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KAN-Studie 51 „Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten“ Projektnehmerin: Frau Dr. Scheffler, Universität Potsdam
Das Projekt „Kommission Arbeitsschutz und Normung“ wird finanziell durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert Autoren: Dr. Christiane Scheffler Dr. Grit Schüler Herausgeber: Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e.V. (VFA) Redaktion: Dr. Anja Vomberg Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) – Geschäftsstelle – Alte Heerstraße 111, 53757 Sankt Augustin Telefon (02241) 231–3454 Telefax (02241) 231–3464 E-Mail: [email protected] Internet: www.kan.de Veröffentlichung: Mai 2013
Zusammenfassung Hintergrund Im Jahr 2009 veröffentlichte die Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) den Bericht 44 „Anthropometrische Daten in Normen“. Der Bericht verdeutlichte die große Bedeutung von Körpermaßdaten für den Arbeitsschutz und gab eine Reihe von Handlungsempfehlungen. Eine zentrale Empfehlung richtete sich an das DIN und empfahl die Erarbeitung eines Leitfadens, der Anwendern anthropometrischer Daten eine Hilfestellung gibt, wie Körpermaßdaten fehlerfrei genutzt werden können. Der Beirat des Normenauschusses Ergonomie im DIN hat daraufhin seinem zu-ständigen Arbeitsausschuss „Anthropometrie und Biomechanik“ empfohlen, einen Anwenderleitfaden in Form einer DIN SPEC zu erarbeiten, der die richtige Auswahl und Verwendung anthropometrischer Daten allgemeinverständlich behandelt. Da der Ausschuss die KAN um Unterstützung gebeten hat und die KAN dieses Vorhaben als sehr hilfreich für die Gestaltung ergonomischer Arbeitsmittel erachtet, sollte in der vorliegenden Studie die Rohfassung eines solchen Leitfadens erarbeitet werden. Ziel der Studie Ziel der Studie war es, die Rohfassung für einen Leitfaden zu erarbeiten, der die richtige Auswahl und Verwendung anthropometrischer Daten allgemeinverständlich behandelt. Die Rohfassung soll dann zur weiteren Verwendung an den zuständigen nationalen Normenausschuss weitergeleitet werden, um nach weiterer Überarbeitung in geeigneter Form veröffentlicht zu werden. Die KAN dankt den Verfasserinnen, Frau Dr. Christiane Scheffler in Zusammen-arbeit mit Frau Dr. Grit Schüler, Universität Potsdam, für die Durchführung des Projekts und die Erarbeitung der Rohfassung sowie den folgenden Experten für die Begleitung und die Unterstützung im Rahmen einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe: • Dr.-Ing. Claus Backhaus, BG für Transport und Verkehrswirtschaft, Hamburg • Ulrich Bamberg, KAN–Arbeitnehmerbüro, Sankt Augustin
• Norbert Breutmann, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA), Berlin
• Mark Brütting, Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Sankt Augustin • Angela Janowitz, KAN-Geschäftsstelle, Sankt Augustin • Dr. Gerd Küchmeister, Fachhochschule Kiel • Sebastian Lentz, DIN Normenausschuss Ergonomie (NAErg), Berlin • Eckhard Metze, KAN - Arbeitgeberbüro, Sankt Augustin • Bettina Palka, KAN-Geschäftsstelle, Sankt Augustin • Attila Pirger, Daimler AG, Stuttgart • Dr. Anja Vomberg, KAN-Geschäftsstelle, Sankt Augustin • Dr. Sascha Wischniewski, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BAuA), Dortmund Zusammenfassung Ergebnisbericht Als Ergebnis der KAN-Studie liegt ein Leitfaden vor, der insbesondere den Ziel-gruppen „Konstrukteure“ und „Mitarbeiter in der Produktnormung“ Hilfestellung bietet, wie sie Körpermaße für Konstruktion oder Normung richtig anwenden können. Im ersten Schritt wurde das Konzept für einen solchen Leitfaden erstellt, das folgende Punkte enthielt: • Grundlegende Vorgehensweise bei der Anwendung und Auswahl
anthropometrischer Daten für die Gestaltung der technischen Umwelt des Menschen
• Hinweise zu Anwendung und Auswahl anthropometrischer Daten • Ausgewählte Körpermaßangaben mit Warnhinweisen • Konstruktionsbeispiele • Glossar • FAQ
Bei der Umsetzung des Konzepts wurde darauf Wert gelegt, möglichst leicht verständliche Ablaufschemata und leicht lesbare und gut gegliederte Texte zu verwenden. Es wurde verdeutlicht, wie wichtig die richtige Anwendung anthropometrischer Daten sowohl bei der Konstruktion als auch bei der Erstellung von Produktnormen ist.
Im Leitfaden werden anschließend konkrete Hinweise gegeben, • woher man anthropometrische Daten bekommt, • was man aus anthropometrischen Datensammlungen ablesen kann, • wie anthropometrische Daten ermittelt werden, • was Perzentile sind, • was man bei der Kombination von Körpermaßen beachten muss, • was bei Verwendung von Daten aus verschiedenen Ländern beachtet werden
muss, • inwiefern das Alter der Daten Einfluss hat, • was bei der Anwendung von Daten von Männern und Frauen zu berücksichtigen
ist und • welche weiteren Faktoren wie z.B. Bekleidung die Anwendung der Daten in der
Praxis beeinflussen. Die nachfolgende Kategorisierung mit Warnhinweisklassen für verschiedene Arten von anthropometrischen Daten verdeutlicht anhand von ausgewählten Körpermaßen die Beachtung der verschiedenen Einflussfaktoren. Konstruktionsbei-spiele und ein Fallbeispiel, welches nach dem Leitfaden abgearbeitet wird, runden den Leitfaden ab. Die gängigsten Begriffe werden im Anhang leicht verständlich und quervernetzt zum Vorkommen in Normen aufgelistet; außerdem werden in einem FAQ-Anhang die häufigsten Fragen aus dem Bereich der Anwendung anthropometrischer Daten beantwortet. Der Leitfaden soll künftig all jene Konstrukteure und Mitarbeiter in Normungs-gremien zur Einbeziehung von Körpermaßen animieren, die bislang vor der Komplexität der Anwendung von Körpermaßdaten zurückgeschreckt sind. So könnten vorhandene Daten noch stärker in Konstruktion und Normung einfließen und dabei Anwendungsfehler vermieden werden.
Empfehlungen
1. Der Gemeinschaftsarbeitsausschuss NA 023-00-03 GA „Anthropometrie
und Biomechanik“ des DIN wird gebeten, die Rohfassung in verschiedenen
Normenausschüssen (z.B. NAM, NPS) und innerhalb des NA 023-00-03 GA
an weiteren Zielgruppen (Spektrum der Mitarbeiter des NA) zu testen.
2. Die KAN wird gebeten, den Gesamtbericht im Internet über die Homepage
der KAN zu veröffentlichen.
3. Die KAN wird gebeten, ein Online-Tool insbesondere mit der Zielgruppe
Mitarbeiter in Normungsgremien und Konstrukteure entwickeln zu lassen;
die Anbindung des Online-Tools sollte über die KAN-Homepage erfolgen
(insbesondere über ErgoNoRA und Ergonomie-Lehrmodule; hierüber wäre
es dann auch für die Lehre verfügbar).
4. Der Gemeinschaftsarbeitsausschuss NA 023-00-03 GA des DIN wird
gebeten, die Rohfassung zu einem Dokument weiterzuentwickeln, das sich
für eine DIN-Veröffentlichung eignet, z.B. als DIN SPEC (Fachbericht). Im
Anschluss empfiehlt sich eine Veröffentlichung der DIN SPEC (Fachbericht)
gemeinsam mit den relevanten Anthropometrie-Normen, z.B. als DIN-
Taschenbuch.
5. Das DIN wird gebeten, nach Veröffentlichung einer DIN SPEC
(Fachbericht) im Vorwort von anthropometrischen Normen auf diese
hinzuweisen.
KAN-Studie 51, Auftragnehmer: Universität Potsdam/Humanbiologie
Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
KAN-Studie 51
Universität Potsdam
Dr. Christiane Scheffler
Dr. Grit Schüler
Auftraggeber
Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e.V. (VFA)
KAN-Studie 51, Auftragnehmer: Universität Potsdam/Humanbiologie
Inhalt
1 Einleitung und Ziel des Leitfadens .................................................................................. 4
2 Grundlegende Vorgehensweise bei der Anwendung und Auswahl anthropometrischer Daten für die Normung und die Gestaltung der technischen Umwelt des Menschen ...... 6
3 Hinweise zu Anwendung und Auswahl anthropometrischer Daten ................................. 9
3.1 Wann werden Körpermaße bei der Konstruktion und Gestaltung benötigt? ............. 9
3.2 Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Umsetzung anthropometrischer Daten für die Normungsarbeit? ..............................................................................10
3.3 Woher bekomme ich die anthropometrischen Daten? ............................................11
3.4 Was kann ich aus anthropometrischen Datensammlungen ablesen? .....................17
3.5 Wie werden anthropometrische Daten ermittelt? ....................................................19
3.6 Perzentile ....................................................................................................................22
3.6.1 Was sind Perzentile? ............................................................................................22
3.6.2 Wie verwende ich Perzentilwerte? ........................................................................23
3.7 Was muss ich bei der Kombination von Körpermaßen beachten? ..........................24
3.8 Was muss ich bei anthropometrischen Daten verschiedener Länder beachten? ....27
3.9 Wie hängen anthropometrische Daten vom Alter der Menschen ab? .....................28
3.10 Was muss ich bei anthropometrischen Daten für Männer und Frauen beachten? .29
3.11 Was ist ein Unisex-Modell? ...................................................................................29
3.12 Wie wird die Aktualität von anthropometrischen Daten beeinflusst? ......................30
3.13 Welche Faktoren beeinflussen oder verändern anthropometrische Daten in der Praxis? ...................................................................................................................33
3.13.1 Einfluss von bequemer Körperhaltung .............................................................33
3.13.2 Einfluss von Bewegung ...................................................................................34
3.13.3 Addition von Körpermaßen ..............................................................................36
3.13.4 Einfluss von Bekleidung ..................................................................................37
3.13.5 Einfluss der Kontaktumwelt .............................................................................38
3.13.6 Einfluss von Haaren, Frisuren und Fingernägeln .............................................39
4 Ausgewählte Körpermaßangaben mit Warnhinweisen ..................................................40
4.1 Warnhinweissystem ...............................................................................................40
KAN-Studie 51, Auftragnehmer: Universität Potsdam/Humanbiologie
4.1.1 Erläuterungen zum Warnhinweissystem (Warnstufen) ....................................40
4.2 Ausgewählte Körpermaßangaben mit Warnhinweisen ...........................................43
5 Konstruktionsbeispiele ..................................................................................................45
5.1 Grundsätzliche Überlegungen zur Auswahl der Konstruktionsbeispiele..................45
5.2 Fallbeispiele: Konstruktionsaufgaben und deren Anforderungsprofil ......................45
6 Glossar ..........................................................................................................................50
7 FAQs .............................................................................................................................56
8 Danksagung ..................................................................................................................61
9 Tabellenverzeichnis .......................................................................................................61
10 Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................61
11 Literatur ........................................................................................................................63
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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1 Einleitung und Ziel des Leitfadens
Anwenderinnen und Anwender1, wie Konstrukteure, Produktionsplaner, Prüfer und Gestalter
der technischen Umwelt sowie Mitarbeiter in Normungsgremien stehen oft vor dieser oder
einer ähnlichen Frage:
“Wie kann ich mein Produkt so gestalten, dass Menschen es komfortabel und sicher nutzen können?“
Abb. 1: Sind Sie zu groß oder zu klein …?
Eine optimale, ergonomisch komfortable und sichere Gestaltung von Produkten mit der
Schnittstelle Mensch - technische Umwelt kann nur auf der Basis einer guten Adaptation der
gestalteten Umwelt an die biologischen und physiologischen Bedürfnisse des menschlichen
Körpers erfolgen. Ein wesentlicher Aspekt sind dabei die Werte von Maßen des
menschlichen Körpers (↑ anthropometrische Daten)2.
1 Wegen einer besseren Lesbarkeit wird im weiteren Text nur die männliche Form verwendet. Es sei denn, es handelt sich ausschließlich um Frauen. 2 Bei den mit Pfeil markierten Worten handelt es sich um Verweise auf das Glossar, in dem die entsprechenden Begriffe erläutert werden.
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In allen Bereichen unserer modernen Welt interagieren Menschen mit Produkten oder in
technischen Umwelten, die nur sehr selten individuell an den einzelnen Nutzer angepasst
sind. So werden Körpermaße und daraus abgeleitete Maße in der Praxis in vielfältigen
Bereichen wie der Gestaltung von Produktionsbereichen und anderen Arbeitsräumen,
öffentlichen Räumen (z.B. Innenräume in Verkehrsmitteln, Ausrüstung von Schulen),
Maschinenarbeitsplätzen, Alltags- sowie Arbeitsschutz- und Sicherheitsbekleidungen,
Schuhwerk, technischen Medizinprodukten und vielen weiteren Bereichen angewendet.
Daneben bilden diese Maße aber auch die Grundlage für die Entwicklung
computergestützter Simulationssysteme (CAD-Systeme, Computer-Manikins).
Werden keine oder falsche Daten von Körpermaßen zugrunde gelegt, kann es leicht so
aussehen wie in der obigen Karikatur dargestellt (Abb.1).
Damit die technische Umwelt sicher und komfortorientiert gestaltet werden kann, soll mit
diesem Leitfaden Konstrukteuren, Produktionsplanern, Prüfern, Gestaltern von technischen
Umwelten und Produkten sowie Mitarbeitern in Normungsgremien gezeigt werden, wie die
grundlegenden Fragen bei der Auswahl und Anwendung von Daten von Maßen des
menschlichen Körpers (siehe Abb.2) beantwortet werden können und wie vorhersehbare
Fehlanwendungen minimiert werden (siehe Kap. 3 – 5).
Abb. 2: Übersicht über wesentliche Fragen, die sich bei der Anwendung anthropometrischer Daten ergeben und in diesem Leitfaden beantwortet werden.
Woher bekomme ich anthropometrische Daten?
Wie lese ich anthropometrische Daten?
Wie wende ich anthropometrische Daten
in der Praxis an ?
Anthropometrische Daten
?
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2 Grundlegende Vorgehensweise bei der Anwendung und Auswahl anthropometrischer Daten für die Normung und die Gestaltung der technischen Umwelt des Menschen
Aus der Überlegung heraus, was konstruiert bzw. genormt werden soll, ergibt sich die
Antwort, inwieweit Körpermaße von potentiellen Nutzern zu Grunde gelegt werden müssen.
Das Ablaufschema in Abbildung 3 zeigt die grundsätzliche Vorgehensweise, die zu einer
möglichst optimalen Anwendung anthropometrischer Daten (↑) führt.
Zugleich ermöglicht das Schema dem Leser bei einer spezifischen Fragestellung einen
schnellen Zugriff auf die einzelnen Kapitel des Leitfadens, um gezielt mögliche
Fehlanwendungen zu verhindern.
Der Fokus in diesem Leitfaden ist vor allem auf die Lösung und die Beantwortung von
Fragen gerichtet, die sich bei der Anwendung von Körpermaßen an der Schnittstelle Mensch
und technische Umwelt ergeben können. Grundsätzlich sind die Hinweise auch für weitere
mögliche Anwendungsbereiche anthropometrischer Daten übertragbar.
Anhand von Konstruktionsbeispielen (siehe Kap. 5) werden konkret die Besonderheiten für
die Nutzung anthropometrischer Daten für die Konstruktion von Produkten und
Arbeitsplätzen, sowie für die Erarbeitung von entsprechenden Normen erläutert. Fachbegriffe
werden im Glossar (siehe Kap. 6) näher erläutert.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Was will ich konstruieren?
Was will ich normen?
Brauche Brauche ich ich
KKöörpermarpermaßße?e? 3.1 + 3.2
-
Ich benötige den Leitfaden
nicht.
Habe ichTabellen etc.
mit Körpermaßen?
3.4 + 3.6
Woher bekomme ich (andere) Daten?
3.3
Sind die Daten
geeignet?
Stimmt die Population?
Frauen, Männer, Unisex?
Sind die Daten aktuell?
Wir werden Körpermaße ermittelt?
Hat dieAnwendungEinfluss aufgemessene
Körpermaße?
Körperhaltung?
Bewegung?Welche Einflüsse gibt es?
Welchen Einfluss
hat Bekleidung?
nein
Konstruktion
Normung
3.8 + 3.9
3.10 + 3.11
3.5
3.13.1
3.13.3
3.13.5
3.9 + 3.12
Kapitel-verweise
mehrere Körpermaße?
Was kann ich ausden Tabellenablesen?
Kontaktumwelt?
