwendet. Im Merkblatt für die Auswertung von Straßenverkehrsunfällen der FGSV (2003) werden für verschiedene Straßenkategorien pauschale Unfallkostensätze angegeben (siehe auch Höhnscheid e.a., 2000). Demnach entsteht auf Autobahnen bei einem Unfall mit schwerem Personenschaden ein durchschnittlicher volkswirtschaftlicher Verlust in Höhe von 300.000 €, Unfälle mit Leichtverletzten führen im Mittel zu Schäden in Höhe von 31.000 € (Preisstand 2000). Alternativ können angepasste Unfallkostensätze verwendet werden, um eine von den mittleren Verhältnissen abweichende Verunglücktenstruktur der Untersuchungsstrecke bei der Ermittlung der Folgekosten von Personenschäden zu berücksichtigen. Tab. 6-9 zeigt jedoch, dass die Verunglücktenstruktur (ausgedrückt durch die Anzahl der Verunglückten je 100 Unfälle mit Personenschaden) auf dem analysierten Streckenabschnitt der Autobahn A 5 relativ gut mit den allgemeinen Werten für Autobahnen, die den pauschalen Kostensätzen der FGSV (2003) zugrunde liegen, übereinstimmt. Daher wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung auf eine Ermittlung angepasster Unfallkostensätze verzichtet.

Autobahn A 5 FGSV (2003)Getötete 14,7 12 Schwerverletzte 123,5 123 Leichtverletzte 55,9 64

Tab. 6-9: Verunglückte je 100 Unfälle mit schwe-rem Personenschaden

In Tab. 6-10 sind die Unfallkenngrößen der Untersuchungsstrecke der Autobahn A 5 sowie die aus der amtlichen Unfallstatistik (Statistisches Bundesamt, 2002, 2003, 2004) abgeleiteten Vergleichswerte für das gesamte deutsche Autobahnnetz angegeben. Um

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die Vergleichbarkeit mit den Werten der Untersuchungsstrecke zu gewährleisten, wurden die Unfallkostendichten und -raten für das gesamte Autobahnnetz ebenfalls unter Verwendung der Unfallkostensätze der FGSV (2003) berechnet.

Abschnitt 1 (Nord) 2 (Mitte) 3 (Süd) A 5 gesamt BAB gesamtUD(P) [U/(km · a)] 4,96 3,59 3,85 4,05 2,06 UD(SP) [U/(km · a)] 0,85 0,83 0,59 0,80 0,50 UD(GT) [U/(km · a)] 0,04 0,13 0,07 0,09 0,06 Verunglücktendichte [V/(km · a)] 8,12 5,66 6,36 6,52 3,30 Getötetendichte [GT/(km · a)] 0,12 0,13 0,07 0,12 0,07

Dic

hten

UKD(P) [€/(km · a)] 381.540 333.747 278.320 339.511 216.474 UR(P) [U/(109 Kfz · km)] 91,47 84,04 92,58 87,92 115,50 UR(SP) [U/(109 Kfz · km)] 15,60 19,35 14,24 17,28 28,29 UR(GT) [U/(109 Kfz · km)] 0,71 3,06 1,78 2,03 3,31 Verunglücktenrate [V/(109 Kfz · km)] 149,61 132,42 153,11 141,54 185,06 Getötetenrate [GT/(109 Kfz · km)] 2,13 3,06 1,78 2,54 3,84

Rat

en

UKR(P) [€/(103 Kfz · km)] 7,03 7,81 6,70 7,37 11,19

Tab. 6-10: Unfallkenngrößen der Autobahn A 5 im Vergleich zum gesamten Netz der Bundesautobahnen für den Zeitraum 2001 bis 2003

Im Mittel ereigneten sich auf der achtstreifigen Untersuchungsstrecke 4 Unfälle mit Personenschaden pro Kilometer und Jahr, etwa 20 % davon waren Unfälle mit Getöteten oder Schwerverletzten. Hinsichtlich der fahrleistungsbezogenen Kenngrößen weist der mittlere Abschnitt zwischen Anschlussstelle Zeppelinheim und Anschlussstelle Weiterstadt zwar die geringste Rate der Unfälle mit Personenschaden, aber die höchste Rate der Unfälle mit schwerem Personenschaden sowie die höchste Getöteten- und Unfallkostenrate auf. Dies bedeutet, dass die im Abschnitt 2 aufgetretenen Unfälle besonders schwerwiegende Folgen hatten. Eine Ursache dafür könnte das hohe Geschwindigkeitsniveau im Bereich der freien Strecke sein.

Im Vergleich zu den Werten für das gesamte deutsche Autobahnnetz weist der acht-streifige Abschnitt der Autobahn A 5 unterdurchschnittliche Unfallraten auf. Die auf die Kfz-Fahrleistung bezogenen Kosten der Unfälle mit Personenschaden pro Strecken-kilometer sind auf der A 5 um etwa 40 % geringer als im gesamten Autobahnnetz. Der Anteil der Unfälle mit Getöteten an den Unfällen mit Personenschaden ist auf der A 5 geringer als im Durchschnitt der deutschen Autobahnen.

In Tab. 6-11 sind die Unfallkenngrößen der Abschnitte 2 und 3 der Autobahn A 5 den Vergleichswerten der Autobahn A 67 gegenübergestellt. Der direkte Vergleich bestätigt tendenziell die aus der Gegenüberstellung mit den mittleren Unfallkenngrößen für das Gesamtnetz der Bundesautobahnen gewonnenen Erkenntnisse. Die Unfallraten der achtstreifigen Untersuchungsabschnitte der A 5 sind deutlich niedriger als die Werte der vierstreifigen Abschnitte der A 67. Im Vergleich der Abschnitte 2 und 5 im Bereich der freien Strecke betrifft dieser Unterschied in erster Linie die Unfälle mit Leichtverletzten,

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wohingegen die Raten der Unfälle mit schwerem Personenschaden auf beiden Auto-bahnen in einer ähnlichen Größenordnung liegen.

Streckencharakteristik Freie Strecke Übergang zum Knotenpunkt Autobahn A 5 A 67 A 5 A 67

Abschnitt 2 (Mitte) 5 (Süd) 3 (Süd) 4 (Nord) UD(P) [U/(km · a)] 3,59 3,47 3,85 2,89 UD(SP) [U/(km · a)] 0,83 0,46 0,59 0,58 UD(GT) [U/(km · a)] 0,13 0,09 0,07 0,19 Verunglücktendichte [V/(km · a)] 5,66 5,81 6,36 4,30 Getötetendichte [GT/(km · a)] 0,13 0,09 0,07 0,19

Dic

hten

UKD(P) [€/(km · a)] 333.747 232.141 278.320 245.087 UR(P) [U/(109 Kfz · km)] 84,04 146,12 92,58 118,44 UR(SP) [U/(109 Kfz · km)] 19,35 19,54 14,24 23,69 UR(GT) [U/(109 Kfz · km)] 3,06 3,72 1,78 7,90 Verunglücktenrate [V/(109 Kfz · km)] 132,42 244,77 153,11 176,34 Getötetenrate [GT/(109 Kfz · km)] 3,06 3,72 1,78 7,90

Rat

en

UKR(P) [€/(103 Kfz · km)] 7,81 9,79 6,70 10,04

Tab. 6-11: Unfallkenngrößen der achtstreifigen Abschnitte 2 und 3 der Autobahn A 5 im Vergleich zu vier-streifigen Abschnitten der Autobahn A 67 Darmstadt – Lorsch für den Zeitraum 2001 bis 2003

6.2.4 Unfallmerkmale

Für die Analyse streckenspezifischer Gefahrenpotenziale sind neben der Häufigkeit und Schwere von Unfällen auch die Anteile bestimmter Unfallmerkmale an der Gesamtheit der Unfälle von Interesse. Der Unfallhergang wird durch den Unfalltyp und die Unfallart klassifiziert (vgl. FGSV, 1991). Die Unfallumstände umfassen äußere Einflüsse wie Helligkeitsverhältnisse und Witterungsbedingungen, die negative Auswirkungen auf das Unfallgeschehen haben können.

Der Unfalltyp bezeichnet den Verkehrsvorgang und die Konfliktsituation, aus der der Unfall entstanden ist. Die Anteile der einzelnen Unfalltypen an den Unfällen mit Personenschaden zeigt Tab. 6-12. In den Abschnitten 2 und 3 der Untersuchungs-strecke wurde für den Großteil der in den Jahren 2001 und 2002 erfassten Unfälle kein Unfalltyp angegeben, so dass eine Interpretation der Werte nur für den Abschnitt 1 zwischen Westkreuz Frankfurt und Anschlussstelle Zeppelinheim sinnvoll ist. Etwa 60 % der Unfälle mit Personenschaden in diesem Abschnitt gingen aus einer Konflikt-situation zwischen Fahrzeugen im Längsverkehr hervor (Unfalltyp 6). Fahrunfälle, bei denen der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert (Unfalltyp 1), haben einen Anteil von etwa 36 % an den Unfällen mit Personenschaden. Eine detailliertere Codierung der Unfalltypen lag nur für die Gruppe der Unfälle im Längsverkehr vor. Etwa die Hälfte der Unfälle im Längsverkehr im Abschnitt 1 wurde durch Fahrstreifenwechsel nach links verursacht (Unfalltyp 63), 38 % der Fälle waren auf das Auffahren auf einen

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Stau zurückzuführen (Unfalltyp 61). Die Verteilung der Unfalltypen im Abschnitt 1 stimmt relativ gut mit den Werten für das gesamte Netz der Bundesautobahnen überein. Unterschiede ergeben sich im Wesentlichen aus dem bei den Vergleichswerten deutlich höheren Anteil der sonstigen Unfälle (Unfalltyp 7).

Abschnitt 1 (Nord) 2 (Mitte) 3 (Süd) BAB gesamtAnzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anteil

Fahrunfall (1) 46 35,6 % 19 11,5 % 4 7,7 % 32,1 % Abbiegeunfall (2) 1 0,8 % 0 0,0 % 1 1,9 % 0,3 % Einbiegeunfall (3) 0 0,0 % 1 0,6 % 0 0,0 % 1,6 % Überschreitenunfall (4) 0 0,0 % 1 0,6 % 0 0,0 % 0,3 % Unfall durch ruhenden Verkehr (5) 0 0,0 % 0 0,0 % 0 0,0 % 0,3 % Unfall im Längsverkehr (6) 77 59,7 % 49 29,7 % 13 25,0 % 53,0 % Sonstiger Unfall (7) 5 3,9 % 13 7,9 % 4 7,7 % 12,4 % Unbekannt 0 0,0 % 82 49,7 % 30 57,7 % -

Tab. 6-12: Verteilung der Unfalltypen der Unfälle mit Personenschaden auf der Autobahn A 5 im Zeitraum 2001 bis 2003

Abschnitt 1 (Nord) 2 (Mitte) 3 (Süd) BAB gesamtAnzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anteil

Unfall anderer Art (0) 16 12,4 % 24 14,6 % 7 13,5 % 8,7 % Zusammenstoß mit Fahrzeug, das... – anfährt, anhält oder steht (1) 7 5,4 % 8 4,9 % 2 3,8 % 3,6 % – vorausfährt oder wartet (2) 38 29,5 % 49 29,7 % 27 51,9 % 36,8 % – seitlich in gleicher Richtung fährt (3) 31 24,0 % 23 13,9 % 4 7,7 % 12,4 % – entgegenkommt (4) 0 0,0 % 0 0,0 % 0 0,0 % 0,5 % – einbiegt oder kreuzt (5) 0 0,0 % 0 0,0 % 0 0,0 % 1,0 % Fußgängerunfall (6) 0 0,0 % 1 0,6 % 0 0,0 % 0,4 % Hindernis auf der Fahrbahn (7) 4 3,1 % 3 1,8 % 0 0,0 % 1,0 % Abkommen von der Fahrbahn rechts (8) 16 12,4 % 39 23,6 % 8 15,4 % 20,8 % Abkommen von der Fahrbahn links (9) 17 13,2 % 18 10,9 % 4 7,7 % 14,9 %

Tab. 6-13: Verteilung der Unfallarten der Unfälle mit Personenschaden auf der Autobahn A 5 im Zeitraum 2001 bis 2003

Die Unfallart gibt an, ob und in welcher Weise die Verkehrsteilnehmer bei einem Unfall kollidiert sind. In Tab. 6-13 ist die Verteilung der Unfallarten angegeben. Die Werte der einzelnen Abschnitte der Untersuchungsstrecke weisen z.T. deutliche Unterschiede auf. So ist der Anteil der Unfälle, bei denen es zu einem Zusammenstoß mit einem voraus-fahrenden oder wartenden Fahrzeug kommt (Unfallart 2), im Abschnitt 3 zwischen Anschlussstelle Weiterstadt und Kreuz Darmstadt mit über 50 % deutlich höher als in den Abschnitten 1 und 2 mit jeweils etwa 30 %. Auch im Vergleich mit dem gesamten Autobahnnetz ist dieser Wert ungewöhnlich hoch. Dass der sehr hohe Anteil dieser Unfallart im Abschnitt 3 vor allem die Richtungsfahrbahn in Fahrtrichtung Süd betrifft,

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deutet auf eine erhöhte Gefahr von Auffahrunfällen beim Übergang von der freien Strecke mit hohen Geschwindigkeiten in den Knotenpunktbereich mit Geschwindigkeits-beschränkung hin. Solche Auffahrunfälle könnten z.B. auf zu geringe Sicherheitsabstän-de in Verbindung mit unterschiedlichem Verzögerungsverhalten der Verkehrsteilnehmer oder Rückstaus vor dem Kreuz Darmstadt zurückzuführen sein. Der Anteil der Zusam-menstöße mit seitlich in gleicher Richtung fahrenden Fahrzeugen (Unfallart 3) ist im Abschnitt 1 zwischen Westkreuz Frankfurt und Anschlussstelle Zeppelinheim mit 24 % besonders hoch. Dies ist durch die zahlreichen Verflechtungsvorgänge an den dortigen Knotenpunkten zu erklären. Eine mögliche Ursache für Unfälle dieser Art könnten auch die erheblichen Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den einzelnen Fahrstreifen bei einem Stau in einer Ausfahrt sein. Der im Abschnitt 2 mit insgesamt 35 % relativ hohe Anteil an Unfällen, bei denen ein Fahrzeug seitlich von der Fahrbahn abkommt (Unfall-arten 8 und 9), ist vermutlich eine Folge des erhöhten Geschwindigkeitsniveaus auf der freien Strecke. Allerdings liegt dieser Anteil noch geringfügig unter dem Vergleichswert für das gesamte Autobahnnetz.

