KAPITEL 75 - bücher.de · 2014-07-07 · KAPITEL 3 75 3 Führung, aber wie? 3.1...

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75 KAPITEL 3 3 Führung, aber wie? 3.1 Führungsprinzipien: Die Management-Techniken Die Management-Techniken, manchmal auch Management-Methoden oder Führungsprinzipien genannt, stellen einen wichtigen methodischen Teil der Führungskompetenzen dar. Mit Management-Techniken versucht man, Führungsaufgaben (wie z.B. Pla- nung, Zielvereinbarung, Information, Delegation, Kontrolle, Problemlösungs- und Entscheidungstechniken etc.) methodisch zu strukturieren. Daraus ent- standen viele Methoden, die durch die Formel »Management by...« bezeichnet werden und heute bereits in vielen Publikationen beschrieben sind. Diese Management-Techniken sind Konstrukte aus Regeln, Verfahren und Instrumenten, die geschaffen und eingesetzt werden, um arbeitsteilige Organi- sationen effizienter zu führen. Mit den meisten bekannten Management-Techniken sind auch Verhaltens- regeln und Handlungsnormen für die zielorientierte Personalführung verbun- den. Es ergeben sich daher auch enge Beziehungen zu den Führungsstilen. Management-Techniken und Führungsstile beeinflussen sich gegenseitig. Im Unterschied zum Themenbereich Führungsstile (dazu mehr in Abschnitt 3.2 Führungsstile) handelt es sich bei den Management-Techniken um organisato- rische Führungsinstrumente zur Bewältigung von Führungsaufgaben, wäh- rend Führungsstile der Versuch einer methodischen Steuerung von Verhaltens- weisen sind. Management-Techniken sind zur rationalen Beschreibung von Führung gedacht. Sie beschreiben auf durchdachte Weise komplexe Zusammenhänge in Organisationen. Dadurch fokussieren sie jedoch stark so genannte Muss- oder Vernunft-Faktoren und vernachlässigen die ebenso dazugehörigen menschli- chen Komponenten in Führungskontexten. Die Management-Techniken verfolgen sowohl konkrete Ziele als auch bestimmte Wege der Umsetzung. Ziele der Management-Techniken: 1. Management-Techniken sollen den Einsatz des Faktors »Führung« effizien- ter gestalten. Führungskräfte sollen von täglichen Routinearbeiten freigestellt werden, damit ihnen mehr Zeit für unternehmerische Aufgaben bleibt.

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KAPITEL 33 Führung, aber wie?

3.1 Führungsprinzipien: Die Management-TechnikenDie Management-Techniken, manchmal auch Management-Methoden oder Führungsprinzipien genannt, stellen einen wichtigen methodischen Teil der Führungskompetenzen dar.

Mit Management-Techniken versucht man, Führungsaufgaben (wie z.B. Pla-nung, Zielvereinbarung, Information, Delegation, Kontrolle, Problemlösungs- und Entscheidungstechniken etc.) methodisch zu strukturieren. Daraus ent-standen viele Methoden, die durch die Formel »Management by...« bezeichnet werden und heute bereits in vielen Publikationen beschrieben sind.

Diese Management-Techniken sind Konstrukte aus Regeln, Verfahren und Instrumenten, die geschaffen und eingesetzt werden, um arbeitsteilige Organi-sationen effizienter zu führen.

Mit den meisten bekannten Management-Techniken sind auch Verhaltens-regeln und Handlungsnormen für die zielorientierte Personalführung verbun-den. Es ergeben sich daher auch enge Beziehungen zu den Führungsstilen. Management-Techniken und Führungsstile beeinflussen sich gegenseitig. Im Unterschied zum Themenbereich Führungsstile (dazu mehr in Abschnitt 3.2 Führungsstile) handelt es sich bei den Management-Techniken um organisato-rische Führungsinstrumente zur Bewältigung von Führungsaufgaben, wäh-rend Führungsstile der Versuch einer methodischen Steuerung von Verhaltens-weisen sind.

