Kampfansage an die Beschäftigten: EKD und Diakonie...

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Vereinte Dienstleistungs- gewerkschaft Fachgruppe Kirchen, Diakonie und Caritas Nr. 4 · Sommer 2005 Aus dem Inhalt: „Tarifkommission“ der Diakonie Mitteldeutschlands arbeitsunfähig: Rücktritt der Arbeitnehmerseite Kirchliche Arbeitgeber wollen schlechteres Arbeitsrecht als im öffentlichen Dienst Kirche Diakonie und Caritas: Dienst- gemeinschaft braucht Tarifverträge CJD: Einführung der 40 Stundenwoche Zurückgenommen Paul-Gerhardt-Stift Wittenberg: Beschluss des Kirchengerichts ignoriert Synode führt ACK-Klausel wieder ein Diakonie Bayern: Abschied vom Fächentarif Bistum Aachen: Einfallsreiche Protestaktionen Reform der Arbeitsvertragsrichtlinien für die Diakonie der EKD Buchvorstellung: Carsten Frerk „Caritas und Diakonie in Deutschland“ Kampfansage an die Beschäftigten: EKD und Diakonie planen Abkoppelung vom öffentlichen Dienst Stop mit der Lohnabwärtsspirale!

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VereinteDienstleistungs-gewerkschaft

FachgruppeKirchen, Diakonie und Caritas

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Nr. 4 · Sommer 2005

Aus dem Inhalt:

„Tarifkommission“ der Diakonie Mitteldeutschlands arbeitsunfähig:Rücktritt der Arbeitnehmerseite

Kirchliche Arbeitgeber wollen schlechteres Arbeitsrecht als im öffentlichen Dienst

Kirche Diakonie und Caritas: Dienst-gemeinschaft braucht Tarifverträge

CJD: Einführung der 40 StundenwocheZurückgenommen

Paul-Gerhardt-Stift Wittenberg:Beschluss des Kirchengerichts ignoriert

Synode führt ACK-Klausel wieder ein

Diakonie Bayern: Abschied vomFächentarif

Bistum Aachen: EinfallsreicheProtestaktionen

Reform der Arbeitsvertragsrichtlinienfür die Diakonie der EKD

Buchvorstellung: Carsten Frerk„Caritas und Diakonie in Deutschland“

Kampfansage an die Beschäftigten:

EKD und Diakonie planen Abkoppelung vom öffentlichen Dienst

Stop mit der Lohnabwärtsspirale!

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2 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Kirchenleitungen und das Diako-nische Werk planen bereits seitAnfang des Jahres eine eigenstän-dige Vertragsregelung. Ohne dassdie betroffene MitarbeiterschaftKenntnis davon hatte, beschlossdie Kirchenkonferenz bereits inihrer Märzsitzung die Bildung einerArbeitsgruppe zur Vorbereitungeiner eigenen Regelung.

Am 4. März 2005 veröffent-lichte Präsident Gohde die „Tarif-politische Position für eine wirt-schaftlich solide Zukunft der Dia-konie“, in der die Übernahme des neuen Tarifvertrages für denöffentlichen Dienst (TVöD) als völlig ungeeignet für die Diakoniebeschrieben wird. Mit teilweisefalschen und unbelegten Argumen-ten wird der TVöD als viel zu teuerbezeichnet.

ver.di hat in einer Stellung-nahme diese Sicht widerlegt. Und Gremien wie die BUKO, die

AGMAV Württemberg und ARKenhaben sich in Briefen dagegen ver-wehrt, dass Herr Gohde für „dieDiakonie“ spricht und sich dadurchdie MitarbeiterInnen zu Unrechtvereinnahmt fühlen. Noch nie ist so deutlich geworden wie jetzt,dass das Diakonische Werk dieInteressen der kirchlichen Arbeit-geber vertritt.

Inzwischen beweisen konkreteModellrechnungen, die für die Mit-arbeiterInnen die Personalkostennach dem TVöD berechnen, dasses nicht zu Kostensteigerungenkommt.

Trotzdem hat die Kirchenkon-ferenz am 30. Juni 2005 daranfestgehalten, ein eigenständiges„Tarifsystem“ zu entwickeln. Undes wird ausdrücklich betont, dasses zum TVöD „unvergleichbar“sein soll – hält man die Mitarbeiter-Innen für so leicht hinters Licht zuführen?

Impressum:

ver.di – Vereinte Dienstleistungs-gewerkschaft e.V.Paula-Thiede-Ufer 1010179 BerlinRessort 9, Fachbereich 3 V.i.S.d.P.: Renate RichterBearbeitung: Renate Richter

Briefe an die Redaktion: Renate Richter, ver.di Bundes-verwaltung, Ressort 9 Paula-Thiede-Ufer 1010179 Berline-mail: [email protected] nächsteAusgabe: 30. September 2005

Layout: Andreas HesseDruck: alpha print medien AG

W-201715-0704-1090012

VornewegDiese Nr. 4 erscheint mit viel Ver-spätung – Resultat dessen, dassalle Redaktionsmitglieder so vielum die Ohren hatten.

Überall vor Ort gibt es Ausein-andersetzungen um Sparpläne undbetriebliche Umstrukturierungen.Gespräche finden statt über diemöglichen Veränderungen derArbeitsrechtsetzung, wenn dieAmtsperiode der ArbeitsrechtlichenKommissionen abläuft. Und allesind aktiv, wenn es darum geht,welche Grundlage zukünftig dieArbeitsverträge im Kirchenbereichhaben werden. Übernimmt manden neuen Tarifvertrag für denöffentlichen Dienst (TVöD), wollendie Arbeitgeber diesen modifizierenbzw. absenken, teilweise wird was ganz eigenes geplant hinterverschlossenen Türen....all das

beschäftigt uns sehr, und deshalberscheint dieses Heft jetzt erst.

Aus den Artikeln wird deutlich,wie viele erfolgreiche Aktionen vorOrt laufen. Und wie sich die Ar-beitnehmerseite in den Kommissio-nen zunehmend organisiert undgemeinsame politische Positionen

findet. Das ist bei dem , was uns inBezug auf die Übernahme desTVöD bevorsteht, eine ganz wichti-ge Grundlage.

Viel Spaß beim Lesen!Für die Redaktion

Renate Richter

Planung von EKD und Diakonie

Abkoppelung vom öffentlichen Dienst

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3Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Zu dieser Sitzung legten dieArbeitsgruppe und die leitendenKirchenjuristen detaillierte „Eck-punkte für ein kirchengemäßesTarifsystem bzw. zur Modifizierungdes TVöD“ als Grundlage für dieBeschlussfassung vor. Und dieseenthüllen eindeutige Absenkungs-pläne.

Die Tabelle soll unter demTVöD liegen. Eine Mustertabellesieht nur noch 2 Aufstiegsstufenvor und ist insgesamt um ca 5Prozent abgesenkt, die niedrigsteEntgeltstufe liegt bei 1.068 Euro!Auch die höchste Vergütungsend-stufe ist 352 Euro niedriger.

Weiter ist angedacht:■ Jahressonderzahlung 60 Prozent ■ Schlichte Besitzstandswahrung,

evt. abschmelzend■ Leistungsbezogene Vergütung■ Einfrieren der Ostangleichung■ Notlagenregelung minus

10 Prozent■ Abgesenkte Tabelle für finanz-

schwache Regionen/Bereiche■ 39 Std/Wo, Arbeitszeitkorridor

38 bis 42 Std.-Wo, auch ohneLohnausgleich möglich

Das erinnert an die Vorstellungendes VdDD, der radikal fast allesstreichen will: Krankengeldzu-schuss, Überstundenzuschläge,Urlaubsgeld ,Unkündbarkeit, be-sondere Kündigungsfristen, Jubi-läumsgeld, Reisekosten, Beihilfe,Sonderurlaub u.v.m. Statt dessengibt es nur noch 26 Urlaubstagefür alle und eine 40 bis 42 Std.-Woche per Dienstvereinbarung.

Arbeit mit Menschen ist einenguten Lohn wertNachdem die Leitungen in Kirchenund Diakonie jahrelang eine völligeZersplitterung des Arbeitsrechtsvorangetrieben haben und noch indiesem Jahr neue ArbeitsrechtlicheKommissionen wie für die Diakoniein Mecklenburg, Pommern und dieev. Kirchen in Mitteldeutschland insLeben rufen, wird jetzt für eine

Lohnsenkungsregelung plötzlicheine Einheitlichkeit in allen Glied-kirchen und Diakonischen Werkenpropagiert. Und da werden sogarArgumente ins Feld geführt, mitdenen wir schon lange den 3. Wegkritisieren: fehlende Plausibilität,finanzieller und personeller Mehr-aufwand, zusätzlicher Schulungs-und Programmieraufwand, Kom-mentare, Rechtsprechung.

Zum Verfahren hat man sichauch Gedanken gemacht. Schließ-lich ist klar, dass es bei 16 kirch-lichen Kommissionen und 2 Tarif-kommissionen nicht leicht seindürfte, ein einheitliches Arbeits-recht zu installieren. Deshalb sollnirgendwo etwas beschlossen wer-den, alle sollen die Ergebnisse einer„Machbarkeitsstudie“ abwarten,die wiederum völlig einseitig durchdie Arbeitgeber erstellt wird. Obman wirklich glaubt, dass sich dieKollegInnen das bieten lassen? Biszum 16. September sollen weitereErgebnisse vorliegen.

Die kath. Arbeitgeber bleibenbisher dabei, den TVöD, wenn er

im September endlich gedrucktvorliegt, genau zu prüfen. In ihrerJuli-Sitzung wird sich die Arbeits-rechtliche Kommission der Caritas,die für ihre 500 000 Beschäftigteneinheitliche bundesweite Arbeits-vertragsrichtlinien hat, mit denbisher vorliegenden Ergebnissendes TVöD befassen.

Kardinal Lehmann hat sich an-lässlich einer Rede zum 25-jährigenJubiläum der Bistums-KODA Mainzim Juni 2005 differenziert zumTVöD geäußert. Für die Kirchen-verwaltung erscheine eine Über-nahme plausibel. Allerdings propa-giert auch er für un- und ange-lernte Tätigkeiten die Anwendungniedrigerer Tarifverträge (stattselber einen abzuschliessen) sowieÖffnungsklauseln für betriebs-bezogene Sonderregelungen. Solldie Orientierung am öffentlichenDienst weiterhin beibehaltenwerden, wäre zu prüfen, welchekirchenspezifischen Besonderheitenberücksichtigt werden müssen.Man müsse klären, ob die Kirchean der Einführung einer leistungs-

Kasseler Erklärungder Fachtagung von BUKO, Stäko und ver.di für DienstnehmervertreterInnen in Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommissio-nen und Tarifkommissionen im Bereich der EKD

Vertreterinnen und Vertreter der Tarif- und Arbeitsrechtlichen Kommissionen im Bereichder EKD sowie Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen und ver.di gebenanlässlich ihrer Tagung für den Kirchenbereich folgende Erklärung ab:■ Ein einheitlicher Standard der Arbeits- und Vergütungsbedingungen für die Kirchen

und ihre Einrichtungen sowie für den Sozial- und Gesundheitsbereich insgesamt hal-ten wir für dringend erforderlich.

■ Mit dem neuen TV für den öffentlichen Dienst wurde ein Verhandlungsergebnis er-zielt, das den Modernisierungsvorstellungen sowohl der Arbeitgeber- als auch derArbeitnehmerseite entspricht.

■ Für eine faire Wettbewerbsordnung und eine neue Leitwährung bietet der TVöDeine geeignete Grundlage.

Auf dieser Grundlage werden von uns in allen Tarif-, Dienst- und ArbeitsrechtlichenKommissionen im Bereich der EKD die Gespräche über Modernisierungsvorhaben fürdie Arbeitsvertragsgrundlagen geführt mit dem Ziel, keine Beschlüsse zu fassen, dieunter dem Niveau des TVöD liegen.

Kassel, den 2. Juni 2005

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abhängigen Vergütung interessiertist und familienpolitische Ver-gütungsbestandteile erwägen.

Demgegenüber hat sich auf derArbeitnehmerseite flächendeckenddie Forderung nach Übernahmedes TVöD durchgesetzt.

Gemeinsame Erklärung vonkath. und ev. Arbeitnehmer-vertretungen in KommissionenIm März trafen sich Mitglieder aus fast allen kath. Kommissionen

und vielen ev. Tarif- und Arbeits-rechtlichen Kommissionen zu einerver.di-Tariftagung. Einstimmigwurde eine Erklärung verabschie-det, in der ein einheitlicher Stan-dard der Arbeits- und Vergütungs-bedingungen für die Kirchen undihre Einrichtungen sowie für denSozial- und Gesundheitsbereichinsgesamt für erforderlich gehaltenwird.

Wegen der besonderen Zer-splitterung beschloss am 2. Juni

2005 fast vollzählig die Arbeit-nehmerseite der ev. Kommissioneneine „Kasseler Erklärung“ (s. S. 3).

Weitere Koordinationstreffensind organisiert ebenso wie eineintensive Vernetzung zur gegensei-tigen Information und Kommunika-tion.