Hinsichtlich der Unfallumstände lagen Daten zu den Lichtverhältnissen und zum Straßenzustand vor, die allerdings unvollständig waren. Fehlende Angaben zu den Lichtverhältnissen wurden anhand des Datums und der Uhrzeit des jeweiligen Unfalls ergänzt. Die bei etwa einem Viertel der Unfälle fehlenden Angaben zum Straßenzu-stand konnten teilweise anhand von Tageswerten der Niederschlagshöhe der Wetter-station 10637 des Deutschen Wetterdienstes am Flughafen Frankfurt geschätzt werden. Sofern sich ein Unfall an einem Tag ereignete, an dem an der in unmittelbarer Nähe der Untersuchungsstrecke gelegenen Wetterstation kein Niederschlag registriert wurde, wurde von trockenen Straßenverhältnissen ausgegangen. Die Anteile der Unfälle bei Helligkeit, Dämmerung und Dunkelheit sowie bei trockenen, nassen und glatten Stra-ßenverhältnissen zeigt Tab. 6-14. Hinsichtlich der Lichtverhältnisse sind die Anteile in den einzelnen Abschnitten der Untersuchungsstrecke nahezu identisch mit den Werten des gesamten Netzes der Bundesautobahnen. Nachtunfälle sind allgemein deutlich folgenschwerer als Unfälle bei Helligkeit (vgl. Kühnen e.a., 1995). Dies zeigt sich für die Untersuchungsstrecke der Autobahn A 5 besonders bei den Unfällen mit Getöteten, von denen sich 7 Unfälle bei Dunkelheit und nur 1 Unfall bei Helligkeit ereigneten. Der Anteil der Unfälle bei nasser Fahrbahn ist im mittleren Abschnitt der Untersuchungsstrecke deutlich geringer, im Bereich der großen Knotenpunkte dagegen geringfügig höher als der Vergleichswert für alle Bundesautobahnen. Insofern können aus dieser abschnitts-bezogenen Betrachtung keine gravierenden Defizite bei der Entwässerung vierstreifiger Richtungsfahrbahnen abgeleitet werden.

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Abschnitt 1 (Nord) 2 (Mitte) 3 (Süd) BAB gesamtAnzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anteil

Hell 83 64,3 % 105 63,6 % 33 63,5 % 65,7 % Dämmerung 9 7,0 % 9 5,5 % 3 5,8 % 5,4 % Lichtverhältnisse

Dunkelheit 37 28,7 % 51 30,9 % 16 30,8 % 28,9 % Trocken 62 48,1 % 127 77,0 % 34 65,4 % 66,6 % Nass 41 31,8 % 24 14,5 % 16 30,8 % 28,9 % Glatt 3 2,3 % 7 4,2 % 1 1,9 % 4,5 %

Straßenzustand

Unbekannt 23 17,8 % 7 4,2 % 1 1,9 % -

Tab. 6-14: Unfallumstände der Unfälle mit Personenschaden auf der Autobahn A 5 im Zeitraum 2001 bis 2003

6.2.5 Unfallhäufungen

Unfalltypen-Steckkarten dienen dem Auffinden und der Analyse unfallauffälliger Bereiche im Straßennetz. In manuellen Unfalltypen-Steckkarten werden die Unfallorte in Straßenkarten durch Stecknadeln markiert. Die Einjahreskarte umfasst alle polizeilich erfassten Unfälle eines Jahres, in der Dreijahreskarte werden nur die schweren Unfälle dargestellt. Nach den Vorgaben des Merkblatts für die Auswertung von Straßen-verkehrsunfällen der FGSV (2003) wird die schwerste Unfallfolge (Unfallkategorie) durch die Größe des Stecknadelkopfes sowie – bei Unfällen mit Getöteten – durch eine quadratische Unterlegscheibe gekennzeichnet. Die Farbe der Stecknadel symbolisiert den Unfalltyp. Besondere Unfallmerkmale, z.B. hinsichtlich der Art der Verkehrsbe-teiligung oder der Unfallursache, werden durch dreieckige Unterlegscheiben gekenn-zeichnet.

Zur Analyse von Unfallhäufungen auf dem Untersuchungsabschnitt der Autobahn A 5 zwischen Westkreuz Frankfurt und Kreuz Darmstadt wurde eine Dreijahreskarte der Unfälle mit Personenschaden auf der Grundlage der Unfalldaten der Jahre 2001 bis 2003 erstellt (Bild 6-1). Da nur 4 der insgesamt 346 erfassten Unfälle mit Personen-schaden vom Typ 2, 3 oder 4 waren, wurden diese Unfälle aus Gründen der besseren Unterscheidbarkeit der Symbole bei einer Darstellung der Karte in Graustufen der Gruppe der Unfälle mit unbekanntem Unfalltyp zugeordnet. Abweichend von den Empfehlungen der FGSV (2003) wurden nur die Alkoholunfälle durch Unterlegdreiecke gekennzeichnet. Im Vergleich z.B. zu einbahnigen Landstraßen sind Unfälle, die durch Fehler beim Überholen verursacht werden oder in deren Verlauf es zu einem Aufprall auf einen Baum neben der Fahrbahn kommt, für die Beurteilung des Unfallgeschehens auf Autobahnen nicht von herausgehobener Bedeutung. Wildunfälle traten auf dem Untersuchungsabschnitt der Autobahn A 5 nicht auf. Angaben zur Art der Verkehrsbe-teiligung lagen nicht vor, so dass keine Kennzeichnung diesbezüglicher Besonderheiten der Unfälle vorgenommen werden konnte.

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Bild 6-1: 3-Jahreskarte (2001-2003) der Unfälle mit Personenschaden für die Untersuchungsstrecke der Autobahn A 5

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Die in Bild 6-1 dargestellte Dreijahreskarte zeigt für beide Richtungsfahrbahnen eine relativ gleichmäßige Verteilung der Unfälle. Abschnitte mit einer erhöhten Unfallhäufig-keit sind vor allem in der Nähe von Knotenpunkten zu erkennen. Unfallhäufungsstellen, an denen nach der Definition der FGSV (2003) mindestens 5 Unfälle mit Personen-schaden oder 3 Unfälle mit schwerem Personenschaden aufgetreten sein müssen, liegen am Frankfurter Kreuz in beiden Fahrtrichtungen sowie – in deutlich schwächerer Ausprägung – bei Streckenkilometer 505,500 zwischen Anschlussstelle Langen/Mörfel-den und Anschlussstelle Zeppelinheim in Fahrtrichtung Nord vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die punktuelle Unfallhäufung am Frankfurter Kreuz in erster Linie aus einer ungenauen räumlichen Zuordnung der im Knotenpunktbereich aufgetretenen Unfälle resultiert. Dies ist auch daran erkennbar, dass insbesondere nördlich der Unfall-häufungsstelle auffällig wenige Unfälle erfasst wurden.

Nennenswerte Auffälligkeiten hinsichtlich des Unfallgeschehens ergeben sich bei einer Betrachtung kurzer Teilabschnitte. In Tab. 6-15 sind Bereiche angegeben, in denen es auf einer Strecke von bis zu 500 m Länge zu mindestens 3 Unfällen mit schwerem Personenschaden oder 10 Unfällen mit Personenschaden kam. Die Auflistung zeigt, dass Unstetigkeiten in der Streckengeometrie oder im Verkehrsablauf (an Knoten-punkten) ein erhöhtes Gefahrenpotenzial aufweisen. Für alle Abschnitte mit einer erhöhten Unfallhäufigkeit sind entsprechende Zusammenhänge zu vermuten.

Fahrtr. Abschnitt von km bis km U(P) U(SP)Ausfahrt der Anschlussstelle Frankfurt/Main-Westhafen 494,300 494,600 11 2 Beginn der Rechtskurve östlich der Ortschaft Gräfenhausen 512,500 513,000 7 3 Aus- und Einfahrt der Anschlussstelle Weiterstadt 516,500 517,000 8 3

Süd

Kuppe südlich der Anschlussstelle Weiterstadt 517,988 518,224 6 3 Beginn der Linkskurve östlich der Ortschaft Gräfenhausen 513,825 513,472 8 3 Einfahrt der Anschlussstelle Frankfurt/Main-Westhafen 494,500 494,100 9 3 Nord Sortierbereich vor dem Westkreuz Frankfurt/Main 493,000 492,736 10 2

Tab. 6-15: Bereiche der Untersuchungsstrecke der Autobahn A 5 mit einer erhöhten Unfallhäufigkeit im Zeit-raum von 2001 bis 2003 (die Unfallzahlen beziehen sich auf die jeweilige Richtungsfahrbahn)

Da die Entwässerung bei breiten Fahrbahnquerschnitten ein besonderes Problem darstellt, ist für die Analyse des Unfallgeschehens auf vierstreifigen Richtungsfahr-bahnen der Straßenzustand ein wichtiges Unfallmerkmal. Die ortsbezogene Auswer-tung der Unfälle bei Nässe ergab als einzige Auffälligkeit, dass sich 16 der insgesamt 20 Unfälle mit Personenschaden im Bereich der Unfallhäufungsstelle am Frankfurter Kreuz auf nasser Fahrbahn ereigneten. Wegen der ungenauen räumlichen Zuordnung der Unfälle in diesem Bereich können daraus jedoch keine Rückschlüsse auf mögliche punktuelle Defizite des Straßenoberbaus gezogen werden. In allen anderen Abschnitten mit erhöhter Unfallhäufigkeit ergab sich kein ungewöhnlich hoher Anteil an Unfällen bei nasser Fahrbahn.

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6.2.6 Zusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Verkehrsbelastung

Neben der baulichen Gestaltung des Straßenraumes, den Lichtverhältnissen und dem Straßenzustand wird das Unfallgeschehen auf Autobahnen auch vom Verkehrsablauf zum Unfallzeitpunkt beeinflusst. Für Autobahnen mit zweistreifigen Richtungsfahrbah-nen wurde der empirische Zusammenhang zwischen der Verkehrsbelastung und der Unfallhäufigkeit von Brilon (1976) untersucht. Auf der Grundlage aktuellerer Unfalldaten der Jahre 1997 bis 2000 für das gesamte deutsche Autobahnnetz wurden entsprechen-de Zusammenhänge für zwei- und dreistreifige Richtungsfahrbahnen von Pöppel-Decker e.a. (2003) ermittelt. Demnach ist die Rate der Unfälle mit Personenschaden bei sehr geringen Verkehrsstärken besonders hoch, bei mittleren und hohen Verkehrs-stärken dagegen etwas geringer als der Mittelwert über alle Belastungsstufen.

Die Analyse des Zusammenhangs zwischen Unfallgeschehen und Verkehrsbelastung auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen wurde für den mittleren Abschnitt der Unter-suchungsstrecke der Autobahn A 5 zwischen Anschlussstelle Zeppelinheim und An-schlussstelle Weiterstadt durchgeführt. Nur für diesen Abschnitt konnte die Verkehrs-stärke zum jeweiligen Zeitpunkt der dort aufgetretenen Unfälle anhand der Verkehrs-daten automatischer Dauerzählstellen mit hinreichender Genauigkeit ermittelt werden. Grundlage bildeten die Daten der Messquerschnitte A5/2AXN und A5/2AXS (vgl. Tab. 3-1), die sich an den beiden Richtungsfahrbahnen im nördlichen Teil des betrachteten Streckenabschnitts zwischen den Anschlussstellen Zeppelinheim und Langen/Mörfel-den befinden. Für die im Teilabschnitt südlich der Anschlussstelle Langen/Mörfelden erfassten Unfälle wurden die an den Dauerzählstellen gemessenen Verkehrsstärken mit dem DTV-Verhältnis der beiden Teilabschnitte von etwa 0,9 multipliziert, um der Ver-änderung der Verkehrsstärke an der Anschlussstelle Rechnung zu tragen. Fehlende Verkehrsdaten aufgrund eines Ausfalls der Erfassungseinrichtungen wurden anhand typisierter Ganglinien geschätzt.

Um ausschließlich solche Unfälle zu erfassen, deren Eintreten durch die Verkehrs-situation unmittelbar beeinflusst wird, wurden Unfälle bei winterglatter Straße sowie Alkoholunfälle aus der Analyse ausgeschlossen. Die Einschätzung der Verkehrsbe-lastung zum Unfallzeitpunkt erfolgte auf der Grundlage von Stundenwerten der Ver-kehrsstärke. Eine feinere Intervalleinteilung ist wegen möglicher Ungenauigkeiten bei der Erfassung des Unfallzeitpunkts durch die Polizei sowie wegen des Einflusses der Fahrtzeit zwischen dem jeweiligen Unfallort und der Messstelle nicht sinnvoll. Für die Auswertung wurden 6 Verkehrsstärkeklassen der Breite 1.000 Kfz/h gebildet. Diese relativ grobe Klasseneinteilung ergibt sich aus dem geringen Stichprobenumfang von insgesamt nur 151 Unfällen. Da nur 11 Unfälle bei Verkehrsstärken über 5.000 Kfz/h auftraten, wurden diese in einer gemeinsamen Klasse zusammengefasst. Maßgebend für die Zuordnung der Unfälle zu den Verkehrsstärkeklassen war der Stundenwert zum Unfallzeitpunkt. Anhand typisierter Tagesganglinien wurde geprüft, ob diese Verkehrs-stärke aufgrund der Auswirkungen des Unfalls ungewöhnlich gering war. Sofern das Verhältnis der Verkehrsstärke in der Stunde des Unfallereignisses zur Verkehrsstärke in der vorangegangenen Stunde um mehr als 20 % unter dem aus Typganglinien er-

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mittelten Verhältniswert lag, wurde der Stundenwert zum Unfallzeitpunkt anhand der Typganglinienwerte korrigiert.