3.13.2
3.13.4
Haare, Frisuren? 3.13.6
Abb. 3: Ablaufschema zur praktischen Vorgehensweise bei der Auswahl und Nutzung anthropometrischer Daten für die Gestaltung der technischen Umwelt (mit entsprechenden Kapitelverweisen)
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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In separaten Abschnitten bzw. Kapiteln, die auch im Ablaufschema (Abb. 3) zu finden sind,
werden Antworten zu einzelnen Fragen gegeben, die dann auch am Ende des Leitfadens
einzeln beantwortet werden (siehe Kap. 7)
Abb. 4: Ausgewählte „Frequently asked questions“ bei der Anwendung anthropometrischer Daten
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3 Hinweise zu Anwendung und Auswahl anthropometrischer Daten
3.1 Wann werden Körpermaße bei der Konstruktion und Gestaltung benötigt?
Besonders häufig werden anthropometrische Daten (↑) bei der Gestaltung von Bekleidung,
Arbeitsplätzen, persönlichen Schutzausrüstungen und Mensch-Maschine-Schnittstellen
benötigt und genutzt. Dabei müssen neben der ergonomischen und komfortablen Gestaltung
von Produkten sehr oft auch arbeitsschutzrelevante Sicherheitsaspekte beachtet werden. Da
bestimmte Fehlanwendungen anthropometrischer Daten wie z.B. die Auswahl falscher
Körpermaße, die Nutzung von Körpermaßen einer nichtadäquaten Nutzerpopulation (↑) (z.B.
falsches Alter) oder die Nichtbeachtung von Kleidung vorhersehbar sind, können sie bei
Kenntnis der Zusammenhänge vermieden werden.
Für Büroarbeitsplätze zeigt die Praxis, dass bei der individuellen Gestaltung von
Büroarbeitsplätzen aufgrund der technischen Möglichkeiten (Verstellbarkeit von Bürostühlen
und Arbeitstischen) eine optimale Anpassung des Arbeitsplatzes an die Erfordernisse des
einzelnen Nutzers bereits sehr gut umgesetzt wurde.
Für persönliche Schutzausrüstungen (PSA) sind Größen- und Typensysteme üblich. Die
Variabilität von Körpermaßen wird in diesem Fall durch die optimale Entwicklung von
kategorisierten Größensystemen berücksichtigt und so eine Passgenauigkeit für den
einzelnen Nutzer gewährleistet. Viele Komponenten einer persönlichen Schutzausrüstung,
wie zum Beispiel bei einer Atemschutzmaske, haben direkten Kontakt zum menschlichen
Körper, und somit sind Einflüsse von Bekleidung o. ä. auf die verwendeten Körpermaße
geringer.
Die Konstruktion von Maschinen und Produktionsbereichen ist oft sehr viel komplexer. Des-
halb ist bei der Anwendung anthropometrischer Daten zu beachten:
Immer, wenn die (Arbeits-)Umgebung von Menschen und/oder ein Produkt für den Kontakt
mit Menschen entwickelt bzw. gestaltet werden, entsteht eine Schnittstelle von Mensch und
(technischer) Umwelt. Dann sind für eine optimale Gestaltung Körpermaße von Menschen
erforderlich.
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Abb. 5: Übersicht über ausgewählte Besonderheiten, die bei der Anwendung anthropo- metrischer Daten beachtet werden müssen
3.2 Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Umsetzung anthropometrischer Daten für die Normungsarbeit?
In Normungsgremien werden Normen entwickelt, in die aufgrund der Zielstellung vielfach
Daten von Körpermaßen integriert werden. Alle Aspekte, die Konstrukteure bei der
Gestaltung von Produkten beachten müssen, sollten nach Möglichkeit schon bei der
Erarbeitung einer Norm einbezogen werden (Abb. 3).
Viele Normen beziehen sich auf andere gültige Normen. Das ist zur Vereinheitlichung von
Maßangaben sinnvoll. Bei anthropometrischen Daten können sich jedoch konkrete
Zahlenwerte von Generation zu Generation ändern (siehe Kap. 3.12). Demzufolge werden
grundlegende Normen zu Körpermaßen (z.B. DIN 33402-2; DIN EN ISO/TR 7250-2) in
unregelmäßigen Abständen aktualisiert, ohne dass Änderungen in nachfolgenden Normen
direkt übernommen werden. Dadurch können Anwender trotz richtigem Normbezug zum Teil
widersprüchliche Angaben zu Körpermaßen erhalten (z.B. zwei sich unterscheidende Werte
für die kleinste zu beachtende Körperhöhe). Daher ist es sinnvoll, sich nur auf die Norm zu
beziehen, indem z.B. angegeben wird, dass der 5. Perzentilwert der Körperhöhe aus DIN EN
ISO/TR 7250-2 zu verwenden ist. Eine ähnliche Vorgehensweise wird bei der Aufstellung
Anwendung anthropometrischer
Daten
!
Die Körpermaße einzelner Nutzer variieren aufgrund der erforderlichen Beweglichkeit während der Arbeitsprozesse. Es sind meist mehrere Körpermaße relevant.
Die Produkte sind nicht nur für jeweils einen Nutzer vorgesehen, sondern für eine häufig wechselnde Gruppe von Nutzern.
Sicherheitsrelevante und ergonomische optimale Anforderungen sind häufig zu kombinieren und in die richtige Abfolge bzw. Hierarchie zubringen.
Bei Normenverweisen auf Körpermaße anderer Normen empfiehlt es sich, nicht die
konkreten Zahlenwerte aus anderen Normen anzugeben, sondern sich indirekt auf die
verwiesene Norm zu beziehen (gleitender Verweis), um Aktualisierungen der Werte in der
Norm zu berücksichtigen.
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von Formeln empfohlen, die feste Werte von Körpermaßen enthalten (z. B. statt 1714 mm +
35 mm beim Tragen eines Schutzhelmes; 50. Perzentilwert der Körperhöhe aus DIN EN
ISO/TR 7250-2 + 35 mm). Das erschwert zwar den Lesefluss und erfordert die Entnahme der
aktuellen Werte aus der in Bezug genommenen Norm. Aber es wird dadurch gewährleistet,
dass einheitliche Daten verwendet werden.
3.3 Woher bekomme ich die anthropometrischen Daten?
Grundsätzlich sind alle Datenquellen anwendbar, allerdings ist zu beachten, dass sich
Körpermaßdaten aufgrund der Zielstellung und der Aktualität der Publikationen
unterscheiden.
Hauptursache für Konstruktions- und Bewertungsfehler ist in der Regel nicht die Qualität der
Daten, sondern deren falsche Anwendung. Das trifft auch auf die Verwendung veralteter
Daten zu. Allerdings sollten auch hier bei sich stark verändernden Körpermaßen nicht zu alte
Daten verwendet werden (siehe Kap. 3.7, 3.9). Vor einigen Jahren betraf dies wegen der
säkularen Zunahme der Längenmaße vor allem die Körperhöhe, die Bein- und die Armlänge.
Heute ist wegen des Trends zu Übergewicht besonders bei Umfangs- und Breitenmaßen
(Taillenumfang, Körpersitzbreite usw.) auf die Aktualität der Daten zu achten (siehe Kapitel
3.12).
In nationalen und internationalen Normen (z.B. DIN 33402; DIN EN ISO/TR 7250-2)
publizierte anthropometrische Daten sind in der Regel repräsentativ. Sie beinhalten
Angaben, die zumeist die Werte des 5., 50. und 95. Perzentils (↑ Perzentil) wiedergeben und
sind überwiegend für Frauen und Männer getrennt sowie vereinzelt für verschiedene
Altersgruppen dargestellt. Angaben zur Methode finden sich in separaten Normen oder in
Teilnormen (z.B. DIN EN ISO 7250-1) oder weiteren Dokumenten. In Normen werden zum
Teil Hilfestellungen für den Nutzer gegeben, die für gezielte Anwendungsbereiche erarbeitet
wurden (z.B. DIN EN ISO 3411 mit Angaben zur Art der Körperhaltung, zu Zuschlägen
hinsichtlich Bekleidung usw.). Die Ursachen der biologischen Variabilität werden in Normen
Die Publikation anthropometrischer Daten erfolgt überwiegend in
• nationalen und internationalen Normen
• Handbüchern
• wissenschaftlichen Fachzeitschriften (Abb. 6)
Angaben zu Körpermaßen in Datensammlungen können oft voneinander abweichen.
Das muss kein Widerspruch sein, denn die Zusammenstellung einer Stichprobe
beeinflusst die Maße. Stehen mehrere Datensammlungen mit Körpermaßen zur
Verfügung, so sollte die aktuellere genutzt werden (siehe Kap. 3.12).
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Publikation anthropometrischer Daten
• große Stichproben• selten aktuelle Daten• komplexe Datensammlung
(Maße)• anwenderorientiert /
Nutzungshinweise• Perzentilwertangaben
Handbücher
• Anthropologischer Atlas• Handbuch der Ergonomie• Kleine ergonomische
Datensammlung…
Wissenschaftliche Journale
• kleine Stichproben• aktuelle Daten • ausgewählte Datensammlung (Maße)• nicht anwenderorientiert /
ohne Nutzungshinweise• statistisch unterschiedliche
Angaben
• Anthropologischer Anzeiger• Annals of Human Biology• Ergonomics• Applied Ergonomics…
DIN-, EN- und ISO-Normen
• unterschiedliche Angaben zu Stichproben
• selten aktuelle Daten• komplexe oder ausgewählte
Datensammlungen (Maße) • anwenderorientiert /
Nutzungshinweise• Perzentilwertangaben
• DIN EN ISO 7250-2• DIN 33402-2• DIN EN 547-3• DIN EN ISO 14738…
Typ
Besonder-heiten
Beispiele
nicht erläutert. Hinweise zu Veränderungen einzelner Maße bei der Anwendung (z.B.
Einfluss von Bekleidung) fehlen oft. Es handelt sich in Normen normalerweise entsprechend
der standardisierten Methode um ohne Bekleidung erhobene Körpermaße.
Abb. 6: Übersicht über Datenquellen für Körpermaße
Handbücher wie das Handbuch der Ergonomie (HdE; Schmidtke et al. 1989), der
Anthropologische Atlas (Flügel et al. 1986 - AA) oder der Internationale anthropometrische
Datenatlas (Jürgens et al. 1989 - IAD) bieten umfassende nutzerfreundliche Tabellenwerke
von ergonomisch relevanten Maßen des menschlichen Körpers. Sie haben den Vorteil, dass
neben der ausführlich beschriebenen Messmethode eine Übertragung in die Praxis
erleichtert wird. Es sind einheitliche Tabellen dargestellt für eine umfassende Auswahl an
Körpermaßen, die mindestens Werte für die 5., 50. und 95. Perzentile (↑ Perzentil) angeben.
Die Datentabellen für Männer und Frauen sind immer separat dargestellt und nach
Altersgruppen bzw. teilweise nach regionalen Unterschieden untergliedert. Die genannten
Publikationen wurden allerdings alle vor über 20 Jahren publiziert und nicht neu aufgelegt.
Im Handbuch der Ergonomie gibt es zu den detaillierten Angaben der jeweiligen
Messmethode Anwendungshinweise für die praktische Relevanz einzelner Daten (z.B.
Sitzhöhe – Bemessung von Arbeitsplätzen in sitzender Position) und in einigen Fällen
Anmerkungen, die vom Konstrukteur bei der Verwendung des jeweiligen Maßes beachtet
werden sollten. Der Einfluss der Kleidung kann vom Konstrukteur eigenverantwortlich
abgeleitet werden, da für einzelne Maße nicht nur Zuschläge für Schuhwerk oder
Kopfbedeckung angegeben werden, sondern auch Körpermaßwerte, bei denen neben einem
unbekleideten Körper auch die Messwerte beim Tragen von schwerer oder leichter
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Bekleidung ermittelt wurden. Die Untergliederung der Altersgruppen im Handbuch der
Ergonomie erfolgt nach 18-19- Jährigen, 20-25- Jährigen und 26-40- Jährigen.
Im Anthropologischen Atlas finden sich neben der detaillierten Beschreibung der
Messmethode tabellarische Maßangaben für Männer und Frauen im Alter von 18-59 Jahren.
Dieser Altersbereich ist detailliert untergliedert und unterteilt die untersuchte Altersspanne
zudem in Altersgruppen, die jeweils eine Spanne von 5 Jahren umfassen. Diese
Untergliederung beginnt mit der Altersgruppe 20-24 Jahre und endet mit der Altersgruppe
55-59 Jahre, so dass eine ausführliche Übersicht über die körperlichen Besonderheiten der
einzelnen Altersgruppen möglich wird. Zudem werden mehrheitlich die Werte für die
Altersgruppe 60-64 Jahre angegeben. In einem allgemeinen Teil werden biologische
Ursachen der Variabilität von Körpermaßen, wie Geschlechtsunterschiede, soziale
Unterschiede, körperbauliche Unterschiede erläutert.
In wissenschaftlichen Fachzeitschriften publizierte Daten stammen in der Regel aus
aktuellen Untersuchungen der Autoren. Aufgrund spezifischer Fragestellungen sind die
Stichproben nicht immer repräsentativ, da oft nur Teilpopulationen untersucht werden
konnten. Ferner ist die Auswahl der anthropometrisch untersuchten Maße zumeist auf die
wissenschaftliche Fragestellung ausgerichtet. Dazu gehören ergonomische Studien, in vielen
Fällen aber auch biologisch-medizinische Studien, die sich z.B. mit den Ursachen von
Übergewicht befassen. Eine repräsentative und vor allem für Konstrukteure u. a. Nutzer
wichtige Datensammlung wird in wissenschaftlichen Publikationen selten publiziert.
Daten aus aktuelle Reihenmessungen wie zuletzt in Deutschland das Projekt „Size
Germany“ (www.sizegermany.de), welches in den letzten Jahren über die gesamte deutsche
Bevölkerung mehr als 70 Körpermaße zusammengetragen hat, stehen meistens nicht für die
Normung und die Konstruktion zur Verfügung.
In Abbildung 7 sind beispielhaft anhand von Figurinen einige Körpermaße dargestellt, die in
den relativ leicht zugänglichen Handbüchern bzw. ausgewählten Normen zu finden sind. Die
nachfolgende Tabelle (Tab. 1) gibt dann eine Übersicht über die Publikationsquellen der in
den Figurinen dargestellten Körpermaße
Am Ende des Leitfadens (siehe Kap. 4.2) sind exemplarisch Werte für Körpermaße aus der
DIN 33402-2 zu finden. Diese sind mit entsprechenden Warnhinweisen versehen, die bei der
Anwendung eine Rolle spielen können.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Abb. 7: Figurinen mit einer Auswahl der gebräuchlichsten ergonomischen Körpermaße
(Schüler 2012)
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Tab. 1: Übersicht über Publikationsquellen der in den Figurinen dargestellten Körpermaße
(Abb. 7) (HdE: Handbuch der Ergonomie, AA: Anthropologischer Atlas, IAD: Internationaler
anthropometrischer Datenatlas) – Perzentilwerte dieser Maße finden sich in Kapitel 4.
Gruppe Nr.3
Bezeichnung Körpermaß HdE AA IAD
Nationale und internationale
Normen
1 Körperhöhe x x x
DIN 33402-2; DIN EN 547-3; DIN EN ISO 14738; DIN EN ISO 11064-3; DIN 5566-1; DIN 33408-1; DIN EN ISO 15537; DIN 33419
Maße am stehenden Menschen
2 Ellenbogenhöhe über Standfläche x k. A. x
DIN 33402-2; DIN EN ISO 14738; DIN EN ISO 15537
3 Tibialhöhe / Kniegelenk-
höhe x x
x DIN 33402-2; DIN EN ISO 15537
4 Sitzhöhe (Stammlänge) x x x
DIN 33402-2; DIN EN ISO 3411; DIN EN ISO 14738; DIN EN ISO 11064-3; DIN 5566-1; DIN EN ISO15537; DIN 33419
Maße am sitzenden Menschen
5 Schulter-Ellenbogenlänge x k. A. x DIN EN ISO 3411;
DIN 33402-2
6
Länge des Unterschenkels mit
Fuß (Sitzflächenhöhe) / Unterschenkellänge
mit Fuß
x x x
DIN 33402-2; DIN EN ISO 14738; DIN EN ISO 11064-3; DIN 5566-1; DIN EN ISO 15537; DIN 33419; DIN EN ISO 3411
3 Nummer bezogen auf die Figurinen in Abb. 7
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Gruppe Nr.4 Bezeichnung Körpermaß HdE AA IAD
Nationale und internationale
Normen
7 Zeigefingerlänge x k. A. x DIN 33402-2;
DIN EN 547-3
Maße an einzelnen Körper-
abschnitten
8 Zeigefingerbreite (körpernah) x k. A. x
DIN 33402-2;
DIN EN 547-3
9 Kopflänge (Kopftiefe) x x x
DIN 33402-2;
DIN EN ISO 3411;
DIN EN ISO 15537;
DIN 33419
10 Reichweite nach
vorn (Griffachse) / Greifweite nach
vorn
x x
x DIN 33402-2;
DIN EN 547-3;
DIN EN ISO 14738
Funktionelle Maße 11
Höhe der Hand (Griffachse) über der Standfläche / Greifweite nach
unten
x
x
x DIN 33402-2
12 Ellenbogen-Griffachsen-
Abstand x k. A. x
DIN 33402-2;
DIN EN ISO 11064-3; DIN EN ISO 15537; DIN 33419
13 Brustumfang x x x DIN 33402-2
Umfangs-maße
14 Taillenumfang x x x DIN 33402-2
15 Halsumfang x x x DIN 33402-2
4 Nummer bezogen auf die Figurinen in Abb. 7
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 17 -
3.4 Was kann ich aus anthropometrischen Datensammlungen ablesen?
Die in entsprechenden Tabellen aufgeführten anthropometrischen Maße sind in der Praxis
anwendbar, wenn die in Kapitel 3.5 beschriebenen Besonderheiten beachtet werden.