Denn hier wird völlig deutlich:Wo hat die Arbeitnehmerseiteeinen vergleichbaren Stab anJuristen, Rechenzentren, Fremd-firmen zur Verfügung wie dieArbeitgeber?

Und es gab bisher keinerleibundesweite Arbeitnehmerstrukturfür EKD und Diakonie – ver.diermöglicht sie jetzt durch organi-satorische Unterstützung in ge-meinsamer Arbeit mit Stäko undBUKO, den Spitzengremien derMitarbeitervertretungen aus EKDund Diakonie.

Nächste Tariftagung für kath.und ev. Kommissionsmitglieder:26. bis 27. September 2005 in BerlinAnmeldungen: Renate Richter,ver.di Bundesverwaltung

Pressemitteilung der Gesamt-ausschüsse der DiakonischenWerke Thüringen und derKirchenprovinz SachsenIhren Rücktritt erklärten unmittel-bar vor Beginn der Tagung derArbeitsrechtlichen Kommission dieArbeitnehmervertreter der DiakonieThüringens. Zum 30. 6. 2005 hattedas Kirchenamt der Ev. Kirche inMitteldeutschland zur konstituie-renden Sitzung der Arbeitsrecht-lichen Kommission der ThüringerLandeskirche und des DiakonischenWerkes der Ev. Kirchen in Mittel-deutschland eingeladen.

Die ebenfalls vorgesehenen Plätzeder Arbeitnehmervertreter der Dia-konie der Kirchenprovinz Sachsenwaren nicht besetzt worden, dasich kein Mitarbeitervertreter dazubereit fand. Die Kommission – kon-kret ihre Kammer Diakonie – soll inder Hauptsache das Arbeitsrechtfür 23.000 Arbeitnehmer der Dia-konie setzen. Grundlage für dieKommission ist ein Arbeitsrechtsre-gelungsgesetz der mitteldeutschenKirchen, das ohne Beteiligung derArbeitnehmerseite und gegen dieProteste der Mitarbeitervertretun-gen beschlossen wurde.

Weitere Informationen:

Ralf HessTel. 01 60/99 15 95 12 e-mail: [email protected] Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen imDiakonischen Werk der Kirchen-provinz Sachsen

Annegret KöhlmannTel. 036 44-821-0 e-mail: [email protected] Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen imDiakonischen Werk Thüringen

„Tarifkommission“ der Diakonie Mitteldeutschlands arbeitsunfähig

Rücktritt der Arbeitnehmerseite

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Weitreichender Beschluss begründet

Rücktrittserklärung

Eisenach, 30. Juni 2005 DerGesamtausschuss der Mitarbeiter-vertretungen (GAMAV) im Bereichdes ehemaligen Diakonischen Wer-kes der Evang.-Luth. Kirche in Thü-ringen e.V. hat am 20. Juni 2005beschlossen, den Mitgliedern undstellvertretenden Mitgliedern derDienstnehmerseite der bisherigenArbeitsrechtlichen Kommission(ARK) der Evang.-Luth. Kirche inThüringen nahe zu legen, in derkonstituierenden Sitzung der nach§19 Arbeitsrechtsreglungsgesetz(ARRG) der ev. Kirchen in Mittel-deutschland ( EKM) zu bildendenARK ihr Amt nieder zu legen.

Begründung:Die erste Mitgliederversammlungdes Diakonischen Werkes (DW)EKM hat am 2. Juni 2005 in Hallebeschlossen, sich vom Vergütungs-system des DW EKD zu lösen. Dasmeldeten übereinstimmend „DieKirche“ Nr. 24/2005 der Evangeli-schen Kirche der KirchenprovinzSachsen und die Thüringer Kir-chenzeitung „Glaube und Heimat“Nr. 24 vom 12. Juni 2005.

Beide Zeitungen berichtetenauch, was Eberhard Grüneberg,Vorsitzender des DW EKM, undDörte Rasch vom kaufmännischenVorstand zu diesem Mitgliederbe-schluss sagten. Frau Rasch erklärtezu dem „einmütigen“ Beschluss,sich vom Vergütungssystem desbundesweiten Dachverbandes zulösen, dass „die Gehaltssituationkünftig in einer eigenen arbeits-rechtlichen Kommission ausgehan-delt (werde)“ und dass „damit dieEinrichtungen nicht jede auf EKD-Niveau ausgehandelte Lohnsteige-rung mitmachen (müssen)“.

Diese Erklärung einer Reprä-sentantin des DW EKM an dieserStelle und ausgerechnet zu diesemZeitpunkt – kurz vor der Konsti-tuierung der neuen ARK EKM – ist nicht bloß eine persönlicheMeinungsäußerung. Vielmehr hat

sie den Charakter einer offiziellenInterpretation des Mitgliederbe-schlusses und sie enthüllt demon-strativ das tarifpolitische „Partei-programm“ der Diakonie-Arbeit-geber und ihr Ziel.

Dass diese Äußerung als grund-sätzliche programmatische Aussagegemeint war und vor allem, dasssie genau so verstanden wurde,beweisen schon die Überschriftender kirchlichen (!) Pressemeldun-gen: „Mitgliederversammlung inHalle beschloss eigene Vergütungs-struktur“ heißt es in der Überschriftvon „Die Kirche“ und „Glaube undHeimat“ titelte „Eigenes Vergü-tungssystem“.

Auch wir haben die eindeutigeBotschaft verstanden. Das nun-mehr unverhohlen erklärte Ziel derArbeitgeber, Vergütungsstrukturund Vergütungssystem im Bereichdes DW EKM von den Arbeitsver-tragsrichtlinien (AVR) des DW EKDabzukoppeln, steht dem wesent-lichen Interesse der Beschäftigtenan der Erhaltung einer grundsätz-lich einheitlichen, verbindlich undflächendeckend geltenden Leit-währung für ihre Vergütungdiametral entgegen. (Wir meinen,dass es noch nicht einmal im wohlverstandenen Interesse der Diako-nie-Arbeitgeber liegt, diese Leit-währung aufzuweichen oder garzuzulassen , dass sie in Haustarifemit einzelbetrieblichem Geltungs-bereich zersplittert wird. Versuchebzw. Ansätze dazu bestehen be-reits, obwohl die Satzung des DWEKM e.V. so etwas – noch ? – ver-bietet.) Falls es dazu kommt, wirdzwangsläufig nicht nur die Qualitätder diakonischen Dienstleistungs-angebote massive Einbußen erlei-den. Noch schlimmer: DW-Mitglie-der untereinander werden sicheinen schrankenlosen Konkurrenz-kampf liefern, in dem es allenfallsfür ein paar große Diakonie-Kon-zerne Überlebenschancen gebendürfte.

Das Interesse der Arbeitgeber,ein niedrigeres Lohnniveau anzu-streben, ist zwar legitim – jeden-falls ist es nicht rechtswidrig. Wennsie nun aber den grundsätzlichentarifpolitischen Anspruch erheben,die bestehende Vergütungsstrukturzu kippen und durch ein eigenesVergütungssystem zu ersetzen, sindwir als gewählte Vertreterinnenund Vertreter der Beschäftigtendurch unser Mandat berufen undverpflichtet, dieses Vorhaben mitaller Kraft und mit allen zulässigenMitteln zu bekämpfen.

Das Vorhaben der Arbeitgeberhat den GAMAV zu intensiver Diskussion und Analyse der durchdie Fusion entstandenen neuenSach- und Rechtslage veranlasst.Daraus ergab sich die Erkenntnis,dass wir gegen ein solches Vor-haben der Arbeitgeber im DrittenWeg letzten Endes keine faireChance haben.

Nach dem ARRG-EKM könntendie entsprechenden Anträge derDiakonie-Arbeitgeber sowohl in derARK als auch im Schlichtungsaus-schuss beschlossen werden, selbstwenn in jeder Phase des Verfahrens(im Fachausschuss Diakonie, in derARK und im Schlichtungsausschuss)die Vertreter bzw. Beisitzer der Dia-konie-Arbeitnehmer dagegen stim-men – ja sogar, wenn sie in allenVerfahrensphasen an der Be-schlussfassung überhaupt nichtteilnehmen!

Nach der mitteldeutschen Ver-sion des Dritten Weges könnensomit Arbeitsrechtsregelungen,auch wenn sie ausschließlich dieArbeitsverhältnisse der diakoni-schen Beschäftigen betreffen,gegen den Willen und sogar ohneMitwirkung der gewählten Ver-treter dieser betroffenen Gruppezustande kommen, wenn nur dieVertreter der drei anderen Gruppenin der ARK bzw. im Schlichtungs-ausschuss dies mit der jeweilsvorgeschriebenen Mehrheit be-

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schließen (vgl. § 11 Abs. 5 und § 16 Abs. 9 ARRG-EKM).

Solche Arbeitsrechtsregelungen„per legaler Fremdbestimmung“sind vor allem bei Gegenständenzu befürchten, die für die Betroffe-nen von grundsätzlicher und weitreichender Bedeutung sind (z.B.Vergütungsstruktur).

Wir haben keinerlei Anlass zuhoffen, dass die Diakonie-Arbeit-geber ausgerechnet bei der Grund-satzfrage Vergütungsstruktur dar-auf verzichten werden, alle Mög-lichkeiten voll auszuschöpfen, die ihnen das ARRG-EKM zur Ver-fügung stellt. Daher müssen wirdavon ausgehen, dass die Arbeit-geber das angedrohte Vorhabenzur Beseitigung der bestehendenVergütungsstruktur tatsächlichdurchsetzen wollen und können –

ganz gleich, ob unsere Vertreter in der ARK oder im Schlichtungs-ausschuss dagegen stimmen odersich an den Beschlussfassungennicht beteiligen.

Weil es wie oben ausgeführtauf unsere Mitwirkung und unserStimmverhalten ohnehin nicht an-kommt und somit auch tief ein-schneidende Arbeitsrechtsregelun-gen „an uns vorbei“ zustandekommen können, sind wir zu einerbloßen Alibi-Funktion (nämlich derBestätigung der formalen Einhal-tung dieses ARRG) nicht bereit.Daher ziehen wir die Konsequenz,die uns gegenüber diesem Gesetzals geboten und angemessen er-scheint: Wir legen das Amt als Ver-treterinnen oder Vertreter der Be-schäftigten im diakonischen Dienst(bzw. das Amt als Stellvertreterin

oder Stellvertreter) vor der Konsti-tuierung der ARK nieder.

Durch die persönliche Amts-niederlegung vor der ARK wollenwir ein auch für den kirchlichenGesetzgeber sichtbares Zeichensetzen für die gravierenden prin-zipiellen Mängel des ARRG-EKM.

Falls sich die ARK trotz unsererAmtsniederlegungen konstituiertund ihre Arbeit gemäß Tagesord-nung aufnimmt – wir halten diesfür rechtswidrig! – würde damitnach innen und außen noch deut-licher werden, dass dieser DritteWeg nicht einmal den Schein vonParität wahrt und dass er de factodas ist, was er de jure nicht seinwill: ein getarnter Erster Weg.

gez. Annegret KöhlmanVors. GAMAV

www.mav-th.de

Im Februar 2005 einigten sich die Gewerkschaft ver.di und dieArbeitgeber von Bund und Kom-munen nach langen und intensivenVerhandlungen auf einen neuen„modernisierten“ Tarifvertrag imÖffentlichen Dienst (TVöD). Eigentlich sollte man meinen,Kirchen und ihre Einrichtungenübernehmen die Regelungen ausdiesem neuen Tarifvertrag, da siebisher immer den Bundesangestell-tentarifvertrag (der Vorläufer vomTVöD) angewendet oder leichtmodifiziert hatten. Leider gefehlt.Einige kirchliche Einrichtungen undauch Vertreter der DiakonischenWerke entdecken ihren „Wettbe-werbsvorteil“ gegenüber dem öf-fentlichen Dienst: die verfassungs-rechtliche kirchliche Sonderstellungnutzen die Kirchen mit ihren

„Arbeitsrechtlichen Kommissio-nen“, um eigenes Arbeitsrecht zu beschliessen und den für dieArbeitgeber mühsamen Weg desAushandelns von Tarifverträgen mitkompetenten Gewerkschaften zuumgehen. In den Arbeitsrecht-lichen Kommissionen sitzen entwe-der MitarbeitervertreterInnen (alsoabhängig Beschäftigte, die mitihren Vorgesetzen „partnerschaft-lich“ verhandeln) oder Mini-Orga-nisationen wie der VkM (Verbandkirchlicher Mitarbeiter) aus demKirchenbereich. Diesen „Wettbe-werbsvorteil“ setzen einige diako-nische Arbeitgeber nun brachialein, um in diesen KommissionenVergütungs- und Arbeitsbedingun-gen zu schaffen, die weit unterdenen des öffentlichen Dienstesliegen sollen.

