Kalendarium 2017: Kölner Arbeitswelten · spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion des...

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Kalendarium 2017

Kölner Arbeitswelten

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HISTORISCHESARCHIVKÖLN

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

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01 ARCHIVHISTORISCHESKÖLN

MO DI MI DO FR SA SO 1

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Werkhalle von Felten & Guille aume, Gießpfanne und Kran des

Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

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Werkhalle von Felten & Guille aume, Gießpfanne und Kran des

Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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02 HISTORISCHE ARS CHIVKÖLN

MO DI MI DO FR SA SO 1 2 3 4 5

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Schalterhalle der Bank für Gemeinwirtschaft, Domkloster 3,

Architekt Fritz Schaller, 1953

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Sehr geehrte Damen und Herren,

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den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

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auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

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Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

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Werkhalle von Felten & Guille aume, Gießpfanne und Kran des

Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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MO DI MI DO FR SA SO 1 2 3 4 5

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Großküche im Gerling-Komplex, Gereonshof, 1954

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so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

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grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

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Großmarkthalle „Gemüsekathedrale“,

Marktstraße 10, Köln-Raderberg, 1956

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so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

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Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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Ford Taunus 12M (Ford G13, „Weltkugel“) in der Produktions halle der Ford Werke, Köln-Niehl,

1953

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

2017

HISTORISCHESARCHIVKÖLN

Werkhalle von Felten & Guille aume, Gießpfanne und Kran des

Hebez ugherst llers Heinrich Pellenz, 1958

HHIISSTTOORIRISSCHECHESS ARARCHCHIIVVKÖLNKÖLN

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Tee wird verpackt. Arzneimit telhersteller Nattermann, Köln

Braunsfeld, Eupener Straße, 1953

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HISTORISCHESARCHIVKÖLN

Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

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Werkhalle von Felten & Guille aume, Gießpfanne und Kran des

Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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Blumenmarkt auf dem Gereons platz (Gereonsdriesch), ca. 1955

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

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Gerhard Marcks mit Assistent an der Skulptur „Großer Adam“ in

Köln-Müngersdorf, Belvederestraße

(heute Gerhard-Marcks Weg), 1953

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

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Werkhalle von Felten & Guille aume, Gießpfanne und Kran des

Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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Rohbau des Opernhauses, Krebsgasse / Glockengasse,

Architekt Wilhelm Riphahn, 1955

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

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Wiedereröffnung des Lebensmittelgeschäfts Michels,

Aachener Strasse 444, 1955

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Sehr geehrte Damen und Herren,

so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

wir den Blick mit ausgewählten Bildern des Foto-

grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

Ltd. Archivdirektorin

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Wagenhalle der Betriebswerk stätte Thielenbruch mit Wagen

der Westwaggon (Vereinigte Westdeutsche Waggonfabriken),

1953

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so vielfältig wie die Themen und Aufgaben des

Archivs ist auch der in diesem Jahr zum elften Mal

von uns herausgegebene Kalender. In 2017 richten

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grafen Peter Fischer auf die Kölner Arbeitswelten in

den Wirtschaftswunderjahren.

Kaum eine Zeit in Deutschland war so von Gegen-

sätzen geprägt wie die1950er Jahre: Auf der einen

Seite mahnten kriegsbeschädigte Straßen und

Gebäude daran, die Schrecken des Krieges nicht zu

vergessen, auf der anderen Seite gab es nach der

Währungsreform einen bis dahin nicht gekannten

wirtschaftlichen Aufschwung. Entschlossenheit,

Tatkraft und wiederwachender Optimismus führ-

ten innerhalb kürzester Zeit zu einer vorher nie

gekannten Wohlstandsblüte und Modernität.

Diese Veränderungen waren insbesondere dort

sichtbar, wo gearbeitet wurde. Die Erwerbsstruk-

tur änderte sich in den Wirtschaftswunderjahren

besonders rasant, die Landwirtschaft wurde zu-

nehmend verdrängt durch Industrie, Handel und

Dienstleistungen.

Die Entwicklung Deutschlands hin zu einer mo-

dernen Industriegesellschaft bewirkte auch in

Köln eine Veränderung des Arbeitsumfelds. Unser

Kölner Kalendarium 2017 offenbart diesen Wandel

auf zwölf ausgewählten Fotografien aus den Jahren

1953 bis 1958.

Der Kalender zeigt typische Arbeitsorte und Ar-

beitssituationen aus den Wirtschaftswunderjah-

ren. Die Aufnahmen von Peter Fischer, der unter

anderem als Werbefotograf für Unternehmen

tätig war, offenbaren Aufschwung, technischen

Fortschritt und Arbeit im Akkord. Die dargestellten

Arbeitsorte strahlen vermeintlich eine Ästhetik der

Ordnung aus. Doch ganz sicher waren die Arbeits-

bedingungen für die Arbeitenden nicht an allen

Orten nur angenehm und vor allem häufig deutlich

anders als heute. Die Bilder lassen Lärm, Gerüche

und lange Arbeitstage nur erahnen.