Management-Techniken sind zur rationalen Beschreibung von Führung gedacht. Sie beschreiben auf durchdachte Weise komplexe Zusammenhänge in Organisationen. Dadurch fokussieren sie jedoch stark so genannte Muss- oder Vernunft-Faktoren und vernachlässigen die ebenso dazugehörigen menschli-chen Komponenten in Führungskontexten.

Die Management-Techniken verfolgen sowohl konkrete Ziele als auch bestimmte Wege der Umsetzung.

Ziele der Management-Techniken:

1. Management-Techniken sollen den Einsatz des Faktors »Führung« effizien-ter gestalten.

Führungskräfte sollen von täglichen Routinearbeiten freigestellt werden, damit ihnen mehr Zeit für unternehmerische Aufgaben bleibt.

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2. Management-Techniken sollen den Einsatz der Mitarbeiter effizienter gestalten.

Den Mitarbeitern wird mehr Selbstständigkeit bei der Ausführung zugestan-den, damit kreative Kräfte freigesetzt und eine positive Leistungssteigerung erzielt werden können.

3. Management-Techniken sollen dabei helfen, das gesamte Unternehmen schneller und wirkungsvoller an dynamische Veränderungen und Entwick-lungen anzupassen.

Wege zur Umsetzung der Management-Techniken:

1. Die Delegation von Entscheidungen und Verantwortung an Entscheidungs-träger in Hierarchieebenen unterhalb der Unternehmensführung.

2. Die klare Definition und Vorgabe operativer betrieblicher Ziele, mit denen sich die Mitarbeiter identifizieren sollen.

3. Detaillierte Leistungskontrollen in allen Funktionsbereichen auf sämtli-chen Unternehmensebenen.

Die Management-Techniken sind die methodischen Stützen für die Führungs-kräfte eines Unternehmens. Jede dieser Techniken fokussiert jeweils einen bestimmten Aspekt aus dem gesamten Managementprozess.

Es gibt daher keine richtigen oder falschen und keine guten oder schlechten Techniken. Die einzelnen Prinzipien können einander z.B. auch sinnvoll ergän-zen. In Ihrer Praxis können Sie sie daher je nach den Anforderungen der Situa-tion miteinander kombiniert einsetzen.

In der einschlägigen Literatur zum Thema Führung tauchen eine ganze Reihe von »Management-by«-Techniken auf.

Die meisten davon sind eher »Modeerscheinungen« auf dem Markt für Manage-ment-Modelle.

Für erwähnenswerter halte ich zwei Modelle. Sie haben sich bei uns bereits fes-ter etabliert. Erwähnenswert sind:

✔ Management by Delegation

✔ Management by Objectives

3.1.1 Management by Delegation oder »Harzburger Modell«

Besonders in Deutschland hat »Management by Delegation« große Verbreitung gefunden. Diese Technik ist auch unter der Bezeichnung »Harzburger Modell« (benannt nach dem Ort seiner Entwicklung in der Akademie für Führungs-kräfte in Bad Harzburg) oder »Führung im Mitarbeiterverhältnis« bekannt.1

1 Vgl. R. Guserl: Das Harzburger Modell – Idee und Wirklichkeit, Wiesbaden, Gabler, 1973.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 77

Der Ausgangspunkt dieser Technik war die Überlegung, dass man mit her-kömmlichen z.B. autoritären Führungsstilen den Ansprüchen und Fähigkeiten hoch qualifizierter Mitarbeiter nicht mehr gerecht werden kann.

Der Kern des Modells ist, dass jedem Mitarbeiter ein eigenständiger Aufgaben-bereich mit festgelegten Kompetenzen eingeräumt wird. Der Mitarbeiter über-nimmt zudem die aus der Kompetenz resultierende Verantwortung für seinen Arbeitsbereich.

Eine typische Beschreibung für »Management by Delegation« beinhaltet ver-schiedene Bedingungen, die diese Methode erst zu einem wirksamen Instru-ment der Unternehmensführung machen sollen. Bedingungen wie die folgen-den sind jedoch meist unerfüllbar oder zumindest schwer einzufordern:

1. Es müssen nach sachlichen Gesichtspunkten exakt abgegrenzte Delega-tionsbereiche durch sorgfältige Stellenbeschreibungen geschaffen werden.