Als erstes Diakonisches Werkhat das Diakonische Werk in Hes-sen und Nassau (DWHN) bereitsvor zwei Jahren angekündigt, esbeabsichtige, aus dem (damals gül-tigen) Bundesangestelltentarifver-trag auszusteigen und ein moder-nes Arbeitsrecht zu schaffen. ZurBegründung dienten die üblichenFloskeln: „Stärkung der Effektivitätdes Dienstes“, „Aufgaben- undLeistungsorientierung“, „Orientie-rung am hilfsbedürftigen Näch-sten“, „Straffung, Vereinfachung,Flexibilisierung und Transparenz“,„Praktikabilität und Attraktivität“,„Wettbewerbsfähigkeit“ usw. Zeitgleich zum öffentlichen Dienstsollte das neue richtungweisendekirchliche Dienstvertragsrechtparallel zum öffentlichen Dienst imFebruar 2005 eingeführt werden.

Kirchliche Arbeitgeber wollen für ihre MitarbeiterInnen

Schlechteres Arbeitsrecht als im öffentlichen Dienst

„Ein guter Hirte schert seine Schafe, aber er zieht ihnen nicht das Fell über die Ohren“

SPRICHWORT AUS AUSTRALIEN

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7Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Aber erstmal wurde der Einfüh-rungstermin verschoben. Und dannnoch mal verschoben auf jetzt vor-läufig den 1. Oktober 2005.

Im einzelnen sind folgende Ver-schlechterungen vorgesehen:■ Verlängerung der Wochen-

arbeitszeit auf 40 Stunden; dies ist im Altenheimbereichauch für die Arbeitgeber eineunsinnige Maßnahme, da dieKostenträger entsprechendgeringere Pflegesätze zahlenwerden

■ Streichung des Urlaubsgeldes ■ Einschneidende Reduzierung

des Weihnachtsgeldes ■ Kürzung bei den unteren

Gehaltsgruppen um teilweisemehr als 500 Euro (!), wobeidiese Kürzung innerhalb von 4 Jahren in jeweils 4 Stufenumgesetzt werden soll

■ Kürzung der Ausbildungsver-gütung um 1/3 , obwohl z. B.

bei den Auszubildenden in derKrankenpflege die Ausbildungs-kosten von den Kostenträgernvoll refinanziert werden

■ Neue Eingruppierung allerMitarbeiterInnen innerhalb vonzwei Jahren in eine „verein-fachte“ Tabelle bei Vorgabe nurvon allgemeinsten Tätigkeits-merkmalen, die dann nochinnerbetrieblich „konkretisiert“werden sollen

■ Einführung von leistungsbezo-genen Vergütungsbestandteilenohne weitere Vorgaben unddem Auftrag, diese innerbe-trieblich zu konkretisieren

■ Ein „Umklappkatalog“ von den alten in die neuen Eingrup-pierungen, der für über 95 Prozent der MitarbeiterInnenVerschlechterungen vorsieht,die teilweise erheblich sind; an-ders als bei den unteren Ge-haltsgruppen soll eine Diffe-

renzzulage gewährt werden,auf die zukünftig hälftig jedeLohnerhöhung angerechnetwerden soll

Es ist Bewegung unter demHimmelAusschlaggebend für die wieder-holte Verschiebung der Einführungdes neuen Vertragsrechts warenwohl die lauten Proteste aus derMitarbeiterschaft. Bereits im letztenJahr lief eine breite Unterschriften-aktion unter dem Motto „Tarif-flucht stopp“, an der sich über5000 MitarbeiterInnen aus demDWHN beteiligten. Auf vielen Mit-arbeiterversammlungen wurden die geplanten Verschlechterungenheftig kritisiert und zahlreicheErklärungen an den Vorstand desDiakonischen Werkes und dieKirchenleitung geschickt. Vor derFrühjahrssynode der EvangelischenKirche in Hessen und Nassau führ-

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ten Mitarbeitervertretungen eineFlugblattaktion durch. In denMedien und insbesondere in denKirchenzeitungen wurde ausführ-lich darüber berichtet.

Selbst dem VkM gingen dieVorstellungen der diakonischenArbeitgeber am Schluss nun zuweit und er erklärte, dass er den„sozialen Kahlschlag nicht mit-tragen“ wolle.

Sogar eine Reihe großer Ein-richtungsträger erklären, dass sievon dem neuen Dienstvertragsrechtnichts halten und eine Übernahmedes TVöD vorziehen würden. AuchPersonalleiter kritisieren die ge-planten Neuregelungen als wenigdurchdacht und sehen bei denzahlreichen handwerklichen Feh-lern und den vielen ungeklärtenFragen Dilettanten am Werk.

Welches neue Arbeitsrecht nun kommt und wann, ist völligungewiss.Auch auf Bundesebene schließensich die kirchlichen Arbeitnehmer-vertreterInnen enger zusammen.Am 2.6.05 trafen sich erstmals fastalle Arbeitnehmervertreter der ev.arbeitsrechtlichen Kommissionendes Bundesgebiets. Einmütigwurde die so genannte „KasselerErklärung“ verabschiedet (sieheKasten ausSeite 3).

Es wurde vereinbart, mit einem engen KommunikationsnetzTransparenz und gegenseitigeInformation über die Gespräche inden Kommissionen herzustellen.

Alles rechtlich nicht zulässig?Die Zulässigkeit der Eingriffe in bis-herige Arbeitsbedingungen durchBeschlüsse der ArbeitsrechtlichenKommission (ARK) hat jetzt derBremer Rechtsprofessor OlafDeinert im Auftrag von ver.di gut-achterlich untersucht. Ergebnis:Betroffene Beschäftigte könnengegen die Absenkung ihrer Ent-gelte und die unbezahlte Verlän-gerung ihrer Arbeitszeit arbeits-gerichtlich vorgehen.

Aktueller StandDer Widerstand der diakonischenBeschäftigten und der Gewerk-schaft ver.di gegen die Absenkun-gen haben Wirkung gezeigt. Ist der Termin, zu dem die Verschlech-terungen in Hessen und Nassauumgesetzt werden sollten, inzwi-schen offiziell auf den 1. Oktoberverschoben, wird hinter vorgehal-tener Hand schon von einer Ver-schiebung auf den „St. Nimmer-leinstag“ gemunkelt. Die grobenhandwerklichen Fehler des ARK-Konzeptes und die rechtlichenRisiken von dessen Umsetzung

ohne Zustimmung der KollegInnenund von ver.di werden den Verant-wortlichen in der Diakonie immerdeutlicher.

ver.di hat das Diakonische Werk Hessen und Nassau zu Tarif-verhandlungen aufgefordert. Eingemeinsamer Flächentarifvertragfür alle großen Anbieter in denBereichen Gesundheit und Sozialesauf Basis des TVöD wäre in deraktuellen Situation der Branche dierichtige Antwort auf die Politik desSozialdumpings durch Lohnsenkun-gen und Arbeitszeiterhöhungen.

Georg Schulze-Ziehausver.di Landesbezirk Hessen

Ver.di-Gutachten: Beschäftigte können gegen Absenkungen klagen

In den Arbeitsrechtlichen Kommissionen (ARKen) besteht zwar einenumerisch paritätische Kommissionsbesetzung, diese gewährleistetaber kein Verhandlungsgleichgewicht.

Die Verhandlungsparität entsteht bei Tarifverträgen dadurch, dass dieGewerkschaften die reale Option haben, sozialen Druck ausüben zukönnen. Dies kann nur durch einen Verband entstehen, der dieKriterien des Gewerkschaftsbegriffs erfüllt, wie etwa Gegnerfreiheit(keine direkte oder indirekte Finanzierung durch den Arbeitgeber),demokratische Verfasstheit (Meinungsbildung unter den Mitgliedern)und einer hinreichenden sozialen Mächtigkeit (Aufbau von Verhand-lungsdruck). Fehlt diese Verhandlungsparität in den ARKen, können die Beschlüsse einer richterlichen Kontrolle auf Angemessenheit unter-zogen werden.

Anders als Tarifverträge haben die Beschlüsse der ARK keine „norma-tive“ Wirkung (keine unmittelbare und zwingende Wirkung), sondernsie unterliegen einer „Angemessenheitskontrolle“ im Sinne einer Billig-keitskontrolle durch die Arbeitsgerichte, ob sie verhältnismäßig sindund der Grundsatz der Gleichbehandlung gewahrt ist.

Die Angemessenheitsprüfung ist arbeitgeberbezogen durchzuführen.Einschnitte in die Vertragsbedingungen sind nur dann als angemessenhinzunehmen, wenn in der konkreten Einrichtung eine entsprechenderechtfertigende Situation gegeben ist (wenn z. B. die Kürzung desWeihnachtsgeldes Teil eines Gesamtkonzeptes ist, umbetriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden).

Der vollständige Text des Gutachtens ist im Internet veröffentlicht unter: www.verdi.de, Suchbegriff eingeben:

Olaf Deinert

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Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Rolle rückwärts

In den Leitlinien des DiakonischenWerkes der EKD heißt es lapidar:„Wir sind eine Dienstgemeinschaftvon Männern und Frauen imHaupt- und Ehrenamt.“ Der BegriffDienstgemeinschaft ist zweideutigund hat oft einen faden Beige-schmack. Klar ist, dass er keine Re-alität beschreibt. Kann er aber eineZielvorstellung und Gestaltungs-aufgabe für eine partnerschaftlicheUnternehmenskultur auf Augen-höhe in Kirchen, Diakonie undCaritas beschreiben?

Die Stimmen in den Kirchenmehren sich, nicht mehr die mitden Gewerkschaften ausgehan-delten Tarife als Richtschnur zuübernehmen, sondern ein eigeneskirchentypisches „Tarifsystem“ zuentwickeln. So richtig das Anliegennach kirchen- und diakoniespezi-fischen Regelungen auch ist, dieKirchen machen jedoch den zwei-

ten Schritt vor dem ersten. Siemeinen nämlich, sie könnten ge-nauso wie sie bislang die Tarif-verträge kopiert haben jetzt auchTarifverhandlungen kopieren.

Dafür allerdings ist der Dritte Wegnicht geschaffen und auch nichtgeeignet.

Im Wirtschafts- und Sozialworthaben sich die Kirchen dazu be-

Synode beschließt Kündigungder Tarifverträge undKirchenmitgliedschaft fürMitarbeitervertretungenBei ihren zweitägigen Beratungenim April 2005 beschloss die Synodeunter anderem zusätzliche Einspa-rungen in Höhe von rund 3,6 Mil-lionen Euro im 271 Millionen Euroumfassenden Haushalt für 2005.Zusätzliche Einsparungen vonknapp zehn Millionen Euro sollenbis zum Herbst vorbereitet werden.

Keine Lohnerhöhungen für 2005Die Tarifverträge sollen zum Fe-bruar 2006 gekündigt werden.Lohnerhöhungen für Mitarbeiterwerden für 2005 ausgesetzt. 24 der 193 Synodalen stimmten

gegen die Pläne. In einem neu zuschaffenden Amt für kirchlicheDienste sollen das Evangelische Bil-dungswerk sowie die Frauen- unddie Jugendarbeit zusammengefasstwerden. Mit welchen Personalein-sparungen rechnet man da wohl?

Sparen ohne EndeDer Etat für das neue Amt wird auf Beschluss der Synode auf rund1,3 Millionen Euro festgelegt. Dasentspricht einer Kürzung desGesamthaushaltes aller Arbeitsbe-reiche um 30 Prozent. Ursprünglichsollte das neue Amt noch bedeu-tend weniger Geld erhalten. Dieswurde nach Protesten von Betrof-fenen von den Synodalen aberabgelehnt. Zusätzliche Einsparun-

gen in Höhe von knapp 500.000Euro werden stattdessen bei derkirchlichen Publizistik und in derKirchenverwaltung vorgenommen.

Im Arbeitsrecht sollen künftigeinem Beschluss des Kirchenparla-ments zufolge sowohl Tarifverträgemit den Gewerkschaften als auchRegelungen durch so genanntearbeitsrechtliche Kommissionenmöglich sein. Den Kommissionengehören Vertreter der Mitarbeiterund der kirchlichen Arbeitgeber an, die Gewerkschaften müssennicht beteiligt werden.

Die Mitbestimmung der Ange-stellten wird zudem eingeschränkt.Künftig können nur noch Kirchen-mitglieder in Mitarbeitervertretun-gen gewählt werden.

Kirchen, Diakonie und Caritas

Dienstgemeinschaft braucht Tarifverträge

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10 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

kannt. „Eine gute und aufopfe-rungsvolle Arbeit verlangt auchihren gerechten Lohn“ (Ziff. 245).Diese Selbstverpflichtung könnendie Kirchen jedoch unter denBedingungen des Dritten Wegesnicht einlösen. Denn was an einerEntlohnung gerecht ist, lässt sichnur auf dem Weg eines fairen undgerechten Interessenausgleichs der beiden Arbeitsmarktparteienfinden. Der Dritte Weg aber istüberfordert, wenn er die Verhand-lungen führen wollte, die üblicher-weise Arbeitsmarktparteien aus-tragen.