Die folgenden Beispiele aus dem Handbuch der Ergonomie (Abb.8), dem Anthropologischen
Atlas (Abb.9) und dem Internationalen anthropometrischen Datenatlas (Abb.10)
demonstrieren verschiedene Möglichkeiten, wie Körpermaße in Tabellen klassifiziert werden.
Angabe der Altersgruppen
Angabe zum Maß(Definition,
Messmethode usw.)
Stichprobengröße, Untersuchungszeit
Messmethode, bildlich
vereinfacht
angegebene Perzentile
Perzentilwertefür das
Körpermaß
Hinweise zur Anwendung und Maßvariabilität
Präzisierung der Messmethode
Geschlecht
Publikationsjahr (nicht identisch mit Messzeit)
Abb. 8: Beispiel für eine Körpermaßtabelle (hier Körperhöhe für Männer) aus dem Handbuch der Ergonomie (HdE)
Eine gebräuchliche und übersichtliche Darstellung von Körpermaßdaten ist die tabellarische
Form, mit Angaben zum Körpermaß, zum Alter und den wiedergegebenen Perzentilen
(↑ Perzentile). Gut zu verwenden sind Tabellen, die durch Informationen, wie Herkunft der
Daten, Messmethoden, Anwendungshinweise usw., ergänzt wurden.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 18 -
Abb 9: Beispiel für eine Körpermaßtabelle (hier Körperhöhe im Sitzen für Männer und Frauen) aus dem Anthropologischen Atlas (aus Flügel et al. 1986)
Abb 10: Beispiel für eine Körpermaßtabelle (hier mehrere Körpermaße für Männer und Frauen Mitteleuropas) aus dem Internationalen anthropologischen Datenatlas (aus Jürgens et al. 1989)
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Die aufgeführten Beispieltabellen beinhalten die für die ergonomische Gestaltung
anzuwendenden Werte des 5., 50. und 95. Perzentils (↑) mit Altersangaben, geschlechts-
spezifischen Werten sowie weiterführende Informationen.
3.5 Wie werden anthropometrische Daten ermittelt?
Die Messungen basieren auf definierten Messpunkten oder Bezugsebenen wie der Stand-
oder Sitzfläche. Bei Längen-, Tiefen- und Breitenmaßen ergeben zwei definierte
Messpunkte5 eine Messstrecke (↑). So ergibt die Entfernung von der Standfläche zum Vertex
(↑ Vertex – ein Messpunkt, der den höchsten Punkt des Kopfes markiert), die Körperhöhe.
Die Messpunkte bei der klassischen Anthropometrie (↑) sind direkt am menschlichen Körper
erkennbar oder tastbar. Dabei kann man 2 Gruppen unterscheiden:
• Messpunkte die skelettbasiert oder skelettär (↑) ertastet werden und
• Messpunkte, die an der Körperoberfläche liegen (↑ Weichteilmaße).
Skelettäre Messpunkte (↑) erfordern ein Ertasten von definierten Knochenpunkten unter der
Haut z.B. am Ellenbogen, am Kniegelenk, an der Schulter.
Messpunkte an der Körperoberfläche werden direkt auf der Haut erkannt (↑ Weichteilmaße)
z.B. beim Messen der Breite der Oberschenkel im Sitzen (Körpersitzbreite) oder der größten
bzw. bideltoidalen Schulterbreite (↑).
Beim Body-Scan (↑) wird ausschließlich die Körperoberfläche mit Laser abgetastet. Anhand
dieser Oberflächenbilder werden die Maße dann anschließend indirekt durch automatische
bzw. manuelle Bestimmung von Messpunkten mittels Cursor am Scan geschätzt.
Die Messpunkte und somit die Maße verschiedener Methoden sind nicht immer direkt
vergleichbar, dies gilt z.B. für die knöcherne bzw. (bi)akromiale Schulterbreite (↑). Während
mit der klassischen Methode die skelettären Messpunkte der Schulter ertastet werden und
der direkte Abstand von einem skelettären Punkt zum anderen gemessen wird, wird beim
Body-Scan lediglich die Oberfläche der Schulter beschrieben. Daher können sich bei
unkorrekter Positionierung des Messpunktes auf dem Scan für die gescannten Daten höhere
Werte ergeben.
5 Einzelne Messpunkte werden im Glossar erläutert.
Die Körpermaße sollten immer durch eine definierte Messmethode an definierten
Messpunkten in definierten Standardpositionen der gemessenen Probanden ermittelt
werden. In der Regel sind die Probanden dabei nur leicht bekleidet.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 20 -
Messmethoden zu Ermittlung von Körpermaßen(Körpermaß: Abstand zwischen 2 definierte Messpunkten)
Klassische Anthropometrie Body Scan
Messung direkt am Körper durch Ertasten
Messung indirekt an der Körperoberfläche durch Laser
Skelettäre Maße: Messpunkte direkt an Knochen unter
der Haut
Weichteilmaße: Messpunkte direkt
auf der Haut
knöcherne SchulterbreiteISO 7250-1
größte SchulterbreiteISO 7250-1
knöcherne Schulterbreite
+ 4 mmISO 7250-1 und ISO/FDIS 20685
„skelettäre“ Maße:Messpunktenachträglich
am Scan(manuell/automatisch)
Oberflächenmaß:Messpunkte nachträglich
am Scan(manuell/automatisch)
größte Schulterbreite
+ 4 mmISO 7250-1 und ISO/FDIS 20685
Abb. 11: Messmethoden zur Ermittlung von Körpermaßen 6
In den entsprechenden Normen werden die Messpunkte für die klassische Anthropometrie
(DIN EN ISO 7250-1) und das Body-Scanning (DIN EN ISO 15536) beschrieben, und es wird
die Übertragbarkeit, also die Kompatibilität der Maße erläutert. Für Breitenmaße wird
beispielsweise eine erlaubte Abweichung bzw. Messwerttoleranz von + 4 mm angegeben.
Die Besonderheit anthropometrischer Daten (↑) ergibt sich aus der Methodik, denn
anthropometrische Maße
• … werden fast immer in standardisierter Grundposition der untersuchten Person
gemessen. Diese Grundpositionen werden in der Realität von Menschen nur selten
dauerhaft eingenommen. Beispielsweise wird die Sitzhöhe (die Höhe des Körpers
über der Sitzfläche, Stammlänge) bei gestrecktem Oberkörper im Sitzen gemessen.
Es gibt auch Angaben für eine gelockerte bzw. bequeme Körperhaltung (siehe
Handbuch der Ergonomie). Das ist allerdings selten, weil die Daten oft schwer
6 In den angegebenen Normen finden sich statt der Begriffe knöcherne Schulterbreite – (bi)akromiale Schulterbreite (↑) bzw. größte Schulterbreite – (bi) deltoidale (↑) Schulterbreite
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 21 -
vergleichbar sind und die Reproduzierbarkeit der Daten problematisch ist. Für die
Praxis sind sie dennoch eine gute Hilfestellung (siehe Kap. 3.13.1),
• … sind meist Maße, die in starren bzw. statischen Positionen gemessen werden. Sie
spiegeln selten Bewegungsabläufe wieder, welche je nach Dynamik einen sehr
großen Einfluss haben können (siehe Kap. 3.13.2),
• … beziehen sich auf den weitgehend unbekleideten Körper. In den meisten
Anwendungen sind die Menschen aber bekleidet. Diese Bekleidung kann Maße
verringern - wie z. B. den Taillenumfang bei sehr eng getragenen Hosen - oder (je
nach Art der Kleidung) unterschiedlich stark vergrößern, wie z. B. die Fußmaße durch
Schuhe oder die Umfangsmaße durch dicke Jacken (siehe Kap. 3.13.4),
• … sind nicht immer frei kombinierbar, denn es handelt sich nicht um die Einzelmaße
eines Individuums, sondern um die Werte einer untersuchten Gruppe (↑ Perzentile,
siehe Kap. 3.6). Eine Person mit einer Körperhöhe, die dem Wert des 5. Perzentils
entspricht, muss nicht zwangsläufig eine Beinlänge des entsprechenden 5. Perzentils
besitzen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass sich die weiteren
Körpermaße eines Individuums in ganz anderen Perzentilbereichen wieder finden
werden. Mit anderen Worten: Eine Person mit dem 5. Perzentilwert der Körperhöhe
entspricht nicht in allen Körpermaßen dem 5. Perzentil (siehe auch Kap. 3.13.3),
• … variieren zwischen Menschengruppen unterschiedlicher geografischer Herkunft (↑
Populationen), dies ist bei der Anwendung der Daten zu berücksichtigen (siehe Kap.
3.8),
• … sind geschlechtsspezifisch, da Frauen nicht nur durchschnittlich geringere
Längenmaße als Männer haben, sondern auch andere Proportionen. So haben
Männer bei identischer Körperhöhe meist die längeren Beine (siehe Kap. 3.10),
• … geben Höhen-, Längen-, Breiten- und Umfangsmaße des menschlichen Körpers
wieder. Diese können am Skelett (↑ skelettäre bzw. skelettbasiert Maße) oder direkt
an der Oberfläche (↑ Weichteilmaße) ermittelt werden (siehe Kap. 3.5)
• … sollten nach international standardisierten Messmethoden (u. a. DIN EN ISO
7250-1) mit entsprechenden Messgeräten ermittelt worden sein (siehe Kap. 3.5)
• … werden entsprechend der klassischen Anthropometrie (↑), direkt mit Kontakt zum
menschlichen Körper gemessen. Kontaktlos erfolgt die Erfassung der
Körperoberfläche beim indirekten Scannen (siehe Kap. 3.5),
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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• … können auch durch den Kontakt mit der körpernahen Umgebung oder den Druck
auf Weichteile verändert werden. So verringert sich beispielsweise die Sitzhöhe beim
Einsinken in eine gepolsterte Sitzfläche (siehe Kap. 3.13.5)
3.6 Perzentile
3.6.1 Was sind Perzentile?
Das bedeutet, wenn z.B. der Wert des 5. Perzentils (↑) der Körperhöhe von Männern mit
1650 mm angegeben wird, dass 5 % der untersuchten Teilnehmer 1650 mm oder kleiner als
1650 mm sind, hingegen 95 % eine größere Körperhöhe haben.
Abb. 12: Prinzip der Perzentilbildung am Beispiel der Körperhöhe (Schüler 2012)
Aus den gemessenen Werten z.B. für die Körperhöhe ergibt sich die Verteilung der
Individualwerte eines Körpermaßes. Die höchste Häufigkeit liegt im Fall einer
Normalverteilung in der Mitte der Verteilungskurve (Median).
Bei Normalverteilung gilt näherungsweise:
• 68,3% aller Messwerte haben eine Abweichung von höchstens der einfachen Standardabweichung (↑) vom Mittelwert (↑),
• 95,4% aller Messwerte haben eine Abweichung von höchstens der zweifachen Standardabweichung vom Mittelwert,
• 99,7% aller Messwerte haben eine Abweichung von höchstens der dreifachen Standardabweichung vom Mittelwert.
Zu Körpermaßen werden häufig Perzentile (relative Summenhäufigkeit in einer Gruppe)
angegeben. Diese geben für ein Körpermaß an, wie hoch der prozentuale Anteil der
Personen einer Stichprobe ist, die den angegebenen Perzentilwert nicht überschreiten oder
kleiner als der angegebene Perzentilwert sind. Perzentile zeigen jeweils den Messwert an,
der von einem definierten Prozentsatz der untersuchten Teilnehmer einer Studie maximal
erreicht wird.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Abb. 13: Prozentuale Häufigkeit von Körpermaßen bei (a) Gaußscher Normalverteilung und bei (b) Nichtnormalverteilung (Schüler 2012)
Im Fall einer Normalverteilung ist der Medianwert (Wert des 50. Perzentils) identisch mit dem
arithmetischen Mittelwert (↑). Die Angabe der Standardabweichung (↑) wäre ausreichend.
Das trifft in vielen Untersuchungen für Längenmaße (Körperhöhe, Sitzhöhe bzw.
Stammlänge, Beinlänge usw.) zu, hier kann von einer Normalverteilung der Körpermaße
innerhalb einer Population (↑) ausgegangen werden. Umfangsmaße hingegen
(Taillenumfang, Hüftumfang usw.) oder Breitenmaße (Körpersitzbreite) sind häufig nicht
normalverteilt. Dann ist in jedem Fall die Verwendung von Perzentilen erforderlich.
Perzentilwerte sind in vielen Fällen nicht aus anderen statistischen Angaben errechenbar.
3.6.2 Wie verwende ich Perzentilwerte?
Bei der Gestaltung des vertikalen Raumangebotes über einer Sitzfläche, beispielsweise der
Gestaltung eines Fahrerarbeitsplatzes in einer Landmaschine, ist es nicht sinnvoll,
ausschließlich vom Median der Sitzhöhe bzw. Stammlänge eines Mannes auszugehen
(P50=904 mm). Es gibt Frauen und insbesondere Männer deren Sitzhöhenwerte deutlich über
dem Median liegen (Frauen P95=905 mm; Männer P95=958 mm). Diese und Personen mit
höheren individuellen Werten für die Sitzhöhe bzw. Stammlänge könnten sich an einem
Dach den Kopf stoßen, das nach dem Median konstruiert wurde.
Bei der Konstruktion von ergonomischen oder komfortorientierten Gestaltungszielen gilt die
Regel, dass die Konstruktionsmaße an dem kleineren 5. bzw. größeren 95. Perzentil für
Frauen bzw. Männer orientiert werden. Für Maße, die für Verhütung von Unfällen (Sicherheit
und Gesundheit) relevant sind (↑ Sicherheitsmaße), sind jeweils die Werte des 1. bzw. 99.
Perzentils zu beachten.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Auch bei der Bestimmung der Sitzflächenhöhe z.B. in einer Straßenbahn ist die Ausrichtung
der Gestaltung am Median der Länge des Unterschenkels mit Fuß nicht zweckmäßig
(P50=452 mm). Die Werte des 5. Perzentils der Männer (P5=410 mm) und die Werte des 5.
Perzentils der Frauen (P5=380 mm) liegen mehr als 40 mm darunter, wobei eventuelles
Schuhwerk nicht berücksichtigt wurde. Das Sitzen auf zu hohen Sitzflächen hat zur Folge,
dass die Beine frei hängen und der Sitzflächenrand einen Druck auf die
Oberschenkelunterseite ausübt. Dies kann wegen einer Behinderung der Blutzirkulation zu
Diskomfort und Schmerzen führen.
In Tabelle 2 wird exemplarisch an der Körperhöhe und der Körpersitzbreite deutlich, dass die
kleineren Maße nicht immer bei Frauen und die größeren Maße nicht immer bei Männern
auftreten. Geschlechtsspezifische Proportions- und Fettverteilungsmuster führen dazu, dass
die weiblichen Breiten- und Umfangsmaße der unteren Rumpfhälfte die männlichen Werte
mitunter übertreffen (siehe Kap. 3.10).
Tab. 2: Perzentilwerte (in mm) und die dabei zu beachtenden Spannen für ergonomische Gestaltungsziele am Beispiel von Körperhöhe und Körpersitzbreite (Daten für 18-65-Jährige aus dem Anthropologischen Atlas. Flügel et al. 1986)
Körpermaß Männer Frauen
P5 P50 P95 P5 P50 P95
Körperhöhe 1607 1715 1825 1514 1606 1707
Körpersitzbreite 334 368 406 346 400 460
3.7 Was muss ich bei der Kombination von Körpermaßen beachten?
In DIN EN ISO 3411 sind beispielsweise für kleine, mittelgroße und große Maschinenführer
in korrekter Zuordnung die jeweiligen Werte des 5., 50. und 95. Perzentils der Körperhöhe
angegeben. Entsprechend wurde mit den anderen Körpermaßen verfahren, für die der Wert
des 5. Perzentils als kleinstes zu beachtendes Maß, der des 50. Perzentils als mittleres und
der des 95. Perzentils als größtes zu beachtendes Maß angegeben wurden. Der
Perzentilangaben für ein Körpermaß (z.B. für die Körperhöhe) gelten immer nur für dieses
eine Maß und lassen sich nicht kombinieren: So müssen z. B. andere Körpermaße einer
kleinen Frau mit einer Körperhöhe, die dem 5. Perzentil entspricht, nicht auch dem
5. Perzentil entsprechen.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Tabellenkopf mit der Angabe kleiner, mittelgroßer und großer Maschinenführer suggeriert
allerdings, dass ein in der Körperhöhe kleiner Maschinenführer in allen Maßen klein wäre
und jeweils die Werte des 5. Perzentils gelten würden (Tab. 3). Diese Annahme ist jedoch
prinzipiell falsch.