Bei der Beurteilung des Unfallrisikos in Abhängigkeit von der Verkehrsbelastung an-hand von Kenngrößen ist die Häufigkeit der jeweiligen Verkehrsstärkeklasse zu berück-sichtigen. Um aussagekräftige und untereinander vergleichbare Werte zu erhalten, wurden die für die einzelnen Verkehrsstärkeklassen ermittelten Unfalldichten daher durch den Zeitanteil der jeweiligen Belastungsstufe dividiert. Bei der Berechnung von Unfallraten wurde die Fahrleistung in der jeweiligen Verkehrsstärkeklasse als Bezugs-größe angesetzt, wodurch die unterschiedliche Häufigkeit der einzelnen Belastungs-stufen implizit berücksichtigt wird. Die auf diese Weise für den Untersuchungsabschnitt der Autobahn A 5 ermittelten Unfallkenngrößen in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke sind in Tab. 6-16 angegeben.

Verkehrsstärke [Kfz/h] 0 - 1.000 1.000 - 2.000

2.000 - 3.000

3.000 - 4.000

4.000 - 5.000 > 5.000 alle

UD(P) [U/(km · a)] 2,16 2,61 4,05 3,99 3,85 3,84 3,28 UKD(P) [€/(km · a)] 285.465 414.770 294.515 289.404 205.853 400.925 306.741 UR(P) [U/(109 Kfz · km)] 250,88 107,64 96,71 69,11 53,16 41,54 78,19 UKR(P) [€/(103 Kfz · km)] 33,08 17,12 7,04 5,02 2,84 4,34 7,30

Tab. 6-16: Unfallkenngrößen in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke für die Autobahn A 5 zwischen Zeppelinheim und Weiterstadt (ohne Glätte- und Alkoholunfälle)

Als Maß für die Beurteilung des Unfallgeschehens eignen sich vor allem fahrleistungs-bezogene Kenngrößen, weil diese das Unfallrisiko für den einzelnen Verkehrsteil-nehmer am besten repräsentieren. Die für die Untersuchungsstrecke der Autobahn A 5 ermittelten Funktionen der Unfallrate und Unfallkostenrate in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke sind in Bild 6-2 graphisch dargestellt. Die Darstellung verdeutlicht das sehr hohe Unfallrisiko bei geringer Verkehrsbelastung. Bei Verkehrsstärken unter 1.000 Kfz/h ist die Unfallrate mehr als dreimal so hoch und die Unfallkostenrate mehr als viermal so hoch wie der durchschnittliche Wert für alle Belastungsstufen. Der Unterschied zwischen den Funktionen der Unfallrate und der Unfallkostenrate zeigt, dass Unfälle bei geringen Verkehrsstärken besonders schwerwiegende Folgen haben.

Die in Bild 6-2 dargestellten Kurvenverläufe stimmen qualitativ mit den Ergebnissen der Untersuchung von Pöppel-Decker e.a. (2003) für zwei- und dreistreifige Richtungsfahr-bahnen überein. Dennoch sind die sehr geringen Unfall- und Unfallkostenraten bei hohen Verkehrsstärken auf der Autobahn A 5 insbesondere vor dem Hintergrund der in diesem Abschnitt beobachteten hohen Anteile riskanter Abstände (vgl. Kapitel 4.2.4) bemerkenswert.

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0

50

100

150

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250

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0-1000 1000-2000 2000-3000 3000-4000 4000-5000 >5000q [Kfz/h]

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0 Kf

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)]

UnfallrateUnfallkostenrate

Bild 6-2: Unfallrate und Unfallkostenrate in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke für die Autobahn A 5 zwischen AS Zeppelinheim und AS Weiterstadt (Unfälle mit Personenschaden, ohne Glätte- und Alkoholunfälle)

Hinsichtlich der hohen Unfallraten und Unfallkostenraten bei geringen Verkehrsstärken ist zu beachten, dass sich vor allem in diesem Belastungsbereich die Einflüsse des Verkehrsablaufs und der Lichtverhältnisse auf das Unfallgeschehen überlagern. Daher wurden in einer weiteren Auswertung ausschließlich die Unfälle bei Helligkeit betrachtet. Die Ermittlung der Unfallkenngrößen für dieses Teilkollektiv ergab für die Verkehrs-stärkeklasse 0 - 1.000 Kfz/h eine Unfallrate von 937,6 U/(109 Kfz*km) und damit einen noch erheblich höheren Wert als bei der Betrachtung sämtlicher Intervalle. Dieses Ergebnis ist wegen der geringen Zahl von nur 4 Unfällen bei Helligkeit und Verkehrs-stärken unter 1.000 Kfz/h sowie der geringen Trennschärfe bei der Unterscheidung zwischen Helligkeit und Dunkelheit nur als Anhaltspunkt zu sehen. Dennoch ergibt sich relativ eindeutig, dass das erhöhte Unfallrisiko bei geringen Verkehrsstärken nicht auf den Einfluss der Dunkelheit zurückzuführen sind.

6.2.7 Zusammenfassung

Als wesentliche Ergebnisse aus der Unfalluntersuchung lassen sich festhalten:

• Der achtstreifige Abschnitt der Autobahn A 5 fällt nicht durch ein besonderes Unfall-risiko auf. Insbesondere die Abschnitte 1 (Nord) und 3 (Süd) der Untersuchungs-strecke mit dichter Knotenpunktfolge und teilweiser Geschwindigkeitsbeschränkung sind in jeder Hinsicht sicherer als der Durchschnitt aller Autobahnen. Verglichen damit ist der dazwischen liegende Abschnitt, der mit hoher Geschwindigkeit befahren wird, eher risikobehaftet, was Unfälle mit schwerem Personenschaden angeht. Aber auch dieser Abschnitt ist im Vergleich zum Bundesdurchschnitt als relativ sicher zu bewerten.

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• Ausgeprägte Unfallhäufungen treten im Verlauf der Untersuchungsstrecke nicht auf. Allerdings wurde im Bereich von Unstetigkeiten in der Streckengeometrie und an Knotenpunkten teilweise eine erhöhte Unfallhäufigkeit festgestellt.

• Das Unfallgeschehen bei Nässe zeigt keine Auffälligkeiten.

• Bei sehr geringen Verkehrsstärken besteht ein erhöhtes Unfallrisiko.

6.3 Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmer 6.3.1 Methodik

Zur Analyse des Sicherheitsempfindens und des Verhaltens der Verkehrsteilnehmer auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen wurde eine Befragung durchgeführt. Im Mittelpunkt des Interesses standen die Erfahrungen und Beobachtungen von Verkehrsteilnehmern, die den achtstreifigen Abschnitt der Autobahn A 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt regelmäßig nutzen.

Die Befragung wurde in zwei Teilen durchgeführt. Der erste Teil umfasste persönliche Interviews mit jeweils 50 Pkw- und Lkw-Fahrern. Diese Interviews wurden am Dienstag, dem 5. Juli 2005, an der Tank- und Rastanlage Gräfenhausen im Bereich des acht-streifigen Abschnitts der Autobahn A 5 durchgeführt. Da die Erwartung bestand, dass bei einer Befragung an einer Raststätte der Kurzstrecken- und Pendlerverkehr unterre-präsentiert ist, wurde darüber hinaus eine schriftliche Befragung durchgeführt. Dazu wurden insgesamt 500 Briefe mit Fragebögen an Bewohner der Stadt Mörfelden-Wall-dorf verteilt. Da die Stadt Mörfelden-Walldorf in unmittelbarer Nähe zum achtstreifigen Abschnitt der Autobahn A 5 liegt und durch die Anschlussstelle Langen/Mörfelden direkt an die Autobahn angebunden ist, war davon auszugehen, dass viele Bewohner der Stadt die A 5 häufig befahren. Insgesamt wurden 128 Fragebögen zurückgesandt, dies entspricht einer Rücklaufquote von 25,6 %. Die Fragebögen wurden weitgehend voll-ständig ausgefüllt, nur in wenigen Fällen wurden einzelne Fragen nicht beantwortet.

Die Fragebögen für die persönlichen Interviews mit den Pkw- und Lkw-Fahrern und den Fragebogen des schriftlichen Teils der Verkehrsteilnehmerbefragung enthält Anhang D. Bei den verwendeten Fragebögen gliedern sich die Fragen grob in vier Themenblöcke:

• Fragen zum allgemeinen Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmer Das Sicherheitsempfinden wurde bei den Pkw- und Lkw-Fahrern in gleicher Weise erfragt. Die erste Frage dieses Blocks zielte auf das allgemeine Sicherheitsempfin-den auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen, die zweite Frage auf die Beurteilung der Übersichtlichkeit und Sicherheit des Verkehrsablaufs im Vergleich zu zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen.

• Fragen zu Erfahrungen und Beobachtungen zum Verkehrsablauf Durch die allgemeinen Fragen zum Verkehrsgeschehen auf vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen im Vergleich zu zwei- und dreistreifigen Fahrbahnen sollte insbesondere überprüft werden, inwieweit die objektiv ermittelbaren Parameter des Verkehrsab-

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laufs mit dem subjektiven Empfinden der Verkehrsteilnehmer übereinstimmen. Die Fragen bezogen sich auf die Auslastung des linken Fahrstreifens, das Geschwindig-keitsniveau der Pkw, die Häufigkeit kritischer Situationen sowie das Ausweichver-halten der Verkehrsteilnehmer auf der Hauptfahrbahn an Einfahrten. Bei den Lkw-Fahrern wurde zusätzlich nach der Häufigkeit von Überholmöglichkeiten für Lkw sowie nach dem Ausmaß der Kolonnenbildung auf dem rechten Fahrstreifen vor stark belasteten Ausfahrten gefragt.

• Fragen zum persönlichen Fahrverhalten Die Fragen zum persönlichen Fahrverhalten richteten sich ausschließlich an die Pkw-Fahrer. Gefragt wurde nach der Häufigkeit der Fahrstreifenwechsel, nach dem Geschwindigkeitsverhalten, nach Problemen bei der Zuordnung der Fahrzeuge im Rückspiegel zu den einzelnen Fahrstreifen sowie nach dem Verhalten beim Ausfahren aus der Autobahn. Diese Fragen sind für Lkw nicht relevant, weil das Fahrverhalten der Lkw-Fahrer durch die Beschränkung auf die Nutzung der beiden rechten Fahrstreifen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h Restriktionen unterworfen ist.

• Statistische Fragen Die statistischen Fragen umfassen Angaben zur Häufigkeit der Nutzung achtstrei-figer Autobahnen, zur jährlichen Fahrleistung, zur überwiegend genutzten Straßen-kategorie sowie zum Alter und Geschlecht der Fahrer. Bei den Pkw-Fahrern wurde zusätzlich der Fahrzeugtyp erfragt.

Die Reihenfolge der Fragen wurde dem jeweiligen Verwendungszweck der Fragebögen angepasst. Für die persönlichen Interviews wurde die Frage nach der Häufigkeit der Befahrung des achtstreifigen Abschnitts der Autobahn A 5 an den Anfang gestellt, um den Befragten den Einstieg in die Thematik zu erleichtern. Beim schriftlichen Teil der Befragung erfolgte dagegen eine ausführliche Erläuterung des Bezugs der Befragung zur Autobahn A 5 bereits im Anschreiben, so dass hier direkt mit den Fragen zum Sicherheitsempfinden begonnen wurde. Um die Unvoreingenommenheit der Befragten zu gewährleisten, wurden grundsätzlich zunächst die Fragen zum allgemeinen Sicher-heitsempfinden gestellt, ehe anschließend auf Detailaspekte des Verkehrsablaufs ein-gegangen wurde. Die konkreten Fragen nach der Häufigkeit kritischer Situationen sowie nach Problemen bei der Zuordnung der Fahrzeuge im Rückspiegel zu den einzelnen Fahrstreifen dienten auch zur Überprüfung der Konsistenz zu den zuvor getroffenen allgemeinen Aussagen zum Sicherheitsempfinden und zur Übersichtlichkeit des Verkehrsgeschehens auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen. Die statistischen Fragen bildeten jeweils – abgesehen von der o.g. ersten Frage bei den persönlichen Interviews – den Abschluss der Befragung.

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6.3.2 Sicherheitsempfinden der Pkw-Fahrer

Für die Gruppe der Pkw-Fahrer wurden die beiden Teile der Verkehrsteilnehmerbe-fragung gemeinsam ausgewertet, da sämtliche Fragen der persönlichen Interviews und des schriftlichen Teils der Befragung identisch oder – im Fall der Frage nach der Häufigkeit der Nutzung vierstreifiger Richtungsfahrbahnen – inhaltlich vergleichbar sind. Eine Differenzierung verhaltenshomogener Gruppen erfolgte anhand der statistischen Angaben der Befragten.