Auf dem Arbeitsmarkt treffendie Arbeitgeber und Arbeitnehmer-Innen in einer ungleichgewichtigenPosition aufeinander. Während derArbeitnehmer seine Arbeitskraftanbieten muss, muss der Arbeit-geber sie keineswegs annehmen.Diese Schieflage des Arbeitsmark-tes benachteiligt ArbeitnehmerIn-nen – auch kirchliche – gegenüberden Arbeitgebern systematisch.Tarifverträge sind eine Antwort aufdie Schieflage am Arbeitsmarkt.Erst sie schaffen die Voraussetzun-gen dafür, dass Löhne und Arbeits-bedingungen „gerecht“ genanntwerden können. Die Juristen spre-chen von einer materiellen Richtig-keitsgewähr.

Keine tatsächliche Verhand-lungsparität in Arbeitsrecht-lichen KommissionenWenn die Kirchen sich jetzt daranmachen, ohne Tarifverträge dieArbeitsverhältnisse gestalten zuwollen, dann übernehmen sie alsOrganisationsprinzip zwar dieParität. Doch sie ignorieren dieSchieflage auf dem Arbeitsmarktund geben sich mit einer bloßenBesetzungsparität in den Kommis-sionen zufrieden, die jedoch keinetatsächliche Verhandlungsparitätbeinhaltet. Von Parität kann wohlkaum die Rede sein, wenn die Ver-treterInnen der Mitarbeiterschaftihren eigenen Dienstgebern gegen-übersitzen. Das mag bequem fürdie Arbeitgeber sein, doch es fehltjene Macht- und Durchsetzungs-

position, die bei Vertragsabschlussvorliegen muss, damit von einemgerechten Vertragsergebnis dieRede sein kann.

Die bestehenden Tarife sindden kirchlichen Arbeitgebern zuteuer. Dass die kirchlichen Arbeit-geber durch ein eigenes „Tarifsy-stem“ auf diese Finanzlage reagie-ren wollen, ist nicht das Problem –wohl aber, wie sie reagieren: Es geht unter sozialethischen Ge-sichtspunkten um ein Verfahren,gerade in angespannten Situatio-nen fair und gerecht mit einanderumzugehen.

Verhandlungen auf Augenhöhe:nur in Tarifverhandlungen mitGewerkschaftenWas immer die kirchlichen Arbeit-geber als eigenes Arbeitsrecht ent-wickeln, unter dem Gesichtspunktder Gerechtigkeit kann es nur Be-stand haben, wenn es auf Augen-höhe ausgehandelt worden ist. DasBundesarbeitsgericht hat wieder-holt festgestellt, dass Arbeitsver-tragsrichtlinien nicht „richtig“ seinkönnen, wenn sie nicht paritätisch

ausgehandelt sind oder keinenBezug mehr zu Tarifverträgenhaben. Tarifverträge begründenden Dritten Weg – der Dritte Wegkann sie deshalb nicht ersetzen.

Die Kirchen könnten mit ihremLeitbild einer DienstgemeinschaftBeispiel für eine gelungenere Sozi-albeziehung sein, die Partizipation,Mitverantwortung und Mitgestal-

tung ernst nimmt. Dann würde siedem Zeitgeist nicht hinterher, son-dern davon laufen, der den Ge-werkschaften vorwirft, gestrig zusein und überhaupt eine Plage.

Leitbild der Dienstgemeinschaftfordert fairen Interessen-ausgleichEs ist um die Sache der Kirche zuernst. Dienstgemeinschaft sein zuwollen, wäre eine Glaubwürdig-keitschance. Wer den Anspruchauf eine Dienstgemeinschaft wirk-lich ernstnimmt, der muss für Tarif-verträge eintreten. Denn erst dann,wenn in Tarifverhandlungen dieLöhne und Arbeitsbedingungen aufAugenhöhe ausgehandelt wird,zeigt sich, ob Dienstgemeinschaftmehr ist als nur eine Dienstgeber-gemeinschaft. Die Option für Be-teiligung und die Option für einenfairen Interessenausgleich sindsozialethische Grundorientierungenaus dem Leitbild der Dienstgemein-schaft. Orientiert an diesen Grund-optionen kommt es darauf an, aufAugenhöhe zu verhandeln undInteressen auszugleichen unddadurch die Dienstgemeinschafternst zu nehmen.

Es ist eine Frage der Glaub-würdigkeit, dass die Kirchen ausihren sozialethischen Einsichtenauch dort Konsequenzen ziehen,

wo sie Gestaltungsmöglichkeitenals Arbeitgeber haben. So-lange sie glauben, in Kommissio-nen auf Betriebsebene Ta-rifverhandlungen nachah-men zu können, versto-ßen sie gegen die Min-destbedingungen vonFairness und Gerechtig-

keit. Wenn aber Verhandlun-gen nicht fair und gerecht geführtwerden, dann fehlt auch eineGrundvoraussetzung für das, wasdie Kirchen aus guten Gründenethisch sein wollen: Eine Dienstge-meinschaft, die ihrem Namen ge-recht wird.

Dr. Franz SegbersProfessor für Sozialethik an

der Universität Marburg

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11Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Einführung der 40 Stundenwoche für alle zurückgenommen

Krach unterm Kreuz

Die Zentrale des ChristlichenJugenddorfwerk Deutschlands e.V.(CJD) verbreitete es schon schrift-lich an ihre Dienststellenleitungen:ab 1.7.05 wird die 40 Stunden-woche eingeführt.

Und sie vertrat die Meinung,sie könne das einseitig entscheidenund durchsetzen. Denn im CJDticken die Uhren ganz anders.

Obwohl seit langem Mitgliedim Diakonischen Werk der EKD,setzt man sich über die Verpflich-tung zur Anwendung der Arbeits-vertragsrichtlinien des Diakoni-schen Werkes (DW) und der Be-schlüsse der zuständigen Arbeits-rechtlichen Kommission hinweg.Dem DW ist das hinlänglich be-kannt, mehrfach haben sich dieMitarbeitervertretungen (MAV) indieser Angelegenheit beschwert.Aber passiert ist nichts.

Und so beschließt der Vorstanddes CJD alleinherrlich über diesogenannte „Vergütungsordnung“.Fertige Beschlüsse werden der Ge-samtmitarbeitervertretung bekanntgegeben.

Arbeitszeiterhöhung bedeutet Lohnsenkung und Arbeitsplatzabbau!Der Vorstand traf auf Widerstandbei den KollegInnen und den Mit-arbeitervertretungen. In vielen Be-trieben wurden die KollegInnenvon den MAVen darüber infor-miert, dass eine Arbeitszeitverlän-gerung gegen ihren Willen nichtmöglich ist.

Einseitige ArbeitszeiterhöhungunzulässigGrundlage für die rechtlich ver-bindliche Arbeitszeit der Mitarbei-terInnen ist der Arbeitsvertrag –und der gilt so lange weiter, bis es eine schriftliche Änderung mitbeiderseitigem Einverständnis gibt.Das betrifft alle Arbeitsverträge, in denen eine konkrete Arbeitszeitfestgelegt ist.

Das gilt aber auch für Verträge,die Formulierungen enthalten wie„für das Dienstverhältnis gelten imübrigen die Ordnungen und Richt-linien des CJD, insbesondere dieVergütungsordnung in ihrer jewei-

ligen Fassung“. Dann gilt dieArbeitszeit, die zum Zeitpunkt desVertragsabschlusses geregelt war.Diese kann nicht einseitig vomArbeitgeber geändert werden.

Wenn der Arbeitgeber CJD ein-seitig die Erhöhung der Arbeitszeitanordnen oder durchsetzen will,handelt es sich um einen unzuläs-sigen Vorgang nach §§ 305 ff BGB,der gleichzeitig einen Eingriff in die Vertragsfreiheit und eine Um-gehung des Kündigungsschutzesbeinhaltet. Hierzu gibt es eine ent-sprechende BAG-Rechtsprechung.

Wichtig für Teilzeitkräfte: ein-seitige Kürzung der Bezüge un-zulässigBei Teilzeitbeschäftigten werdendie Bezüge anteilig zur Arbeitszeitberechnet. Es wäre nicht zulässig,diese ohne ihr Einverständnis imVerhältnis zur erhöhten Wochen-arbeitszeit anders zu berechnenund zu kürzen.

Praktische Tatsachen schaffenunzulässigWenn vor Ort durch Änderung der Dienstpläne oder Öffnungs-zeiten versucht wird, die Arbeits-zeiterhöhung praktisch umzu-

setzen, können sich alle Beschäf-tigten dagegen wehren.

Zum einen muss die Zustim-mung der Mitarbeitervertretungvorliegen, die eine volle Mitbestim-mung bei Beginn und Ende dertäglichen Arbeitszeit und ihrerVerteilung auf die Wochentagehat. Aber selbst wenn diese vor-liegt oder die Mitarbeitervertretunggar nicht beteiligt wurde, berührtdas nicht die arbeitsvertraglich ver-einbarte Arbeitszeit der einzelnenBeschäftigten.

Leitung kriecht zu KreuzeAuf zahlreichen Mitarbeiterver-sammlungen wurden diese The-men besprochen. Viele Mitarbeiter-Innen unterschrieben Erklärungen,dass sie mit einer Arbeitszeit-erhöhung nicht einverstanden sind.Und erreichten eine Rücknahmedes Beschlusses. Allerdings soll die 40 Stundenwoche für Neuein-stellungen gelten.

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12 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Ort: Arbeitsgericht DortmundZeit: 6. April 2005, 10.00 UhrThema: Anbringen einer Informationstafelvon ver.di im CJD Dortmund

In der Schwarzen Ecke:Beklagte: Herr Anwalt, Herr Zentrale und Herr Personalchef In der Roten Ecke:Klägerin: GewerkschaftssekretärinMengeAuf der Tribüne:Kollegen des CJD

Der Richter begrüßt, stellt nüchternfest, dass man sich hier wegendreier Informationstafeln trifft und

fragt Herrn Anwalt, ob die Begrün-dung der Beklagten aus einemReflex her erfolgt ist.

Herr Anwalt verneint und sagt,dass er es ernst meint und selbst-verständlich könnte ver.di Informa-tionsmaterial im CJD an den bereitsbestehenden Anschlagbrettern ver-öffentlicht werden.

Nun gut, man einigt sich auffolgende Verfahrensweise:

„Die Gewerkschaft ver.di darfim CJD Dortmund an drei Stellendie vorhandenen Anschlagbretternutzen. Die Gewerkschaft ver.didarf an diesen Stellen sich durchKennzeichnung (großer Querbal-ken mit ver.di Emblem) auf sichund ihre Ziele aufmerksam ma-chen. Die Informationen müssen

durch im Betrieb angestellte ver.di-Mitglieder aufgehängt werden.“

Die Herren Zentrale und An-walt wurden gefragt, warum siedenn eigentlich von soweit ange-reist sind. Nach längerem Schwei-gen sagten sie, man hätte ja jetztschließlich Rechtssicherheit auchfür andere Einrichtungen. Undwenn sich noch andere Betriebs-gruppen im CJD gründen würden,wüsste man besser damit umzu-gehen.

Kollege: „Wer es jetzt immernoch nicht kapiert hat, dass wir ge-meinsam mit ver.di etwas bewirkenkönnen und dass wir das Rechthaben, unsere Arbeitsbedingungenmitzugestalten, der erlebt beidiesem Verfahren das Gegenteil.“

Christliches Jugenddorf Dortmund – Uhren ticken langsam

Das Arbeitsgericht hat sie auf Trab gebracht

Im Krankenhaus des Paul-Gerhardt-Stiftes hat die Leitung die Wäsche-rei ausgegründet und dabei nichtdie Stellungnahme der MAV abge-wartet.

Es kam zu Protesten und sogareiner Demonstration gegen dieAusgründung. Nach einem verlore-nen Schlichtungsverfahren vormKirchengericht Magdeburg ging dieMitarbeitervertretung in die zweiteInstanz zum Verwaltungsgericht inHannover.

Der Antrag wurde angenom-men und die MAV bekam Recht.Das Verwaltungsgericht stellte fest:■ Der Beschluss des Kirchenge-

richtes Magdeburg wird aufge-hoben.

■ Die Dienststellenleitung hat dieBeteiligungsrechte der MAVverletzt.

■ Der Dienststellenleitung wirduntersagt, die Wäscherei in

ein Tochterunternehmen zuüberführen, solange das Betei-ligungsverfahren nach dem

Mitarbeitervertretungsgesetzder EKD nicht ordentlich abge-schlossen ist.

Paul-Gerhardt-Stift Wittenberg

Beschluss des Kirchengerichtes ignoriert

Kollegen des Paul-Gerhardt-Stiftes in Aktion Foto: Henry Moes

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13Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Die Konföderationssynode (die ev.Kirchen Thüringen und die Kirchen-provinz Sachsen haben sich zueiner Föderation zusammen-geschlossen) hat im Herbst 2004beschlossen, dass ab 2006 alleMAV-Mitglieder einer christlichenKirche angehören müssen Damitverlieren landesweit ca. 60 Prozentaller MAV-Mitglieder die Möglich-keit, zur regulären Neuwahl imFrühjahr 2006 wieder zu kandi-dieren.

Die Gesamtausschüsse derMAVen kritisieren diese Entschei-dung:■ Es gibt nach wie vor keine

theologische Begründung,warum ein(e) eingestellt(e)rMitarbeiter/in nicht mehr Ver-antwortung in der Einrichtungübernehmen darf.

