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Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt Studienunterlagen Geotechnik Seite XII-1 XII Stützsysteme 01.09.2014 XII Stützsysteme Stützsysteme dienen dazu, Kräfte aus Erddruck bzw. Wasserdruck, die auf Stützbauwerke wirken, abzuleiten und die Verformungen zu begrenzen. Es wird unterschieden zwischen (Innen-)Aussteifungen, die die Belastungen auf den Verbau über Druckkräfte ableiten, und (Rück-)Verankerungen, die die Belastungen über Zugkräfte in Zuggliedern in den Baugrund rückverhängen. Rückverankerungen werden z.B. mit Hilfe von Verpressankern oder Ankerwänden realisiert. 1 Innenaussteifungen Innenaussteifungen bestehen in der Regel aus Steifen, Gurtungen und Knickverbänden. Die Steifen sind in der Regel hochbelastete, vergleichsweise schlanke Druckstreben, die knickgefährdet sind. Deshalb sind bei Steifen entsprechend den statischen Stabilitätsnachweisen (Knicksicherheitsnachweis) gegebenenfalls Queraussteifungen (Knickverbände) zur Verkürzung der Knicklänge anzuordnen. Die aus der Sonneneinstrahlung resultierenden Druckkräfte, die nach Messungen die gleiche Größenordnung wie die Kräfte infolge der Erd- und Wasserlasten erreichen können, müssen bei der Steifenbemessung und beim Knicksicherheitsnachweis zwingend berücksichtigt werden. Die Innenaussteifungen bestehen in der Regel aus Stahlsteifen, z.B. Rundprofile. Weiterhin werden auch Beton- oder Holzsteifen eingesetzt. Der Nachteil von Innenaussteifungen liegt in der Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit der Maschinen und des Personals (siehe Abb. XII-1). Abb. XII-1 Innenaussteifungen

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XII Stützsysteme 01.09.2014

XII Stützsysteme

Stützsysteme dienen dazu, Kräfte aus Erddruck bzw. Wasserdruck, die auf Stützbauwerke

wirken, abzuleiten und die Verformungen zu begrenzen. Es wird unterschieden zwischen

(Innen-)Aussteifungen, die die Belastungen auf den Verbau über Druckkräfte ableiten, und

(Rück-)Verankerungen, die die Belastungen über Zugkräfte in Zuggliedern in den

Baugrund rückverhängen. Rückverankerungen werden z.B. mit Hilfe von Verpressankern

oder Ankerwänden realisiert.

1 Innenaussteifungen

Innenaussteifungen bestehen in der Regel aus Steifen, Gurtungen und Knickverbänden.

Die Steifen sind in der Regel hochbelastete, vergleichsweise schlanke Druckstreben, die

knickgefährdet sind. Deshalb sind bei Steifen entsprechend den statischen

Stabilitätsnachweisen (Knicksicherheitsnachweis) gegebenenfalls Queraussteifungen

(Knickverbände) zur Verkürzung der Knicklänge anzuordnen. Die aus der

Sonneneinstrahlung resultierenden Druckkräfte, die nach Messungen die gleiche

Größenordnung wie die Kräfte infolge der Erd- und Wasserlasten erreichen können,

müssen bei der Steifenbemessung und beim Knicksicherheitsnachweis zwingend

berücksichtigt werden.

Die Innenaussteifungen bestehen in der Regel aus Stahlsteifen, z.B. Rundprofile.

Weiterhin werden auch Beton- oder Holzsteifen eingesetzt. Der Nachteil von

Innenaussteifungen liegt in der Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit der Maschinen

und des Personals (siehe Abb. XII-1).

Abb. XII-1 Innenaussteifungen

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2 Verpressanker

Die Bemessung von Verpressankern wird im Rahmen des EC 7-1, Abschnitt 8 geregelt.

Diese verweist bezüglich der durchzuführenden Untersuchungen und der Ausführung der

Verpressanker auf die DIN EN 1537 (2001).

2.1 Einsatz und Herstellung von Verpressankern

Verpressanker finden nicht nur bei der Sicherung von Baugruben Verwendung, sondern

auch bei Hangsicherungen und sonstigen Aufgabenstellungen, bei denen Zugkräfte im

Baugrund verankert werden müssen (z.B. Dachkonstruktion Olympiastadion München).