Unter den insgesamt 178 befragten Pkw-Fahrern sind 138 Männer und 32 Frauen, bei 8 der zurückgesandten Fragebögen wurde die Frage nach dem Geschlecht nicht beant-wortet. Bild 6-3 zeigt die Altersverteilung der Befragten. Es ist erkennbar, dass Fahrer über 60 Jahre eher überrepräsentiert sind, wohingegen der Anteil der Fahrer zwischen 18 und 25 Jahren mit insgesamt 7 Befragten sehr gering ist. Der hohe Anteil älterer Fahrer ergibt sich in erster Linie aus den Rücksendungen der schriftlichen Befragung.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

18 - 25 Jahre 25 - 40 Jahre 40 - 60 Jahre über 60 Jahre

Ante

il

alle Befragtenpersönl. Interviewsschriftl. Befragung

Bild 6-3: Altersverteilung der befragten Pkw-Fahrer

Von großer Bedeutung für die Auswertung der Fragen zum Sicherheitsempfinden und zum Verkehrsablauf ist die Berücksichtigung der persönlichen Fahrerfahrung der Befragten. Da der Vergleich vierstreifiger Richtungsfahrbahnen mit zwei- und dreistrei-figen Fahrbahnen im Mittelpunkt der Befragung stand, betrifft dies sowohl die allge-meine Routine im Fahrverhalten als auch die spezifischen Erfahrungen mit dem Ver-kehrsablauf auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen. Der Aspekt der persönlichen Fahr-erfahrung kann aus den Fragen zur Häufigkeit der Nutzung achtstreifiger Autobahnen, zur jährlichen Fahrleistung sowie zur überwiegend genutzten Straßenkategorie abge-leitet werden. Um einerseits die Fahrerfahrung möglichst genau zu erfassen, anderer-seits aber ausreichend große Teilkollektive analysieren zu können, wurden die Befrag-ten in drei verhaltenshomogene Gruppen eingeteilt: „Wenigfahrer“, „Normalfahrer“ und „Vielfahrer“. Die Einteilung in diese Teilkollektive erfolgte durch die Verknüpfung der Antworten auf die Fragen nach der jährlichen Fahrleistung und der Häufigkeit der

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Nutzung achtstreifiger Autobahnen. Fahrer mit einer jährlichen Fahrleistung über 30.000 km, die mindestens einmal pro Monat eine achtstreifige Autobahn nutzen, wurden der Gruppe der „Vielfahrer“ zugeordnet. Die Gruppe der „Wenigfahrer“ umfasst die Befragten, die eine jährliche Fahrleistung von bis zu 30.000 km haben und seltener als einmal pro Monat auf einer achtstreifigen Autobahn unterwegs sind. Alle anderen Befragten wurden als „Normalfahrer“ kategorisiert. Bild 6-4 zeigt die Anteile der Antwort-kombinationen bezüglich der beiden für die Einteilung in die verhaltenshomogenen Gruppen berücksichtigten Fragen. Insgesamt wurden 110 Befragte (61,8 %) als „Normalfahrer“ eingestuft, die Gruppen der „Vielfahrer“ und „Wenigfahrer“ umfassen jeweils 34 Befragte (19,1 %). Die Frage nach der überwiegend genutzten Straßen-kategorie (Stadtstraße, Landstraße, Autobahn) wurde für die Einschätzung der Fahrer-fahrung nicht herangezogen, weil diese Frage vor allem wegen der Möglichkeit zu Mehrfachnennungen keine weitere Differenzierung ergeben hätte. So gaben 69,1 % der Befragten an, überwiegend auf Autobahnen unterwegs zu sein – darunter sämtliche „Vielfahrer“. Zu berücksichtigen ist, dass die drei Teilkollektive eine unterschiedliche Zusammensetzung hinsichtlich des Anteils von Männern und Frauen und insbesondere hinsichtlich der Altersverteilung aufweisen. So sind die älteren Fahrer (über 60 Jahre) bei den „Wenigfahrern“ überrepräsentiert und bei den „Vielfahrern“ unterrepräsentiert.

unter 10.000 km

10.000 - 30.000 km

über 30.000 km

min

dest

ens

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dest

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10%15%20%25%30%

Jährliche Fahrleistung

Nutzung vierstreifiger Richtungsfahrbahnen

Anteil Vielfahrer Normalfahrer Wenigfahrer

Bild 6-4: Einteilung der Pkw-Fahrer in verhaltenshomogene Gruppen hinsichtlich ihrer Fahrerfahrung durch die Verknüpfung der Antworten zur jährlichen Fahrleistung und zur Häufigkeit der Nutzung achtstreifiger Autobahnen

In Bild 6-5 ist die Verteilung der Antworten hinsichtlich des Sicherheitsempfindens beim Befahren achtstreifiger Richtungsfahrbahnen für alle Verkehrsteilnehmer sowie getrennt für die „Wenigfahrer“, „Normalfahrer“ und „Vielfahrer“ dargestellt. Es ist erkennbar, dass im Durchschnitt der Antworten das Sicherheitsgefühl mit zunehmender Fahrerfahrung besser wird. Auf der fünfteiligen Skala von „sehr sicher“ bis „sehr unsicher“ verteilen sich 84,9 % der Antworten von allen Befragten auf die oberen beiden Stufen, nur 11 Fahrer (6,2 %) fühlen sich „unsicher“ oder „sehr unsicher“. Eine genauere Analyse der

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„unsicheren“ oder „sehr unsicheren“ Fahrer ergab, dass in dieser Gruppe der Anteil der „Wenigfahrer“ sowie der jungen und älteren Fahrer (unter 25 bzw. über 60 Jahre) über-durchschnittlich hoch ist.

0%

10%

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sehr sicher sehr unsicher

Ant

eil

alle FahrerVielfahrerNormalfahrerWenigfahrer

Bild 6-5: Sicherheitsempfinden der Pkw-Fahrer auf achtstreifigen Autobahnen

Die Sicherheit (Bild 6-6) und Übersichtlichkeit (Bild 6-7) achtstreifiger Autobahnen wird vom überwiegenden Teil der befragten Pkw-Fahrer als besser im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen eingeschätzt. Nur 12,9 % aller Befragten sehen Nachteile hinsichtlich der Sicherheit achtstreifiger Autobahnen, die Übersichtlichkeit wird von 16,8 % der Befragten als schlechter beurteilt. Die „Vielfahrer“ sehen die Sicherheit und Übersichtlichkeit achtstreifiger Autobahnen besonders positiv. Eine Gegenüberstellung der Antworten auf die Fragen nach dem allgemeinen Sicherheitsempfinden beim Befahren achtstreifiger Autobahnen und dem Vergleich der Sicherheit mit vier- und sechsstreifigen Autobahnen ergibt einen relativ deutlichen Zusammenhang. Fahrer, die sich auf achtstreifigen Autobahnen sicher fühlen, beurteilen auch den Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen überdurchschnittlich positiv (vgl. Bild 6-8). Der Korrela-tionskoeffizient zwischen den (numerisch skalierten) Antworten auf die beiden Fragen beträgt 0,44. Dies lässt den Schluss zu, dass die überwiegend positiven Antworten zum Sicherheitsempfinden nicht ausschließlich aus einem generell guten Sicherheitsgefühl beim Fahren, sondern zumindest teilweise auch aus einer besonders positiven Ein-schätzung der Sicherheit achtstreifiger Autobahnen resultieren.

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Normalfahrer

Wenigfahrer

Bild 6-6: Beurteilung der Sicherheit achtstreifiger Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen

0%

10%

20%

30%

40%

50%

viel besser etwas besser gleich etwasschlechter

viel schlechter

Ant

eil

alle Fahrer

Vielfahrer

Normalfahrer

Wenigfahrer

Bild 6-7: Beurteilung der Übersichtlichkeit des Verkehrsgeschehens auf achtstreifigen Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen

Page 150: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

150

viel

bes

ser

etw

as b

esse

r

glei

ch

etw

as s

chle

chte

r

viel

sch

lech

ter

sehr sicher

sehr unsicher

0%

5%

10%

15%

20%

Anteil

Sicherheits-empfinden auf achtstreifigen Autobahnen

Vergleich mit sechs- und vierstreifigen Autobahnen

Bild 6-8: Verteilung der Antwortkombinationen der Pkw-Fahrer auf die Fragen nach ihrem Sicherheits-empfinden auf achtstreifigen Autobahnen und nach der Sicherheit im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen

Es wird mehr auf der linken Spur gefahren.

18,5%25,8% 23,6% 24,2%

7,9%

Es wird weniger auf der linken Spur gefahren.

Die Geschwindigkeiten der Pkw sind höher.

41,0% 40,4%

15,2%

2,2% 1,1%

Die Geschwindigkeiten der Pkw sind geringer.

Es kommt häufiger zu kritischen Situationen (dichtes

Auffahren, riskante Spurwechsel etc.).

17,4% 18,5%23,6% 26,4%

13,5%

Es kommt seltener zu kritischen Situationen.

Das Einfahren auf die Autobahn ist leichter, weil die

Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn eher nach links ausweichen bzw. links fahren.

41,0%34,3%

20,2%

2,2% 1,1%

Das Einfahren auf die Autobahn ist schwieriger.

Bild 6-9: Beurteilung von Aussagen zum Verkehrsgeschehen auf achtstreifigen Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen durch die Pkw-Fahrer

Page 151: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

151

In Bild 6-9 sind die Antworten der Pkw-Fahrer auf die Fragen zu Beobachtungen hinsichtlich des Verkehrsgeschehens auf achtstreifigen Autobahnen zusammengestellt. Nach Ansicht des überwiegenden Teils der Befragten ist das Geschwindigkeitsniveau der Pkw auf achtstreifigen Autobahnen höher und das Einfahren auf die Autobahn an Anschlussstellen leichter als auf vier- und sechsstreifigen Autobahnen. Hinsichtlich der Nutzung des linken Fahrstreifens und der Häufigkeit kritischer Situationen sind die Meinungen dagegen geteilt. Die separate Betrachtung der „Wenigfahrer“, „Normal-fahrer“ und „Vielfahrer“ ergibt keine wesentlichen Abweichungen von der Verteilung der Gesamtheit der Antworten. Allenfalls die Häufigkeit kritischer Situationen wird von den „Wenigfahrern“ negativer beurteilt als von allen Befragten. Eine Differenzierung nach Alter und Geschlecht der Befragten ergibt ebenfalls keine nennenswerten Unterschiede.

Die Gegenüberstellung der Antworten auf die Fragen nach der Sicherheit einerseits und der Häufigkeit kritischer Situationen andererseits (Bild 6-10) zeigt, dass das allgemeine Sicherheitsempfinden der Pkw-Fahrer tendenziell etwas besser ist als die konkreten Erfahrungen mit dem Verkehrsablauf auf achtstreifigen Autobahnen. 25,7 % der Befrag-ten beurteilen die allgemeine Sicherheit um mindestens zwei Bewertungsstufen besser als die Häufigkeit kritischer Situationen, für nur 4,0 % der Befragten gilt das Gegenteil. Beim überwiegenden Teil der Pkw-Fahrer weichen die Antworten zu diesen beiden Fragen jedoch nur um maximal eine Bewertungsstufe voneinander ab, so dass das Ant-wortverhalten insgesamt als relativ konsistent angesehen werden kann.

häufigeretwas häufiger

gleichetwas seltener

seltener

viel

bes

ser

etw

as b

esse

r

glei

ch

etw

as s

chle

chte

r

viel

sch

lech

ter

0%

5%

10%

15%

20%

Anteil

Häufigkeit kritischer

Situationen

Sicherheit

Bild 6-10: Verteilung der Antwortkombinationen der Pkw-Fahrer auf die Fragen nach der Sicherheit und nach der Häufigkeit kritischer Situationen auf achtstreifigen Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen

Die Aussagen der befragten Pkw-Fahrer zum eigenen Fahrverhalten auf achtstreifigen Autobahnen sind in Bild 6-11 zusammengefasst. Relativ ausgeglichen verteilen sich die Antworten hinsichtlich des Bemühens, möglichst wenig den Fahrstreifen zu wechseln. Die Aussage, dass die Breite vierstreifiger Fahrbahnen zu einer schnelleren Fahrweise

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152

führt, wird von fast der Hälfte der Befragten als zutreffend oder voll zutreffend beurteilt. Die Zuordnung der Fahrzeuge im Rückspiegel bereitet dem Großteil der Pkw-Fahrer keine Probleme. Dies bestätigt das positive Meinungsbild bei der allgemeinen Frage nach der Übersichtlichkeit des Verkehrsgeschehens auf achtstreifigen Autobahnen (vgl. Bild 6-7). Zum Verhalten beim Ausfahren aus der Autobahn gibt der Großteil der Befragten an, sich frühzeitig rechts einzuordnen.

trifft voll zu trifft nicht zu

Ich versuche, möglichst wenig die Spur zu wechseln.

21,3% 21,9% 20,2%13,5%

23,0%

Die Breite der Autobahn führt bei mir zu schnellerer Fahrweise.

19,1%

29,2%

17,4%11,8%

21,9%

Fahrzeuge sind im Rückspiegelnur schwer den Fahrspuren zuzuordnen.

6,7%12,9% 16,9%

21,3%

42,1%

Wenn ich die Autobahn verlassen möchte,ordne ich mich möglichst frühzeitig rechts ein.

51,7%

18,0% 19,1%

7,9%3,4%

Bild 6-11: Aussagen der Pkw-Fahrer zum persönlichen Fahrverhalten auf achtstreifigen Autobahnen

Im Gegensatz zu den Beobachtungen zum allgemeinen Verkehrsgeschehen zeigen sich bei den Aussagen zum eigenen Fahrverhalten teilweise deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Fahrerfahrung der Befragten. So ist bei den „Wenigfahrern“ die Tendenz zur Vermeidung von Fahrstreifenwechseln und zum frühzeitigen Einordnen auf dem rechten Fahrstreifen beim Ausfahren aus der Autobahn deutlich stärker ausgeprägt als bei der Gesamtheit der Fahrer. Auch die Zuordnung der Fahrzeuge im Rückspiegel wird im Mittel als problematischer angesehen. Bei „Vielfahrern“ ist dagegen ins-besondere die Neigung zu schnellerer Fahrweise auf vierstreifigen Fahrbahnen über-durchschnittlich stark ausgeprägt – 67,7 % der Antworten in dieser Gruppe verteilen sich auf die ersten beiden Stufen der Bewertungsskala. Die Tendenz zur schnelleren Fahrweise ist generell bei den befragten Männern deutlich stärker ausgeprägt als bei

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153

den Frauen. Die Differenzierung nach dem Alter der Verkehrsteilnehmer ergibt, dass die Gruppe der Fahrer über 60 Jahre im Mittel eher eine defensivere Fahrweise (d.h. weniger Fahrstreifenwechsel, langsamere Fahrweise und frühzeitiges Einordnen auf dem rechten Fahrstreifen vor Ausfahrten) wählt. Für die jungen Fahrer lassen sich wegen der geringen Anzahl der Befragten in der Altersgruppe bis 25 Jahre keine gesicherten Aussagen machen.

6.3.3 Sicherheitsempfinden der Lkw-Fahrer

Die Auswertung der statistischen Daten der Lkw-Fahrer ergab ein sehr homogenes Bild. Alle Befragten sind männlich und zwischen 25 und 65 Jahre alt. Die jährliche Fahr-leistung liegt bei allen Fahrern über 50.000 km. Mit einer Ausnahme sind die Fahrer überwiegend auf Fernstrecken, d.h. deutschlandweit (38 %) oder europaweit (60 %), unterwegs. 58 % der befragten Lkw-Fahrer befahren den achtstreifigen Abschnitt der Autobahn A 5 mindestens einmal pro Woche, nur 16 % seltener als einmal pro Monat. Wegen der homogenen Zusammensetzung der befragten Lkw-Fahrer und des insge-samt relativ geringen Stichprobenumfangs erfolgte keine Unterscheidung verhaltens-homogener Gruppen. Lediglich die Häufigkeit der Nutzung von Autobahnen mit vier-streifigen Richtungsfahrbahnen wurde als Differenzierungsmerkmal in die Auswertung einbezogen.