■ Viele MitarbeiterInnen (MA)sind auf Grund der Übernahmeihrer Einrichtung durch die Dia-konie automatisch in den Dienstder Diakonie gewechselt, ohnedass dies an besonderen Bedin-gungen geknüpft wurde.

■ Viele MA sind bereits in derehemaligen DDR aus sicherganz bestimmten Gründen in den Dienst der Diakoniegewechselt und auch heutenoch tätig.

■ Im Bereich der neuen Bundes-länder gibt es eine durchschnitt-liche Kirchenzugehörigkeit derBevölkerung von 25 Prozent.Bei den Beschäftigten in diako-nischen Einrichtungen sind esca. 40 Prozent. Bereits hier isterkennbar, dass im Vergleichzur Bevölkerung eine Konzen-

tration von christlich motivier-ten Menschen zu verzeichnenist.

■ Die Mitgliedschaft in einer Kir-che sollen die Beschäftigten le-diglich durch die Abgabe einerKirchensteuer „beweisen“. Be-kennen und Zeugnis zum christ-lichen Glaube ist inhaltlich nichtdarzulegen.

■ In den jeweiligen Arbeitsver-trägen ist unter § 1 Absatz 3 zu lesen: „Der diakonische Dienst ge-schieht im Auftrag Jesu Christi.Wer sich aus anderen Beweg-gründen zu diesem Dienst be-reit findet, ist Mitarbeiter/in mitgleichen Rechten und Pflichten,er/sie muss jedoch die evangeli-sche Grundlage der diakoni-schen Arbeit anerkennen.“ Die

Aber die Leitung scherte sich einenTeufel um das Urteil des kirchlichenVerwaltungsgerichtshofes.

Zwischenzeitlich war den zumTeil langjährigen Mitarbeiterinnendurch die Tochtergesellschaft unterfadenscheinigen Behauptungengekündigt worden, obwohl dasnach § 613a Bürgerliches Gesetz-buch nicht zulässig ist.

Trotz Urteil des Verwaltungs-gerichtshofes hielt die Dienststel-lenleitung an ihrer Kündigung festund packte auf die angeboteneAbfindung noch etwas oben drauf.Korrekt wäre gewesen, die Mitar-beiterinnen wieder im Krankenhauszu beschäftigen. Nun sind die Mit-arbeiterinnen zum 1. April 2005 ar-beitslos – trotz positivem Beschlussdes Verwaltungsgerichtes.

Aber eins hat der ganze Rum-mel zugunsten der Beschäftigten

gebracht: von weiteren Ausgrün-dungen wird erst mal abgesehen.Ein Beispiel dafür, dass die Errich-tung von Kirchengerichten sinnlosist, wenn es keine zwingende An-wendung zur Umsetzung der Be-

schlüsse für die Arbeitgeber gibt.Ein Kirchengericht ist in keinerWeise vergleichbar mit der Qualitäteines Arbeitsgerichtes.

Henry Moes

Protest gegen Ausgründung Foto: Henry Moes

MAV-Wahlen 2006 in Thüringen und der Kirchenprovinz Sachsen

Synode führt ACK-Klausel wieder ein

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14 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

nun zwingende Mitgliedschaftin einer Kirche steht im Wider-spruch zum Gesetz!

■ Langjährige MAV-Mitglieder, die das Vertrauen der Beschäf-tigten genießen, werden nun zu Mitarbeitern zweiter Klasse.

■ Das Argument der Arbeitgeber,Mitarbeitervertretung sei Lei-tungsamt, ist in keiner Weisefundiert.

■ MAVen haben sich unter ande-

rem auch für die Integrationausländischer MitarbeiterInneneinzusetzen und diese zu för-dern. Im Zuge der Osterweite-rung verzeichnen wir bereitsjetzt eine vermehrte Anhäufunganderer Religionen. Diese wür-den dann künftig gesetzlich dis-kriminiert.

■ Alle Einrichtungen stellen un-verändert weiterhin Menschenein, die keiner Kirche angehö-

ren. Würde sich das ändern,müssten mindestens 50 Prozentder diakonischen Einrichtungenschließen.

Mit einer gesetzlich verordnetenZwangsmitgliedschaft in einerKirche verbessern Einrichtungennicht ihr diakonisches Profil. Sie ist kein geeignetes Mittel, die Werte des Evangeliums zuvermitteln.

In den ev. Kirchen in Mitteldeutsch-land entschließen sich immer mehrMitarbeitervertretungen, jetzt zu-rückzutreten und neu zu wählen,damit die von der Synode ab 2006beschlossene Kirchenmitgliedschaftfür Mitarbeitervertretungen nochnicht greift.

Eine sehr eindrucksvolle Strategie,die Arbeitgeber und Kirchen-leitungen mit diesem Problem zukonfrontieren.

Freie Wahlen nur noch indiesem Jahr möglichAls ein Beispiel für die Begründungdieses Schrittes zitieren wir ausdem Schreiben der Mitarbeiter-vertreterInnen des Paul-Gerhard-Stiftes in Wittenberg an Vorstand,Kirchen- und Synodenleitung:

„Im Bereich der ev. Kirchen inMitteldeutschland sind ab demJahr 2006 alle die KollegInnen vonder Wählbarkeit zur Mitarbeiterver-tretung ausgeschlossen, die keinerKirche angehören (ACK-Klausel.).

Dabei gehören inzwischen schonmehr als die Hälfte der Beschäftig-ten der Diakonie keiner Kirche an.

Mit unserem Rücktritt vorAblauf der Amtsperiode tragen wirdazu bei, dass noch im Jahr 2005Neuwahlen erforderlich werden,weil die Zahl der Mitglieder derMAV um mehr als ein Viertel dervorgeschriebenen Zahl gesunkenist. (§ 16, Abs. 1a Mitarbeiter-vertretungsgesetz der EKD). FreieWahlen – nach bisher geltendemRecht – ohne Anwendung derACK-Klausel sind dann noch ein-mal möglich. Für diese freienWahlen sind wir gern bereit, unserneut als Kandidatinnen zur Wahlzu stellen.“

Rücktritt der Mitarbeitervertretungen

Protest gegen Neuwahlen mit ACK-Klausel

Die Diakonie als kirchlicherWohlfahrtsverband hat bundes-weit die Weichen auf nochmehr Zersplitterung als bishergestellt. Von höchster Stelle gabes die Rote Karte für die Ge-werkschaften und den Reform-tarifvertrag im öffentlichenDienst (TVöD). Gleichzeitigwinden sich Präsidenten undEinrichtungsleitungen derDiakonie, wie die 1-Euro-Jobs

am einfachsten und mit demgeringsten Widerstand derArbeitnehmervertretungen ein-geführt werden können.

Zwischen Übernahme TVöD und 1-Euro-JobsDie Würzburger Diakonie ist dabeigefangen in den vorgegebenenStrukturen: Tariflich gibt es die An-bindung an das Diakonische WerkBayern. Und bei den 1-Euro-Jobs

sind die Vorgaben der WürzburgerARGE Arbeit und Grundsicherungbzw. des Landkreis Würzburg zuberücksichtigen. Aber der Reihenach...

Die Arbeitsbedingungen bei Kir-che und Diakonie entstehen aufdem 3. WegBei den Kirchen und kirchlichenWohlfahrtsverbänden gibt es keineTarifverträge mit den Gewerk-

Diakonie Bayern

Abschied vom Flächentarif geplant

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15Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

schaften. Seit etwa Mitte der 70erJahre gibt es statt dessen den sogenannten Dritten Weg. Dabeibeschließen formal paritätischbesetzte Arbeitsrechtliche Kom-missionen die Bedingungen für dieArbeitsverträge. Formal handelt essich also um Individualarbeitsrecht.

Die Arbeitsrechtliche Kommis-sion Bayern besteht seit 1977. DieArbeitnehmerseite wird dort alleinvon einem kleinen kirchlichen Mit-arbeiterverband (VkM = Verbandkirchlicher Mitarbeiter) vertreten,der seine Existenzberechtigungallein daraus bezieht, dass die Ar-beitgeber am Dritten Weg festhal-ten wollen. Mehrere Arbeitnehmer-vertreter des VkM sind noch nichteinmal für die betrieblichen Interes-senvertretungen wählbar, weil sieArbeitgeberfunktionen ausüben.

Die Gewerkschaft ver.di lehntes seit vielen Jahren zu Recht ab,bei einer Arbeitsrechtsetzung mit-zuarbeiten, deren Grundlage alleinKirche und Diakonie bestimmen.Vertragslösungen auf gleicherAugenhöhe lehnen die kirchlichenArbeitgeber mit dem Argument ab,Konflikte und Streik passten nicht

in die kirchliche Arbeitnehmerland-schaft. Dabei ist ver.di seit Mitteder 90er Jahre bereit, so genanntekirchengemäße Tarifverträge abzu-schließen, bei denen die Ausübungdes Streikrechts befristet ausge-setzt wird. Dieses Entgegenkom-men wird jedoch von den Kirchen-oberen nicht honoriert.

Diakonie Bayern erarbeitet völ-lig eigenständige Arbeitsver-tragsrichtlinienSeit März 2004 verhandelt nun die Arbeitsrechtliche KommissionBayern völlig eigenständigeArbeitsvertragsrichtlinien, die künf-tig für die 40.000 Beschäftigtender bayerischen Diakonie geltensollen. Die Beschlussfassung ist für September 2005 geplant, dasInkrafttreten für Anfang 2006.

Bisher sind keine Einzelheitenan die Öffentlichkeit gedrungen;kein Wunder, denn schon bisherwurde nur hinter verschlossenenTüren verhandelt. Die „Basis“ hatteanschließend das Ergebnis zurKenntnis zu nehmen. Bekannt istlediglich, dass man sich nicht amneuen Tarifvertrag für den öffent-lichen Dienst (TVöD) orientierenwill, der Anfang Februar 2005 aus-gehandelt wurde und am 1. Ok-tober in Kraft treten wird. Damitwebt man ein weiteres Stück destarifpolitischen Fleckerlteppichs inder bundesdeutschen Landschaftder Wohlfahrtsverbände. Damitkoppelt man sich erneut ab vomFlächentarif im öffentlichen Dienst,der die gleichen Tätigkeiten auf-weist. Und damit wird auch dieChance vertan, zu einem Flächen-tarif im gesamten Gesundheits-und Sozialbereich zu kommen. Auf diese Weise wird der Wett-bewerbsdruck auf die diakonischenEinrichtung zu- statt abnehmen!

Besonders ärgerlich ist diesebayerische „Diakonie-Tarifreform“deswegen, weil seit mehr als zweiJahren Verhandlungen zwischen

ver.di und Kirchenleitung über eineVeränderung des Verfahrens zurArbeitsrechtsetzung stattfinden.Das geänderte Verfahren soll ver.diermöglichen, sich an der Arbeits-rechtsetzung in Bayern zu beteili-gen. In diesen Gesprächen gab esan keiner Stelle den Hinweis aufdie bereits laufende Planung füreine eigene Arbeitsvertragsgrund-lage. Offenbar will man dieGewerkschaft ver.di mit diesemAffront vor vollendete Tatsachenstellen.

1-Euro-Jobber werden auf ihreArbeitswilligkeit getestetHartz IV ist seit Januar 2005 inKraft. Danach können bei öffent-lichen und gemeinnützigen Trägernso genannte 1-Euro-Jobs geschaf-fen werden. Die 1-Euro-Jobsdienen in erster Linie dazu, die„Arbeitswilligkeit“ der Leistungs-empfänger zu testen und sie ge-gebenenfalls vom Leistungsbezugauszuschließen („Bereinigung“ der Arbeitslosenstatistik!). Mit den1-Euro-Jobs werden mit Sicherheitreguläre Stellen abgebaut. Einextremer Niedriglohnsektor wirddamit gesellschaftsfähig. SchönerNebeneffekt für die Wohlfahrts-verbände: Sie erhalten ein Test-reservoir für neue Arbeitskräfteund zusätzlich noch einen Obulusfür den Zusatzaufwand. Wennman es geschickt anstellt, kannman mit den 1-Euro-Jobbern nochGeld verdienen.

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16 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Die 1-Euro-Jobs müssen lautGesetz (SGB II) zusätzlich sein unddürfen keine regulären Arbeitsplät-ze verdrängen. Doch in einer Zeit,in der Personaleinsparungen undStellenabbau auf der Tagesordnungstehen, kann diese Vorschrift nurzum Etikettenschwindel verkom-men. Die kirchlichen Mitarbeiter-vertretungen haben vielmehr dieberechtigte Befürchtung, dass mitder Einrichtung von 1-Euro-Jobs

mittel- und langfristig unsere Stel-len reduziert werden.

Doch mittlerweile sind Faktengeschaffen worden: In der baye-rischen Diakonie gibt es bereits450 der Arbeitsgelegenheiten,weitere 200 sind in Planung(Stand: Februar 2005). Dies machtimmerhin einen Anteil von ca. 1,5Prozent an der Gesamtbelegschaftder Diakonie Bayern aus. Im Bezirkder Würzburger Agentur für Arbeitgab es im März 2005 immerhin269 1-Euro-Jobber, davon 31Jugendliche unter 25 Jahren (Main-Post 1.4.2005, S. C 5).