Abb. XII-2 Einsatzmöglichkeiten für Verpressanker

Für Baugruben werden Kurzzeitanker verwendet, die nicht länger als 2 Jahre beansprucht

werden dürfen. Für Hangsicherungsmaßnahmen und die sonstigen Langzeitsicherungen

werden Daueranker eingesetzt, die über einen besonderen Korrosionsschutz verfügen

müssen und – je nach Konstruktionsart – regelmäßig durch Zugversuche (sog.

Abhebeversuche) bezüglicher ihrer Dauer-Tragfähigkeit überprüft werden müssen.

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Die Herstellung eines Verpressankers erfolgt in folgenden Arbeitsschritten:

2. Einführen des Ankerzugglie-des und Auffüllen des Bohr-lochs mit Zementleim undSpülen der freien Anker-länge

1. Herstellen des Bohrlochesdurch Schlagbohren,Drehbohren, Spülbohrenoder Schneckenbohren

3. Ziehen des Bohrgestängesmit Primärverpressung

4. Nachverpressen des Ankers

5. Prüfen und Festlegen desAnkers auf die gewünschteVorspannlast nach Aus-härten des Verpressguts

6. Fertiger Anker

Abb. XII-3 Herstellung von Verpressankern

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Abb. XII-4 Ausbildung Ankerkopf

1 Verankerungspunkt an der Spannpresse 5 Bauteilwährend des Spannens 6 Boden/Fels

2 Verankerungspunkt am Ankerkopf im 7 BohrlochGebrauchszustand 8 Hüllrohr

3 Auflagerplatte 9 Zugglied4 Auflager 10 Verpresskörper

Ltf freie Stahllänge Ltb Verankerungslänge des ZuggliedsLfree freie Ankerlänge Lfixed KrafteintragungslängeLe Länge des Zugglieds, gemessen von der Verankerung des Zugglieds im Ankerkopf bis

zum Verankerungspunkt in der Spannpresse

1

2

34

5

6 78

9

10

Ltb

Lfixed

Lfree

Ltf

Le

Abb. XII-5 Bezeichnung der geometrischen Größen eines Verpressankers nach

DIN EN 1537

Auflager Auflagerplatter

Klemmkeile Kugelkalotte

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2.2 Einwirkungen, Beanspruchungen und Widerstände

Die charakteristischen Beanspruchungen von Verpressankern ergeben sich als

charakteristische Schnittgrößen aus den gegebenen Einwirkungen. Sie werden als

charakteristische Ankerbeanspruchung P für den Anker bezeichnet. Die Umrechnungen in

die Bemessungswerte Pd erfolgt mit den Teilsicherheitsbeiwerten nach Tab. A-1.

Hinsichtlich der charakteristischen Widerstände wird zwischen dem Herausziehwiderstand

Ra und dem Widerstand des Stahlzugglieds Rt unterschieden.

Herausziehwiderstand Ra

Der charakteristische Herausziehwiderstand Ra ergibt sich aus dem Widerstand des

Verpresskörpers bei der Übertragung der Zugkraft in den Boden. Er entspricht derjenigen

Kraft, bei der die Verschiebung des Verpresskörpers beim Ankerzugversuch im Rahmen

der Eignungs- bzw. Abnahmeprüfung nicht mehr abklingt, und nach einer gewissen Zeit

der Bruch zwischen Verpresskörper und Baugrund eintritt. Er wird anhand mindestens

dreier Eignungsprüfungen nach dem Prüfverfahren 1 nach DIN EN 1537 (2001) ermittelt

(siehe 2.3). Den Bemessungswert Ra,d im Grenzzustand GEO-2 erhält man mit Hilfe der

Teilsicherheitsbeiwerte nach Tab. A-3:

aa,d

a

RR

(Gl. XII-1)

mit: Ra,d Bemessungswert des Herausziehwiderstands [kN]

Ra charakteristischer Wert des Herausziehwiderstands (aus

Ankerzugversuch) [kN]

a Teilsicherheitsbeiwert nach Tab. A-3

Widerstand des Stahlzugglieds Rt:

Der charakteristische Widerstand des Stahlzugglieds Rt ergibt sich aus folgenden

Gleichungen:

t t t ,0.1R A f bzw. t t t ,0.2R A f (Gl. XII-2)

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mit: At Querschnittsfläche des Stahlzugglieds [m²]

ft,0.1 charakteristischer Wert der Spannung des Stahlzugglieds bei .