Tab. 3: Beispiel einer Norm (Auszug aus DIN EN 3411 Erdbaumaschinen- Körpermaße von Maschinenführern und Mindestfreiraum), die zu einer falschen Anwendung von Körpermaßen führen kann
Bezug-nahme Benennung
Maße mm Kleiner
Maschinenführer Mittelgroßer
Maschinenführer Großer
Maschinenführer
1A Körperhöhe (mit Schuhen) 1 550 1 730 1 905
1B Spannweite Arm 1 585 1 765 1 905 … 2D Brusttiefe 210 247 280 2E Unterleibtiefe 210 257 300 …
Aufgrund von verschiedenen körperbaulichen Wuchstendenzen (↑ Körperbautyp) haben
Menschen unterschiedliche Proportionen. So sind große Menschen häufig schlank und
kleinere Menschen häufig korpulent. Der kleine Maschinenführer kann relativ häufig bei der
Unterleibstiefe Werte haben, die z.B. zwischen dem Wert des 50. und 95. Perzentils liegen.
Oder es variiert bei identischer Körperhöhe das Verhältnis von Rumpf- und Beinlänge und
führt zu den so genannten Sitzriesen und Sitzzwergen (Abb. 14, siehe auch FAQ). Bei
identischer Körperhöhe (z.B. 1715 mm – was knapp unterhalb des Werts des 50. Perzentils
der Körperhöhe für deutsche Männer nach DIN 33402-2:2005 mit 1750 mm liegt) gibt es
Menschen, deren Wert für das Maß Sitzhöhe größer als der des 50. Perzentilwerts (904 mm)
ist. Wenn das Maß für die Beinlänge dann kleiner als der Wert des 50. Perzentils (812 mm)
(Daten aus Flügel et al. 1986) ist, sind sie „Sitzriesen“. „Sitzzwerge“ wären sie, wenn diese
eine Beinlänge haben, deren Wert über dem 50. Perzentil liegt und eine Sitzhöhe mit einem
Wert kleiner des 50. Perzentils für die Sitzhöhe.
Da Längenmaße untereinander korrelieren, so haben Sitzzwerge in der Regel auch relativ
lange Arme und Sitzriesen relativ kurze Arme. Hinzukommen Proportionsunterschiede
zwischen Männern und Frauen.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Abb. 14: Proportionsverhältnis der Rumpflänge und Beinlänge von Sitzriesen und Sitzzwergen (Schüler 2012)
Auch wenn sich mehrere Menschen in einem Körpermaß sehr ähnlich sind, ist grundsätzlich
davon auszugehen, dass die Mehrzahl der anderen Körpermaße deutlich voneinander
abweichen kann. Ein einfaches Rechenbeispiel für die Schulterhöhe im Sitzen kann diese
individuellen Besonderheiten sehr gut verdeutlichen:
Würde man davon ausgehen können, dass jeder Mensch, dessen Schulter-Ellenbogen-
Länge dem Wert des 5. Perzentils entspricht, auch den Wert des 5. Perzentils für die
Ellenbogenhöhe hat, müssten sich beide Maße wie in Abbildung 15 veranschaulicht zur
Schulterhöhe sitzend addieren lassen. Strecke a plus Strecke b müssten also die
Strecke c ergeben:
Abb. 15: Beispiel für eine Addition von Körpermaßen, die beim Einzelnen erlaubt ist, aber nicht mit Perzentilwerten durchgeführt werden darf (Scheffler 2012)
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Am Beispiel der P5 Werte aus der DIN EN ISO/TR 7250-2 für deutsche Frauen wird deutlich,
dass genau das nicht möglich ist. Addiert man den Wert für die Schulter-Ellenbogen-Länge
von 290 mm zu dem Wert für die Ellenbogenhöhe von 185 mm, erhält man die Summe von
475 mm, die - rein rechnerisch - die Schulterhöhe im Sitzen ergibt. Verglichen mit den
tatsächlichen Angaben der Norm (DIN EN ISO/TR 7250-2) beträgt die Schulterhöhe im
Sitzen 540 mm, es ergibt sich also eine Differenz von 65 mm. Was für die Berechnung von
Körpermaßen eines einzelnen Menschen kein Problem darstellt, ist mit Perzentilwerten
demnach nicht zulässig.
3.8 Was muss ich bei anthropometrischen Daten verschiedener Länder beachten?
Tab. 4: Perzentilwerte für die Körperhöhe (mm) von Männern aus verschiedenen Ländern bzw. geografischen Regionen (Jürgens et al., Internationaler anthropometrischer Datenatlas, 1989)
Land/
Region Nord-
europa Mittel-europa
Südost-europa
West-afrika
Naher Osten
Nord-amerika Japan
P5 1710 1670 1660 1560 1620 1670 1630
P50 1810 1770 1750 1670 1710 1790 1720
P95 1910 1860 1850 1790 1800 1900 1820
Neben den Längenmaßen unterscheiden sich auch die Umfangsmaße verschiedener
Bevölkerungen (↑ Populationen) sehr stark voneinander.
Die Ursachen für regional verschieden verteilte Körpermaße sind vielfältig. Einerseits sind
sie genetisch bedingt (z.B. durch langfristige Anpassungen von menschlichen Populationen
an verschiedene Klimabedingungen) und andererseits sehr stark von sozioökonomischen
Bedingungen abhängig. Bevölkerungen, die unter guten sozioökonomischen Bedingungen
leben, wurden lange Zeit von Generation zu Generation größer (↑ säkularer Trend)
mittlerweile aber auch zunehmend korpulenter.
Menschen verschiedener geografischer Regionen unterscheiden sich, weil ihre
Körpermaße unterschiedliche Dimensionen (↑ Dimensionsmaße) haben und die
Proportionen (↑ Proportionsmaße) unterschiedlich verteilt sind. So sind in der Regel
Nordeuropäer besonders groß, während Südeuropäer eher geringere Körperhöhen
haben (siehe Tab. 4). Oft lassen sich nicht für jedes Land ausreichend Daten finden. In
solchen Fällen ist es besser, sich an Daten benachbarter bzw. vergleichbarer Länder zu
orientieren, als vollkommen auf eine Berücksichtigung der Körpermaße zu verzichten.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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3.9 Wie hängen anthropometrische Daten vom Alter der Menschen ab?
Körpermaße sind abhängig vom Alter des Menschen. Offensichtlich und allgemein bekannt
ist das bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen. Aber auch ein älterer Mensch hat andere
Körpermaße und Körperproportionen, als er selbst als junger Mensch hatte. Allgemein
bekannt ist die Zunahme der Umfangsmaße, die mit der Zunahme der Körpermasse
einhergeht. Es ändern sich aber auch Maße wie die Körperhöhe oder die Sitzhöhe
(Stammlänge). Das kann zu altersbedingten Proportionsveränderungen führen. So werden
die Beine relativ gesehen länger, weil sich die Sitzhöhe wegen der geringeren Aufrichtung
der Wirbelsäule (Rundrücken) vermindert und die absolute Länge der Beine eher konstant
bleibt (Abb.16). Ursachen dafür sind biologische Veränderungen des menschlichen Körpers,
wie Abnutzungserscheinungen, Verringerung des Wassergehaltes der Gewebe oder der
Muskelkraft.
Abb. 16: Veränderung der Sitzhöhe und der Beinlänge in % der Körperhöhe im Vergleich von Frauen zwischen 20-29 und 50-84 Jahren (Daten aus Greil et al. 2008) (Scheffler 2012)
Sitzhöhe und Beinlänge in % der Körperhöhe (Vergleich von jüngeren und älteren Frauen)
44,00
45,00
46,00
47,00
48,00
49,00
50,00
51,00
52,00
53,00
P 50
Sitz
höhe
und
Bei
nlän
ge in
% K
örpe
rhöh
e
Sitzhöhe in % Körperhöhe 20-29 Jahre Sitzhöhe in % Körperhöhe 50-84 Jahre
Beinlänge in % Körperhöhe 20-29 Jahre Beinlänge in % Körperhöhe 50-84 Jahre
Körperhöhe Frauen (P50)Abnahme im Alter
20-29 Jahre: 1695 mm50-84 Jahre: 1608 mm
Proportionsveränderung Abnahme der Sitzhöhe im Alter
Bei Konstruktionen für Nutzer einer speziellen Altersgruppe sollten, wenn vorhanden,
altersspezifische Daten zugrunde gelegt werden, um den altersbedingten Dimensionen
(↑ Dimensionsmaße) und Proportionen (↑ Proportionsmaße) des menschlichen Körpers
gerecht zu werden.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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3.10 Was muss ich bei anthropometrischen Daten für Männer und Frauen beachten?
Nach DIN 33402-2 ist der Median der Körperhöhe für Frauen um durchschnittlich 125 mm
kleiner als der für Männer, die größte bzw. bideltoidale (↑) Schulterbreite ist 45 mm schmaler,
die Schritthöhe um 55 mm kürzer, die Hände um 12 mm und die Füße um 20 mm kleiner.
Lediglich in den Breiten- und Umfangsmaßen, insbesondere der unteren Rumpfhälfte und
des Oberschenkels sind die Werte von Frauen höher oder zumindest gleichwertig (siehe
Kap. 3.6.2, Tab. 2). Auch der Fettgewebsanteil unter der Haut ist bei Frauen vergleichsweise
höher, und das Fettverteilungsmuster ist hüft- und schenkelorientiert. Über diese
Unterschiede von Körpermaßen ergibt sich, dass Frauen völlig anders proportioniert sind als
Männer. Frauen sind proportional schmalschultrig und kurzbeinig, haben aber einen
vergleichsweise langen und schlanken Hals. Der Querschnitt des Brustkorbes ist tief und
rund während der von Männern eher schmal und flach proportioniert ist. Auch am Kopf sind
im Vergleich deutliche Unterschiede zu messen, die sich bei der Frau mit einem proportional
größeren Schädel und einem rundlicheren und flacheren Gesicht sowie einer weniger
geneigten Stirn beschreiben lassen. Entsprechend ist es üblich, die Maße des Menschen
nach dem Geschlecht getrennt auszuwerten. Wie in Kapitel Kap. 3.6.2 in Tab. 2aufgezeigt,
werden die Geschlechterunterschiede dabei sehr deutlich. Die Körperhöhe der mittleren Frau
(P50) entspricht der des kleinen Mannes (P5) und die des mittleren Mannes (P50) entspricht
der der großen Frau (P95).
3.11 Was ist ein Unisex-Modell?
Dessen ungeachtet werden aber auch Daten angegeben, die im so genannten Unisex-
Modell ausgewertet wurden, so dass die angegebenen Perzentilwerte für Populations-
beschreibungen ohne Geschlechtsdifferenzierung Gültigkeit haben. Entsprechend werden
die Daten unabhängig vom Geschlecht zusammengefasst und als eine Gruppe ausgewertet
(siehe Abb. 17).
Die Körpermaße von Männern und Frauen variieren im Mittel in nahezu allen absoluten
Beträgen. Dabei sind die Maße von Frauen häufig, aber nicht immer kleiner.
Bei Unisex-Modellen werden nur ca. 80% des Maßbereiches in der Bevölkerung erfasst,
bei einer geschlechtsspezifischen Auswertung der Daten dahingegen ca. 90 % des
Maßbereiches. Je nach Konstruktionsvorhaben und Besonderheiten der Zielgruppe kann
dies einen erheblichen Einfluss auf den Nutzerkomfort haben.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Abb. 17: Perzentilverteilung beim Unisexmodell und getrenntgeschlechtlicher Betrachtung am Beispiel der Körperhöhe (Schüler 2012)
Diese Form der Auswertung und Darstellung bringt es jedoch mit sich, dass ein
vergleichsweise engerer Maßbereich wiedergeben wird, als es bei getrenntgeschlechtlicher
Darstellung der Fall wäre. Beispielsweise würde der 5. Perzentilwert einer als Unisex -
Stichprobe bewerteten Körperhöhe größer sein, als der entsprechende Wert bei
ausschließlicher Einbeziehung von Frauen. Und der Wert des 95. Perzentils der Unisex-
Stichprobe würde einen kleineren Wert angeben als der Wert des 95. Perzentils bei
ausschließlicher Einbeziehung von Männern.
3.12 Wie wird die Aktualität von anthropometrischen Daten beeinflusst?
Körpermaße verändern sich im zeitlichen Vergleich von einer Generation zur anderen.
Dieses als säkularer Trend (↑) oder auch säkulare Akzeleration beschriebene Phänomen
wird allgemein durch verbesserte Umweltbedingungen erklärt, die das Wachstum im
Kindesalter beeinflussen. Faktoren sind beispielsweise eine bessere Qualität der Ernährung
Werte für Körpermaße und deren Verteilungen verändern sich im Laufe der Zeit, daher sollten
die anthropometrischen Daten aktuell sein. Liegen keine aktuellen Daten vor, dann sollten die
älteren Daten unter Berücksichtigung aktueller Trends verwendet werden. Sind
Einschränkungen z.B. für Verstellbarkeitsbereiche notwendig, dann sollten diese jeweils bei
Längen-, Breiten- und Umfangsmaßen für den Bereich der unteren Perzentilwerte
vorgenommen werden; mögliche Zuschläge hingegen eher für den Bereich der oberen
Perzentilwerte.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Zunahme der mittleren Körperhöhe in Deutschland
1550
1600
1650
1700
1750
1800
1850
1923 1957 1982 2008
Jahr
Kör
perh
öhe
in m
m
Frauen
Männer
und eine verbesserte Gesundheitssituation bei Kindern und Jugendlichen; weitere Faktoren
werden ebenfalls diskutiert.
Die Zunahme der Körperhöhe im Generationenvergleich von bisher ca. 11 mm je Dekade bei
Männern und 9 mm je Dekade bei Frauen innerhalb der letzten 150 Jahre ist wesentlich
durch ein verstärktes Wachstum der Langknochen in den Beinen bedingt. Parallel sind auch
die Langknochen in den Armen, den Händen und den Füßen im Vergleich zu früheren
Generationen länger. In der Konsequenz führt dies zu veränderten Körperproportionen
insbesondere im Verhältnis von den Beinen zum Rumpf, aber auch in anderen
Körperregionen. Die jungen Erwachsenen von heute sind im Durchschnitt vergleichsweise
größer als früher, und sie sind auch größer als die Erwachsenen mittleren und älteren Alters
von heute. Zudem haben sie die längeren Beine und sind damit im Vergleich zu den Älteren
nicht nur größer, sondern auch eher Sitzzwerge.
Diese akzelerationsbedingte Zunahme der Längenmaße verlangsamt sich derzeit in den
Industrieländern (Abb.18). Die Entwicklungsbedingungen, die das Wachstum und damit auch
die Körpermaße beeinflussen, sind optimal, so dass das genetisch vorgegebene
Körperhöhenmaximum zunehmend erlangt wird.
Abb. 18: Zunahme der mittleren Körperhöhe deutscher Männer und Frauen zwischen 1923 und 2008 (kombiniert aus Daten von Jaeger (1998) und Greil et al. 2008) – deutlich wird die Verlangsamung des säkularen Trends bei der Körperhöhe
Die Zunahme der Umfangsmaße (z.B. Taillenumfang, Hüftumfang, Bauchumfang) und
weichteilbedingter Breitenmaße (z.B. ↑ bideltoidale bzw. größte Schulterbreite,
Körpersitzbreite) hält hingegen unvermindert an (Abb. 19). Dieser Trend ist durch die
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Disbalance von ernährungsbedingter Energieaufnahme und mangelnder Bewegung
verursacht.
Für die meisten ergonomischen Anwendungen werden erst Veränderungen im Bereich ab
1 cm relevant. Bei welchen Körpermaßen die Grenzen für die (noch) zu empfehlende
Verwendung älterer Daten liegen, hängt im Wesentlichen vom Tempo der oben
beschriebenen Veränderungen ab. Als Faustregel kann gelten, dass längenbezogene
Körpermaße in der Regel nicht älter als 25 Jahre sein sollten. Bei der gegenwärtig
beobachteten Veränderung von Breiten- und Umfangsmaßen können schon jüngere Daten
veraltet sein. Bei sicherheitsrelevanten Anwendungen sind auch geringere Veränderungen
durch Einbeziehung möglichst aktueller Daten zu berücksichtigen (siehe Beispiel KAN-
Gutachten zum Prüffinger).
Abb. 19: Zunahme der bideltoidalen (↑) (größten) Schulterbreite deutscher zwischen 1988 und 2008 (kombiniert aus Daten von Flügel et al. (1986) und Greil et al. (2008)) – deutlich wird die Zunahme besonders im Bereich des 95. Perzentils
Da die Veränderung von Körpermaßen zum einen stark durch Veränderungen der
Umweltbedingungen und damit auch vom Verhalten der Menschen (Bewegungsverhalten,
gesundheitsbewusste Ernährung usw.) abhängt und zum anderen zumindest bei
Umfangsmaßen auch reversibel sein kann, ist eine Hochrechnung nicht möglich. Wie in DIN
SPEC 33402-5: 2010 „Ergonomie – Körpermaße des Menschen – Untersuchung der
Verfahren zur Hochrechnung und Abschätzung von Körpermaßdaten“ ausführlich erläutert,
lassen sich zukünftige Umweltbedingungen nicht vorhersehen und der damit verbundene
Einfluss auf Körpermaße ebenfalls nicht. Eine eventuelle Hochrechnung von
Körpermaßdaten kann daher immer nur eine relativ unsichere Schätzung bleiben.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 33 -
Abweichung von Körpermaßen(gemessen in Standardpositionen)
Bequeme Körperhaltungen
Bewegung
Bekleidung
Addition von Einzelmaßen
Einfluss der direkten Umwelt
Haare, Frisuren
3.13 Welche Faktoren beeinflussen oder verändern anthropometrische Daten in der Praxis?
Körpermaße werden nach Maßdefinitionen (DIN EN ISO 7250-1, DIN 33402 usw.) ermittelt.