Bild 6-12 zeigt die Verteilung der Antworten der Lkw-Fahrer auf die Frage nach ihrem Sicherheitsgefühl beim Befahren achtstreifiger Autobahnen. 86 % der Fahrer fühlen sich sicher oder sehr sicher, nur 10 % der Fahrer verspüren eine mehr oder weniger starke Unsicherheit. Bild 6-13 zeigt, dass das Gefühl der Unsicherheit insbesondere bei Fahrern auftritt, die nur selten auf dem achtstreifigen Abschnitt der Autobahn A 5 unter-wegs sind.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

sehr sicher sehr unsicher

Ant

eil

Bild 6-12: Sicherheitsempfinden der Lkw-Fahrer

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154

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

sehr sicher sehr unsicher

Ant

eil

mindestens 1x pro Wochemindestens 1x pro Monatseltener als 1x pro Monat

Bild 6-13: Sicherheitsempfinden der Lkw-Fahrer in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Befahrung des achtstreifigen Abschnitts der Autobahn A 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt

Der in Bild 6-14 dargestellte Vergleich der Übersichtlichkeit und Sicherheit des Ver-kehrsgeschehens auf achtstreifigen Autobahnen mit vier- und sechsstreifigen Autobah-nen ergibt ein außerordentlich positives Bild. Jeweils zwei Drittel der Lkw-Fahrer beurteilen die Übersichtlichkeit und Sicherheit auf achtstreifigen Autobahnen als „etwas besser“ oder „viel besser“, nur ein geringer Anteil der Fahrer sieht Nachteile im Ver-gleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

viel besser etwas besser gleich etw. schlechter viel schlechter

Ant

eil

ÜbersichtlichkeitSicherheit

Bild 6-14: Beurteilung der Übersichtlichkeit und Sicherheit achtstreifiger Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen durch die Lkw-Fahrer

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155

Es wird mehr auf der linken Spur gefahren.

34%

8%

32%

2%

24%

Es wird weniger auf der linken Spur gefahren.

Die Geschwindigkeiten der Pkw sind höher.

54%

12%

32%

0% 2%

Die Geschwindigkeiten der Pkw sind geringer.

Es bieten sich mehr Überholmöglichkeiten (für Lkw).

60%

14%22%

4% 0%

Es bieten sich weniger Überholmöglichkeiten.

Es kommt häufiger zu kritischen Situationen (dichtes

Auffahren, riskante Spurwechsel etc.).

34%

16% 16%6%

28%

Es kommt seltener zu kritischen Situationen.

Vor stark belasteten Ausfahrten kommt es auf der rechten Spur

öfter zu dichten Kolonnen.

26%16%

22%

8%

26%

Vor Ausfahrten kommt es seltener zu Kolonnen.

Das Einfahren auf die Autobahn ist leichter, weil die

Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn eher nach links ausweichen bzw. links fahren.

74%

16%6% 2% 0%

Das Einfahren auf die Autobahn ist schwieriger.

Bild 6-15: Beurteilung von Aussagen zum Verkehrsgeschehen auf achtstreifigen Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen durch die Lkw-Fahrer

In Bild 6-15 sind die Antworten der Lkw-Fahrer auf die Fragen nach der Beurteilung konkreter Aspekte des Verkehrsgeschehens auf achtstreifigen Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen zusammengestellt. Bei drei Aussagen zeigt

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156

sich ein eindeutiges Meinungsbild: Nach dem mehrheitlichen Urteil der Lkw-Fahrer sind die mittleren Geschwindigkeiten der Pkw auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen höher als auf drei- oder zweistreifigen Fahrbahnen, es bieten sich mehr Überholmöglichkeiten für Lkw und das Einfahren auf die Autobahn ist leichter, weil die Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn eher nach links ausweichen bzw. links fahren. Bei den Fragen nach der Auslastung des linken Fahrstreifens, nach der Häufigkeit kritischer Situationen und nach dem Ausmaß der Kolonnenbildung auf dem rechten Fahrstreifen vor stark belasteten Ausfahrten sind die Antworten dagegen uneinheitlich und zeigen keine eindeutige Tendenz.

Bemerkenswert ist, dass bei den befragten Lkw-Fahrern die konkrete Beurteilung der Häufigkeit kritischer Situationen deutlich negativer ausfällt als die allgemeine Frage nach der Sicherheit achtstreifiger Autobahnen (vgl. Bild 6-14). Aus Bild 6-16 lässt sich ableiten, dass insgesamt 38 % der Lkw-Fahrer die Frage nach der allgemeinen Sicher-heit achtstreifiger Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen um mindestens zwei Bewertungsstufen besser beurteilen als die Frage nach der Häufigkeit kritischer Situationen. Offensichtlich ist das subjektive Sicherheitsempfinden der Lkw-Fahrer besser, als es anhand konkreter Beobachtungen und Erfahrungen gerechtfertigt wäre. Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass sich die Frage nach der Häufigkeit kritischer Situationen auf das gesamte Verkehrsgeschehen (einschließlich des Pkw-Verkehrs) bezieht, wohingegen das subjektive Sicherheitsgefühl vermutlich stärker von der individuellen Situation der Lkw-Fahrer beeinflusst wird.

häufigeretwas häufiger

gleichetwas seltener

seltener

viel

bes

ser

etw

as b

esse

r

glei

ch

etw

as s

chle

chte

r

viel

sch

lech

ter

0%2%4%6%8%

10%12%14%16%18%

Anteil

Häufigkeit kritischer

Situationen

Sicherheit

Bild 6-16: Verteilung der Antwortkombinationen der Lkw-Fahrer auf die Fragen nach der Sicherheit und nach der Häufigkeit kritischer Situationen auf achtstreifigen Autobahnen im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen

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157

6.3.4 Gesamtbetrachtung

Zusammenfassend liefert die Verkehrsteilnehmerbefragung zum Verkehrsgeschehen auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen folgende Erkenntnisse:

• Der überwiegende Teil der Pkw- und Lkw-Fahrer beurteilt die Sicherheit achtstreifiger Autobahnen außerordentlich positiv. Dies gilt auch im Vergleich mit vier- und sechs-streifigen Autobahnen. Nur einzelne Fahrer, vor allem solche mit einer geringen Routine hinsichtlich der Nutzung achtstreifiger Autobahnen, fühlen sich unsicher. Das allgemeine Sicherheitsempfinden ist allerdings insbesondere bei den Lkw-Fahrern tendenziell besser als die konkrete Beurteilung der Häufigkeit kritischer Situationen. Dies legt den Schluss nahe, dass die sehr gute Einschätzung der Sicherheit zum Teil auch auf eine positive Grundeinstellung gegenüber achtstreifigen Autobahnen zu-rückzuführen ist.

• Bezüglich der Pkw-Geschwindigkeiten stimmen die subjektiven Erfahrungen der Verkehrsteilnehmer wie auch die Einschätzung des eigenen Fahrverhaltens mit den in Kapitel 3 und 4 anhand empirischer Verkehrsdaten gewonnenen Erkenntnissen überein. Die Verkehrsteilnehmer sind sich demnach der Tatsache bewusst, dass das Geschwindigkeitsniveau auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ohne Geschwindig-keitsbeschränkung besonders hoch ist.

• Die Angaben zur Übersichtlichkeit des Verkehrsgeschehens, zu den Erfahrungen mit dem Einfahren auf vierstreifige Richtungsfahrbahnen sowie zur Anzahl der Überhol-möglichkeiten für Lkw machen deutlich, dass der Verkehrsablauf auf achtstreifigen Autobahnen von den Verkehrsteilnehmern als weitgehend unproblematisch empfun-den wird.

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158

7 Empfehlungen

7.1 Verkehrstechnische Bemessungswerte 7.1.1 Kontext der Richtlinien

Ein wesentliches Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Erarbeitung von Be-messungswerten für die verkehrstechnische Analyse von Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen. Diese Werte sollen zur Übernahme in das Handbuch für die Be-messung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) vorgeschlagen werden.

Die Bemessungsverfahren des HBS (2001) basieren auf dem Konzept der Qualitäts-stufen des Verkehrsablaufs, das an das „Level of Service“-Konzept des amerikanischen HCM (2000) angelehnt ist. Danach erfolgt eine Einschätzung der Qualität des Verkehrs-ablaufs für eine definierte Spitzenstunde anhand von sechs Stufen der Qualität des Ver-kehrsablaufs (A bis F). Das maßgebende Qualitätskriterium für die Beurteilung des Ver-kehrsablaufs auf Autobahnabschnitten außerhalb der Knotenpunkte ist der Aus-lastungsgrad, d.h. der Quotient aus der Bemessungsverkehrsstärke und der Kapazität. Der Auslastungsgrad wurde – in Abgrenzung zu dem gemäß den RAS-N (1988) maß-gebenden Kriterium der mittleren Reisegeschwindigkeit – gewählt, um zu berück-sichtigen, dass beispielsweise verringerte Geschwindigkeiten auf Steigungsstrecken oder im Bereich von Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht zu einer Reduktion des Qualitätsniveaus führen.

Im HBS (2001) werden für Autobahnabschnitte mit zwei- und dreistreifigen Richtungs-fahrbahnen Kapazitätswerte und q-v-Beziehungen für Tageslicht und trockene Verhält-nisse angegeben. Die Bemessungswerte gelten für eine Analyse in Stunden-Intervallen. Für Strecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung wird zwischen folgenden Parame-tern unterschieden:

• Lage: innerhalb und außerhalb von Ballungsräumen,

• Längsneigung: ≤ 2 %, 3 %, 4 % und 5 %,

• Schwerverkehrsanteil: 0 %, 10 % und 20 %.

Für Abschnitte mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120, 100 und 80 km/h werden Kapazitätswerte und q-v-Diagramme für Strecken mit einer Längsneigung von bis zu 2 % ohne eine Unterscheidung nach der Lage innerhalb oder außerhalb von Ballungs-räumen angegeben. Für Abschnitte mit Verkehrsbeeinflussungsanlage sind die Kapazi-täten für Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 und 80 km/h anzusetzen.

Die durchgeführten empirischen Untersuchungen des Verkehrsablaufs auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ermöglichen spezifische Aussagen zu den analysierten Strecken-abschnitten. Wegen der starken Abhängigkeit des Verkehrsablaufs von den jeweiligen Verkehrs- und Umfeldbedingungen sowie weiteren zufälligen Einflussfaktoren ist für die Entwicklung von Bemessungswerten eine Verallgemeinerung erforderlich, die eine Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse auf Strecken mit anderen Parametern er-möglicht.

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159

7.1.2 Kapazitätswerte

Ausgangspunkt für die Herleitung von Kapazitätswerten für die verkehrstechnische Bemessung vierstreifiger Richtungsfahrbahnen bildeten die mit dem Modell von van Aerde (1995) ermittelten Kapazitäten in Stunden-Intervallen (vgl. Bild 3-22 und Tab. 3-5). Diese Werte sind hinsichtlich der zugrunde liegenden Berechnungsmethode am besten mit den Kapazitäten des HBS (2001) für zwei- und dreistreifige Richtungsfahr-bahnen vergleichbar. Für Streckentypen, für die keine geeigneten Querschnitte zur Ermittlung der Kapazität im q-v-Diagramm verfügbar waren, wurden für die Herleitung der Bemessungswerte die Ergebnisse der stochastischen Kapazitätsanalyse (Kapitel 3.5.2) sowie weitere Erkenntnisse aus den empirischen Untersuchungen herange-zogen. Alle Kapazitätswerte wurden auf ein Vielfaches von 100 abgerundet.

Im Einzelnen liegen der Herleitung der Kapazitätswerte die folgenden Überlegungen zu-grunde:

• Für ebene Strecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung innerhalb von Ballungs-räumen mit etwa 10 % Schwerverkehrsanteil wurde anhand der Verkehrsdaten des Querschnitts A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad) eine Kapazität im q-v-Diagramm von 7.678 Kfz/h ermittelt. Am Querschnitt A5/2AXN (AS Langen/ Mörfelden – AS Zeppelinheim), der einen größeren Abstand zu Knotenpunkten und daher eine schwächere Belastung des rechten Fahrstreifens bei hohen Verkehrs-stärken aufweist, wurden nur vereinzelte Überlastungen beobachtet. Daher repräsen-tiert der mit dem Verkehrsflussmodell von van Aerde (1995) ermittelte Wert nicht die tatsächliche Kapazität des vierstreifigen Querschnitts. Allerdings ergab die stochasti-sche Kapazitätsanalyse für die Querschnitte A5/68AN und A5/2AXN vergleichbare Perzentile der Verteilungsfunktion. Als Bemessungswert wird daher eine Kapazität von 7.600 Kfz/h angesetzt.

• Für ebene Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h (Querschnitt A5/68S, AS Frankfurt-Niederrad – Frankfurter Kreuz) und Verkehrsbeeinflussungs-anlage (Querschnitt A3/121GN, Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd) wurden im q-v-Diagramm Kapazitäten von 8.565 Kfz/h bzw. 7.872 Kfz/h für einen Schwerver-kehrsanteil von etwa 10 % ermittelt. Die sehr hohe Kapazität des Querschnitts A5/68S resultiert insbesondere aus der starken Auslastung des rechten Fahr-streifens, die auf die Lage des Querschnitts in unmittelbarer Nähe zum Sortierbereich am Frankfurter Kreuz zurückzuführen ist. Daher wird auf der Grundlage der geringeren der beiden Kapazitäten ein Bemessungswert von 7.800 Kfz/h angesetzt.

• Für Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120 km/h wird – analog zu den Werten des HBS (2001) für zwei- und dreistreifige Richtungsfahrbahnen – die Kapa-zität für Abschnitte innerhalb von Ballungsräumen ohne Geschwindigkeitsbeschrän-kung übernommen. Das q-v-Diagramm des Querschnitts A5/68AN (Frankfurter Kreuz – AS Frankfurt-Niederrad, vgl. Bild 3-4) zeigt, dass die Geschwindigkeiten der Pkw-Fahrer auf Abschnitten mit dichter Knotenpunktfolge auch ohne die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung vergleichsweise gering sind.