0,1 % bleibender Dehnung [kN/m²]

ft,0.2 Streckgrenze bzw. charakteristischer Wert der Spannung des

Stahlzugglieds bei .0,2 % bleibender Dehnung [kN/m²]

Der charakteristische Widerstand der Ankerkopfkonstruktion muss mindestens so groß

sein wie der Widerstand Rt des Stahlzugglieds bei der charakteristischen Zugfestigkeit des

Stahls. Den Bemessungswert des Zuggliedwiderstands erhält man über die Division mit

dem entsprechenden Teilsicherheitsbeiwert:

tt ,d

M

RR

(Gl. XII-3)

mit: Rt,d Bemessungswert des Stahlzugglieds [kN]

Rt charakteristischer Wert des Stahlzugglieds [kN]

(aus Gl. XII-2)

M Teilsicherheitsbeiwert nach Anhang A (Seite A-14)

2.3 Ankerprüfungen

Im Folgenden werden die Ankerprüfungen für Verpressanker entsprechend den europaweit

harmonisierten technischen Regelwerken, hier nach DIN EN 1537 (2001), vorgestellt. Es

wird zwischen folgenden Ankerprüfungen unterschieden:

Untersuchungsprüfung

Eignungsprüfung

Abnahmeprüfung

In DIN EN 1537 sind drei Prüfverfahren beschrieben. Bei der Ermittlung des

Herausziehwiderstands und der Abnahmeprüfung ist nach dem EC 7-1 das im Folgenden

beschriebene „Prüfverfahren 1“ zu verwenden.

Während der Ankerprüfung wird der Anker in aufeinander folgenden Spannzyklen von der

Vorbelastung P0 aus auf die maximale Versuchskraft Pp gespannt. Für jeden Spannzyklus

wird bei der maximalen Spannkraft die Verschiebung des Ankerkopfes über die

Beobachtungszeit aufgezeichnet.

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Verschiebung

Ankerkraft

Prüfkraft PP

Vorbelastung Pa

Abb. XII-6 Ankerkraftaufbringung bei Prüfverfahren 1 nach DIN EN 1537

Untersuchungsprüfung

Die Untersuchungsprüfung ist eine grundsätzliche Belastungsprüfung, mit der festgestellt

wird, ob z.B. die prinzipielle Eignung neuer Ankertypen gegeben ist. Untersuchungs-

prüfungen sollten überall dort durchgeführt werden, wo Anker in Baugrundverhältnissen

eingesetzt werden, für die bisher noch keine Untersuchungsprüfungen vorgenommen

wurden oder wo höhere Gebrauchslasten als bisher in vergleichbaren

Baugrundverhältnissen verlangt werden.

Bei Verpressankern sind Untersuchungsprüfungen in der Regel nicht erforderlich, da das

Tragverhalten durch Eignungs- und Abnahmeprüfungen nachzuweisen ist. Bei

Verpressankern, die als Daueranker zum Einsatz kommen, ist eine allgemeine

bauaufsichtliche Zulassung erforderlich.

Eignungsprüfung

Im Rahmen der Eignungsprüfung wird der charakteristische Herausziehwiderstand Ra

bestimmt und die rechnerische freie Stahllänge Lapp ermittelt. Weiterhin dient die

Eignungsgprüfung der Überprüfung der prinzipiellen Verwendbarkeit des projektierten

Ankersystems für die vorliegenden Baugrundverhältnisse, falls im Rahmen des

Bauvorhabens keine Untersuchungsprüfung durchgeführt wurde.

Bestimmung des Herausziehwiderstands anhand der Eignungsprüfung:

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Um den Herausziehwiderstand zu bestimmen, sind im Rahmen der Eignungsprüfung auf

jeder Baustelle mindestens drei Einzelprüfungen an Ankern durchzuführen, die unter den

gleichen Ausführungsbedingungen wie die Bauwerksanker hergestellt werden. Die in der

Eignungsprüfung angesetzte Prüfkraft Pp wird aus dem Bemessungswert der

Ankerbeanspruchung Pd ermittelt:

p a dP P (Gl. XII-4)

Die Stahlzugglieder aller Anker müssen für die Prüfkraft Pp bemessen werden. Die in der

Eignungsprüfung angesetzte Prüfkraft Pp darf folgende Werte nicht überschreiten:

p t tP 0,80 A f (Gl. XII-5a)

p t t ,0.1P 0,95 A f bzw. p t t ,0.2P 0,95 A f (Gl. XII-5b)

mit: At Querschnittsfläche des Stahlzugglieds [m²]

ft,k charakteristischer Wert der Zugfestigkeit des Stahlzugglieds

[kN/m²]

ft,0.1 charakteristischer Wert der Spannung des Stahlzugglieds bei .