Das bedeutet in der Regel, dass die untersuchten Personen genau definierte
Standardpositionen einnehmen müssen. In der Praxis werden Körpermaße durch diverse
Faktoren beeinflusst und damit verändert (siehe Abb. 20).
Abb. 20: Die wichtigsten Einflussfaktoren auf ein in definierter Standardposition ermitteltes Körpermaß; diese werden in den kommenden Abschnitten näher erläutert
3.13.1 Einfluss von bequemer Körperhaltung
Anthropometrische Standardpositionen werden von Menschen nur für relativ kurze
Zeiträume eingenommen und entsprechen selten den bequemeren bzw. physiologischen
Körperhaltungen. Daher sind in der Praxis häufig solche Maße kleiner als bei den
Standardmessungen, die von der Streckung der Wirbelsäule abhängen (z. B. Körperhöhe,
Die Abweichung zwischen der Körperhöhe in Standardmessposition und der bequemen
(physiologischen) Körperhöhe beträgt ca. 1 – 1,5% (nach Angaben aus Flügel et al. 1988).
Die körperhöhenabhängigen Körpermaße sind dann kleiner.
Sicherheitsrelevante Maße von Fluchtwegen usw. sollten aber in jedem Fall die maximal
möglichen Werte von Menschen berücksichtigen, zuzüglich der Freiräume für schnelle
Bewegungsabläufe.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 34 -
Augenhöhe im Sitzen und im Stehen, Schulterhöhe im Sitzen und im Stehen,
Ellenbogenhöhe im Sitzen und im Stehen, Sitzhöhe, Reichweiten der Arme).
Die hohen P95 Werte werden in bequemer Körperhaltung selten erreicht, während die
kleineren P5 Werte für die Gestaltung von Komfortbereichen durchaus relevant sind.
Analoges gilt für Maße, die von der Streckung der Arme (Armlänge, Reichweiten der Arme)
und der Streckung der Beine (Reichweiten der Beine) abhängen, wenn Arme und Beine in
der Praxis nicht vollkommen gestreckt sein können (z.B. am Fahrersitzplatz).
3.13.2 Einfluss von Bewegung
Menschen bewegen sich entsprechend ihrer anatomischen Möglichkeiten und weichen damit
meist von den relativ starren Messpositionen ab. Die Bewegungsabläufe sind sehr
individuell. Abbildung 21 zeigt beispielsweise, welcher unterschiedliche Raumbedarf bei
verschiedenen Varianten des Bückens zum Aufheben eines Gegenstandes in horizontaler
und vertikaler Richtung erforderlich ist.
Abb. 21: Beispiel für Veränderung des Raumbedarfs bei einer Bewegung (Scheffler 2012 )
Im Detail wird das bei Maßen am Arm deutlich. Die Unterarmlänge, die anatomisch der
Länge des Knochens der Elle entspricht, ist unabhängig von Bewegungen immer gleich lang,
Körpermaße, die auf der Länge von einzelnen Knochen beruhen, sind bei Bewegungen
übertragbar. Werden Körpermaße, die sich aus mehreren Knochen und dazugehörigen
Gelenken ergeben (z.B. Länge des gesamten Armes mit Hand) verwendet, so hat die
Stellung der Gelenke zueinander auf das Maß einen Einfluss.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 35 -
wohingegen die Armlänge, die der additiven Länge des Oberarmknochens und der Länge
des Unterarmes mit Hand entspricht, abhängig von der Stellung der Gelenke ist (Abb. 22).
Oberarm- Unterarm- Hand-
Additive Armlänge in Standardposition
Additive Armlänge bei einer Bewegung (Beugung im Ellenbogen- und Handgelenk)
Abb. 22: Schematische Darstellung der Veränderung (hier Verringerung der Armlänge) von Körpermaßen des Armes in Abhängigkeit von der Bewegung (Beugung in Ellenbogen- und Handgelenk) (Scheffler 2012 )
Diese physiologische Variabilität durch die Bewegung in den Gelenken der Arme kann
beispielsweise die in DIN 33402 enthaltenen Maße für die Reichweiten des Armes, der
Ellenbogenhöhe sowie der Höhe der Hand über der Standfläche oder den Ellenbogen-
Griffachsenabstand unterschiedlich stark verändern. Für Maße am Bein und Drehungen im
Rumpf- und Halsbereich gilt ähnliches.
Aufgrund der anatomisch-funktionellen Komplexität des Schultergelenks werden
Voraussagen von Maßen für Reichweiten der Arme zusätzlich erschwert. Für derartige
Fragestellungen sollten Bewegungskurven bzw. Daten für Bewegungsräume, wie sie im
Anthropologischen Atlas, dem Handbuch der Ergonomie oder der DIN 33402 – 3 angegeben
sind, zu Hilfe genommen werden.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 36 -
3.13.3 Addition von Körpermaßen
Die additive Armlänge entspricht nur der Addition der Einzelmaße von Oberarmlänge,
Unterarmlänge und Handlänge, wenn die Einzelmaße dem anatomischen Zusammenhang
entsprechen, ein entsprechender Messpunkt sich also zwischen zwei Knochen „im Gelenk“
befindet. Die z.B. in der DIN EN ISO 7250-1 angegebenen ergonomisch sinnvollen
Einzelmaße Schulter-Ellenbogen-Länge, Ellenbogen-Handgelenk-Länge und Handlänge
ergeben eine längere additive Armlänge als real vorhanden (Abb. 23).
Abb. 23: Einfluss von einzelnen Maßen auf die Addition von Körpermaßen am Beispiel von Maßen am Arm (Scheffler 2012)
Schon in Kapitel 3.6.2 wurde darauf hingewiesen, dass die Kombination von Perzentilwerten
verschiedener Dimensionen des Körpers (Höhen- und Breitenmaße) wegen der
Proportionsunterschiede zur Bestimmung der Maße z.B. eines sehr großen Menschen
fehlerhaft wird. Auch die Kombination von Längenmaßen ist wegen der Proportions-
Oberarm- Unterarm- Hand-
Additive Armlänge
Messung entspricht dem anatomischen Zusammenhang
Oberarmlänge+ Unterarmlänge+ Handlänge
= additive Armlänge
Messung analogISO 7250-1
Schulter-Ellenbogen- Länge+ Ellenbogen-Handgelenk-Länge+ Handlänge
> additive Armlänge
In anthropometrischen Datensammlungen finden sich oft Perzentilwerte für Maße einzelner
Körperabschnitte bzw. Körperteile. Diese sind aus physiologisch-anatomischen (siehe Kap.
3.13.2.) und messtechnischen Gründen nicht immer frei kombinierbar/addierbar. Aber auch
statistisch bedingt durch die Bildung von Perzentilen (siehe Kap. 3.6.2.) ist die Addition von
einzelnen Perzentilwerten kritisch.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 37 -
unterschiede des menschlichen Körpers nur eingeschränkt möglich, wie das Beispiel in
Tabelle 5 verdeutlicht.
Tab. 5: Ausgewählte Längenmaße in mm von 18-59-jährigen Männern (Flügel et al. 1986). Die errechnete Körperhöhe ergibt sich hier aus der fälschlicherweise erfolgten Addition von Beinlänge und Sitzhöhe
P5 P50 P95 Körperhöhe 1607 1715 1825
Sitzhöhe 846 904 958
Beinlänge (projektivisch) 742 812 886
errechnete Körperhöhe falsch
1588 1716 1844
Die hier verwendete Beinlänge wird üblicherweise individuell aus der jeweils gemessenen
Körperhöhe und Sitzhöhe (Stammlänge) als Differenzmaß bestimmt.
Für den Einzelnen gilt: Körperhöhe – Sitzhöhe = projektivische Beinlänge
Addiert man jetzt die Werte des 95. Perzentils von Sitzhöhe und Beinlänge, kommt man auf
einen höheren Wert des 95. Perzentils für die Körperhöhe (1844 mm) als der wirklich
gemessene Wert des Perzentils von 1825 mm. Die Differenz zwischen gemessenem und
errechnetem Wert des 5. Perzentils ist mit ca. 20 mm ähnlich groß. Die Ursachen hierfür
lassen sich durch das Phänomen von Sitzriesen und Sitzzwergen, also
Proportionsunterschieden erklären. Kleine Menschen haben eher kürzere Beine,
wohingegen der Rumpf nicht kürzer ist (Sitzriesen). Große Menschen haben eher längere
Beine, aber nicht unbedingt den längeren Rumpf (Sitzzwerge) (siehe Kap. 3.7).
3.13.4 Einfluss von Bekleidung
Während Messungen in der Regel am weitgehend unbekleideten menschlichen Körper
erfolgen, tragen Menschen im Arbeitsprozess Alltagsbekleidung bzw. alltagsähnliche
Arbeitsbekleidung, spezielle Arbeitsbekleidung oder Schutzkleidung. Diese Kleidung
verändert Körpermaße. Die folgenden Angaben für Bekleidungszuschläge entstammen dem
Dimensionsmaße (↑) (z.B. Körperhöhe, Bauchumfang) werden durch Kleidung meist
größer. Diese Vergrößerung betrifft alle Perzentilwerte gleichermaßen. Funktionsmaße wie
die Reichweite der Arme können durch Kleidung verringert werden.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
- 38 -
Handbuch der Ergonomie. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei allen angegebenen
Werten um Schätzwerte handelt, die jedoch eine gute Annäherung erlauben.
Alle Längenmaße am stehenden Körper wie die Körperhöhe, die Augenhöhe, die
Schulterhöhe, die Ellenbogenhöhe über der Standfläche, die Höhe der Hand (Griffachse)
über der Standfläche, die Höhe des Brustkorbes (Sternalhöhe), aber auch die
Sitzflächenhöhe werden unabhängig von anderen Faktoren größer, wenn Schuhe getragen
werden. Im Handbuch der Ergonomie werden zu den einzelnen Steh-Längenmaßen jeweils
35 mm beim Tragen von schweren Schuhen hinzuaddiert.
Die Körperhöhe wird beim Tragen von Kopfbedeckungen ebenfalls größer, je nach
Kopfbedeckung werden zwischen 10 und 35 mm (Schutzhelm) angegeben. Auf die
anderen im Stehen gemessenen Maße wie Augenhöhe usw. hat die Kopfbedeckung keinen
Einfluss. Für Sicherheitsmaße ist der Einfluss von Haaren zu beachten (siehe Kap. 3.13.6),
damit bewegliche Teile nicht die Haare erfassen können oder Komforteinschränkungen
durch Kontakt entstehen.
Bei allen Längen- und Breitenmaßen von Körperabschnitten (z.B. Schulter-Ellenbogen-
Länge, Gesäß-Kniekehlen-Länge, Hüftbreite, Beckenbreite, Brustkorbtiefe, Schulterhöhe im
Sitzen) ist gegebenenfalls die Bekleidung zu beachten. Bei leichter Bekleidung sind etwa
5 mm hinzuzurechnen, bei schwerer Bekleidung ca. 8 - 10 mm.
Auf Umfangsmaße (Brustkorbumfang, Taillenumfang, Oberschenkelumfang) hat Bekleidung
je nach Größe des Maßes im unbekleideten Zustand einen erhöhenden Einfluss von 20 mm
bei leichter Bekleidung (Oberschenkelumfang) und ca. 110 mm bei schwerer Bekleidung
(Taillenumfang).
Kleidung, insbesondere schwere Schutzbekleidung kann Bewegungen stark einschränken.
Daher sind viele Funktions- und Bewegungsmaße bei schwerer Bekleidung vergleichsweise
kleiner.
3.13.5 Einfluss der Kontaktumwelt
So können z.B. weiche Sitzpolster durch das unterschiedliche Einsinken des Sitzenden
dessen Sitzhöhe verringern. Damit sind dann alle Höhenmaße, die sich auf die Sitzfläche
beziehen (Augenhöhe im Sitzen, Schulterhöhe im Sitzen, Reichweite nach oben im Sitzen)
entsprechend verringert.
Die direkt den Körper kontaktierende Umwelt kann Körpermaße beeinflussen.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Seitliche Einschränkungen des eigentlichen Raumbedarfes (z.B. eine zu geringe Sitzbreite)
können zu einer Deformation von Weichteilen (in diesem Fall am Oberschenkel) führen.
Dann wird ein, wenn auch unkomfortables Sitzen ermöglicht, wobei das Weichteilgewebe
des Oberschenkels den Wert der Oberschenkeldicke erhöhen würde.
3.13.6 Einfluss von Haaren, Frisuren und Fingernägeln
Durch verschiedene Frisuren und Haarstrukturen (z.B. bei lockigen Haaren) können
Körpermaße verändert werden, besonders dann, wenn keine zusätzliche Kopfbedeckung
getragen wird. Das muss für Normung und Konstruktion beachtet werden.
Die Messung der Körperhöhe erfolgt standardisiert am höchsten knöchernen Punkt des
Schädels (↑ Vertex). Dabei sollte darauf geachtet worden sein, dass die Haare den Wert des
Körpermaßes so wenig wie möglich beeinflussen. Ähnlich wird bei der Messung von
Kopfumfangsmaßen vorgegangen. Je nach Mode kann es besonders bei Frauen zu einer
Erhöhung der Werte für Körperhöhe, Sitzhöhe (Stammlänge), Kopflänge (-tiefe) oder
Kopfhöhe von mehr als 50 mm kommen. Dieser Wert ist bei der Einbeziehung von
Körpermaßen (z.B. der Körperhöhe für Männer und Frauen) meist im Bereich der zu
beachtenden Maße innerhalb des 95. Perzentils für Männer (z.B. P95 für Körperhöhe der
Männer = 1855 mm, P95 für Körperhöhe der Frauen = 1720 mm). Addiert man bei Frauen ca.
50 mm für die Frisur dazu, ist man immer noch im Bereich der Körperhöhe der Männer (DIN
33402-2:2005). Allerdings können bei wechselnden Moden auch die entsprechenden
Körpermaße der Männer beeinflusst werden.
Für Maße, die Fingerlängen betreffen bzw. einbeziehen (z. B. Handlänge), ist
gegebenenfalls ein Zuschlag von wenigen Millimetern bzw. in Abhängigkeit von Moden auch
höheren Werten für die Fingernägel zu berücksichtigen, da diese über die Fingerkuppe
reichen. Relevant ist das vor allem bei der Gestaltung von Bedienelementen, die durch
einzelne Finger benutzt werden sollen und bei der Beachtung von entsprechenden
Sicherheitsabständen (siehe Bsp. KAN-Gutachten zum Prüffinger).
Haare können je nach Frisur und Haarstruktur eine Erhöhung von Maßen bewirken, die einen Messpunkt (↑) am Kopf haben. Das betrifft z.B. die Körperhöhe oder den Kopfumfang.
Bei sicherheitsrelevanten Maßen darf der Einfluss von Haaren auf Körpermaße deshalb nie vernachlässigt werden.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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4 Ausgewählte Körpermaßangaben mit Warnhinweisen
Um die Anwendung der in diesem Leitfaden gegebenen Hinweise zu erleichtern, wird in
diesem Kapitel exemplarisch an 15 verschiedenen Körpermaßen ein Warnhinweissystem
entwickelt. Dieses hilft dem Anwender, die jeweils spezifischen Eigenschaften eines
Körpermaßes und die daraus resultierenden Ableitungen für die Anwendung in Normung und
Konstruktion schnell zu identifizieren.
4.1 Warnhinweissystem
Das Warnhinweissystem, das im Folgenden zur Einstufung der einzelnen Körpermaße
verwendet wird, besteht aus vier verschiedenen Warnstufen:
4.1.1 Erläuterungen zum Warnhinweissystem (Warnstufen)
Stufe 0
Körpermaße, die dieser Warnstufe zugeordnet werden, sind ohne Einschränkungen bei der
Anwendung in den Konstruktionsablauf übertragbar. Mögliche biologische Veränderungen
durch Altern, Umwelteinflüsse (Ernährung, Gesundheit) oder Bewegung müssen nicht
berücksichtigt werden bzw. können vernachlässigt werden. Körpermaße, die der Warnstufe 0
zugeordnet werden können, sind die Maße der einzelnen Langknochen und des Schädels,
wie z.B. die Oberarmlänge, die Kopflänge, die Kopfbreite. Nach Abschluss des Wachstums
sind diese skelettbasierten Maße (↑) nahezu unveränderlich.
Stufe 0 Warnstufe 1 Warnstufe 2 Warnstufe 3
Die angegebenen Maße sind ohne Einschränkungen übertragbar.
Die angegebenen Maße unterliegen den allgemein gültigen Verän-derungen, die mit dem Alterungs-prozess einher-gehen.
Die angegebenen Maße unterliegen einer häufigen Variabilität durch Umwelteinflüsse, wie z.B. Ernährungs-bedingungen. Es sind schnell ver-änderliche Maße innerhalb von Popu-lationsvergleichen.