Ein Foto aus den Kölner Ford-Werken zeigt bei-

spielsweise die Fließbandarbeit bei der Produktion

des Ford Taunus. Die Automobilindustrie, nach

dem Wirtschaftshistoriker Gerold Ambrosius

einer der „Motoren der Expansion“, erreichte dank

technischen Fortschritts und hochmotivierter

Arbeitskräfte – die durchschnittliche Arbeitszeit

betrug fast 50 Wochenstunden – nicht gekannte

Steigerungen der Produktivität. Wir lenken den

Blick jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche:

Ein Lebensmittelmarkt zeugt von einer Zeit, in-

der moderne Supermärkte mit dem Konzept der

Selbstbedienung noch in den Anfängen steckten.

Die Abbildung eines Wochenmarktes offenbart

dagegen, dass damals nicht alle Arbeitsbereiche

Veränderungen unterzogen waren.

Daneben zeigt sich anhand unseres Titelbilds, wie

sich die Nutzung von Arbeitsorten im Laufe der

Zeit gewandelt hat. Das Gebäude des heutigen

Domforums wurde damals als Bank für Gemein-

wirtschaft gebaut.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia Das Weihnachtsblatt des Kalenders zeigt ein be-

sonderes Verhältnis der Kölner und Kölnerinnen

zur Arbeit. Die Heinzelmännchen, die durch die

gleichnamige Ballade von August Kopisch (1799-

1853) eine große Bekanntheit erreichten, waren

die Kölner Hausgeister, die ihre Arbeit nachts

taten, wenn die Bürger schliefen. Sie verschwan-

den, wenn sie dabei beobachtet wurden. „Wie war

zu Cölln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so

bequem!“. Sicherlich wünscht sich ein jeder von

uns manchmal solche Heinzelmännchen!

Mögen Sie die „Kölner Arbeitswelten“ durch das

Jahr 2017 begleiten. Ich wünsche Ihnen ein gutes

neues Jahr und viel Freude mit dem

„Kölner Kalendarium“.

Dr. Bettina Schmidt-Czaia

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Hebezeugherstellers Heinrich Pellenz, 1958

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eAutowerkstatt mit den Kölner Heinzelmännchen und einem

Kinderauto der Firma FERBEDO, 1953

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Die Freunde des Historischen Archivs

Der Förderverein „Freunde des Historischen Ar-

chivs der Stadt Köln“ unterstützt das Kölner Stadt-

archiv seit 2006. Sein Hauptanliegen ist es, die

Kölner Bürgerinnen und Bürger auf „ihr“ Archiv

aufmerksam zu machen und ihren Blick zu schär-

fen für die Bedeutung der einzigartigen Zeugnisse

aus über 1000 Jahren Kölner Geschichte.

Sein Engagement ist seit dem Einsturz umso

bedeutender, denn die notwendigen Arbeiten des

Wiederaufbaus werden Jahrzehnte in Anspruch

nehmen und finanzielle Unterstützung erfordern.

Werden Sie Freundin oder Freund des Historischen

Archivs und helfen auch Sie aktiv mit, das kostbare

kulturelle Erbe Kölns für die kommenden Generati-

onen zu bewahren!

Als Freundin oder Freund des Historischen Archivs

erhalten Sie regelmäßig Informationen über die

Arbeit sowie die Veröffentlichungen und Produkte

des Hauses.

Seien Sie unser Gast bei Ausstellungseröffnungen,

Tagen der offenen Tür und Sonderführungen, zu

denen wir Sie einladen und über die wir Sie bevor-

zugt informieren.

Weitere Informationen und den Mitgliedschaftsan-

trag erhalten Sie im Internet unter

www.freunde-des-historischen-archivs.de. Wir

freuen uns, Sie schon bald in unseren Reihen be-

grüßen zu dürfen.

Ihre Freunde des Historischen Archivs der Stadt

Köln

Der Vorstand

Bildnachweis/Signaturen

Historisches Archiv der Stadt Köln, Bestand 1401

(Peter Fischer), Glasplattennegative

Titel: Fo 50A, 2

Januar: Fo 46D, 9

Februar: Fo 50A, 2

März: Fo 26F, 9

April: Fo 46M, 14

Mai: Fo 42A, 4

Juni: Fo 45B, 7

Juli: Fo 12B

August: Fo 30A, 2

September: Fo 35K/1

Oktober: Fo 16I, 2

November: Fo 37A, 2

Dezember: Fo 25D, 8

Impressum

© 2016

ISBN: 978-3-928907-29-3

Historisches Archiv der Stadt Köln Heumarkt 14 50667 Köln

Alle Rechte der Vervielfältigung, auch die der Übersetzung, vorbehalten.

Keine Teile des Kalenders dürfen in irgendeiner Form - Druck, Fotokopie, Mikrofilm, Scan - oder in einem anderen Verfahren ohne schriftliche Genehmigung des Historischen Archivs der Stadt Köln reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion:

Gisela Fleckenstein, Tobias Kolf

Gestaltung: Beate Sistenich-Emonds Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Druck:

A. Hellendoorn KG

Eine Einrichtung der

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