0,1 % bleibender Dehnung [kN/m²]

ft,0.2 Streckgrenze bzw. charakteristischer Wert der Spannung des

Stahlzugglieds bei .0,2 % bleibender Dehnung [kN/m²]

Der kleinere Wert ist maßgebend.

Der Herausziehwiderstand ist als diejenige Kraft definiert, die im Einzelversuch ein

Kriechmaß von ks = 2 mm verursacht. Wird das Kriechmaß von 2 mm bei der Prüfkraft Pp

nicht erreicht, gilt die Prüfkraft Pp als Herausziehwiderstand für diesen Einzelversuch. Das

Kriechmaß ks ist definiert als Quotient aus der Zunahme der Ankerkopfverschiebung pro

logarithmischem Zeitintervall, der aus dem geradlinigen Ast der logarithmisch skalierten

Zeit-Ankerkopfverschiebungslinie bestimmt wird (siehe auch Abb. XII-7)

a

b

abs

t

tlog

ssk (Gl. XII-6)

und ist für jede Kraftstufe (siehe Tabelle XII-1) zu bestimmen.

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Zeit (log.)

Ankerkopfverschiebung [mm]

tbta

sa

sb

P = 0,5 Pn d

P = 0,75 Pn+1 d

Abb. XII-7 Bestimmung des Kriechmaßes für eine Belastungsstufe

Zyklus 1 2 3 4 5 6

Kraftstufe

in % Pp

25 40 55 70 85 100

Tab. XII-1 Kraftstufen und Spannzyklen für Untersuchungs- und Eignungsprüfungen von

Ankern nach Prüfverfahren 1

Für die Erfassung der Kriechverformungen ist für jede Kraftstufe eine Mindest-

beobachtungszeit von 15 Minuten vorgeschrieben.

Trägt man die ermittelten Kriechmaße über den zugehörigen Kraftstufen Pp auf, erhält man

eine Reihe von Punktepaaren. Mit Hilfe einer Ausgleichskurve kann dann der

charakteristische Herausziehwiderstand Ra abgelesen werden (siehe Abb.XII-8).

Der charakteristische Herauswiderstand Ra ist die kleinste der Herausziehwiderstände der

drei im Rahmen der Eignungsprüfung durchgeführten Einzelversuche.

Betragen die Achsabstände zwischen den Verpresskörpern bei charakteristischen

Ankerbeanspruchungen P größer 700 kN weniger als 1,5 m, ist eine Ankergruppenprüfung

durchzuführen. Hierbei ist die Eignungsprüfung an drei benachbarten Ankern auszuführen,

wobei die drei Anker gleichzeitig zu belasten sind.

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Kraftstufein % PP

Kriechmaß k

[mm]s

1

2

Ra

25 40 55 75 85 100

Abb. XII-8 Kriechmaß als Funktion der Laststufe P

Prüfung der rechnerischen freien Stahllänge:

Bei Verpressankern muss überprüft werden, ob die planmäßige Verpressstrecke

eingehalten ist. Bei einer zu langen Verpressstrecke gerät die Krafteinleitung zu nahe an

die Wand, so dass bezüglich der Standsicherheit in der Tiefen Gleitfuge (siehe Kap. 4)

kein ausreichend großer Bodenkorpus mobilisiert werden kann. Ist die Verpressstrecke zu

kurz, kann kein ausreichender Verbund zwischen Verpresskörper und Baugrund erreicht

werden, so dass der Herausziehwiderstand zu klein ist.

planmäßige Verpresstrecke eingehalten Verpresstrecke zu lang

Gleitfläche Gleitfläche

Abb. XII-9 Prüfung der rechnerischen freien Stahllänge

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Die Ankerkopfverschiebung in Längsrichtung für eine Kraft P beträgt unter Verwendung

des eindimensionalen HOOKE’schen Gesetzes:

LEA

PL

Es

(Gl. XII-7)

Die rechnerische freie Stahllänge Lapp kann demnach mit den Begriffen nach DIN EN 1537

(2001) aus folgender Beziehung ermittelt werden:

P

sEAL tt

app

(Gl. XII-8)

mit: At: Querschnitt des Stahlzugglieds [m²]

Et: E-Modul des Stahlzugglieds [kN/m²]

s: elastische Dehnung des Stahlzugglieds am Ankerkopf [m]

P: Kraftdifferenz zwischen Prüfkraft und Vorbelastung des Ankers

Die rechnerische freie Stahllänge muss nach DIN EN 1537 (2001) zwischen folgenden

Grenzen liegen (Längen siehe Abb. XII-5):

obere Grenze: tbetfapp L5,0LLL

etfapp LL1,1L

untere Grenze: etfapp LL8,0L

Abnahmeprüfung:

Jeder Bauwerksanker muss einer Abnahmeprüfung unterzogen werden. Die

Abnahmeprüfung hat folgende Ziele:

Nachweis, dass die Prüfkraft vom Anker aufgenommen werden kann.