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• Da alle vorhandenen Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Deutschland im Bereich von Ballungsräumen liegen, sind gesicherte Aussagen zur Kapazität von Strecken außerhalb von Ballungsräumen nicht möglich. Allerdings weist insbesondere der südliche Teil des achtstreifigen Abschnitts der Autobahn A 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt hinsichtlich seiner Verbindungsfunktion, der großen Abstände zwischen den Knotenpunkten und der ermittelten Parameter des Verkehrsablaufs Merkmale einer Autobahn außerhalb von Ballungsräumen auf. Die empirischen Untersuchungen des Verkehrsablaufs auf diesem Autobahnabschnitt deuten nicht auf eine erheblich geringere Kapazität als auf den anderen analysierten Abschnitten hin. So wurden im Rahmen der Verkehrsmessung an der A 5 bei Gräfenhausen (vgl. Kapitel 4.2) in Stunden-Intervallen Verkehrsstärken von bis zu 6.900 Kfz/h bei mittleren Pkw-Geschwindigkeiten über 120 km/h beobachtet. Ande-rerseits ist zu berücksichtigen, dass sich auf Strecken mit einem höheren Anteil orts-unkundiger Fahrer (z.B. durch starken Urlaubsverkehr) möglicherweise ein weniger effizienter Verkehrsablauf einstellt. Als Bemessungswert für vierstreifige Richtungs-fahrbahnen außerhalb von Ballungsräumen mit 10 % Schwerverkehrsanteil wird eine Kapazität von 7.100 Kfz/h angesetzt. Im Vergleich zu den Werten des HBS (2001) für dreistreifige Fahrbahnen ergibt sich damit eine geringfügig größere Differenz zwi-schen den Kapazitäten für Abschnitte innerhalb und außerhalb von Ballungsräumen.

• Die Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen bei sehr hohem oder sehr geringem Schwerverkehrsanteil kann auf der Grundlage der verfügbaren Verkehrsdaten nicht eingeschätzt werden. Hinweise ergeben sich jedoch aus der Analyse der Fahr-streifenaufteilung (vgl. Kapitel 3.3). Demnach ist der rechte Fahrstreifen insbeson-dere auf Abschnitten außerhalb der Knotenpunkte ohne Geschwindigkeitsbeschrän-kung bei hohen Verkehrsstärken nur schwach belastet. Daraus lässt sich schließen, dass der Einfluss des Schwerverkehrsanteils auf Verbindungsstrecken mit großen Knotenpunktabständen geringer ist als auf Strecken innerhalb von Ballungsräumen, die in der Regel durch dicht aufeinander folgende Knotenpunkte mit starkem Ver-kehrsaustausch gekennzeichnet sind. Wie die Simulation des Verkehrsablaufs auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen gezeigt hat, führt ein höherer Schwerverkehrs-anteil auf Strecken außerhalb der Knotenpunkte in erster Linie zu einer besseren Auslastung des rechten Fahrstreifens (vgl. Kapitel 5.3.2). Als Differenz zwischen der Kapazität für 0 und 10 % Schwerverkehrsanteil werden Werte von 300 Kfz/h für Strecken außerhalb von Ballungsräumen sowie 400 Kfz/h für Strecken innerhalb von Ballungsräumen und Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkung angesetzt. Das daraus resultierende Verhältnis der Kapazitäten für 0 % und 10 % Schwerverkehrs-anteil ist damit etwas geringer als das Verhältnis der entsprechenden Werte des HBS (2001) für dreistreifige Richtungsfahrbahnen. Auf Abschnitten mit sehr hohen Schwerverkehrsanteilen ist auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen bei hohen Ver-kehrsstärken in stärkerem Maße mit Interaktionen zwischen Pkw und Lkw zu rechnen. Zwischen der Kapazität bei 10 und 20 % Schwerverkehrsanteil werden daher jeweils um 100 Kfz/h höhere Differenzen angenommen.

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161

• Die Simulation des Verkehrsablaufs auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen (vgl. Kapitel 5) ergab keine zuverlässige Einschätzung der Kapazität von Steigungs-strecken. Daher werden die Abminderungsfaktoren, die sich aus der Untersuchung von Breßler (2001) für zwei- und dreistreifige Richtungsfahrbahnen ergeben, über-nommen. Demnach ist die Kapazität bei 3 % Steigung um etwa 2 %, bei 4 % Steigung um etwa 6 % und bei 5 % Steigung um etwa 14 % geringer als auf ebener Strecke. Für alle Schwerverkehrsanteile wird eine einheitliche (absolute) Abmin-derung der Kapazität um 200, 500 und 1.100 Kfz/h für 3, 4 und 5 % Steigung ange-setzt. Zu berücksichtigen ist, dass durch das geringere Ausmaß der Interaktionen zwischen Pkw und langsam fahrenden Lkw auf Steigungsstrecken im Zuge vier-streifiger Richtungsfahrbahnen die Reduktion der Kapazität möglicherweise geringer als auf zwei- und dreistreifigen Richtungsfahrbahnen ist. Insofern liegen die ange-nommenen Kapazitätswerte für Steigungsstrecken eher auf der sicheren Seite.

Aus den vorgenannten Überlegungen ergeben sich für vierstreifige Richtungsfahrbah-nen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung die in Tab. 7-1 angegebenen Kapazitäts-werte. Die entsprechenden Werte für Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkung ent-hält Tab. 7-2.

außerhalb von Ballungsräumen innerhalb von Ballungsräumen SV-Anteil SV-Anteil Längsneigung

0 % 10 % 20 % 0 % 10 % 20 %

≤ 2 % 7.400 7.100 6.700 8.000 7.600 7.100 3 % 7.200 6.900 6.500 7.800 7.400 6.900 4 % 6.900 6.600 6.200 7.500 7.100 6.600 5 % 6.300 6.000 5.600 6.900 6.500 6.000

Tab. 7-1: Kapazitätswerte [Kfz/h] für vierstreifige Richtungsfahrbahnen ohne Geschwindigkeitsbeschrän-kung

SV-Anteil Tempolimit

0 % 10 % 20 % T120 8.000 7.600 7.100

T100 / T80 / VBA 8.200 7.800 7.300

Tab. 7-2: Kapazitätswerte [Kfz/h] für vierstreifige Richtungs-fahrbahnen mit Geschwindigkeitsbeschränkung (Längsneigung ≤ 2 %)

7.1.3 q-v-Diagramme

Die q-v-Diagramme des HBS (2001) basieren auf dem Warteschlangenmodell nach Gleichung (2-5). Die Modellparameter L0, v0 und C0 haben zwar die Einheit einer Länge, einer Geschwindigkeit und einer Kapazität, repräsentieren jedoch in der im HBS (2001) verwendeten Variante des Verkehrsflussmodells von Brilon, Ponzlet (1995) keine

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162

charakteristischen Punkte im q-v-Diagramm. Daher werden stattdessen die folgenden Parameter für die Entwicklung der Bemessungsdiagramme verwendet:

• Geschwindigkeit im freien Verkehr: v(q = 0)

• Kritische Geschwindigkeit bei Erreichen der Kapazität C: v(q = C)

• Neigung des q-v-Diagramms im freien Verkehr: v’(q = 0)

Mit diesen drei Randbedingungen können die Modellparameter L0, v0 und C0 eindeutig bestimmt werden. Die Kapazität C für die jeweiligen Streckenparameter entspricht den in Tab. 7-1 und Tab. 7-2 angegebenen Werten.

Die Geschwindigkeiten im freien Verkehr und beim Erreichen der Kapazität legen den Beginn und das Ende der Modellfunktion fest. Die Neigung des q-v-Diagramms für q = 0 repräsentiert den Kurvenverlauf zwischen diesen beiden Zwangspunkten. Für die drei Randbedingungen der q-v-Diagramme wurden auf der Grundlage der Ergebnisse der Kapitel 3.2, 4.2 und 5.3 folgende Festlegungen getroffen:

• Im q-v-Diagramm des Querschnitts A5/2AXN (AS Langen/Mörfelden – AS Zeppelin-heim) im Bereich der freien Strecke ergibt sich für q = 0 eine Geschwindigkeit von etwa 130 km/h. Dieser Wert entspricht der Geschwindigkeit im freien Verkehr der q-v-Diagramme des HBS (2001) für dreistreifige Richtungsfahrbahnen. Daher werden für Strecken innerhalb von Ballungsräumen die Geschwindigkeiten im freien Verkehr des HBS (2001) für dreistreifige Fahrbahnen übernommen.

• Für vierstreifige Richtungsfahrbahnen außerhalb von Ballungsräumen deuten die Ergebnisse der Verkehrsmessung an der Autobahn A 5 bei Gräfenhausen auf ein wesentlich höheres Geschwindigkeitsniveau hin. Als Geschwindigkeit im freien Verkehr wird daher mit 145 km/h ein höherer Wert angesetzt als für dreistreifige Richtungsfahrbahnen im HBS (2001). Der Rückgang der Geschwindigkeit im freien Verkehr mit zunehmender Längsneigung wird auf der Grundlage der Ergebnisse der Simulation des Verkehrsablaufs auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen geschätzt.

• Für Autobahnen mit stationärer Geschwindigkeitsbeschränkung werden die Ge-schwindigkeiten im freien Verkehr für dreistreifige Fahrbahnen nach HBS (2001) übernommen. Der Wert für Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h entspricht ungefähr der für den Querschnitt A5/68S (AS Frankfurt-Nieder-rad – Frankfurter Kreuz) ermittelten Geschwindigkeit im freien Verkehr. Für Strecken mit Verkehrsbeeinflussungsanlage wird der für den Querschnitt A3/121GN (Offenbacher Kreuz – AS Frankfurt-Süd) ermittelte Wert von 127 km/h verwendet. Diese Geschwindigkeit wird als repräsentativ für Verkehrsbeeinflussungsanlagen angesehen, die bei geringen Verkehrsstärken keine Geschwindigkeitsbeschränkung oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120 km/h anzeigen.

• Bei hohen Verkehrsstärken im Bereich der Kapazität wurden an allen analysierten vierstreifigen Querschnitten noch sehr hohe Geschwindigkeiten gemessen. Daher werden für die kritische Geschwindigkeit v(q = C) auf vierstreifigen Richtungsfahr-

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bahnen Werte angesetzt, die zwischen 5 und 15 km/h über den Werten für drei-streifige Fahrbahnen des HBS (2001) liegen.

• Aus dem hohen Geschwindigkeitsniveau bei hohen Verkehrsstärken ergibt sich für vierstreifige Richtungsfahrbahnen ein sehr flacher Verlauf des q-v-Diagramms. Bei den in Kapitel 3.2.5 analysierten Querschnitten beträgt die Neigung des q-v-Dia-gramms für q = 0 zwischen -0,0007 und -0,0017 km/Kfz (= km/h pro Kfz/h). Aus den Simulationsergebnissen ergibt sich, dass die Neigung des q-v-Diagramms im freien Verkehr relativ unabhängig von der Längsneigung und dem Schwerverkehrsanteil ist. Für die Randbedingung v’(q = 0) wird daher für Strecken außerhalb von Ballungs-räumen einheitlich ein Wert von -0,0020 km/Kfz und für Strecken innerhalb von Ballungsräumen ein Wert von -0,0010 km/Kfz angesetzt. Für Strecken mit Geschwin-digkeitsbeschränkung und Verkehrsbeeinflussungsanlage werden Werte zwischen -0,0010 und -0,0005 km/Kfz verwendet.

In Bild 7-1 sind die q-v-Diagramme für vierstreifige Richtungsfahrbahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung dargestellt. Die entsprechenden q-v-Diagramme für Strecken mit stationärer Geschwindigkeitsbeschränkung und Verkehrsbeeinflussungs-anlage zeigt Bild 7-2. Die Parameter der Modellfunktionen enthält Tab. 7-3.

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Außerhalb von Ballungsräumen Innerhalb von Ballungsräumen

Längsneigung ≤ 2 % Längsneigung ≤ 2 %

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

Längsneigung 3 % Längsneigung 3 %

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

Längsneigung 4 % Längsneigung 4 %

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

Längsneigung 5 % Längsneigung 5 %

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

Bild 7-1: Mittlere Pkw-Reisegeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung

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Tempolimit 120 km/h (T120) Tempolimit 100 km/h (T100)

0

20

40

60

80

100

120

140

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

0

20

40

60

80

100

120

140

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

Tempolimit 80 km/h (T80) Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA)

0

20

40

60

80

100

120

140

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

0

20

40

60

80

100

120

140

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SV = 0%SV = 10%SV = 20%

Bild 7-2: Mittlere Pkw-Reisegeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen mit Geschwindigkeitsbeschränkung (Längsneigung ≤ 2 %)

ohne Geschwindigkeitsbeschränkung mit Geschwindigkeitsbeschränkungaußerhalb von

Ballungsräumen innerhalb von

Ballungsräumen innerhalb und außerhalb

von Ballungsräumen SV-Anteil Längs-

neigung v0 [km/h]

L0 [km]

C0 [Kfz/h]

v0 [km/h]

L0 [km]

C0 [Kfz/h]

Tempo-limit v0

[km/h] L0

[km] C0

[Kfz/h]0 % 169,37 0,1069 9.423 139,99 0,1962 9.285 138,12 0,1860 9.389

10 % 166,51 0,1269 8.843 139,36 0,2212 8.749 137,48 0,2099 8.841 20 %

≤ 2 % 165,56 0,1410 8.281 138,63 0,2580 8.094

T120 136,72 0,2454 8.173

0 % 164,04 0,1050 9.100 137,51 0,2086 8.867 121,56 0,1613 9.953 10 % 161,33 0,1239 8.542 136,91 0,2354 8.352 121,03 0,1818 9.370 20 %

3 % 160,17 0,1394 7.974 136,21 0,2750 7.722

T100 120,37 0,2131 8.658

0 % 160,45 0,1097 8.548 133,98 0,2222 8.393 102,99 0,2131 9.495 10 % 157,66 0,1305 8.014 133,42 0,2508 7.897 102,70 0,2391 8.963 20 %

4 % 156,68 0,1459 7.473 132,72 0,2950 7.283

T80 102,34 0,2783 8.309

0 % 149,46 0,1644 7.347 128,13 0,2478 7.630 137,51 0,1708 9.725 10 % 148,45 0,1841 6.942 127,60 0,2818 7.146 136,81 0,1934 9.160 20 %

5 % 147,20 0,2148 6.416 126,90 0,3371 6.544

VBA 136,05 0,2250 8.482

Tab. 7-3: Parameter der q-v-Diagramme für vierstreifige Richtungsfahrbahnen

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7.2 Entwurfsmerkmale 7.2.1 Querschnittsgeometrie

Im Entwurf der Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA, 2006) wird der in Bild 7-3 dargestellte Regelquerschnitt RQ 43,5 für Autobahnen mit vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen angegeben. Der RQ 43,5 entspricht der Systematik der Regelquerschnitte für zwei- und dreistreifige Richtungsfahrbahnen und weist dementsprechend keinen Standstreifen auf der linken Fahrbahnseite auf. Die Ergebnisse der Störungs- und Unfallanalyse für vierstreifige Richtungsfahrbahnen (vgl. Kapitel 6) zeigen, dass die Anordnung eines Standstreifens auf der linken Seite für die Gewährleistung eines sicheren Betriebs nicht erforderlich ist. Dies bestätigt entsprechende Erfahrungen aus den Niederlanden, die zu einem Verzicht auf die Empfehlung zur Anordnung eines Standstreifens auf der linken Seite vierstreifiger Richtungsfahrbahnen in den nieder-ländischen Entwurfsrichtlinien geführt haben (vgl. de Vries, 2005). Daher ergeben sich aus der vorliegenden Untersuchung keine Erkenntnisse, die Änderungen an der Quer-schnittsaufteilung des RQ 43,5 erfordern.

