Kalksteine und Ihre Vorkommen in Niedersachsen€¦ · Kalksteine, die im Laufe der Erdgeschichte...

1
Kalksteine und ihre Vorkommen in Niedersachsen Gewinnung von dolomitisiertem Kalkstein (Oberer Jura) bei Salzhemmendorf, der fast ausschließlich für die Eisen- und Stahlherstellung verwendet wird. Ablagerungsgesteine, die überwiegend aus Calciumcarbonat (CaCO 3 ) und damit den Mineralen Calicit und Aragonit bestehen, werden als Kalksteine bezeichnet. Sie werden vorwiegend biogen aus den kalkigen Schalen oder Skelettresten von Lebewesen gebildet. Auch Algen, Bakterien und Cy- anobakterien (z.B. Stromatolithe) können in Kombination mit abiogenen Vorgängen gesteinsbildend auftreten. Dies ist vor allem bei marinen Ablagerungen der Fall. Kalke können aber auch chemisch ausgefällt werden (jedem bekannt: die röchelnde Kaffeemaschine und der verkalkte Wasserhahn) oder treten als klastische Sedimente auf. Letztere entstehen durch Transport, Umlagerung und er- neute Sedimentation in einer kalkhaltigen Grundmasse. Kalksteine mit einem Magnesiumgehalt von mindestens 50 % werden als Dolomit (CaMg(CO 3 ) 2 ) bezeichnet; Kalksteine mit einem deutlichen Tonanteil tragen den Zusatz Mergel (je nach Tonanteil Mergelkalk, mergeliger Kalk, Kalkmergel etc.). Aus Kalk bestehende Fossilien können gesteinsbildend wirken (Fossilkalke), häug handelt es sich dabei um Muscheln, Brachiopoden, Schnecken, Korallen, Schwämme, Bryozoen, Crinoiden, aber auch Mikroorganismen, wie z.B. Foraminiferen. Auch die (Schreib-)Kreide ist ein Kalkgestein, das allerdings nur unzureichend verfestigt ist. Es besteht zu mehr als 90 % aus Resten winziger Lebe- wesen, meist kalkigem Nannoplankton. Kalksteine, die im Laufe der Erdgeschichte durch hohe Drucke und/oder Temperaturen im Erdinnern, meist in großer Tiefe, stark verändert – metamorphisiert – werden, bezeichnet man als Marmor. Kalksteinbildung erfolgte während der gesamten Erdgeschichte und auch heute ständig. Je nach den paläogeographischen Gegebenheiten und Ablagerungsbedingungen in den unterschiedlichen Zeiträumen wurden Kalksteine häug oder selten abgelagert. Für die Erdzeitalter Muschelkalk (248 – 239 Millionen Jahre; Trias) und Kreide (142 – 65 Millionen Jahre) waren Kalksteine namengebend. Rohstoffrelevante Kalksteine gibt es in Niedersachsen vor allem in den Erdzeitaltern Devon, Perm, Trias, Jura und Kreide (s. Tabelle). Ihre Hauptabbaugebiete liegen im südlichen Teil des Landes (Bergland und Harz). Die Verwendung richtet sich nach der chemischen Zusammensetzung (Kalk-, Dolomit-, Mergelstein), auch die physikalischen Eigenschaften der unterschiedlichen Kalkstein-Vari- anten spielen eine wichtige Rolle. Hauptabnehmer auf industrieller Seite sind die Eisen- und Stahlin- dustrie, die Bau- und Baustofndustrie, der Umweltschutz, die Chemische Industrie, Land- und Forst- wirtschaft. Poröse Kalksteine können zudem als Speichergesteine für Erdöl und -gas wichtig sein. Auch im täglichen Leben spielen Kalksteine und aus ihnen resultierende Produkte in versteckter Form eine große Rolle. Zucker, Nahrungs- und Genussmittel, Kunststoffe, Papier, Glas, Kosmetik, Farben und Lacke kommen bei der Herstellung nicht ohne sie aus. Quarzsand Schwermineralsand* Basalt Ton Spezialton Quarzsand Braunkohle Zeitalter (Beginn in Mio. Jahren) Nutzbarer Rohstoff Verwendung (Beispiele) Lagerstätten (Beispiele) Weiß- und Schwarztorf Auelehm, Marschenklei Flug- und Dünensand Kieselgur* Fluviatiler Sand und Kies Lauenburger Ton