Bestimmung der rechnerischen freien Stahllänge.

Sicherstellung, dass die Festlegekraft abzüglich der Reibung die geplante

Größe besitzt.

Bestimmung des Kriech- oder Kraftabfallmaßes im Grenzzustand der

Gebrauchstauglichkeit.

jeweils die größere Länge ist maßgebend

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Die Prüfkraft Pp berechnet sich bei Dauerankern und Kurzzeitankern analog zu der Eignungsprüfung.

Die Prüfkraft Pp soll nach dem Prüfverfahren 1 nach DIN EN 1537 in mindestens drei

Stufen mit gleich großer Kraftzunahme erreicht werden. Der Anker soll danach auf die

Vorbelastung Pa entspannt und anschließend auf die Festlegekraft P0 gespannt und

festgelegt werden. Als Grenzwert für das Kriechmaß wird ks = 0,8 mm angesetzt, nach

vorherigen Untersuchungsprüfungen können auch höhere Kriechmaße akzeptiert werden.

Die Festlegekraft P0 ist die Kraft, auf die der Anker am Ende der Ankerprüfung

angespannt wird. Sie darf den charakteristischen Wert der Ankerbelastung nicht

überschreiten.

2.4 Entwurfsregeln für Verpressanker

Die Anordnung der Anker wird im Allgemeinen unter Berücksichtigung der geometrischen

Randbedingungen wie Trägerabstand, Breite von Schlitzwandelementen und der

Optimierung der Ankerkräfte und Schnittgrößen der Verbauwände gewählt. Weiterhin sind

Tragkraft und Verschiebung jedes einzelnen Ankers sowie die Beeinflussung der

Nachbarbebauung von der Positionierung der Verpresskörper abhängig. Für den Entwurf

sollte folgendes beachtet werden:

Die freie Ankerlänge muss mindestens 5 m betragen, um sicherzustellen, dass

die Vorspannkraft planmäßig in den Baugrund und nicht durch Kraftkurz-

schluss vom Boden aus in die Wand oder das Widerlager eingeleitet wird

(siehe Abb. XII-10 a)

Der Verpresskörper muss in ein und derselben Bodenschicht liegen (siehe

Abb. XII-10 b) und c)).

Die Ankerneigung sollte wegen der Herstellung mindestens 10° gegenüber

der Horizontalen betragen.

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Abb. XII-10 Anordnung der Verpresskörper an Schichtgrenzen

Die Ankerbohrungen sollten vor baulichen Anlagen einen planmäßigen

Abstand von mindestens 2 m haben. Der Mindestabstand zwischen dem

Verpresskörper und baulichen Anlagen sollte 4 m nicht unterschreiten.

Durch konstruktive Maßnahmen muss sichergestellt werden, dass der Ausfall

eines Verpressankers nicht zum Versagen des durch die Anker gesicherten

Bauwerks oder Bauteils führt. Dieser Nachweis ist bei gurtlosem Verbau nur

in den seltensten Fällen mit Hilfe theoretischer Untersuchungen möglich.

Daher ist in der Abnahmeprüfung zur Erhöhung des Sicherheitsniveaus die

Prüfkraft Pp 10 % größer als der Bemessungswert der Beanspruchung.

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3 Rückverankerung mit Ankerplatten und Ankerwänden

Die Rückverankerung mit Hilfe von Ankerplatten und Ankerwänden wird bei hinterfüllten

Stützkonstruktionen, z.B. im Hafenbau, eingesetzt. Für Ankerplatten und Ankerwände ist

der Nachweis gegen Aufbruch des Verankerungsbodens zu führen.