Wie führe ich 1-Euro-Jobs ein,ohne dass es einer merkt?Die betrieblichen Interessenver-tretung sind keineswegs begeistert,wenn in ihren Einrichtungen 1-Euro-Jobs eingerichtet werdensollen. Zum einen bedeutet dieszusätzlichen Aufwand für einigeBeschäftigte, weil 1-Euro-Jobber ja auch beaufsichtigt, kontrolliertund angeleitet werden müssen –

und dies in der eh schon knappbemessenen Zeit, die sich dannnoch mehr verdichtet. Zum andernbefürchten die Mitarbeitervertre-tungen, dass mit den 1-Euro-Jobsein – evtl. weiterer – Dumping-lohnbereich eröffnet wird, der zu-nehmend Druck auf die Lohn- undArbeitsbedingungen der anderenBeschäftigten ausübt.

Die Mitarbeitervertretung derWürzburger Diakonie hat sich je-denfalls intern darauf verständigt,die Einrichtung von 1-Euro-Jobsnach Möglichkeit zu verhindern.Wenn dies allerdings nicht um-setzbar sein sollte, setzt sie sich für die Einhaltung möglichst guterBedingungen bei den 1-Euro-Job-bern ein. Die Konsequenz aus die-ser kritischen Sicht vieler kirchlicherBetriebsvertretungen ist, dass dieLeitungen diakonischer Einrichtun-gen häufig versuchen, 1-Euro-Jobslautlos und ohne Getöse im Betriebzu installieren. Hier gilt es daherwachsam zu sein.

Herbert Deppisch

Die Arbeitsgemeinschaft der Mit-arbeitervertretungen (AGMAV) imDiakonischen Werk Württemberg –die Interessenvertretung von mehrals 35.000 Mitarbeiterinnen undMitarbeitern in der Diakonie inWürttemberg – fordert die Offen-legung von Managergehältern inder Diakonie.

Die öffentliche Debatte um dieOffenlegung von Managergehäl-tern in der freien Wirtschaft ist be-kannt. Während sich viele diakoni-sche Einrichtungen zwischenzeitlichzu großen Wirtschaftsunternehmenentwickelt haben, ist diese Debattein der Diakonie jedoch noch nichtangekommen. Dabei müsste es fürUnternehmen, die ihre Einnahmenweitestgehend mit Geldern derSozialkassen und der öffentlichen

Hand erzielen, doch eine Selbstver-ständlichkeit sein, größtmöglicheTransparenz an den Tag zu legen.

Während die Bezahlung derMitarbeiterinnen und Mitarbeiterdurch die Orientierung am Tarif desöffentlichen Dienstes bekannt ist,bleibt der Blick in die Lohntütender Diakoniemanager verschlossen,da diese oft außertariflich vergütetwerden.

Während die im Rahmen derTarifreform im öffentlichen Dienstvereinbarte unterste Vergütung inHöhe von 1286 Euro Brutto für un-und angelernte Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter den diakonischenArbeitgebern immer noch zu hochist, bleibt es ein Rätsel, was in den Leitungsetagen der Diakonieverdient wird.

Die AGMAV befürchtet, dassbeim aktuellen Druck auf die Mit-arbeitervergütungen sowie wegender bereits damit einhergehendenVerschlechterungen und der gleich-zeitigen Zunahme außertariflicherVergütungen auch in der Diakoniedie Schere zwischen arm und reichauseinander geht. Dies wider-spricht dem eigentlichen Selbst-verständnis der Diakonie.

Die AGMAV fordert deshalb die diakonischen Arbeitgeber auf,die Vergütungen von Vorständen,Geschäftsführungen und anderenleitenden Mitarbeiterinnen undMitarbeitern offen zu legen. Wasfür manche Industriekapitänebereits normal ist, sollte doch denDiakoniemanagern selbstverständ-lich sein.

Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen Württemberg fordert:

Offenlegung von Gehältern in der Diakonie

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17Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Bistum Aachen:

Einfallsreiche Protestaktionen der Beschäftigten

Eine seit 22 Monaten anhaltendeFinanzkrise nimmt immer drama-tischere Formen an. Mittlerweiseerfolgte eine 39-prozentige Schlüs-selzuweisung und die Einrichtungvon wenigen Verwaltungszentrenist geplant, um Stellen zu kürzen.Die Initiative Zukunft ArbeitsplatzKirche (ZAK) setzt sich für dennotwendigen Umbau von kirch-lichen Arbeitsverhältnissen ohnebetriebsbedingte Kündigungen ein.

ver.di arbeitet in diesem Ak-tionsbündnis mit Mahnwachen,Kundgebungen und Demonstra-tionen, Aktionen zum 1. Mai,Gebetsketten um den Dom undeine Aktion Klagemauer wurdenorganisiert und erhielten eine gutePresseresonanz.

Auf einer Veranstaltung er-schütterte der Kirchenfinanzexper-

te Dr. Carsten Frerk die Glaub-würdigkeit der Bistumsleitung: ein sozialverträglicher Umbau wärezu realisieren mit dem bei weitemausreichenden Vermögen und denKapitaleinnahmen, die im Haushaltnicht ersichtlich sind.

„ver.di-ZAK-Karnevalswagen“im Aachener Karnevalszug 2005 ver.di und ZAK haben sich miteinem großen Wagen und 75 Teil-nehmerInnen am Aachener Karne-valszug beteiligt. In bester rheini-scher Tradition wurde so die Botschaft von ver.di/ZAK imSinne eines politischen Karnevalstransportiert mit 5000 Luftballons,50 kg Bonbons und 4000 Ber-linern.

Die derzeit geplanten 30 Kün-digungsverfahren verurteilt ZAK.

Es wird bezweifelt, dass sozialver-trägliche Lösungen fundiert geprüftwurden. „Womöglich trifft es vorallem niedrige Lohn- und Gehalts-gruppen sowie Bereiche, derenDienstleistung man sich anschlie-ßend wieder durch Fremdfirmeneinkauft“, heißt es in einer Pres-seerklärung vom 20. Juni 2005.

Derzeit läuft die Aktion„Schwarzer Button“: Durch das Tragen eines schwarzenButtons kann jeder seine Solidaritätmit den gekündigten Mitarbeiter-Innen zum Ausdruck bringen sowieversuchen, Bischof und General-vikar doch noch zum Umdenken zu bewegen.

Weitere Informationen unterhttp://www.zak-bistum-aachen.de

Der Katholikenrat im Bistum Speyerhat die Bistumsleitung aufgefor-dert, die angekündigten Einsparun-gen insbesondere im Personalbe-reich „möglichst sozialverträglich“zu gestalten.

Gerade die Kirche stehe hier ineiner besonderen Verantwortung,wenn sie ihre Botschaft glaubwür-dig vertreten wolle. Auch für dieübrigen Sparmaßnahmen gelte,dass sie im Dialog mit den Betrof-

fenen umgesetzt werden müssten.Nur so könne die Bistumsleitungihrem Anspruch gerecht werden,dass der Prozess nicht nur eineSparrunde, sondern auch ein„Aufbruch“ sei, heißt es in derStellungnahme des Katholiken-rates.

Das Bistum hatte im Februarangekündigt, die Ausgaben vonderzeit jährlich 125 Millionen Euroum jährlich 20 Millionen Euro

wegen der sinkenden Kirchen-steuer-Einnahmen reduzieren zumüssen. Dieses Ziel soll bis 2007erreicht werden. Unter anderem istdabei vorgesehen, in den nächstenbeiden Jahren in Seelsorge undVerwaltung 100 der bisher 840Stellen abzubauen.

Der Katholikenrat repräsentiertauf Diözesanebene die katholischeLaienschaft des Bistums Speyer.

Bistum Speyer – Katholikenrat, April 2005:

Stellenabbau sozialverträglich gestalten

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18 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Die Weiterentwicklung der Tarif-verträge für die Beschäftigten derNordelbischen Kirche stand imMittelpunkt eines Grundsatzge-spräches zwischen ver.di (Landes-bezirk Hamburg, LandesbezirkNord) und dem Gesamtvorstanddes Verbandes kirchlicher unddiakonischer AnstellungsträgerNordelbien (VKDA-NEK) und derKirchenleitung der NordelbischenEvangelisch-Lutherischen Kirche am 6. Juni in Kiel.

Im Bereich der NordelbischenKirche werden die Arbeitsbedin-gungen der Angestellten undArbeiter auf der Basis von Tarif-verträgen geregelt.

Wolfgang Rose (Landesbe-zirksleiter Hamburg) und RüdigerTimmermann (LandesbezirksleiterNord) forderten den kirchlichenArbeitgeberverband VKDA-NEKauf, mit ver.di ein moderneseinheitliches Tarifrecht sowohl für die Beschäftigten in den

Kirchenkreisen als auch in dendiakonischen Einrichtungen zuverhandeln.

Für über 8000 Beschäftigte indiakonischen Betrieben in Ham-burg und Schleswig-Holstein hatver.di erfolgreich den KirchlichenTarifvertrag Diakonie (KTD) verein-bart. Die Angestellten und Arbeiterin den Kirchenkreisen und weiterenEinrichtungen in der NordelbischenKirche fallen unter den KirchlichenAngestellten Tarifvertrag (KAT-NEK)und den Kirchlichen Arbeiter Tarif-vertrag (KArbT-NEK). Der KAT-/KArbT-NEK orientiert sich bisher anden Tarifverträgen im öffentlichenDienst (ehemaliger BAT).

Seit Anfang 2005 arbeiten derkirchliche ArbeitgeberverbandVKDA-NEK und die Gewerkschaf-ten an einer Reform dieses Tarifver-trages, der die Arbeitsbedingungenvon über 12 000 Beschäftigten inder Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche regelt. Für die

Vereinte Dienstleistungsge-werkschaft ist dabei dieOrientierung an der Strukturdes Kirchlichen TarifvertragesDiakonie (KTD) das Ziel.

Grundsätzlich bestandzwischen dem Arbeitgeber-verband und ver.di Einigkeitdarüber, dieArbeitsverhältnisse der kirch-lichen Angestellten und Ar-beiter tarifvertraglich zu re-geln.

Allerdings strebt derkirchliche Arbeitgeberver-band zwei getrennte Tarifver-träge für den Bereich derNordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an.Neben dem Kirchlichen Tarif-vertrag Diakonie (KTD) soll eseinen reformierten Kirch-lichen Angestellten/Kirch-lichen Arbeiter Tarifvertrag inNordelbien geben. Bei der

Reform dieses Tarifwerkes will derkirchliche Arbeitgeberverband sicham KTD orientieren.

Der Arbeitgeberverband be-gründet die Notwendigkeit vonzwei Tarifwerken in Nordelbien mitdem Hinweis auf die Berücksich-tigung spezifischer Regelungs-bedarfe in den Kirchenkreisen (z.B.Religionszugehörigkeit zur Kircheund den besonderen Anforderun-gen an das kirchliche Verwaltungs-personal bei der Eingruppierung imTarifvertrag).

Weiterhin forderte ver.di dieVerantwortlichen auch auf, für bis-her nicht tarifgebundene Einrich-tungen in den Geltungsbereich derTarifverträge zu vereinbaren. Dieswurde vom kirchlichen Arbeitge-berverband mit dem Hinweis aufdie Vielzahl der unterschiedlichenArbeitsvertragsrichtlinien beant-wortet, die außerhalb des Verant-wortungsbereiches des Gesamt-vorstandes des VKDA-NEK liegen.

Abschließend machten dieVertreter der Gewerkschaft ver.dideutlich, dass ver.di weiterhin ander Zielsetzung eines einheitlichenTarifrechtes für Nordelbische Kirchefesthält. ver.di wird in der Arbeits-gruppe zur Reform des KirchlichenAngestellten Tarifvertrages/Kirch-lichen Arbeiter Tarifvertrages weitermitarbeiten, auch wenn es über dieForm des Tarifwerkes z. Z. unter-schiedliche Positionen zwischendem kirchlichen Arbeitgeberver-band und der Gewerkschaft gibt.

Die Tarifvertragsparteien stre-ben bis zum Jahresende 2005 denAbschluss der gemeinsamen Arbeitan der Reform des Kirchlichen An-gestellten Tarifvertrages/KirchlichenArbeiter Tarifvertrages an.

Für Rückfragen:Norbert Proske, ver.di Hamburg,

Handy 0177-229 51 01

Hamburg, 7. Juni 2005 – ver.di fordert

Gemeinsamen Tarifvertrag für Beschäftigte bei Kirche und Diakonie in Nordelbien

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19Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Die über 30.000 Beschäftigten derEvangelischen Landeskirchen Han-nover, Oldenburg, Braunschweigund Schaumburg-Lippe werdenzukünftig kein Urlaubsgeld und nur noch ein Mini-Weihnachtsgelderhalten. Darauf haben sich diekirchlichen Arbeitgeber und derVerband kirchlicher Mitarbeiter(VkM) geeinigt. Das Weihnachts-geld wird 2005 auf 30 Prozent und 2006 auf 20 Prozent (statt 83 Prozent) gekürzt, das Urlaubs-geld dauerhaft gestrichen.