Kultursubstrat, Aktivkohle Ziegelrohstoff Füllsand, Porenbeton Filtermaterial Bauindustrie Ziegelrohstoff Bourtanger Moor, Esterweger Dose Weser- und Emstal Nieders. Tiefland Lüneburger Heide Flusstäler, Stauchmoränen Oldenburg, Bockhorn Bauindustrie, Spezialsande Farbindustrie Bauindustrie, Filtermaterial Ziegelrohstoff Feinkeramik Glasherstellung Stromerzeugung Wittmund, Leer Cuxhaven, Varel Adelebsen Sittensen, Vechta Fredelsloh Duingen Helmstedt Rohstoffe in Niedersachsen - Stratigraphische Tabelle Die stratigraphische Tabelle gibt einen Überblick über die in Niedersachsen gewinnbaren Rohstoffe und ihre Verwendung. Die Rohstoffe sind chronologisch nach Erdzeitaltern aufgelistet, für jeden Rohstoff werden beispielhaft Lagerstätten Königslutter, Helmstedt Hannover, Wunstorf Salzgitter Söhlde, Langelsheim Bad Lauterberg Rühle, Bramberge, Georgsdorf Schaumburg, Barsinghausen, Osnabrück Osterwald, Hils Obernkirchen, Bad Bentheim Quarzsand Kalkmergelstein Eisenerz* Kalkstein Schwerspat* Erdöl** Steinkohle* Tonstein Sandstein Industriesande, Glasherstellung Zementrohstoff Eisen- und Stahlerzeugung Landwirtschaft, Bauindustrie Füllstoff Energieerzeugung Energieerzeugung Ziegelrohstoff Dekor- und Baumaterial Wiehengebirge Schacht Konrad Weserbergland Holzen / Ith Hankensbüttel, Thönse (Erdgas) Gehn Thüste Schandelah / Braunschweig Tonstein Eisenerz* Kalk- und Dolomitstein Asphaltkalk* Erdöl, Erdgas** Quarzit Kalkoolith Ölschiefer* Ziegelrohstoff Stahlerzeugung Bau- und chem. Industrie Fußbodenplatten Energieerzeugung Bauindustrie Dekor- und Werkstein Energieerzeugung Südniedersachsen, Osnabrück Solling, Velpke Bodenwerder Osnabrück, Südniedersachsen, Elm Hardegsen Hengstlage, Siedenburg, Barenburg Ton- und Schluffstein Sandstein Gipsstein Kalkstein Kalkmergelstein Erdgas** Ziegelrohstoff Dekor- und Werkstein Bauindustrie Bauindustrie, Werkstein Zementrohstoff, Bauindustrie Energieerzeugung Südl. Harzvorland, Stadtoldendorf Bokeloh (Steinhude) Grasleben, Stade Süd- und Westharz Rotenburg-Taaken, Goldenstedt, Söhlingen Gips- und Anhydritstein Kali- und Magnesiumsalz Steinsalz Dolomitstein Erdgas** Bau- und Zementindustrie, Feinkeramik Düngemittel, chem. Industrie chem. und Nahrungsmittelindustrie Glas- und Bauindustrie, Werkstein Energieerzeugung Piesberg / Osnabrück Piesberg / Osnabrück Bad Harzburg Husum, Hamwiede, Itterbeck-Halle Clausthal-Zellerfeld Steinkohle* Quarzit Gabbro Erdgas** Grauwacke Energieerzeugung Bauindustrie Bauindustrie Energieerzeugung Bauindustrie Bad Grund Bad Harzburg Kalkstein Diabas Stahl- und Bauindustrie, Düngemittel Bauindustrie QUARTÄR TERTIÄR KREIDE JURA TRIAS PERM KARBON DEVON * zur Zeit nicht im Abbau ** Förderhorizont Stand 07.2011 417 358 300 251 200 142 65 2,6 Abbaugebiete mit reinen Kalk- und Dolomitsteinen (blau), Gebiete mit Kalkmergelsteinen für die Ze- mentherstellung (violett) sowie Gebiete mit Natursteinen für den Verkehrswege-, Beton- und Wasser- bau (rot; enthalten sind hier auch andere Sedimente und Magmatite) in Niedersachsen. Onkoid mit eingelagerten Ooiden Schnecke Ooid kalkige Grund- masse Dünnschliff eines Kalksteins des Korallenooliths (Oberer Jura, Weserberg- land). Eisenreiche Ooide (runde bis eiförmige Rindenkörner) und Onkoide (schlecht gerundete Rindenkörner) aus dem tieferen Korallenoolith in einer feinkörnigen kalkigen Grundmasse; Bildbreite ca. 3 mm Abt. Wirtschafts- und Umweltgeologie Referat Rohstoffwirtschaft, Steine, Erden, Salz www.lbeg.niedersachsen.de [email protected]