Die angegebenen Maße weichen in der Praxis bei der Ausübung von Bewegungen bzw. durch Bekleidungs-zuschläge von den standardisiert gemessenen Körpermaßen deutlich ab.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Warnstufe 1
Körpermaße, die dieser Warnstufe zugeordnet werden, unterliegen Veränderungen, die im
Alterungsprozess durch die verminderte Fähigkeit zum Aufrichten der Wirbelsäule und der
verminderten Elastizität der Zwischenwirbelscheiben auftreten. Mit zunehmendem Alter
werden dadurch Körpermaße, welche die Rumpflänge einschließen, kleiner. Unter anderen
betrifft dies die Körperhöhe, die Augenhöhe, die Stammlänge und die Rumpflänge.
Entsprechend sollten wirbelsäulenabhängige Körpermaße bei Konstruktionsvorhaben für die
Altersgruppe 50+ wegen der altersbedingten Veränderungen der Wirbelsäule, um ca. 20 mm
reduziert werden (Greil et al. 2008).
Warnstufe 2
Körpermaße, die der Warnstufe 2 zugeordnet werden, unterliegen einer häufigen Variabilität
durch Umwelteinflüsse, wie z.B. den Ernährungsbedingungen. Es sind schnell veränderliche
Maße innerhalb von Populationsvergleichen, die sich mit allgemeinen Gewichts-
schwankungen, aber auch mit der natürlichen Gewichtszunahme im höheren Alter erklären
lassen. Maße der Warnstufe 2 sind zu einem großen Anteil Umfangsmaße, wie der
Brustumfang, der Taillenumfang, der Oberschenkelumfang, der Unterschenkelumfang. Aber
auch Breiten- und Tiefenmaße, deren Messpunkte ebenfalls auf der Hautoberfläche als
Weichteilmaß ermittelt werden, sind in diese Kategorie einzugliedern.
Aufgrund der zunehmenden Anteile an übergewichtigen Personen ist für Umfangs- und
Breitenmaße davon auszugehen, dass die Perzentilwerte älterer Datensammlungen für die
heutige Situation zu gering ausfallen. Entsprechend sollte im oberen Bereich der
Perzentilwerte ein Zuschlag gegeben werden (siehe Kapitel 3.12 Abb. 16). In Deutschland
sollte der Zuschlag beispielsweise bei der Sitzbreite bis zu 50 mm betragen, um auch der
zunehmenden Gruppe der Übergewichtigen ergonomisch gerecht zu werden,.
Warnstufe 3
Körpermaße, die der Warnstufe 3 zugeordnet werden, weichen in der Praxis bei der
Ausübung von Bewegungen bzw. durch Bekleidungszuschläge von den in Normen
angegebenen standardisiert gemessenen Körpermaßen deutlich ab.
Zu diesen Körpermaßen gehört insbesondere die Gruppe der Funktionsmaße (↑), aber auch
Maße deren Messstrecken (↑) Gelenkpunkte mit einbeziehen, wie z.B. die Stammlänge, die
Rumpflänge, die projektivische Armlänge oder auch die Kniehöhe. Gleichermaßen gehören
Körpermaße in die Warnstufe 3, für die ein Zuschlag von Bekleidung und Schuhwerk
berücksichtigt werden muss.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Im Handbuch der Ergonomie werden 35 mm Schuhzuschlag, 5 mm Kleidungszuschlag bei
leichter Bekleidung und 8 – 10 mm bei schwerer Bekleidung sowie zwischen 10 – 35 mm bei
Kopfbedeckungen zu den jeweiligen Maßen addiert. Physiologische wirbelsäulenabhängige
Daten, also Daten die in bequemer Körperhaltung gemessen wurden, weichen
ca. 1-1,5 % von den in Standardposition gemessenen Werten ab.
Nach DIN EN ISO 3411 für Erdbaumaschinen sind für Schuh- und Stiefelhöhen 25 mm und
für Schutzhelme 50 mm Zuschläge zu berücksichtigen. Für den Bewegungsraum bei nicht
aufrechter Haltung, also normaler entspannter Körperhaltung, werden für die Körperhöhe
und Reichweite über Kopf um 15 mm geringere Werte empfohlen. Für „Sitzhöhe“ sowie
„Augenhöhe sitzend“ werden um 25 mm geringere Werte empfohlen.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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4.2 Ausgewählte Körpermaßangaben mit Warnhinweisen
In Abb. 24 sind die Maße anhand von Figurinen dargestellt, die in Tab. 6 mit den entsprechenden Warnhinweisen versehen sind.
Abb. 24 (identisch mit Abb. 7): Figurinen mit einer Auswahl der gebräuchlichsten ergonomischen Körpermaße
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Tab. 6: Ausgewählte gebräuchliche Körpermaße (aus DIN 33402-2) mit Warnhinweisen für die Übertragung in die Praxis
Quelle DIN 33402-2;
Angaben in mm
18 - 65 Jahre Männer Frauen Warn-stufe
Körpermaß gruppen Nr.7 Körpermaß
bezeichnung P5 P50 P95 P5 P50 P95
1 Körperhöhe 1 650 1 750 1 855 1 535 1 625 1 720
Maße am stehenden Menschen
2 Ellenbogenhöhe über Standfläche 1 025 1 100 1 175 960 1 020 1 080
3 Tibialhöhe 430 460 480 400 425 450
4 Sitzhöhe (Stammlänge) 855 910 965 810 860 910
Maße am sitzenden Menschen
5 Schulter-Ellenbogenlänge 330 365 400 290 320 350
6 Länge des
Unterschenkels mit Fuß (Sitzflächenhöhe)
410 450 490 375 415 450
7 Zeigefingerlänge 68 75 83 62 69 77
Maße an einzelnen Körper-
abschnitten
8 Zeigefingerbreite (körpernah) 19 21 23 17 19 21
9 Kopflänge (Kopftiefe) 185 195 205 170 185 195
10 Reichweite nach vorn 685 740 815 625 690 750
Funktionelle Maße 11
Höhe der Hand (Griffachse) über der
Standfläche 730 765 825 670 715 760
12 Ellenbogen-Griffachsen-Abstand 325 350 390 295 315 350
13 Brustumfang 870 975 1 110 850 990 1 180
Umfangs- maße 14 Taillenumfang 700 875 1 010 665 790 990
15 Halsumfang 335 380 410 305 345 385
7 Nummer bezogen auf Figurinen Abb. 24
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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5 Konstruktionsbeispiele
5.1 Grundsätzliche Überlegungen zur Auswahl der Konstruktionsbeispiele
Die Konstruktion eines angemessenen, d.h. sicheren und komfortablen Mensch-
Maschine-Systems ist eine sehr vielschichtige Aufgabe, die einer Herangehensweise aus
den verschiedensten Blickwinkeln bedarf. So sind bei der Konstruktion (Bsp.
Sitzarbeitsplatz) Produktanforderungen zu berücksichtigen, welche Haltungsschäden,
Ermüdungserscheinungen und Verletzungen beim späteren Nutzer vermeiden.
Körperdimensionen und Bewegungsräume für verschiedene Körperbereiche müssen
deshalb adäquat, d.h. optimiert auf die zu erwartende Nutzergruppe, angepasst werden
und gegebenenfalls durch verstellbare Teile zu korrigieren sein. Die
Konstruktionsaufgaben sollen die Körpermaßanwendung für Konstrukteure, Designer und
Normer erläutern und erleichtern. Die Auswahl der Körpermaße konzentriert sich in einem
ersten Schritt auf die konkrete Situation einer möglichst realistischen und korrekten
Umsetzung eines metrischen Wertes (z.B. Perzentilwertangaben aus einer Tabelle oder
einer Datenbank) in die virtuelle technische Umgebung des Planungsumfeldes. Das
Planungsumfeld kann dabei als die Summe aller Mensch-Maschine-Schnittstellen
angesehen werden, in welchem die Bereiche Raumangebot, körperunterstützende und -
sichernde Systeme, Sichtfelder sowie Stell- und Kontaktteile berücksichtigen werden
müssen. Wie bei der im Folgenden angesprochenen Insassenkabine sind in jedem
Planungsumfeld Teilaufgaben zu leisten, die in Kap. 5.2 beispielhaft herausgegriffen und
in ihrem Anwendungsrisiko bewertet werden.
5.2 Fallbeispiele: Konstruktionsaufgaben und deren Anforderungsprofil
Die Fallbeispiele der Tab. 7 enthalten Konstruktionsaufgaben, die mit Hilfe der korrekten
Anwendung eines Körpermaßes aus einer anthropometrischen Datensammlung bzw.
-tabelle gelöst werden können. Es bestehen unterschiedliche Risiken, die durch das
Zusammentreffen von unterschiedlichen Kombinationen der oben genannten Ursachen
bestimmt werden. Diese sind gekennzeichnet und erfordern entsprechend Hinweise.
Bereits in diesem Auswahlstadium ist das unterschiedliche Anforderungsprofil für eine
korrekte Anwendung des oder der Körpermaße der Konstruktionsaufgaben erkennbar:
Das Anwendungsrisiko und die relevanten Anwendungsfaktoren sind für die beteiligten
Körpermaße jeweils unterschiedlich.
Die im Folgenden aufgeführten Beispiele für Konstruktionsaufgaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Adaptationen müssen ggf. vom Konstrukteur, Designer oder Normer vorgenommen werden
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Tab.
7: Ü
bers
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KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Jede der dargestellten Konstruktionsaufgaben stellt einen Teilbereich einer zumeist
komplexeren Konstruktion dar und ist je nach Aufgabe unterschiedlich zu kombinieren und
gegebenenfalls um weitere Teilbereiche zu ergänzen, die hier aufgrund der vielfältigen
Möglichkeiten nicht weiter aufgeführt werden.
Für das Konstruktionsbeispiel „Sitzarbeitsplatz“ würden sich aus den Teilbereichen, für die
ein Anwendungsrisiko bewertet werden muss, die folgenden Konstruktionsaufgaben
ergeben:
• die Körperunterstützung im Sitzen: Bestimmung der Sitzflächenhöhe;
• der vertikale Raumbedarf über der Sitzfläche;
• gegebenenfalls die Bestimmung der Armlehnenhöhe;
• die Bestimmung der Breite von Auftrittsflächen und
• der horizontale Greifraum nach vorn.
Zudem ist es natürlich erforderlich neben den genannten Körperbereichen auch Parameter
wie
• den Greifdurchmesser,
• Breitenmaße,
• die Unterstützung durch eine Rückenlehne,
• das Gesichts- und Blickfeld (Einsehbarkeit des Arbeitsfeldes und Rückblick-
möglichkeiten),
• die Ausmaße von Einstieg und Kabinenraum bzw. Arbeitsraum
• sowie die Reichweiten von Beinen und Füßen zu berücksichtigen.
Am Konstruktionsbeispiel für die Bestimmung der Sitzflächenhöhe, die sich bei der Planung
eines Arbeitsplatzes mit verstellbarer und federnder Sitzfläche ergeben würde, soll im
Folgenden ein Teilbereich der tabellarisch dargestellten Konstruktionsaufgaben beispielhaft
hervorgehoben werden. Unter Verwendung des anfangs aufgeführten allgemeingültigen
Ablaufschemas (Abb. 3) wären die in Abb. 25 dargestellten Schritte notwendig.
Im nächsten Schritt, dargestellt in Abbildung 26, wird die praktische Vorgehensweise bei der
Auswahl und Nutzung anthropometrischer Daten konkretisiert und für die Konstruktion einer
verstellbaren Sitzflächenhöhe für 18 – 65-jährige deutsche Männer und Frauen schematisch
demonstriert.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Was will ich konstruieren?
Brauche Brauche ich ich
KKöörpermarpermaßße?e? ja
-
Habe ichTabellen etc.
mit Körpermaßen?
Perzentil-werteSitzflächen-höhe
Woher bekomme ich (andere) Daten?
DIN 33204-2
Sind die Daten
geeignet?
Stimmt die Population?
Frauen, Männer, Unisex?
Sind die Daten aktuell?
Wir werden Körpermaße ermittelt?
Hat dieAnwendungEinfluss aufgemessene
Körpermaße?
Körperhaltung?
Bewegung?Welche Einflüsse gibt es?
Welchen Einfluss
hat Bekleidung?Konstruktion
DeutscheDaten 18-65 Jahre
P 5 FrauenP 95 Männer
unbekleideterKörper
bequem
für Bsp.unrelevant
Federung
ausreichend
mehrere Körpermaße?
Was kann ich ausden Tabellenablesen?
Kontaktumwelt?
für Bsp.unrelevant
Schuhwerk
Arbeitsplatz mit verstellbarer und federnder Sitzflächenhöhe für 18 -65-jährige deutsche Männer und Frauen
Haare, Frisuren?für Bsp.unrelevant
Abb. 25: Beispielhaftes Ablaufschema zur praktischen Vorgehensweise bei der Auswahl und
Nutzung anthropometrischer Daten für die Konstruktion eines Arbeitsplatzes mit verstellbarer und federnder Sitzflächenhöhe.
KAN-Studie 51: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten
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Körpermaße der Benutzergruppe Nach DIN 33402 – 2 ist für den Perzentilbereich 5-95, bei ♂ und ♀, Altersbereich 16 bis 65 Jahre, folgender Bereich für die Sitzflächenhöhe einzuplanen: 375 bis 490 mm
Bezugsebenen B1 und B2 B1: Sitzfläche
• Lage, Form und Material berücksichtigen B2: Aufstellfläche der Füße
• Lage und Schuhwerk berücksichtigen
Anpassungsfaktoren B1: z.B. Sitzflächenfederung nach unten; Zuschlag für Sitz im nicht eingesessenen Zustand: 20 mm B2: Zuschlag für schweres Schuh- werk: 35 mm
Unterschenkel mit Fuß = entspricht lt. Def. dem Maß
Höhe der Sitzfläche für die
Körperunterstützung im Sitzen
1
1 B1
B2
Notwendiger Maßbereich für eine verstellbare Sitzflächenhöhe: (nicht eingesessen) 375 + 20 + 35 bis 490 + 20 + 35 mm
Abb. 26: Konkretisierte praktische Vorgehensweise bei der Auswahl und Nutzung anthropometrischer Daten für die Konstruktion eines Arbeitsplatzes mit verstellbarer und federnder Sitzflächenhöhe.
Grundsätzlich können diese Bespiele der Vorgehensweise auf weiterer Konstruktions- und
Normungsaufgaben unter Beachtung von Besonderheiten einzelner Körpermaße und
Anwendungsrisiken übertragen werden.
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6 Glossar
Bei den Messpunkten wird neben der Definition des jeweiligen Messpunktes auch beispielhaft angegeben, in welchen Normen Maßangaben zu finden sind (Normenbezug). Akromion (Akromiale)
Definition: beschreibt den am weitesten seitlich vorragenden Punkt der Schulterhöhe des Schulterblattes, ein skelettärer Messpunkt, der bei locker hängendem Arm, am rückseitigen Oberarmansatz als Schulterfortsatz ertastet werden kann. Biakromial (↑) bezeichnet sowohl das rechte und linke Akromion.
Normenbezug: Dieser Messpunkt ist Definitionsbestandteil der biakromialen Schulterbreite (↑), mit Maßen angegeben in den Normen DIN 33402-2, DIN EN ISO 14738, DIN EN ISO 11064-3, DIN 5566-1, DIN EN ISO 15537 und DIN 33419, als der geradlinige Abstand zwischen den beiden Akromien.
Anthropometrie Untersuchung und Messung der physischen Maße und der Masse des menschlichen Körpers und seiner (äußeren) Teile
anthropometrische Daten Maße (wie z. B. Höhen-, Längen-, Tiefen-, Breiten- und Umfangsmaße) des menschlichen Körpers und seiner Teile
anthropometrische Datenbank Erfassung von einzelnen Körpermaßen (anthropomet-rische Daten) und von Hintergrundangaben (demographische Daten) einer Gruppe von Menschen (Stichprobe) in Form einer Aufzeichnung
Bevölkerungsgruppe, Population Gruppe von Menschen, die eine oder mehrere gemeinsame Eigenschaft(en) aufweisen, die ihre anthropometrischen Verteilungen beeinflussen
biakromial Die Vorsilbe bi weist auf einen paarigen Zusammenhang hin, vergleiche Akromiale (↑).
bideltoidal Die Vorsilbe bi weist auf einen paarigen Zusammenhang hin,
vergleiche Deltoidale (↑). Body-Scan bezeichnet eine indirekte dreidimensionale Messung der Körperober-
fläche Cervicale
Definition: beschreibt den am weitesten nach hinten vorspringenden Punkt der Dornfortsatzspitze des 7. Halswirbels, ein skelettärer Messpunkt, der im Nacken-
bereich die Haut zumeist deutlich hervorwölbt.
Normenbezug: Dieser Messpunkt ist Definitionsbestandteil der Cervikalhöhe sitzend (Rumpflänge), ausschließlich mit Definition angegeben in DIN EN ISO 7250 und DIN EN ISO 20685, als der vertikale Abstand von der Sitzfläche zur Dornfortsatzspitze des 7. Halswirbels.