2. Es muss ein leistungsfähiges Informationssystem existieren.

3. Es muss ein detailliertes System zur Überwachung bestimmter Richtlinien und zur Erfolgskontrolle eingerichtet werden.

4. Es muss eine kooperative Vorgesetzter-Mitarbeiter-Beziehung vorherrschen. Dabei müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

1. Der Vorgesetzte muss grundsätzlich bereit sein, Aufgaben und Befug-nisse zu delegieren. Er darf sich nicht von Angst, selbst an Bedeutung zu verlieren, leiten lassen.

2. Jeder Mitarbeiter muss grundsätzlich den Willen und die Fähigkeit haben, selbstständig zu denken und zu handeln, und bereit sein, Verant-wortung zu übernehmen.

3. Die Anforderungen der zu delegierenden Aufgaben sind stets mit den Fähigkeiten der Mitarbeiter abzustimmen.

Das Thema »Verantwortung« ist ein wichtiger Punkt bei der Delegation. Sie übertragen Ihrem Mitarbeiter die Handlungsverantwortung und damit die Ver-antwortung für die Erledigung einer abgegrenzten Aufgabe. Die Führungsver-antwortung bleibt jedoch bei Ihnen:

Abbildung 3.1: Management by Delegation

Führungskraft Führungsaufgaben

Verantwortung abgrenzen, Stellen besetzen, Information, Kontrolle

Sachaufgaben

Delegation bestimmter Sachaufgaben mit der notwendigen Handlungsverantwortung

Mitarbeiter Sachaufgaben

Selbstständige Wahrnehmung der Sachauf-gaben im eigenen Verantwortungsbereich

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Diese Methode stellt Anforderungen an die Führungsumgebung, die in vielen Kontexten nicht oder nur unzulänglich erfüllbar sind: Hier werden genaue Stellenbeschreibungen zur Definition des Delegationsbereichs verlangt. Häufig werden diese in der Praxis als »bürokratische Keule« eingesetzt, um dem Mitar-beiter im Zweifelsfall seine Fehler zu dokumentieren. Dadurch wird die Verant-wortungsübertragung zu einem heiklen Vertrag für den Mitarbeiter: »Wenn ich das nicht schaffe, hat das Konsequenzen, die womöglich zu einer Abmahnung oder Kündigung führen«. Für das Ziel des »selbstständigen Mitarbeiters« ist diese Form von Management by Delegation daher kontraproduktiv. Es besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter dieses Muster durchschauen, keine Verantwortung mehr übernehmen wollen und z.B. Zusagen für die Erledigung von Aufgaben ausweichen.

Jedes System, das »Regelungen« per Anordnung trifft, bindet damit gleichzeitig die Betroffenen an festgeschriebene Modalitäten, anstatt zu einer verantwor-tungsvollen Aufgabenbewältigung zu führen.

Management by Delegation führt am ehesten zu selbstständigen und verant-wortungsbewussten Mitarbeitern, wenn persönliche und soziale Kompetenzen der Führungskraft eingesetzt werden und sie diese Kompetenzen gleichzeitig auch beim Mitarbeiter anspricht.

Delegations-Checkliste

Sie können diese Management-Technik jedoch auch ohne allzu viele »Muss-Bedingungen« in Ihren Führungsalltag übertragen. Nützlich könnte z.B. eine Delegations-Checkliste zur Vorbereitung von Delegationsgesprächen sein.

Die Bereitschaft Ihrer Mitarbeiter vorausgesetzt, können Sie auch Aufgaben delegieren, die nicht ausdrücklich in Stellenbeschreibungen festgelegt sind. Besonders geeignet sind dafür allerdings eher Aufgaben, die für Ihre Mitarbeiter motivierend sind.

Wenn Sie Delegationsgespräche vorbereiten, gehen Sie folgendermaßen vor:

Folgende Fragen können bei einer Delegation relevant sein:

Inhalt bzw. Aufgabe ✔ Was soll getan werden?

✔ Was ist der Sinn und Zweck?

✔ Ist das Ergebnis überprüfbar?

Anforderungen ✔ Welches Wissen, Können, Wollen verlangt die Aufgabe?