Bild 7-3: Regelquerschnitt RQ 43,5 (RAA, 2006)

7.2.2 Gestaltung von Knotenpunkten

Wegen des begrenzten Umfangs der durchgeführten Untersuchungen zum Verkehrs-ablauf an Knotenpunkten im Zuge vierstreifiger Richtungsfahrbahnen können keine umfassenden spezifischen Empfehlungen zum Knotenpunktentwurf gegeben werden. Dennoch lassen sich einzelne Aussagen zur Gestaltung von Ein- und Ausfahrten ableiten:

• Für Ein- und Ausfahrten vom Typ E1 bzw. A1 gemäß RAL-K-2 (1991) ergeben sich aus der Verkehrsmessung an der Anschlussstelle Langen/Mörfelden (Kapitel 4.3) und der Unfallanalyse (Kapitel 6.2) keine Defizite hinsichtlich des Verkehrsablaufs und der Verkehrssicherheit. Aufgrund des geringen Verkehrsstärkeanteils des rechten Fahrstreifens bei hohen Verkehrsstärken sind für den Verkehrsablauf an solchen Ein- und Ausfahrten im Zuge vierstreifiger Richtungsfahrbahnen generell keine grundsätzlichen Unterschiede im Vergleich zu zwei- und dreistreifigen Fahr-bahnen zu erwarten. Vor dem Hintergrund des relativ hohen Anteils der Lkw, die nach dem Ende des Einfädelungsstreifens an der Anschlussstelle Langen/Mörfelden

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noch den Standstreifen befahren (vgl. Bild 4-31), ist jedoch bei hohen Schwerver-kehrsanteilen in der Einfahrt die Anordnung eines verlängerten Einfädelungsstreifens in Erwägung zu ziehen.

• Zweistreifige Ausfahrten mit Fahrstreifensubtraktion vom Typ A4 gemäß RAL-K-2 (1991) stellen an Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen eine Standard-lösung dar. Die Länge des Sortierbereichs ist aber in der Regel deutlich größer als der in den Richtlinien angegebene Wert von 500 m. Die Ergebnisse der stochasti-schen Kapazitätsanalyse für die Querschnitte A5/68S und A5/83N an der Autobahn A 5 vor den Sortierbereichen in der nördlichen und südlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes (vgl. Kapitel 3.5.2) deuten auf eine hohe Leistungsfähigkeit dieses Ausfahrt-typs hin. Die große Länge des Sortierbereichs ist insbesondere zur Schaffung eines ausreichenden Stauraums bei einer Überlastung der Ausfahrt erforderlich. Wie die Ergebnisse der Verkehrsmessung in der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes (Kapitel 4.4) zeigen, wird dagegen für die Durchführung der erforderlichen Fahrstrei-fenwechsel bei einer großen Längenausdehnung in erster Linie der Beginn des Sortierbereichs genutzt. Im Sortierbereich und dem unmittelbar stromaufwärts an-grenzenden Streckenabschnitt sollte die zulässige Höchstgeschwindigkeit wegen der erhöhten Fahrstreifenwechselhäufigkeit generell auf 100 bis 120 km/h beschränkt werden.

7.2.3 Wegweisende Beschilderung

Erkenntnisse zur Wegweisung an vierstreifigen Richtungsfahrbahnen ergeben sich in erster Linie aus der Analyse der Ausfahrstrategien der Verkehrsteilnehmer an der An-schlussstelle Langen/Mörfelden und an der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes im Zuge der Autobahn A 5 (vgl. Kapitel 4.3.2 und 4.4.2).

Die Abstände der Vorwegweiser an der Ausfahrt der Anschlussstelle Langen/Mörfelden entsprechen dem Regelplan 2 der RWBA (2000) für Anschlussstellen mit einstreifiger Rampe an dreistreifigen Richtungsfahrbahnen. Die Analyse des Fahrstreifenwechsel-verhaltens der ausfahrenden Verkehrsteilnehmer ergab keine Hinweise auf eine zu späte Ankündigung des Knotenpunkts. Daher wird empfohlen, die Regelpläne der RWBA (2000) für Anschlussstellen an dreistreifigen Richtungsfahrbahnen auch für vier-streifige Fahrbahnen anzuwenden.

Für zweistreifige Ausfahrten mit Fahrstreifensubtraktion ergab die Analyse des Ver-kehrsablaufs im Sortierbereich der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes ebenfalls keine Defizite hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Wegweisung. Der überwiegende Teil der Verkehrsteilnehmer ordnet sich bereits weit vor der Verzweigung auf dem Zielfahr-streifen ein. Die Anordnung der Vorwegweiser in 690 und 1.190 m Entfernung von der Trenninselspitze (vgl. Bild 4-35), die der Systematik der RWBA (2000) entspricht, ist in-sofern auch für vierstreifige Fahrbahnen als ausreichend anzusehen. Im Sortierbereich sollte jeder einzelne Fahrstreifen einem konkreten Fahrtziel zugeordnet sein. Daraus ergeben sich insbesondere an überlangen Sortierbereichen im Zuge vierstreifiger Rich-

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tungsfahrbahnen Abweichungen von den Regelplänen der RWBA (2000). Störungen im Verkehrsablauf an stark belasteten Ausfahrten entstehen erfahrungsgemäß in erster Linie durch Fahrstreifenwechsel der Lkw vor dem Beginn des Sortierbereichs. Die Auswertung der Fahrstreifenaufteilung in der nördlichen Zufahrt des Frankfurter Kreuzes (vgl. Bild 3-18 und Bild 4-39) zeigt, dass der rechte Fahrstreifen stromaufwärts des Sortierbereichs am stärksten belastet ist und damit das kritische Element des Gesamtsystems darstellt. Zur Gewährleistung eines flüssigen und sicheren Verkehrsab-laufs ist eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Fahrstreifenwechsel über längere Strecken vor dem Knotenpunkt anzustreben. Daraus können sich insbesondere für die Wegweisung an komplexen Knotenpunkten Sonderlösungen mit größeren Entfernun-gen der Vorwegweiser zum Verzweigungspunkt ergeben. Daher wird empfohlen, die in den RWBA (2000) angegebenen Abstände der Ankündigungstafeln und Vorwegweiser als Mindestwerte für Autobahnknotenpunkte an vierstreifigen Richtungsfahrbahnen an-zusehen. Darüber hinaus sollte in die RWBA der Hinweis aufgenommen werden, dass an stark belasteten Ausfahrten Sonderlösungen wie z.B. die Anordnung fahrstreifenbe-zogener Vorwegweiser bereits vor dem Beginn des Sortierbereichs erforderlich werden können.

7.2.4 Verkehrssteuerungseinrichtungen

Unter den Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit und des Straßenbetriebs ist für Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen die Einrichtung einer Verkehrsbe-einflussungsanlage generell zu empfehlen. Vor dem Hintergrund der hohen Verkehrs-belastung und der Breite der Fahrbahn sind Verkehrsbeeinflussungsanlagen vor allem für die Absicherung von Gefahrenstellen, zur Sicherung des Betriebsdienstes und bei der Baustelleneinrichtung wichtig. Im Vergleich zur Anordnung eines Standstreifens auf der linken Fahrbahnseite ist eine Verkehrsbeeinflussungsanlage als flexiblere und wirt-schaftlichere Möglichkeit zur Absicherung von Unfallstellen auf den linken Fahrstreifen anzusehen. Darüber hinaus zeigen die Untersuchungen zum Verkehrsablauf auf vier-streifigen Richtungsfahrbahnen, dass Abschnitte mit Verkehrsbeeinflussungsanlage eine besonders hohe Kapazität aufweisen. Die in jüngster Zeit in Deutschland fertig gestellten achtstreifigen Ausbauabschnitte der Bundesautobahnen A 3 (Kölner Ring) und A 9 (Kreuz Neufahrn – Kreuz München-Nord) sind durchgehend mit Verkehrsbeein-flussungsanlagen ausgestattet. Auch in den Niederlanden werden an hoch belasteten Autobahnabschnitten generell Verkehrsbeeinflussungsanlagen eingesetzt.

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8 Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen hinsichtlich des Verkehrsablaufs und der Verkehrssicherheit analysiert. Anhand der Auswertung umfangreicher empirischer Daten sollte insbeson-dere geklärt werden, welche besonderen Anforderungen an die Planung und den Be-trieb von Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen zu stellen sind.

Für die empirische Analyse makroskopischer Parameter des Verkehrsablaufs standen umfangreiche Verkehrsdaten von automatischen Dauerzählstellen an Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Hessen und Bayern zur Verfügung. Unter-suchungsschwerpunkte waren die Autobahnen A 3 und A 5 im Raum Frankfurt/Main. Die Analyse der Gestalt des q-v-Diagramms ergab insbesondere bei hohen Verkehrs-stärken ein relativ hohes Geschwindigkeitsniveau. Die Fahrstreifenaufteilung ist in erster Linie von der Nähe der betrachteten Querschnitte zu Knotenpunkten abhängig. Auf der freien Strecke außerhalb der Knotenpunkte werden bei hohen Verkehrsstärken Anteile von bis zu 40 % auf dem linken Fahrstreifen erreicht, der rechte Fahrstreifen ist dagegen nur mit 10 bis 15 % der Verkehrsstärke des Gesamtquerschnitts belastet. In der Nähe von Knotenpunkten ergibt sich dagegen eine wesentlich ausgeglichenere Verteilung des Verkehrs auf die vier Fahrstreifen.

Die Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen wurde sowohl durch die Auswertung von q-v-Diagrammen als auch unter Verwendung stochastischer Ansätze ermittelt. Die Anpassung von Verkehrsflussmodellen auf der Grundlage von Stunden-Intervallen er-gab für die analysierten vierstreifigen Querschnitte Kapazitäten von bis zu 8.565 Kfz/h. Mit den Verfahren der stochastischen Kapazitätsanalyse wurden charakteristische Ver-teilungsfunktionen der Kapazität vierstreifiger Richtungsfahrbahnen in 5-Minuten-Inter-vallen mit einem Medianwert von 9.100 Kfz/h für Strecken innerhalb von Ballungs-räumen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung sowie 9.500 Kfz/h für Abschnitte mit Verkehrsbeeinflussungsanlage hergeleitet. Im Vergleich mit Verteilungsfunktionen der Kapazität dreistreifiger Richtungsfahrbahnen zeigte sich, dass der vierte Fahrstreifen tendenziell zu einem überproportionalen Kapazitätszuwachs führt. Die Transformation der in 5-Minuten-Intervallen ermittelten Verteilungsfunktionen in Stunden-Intervalle ergab um etwa 15 % geringere Kapazitäten. Der konventionelle Kapazitätswert in Stunden-Intervallen entspricht ungefähr dem ersten Perzentil der Kapazitätsverteilung in 5-Minuten-Intervallen und dem 20. Perzentil der Kapazitätsverteilung in Stunden-Intervallen.

Mikroskopische Eigenschaften des Verkehrsablaufs wurden auf der Grundlage von Erhebungen mittels Videotechnik analysiert. Mit Verkehrsmessungen an insgesamt drei Standorten an der Autobahn A 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt wurden u.a. das Geschwindigkeits- und Abstandsverhalten auf der freien Strecke sowie die Ein- und Ausfahrstrategien der Verkehrsteilnehmer an Knotenpunkten erfasst. Die Auswertung der Messung im Bereich der freien Strecke ergab vor allem bei hohen Verkehrsstärken einen erheblichen Anteil sehr geringer Zeitlücken. In 5-Minuten-Intervallen waren bis zu

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45 % der gemessenen Fahrzeugabstände als riskant einzustufen. Gleichzeitig wurden auch bei Verkehrsstärken über 6.000 Kfz/h noch mittlere Pkw-Geschwindigkeiten zwischen 120 und 140 km/h gemessen. Für die Beschreibung des Geschwindigkeits-verhaltens der Verkehrsteilnehmer wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem Verteilungs-funktionen der Wunschgeschwindigkeit auf der Grundlage gemessener Zeitlücken und Geschwindigkeiten der Einzelfahrzeuge ermittelt werden können. Die Anwendung dieses Verfahrens ergab für die Pkw-Fahrer eine sehr hohe mittlere Wunschgeschwin-digkeit von über 160 km/h.