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Deltoidale
Definition: beschreibt den am weitesten seitlich vor gewölbten Punkt, der die seitliche Kontur formenden Deltamuskeln, ein Weichteilmesspunkt, der bei locker
hängendem Arm als eine Wölbung in der seitlichen Schulterkontur erscheint. Bideltoidal (↑) bezeichnet sowohl das rechte als auch das linke Deltoidale.
Normenbezug: Dieser Messpunkt ist Definitionsbestandteil der bideltoidalen (↑) Schulterbreite, mit Maßen angegeben in DIN 33402-2, DIN EN ISO 3411, DIN EN ISO 11064-3, DIN EN ISO 15537 und DIN 33419, als geradliniger Abstand über die am stärksten hervorragenden Weichteile des rechten und des linken Deltamuskels am Oberarm.
Demographische Daten Hintergrundangaben (wie z. B. Geschlecht, Wohnsitz oder Arbeitsstätte, Tätigkeit/Beruf und Bildungsstand), die verwendet werden, um Mitglieder der Nutzer-Bevölkerung und/oder Bevölkerungsgruppen zu beschreiben
Dimensionsmaße sind Körpermaße, die sich direkt aus einem gemessenen Wert (Abstand zwischen 2 Messpunkten, Umfang eines Körperteils) ergeben.
direkte Maße sind zumeist Distanzmaße die eine tatsächliche geradlinige Entfernung
zwischen zwei Messpunkten oder die kürzeste Entfernung zwischen einem Messpunkt und der Standfläche angeben.
distal vom Körperzentrum weg, körperfern
dorsal zum Rücken hin, rückseitig
errechnete Maße sind Maße die durch Subtraktion oder Addition anderer Maße errechnet werden. Um Maße eines Probanden ergänzend zu errechnen ist eine unveränderte Körperhaltung während der Messung sehr wichtig.
fibular zur Kleinzehenseite (zur Fibular) hin
Frontalebene Körperebene die durch die Vertikal- und Transversalachse (↑) bestimmt wird
funktionelle Maße (auch Funktionsmaße) erfassen Körperteile in ihrer Funktion, während diese in Relation zur körpernahen Umwelt stehen und den damit vorgegebenen Bedingungen dieser Umwelt.
Glabella Definition: beschreibt den in der mittleren Gesichtsebene am weitesten
hervorspringenden Punkt der im unteren Teil der Stirn gelegenen Erhebung zwischen den härenen Augenbrauen, ein skelettäres Maß.
Normenbezug: Dieser Messpunkt ist Definitionsbestandteil der Kopflänge, mit Maßen angegeben in DIN 33402-2, DIN EN ISO 3411, DIN EN ISO 15537 und DIN 33419, als der geradlinige Abstand der Glabella von dem am weitesten hervortretenden Punkt des Hinterkopfes. Zudem ist der Messpunkt Definitionsbestandteil des sagittalen Kopfbogens, mit Maßen angegeben in DIN 33402-2, als der Bogen von der Glabella über den Hirnschädel bis zum Inion (↑).
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Horizontalebene Körperebene, die durch die Sagittal- und Transversalachse (↑) bestimmt wird
Inion Definition: beschreibt den am Hinterhaupt nach hinten unten hervorragenden
Fortsatz am Hinterhauptsbein, ein skelettärer Messpunkt, der bei geringem Relief des Hinterhauptsbeins, wie zumeist bei Frauen und Kindern nicht genügend ertastet werden kann.
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil des sagittalen Kopfbogens, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, als der Bogen von der Glabella (↑) über den Hirnschädel.
kaudal zum Rumpfende (eigentlich zum Schwanz) hin
kranial zum Schädel hin
lateral von der Mediansagittalen weg, seitlich
medial zur Mediansagittalen hin, mittel
Mediansagittalebene ist die mittlere Sagittalebene (↑), die den Körper in zwei spiegel-bildliche Hälften teilt
Menton oder Gnathion Definition: beschreibt den am weitesten nach unten vorragenden Punkt des Unter-
kiefers in der mittleren Ebene; ein skelettärer Messpunkt, der sich am Unterrand des Unterkiefers ertasten lässt. In der Kieferorthopädie ist der Begriff Menton üblich, in anthropometrischen Fachbüchern wird zumeist der Begriff Gnathion verwendet.
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil der morphologischen Gesichtshöhe, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, als der Abstand zwischen Nasion (↑) und Menton.
Mesosternale Definition: beschreibt einen Punkt der vorderen Brust in Höhe der vierten Rippe; ein
skelettärer Messpunkt (↑), der sich ungefähr in der Mitte des Brustbeins befindet. Bei Kindern und Männern liegt das Mesosternale zumeist geringfügig höher als die Verbindungslinie der beiden Brustwarzen.
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil der Brust(korb)tiefe, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, DIN EN ISO 3412 und DIN EN ISO 15537, als die Tiefe des Rumpfes in der mittleren Ebene in Höhe des Mesosternale.
Zudem ist der Messpunkt Definitionsbestandteil der Brust(korb)breite, ausschließlich als Definition angegeben in der DIN EN ISO 7250 und der DIN EN ISO 20685, als die Breite des Rumpfes in Höhe des Mesosternale.
Messpunkte (anthropometrisch) sind anatomisch definierte Punkte am menschlichen Körper, die der Begrenzung einer Messstrecke (↑) dienen. Man unterscheidet zwischen skelettären Messpunkten (↑), die sich aus der knöchernen Grundlage her definieren und Messpunkten, die sich aus äußeren Weichteilbildungen definieren.
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Messstrecke, Maß (anthropometrisch) ist eine gemessene Distanz zwischen zwei Mess-
punkten, die den Körperbau des Menschen beschreiben.
Metacarpale Definition: beschreibt die am weitesten seitlich hervorragenden Punkte der
körperfernen Mittelhandknochen, skelettäre Messpunkte (↑), die sich in Höhe der Fingergrundgelenke befinden. Man unterscheidet das Metacarpale radiale auf Höhe des Zeigefingergrundgelenks und das Metacarpale ulnare auf Höhe des Kleinfingergrundgelenks.
Normenbezug: Beide Messpunkte sind Definitionsbestandteil der Handbreite in Höhe der Metacarpale, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, DIN EN 547-3, DIN EN ISO 3411, DIN EN ISO 15537 und DIN 33419, als geradliniger Abstand des Metacarpale radiale vom Metacarpale ulnare auf der Höhe der Metacarpalköpfe von Zeigefinger bis Kleinfinger.
Mittelwert oder auch arithmetisches Mittel ist der Quotient aus der Summe aller Einzelbeobachtungen und der Gesamtzahl der Beobachtungen. Er gibt den durchschnittlichen Wert aller Einzelwerte für eine Variable an.
Nasion Definition: beschreibt den mittleren Schnittpunkt (die Schädelnaht) des Stirnbeins
mit dem Nasenbein, ein skelettärer Messpunkt, der sich ausschließlich ertasten lässt. Das Nasion darf nicht verwechselt werden mit dem Sellion, ein Messpunkt der den tiefsten Einzug im Bereich der Nasenwurzel beschreibt, das Sellion liegt zumeist einige mm unterhalb des Nasions.
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil der morphologischen Gesichtshöhe, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, als der Abstand zwischen Nasion und Menton (↑).
Nutzer-Bevölkerung, Nutzer-Population Bevölkerungsgruppe oder –gruppen (↑), für die eine technische Gestaltung vorgesehen ist bzw. wird, wobei jede mit einer festgelegten Anzahl von zufällig ausgewählten Einzelpersonen zur Stichprobe beiträgt
Ohr-Augen-Ebene auch Frankfurter – Horizontale genannt, eine Standardausrichtung des Kopfes oder Schädels während einer Messung. Das Tragion (↑) und der tiefste Punkt des Orbitale (↑) befinden sich in der horizontalen Ebene.
Orbitale Definition: beschreibt den tiefsten Punkt des Augenhöhlenrandes, ein knöcherner
Messpunkt, der für die Kopfstandardisierung in der Ohr-Augen-Ebene (↑) benötigt wird
Normenbezug: Der Messpunkt wird in Normen nicht für ein Maß verwendet. Ist aber Bezugspunkt für die Standardmessposition der Ohr-Augen-Ebene (↑) (Frankfurter Horizontale), die in DIN EN ISO 7250 angegeben ist.
Perzentile oder auch Quantile sind Prozentangaben. Sie gliedern die Anzahl der untersuchten Personen in Maßklassen womit sich ein bestimmter Prozentanteil dieser Personen umschließen lässt. Der Bereich
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zwischen dem 5. und 95. Perzentil umschließt beispielsweise 90 % der Bevölkerung.
Projektivische Maße beschreiben die rechtwinklige Projektion einer Strecke auf eine
definierte Ebene; das projektivische Maß bleibt hinter dem direkten Maß zurück, wenn sich die Messpunkte nicht in derselben Ebene befinden.
Proportionsmaße sind Körpermaße, die Aussagen zu dem Verhältnis von 2 Körpermaßen zueinander treffen. Die Angabe erfolgt meist in Form eines Index (z.B. Beinlänge in % der Körperhöhe)
proximal zum Körperzentrum hin, körpernah
radial zur Daumenseite (zum Radius) hin
sagittal Körperachse rechtwinklig zur Vertikalachse von vorn nach hinten
Sagittalebene Körperebene die durch die Vertikal- und Sagittalachse bestimmt wird
säkularer Trend, säkulare Akzeleration Aufgrund verbesserter Wachstumsbedingungen (bessere Ernährung, besserer Gesundheitssituation usw.) weltweit beobachteter Trend, der einerseits zu einer schnelleren Entwicklung der Kinder führt. Andererseits ändern sich die Körpermaße und Proportionen. Die Menschen werden größer (vor allem bekommen sie längere Beine und Arme). Die maximal möglichen Längenmaße werden erreicht, verstärkt wird eine Zunahme von Umfangsmaßen etc. beobachtet. Der Trend ist prinzipiell reversibel.
Skelettäre, skelettbasierte Maße Körpermaße, die sich bei der Definition der Messmethode an der Lage eines Knochenpunktes orientieren oder einen solchen einbeziehen, z.B. bei der Schulterhöhe das Akromion (↑), bei der Kopfbreite die beiden seitlich am weitesten hervortretenden Knochen- punkte oberhalb der Ohren.
Spina iliaca anterior superior Definition: beschreibt den tiefsten Punkt des vorderen oberen Darmbeinstachels, ein
skelettärer Messpunkt (↑), der in Vorderansicht bei sehr schlanken Menschen als Hauterhebung am Becken hervortritt.
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil der Spina-illiaca Höhe (Darmbeinstachelhöhe), ausschließlich mit Definition angegeben in der DIN EN ISO 7250 und DIN EN ISO 20685, als der vertikale Abstand von der Standfläche zum vorderen oberen Darmbeinpunkt.
Somatometrie bezeichnet die direkte Messung am lebenden Menschen. Standardabweichung ist ein Häufigkeitsmittel, dass die Streuung der Einzelwerte um den
Mittelwert (↑) beschreibt.
Styloid-Fortsätze des Handgelenks, Stylion radiale und Stylion ulnare Definition: beschreiben die beiden körperfernsten Punkte der Fortsätze von Radius
(Speiche) und Ulnar (Elle) am Handgelenk, das Stylion radiale liegt auf der Daumenseite, das Stylion ulnare liegt auf der Kleinfingerseite, es
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sind skelettäre Messpunkte (↑), die sich am Handgrundgelenk beidseitig als deutliche Gruben ertasten lassen.
Normenbezug: Die Messpunkte sind Definitionsbestandteil der Handlänge, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, DIN EN 547-3, DIN EN ISO 3411, DIN 5566-1, DIN EN ISO 15537 und DIN 33419, als Abstand von der Spitze des Mittelfingers zu einer Linie zwischen den Styloid-Fortsätzen des Handgelenks. Zudem sind sie Definitionsbestandteil der Handflächenlänge, mit Maßen angegeben in der DIN 33402-2, als der Abstand von einer Linie zwischen den Styloid-Fortsätzen des Handgelenks zur körpernahen Furche des Mittelfingers an der Handfläche.
tibial zur Großzehenseite (zur Tibia) hin
Tibiale Definition: beschreibt auf der Beininnenseite den am weitesten rumpfnah gelegenen
Punkt des Schienbeins, ein skelettärer Messpunkt (↑), der sich bei gebeugtem Knie am Unterrand der Kniegelenkfuge ertasten lässt.
Normenbezug: Dieser Messpunkt ist Definitionsbestandteil der Tibialhöhe (Kniege- lenkhöhe) mit Maßen angegeben in den Normen DIN 33402-2 und DIN EN ISO 15537, als der vertikale Abstand von der Standfläche zum Tibiale.
Tragion
Definition: beschreibt den Punkt am vorderen Oberrand des Ohrdeckels, an dem dieser in die Ohrbasis übergeht, ein Weichteilmesspunkt, an der tiefsten Stelle der Einziehung zwischen Ohrdeckel und Ohraußenleiste, der für die Kopfstandardisierung in der Ohr-Augen-Ebene (↑) benötigt wird.
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil des transversalen (↑) Kopf- bogens, mit Maßen in DIN 33402-2, als Bogen vom Tragion der einen Seite über den Scheitel zum Tragion der anderen Seite.
transversal Körperachse rechtwinklig zur Vertikalachse von rechts nach links
ulnar zur Kleinfingerseite (zur Ulnar) hin
ventral zum Bauch hin, bauchseitig
Vertex Definition: beschreibt den höchsten Punkt des Scheitels in der mittleren Ebene, ein
skelettärer Messpunkt (↑)
Normenbezug: Der Messpunkt ist Definitionsbestandteil der Körperhöhe, die mit Maßen angegeben ist in der DIN 33402-2, DIN EN 547-3, DIN EN ISO 14738, DIN EN ISO 11064-3, DIN 5566-1, DIN 33408-1, DIN EN ISO 15537 und DIN 33419, als der vertikale Abstand von der Standfläche bis zum höchsten Punkt des Kopfes.
vertikal Körperachse in Richtung der Körperlängsachse (bei Extremitäten longitudinal genannt)
Weichteilmaße Körpermaße, die bei der Definition der Messmethodik, z.B. Bauch-umfang, keinen Knochenpunkt einbeziehen.
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7 FAQs Im Folgenden wird eine Auswahl häufig aufgetretener Fragen zusammengestellt und beantwortet. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
• Was sind anthropometrische Körpermaße und warum treten bei der Anwendung oft Schwierigkeiten auf?
Anthropometrische Maße sind Körpermaße, die in standardisierter Körperhaltung anhand
von anatomisch streng definierten Messstrecken (↑) erhoben werden. Das heißt es werden
Körperhaltungen gemessen, die ein Mensch selten freiwillig einnimmt. Dennoch ist diese
Form der Standardisierung notwendig, um die Maße des menschlichen Körpers vergleichbar
und reproduzierbar zu machen. Jedes in einer Tabelle zu findende Einzelmaß ist nur im
komplexeren biologischen Zusammenhang gültig.
• Was mache ich, wenn ich das für meine Konstruktion nötige Maß nicht finden kann?
Publikationen anthropometrischer Daten (↑) also auch Normen, sind Maßsammlungen die
keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie geben eine Sammlung der wichtigsten
Körper- und Funktionsmaße (↑) wieder, welche die unterschiedlichsten Zielstellungen
bedienen können, jedoch mit der zunehmenden Konstruktionsvielfalt auch Zielstellungen
offen lassen.
Welche Maße braucht der Konstrukteur? Dies ist eine entscheidende Frage für eine
menschengerechte Gestaltung der körpernahen Umwelt. Deshalb kann es in Einzelfällen
notwendig sein, die Erhebung von Spezialmaßen in den Auftrag von qualifizierten
Fachkräften zu geben.
• Wofür benötige ich Sicherheitsmaße? Sicherheitsmaße sind Maße, die gewährleisten sollen, dass in einem Tätigkeitsumfeld des
Menschen (z.B. Maschinenarbeitsplatz), für Gesundheit und Sicherheit relevante Faktoren
wie Reichweiten oder Öffnungen nicht überwunden werden können. Für Sicherheitsmaße ist
es üblich, den 99. bzw. den 1. Perzentilwert des in Frage kommenden Körpermaßes zu
beachten. Dieses verlangt auch DIN EN 614-18. In manchen Normen werden hierzu die
Werte auf der Grundlage von anthropometrischen Daten noch mit einem Zuschlag versehen.
So wird z.B. in DIN EN 547–1 (Sicherheit von Maschinen – Körpermaße des Menschen –
Teil 1: Grundlagen zur Bestimmung von Abmessungen für Ganzkörper-Zugänge an
8 Aus DIN EN 614-1:2009 (Sicherheit von Maschinen - Ergonomische Gestaltungsgrundsätze - Teil 1: Begriffe und allgemeine Leitsätze): „Wenn Gesundheits- und Sicherheitsaspekte wichtig sind, sind höhere Perzentilbereiche anzuwenden. Entsprechend der Risikoeinschätzung mindestens das 1. und/oder 99. Perzentil.“
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Maschinenarbeitsplätzen) für eine horizontale Öffnung der Wert des 95. bzw. 99. Perzentiles
des Ellenbogen-Ellenbogenabstandes zuzüglich eines Sicherheitsabstandes y angegeben.