Lernchancen ✔ Was lässt sich bei dieser Aufgabe erlernen?

Person ✔ Welcher Mitarbeiter sollte diese Aufgabe übernehmen?

Profil des Mitarbeiters

✔ Was ist der Ist-Zustand des Wissens, Könnens, Wollens bei diesem Mitarbeiter?

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 79

Die hier genannten Fragen dienen Ihnen z.B. auch als Delegationskontrollliste, um die delegierten Aufgaben zu überwachen. Sprechen Sie mit Ihren Mitarbei-tern über den Verlauf und die Fortschritte. Um für Offenheit zu sorgen, können Sie Ihren Mitarbeitern für Delegationsgespräche diese Liste auch zur Verfü-gung stellen.

Nicht alle der genannten Punkte müssen unbedingt in jedem Delegationsge-spräch abgefragt werden. Machen Sie den Einsatz solcher Checklisten vom Mit-arbeiter und dessen Erfahrung mit einer Aufgabe abhängig.

3.1.2 Management by Objectives

»Management by Objectives« (MbO) ist vermutlich die bekannteste Manage-ment-Technik. Im deutschen Sprachraum wird es auch »Führung durch Ziel-vereinbarung« genannt. Mit dieser Technik versucht man, die betrieblichen Zielsetzungen zu organisieren, um einerseits die Unternehmensführung zu entlasten und andererseits bei den Mitarbeitern Motivation zu erzeugen.2

Das besondere Merkmal von MbO ist ein mehrstufiger Zielbildungsprozess: Unternehmensführung und die Mitarbeiter auf den nachgeordneten Ebenen erarbeiten gemeinsam eine klare und geschlossene Zielkonzeption. Diese sollte dann möglichst widerspruchsfreie Teilziele bis zu den untersten Instanzen ent-halten. Ober- und Unterziele müssen so miteinander verknüpft sein, dass jeder Mitarbeiter, der sein gesetztes Ziel erreicht, gleichzeitig auch einen Beitrag zur Erreichung des obersten Ziels leistet.

Lernziele ✔ Welche Kompetenzen soll sich der Mitarbeiter für diese Aufgabe aneignen?

✔ Ist ihm das Ziel klar?

✔ Hat er den eigenen Nutzen erkannt?

✔ Sind ihm die Verantwortlichkeiten klar?

✔ Ist der Sinn und Zweck deutlich?

✔ Ist der Informationstransfer gesichert?

Umfang/Details ✔ Wie soll der Mitarbeiter die Aufgabe erledigen?

✔ Ist eine Untergliederung in Teilaufgaben erforderlich?

Termine ✔ Bis wann soll er es tun? Ist die Zeitplanung realistisch?

2 Dieses Führungskonzept wird bereits bei Peter F. Drucker: The Practice of Management, New York, 1954, George S. Odiorne: Management by Objectives: A System of Managerial Leadership, New York, 1965 und John W. Humble: Management by Objectives, London, 1967, beschrieben.

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Abbildung 3.2: Organisationsweites Management by Objectives

MbO soll das Management entlasten, da dieses bei der eigentlichen Zielerrei-chung nicht eingreift. Durch die Mitarbeit der Mitarbeiter am Zielbildungspro-zess und weitgehende Freiheit bei der Zielerreichung sind folgende Faktoren wichtig und zu fördern:

✔ Verantwortungsbereitschaft

✔ Eigeninitiative

✔ Kreativität

✔ partnerschaftliche Zusammenarbeit

Damit MbO wirkungsvoll funktioniert, werden in der Literatur folgende Vor-aussetzungen gefordert:

1. Positives, partnerschaftliches Klima im Betrieb

2. Klare und geschlossene Zielkonzepte mit arbeitsfähigen Teilzielen

3. Ständiger Prozess der Zielüberprüfung und Ziel-Neufestsetzung für die kommende Planperiode

4. Festlegung des Entscheidungsspielraums und der Kompetenzen im Rah-men geordneter und genau bestimmter Aufgabenbereiche

5. Aufbau eines Kontroll- und Beurteilungssystems mit relativ kurzen Kon-trollzeiträumen

6. Verantwortungsübernahme seitens der Mitarbeiter bezüglich getroffener Entscheidungen und deren Folgen

Solche Voraussetzungen sind generell wünschenswert. Die Erfahrung in der Praxis zeigt jedoch häufig auch andere Kontexte und die Abwesenheit der einen oder anderen geforderten Voraussetzung. Das Problem solcher Forderungen ist weniger die Frage, ob sie Sinn machen, als vielmehr deren Möglichkeit zu unterschiedlichen Deutungen. Was bedeutet z.B. für Sie ein »positives, part-nerschaftliches Klima«?