Transcript of Kalksteine und Ihre Vorkommen in Niedersachsen€¦ · Kalksteine, die im Laufe der Erdgeschichte...

Page 1: Kalksteine und Ihre Vorkommen in Niedersachsen€¦ · Kalksteine, die im Laufe der Erdgeschichte durch hohe Drucke und/oder Temperaturen im Erdinnern, meist in großer Tiefe, stark

Kalksteine und ihre Vorkommen in Niedersachsen

Gewinnung von dolomitisiertem Kalkstein (Oberer Jura) bei Salzhemmendorf, der fast ausschließlich für die Eisen- und Stahlherstellung verwendet wird.

Ablagerungsgesteine, die überwiegend aus Calciumcarbonat (CaCO3) und damit den Mineralen Calicit und Aragonit bestehen, werden als Kalksteine bezeichnet. Sie werden vorwiegend biogen aus den kalkigen Schalen oder Skelettresten von Lebewesen gebildet. Auch Algen, Bakterien und Cy-anobakterien (z.B. Stromatolithe) können in Kombination mit abiogenen Vorgängen gesteinsbildend auftreten. Dies ist vor allem bei marinen Ablagerungen der Fall. Kalke können aber auch chemisch ausgefällt werden (jedem bekannt: die röchelnde Kaffeemaschine und der verkalkte Wasserhahn) oder treten als klastische Sedimente auf. Letztere entstehen durch Transport, Umlagerung und er-neute Sedimentation in einer kalkhaltigen Grundmasse. Kalksteine mit einem Magnesiumgehalt von mindestens 50 % werden als Dolomit (CaMg(CO3)2) bezeichnet; Kalksteine mit einem deutlichen Tonanteil tragen den Zusatz Mergel (je nach Tonanteil Mergelkalk, mergeliger Kalk, Kalkmergel etc.).

Aus Kalk bestehende Fossilien können gesteinsbildend wirken (Fossilkalke), häu� g handelt es sich dabei um Muscheln, Brachiopoden, Schnecken, Korallen, Schwämme, Bryozoen, Crinoiden, aber auch Mikroorganismen, wie z.B. Foraminiferen. Auch die (Schreib-)Kreide ist ein Kalkgestein, das allerdings nur unzureichend verfestigt ist. Es besteht zu mehr als 90 % aus Resten winziger Lebe-wesen, meist kalkigem Nannoplankton.

Kalksteine, die im Laufe der Erdgeschichte durch hohe Drucke und/oder Temperaturen im Erdinnern, meist in großer Tiefe, stark verändert – metamorphisiert – werden, bezeichnet man als Marmor.

Kalksteinbildung erfolgte während der gesamten Erdgeschichte und auch heute ständig. Je nach den paläogeographischen Gegebenheiten und Ablagerungsbedingungen in den unterschiedlichen Zeiträumen wurden Kalksteine häu� g oder selten abgelagert. Für die Erdzeitalter Muschelkalk (248 – 239 Millionen Jahre; Trias) und Kreide (142 – 65 Millionen Jahre) waren Kalksteine namengebend.

Rohstoffrelevante Kalksteine gibt es in Niedersachsen vor allem in den Erdzeitaltern Devon, Perm, Trias, Jura und Kreide (s. Tabelle). Ihre Hauptabbaugebiete liegen im südlichen Teil des Landes (Bergland und Harz). Die Verwendung richtet sich nach der chemischen Zusammensetzung (Kalk-, Dolomit-, Mergelstein), auch die physikalischen Eigenschaften der unterschiedlichen Kalkstein-Vari-anten spielen eine wichtige Rolle. Hauptabnehmer auf industrieller Seite sind die Eisen- und Stahlin-dustrie, die Bau- und Baustof� ndustrie, der Umweltschutz, die Chemische Industrie, Land- und Forst-wirtschaft. Poröse Kalksteine können zudem als Speichergesteine für Erdöl und -gas wichtig sein.

Auch im täglichen Leben spielen Kalksteine und aus ihnen resultierende Produkte in versteckter Form eine große Rolle. Zucker, Nahrungs- und Genussmittel, Kunststoffe, Papier, Glas, Kosmetik, Farben und Lacke kommen bei der Herstellung nicht ohne sie aus.

QuarzsandSchwermineralsand*

BasaltTon

SpezialtonQuarzsandBraunkohle

Zeitalter(Beginn in

Mio. Jahren)

Nutzbarer Rohstoff Verwendung (Beispiele) Lagerstätten (Beispiele)

Weiß- und SchwarztorfAuelehm, MarschenkleiFlug- und Dünensand

Kieselgur*Fluviatiler Sand und Kies

Lauenburger Ton

Kultursubstrat, AktivkohleZiegelrohstoff

Füllsand, PorenbetonFiltermaterialBauindustrieZiegelrohstoff

Bourtanger Moor, Esterweger DoseWeser- und EmstalNieders. TieflandLüneburger Heide