Die Auswertung des Fahrstreifenwechselverhaltens an Anschlussstellen und Autobahn-knotenpunkten zeigte, dass sich der überwiegende Teil der ausfahrenden Verkehrs-teilnehmer bereits frühzeitig auf dem rechten Fahrstreifen einordnet. Es konnten demnach keine Defizite hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der wegweisenden Beschil-derung festgestellt werden. Durch die frühzeitige Durchführung der zum Erreichen des Zielfahrstreifens erforderlichen Fahrstreifenwechsel ist an zweistreifigen Ausfahrten mit Fahrstreifensubtraktion der rechte Fahrstreifen vor dem Beginn des Sortierbereichs am stärksten belastet.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der empirischen Analyse des Verkehrsablaufs auf vierstreifigen Richtungsfahrbahnen wurde das mikroskopische Simulationsprogramm BABSIM kalibriert. Unter Verwendung der empirisch ermittelten Verteilungsfunktionen der Wunschgeschwindigkeit konnte eine gute Übereinstimmung der Simulationsergeb-nisse mit empirischen Daten erreicht werden. Im Mittelpunkt der Anwendung des Simulationsprogramms stand die Nachbildung des Verkehrsablaufs auf Steigungs-strecken und Strecken mit hohem Schwerverkehrsanteil, für die mangels entsprechen-der Abschnitte in Deutschland keine empirischen Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Die Simulationen ergaben insbesondere für vierstreifige Abschnitte mit einem hohen Geschwindigkeitsniveau einen deutlichen Einfluss der Längsneigung auf das q-v-Diagramm. Der ermittelte Einfluss des Schwerverkehrsanteils auf die mittleren Pkw-Geschwindigkeiten ist dagegen sehr gering.

Anhand von Unfalldaten und Störungsmeldungen der Autobahn A 5 zwischen West-kreuz Frankfurt und Kreuz Darmstadt wurden das Unfallgeschehen und die Störungs-häufigkeit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen analysiert. Die Störungsanalyse ergab, dass ein Standstreifen auf der linken Fahrbahnseite zur Ge-währleistung eines sicheren Betriebsablaufs nicht erforderlich ist. Hinsichtlich des Unfallgeschehens wurden für den hoch belasteten Untersuchungsabschnitt der A 5 höhere Unfalldichten, aber deutlich geringere Unfallraten im Vergleich zum Gesamtnetz der Bundesautobahnen festgestellt. Unfälle mit schwerem Personenschaden treten innerhalb der Untersuchungsstrecke in erster Linie auf dem mit hohen Geschwindig-keiten befahrenen Abschnitt außerhalb der Knotenpunkte auf. Dennoch ist der Ver-kehrsablauf auch auf diesem Abschnitt als vergleichsweise sicher einzustufen. Das Unfallgeschehen bei Nässe zeigt keine Auffälligkeiten.

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Das Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmer auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen wurde im Rahmen einer Verkehrsteilnehmerbefragung erhoben. Die Auswertung von jeweils 50 persönlichen Interviews mit Pkw- und Lkw-Fahrern sowie weiteren 128 schriftlichen Fragebögen ergab ein sehr positives Meinungsbild. Der überwiegende Teil der Verkehrsteilnehmer beurteilt die Sicherheit achtstreifiger Auto-bahnen auch im Vergleich zu vier- und sechsstreifigen Autobahnen außerordentlich positiv. Der Verkehrsablauf auf solchen Strecken wird als weitgehend unproblematisch empfunden. Nur einzelne Fahrer, vor allem solche mit geringer Routine beim Befahren vierstreifiger Richtungsfahrbahnen, fühlen sich unsicher.

Auf der Grundlage der empirischen Untersuchungen wurden Empfehlungen für die ver-kehrstechnische Bemessung, den Straßenentwurf und den Betrieb von Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen erarbeitet. Die Empfehlungen werden zur Aufnahme in das Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) sowie ggf. weitere einschlägige Regelwerke vorgeschlagen.

Mit der vorliegenden Untersuchung wurde erstmals eine umfassende Analyse des Ver-kehrsablaufs und der Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass vierstreifige Richtungsfahrbahnen eine leistungsfähige und sichere Ausbauform darstellen. Gra-vierende Probleme ergeben sich aus der Breite der Fahrbahn nicht. Dennoch sind in Detailfragen wie z.B. der Wegweisung im Bereich großer Knotenpunkte spezifische An-forderungen zu beachten, um einen sicheren Verkehrsablauf zu gewährleisten. Unter den Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit und des Straßenbetriebs ist die Aus-stattung vierstreifiger Fahrbahnen mit einer Verkehrsbeeinflussungsanlage generell zu empfehlen.

Für die kommenden Jahre ist eine erhebliche Ausweitung der achtstreifig ausgebauten Streckenabschnitte im deutschen Autobahnnetz absehbar. Damit können mittelfristig im Rahmen weiterer Untersuchungen auch solche Aspekte, die wegen des begrenzten Umfangs vorhandener Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Deutschland einer empirischen Analyse derzeit noch nicht zugänglich sind, detaillierter behandelt werden. Darüber hinaus werden sich aus den Entwicklungen im Bereich der Verkehrstelematik (vgl. Busch e.a., 2004) voraussichtlich neue Fragestellungen hin-sichtlich des Verkehrsablaufs und der Verkehrssicherheit auf vierstreifigen Richtungs-fahrbahnen ergeben. So wird die zunehmende Verbreitung von Fahrerassistenz-systemen zur Abstandshaltung („Adaptive Cruise Control“) unmittelbare Auswirkungen auf die Zeitlückenverteilung und damit auch auf die Kapazität vierstreifiger Richtungs-fahrbahnen haben. Durch die mit dem Einsatz von Fahrerassistenzsystemen im Schwerverkehr verbundene Möglichkeit der Konvoibildung von Lkw wäre insbesondere der Verkehrsablauf an Knotenpunkten im Zuge vierstreifiger Richtungsfahrbahnen neu zu bewerten, da wegen der geringen Lücken zwischen den Konvoifahrzeugen die Verflechtungsvorgänge an Ein- und Ausfahrten beeinträchtigt werden (vgl. Henning, Preuschoff, 2003). Sicherheitspotenziale ergeben sich u.a. durch die Vernetzung von Fahrerassistenzsystemen mit individuellen Verkehrsinformationen. Durch die Nutzung

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von Fahrzeug-Fahrzeug- sowie Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation können Fahrer zeitnah vor Gefahren auf dem vorausliegenden Streckenabschnitt gewarnt und dadurch insbesondere Folgeunfälle vermieden werden (vgl. Nöcker e.a., 2005; Neuherz, Assen-macher, 2006). Bei entsprechender Marktdurchdringung wäre mit solchen Systemen ein mit der Wirkung von Verkehrsbeeinflussungsanlagen vergleichbarer Nutzen für die Verkehrssicherheit auf Autobahnen erreichbar.

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Anhang A Verzeichnis der Bundesautobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen

In Tab. A-1 sind die derzeit in Betrieb befindlichen Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Deutschland angegeben. Sehr kurze Verflechtungsstrecken mit einer Länge von bis zu 2 km sind nicht aufgeführt. Die Abschnitte wurden folgender-maßen typisiert:

(1) Abschnitte mit durchgehend vierstreifigen Richtungsfahrbahnen,

(2) Abschnitte mit dem Charakter einer langen vierstreifigen Verflechtungsstrecke (ohne durchgehende Breitstrichmarkierung) zwischen zwei Knotenpunkten,

(3) vierstreifige Verflechtungsstrecken mit durchgehender Breitstrichmarkierung zwi-schen zwei Knotenpunkten, die z.B. aus der Zusammenführung von zwei jeweils zweistreifigen Fahrbahnen zwischen Autobahnknotenpunkten entstehen.

BAB Abschnitt Fahrtr. Länge Typ Streckencharakteristik / Besonderheiten

A 3 AK Köln-Ost – AD Heumar beide 3,6 km (1) Erster Ausbauabschnitt einer durch-

gehend vierstreifigen Strecke, mit VBA

A 3 AS Raunheim – AK Wiesbaden Nord 7,0 km (2) Vierstreifig zwischen zwei Knoten-

punkten

A 3 AK Frankfurt/Main – AK Offenbach beide 9,0 km (2)

Vierstreifig zwischen den Knoten-punkten, dreistreifig im Bereich der AS Frankfurt/Main-Süd, mit VBA

A 5 Westkreuz Frankfurt/Main – AK Darmstadt beide 29,4 km (1) Durchgehend vierstreifig, dreistreifig im

Bereich des Frankfurter Kreuzes

A 7 AS Kirchheim – AD Hattenbach Süd 4,1 km (3) Lange Verflechtungsstrecke zwischen

zwei Knotenpunkten, Steigungsstrecke

A 8 AD Leonberg – AK Stuttgart Ost 8,1 km (2) Vierstreifig zwischen zwei Knoten-

punkten, Steigungsstrecke

A 8 AK München-Süd – Fahrstreifenreduktion östlich der AS Hofoldinger Forst

Ost 6,0 km (1) Durchgehend vierstreifig, mit VBA, temporäre Standstreifenfreigabe strom-abwärts der Fahrstreifenreduktion

A 9 AK Neufahrn – AK München-Nord beide 11,1 km (1) Durchgehend vierstreifig, mit VBA

A 44/ A 66

AD Langenselbold – AK Hanau beide 4,1 km (3) Lange Verflechtungsstrecke zwischen

zwei Knotenpunkten, mit VBA

A 66 AS Frankfurt/Main-Höchst – AS/AD Eschborn beide 2,6 km (2) Vierstreifig zwischen zwei Knoten-

punkten

Tab. A-1: Autobahnabschnitte mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen in Deutschland (Stand 2006)

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Anhang B Verteilungsfunktionen der Kapazität

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-1: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A5/2AXN (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-2: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A8/29 (5-Minuten-Intervalle)

0

0,1

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-3: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A8/31 (5-Minuten-Intervalle)

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0,1

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-4: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A5/68AN (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-5: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A5/83N (5-Minuten-Intervalle)

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0,1

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-6: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/53GS (5-Minuten-Intervalle)

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F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-7: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/54GS (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-8: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/120GN (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-9: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/121GN (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-10: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/122GN (5-Minuten-Intervalle)

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000q [Kfz/h]

F C(q

) [-]

Maximum-Likelihood-SchätzungProduct-Limit-Schätzung

Bild B-11: Kapazitätsverteilung des Querschnitts A3/123GN (5-Minuten-Intervalle)

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Anhang C Simulationsergebnisse für die freie Strecke

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h) 0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

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SimulationswerteModellfunktion

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SimulationswerteModellfunktion

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

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SimulationswerteModellfunktion

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

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SimulationswerteModellfunktion

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

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SimulationswerteModellfunktion

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

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]

SimulationswerteModellfunktion

Bild C-1: q-v-Diagramme für 0 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten SV-Anteil v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h] v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h]

0 % 156,19 0,4586 8.703 140,74 0,5536 9.302 10 % 157,97 0,2256 10.156 143,37 0,2597 10.296 20 % 156,81 0,2833 9.224 140,24 0,4139 9.228

Tab. C-1: Parameter der angepassten Modellfunktionen für 0 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

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Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h) 0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

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SimulationswerteModellfunktion

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

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SimulationswerteModellfunktion

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

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SimulationswerteModellfunktion

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

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SimulationswerteModellfunktion

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

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160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

Bild C-2: q-v-Diagramme für 3 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten SV-Anteil v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h] v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h]

0 % 150,29 0,4472 8.491 138,82 0,6752 8.425 10 % 150,15 0,3165 8.750 142,11 0,2593 9.841 20 % 148,52 0,3864 8.608 139,73 0,3533 9.393

Tab. C-2: Parameter der angepassten Modellfunktionen für 3 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Page 187: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

187

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h) 0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000q [Kfz/h]

v [k

m/h

]

SimulationswerteModellfunktion

Bild C-3: q-v-Diagramme für 5 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten SV-Anteil v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h] v0 [km/h] L0 [km] C0 [Kfz/h]

0 % 146,28 0,3395 8.183 139,65 0,3431 8.646 10 % 143,76 0,2727 8.536 139,39 0,2768 8.553 20 % 145,22 0,2497 8.675 145,22 0,2497 8.675

Tab. C-3: Parameter der angepassten Modellfunktionen für 5 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Page 188: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

188

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h) 0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

0,0

0,1

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0,5

0,6

0,7

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0,9

1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

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0,5

0,6

0,7

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1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild C-4: Fahrstreifenaufteilung für 0 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Page 189: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

189

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h) 0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

0,0

0,1

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0,5

0,6

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0,9

1,0

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p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

0,0

0,1

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0,3

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0,7

0,8

0,9

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p i [-

]

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p i [-

]Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

0,0

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p i [-

]

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p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild C-5: Fahrstreifenaufteilung für 3 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Page 190: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

190

Hohe Wunschgeschwindigkeiten Niedrige Wunschgeschwindigkeiten (vW,Pkw = 160,2 ± 30,9 km/h) (vW,Pkw = 142 ± 20 km/h) 0 % Schwerverkehrsanteil 0 % Schwerverkehrsanteil

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000qges [Kfz/h]

p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

0,0

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p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

10 % Schwerverkehrsanteil 10 % Schwerverkehrsanteil

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p i [-

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p i [-

]Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

20 % Schwerverkehrsanteil 20 % Schwerverkehrsanteil

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p i [-

]

Fahrstreifen 1Fahrstreifen 2Fahrstreifen 3Fahrstreifen 4

Bild C-6: Fahrstreifenaufteilung für 5 % Längsneigung (5-Minuten-Intervalle)

Page 191: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

191

Anhang D Fragebögen der Verkehrsteilnehmerbefragung

Bild D-1: Fragebogen der Verkehrsteilnehmerbefragung (Pkw-Fahrer, erste Seite)

Page 192: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

192

Bild D-2: Fragebogen der Verkehrsteilnehmerbefragung (Pkw-Fahrer, zweite Seite)

Page 193: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

193

Bild D-3: Fragebogen der Verkehrsteilnehmerbefragung (Lkw-Fahrer)

Page 194: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

194

Bild D-4: Fragebogen des schriftlichen Teils der Verkehrsteilnehmerbefragung (Vorderseite)

Page 195: Justin Geistefeldt Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf ...

195

Bild D-5: Fragebogen des schriftlichen Teils der Verkehrsteilnehmerbefragung (Rückseite)