✔ An welchen Merkmalen machen Sie das fest?

✔ An welchen Merkmalen machen Ihre Mitarbeiter das fest?

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 81

✔ Was können die Beteiligten konkret dazu beitragen?

✔ Was ist konkret ein Verstoß gegen das positive Klima?

✔ Welche Verstöße werden wie geahndet?

✔ Welche Ausnahmen gibt es?

Wie Sie leicht erkennen können, erhalten Sie durch diese Fragen eine konkrete Formulierung der Forderungen. Und möglicherweise fallen Ihnen noch weitere Fragen ein, die dazu führen, Vereinbarungen mit anderen mit einem hohen Maß an Verständigung zu erreichen.

Es reicht also nicht, allein ein »positives partnerschaftliches Klima« zu fordern, sondern es ist außerordentlich wichtig, dessen Bedeutung für alle Beteiligten im jeweiligen Kontext gemeinsam zu erarbeiten. Da dies zunächst mit einem hohen Zeitaufwand verknüpft ist, scheuen sich viele Führungskräfte, diesen gemeinsamen Bedeutungen nachzugehen, und versuchen es mit der einseiti-gen Festlegung.

Doppler und Lauterburg3 beschäftigten sich ebenfalls mit dieser Materie und empfehlen folgende Checkliste zur Zielvereinbarung:

✔ Ziele vereinbaren

Ziele sollen realistisch und erreichbar sein. Ein Ziel verfehlt seine Wirkung, wenn es die Mitarbeiter entweder über- oder unterfordert: Wenn Sie die Stu-fen einer Treppe hinaufsteigen, dann sollten die Stufen eine Höhe haben, die Sie dem Ergebnis, nämlich die nächsthöhere Etage zu erreichen, in ange-messenem Maß näherbringt. Sie haben am Ende der Treppe Ihr Ziel mit dem dafür sinnvollen Aufwand erreicht.

Hat die Treppe zu hohe Stufen, sodass Sie mühsam die Stufen erklimmen müssen, dann verlässt Sie früher oder später der Mut: Entweder Sie werden gleich abgeschreckt, oder Sie geben nach einigen vergeblichen Anläufen resigniert auf.

Hat die Treppe kaum spürbare Stufen, sodass Sie weder eine Anstrengung noch eine deutliche Veränderung spüren, erscheint das Vorankommen eher langwierig. Sie merken nicht, dass Sie sich dem Ziel nähern.

✔ Nur messbare Ziele sind sinnvoll

Damit Ziele messbar werden, ist es wichtig, dass Sie erkennen, wann das Ziel erreicht ist. Wenn Sie Vertriebsziele vereinbaren, ist es sicher interpretations-frei erklärbar, was 1,5 Millionen Euro Umsatz sind. Handelt es sich bei der Ziel-vereinbarung um Ziele wie die so genannten Soft Goals, z.B. um die Kommu-nikation im Team, wird eine weitere Konkretisierung besonders wichtig: Woran merken Sie, dass eine Verbesserung erreicht ist? Verfeinern Sie diese Fragen so weit, biss Sie konkrete Anhaltspunkte haben, die beide Seiten erken-nen können.

3 Klaus Doppler und Christoph Lauterburg: Change Management: Den Unternehmenswan-del gestalten. Campus Verlag, Frankfurt/New York, 9. Auflage 2000, Seite 231.

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✔ Aufgrund definierter Kriterien überprüfbare Zielerreichung

Was ist beispielsweise unter »Verbesserung des Team-Verhaltens« zu verste-hen? Mit welchen konkreten Maßnahmen kann das eingeleitet werden? Anhand welcher Kriterien wird das beurteilt?