Über das Weihnachtsgeld 2007soll noch neu verhandelt werden.Aber schon gibt es die Aussage desLandeskirchenamtes: „Für 2007 istkein Weihnachtsgeld vorgesehen.“Wie ernst nehmen die Kirchen-leitungen noch ihren eigenen,

sonst viel gepriesenen 3. Weg?Wieder einmal entpuppt er sich als ein 1. Weg.

Der VkM nimmt also die Ab-koppelung vom öffentlichen Diensthin. Das Verhandlungsergebnisbedeutet eine Reduzierung desEntgeltes von 5 bis 6 Prozent ohneirgendeine Gegenleistung für dieBeschäftigten! Es kommt nochschlimmer: Alle ab 1. November2004 eingestellte Beschäftigtearbeiten 40 Stunden pro Woche!Welch absurde Maßnahme, wennman weiß, dass alle Landeskirchensich verkleinern müssen.

Der Verband kirchlicher Mit-arbeiter kommt in BedrängnisNahezu alle Mitarbeitervertretun-gen, die Gesamtausschüsse Olden-

burg und Hannover sowie die Ge-werkschaft ver.di lehnten diesenAbschluss vehement ab. Sie sindder Auffassung, dass die Spielre-geln des 3. Weges von vornhereinfür die Arbeitnehmerseite unfairsind.

Es kam zu Unruhe unter den MitarbeiterInnen und einer Protestdemonstration von ver.di bei der Konföderationssynode am 12. März 2005.

Für den VkM wurde es unge-mütlich, er verlor etliche aktiveMitglieder, die jetzt in ver.dieingetreten sind.

Annette Klausing,ver.di Landesbezirk

Niedersachsen/Bremen

Ev. Kirchen in Niedersachsen

Weniger Lohn und länger arbeiten

Präsident des Diakonischen Werkes liebäugelte mit 1. Weg

Skandal in Hannover

Das Stephansstift (670 Beschäftig-te) hatte erklärt, zum 1. April 2005für seine neu gegründete Diako-nische Altenhilfe Hannover GmbH(DiAH) mit ca. 300 Beschäftigtenein neues Arbeitsrecht einseitigund ohne Beteiligung der zustän-digen Arbeitsrechtlichen Kommis-sion (ARK) einzuführen. Das hättegravierende Verschlechterungen

gegenüber der bisherigen Vergü-tung von bis zu 30 Prozent bedeu-tet. Das Besondere an diesemeinseitigen Diktat einer großendiakonischen Einrichtung: sie wirdvon dem Vorsteher des Stephans-stiftes Herrn Pastor Weber vor-genommen, der gleichzeitig derPräsident des Diakonischen WerkesHannovers ist.

Herr Pastor Weber verlässt da-mit nicht nur den Grundsatz deskircheneigenen Weges der diako-nischen Arbeitsrechtsetzung, diesesVerhalten steht auch in klaremWiderspruch zu dem Standpunktaller Diakonischen Werke in Nie-dersachsen zum Thema Tariftreue.

In einem Positionspapier derKonferenz Diakonischer Werke in

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20 Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Seit Neubildung der ARK mit Be-teiligung der MAVen im November2001 gelang es, die Absenkungs-beschlüsse der vorherigen ARK (in der der vkm auf der Dienst-nehmerseite saß) zu stoppen. Nochschwieriger war es, die Verschlech-terungen wieder rückgängig zumachen. Lediglich die Eigenbeteili-gung der Mitarbeiterinnen an derkirchlichen Zusatzversorgung inden alten Bundesländern konnteum 0,25 Prozent gesenkt werden.Eine Art „Stillhalteabkommen“ mitden Arbeitgebern schaffte denRahmen für Gespräche über eineReform der AVR.

Anfang 2003 waren Eckpunktefür eine Reform formuliert wordenund seitdem arbeitet eine Gruppeaus 5 Arbeitnehmer- und 5 Arbeit-gebervertreterInnen an einer Neu-gestaltung der Eingruppierungs-und Entgeltstruktur. Die Arbeitneh-mervertreter orientieren sich dabeian den von ver.di formuliertenEckpunkten für einen Tarifvertragim Sozial- und Gesundheitswesen,die auch die Grundlage für denKTD (Kirchlicher Tarifvertrag für dieDiakonie in der NordelbischenKirche) und die reformierte AVR inNiedersachsen war und die auchim neuen TVöD ihren Niederschlaggefunden haben.

Einigkeit bestand von Anfangan, dass es künftig nur eine Tabellegeben soll und dass die Tätigkei-

ten, die der Arbeitsplatz fordert,für die Eingruppierung maßgebendsein sollten. Ansonsten gingen dieVorstellungen weit auseinander.Während anfangs die Arbeitgeber-seite das analytische Punktemodelldes VdDD (Verband diakonischerDienstgeber in Deutschland) zurBewertung der Arbeitsplätze favo-risierte, wollten sich die Arbeitneh-merInnen an den von ver.di for-mulierten Eckpunkten zur Eingrup-pierung orientieren, die ein sum-marisches Arbeitsplatzbewertungs-verfahren vorsehen.

Entsprechend langwierig warendie Verhandlungen. Bezüglich derEingruppierungsstruktur ist inzwi-schen Einigkeit erzielt worden:

Wie im TVöD gibt es nur eineEntgelttabelle. Die Arbeitsgruppeder Arbeitsrechtlichen Kommissionhat sich auf 14 Entgeltgruppen ge-einigt. Die Eckeingruppierung füreine Facharbeitertätigkeit liegt beider E7.

Anhand von Oberbegriffen mitHilfe unbestimmter Rechtsbegriffewird das Niveau des fachlichenKönnens beschrieben, durch be-stimmte Heraushebungsmerkmalewie Koordination von Mitarbeiten-den oder Verantwortung für Sach-und Haushaltsmittel ist eine Präzi-sierung und Durchlässigkeit derEingruppierungssystematik ge-währleistet. Um die Eingruppierungin den Betrieben zu erleichtern,

werden die allgemein gehaltenenOberbegriffe durch eine Beschrei-bung der im diakonischen Bereichvorhandenen Tätigkeitsfelder präzi-siert und zusätzlich mit Beispielenunterlegt. Ein Bezugnahme auf dieberufliche Qualifikation findet inder Beschreibung der Entgeltgrup-pe nicht statt, sie findet sich erstim Beispielskatalog.

Damit ist es gelungen, eineanwendungsfreundliche, auf dieDiakonie bezogene Eingruppie-rungssystematik zu entwickeln, die es tatsächlich ermöglicht, dieEingruppierung und Vergütungentsprechend der übertragenenTätigkeit festzulegen.

Die nächste schwierige Auf-gabe steht erst noch bevor, näm-liche eine Einigung über die denEntgeltgruppen zugeordnete Ver-gütungshöhe. Dazu gibt es bisherdie Verabredung, sich an den inder Branche üblichen Tarifen zuorientieren. Dazu gehören nebendem KTD Nordelbien, dem Tarif-vertrag mit den Rhönkliniken auchdie niedersächsische AVR-K sowieder neue TVöD als maßgeblicheLeitlinie. Allerdings liegen die Vor-stellungen über die Vergütungs-höhe bisher sehr weit auseinander,da die Arbeitgeber darauf speku-lieren, sich über eine Absenkungweit unter das Niveau des öffent-lichen Dienstes Wettbewerbsvor-teile zu verschaffen.

Reform der Arbeitsvertragsrichtlinien für die Diakonie der EKD:

Wie geht es weiter?

Niedersachsen vom 19. Juli 2004heißt es unmissverständlich:

Die kircheneigene Arbeitsrecht-setzung darf „nicht dazu benutztwerden … einseitig zu Lasten derArbeitnehmer z.B. Wettbewerbs-vorteile gegenüber anderen Anbie-tern zu erzielen…“.

Die Arbeitnehmer/innen in derniedersächsischen Diakonie warenempört über dieses Verhalten desPräsidenten des Diakonischen Wer-

kes Hannover. War das ein Allein-gang des Herrn Pastor Weber oderhatte das Diakonische Werk Han-nover seine Meinung bezüglich derVerbindlichkeit der Geltung von di-akonischen Arbeitsrecht insgesamtgeändert?

Protest führte zum vollen ErfolgBinnen weniger Tage wurden Tau-sende von Unterschriften gesam-melt. Hinzu kam die Drohung der

ArbeitnehmervertreterInnen in derARK, die Zusammenarbeit dort ein-zustellen, wenn der Beschluss imStephansstift nicht umgehend zu-rückgenommen wird.

Das alles führte zum Erfolg. Ineiner Pressemitteilung erklärte dasStephansstift am 22. April 2005,zukünftig auch für die DiAH dieArbeitsvertragsrichtlinien anzuwen-den, die in der ARK Niedersachsenbeschlossen werden.

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21Kirchen .info Nr. 4 · Sommer 2005

Die ArbeitnehmervertreterInnenin der ARK DW EKD haben sich ge-meinsam mit VerteterInnen aus an-deren ARKen dazu erklärt, keineBeschlüsse unter dem Niveau des

TVöD zu fassen. Die Arbeitnehmer-vertreterInnen werden bei denweiteren Gesprächen beweisenmüssen, dass sie es ernst meinenmit ihrem beim Amtsantritt formu-

lierten Ziel, zu verhindern, dass dieArbeitsrechtliche Kommission DWEKD Vorreiterin in Sachen Absen-kung der Arbeitsbedingungen undder Vergütungen ist.

Die Arbeitsrechtliche Kommissiondes Diakonischen Werks der EKDstellt nach ihrer Sitzung am 7. Juli2005 fest, dass die Arbeiten an derNovellierung der AVR in ihre ent-scheidende Phase getreten sind.Deshalb wird die von der Arbeits-rechtlichen Kommission eingesetz-te Arbeitsgruppe ihre Arbeit in dennächsten Wochen weiter intensivie-ren. Zielvorstellung ist nach wievor, für die Arbeitsvertragsrichtli-nien des DW/EKD zum 1.1.2006eine neue Eingruppierungs- undVergütungssystematik vorzulegen.

Einigung ist bisher in folgendenPunkten erzielt worden:1. Die zukünftige tätigkeitsbezo-

gene Eingruppierungssystema-tik ist fertiggestellt. Alle Mitar-beitenden werden zukünftignach einheitlichen Kriterien ein-gruppiert.

2. Zukünftig wird es nur noch einTabellenwerk für alle Beschäf-tigten geben.

3. Die Tabellenstruktur und damitdie Vergütung orientieren sichzukünftig ausschließlich an denzu erledigenden Tätigkeiten.

4. Auf eine separate Tabelle fürden Tarifbereich Ost kann zur-zeit leider noch nicht verzichtetwerden.

5. Auch in Zukunft wird es einefamilienbezogene Vergütungs-komponente geben. Einzelhei-ten hierzu müssen noch festge-legt werden.

Über Instrumente zur Anpassungder Vergütungsstrukturen an diebetrieblichen Notwendigkeitenwird nachgedacht.

In den nächsten Wochen wirddie Arbeitgruppe der Arbeitsrecht-lichen Kommission die Vergütungs-tabelle erarbeiten.

Die ARK geht davon aus, dasses zu einem zeitgerechten Ab-schluss der Verhandlungen kommt.

Bitzmann/VorsitzenderGutt/Stellv. Vorsitzende

Kassel, 7. Juli 2005

Pressemitteilung der ARK DW EKD

Nach Veröffentlichung des Buches„Finanzen und Vermögen der Kir-chen in Deutschland“ von C. Frerk2002 regte ver.di eine detailliertereRecherche über Diakonie und Cari-tas an, die jetzt mit diesem neuenBuch vorliegt.

Worum geht es ver.di dabei?Bisher war die Finanzsituation beiCaritas und Diakonie ein weißerFleck. Deshalb das Interesse vonver.di, einmal nähere Zahlen zuerfahren, wie Diakonie und Caritasfinanziert werden, woher sie ihre

Zuschüsse bekommen, wie ihreEinnahmen- und Ausgabensitua-tion strukturiert ist.

Es geht uns nicht darum, Cari-tas und Diakonie an den Prangerzu stellen. Es geht uns auch nichtdarum, die Finanzierungsprobleme,

Carsten Frerk „Caritas und Diakonie in Deutschland“

ver.di zur Vorstellung des Buches

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die es allgemein im sozialen undgesundheitlichen Bereich gibt – die von der Politik gewollt sind –speziell für Diakonie und Caritas in Frage zu stellen. Die gleiche Re-finanzierungssituation gilt ebensofür öffentliche oder private Einrich-tungen.

Aber die Untersuchung hat ge-zeigt, dass Caritas und Diakonie

aufgrund ihrer Vermögenssituationauf relativ hohem Niveau jammern.Wir wollen erreichen, dass mit die-ser Untersuchung Transparenz ge-schaffen wird, Durchsichtigkeit derFinanzsituation. Wir wollen im tra-ditionellen Sinne der Aufklärungsozusagen die Entzauberung derWelt auch in Bezug auf die kirch-lichen Wohlfahrtsverbände. DieStudie ergibt für unseren Bereich 4 zentrale Thesen, die in dem Buchjeweils nachgewiesen und erläutertwerden.