Flusstäler, StauchmoränenOldenburg, Bockhorn

Bauindustrie, SpezialsandeFarbindustrie

Bauindustrie, FiltermaterialZiegelrohstoffFeinkeramik

GlasherstellungStromerzeugung

Wittmund, LeerCuxhaven, Varel

AdelebsenSittensen, Vechta

FredelslohDuingen

Helmstedt

Rohstoffe in Niedersachsen - Stratigraphische Tabelle

Die stratigraphische Tabelle gibt einen Überblick über die in Niedersachsen gewinnbaren Rohstoffe und ihre Verwendung. Die Rohstoffe sind chronologisch nach Erdzeitaltern aufgelistet, für jeden Rohstoff werden beispielhaft Lagerstätten

Königslutter, HelmstedtHannover, Wunstorf

SalzgitterSöhlde, Langelsheim

Bad LauterbergRühle, Bramberge, Georgsdorf

Schaumburg, Barsinghausen, OsnabrückOsterwald, Hils

Obernkirchen, Bad Bentheim

QuarzsandKalkmergelstein

Eisenerz*Kalkstein

Schwerspat*Erdöl**

Steinkohle*Tonstein

Sandstein

Industriesande, GlasherstellungZementrohstoff

Eisen- und StahlerzeugungLandwirtschaft, Bauindustrie

FüllstoffEnergieerzeugungEnergieerzeugung

ZiegelrohstoffDekor- und Baumaterial

WiehengebirgeSchacht KonradWeserbergland

Holzen / IthHankensbüttel, Thönse (Erdgas)

GehnThüste

Schandelah / Braunschweig

TonsteinEisenerz*

Kalk- und DolomitsteinAsphaltkalk*

Erdöl, Erdgas**Quarzit

KalkoolithÖlschiefer*

ZiegelrohstoffStahlerzeugung

Bau- und chem. IndustrieFußbodenplatten

EnergieerzeugungBauindustrie

Dekor- und WerksteinEnergieerzeugung

Südniedersachsen, OsnabrückSolling, VelpkeBodenwerder

Osnabrück, Südniedersachsen, ElmHardegsen

Hengstlage, Siedenburg, Barenburg

Ton- und SchluffsteinSandsteinGipssteinKalkstein

KalkmergelsteinErdgas**

ZiegelrohstoffDekor- und Werkstein

BauindustrieBauindustrie, Werkstein

Zementrohstoff, BauindustrieEnergieerzeugung

Südl. Harzvorland, StadtoldendorfBokeloh (Steinhude)

Grasleben, StadeSüd- und Westharz

Rotenburg-Taaken, Goldenstedt, Söhlingen

Gips- und AnhydritsteinKali- und Magnesiumsalz

SteinsalzDolomitstein

Erdgas**

Bau- und Zementindustrie, FeinkeramikDüngemittel, chem. Industrie

chem. und NahrungsmittelindustrieGlas- und Bauindustrie, Werkstein

Energieerzeugung

Piesberg / OsnabrückPiesberg / Osnabrück

Bad HarzburgHusum, Hamwiede, Itterbeck-Halle

Clausthal-Zellerfeld

Steinkohle*QuarzitGabbro

Erdgas**Grauwacke

EnergieerzeugungBauindustrieBauindustrie

EnergieerzeugungBauindustrie

Bad GrundBad Harzburg

KalksteinDiabas

Stahl- und Bauindustrie, DüngemittelBauindustrie

QU

AR

TÄR

TER

TIÄ

RK

REI

DE

JUR

ATR

IAS

PER

MK

AR

BO

ND

EVO

N

* zur Zeit nicht im Abbau ** Förderhorizont Stand 07.2011

417

358

300

251

200

142

65

2,6

Abbaugebiete mit reinen Kalk- und Dolomitsteinen (blau), Gebiete mit Kalkmergelsteinen für die Ze-mentherstellung (violett) sowie Gebiete mit Natursteinen für den Verkehrswege-, Beton- und Wasser-bau (rot; enthalten sind hier auch andere Sedimente und Magmatite) in Niedersachsen.

Onkoid miteingelagertenOoiden

Schnecke

Ooid

kalkigeGrund-masse

Dünnschliff eines Kalksteins des Korallenooliths (Oberer Jura, Weserberg-land). Eisenreiche Ooide (runde bis eiförmige Rindenkörner) und Onkoide (schlecht gerundete Rindenkörner) aus dem tieferen Korallenoolith in einer feinkörnigen kalkigen Grundmasse; Bildbreite ca. 3 mm

Abt. Wirtschafts- und UmweltgeologieReferat Rohstoffwirtschaft, Steine, Erden, Salz

[email protected]

Heunisch.C
Schreibmaschinentext
Quelle: LBEG
Heunisch.C
Schreibmaschinentext
Heunisch.C
Schreibmaschinentext
Heunisch.C
Schreibmaschinentext
Heunisch.C
Schreibmaschinentext
Heunisch.C
Schreibmaschinentext