Dies ist relevant dafür, dass die Beteiligten auch merken, wenn ein Ziel erreicht ist.

✔ Ziele vereinbaren – nicht diktieren

Vereinbaren bedeutet, dass Sie zumindest ein ehrliches Signal der Zustim-mung vonseiten Ihrer Mitarbeiter benötigen: Wird das übergangen, so wun-dern Sie sich nicht …

✔ Die übergeordneten Ziele sind Ausgangspunkt für den Zieldialog

Jedes Ziel befindet sich im Rahmen der Organisationsziele. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen untergeordneten Zielen. Eine Lösung fin-det sich fast immer auf einer übergeordneten Ebene, zu der die sich wider-sprechenden Ziele gehören. Erweitern Sie den Zieldialog auf diese über-geordneten Ziele, um mehr Motivation in diese übergeordnete Richtung zu erhalten. Wenn Mitarbeiter nicht über den Tellerrand hinausschauen, dann könnte es auch daran liegen, dass ihnen diese übergeordnete Perspektive fehlt.

✔ Die Zielvereinbarungen erfolgen als koordinierter Top-down-Prozess

Alle Ziele kommen von oben. So ist das nun einmal in der Hierarchie. Bessere Vorschläge sollten dennoch jederzeit willkommen sein. Top-down heißt nicht, dass sich in den oberen Etagen niemand irren kann oder keinen Aspekt übersieht. Eine Regel bedeutet nicht, dass Ausnahmen keinen Platz haben. Wichtig ist die Akzeptanz der Mitarbeiter, dass der grundsätzliche Prozess von oben nach unten verläuft.

✔ Die Bedeutung der Ziele ist für die Beteiligten klar

Die unterschiedliche Bedeutung der Ziele ist die häufigste Ursache für das Nichterreichen von Zielen. Schwierig ist das erzwungene »Setzen« von Bedeutungen: Wie gerne hätten wir, dass unseren Mitarbeitern Wichtigkeit und Dringlichkeit so einleuchten, wie uns selbst. Doch vermutlich haben Sie schon selbst die Erfahrung gemacht, dass es außerordentlich schwer ist, die eigene Denkweise bei anderen zu »wecken«. In einigen Situationen ist es klar genug, wenn Sie Ihre Prioritäten deutlich machen (z.B. zuerst das, dann das...), wenn Sie jedoch auf Unverständnis bei den Mitarbeitern sto-ßen, sollten Sie sich die Zeit für eine gemeinsame Zielbestimmung nehmen.

✔ Ziele für das laufende Geschäft – Ziele für Entwicklung und Veränderung

Ziele befinden sich in unterschiedlichen Zeitrahmen: Sie wirken sich auf das aktuelle Geschäft aus, und sie betreffen die weitere Entwicklung und Veränderungen in der Zukunft.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 83

✔ Weniger ist häufig mehr

Es gibt Grenzen bezüglich der möglichen Anzahl von Zielen, die gleichzeitig verfolgt werden können. In einigen Unternehmen wurden dazu bereits Befragungen durchgeführt. Für einen bestimmten Zeitraum sollten die Ziele daher den verfügbaren Kapazitäten angepasst sein: »Was kann ich respektive mein Mitarbeiter realistisch in diesem Zielzeitrahmen erreichen?«

✔ Handlungsspielraum und Grenzen werden abgestimmt

Es ist für Mitarbeiter wichtig zu wissen, in welchem Rahmen sie sich bewe-gen dürfen und dafür auch Verantwortung zu übernehmen. Die Führungs-kraft achtet auf Grenzüberschreitungen und lässt den Mitarbeiter seine Handlungskompetenzen voll einsetzen. Wichtig ist, dass der Mitarbeiter weiß, dass sein Handeln Konsequenzen hat.

✔ Aufwand abschätzen

Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, welchen realistischen Aufwand sie für die Ziel-erreichung schätzen. Nur so werden haltbare Vereinbarungen getroffen.