Beim Aufbruch des Verankerungsbodens, d.h. des Bodenbereichs vor der Ankerwand,

wird ein Erdwiderstandskörper von der Ankerwand herausgedrückt. Hierbei wird vor der

Wand Erdwiderstand mobilisiert, hinter der Ankerwand fällt der Erddruck auf den aktiven

Erddruck ab. Nach EAB (4. Auflage, 2006), EB 43 ist für die Ermittlung des

Erdwiderstands der Wandreibungswinkel mit p = 0 anzusetzen, sofern auf die Wand als

Vertikallast nur ihr Eigengewicht wirkt. Ist die Ankerwand überdeckt, dürfen die

Erddrücke näherungsweise wie bei einer bis zur Geländeoberfläche reichenden Wand

ermittelt werden.

vorh Ah

h

Aktiver GleitkeilPassiver Gleitkeil

Abb. XII-11 Aufbruch des Verankerungsbodens

Bei Ankerplatten ist nach den Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben (EAB) der

Erdwiderstand mit dem Faktor = 0,80 abzumindern.

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4 Nachweis der Standsicherheit in der Tiefen Gleitfuge:

Die Standsicherheit des Gesamtsystems aus Anker und Boden wird über den Nachweis der

Standsicherheit in der Tiefen Gleitfuge im Grenzzustand GEO-2 nachgewiesen. Der

Nachweis wurde ursprünglich bei der Rückverankerung mit Hilfe von Ankerplatten

geführt und später auf Rückverankerungen mit Verpressankern übertragen. Dabei wird

angenommen, dass sich von einem tief liegenden Punkt an der Verbauwand bis zur

Unterkante der Ankerplatte bzw. bis zur Mitte der Krafteinleitungsstrecke am

Verpresskörper eine Gleitfläche einstellt. Die in natura gekrümmte Gleitlinie wird im

Nachweis durch eine gerade Gleitlinie approximiert.

Abb. XII-12 Versagen in der Tiefen Gleitfuge

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Der Fußpunkt F des Gleitkörpers ist entweder

a) der Wand- bzw. Träger-Fußpunkt bei frei aufgelagerten Wänden,

b) der Querkraftnullpunkt bei Ansatz einer Fußeinspannung (= Drehpunkt der

Wand),

c) bei konstruktiv tiefer als statisch erforderlich geführten Wänden ein Punkt

nach a) oder b), je nachdem, welche Fußauflagerung für die

Schnittkraftermittlung rechnerisch angesetzt wurde, oder

d) bei Verzicht auf den Ansatz eines Erdauflagers ein Punkt in der Tiefe, in der

Erdwiderstand und unterhalb der Baugrubensohle angreifender aktiver

Erddruck im Gleichgewicht sind (Eph = Eah).

Nachweis der Standsicherheit in der Tiefen Gleitfuge nach KRANZ:

Beim Verfahren nach KRANZ wird davon ausgegangen, dass die Verbauwand um ihren

Fußpunkt kippt und sich eine „tiefe Gleitfuge“ zwischen dem Fußpunkt der Wand und der

Verankerung ausbildet. Bei Ankerwänden und –platten wird der Gleitkörper von diesen

begrenzt, bei Verpressankern wird eine vertikale Ersatzwand von der Mitte des

Verpresskörpers aus angenommen, auf die aktiver Erddruck wirkt, da sich über dem

Verpresskörper eine Zone des aktiven Grenzzustandes einstellt. Durch eine

Gleichgewichtsbetrachtung kann die nach Betrag unbekannte Ankerkraft ermittelt werden.

Dieses Verfahren ist bei Ankerwänden sowie bei nicht vorgespannten und unter dem

Ansatz des aktiven Erddrucks vorgespannten Ankern anzuwenden. Bei stark

vorgespannten Ankern, die auf erhöhten Erddruck bemessene Verbauwände

rückverankern, soll nach der EAB das in Kapitel 4.2 vorgestellte Verfahren eingesetzt

werden.

Der Erddruck Ea1 auf die Ersatzwand bei Verpressankern wird böschungsparallel

angesetzt, bei Ankerwänden dagegen unter dem Reibungswinkel p, wofür in der Regel

p = 2/3’k angenommen wird. Bei Rückverankerungen mit Ankerplatten ist der Erddruck

Ea1 auf eine Ersatzankerwand projiziert, die sich unter Zuhilfenahme eines angenommenen

Abstrahlwinkels von 45° einstellt (siehe Abb. XII-16). Hierbei ist der Wandreibungswinkel

mit a = 0 anzusetzen.