These 1Die Wohlfahrtsverbände wer-den in der öffentlichen Wahr-nehmung völlig unterschätzt.

Das Buch befasst sich zwar mitDiakonie und Caritas im engerenSinne, bezieht aber die anderenWohlfahrtsverbände in ihre Ge-samtschau mit ein. Es gibt einesignifikante Differenz zwischen denMitarbeiterzahlen, die die Verbän-de selber herausgeben und den-jenigen, die tatsächlich in denWohlfahrtsverbänden arbeiten. InBezug auf Caritas und Diakoniesind das fast 1,5 Millionen Beschäf-tigte. Die Bedeutung zeigt sichaber nicht nur an der Mitarbeiter-zahl, sondern auch an der Wert-schöpfung dieses Bereiches, wennman z.B. mit großen Konzernenoder Branchen wie der Chemie-oder Automobilbranche vergleicht

These 2Bei Diakonie und Caritas stehtnicht drauf, was drin ist.

Die Finanzierung erfolgt fastvöllig aus Steuergeldern und öf-fentlichen Mitteln, insbesondereder Sozialversicherungen. Die Kir-chenquote, d.h. die Quote der Kir-chensteuerfinanzierung im Bereichvon Diakonie und Caritas gemes-sen am Umsatz dieses Bereichesbeträgt lediglich 1,8 Prozent. 1,8Prozent der Gesamteinnahmen vonDiakonie und Caritas entstammen

aus Kirchensteuern. Das ist sehrwenig. Es ist in den einzelnenZweigen unterschiedlich. Die Bera-tungsstellen sind höher finanziert,während bei Krankenhäusern, inder Altenpflege oder Behinderten-hilfe gar keine Kirchensteuermittelverwandt werden. Also drin ist tat-sächlich eine gesellschaftsfinanzier-te Arbeit, darauf steht Kirche, Dia-konie, Caritas.

These 3Der Wohlfahrtsmarkt wird von denKirchen beherrscht.

Gemessen am Umsatz und den Mitarbeiterzahlen dominierenCaritas und Diakonie. Im Bereichder Wohlfahrtsverbände befindetsich mehr als 70 Prozent diesesWohlfahrtsmarktes in konfessio-neller Trägerschaft.

These 4Die Einrichtungen der kirch-lichen Wohlfahrtsverbände sindsäkulare Großorganisationen.

Das betrifft den Grad ihrerÖkonomisierung, d.h. die Reaktionauf die Veränderung der Finanzie-rungsformen, ihre Stellung amMarkt, aber auch das Bewusstseinder Beschäftigten. Mit der gleichenHaltung und Motivation könnendie Beschäftigten genau so gutauch in anderen Wohlfahrtsverbän-den tätig sein.

Für uns als Gewerkschaften er-geben sich gewerkschaftspolitischfolgende Schlussfolgerungen:1. Das Verhältnis von wirtschaft-

licher Macht und Politik. Diewirtschaftliche Macht derWohlfahrtverbände ist meinesErachtens unstrittig. Die Frageist, wie wird diese in politischeMacht oder in Politik umge-setzt. Die kirchliche Wohlfahrtscheint in erster Linie interes-siert an der Sicherung ihrereigenen, rechtlich ausgestal-teten privilegierten Stellung in

Carsten Frerk lebt als freier Schriftsteller inHamburg. Mit seiner 2002 veröffentlichtenStudie über Finanzen und Vermögen der Kir-chen in Deutschland hat er sich einen Namenals ausgewiesener Experte in kirchliche Finan-zen betreffenden Fragen gemacht. Derzeit lei-tet er die Forschungsgruppe Weltnschauungenin Deutschland (fowid).

Der Deutsche Caritasverband und das Diakoni-sche Werk sind in den vergangenen Jahrzehn-ten zum weltweit größten privaten Arbeitge-berverbund aufgestiegen: zu Sozialkonzernenmit einem Jahresumsatz von rund 45 Mrd.Euro. Im Bereich der christlichen Wohlfahrts-pflege arbeiten in Deutschlandrund 1,5 Millio-nen Personen. Obwohl die Einrichtungen sichweitestgehend aus öffentlichen Mitteln finan-zieren, wird das karitative Engagement in deröffentlichen Wahrnehmung den Kirchen „gut-geschrieben“. Carsten Frerk hat über das Dia-konische Werk und den Deutschen Caritasver-band umfangreiche Zahlen und Fakten zu-sammengetragen. Detailliert, und veranschau-licht durch zahlreiche Tabellen und Übersich-ten, stellt er Finanzierung und Tätigkeitsfelderdar. In Exkursen werden brisante Fragen wiedas kirchliche Arbeitsrecht, die soziale und me-dizinische Versorgungssituation für Nichtgläu-bige oder die Zukunft des „Dritten Weges“ er-örtert.

Einzelexemplare können für ver.di Mitglieder(Mitgliedsnummer bitte angeben) zu einemVorzugspreis von 10 Euro (statt 22,50 Euro)plus 3,68 Euro Porto bestellt werden mit An-gabe der Liefer- und Rechnungsadresse bei:IVB Direktmarketing GmbH, Fax: 06351.125283 oder per mail an [email protected]

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der Gesellschaft. Das zeigt sichan einer ganzen Reihe vonPunkten. Bei der Verfassungs-reform des Jahren 1990 konn-ten sie ihre Stellung behaupten.Es zeigt sich in der Frage derHaltung zum Antidiskriminie-rungsgesetz, beim EU-Recht inder hervorragenden Lobbyar-beit, die Caritas und Diakoniein Brüssel machen, in ihrer Hal-tung zur EU-Verfassung, zumGottesbezug in der EU-Verfas-sung und in ähnlichen Punkten.Die Kirchen sehen die Gefahr,dass durch EU-Recht ihre privi-legierte besondere Stellung inDeutschland gefährdet ist undversuchen dieses mit allen Mit-teln zu verhindern. Dagegen fehlt es inzwischen aneiner offensiven Verteidigungdes Sozialstaates durch diekirchlichen Wohlfahrtsverbän-de. Es gibt wenig Stimmen ausdem Kirchenbereich, das euro-päische Sozialmodell zu sichernund weiterzuentwickeln. Esgibt eine deutliche Zustimmungzur Agenda 2010. Die letzteStimme für eine offensive Ver-teidigung des Sozialstaates wardas gemeinsame Wort derKirchen von 1998 , das inzwi-schen in den kirchlichen Stel-lungnahmen nicht mehr so of-fensiv vertreten wird, sondernes überwiegen die Zustimmun-gen zu den Einschnitten in dassoziale Netz in Deutschland.

2. Wir wollen die kirchliche Wohl-fahrtsverbände nicht abschaf-fen. Wir sehen sie als Momentder Daseinsvorsorge und wirsind der Auffassung, dass diegesundheitliche und sozialeDaseinsvorsorge in öffentlicher/gesellschaftlicher Steuerungverbleibt und nicht dem Marktüberlassen wird. Der Markthandelt nach Maßstäben vonkaufkräftiger Nachfrage, Maß-stäben von Gewinn und Profit.

Gesellschaftliche Daseinsvor-sorge hat sich am Bedarf derGesellschaft zu orientieren. Wir wollen Wettbewerb umQualität und nicht um Markt-anteile und nicht um Löhneund Gehälter. Wir können unsvorstellen, dass die kirchlichenWohlfahrtsverbände in einegesellschaftliche Regulierungeinbezogen werden, z.B. ineine gesundheitspolitischePlanung auf regionaler Ebene,zu der nicht nur die öffent-lichen Krankenhäuser gehören,sondern natürlich auch dieKrankenhäuser und die Ge-sundheitseinrichtungen derWohlfahrtsverbände.

3. Wir wollen keine Sonderrolleder Kirchen. Gerade ihre Auf-stellung und vorrangige Positio-nierung im Bereich des Wett-bewerbs und der Ökonomisie-rung des Sozialen zeigt, dass eskeine Sonderrolle geben muss,insbesondere lehnen wir eineSonderrolle bei den besonderenLoyalitätspflichten der Mitarbei-terInnen ab, besondere Formender Mitbestimmung, die übli-cherweise schlechter ausfallenals die im sonstigen gesell-schaftlichen Bereich und einebesondere Arbeitsrechtsetzungüber den sogenannten drittenWeg. Wir fordern die gleichenRegelungen, insbesondereTarifverträge, wie sonst auch.

4. Es ist an der Zeit , das Verhält-nis von Gesellschaft und Reli-gion zu durchleuchten und zuhinterfragen. Was bezahlt dieGesellschaft mit welchem Ziel?Bei dem, was die Gesellschaftbezahlt, sollten auch die gesell-schaftlichen Spielregeln gelten.Es kann nicht sein, dass mitöffentlichen Mitteln öffent-liches Eigentum in Sonder-eigentum der Kirchen überführtwird, z.B. durch die gesell-schaftliche Finanzierung von

Investitionen, mit der Folge von Bildung von kirchlichemVermögen. Das ist eine Formvon gesellschaftlicher Enteig-nung. Dieses führt dazu, dasssich der kirchliche Bereichimmer weiter ausdehnt undverselbständigt. Wir wollen denkirchlichen Bereich als Ausdruckder Zivilgesellschaft, Ausdruckdes Tätigwerdens gläubigerMenschen in unserer Gesell-schaft. Dieses muss auch unterstaatlichem Schutz und mitstaatlicher Förderung gesche-hen. Das darf aber nicht dazuführen, dass die Kirche eineSonderrolle spielt – sozusageneine Art Staat im Staate bildet.Wenn die Kirchen sich wegent-wickeln von Volkskirchen, dannmüssen auch ihre Wohlfahrts-verbände sich den verändertenBedingungen anpassen.

Günter BuschFachbereichsleitung Landes-bezirk Baden-Württemberg

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BI 5100403 04.10. - 06.10. 2005Freistellung nach Bildungsurlaub

Geld bringt Segen – die Finanzierung derkirchlichen Wohlfahrtsverbände Einrichtungen schließen, MitarbeiterInnen werden nicht angemessen ent-lohnt, und immer noch redenKirchen, Diakonie und Caritas nicht über ihr Geld undVermögen.Carsten Frerk bringt mit seinen VeröffentlichungenLicht in die Finanzland-schaft der Kirchen in Deutsch-land. Jetzt liegt auch erstmals eine Untersu-chung über die kirchlichen Wohlfahrtsverbände vor.Wir bieten mit dieser Veranstaltung den Rahmen, umgemeinsam mit dem Buchautor und dem sachkundigenver.di Kollegen Günter Busch folgende Fragen zu bear-beiten:■ Stand und Entwicklung von Kirchenlohn und

Kirchensteuer■ finanzielle Situation der kirchlichen Wohlfahrts-

verbände■ Auswirkung auf die "Wertschätzung" der Beschäf-

tigten■ Handlungsperspektiven der betrieblichen Interessen-

vertretungen

BI 5120502 05.12.-09.12.2005Freistellungsgrundlage§ 19/ 30 MVG oder vergleichbare Regelungen

Veränderungsprozesse in Kirche und DiakonieHandlungsfelder der MAV Betriebsänderungen, Zusammenschlüsse, Qutsourcing-prozesse und ihre Folgen bestimmen den Arbeitsalltagvon InteressenvertreterInnen in diesen Tagen der knap-pen Kassen auch in Kirche und Diakonie.Im Rahmen dieses Seminars werden die Beteiligungs-rechte der MAV in diesen Fällen fachlich, mit Unterstüt-zung des Fachanwaltes Bernhard Baumann-Czichon,bearbeitet.Wir bieten aber auch den Rahmen, um die Rolle derMitarbeitervertreterInnen in einem solchen, oft angst-besetzten und konfliktreichen Veränderungsprozess zureflektieren und betriebliche Handlungsperspektiven zuentwickeln.

Anmeldung:per Mail an [email protected] Brief an ver.di Bildungsstätte „Das Bunte Haus“Senner Hellweg 461 · 33689 Bielefeldper Fax 0 52 05 / 9100-30über Internet www.verdi-das-bunte-haus.deoder www.verdi-zentrale-seminare.de

Seminare in der ver.di Bildungsstätte „Das Bunte Haus“ in Bielefeld Sennestadt

DGB-Bildungswerk7.11.- 9.11.2005 in Düsseldorf D 3 – 25 18 26 – 085

„Bitte zahlen“ – Wirtschaftliche Grundlagen für Mitarbeitervertretungen■ Anspruch der MAV auf betriebswirtschaftliche

Informationen

■ Wirtschaftliche Zusammenhänge im Rechnungs-wesen

■ Deutung von Kennzahlen aus dem Rechnungswesen■ Ermittlung von kritischen Entwicklungen■ Handlungsmöglichkeiten der MAV

Informationen beim DGB-Bildungswerk NRWTel 0211/175 23-88 oder [email protected]