Dieses ist nur einer der Zuschläge, die zu den anthropometrischen Maßen addiert werden
müssen, um nach DIN EN 547-3 „Sicherheit und Gesundheit bei der Benutzung des
Durchgangs sicherzustellen“. Teilweise sind die Zuschläge sind nicht einfach zu addieren, da
die Bedingungen sich manchmal überschneiden.“
Sicherheitsmaße von Öffnungen, durch die nicht hindurch gegriffen oder gekrochen werden
soll, sind zumeist auf Werte von Erwachsenen ausgelegt, welche grundsätzlich von
heranwachsenden Kindern je nach Altersgruppe unterschritten werden.
• Was mache ich, wenn in Normen Maße angegeben sind, deren Herkunft mir unklar ist? Beispielsweise: Woher stammt die untersuchte Bevölkerung? Wann wurde sie gemessen?
Die Datenherkunft ist für die Verwendbarkeit der Daten sehr entscheidend, insbesondere
dann, wenn eine bestimmte Zielgruppe bei der Konstruktion berücksichtigt werden soll. Bei
Unklarheiten ist es ratsam, sich an den zuständigen nationalen oder internationalen
Normungsausschuss zu wenden. .
• Warum sollten Körpermaße möglichst aktuell sein? Aufgrund der sich ständig ändernden Lebens- und Umweltbedingungen verändern sich die
Körpermaße innerhalb einer Bevölkerung mit jeder Generation. Da man die Veränderungen
nicht vorhersagen kann, ist es notwendig, in regelmäßigen Abständen aktuelle
Körpermaßdaten zu erfassen.
• Weshalb benötige ich auch im Erwachsenenalter für verschiedene Altersgruppen unterschiedliche Daten?
Auch im Erwachsenenalter bleiben die Körpermaße keineswegs unverändert. Während die
Längenmaße der einzelnen Langknochen annähernd gleich bleiben, kann sich z.B. die
Fähigkeit zur Streckung in Gelenken zwischen zwei einzelnen Knochen zueinander
verändern, und somit verändern sich Längenmaße. Aber auch die Umfangsmaße ändern
sich im Vergleich vom jüngeren zum älteren Erwachsenenalter.
• Was ist ein Unisex Modell? Das Unisex Modell ist eine Form der Datendarstellung für Männer und Frauen. Mit anderen
Worten: alle Probanden einer untersuchten Stichprobe wurden geschlechtsunabhängig
zusammengefasst und als eine Gruppe ausgewertet. Damit repräsentieren die angegebenen
Perzentilwerte der einzelnen Körpermaße sowohl Frauen als auch Männer.
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Für Unisex Auswertungen muss berücksichtigt werden, dass sie einen vergleichsweise
engeren Maßbereich abbilden, als es bei getrenntgeschlechtlicher Darstellung der Fall wäre.
Beispielsweise würde für den Wert des 5. Perzentils (↑) einer als Unisex - Stichprobe
bewerteten Körperhöhe einen größeren Wert angeben, als der 5. Perzentilwert der gleichen
Stichprobe bei der ausschließlich die Gruppe der Frauen bewertet wurden. Beziehungsweise
der Wert des 95. Perzentils der Unisex - Stichprobe würde einen kleineren Wert angeben als
der 95. Perzentilwert der gleichen Stichprobe, bei der ausschließlich die Gruppe der Männer
bewertet wurde (vgl. Kap. 3.11 Abb. 17).
• Was sind skelettäre (skelettbasierte) Maße oder Knochenmaße? Zu den skelettären Maßen (↑) oder auch Knochenmaßen gehören die Körpermaße, die direkt
an knöchernen, dem Skelett zugehörigen Messpunkten ermittelt wurden. Knochenmaße der
so genannten Langknochen an Armen und Beinen, sowie die Knochenmaße am Schädel,
sind nach Abschluss des Wachstums annähernd unveränderliche Maße. Knochenmaße sind
dann veränderlich, wenn sie Gelenke mit einschließen, deren volle Streckfähigkeit mit
fortschreitendem Alter verloren geht.
Eine deutliche Veränderung zeigen Knochenmaße, welche die Wirbelsäule einschließen. Die
Zwischenwirbelscheiben verlieren im Alter zunehmend ihre Fähigkeit, Flüssigkeit zu
speichern und somit ihre Spannkraft. Zudem ist mit einer Zunahme der physiologischen
Wirbelsäulenkrümmung im Alter zu rechnen. Deshalb sind diese Längenmaße älterer
Menschen vergleichsweise niedriger als zur Zeit ihres jungen Erwachsenenalters.
• Warum sind Umfangsmaße so veränderlich? Umfangsmaße gehören zu den so genannten Korpulenzmaßen. Sie können sich
lebenslänglich verändern. Über die Umfangsmaße werden sowohl Muskelanteile als auch
Fettanteile am Körper gemessen. Beide Körperanteile sind durch individuelle Bewegungs-
und/ oder Ernährungsgewohnheiten innerhalb kurzer Zeiträume sehr veränderlich.
Im Durchschnitt werden Erwachsene mit fortschreitendem Alter korpulenter. Aber auch im
Vergleich zu früheren Zeiten sind die Menschen heute und sicher auch zukünftig im
Durchschnitt korpulenter.
• Was sind Körperbautypen? Trotz der großen Variabilität des Menschen lassen sich mehr oder weniger zwei
körperbauliche Grundtypen unterscheiden. In der Körperbautypologie wird zwischen den
vergleichsweise schlanken und hochwüchsigen Typen (Leptomorpher) und den
vergleichsweise rundlichen und gedrungenem Typen (Pyknomorpher) differenziert.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass beide Typen die Extreme von einer Grundvariationsreihe
bilden und zahlreiche Übergangsformen in der Bevölkerung zu finden sind.
• Was ist unter den Begriffen Sitzriese und Sitzzwerg zu verstehen? Beispielhaft beschreiben beide Begriffe die unterschiedlichen morphologischen
Ausprägungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers. Auch wenn zwei Menschen die
identische Körperhöhe haben (z.B. 1730 mm), können sich ihre Körperformen, also ihre
Körperproportionen, erheblich voneinander unterscheiden. Der Begriff Sitzriese beschreibt
eine Person mit proportional langem Rumpf und kurzen Beinen, während der Begriff
Sitzzwerg eine Person mit proportional kurzem Rumpf und langen Beinen beschreibt.
Die proportional langen Beine sind nicht bindend einer großen Körperhöhe zugeordnet.
Sitzriesen und Sitzzwerge sind für alle Perzentilgruppen zu erwarten.
• Was ist der säkulare Trend bzw. die säkulare Akzeleration? Mit dem Begriff säkulare Akzeleration bzw. säkularer Trend (↑) werden körperliche
Veränderungen erklärt, die sich im Vergleich von einer älteren Generation (früherer
Geburtsjahrgang) mit einer jüngeren Generation ergeben. Zu den körperlichen
Veränderungen zählt, neben der Zunahme der Körperdimensionen, auch die frühere
biologische Reife von Heranwachsenden. Für ergonomische Fragestellungen stehen dabei
die Unterschiede in den Längenmaßen im Vordergrund. Nach neueren Erkenntnissen ist
davon auszugehen, dass die säkulare Zunahme der Längenmaße für die zukünftigen
Generationen langsam ausklingt.
Auch die Korpulenzmaße (Umfangs- und Breitenmaße) unterliegen einer säkularen
Entwicklung. In der Generationenfolge ist hier eher mit einer Zunahme also einem positiven
säkularen Trend als mit einem Ausklingen zu rechnen.
• Was sind Mittelwert und Standardabweichung? Der Mittelwert (↑) oder auch das arithmetische Mittel beschreibt den durchschnittlichen Wert
aller in einer Stichprobe gemessenen Einzelwerte. Der Wert wird berechnet, indem man die
Summe aller Beobachtungen durch die Anzahl der Beobachtungen dividiert. Die
Standardabweichung (↑) ist ein Streuungsmaß, das beschreibt, wie die Einzelwerte einer
Stichprobe um den Mittelwert liegen. Bei einem normal verteilten Körpermaß beschreibt die
einfache Standardabweichung 68,3 % der um den Mittelwert gelegenen Werte, die
zweifache Standardabweichung beschreibt 95,5 % der Werte und die dreifache
Standardabweichung beschreibt 99,7 % der ermittelten Werte.
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Der Mittelwert und die Standardabweichung sind statistische Kenngrößen, die ausschließlich
für normal verteilte Körpermaße verwendet werden dürfen.
• Was sind Perzentile?
Perzentile (↑) sind Häufigkeitsangaben, die ein untersuchtes Körpermaß entsprechend
seiner Werte in 100 Teile gliedern. Mit anderen Worten: die Werte werden in eine geordnete
Reihe gebracht. Die Perzentile geben an, wie viel Prozent der untersuchten Probanden das
entsprechende Maß erreicht haben. So beschreibt beispielsweise das Perzentil 50, welches
dem Median entspricht, dass 50 % der Einzelbeobachtungen niedrigere oder gleich große
Werte aufweisen und 50 % der Einzelbeobachtungen höhere Werte aufweisen. Als
praxisrelevante Grenzwerte haben sich das 5., 50. und 95. Perzentil etabliert, womit 90 %
der Bevölkerungsstichprobe in diesem Maßbereich eingeschlossen sind.
Perzentile geben lediglich die prozentuale Verteilung eines Körpermaßes in einer
Bevölkerungsstichprobe an bzw. die Verteilung eines Körpermaßes in einer zufälligen
Personenauswahl einer Bevölkerung. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Perzentilwerte
eine vollständig untersuchte Bevölkerung darstellen.
• Was ist der Unterschied zwischen einem arithmetischen Mittel (Mittelwert) und einem Perzentil 50 (Median)?
Beide Werte sind statistische Mittel, die eine Stichprobe kennzeichnen. Der Mittelwert (↑) ist
der Durchschnittswert der gesamten Stichprobe. Sind die Werte normalverteilt, ist der
Mittelwert (arithmetisches Mittel) mit dem 50. Perzentilwert identisch. Weichen einzelne
Werte am Rand stark ab, beeinflussen sie den Mittelwert. Der Perzentilwert 50, der Median,
ist ein Häufigkeitsmittel, das dem 50ten Teil der Einzelbeobachtungen entspricht. Der
Perzentilwert 50 gibt an, dass 50 % der Einzelbeobachtungen niedrigere oder gleichgroße
Werte aufweisen.
Während der Mittelwert kein real existierender Wert sein muss, ist der Median der Wert eines
tatsächlich gemessenen Menschen.
• Darf man Perzentilwerte einzelner Körpermaße addieren, um ein gewünschtes Körpermaß zu errechnen?
Ausdrücklich NEIN !!! Perzentilwerte sind Häufigkeitswerte, die eine untersuchte
Personengruppe beschreiben und kein Individuum. Was im individuellen Fall durchaus
zulässig ist, führt bei der Addition von Perzentilwerten zu Ergebnissen, die das errechnete
Maß in der Dimension über- oder unterrepräsentieren. Auch die Berechnung von
Körperproportionen ist mit Perzentilwerten unzulässig.
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8 Danksagung
Wir bedanken uns bei allen Mitgliedern der projektbegleitendenden Arbeitsgruppe der KAN-
Studie 51 für die offene und konstruktive Zusammenarbeit. Herrn Dr. Gerd Küchmeister
danken wir besonders für seine Hilfe bei der Entwicklung der Konstruktionsbeispiele.
9 Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Übersicht über Publikationsquellen der in den Figurinen dargestellten Körpermaße (Abb. 7) (HdE: Handbuch der Ergonomie, AA: Anthropologischer Atlas, IAD: Internationaler anthropometrischer Datenatlas) – Perzentilwerte dieser Maße finden sich in Kapitel 4.
Tab. 2: Perzentilwerte (in mm) und die dabei zu beachtenden Spannen für ergonomische Gestaltungsziele am Beispiel von Körperhöhe und Körpersitzbreite (Daten für 18-65-Jährige aus dem Anthropologischen Atlas.- Flügel et al. 1986).
Tab. 3: Beispiel einer Norm (Auszug aus DIN EN 3411 Erdbaumaschinen- Körpermaße von Maschinenführern und Mindestfreiraum), die zu einer falschen Interpretation von Körpermaßen führen kann
Tab. 4: Perzentilwerte für die Körperhöhe (mm) von Männern aus verschiedenen Ländern bzw. geografischen Regionen (Jürgens et al. Internationaler anthropometrischer Datenatlas, 1989)
Tab. 5: Ausgewählte Längenmaße in mm von 18-59-jährigen Männern (Flügel et al. 1986). Die errechnete Körperhöhe ergibt sich hier aus der fälschlicherweise erfolgten Addition von Beinlänge und Sitzhöhe
Tab. 6: Ausgewählte gebräuchliche Körpermaße (aus DIN 33402-2) mit Warnhin-weisen für die Übertragung in die Praxis
Tab. 7: Übersicht über ausgewählte Konstruktionsaufgaben und zu beachtende Anwendungsrisiken
10 Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Sind Sie zu groß oder zu klein…(Karikatur)
Abb. 2: Übersicht über wesentliche Fragen, die sich bei der Anwendung anthropo- metrischer Daten ergeben und in diesem Leitfaden beantwortet werden
Abb. 3: Ablaufschema zur praktischen Vorgehensweise bei der Auswahl und Nutzung anthropometrischer Daten für die Gestaltung der technischen Umwelt (mit entsprechenden Kapitelverweisen)
Abb. 4: Ausgewählte „frequently asked questions“ bei der Anwendung anthropometrischer Daten
Abb. 5: Übersicht über ausgewählte Besonderheiten, die bei der Anwendung anthropometrischer Daten beachtet werden müssen
Abb. 6: Übersicht über Datenquellen für Körpermaße
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Abb. 7: Figurinen mit einer Auswahl der gebräuchlichsten ergonomischen Körpermaße
Abb. 8: Beispiel für eine Körpermaßtabelle (hier Körperhöhe für Männer) aus dem
Handbuch der Ergonomie (HdE) Abb. 9: Beispiel für eine Körpermaßtabelle (hier Körperhöhe im Sitzen für Männer und
Frauen) aus dem Anthropologischen Atlas (aus Flügel et al. 1986) Abb. 10: Beispiel für eine Körpermaßtabelle (hier mehrere Körpermaße für Männer und
Frauen Mitteleuropas) aus dem Internationalen anthropologischen Datenatlas (aus Jürgens et al. 1989)
Abb. 11: Messmethoden zur Ermittlung von Körpermaßen Abb. 12: Prinzip der Perzentilbildung am Beispiel der Körperhöhe Abb. 13: Prozentuale Häufigkeit von Körpermaßen bei (a) Gaußscher Normalverteilung
und bei (b) Nichtnormalverteilung Abb. 14: Proportionsverhältnis der Rumpflänge und Beinlänge von Sitzriesen und
Sitzzwergen.
Abb. 15: Beispiel für eine Addition von Körpermaßen, die beim Einzelnen erlaubt ist, aber nicht mit Perzentilwerten durchgeführt werden darf
Abb. 16: Veränderung der Sitzhöhe und der Beinlänge in % der Körperhöhe im Vergleich von 20-29 - und 50 -84 - jährigen Frauen (Daten aus Greil et al. 2008)
Abb. 17: Perzentilverteilung beim Unisexmodell und getrenntgeschlechtlicher Betracht-
ung am Beispiel der Körperhöhe
Abb. 18: Zunahme der mittleren Körperhöhe deutscher Männer und Frauen zwischen 1923 und 2008 (kombiniert aus Daten von Jaeger (1998), Greil et al. 2008)) – deutlich wird die Verlangsamung des säkularen Trends bei der Körperhöhe
Abb. 19: Zunahme der bideltoidalen (größten) Schulterbreite deutscher zwischen 1988
und 2008 (kombiniert aus Daten von Flügel et al. (1986) und Greil et al. (2008)) – deutlich wird die Zunahme besonders im Bereich der 95. Perzentile
Abb. 20: Die wichtigsten Einflussfaktoren auf ein in definierter Standardposition
ermitteltes Körpermaß Abb. 21: Beispiel für Veränderung des Raumbedarfs bei einer Bewegung Abb. 22: Schematische Darstellung der Veränderung (hier Verringerung der Armlänge)
von Körpermaßen des Armes in Abhängigkeit von der Bewegung Abb. 23: Einfluss von einzelnen Maßen auf die Addition von Körpermaßen am Beispiel
von Maßen am Arm Abb. 24 (identisch mit Abb. 7): Figurinen mit einer Auswahl der gebräuchlichsten
ergonomischen Körpermaße
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Abb. 25: Beispielhaftes Ablaufschema zur praktischen Vorgehensweise bei der Auswahl und Nutzung anthropometrischer Daten für die Konstruktion eines Arbeitsplatzes mit verstellbarer und federnder Sitzflächenhöhe
Abb. 26: konkretisierte praktische Vorgehensweise bei der Auswahl und Nutzung anthropometrischer Daten für die Konstruktion eines Arbeitsplatzes mit verstellbarer und federnder Sitzflächenhöhe
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DIN SPEC 33402-5: 2010 Ergonomie – Körpermaße des Menschen – Untersuchung der Verfahren zur Hochrechnung und Abschätzung von Körpermaßdaten