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Gleitfläche

h

H

45°

b

b

a

Ankerplatte

Ersatzankerwand

Abb. XII-13 Projektion des Erddrucks auf eine Ersatzankerwand bei Ankerplatten

An dem hinter der Wand freigeschnittenen Bodenkörper werden folgende Kräfte

angetragen:

Krafteck

Schnitt-führung

Kräfte-ansatz

RAEa1

C

Ea2

Q

Q

Ea2

RA

Ea1

C

G + V

G + V

Abb. XII-14 Nachweisführung in der Tiefen Gleitfuge beim Ansatz des aktiven Erddrucks

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XII Stützsysteme 01.09.2014

Der Nachweis lautet

d,Ad RA (Gl. XII-10)

mit: Ad Bemessungswert der vorhandenen Ankerbeanspruchung [kN/m]

RA,d Bemessungswert der möglichen Ankerbeanspruchung [kN/m]

Der Bemessungswert der vorhandenen Ankerbeanspruchung ergibt sich aus der

Wandstatik:

d G G Q QA A A (Gl. XII-11)

Der Bemessungswert der möglichen Beanspruchung ergibt sich aus dem Ansatz:

AA,d

R,e

RR

(Gl. XII-12)

mit: RA,d Bemessungswert der möglichen Ankerbeanspruchung [kN/m]

RA charakteristischer Wert der möglichen Ankerbeanspruchung

[kN/m]

R,e Teilsicherheitsbeiwert für Erdwiderstand

Geschichteter Baugrund:

Bei geschichtetem Boden ist der gesamte Gleitkörper aufgrund der unterschiedlichen

Scherparameter in mehrere einzelne Gleitkörper zu unterteilen. Zwischen den einzelnen

Gleitkörpern wirken Erddrücke, die horizontal angesetzt werden. Die Beträge der

Erddrücke sind zwar von vorne herein unbekannt, aus der Forderung des

Kräftegleichgewichts lassen sich die Erddrücke mit Hilfe des Kraftecks bestimmen.

Beispiel:

Für eine Rückverankerung in einem zweifach geschichteten Baugrund ist der Nachweis der

Tiefen Gleitfuge zu führen. Hierzu wird der gesamte Gleitkörper in zwei kleinere

Einheiten unterteilt. Am ersten Körper fällt die Ankerkraft heraus, da sie an beiden Seiten

angreift. Als einzige Unbekannte bleibt der Betrag des Erddrucks zwischen den beiden

Körpern E12, der mit Hilfe des Kraftecks bestimmt werden kann und am zweiten Krafteck

angesetzt wird. Mit Hilfe dieses zweiten Kraftecks kann schließlich der charakteristische

Wert der zulässigen Ankerkraft ermittelt werden.

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Ea2

RA

Q1

Q2

Q2

Q1

Ea2

E12

Ea1

Ea1

E12

Schicht 1

Schicht 2

RA

C2

C2

G + V1 1

G + V2 2

G + V1 1

G + V2 2

Abb. XII-15 Berücksichtigung mehrerer Bodenschichten

Mehrfachverankerungen:

Bei mehreren Ankern müssen verschiedene kinematische Ketten untersucht werden.

Wichtig ist, dass in die Betrachtung mit Hilfe des Krafteckes nur diejenigen Anker

einfließen, die lediglich einmal geschnitten werden. Alle Anker werden durch den Schnitt

zwischen Boden und Verbauwand bereits einmal geschnitten, so dass ein weiterer Schnitt

vor dem Verpresskörper die Ankerkraft aus der Betrachtung fallen lässt.

Fall 1: Der obere Anker ist kürzer als der untere

Für diesen Fall sind zwei Nachweise zu führen.

Gleitkörper 1

Gleitkörper 2

Abb. XII-16 Mehrfachverankerung: Fall 1

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Nachweis 1: Gleitkörper 1 ist geometrisch durch den Fußpunkt und der Mitte des

Verpresskörpers der oberen Rückverankerung definiert. Hierbei wird der

untere Anker zweimal geschnitten, so dass er aus der Betrachtung fällt. Mit

diesem Nachweis kann der charakteristische Wert der zulässigen

Ankerbeanspruchung der oberen Rückverankerung ermittelt werden.

G + V Ea1

Ea2

Q

�’

Ra1

Ra2

G + V

Ea2

Ea1

C

C

Ra1

Ra2

Q

Abb. XII-17 Mehrfachverankerung: Fall 1, Gleitkörper 1

Nachweis 2: Die zweite Untersuchung betrifft Gleitkörper 2, der durch den unteren

Anker gebildet wird. Das Krafteck liefert die Summe der charakteristischen

Werte der zulässigen Ankerkräfte.

G + V

Ea1

Ea2

Q

�’

Ra1

Ra2

G + V

Ea2

Ea1

C

�RA

C

Q

Abb. XII-18 Mehrfachverankerung: Fall 1, Gleitkörper 2

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Fall 2: Der obere Anker ist länger als der untere, liegt aber noch im aktiven Gleitkeil

Die Nachweise, die hier zu führen sind, sind identisch zu denjenigen des ersten Falles. Der

obere Anker wird zwar zweimal geschnitten, das Zentrum der Verpressstrecke liegt aber in

dem vom unteren Anker ausgehenden Gleitkeil.

Gleitkörper 1

Gleitkörper 2

AktiverGleitkeil

Ja

Abb. XII-19 Mehrfachverankerung: Fall 2

Fall 3: Der obere Anker ist länger als der untere und liegt außerhalb des aktiven Gleitkeils

Der obere Anker ist länger als der untere, die Mitte der Verpressstrecke liegt außerhalb des

vom unteren Anker ausgehenden aktiven Gleitkeils (siehe Abb. XII-20). Für diesen Fall

sind drei Nachweise zu führen.

Abb. XII-20 Mehrfachverankerung: Fall 3

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Nachweis 1: Beim Nachweis der oberen Lage wird der untere Anker zweimal geschnitten

und fällt demnach aus der Betrachtung. Der Nachweis ergibt somit den

charakteristischen Wert der zulässigen Beanspruchung der oberen

Ankerlage. Der Nachweis ist identisch mit Nachweis 1 des 1. Falls.

Gleitkörper fürNachweis 1

Abb. XII-21 Mehrfachverankerung: Fall 3, Nachweis 1 (Obere Ankerlage)

Nachweis 2: Beim Nachweis der unteren Lage wird der obere Anker zweimal geschnitten

und fällt aus der Betrachtung. Der Nachweis ergibt damit den charak-

teristischen Wert der zulässigen Beanspruchung des unteren Ankers.

Gleitkörper fürNachweis 2

Abb. XII-22 Mehrfachverankerung: Fall 3, Nachweis 2 (Untere Ankerlage)

Nachweis 3: Zusätzlich zu den ersten beiden Nachweisen wird für diesen Fall ein dritter

Nachweis für einen Gleitkörper auf einer geknickten Gleitfuge geführt. Da

beide Anker nur einmal geschnitten werden, ergibt dieser Nachweis den

charakteristischen Wert der Summe der zulässigen Ankerbeanspruchungen.

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Gleitkörper fürNachweis 3

Abb. XII-23 Mehrfachverankerung: Fall 3, Nachweis 3 (Gebrochene Gleitfuge)

Fall 4: Der obere Anker ist so lang, dass beim Nachweis der oberen Ankerlage die untere

Lage im betrachteten Gleitkörper liegt

Für diesen Fall sind 2 Nachweise zu führen.

Nachweis 1: Der Nachweis der oberen Ankerlage ergibt den charakteristischen Wert der

Summe der zulässigen Ankerbeanspruchungen, da der untere Anker mit

einbezogen wird.

Nachweis 2: Der Nachweis der unteren Ankerlage ergibt den charakteristischen Wert der

zulässigen Beanspruchung des unteren Ankers. Die obere Ankerlage wird

zweimal geschnitten und fällt aus der Betrachtung.

Gleitkörper 2

Gleitkörper 1

Abb. XII-24 Mehrfachverankerung: Fall 4

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Literatur:

[1] DIN 1054: 2010

Baugrund - Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau –Ergänzende

Regelungen zu DIN EN 1997-1

[2] DIN 18537:2010

Anwendungsdokument zu DIN EN 1537:2001-01, Ausführung von

besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Verpressanker

[3] DIN EN 1537: 2001

Verpressanker

[4] DIN EN 1997-1:2009

Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil

1: Allgemeine Regeln

[5] DIN EN 1997-1/NA: 2010

Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 7: Entwurf,

Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln

[6] Anker-Verfahren, Firmenprospekt Bauer Spezialtiefbau Schrobenhausen

[7] Ostermeyer, H.: Verpressanker, Grundbautaschenbuch, 6. Auflage (Hrsg.:

Smoltczyk, U.), Ernst & Sohn Verlag, Berlin, 2001

[8] Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben auf der Grundlage des

Teilsicherheitskonzeptes (EAB), 4. Auflage, Deutsche Gesellschaft für

Geotechnik, Ernst & Sohn, Berlin, 2006

[9] Schmidt, H.G., Seitz, J., Grundbau, Sonderdruck aus dem Betonkalender

1998, Ernst & Sohn, Berlin 1998