✔ Zeitrahmen und Meilensteine werden geplant

Ist der Aufwand klar, lassen sich Termine und Meilensteine vereinbaren, an denen Zwischenstände ausgetauscht werden. Zwischenergebnisse zeigen Ihnen, inwiefern eine Unterstützung notwendig ist oder wie weit das Projekt auf dem Weg ist. Ohne Meilensteine laufen Sie ins Ungewisse. Die dadurch entstehende Unklarheit hilft weder Ihnen noch dem Mitarbeiter, bei dem Sie dann immer wieder vorbeischauen und nachfragen…

✔ Vernetzungen ermöglichen, Interdependenzen nutzen

Stellen Sie Ihre Ressourcen zur Verfügung. Das Rad muss nicht immer wie-der neu erfunden werden. Wenn Sie gute Quellen und Kontakte haben, dann ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern den Zugang zu diesen.

✔ Vereinbarte Ziele schriftlich festhalten

Die Schriftlichkeit soll Eindeutigkeit erreichen. Wichtig ist bei diesem Vor-gehen, dass Sie Ihre Motive zur Schriftlichkeit offenlegen und dass Sie Ihren Mitarbeitern auch deren Nutzen verdeutlichen sollten. Ein wunderba-res Beispiel für den Nutzen von Schriftlichkeit ist die Wirkung der Modera-tionsmethode: Die Ziele und Verantwortlichkeiten werden sichtbar für alle festgehalten. Wer sich nun nicht mehr an Details der Vereinbarung erin-nert, wird schnell entlarvt. Die Verteilung von Protokollen oder der Versand von E-Mails mit genauen Ergebnissen und Vereinbarungen ist eine wunder-bare Gedächtnisstütze und sehr hilfreich für die jeweilige Planung der Mei-lensteine und Zielerreichung.

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✔ Zielerreichung wird kontrolliert – Abweichungen werden rechtzeitig erkannt und führen zu Korrekturmaßnahmen

Trotz aller guten Planung kommt es zu Abweichungen. Wer davon ausgeht, dass nur eingehaltene Pläne gute Pläne sind, lebt in einer Illusion. Selbst-verständlich gibt es trotz aller Konkretisierung immer wieder variable Aspekte, die niemand einplanen kann. Und aus genau diesem Grund ist Kontrolle ein wichtiger Faktor, der auf Abweichungen aufmerksam macht und die Organisation darüber informiert, sodass Reaktionen und Interven-tionen rechtzeitig möglich sind.

Grundsätzlich ist Kontrolle auch ein wichtiges Feedbackinstrument:

– Sind die Ziele erreicht oder muss nachgearbeitet werden?

– Welche Auswirkungen hat das auf das weitere Vorgehen oder zukünftige Planungen?

Ohne Feedback wären wir vermutlich hilflos umherirrende Individuen, die entweder alles besser wissen oder in Selbstzweifeln verharren.

✔ Die Zielerreichung ist eine wesentliche Grundlage der Mitarbeiter-Qualifi-kation

Ziele erreichen bedeutet Erfolg zu haben. Menschen sind motivierter, wenn sie Ziele verfolgen und erreichen. Das Erreichen von Zielen geht mit dem Lernen einher. Dieses Lernen ist ein weiterer Motivationsfaktor für den Menschen.

Damit die Ziele erreicht werden können und um Demotivation durch Nicht-erreichung zu vermeiden, ist die begleitende Weiterbildung der Mitarbeiter eine wichtige Voraussetzung.

Zum sinnvollen Einsatz von »Management by Objectives« gehört unbedingt die Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter. Manche Ziele oder einzelne Teile von Zielsystemen lassen sich am besten gemeinsam festlegen. Die genaue Vorstel-lung der Zielerreichung kann häufig nicht eindeutig übermittelt werden und ist nicht für jeden gleich verständlich. Dies gilt vor allem dann, wenn Ziele zum ersten Mal vereinbart werden. Wenn die Führungskraft zu stark in den Arbeits-bereich der Mitarbeiter eingreift – und sei es nur, um zu »helfen« –, kommt es zu Zielkonflikten.

Insgesamt lässt sich zu allen Management-Prinzipien sagen, dass sie sehr wert-volle Hinweise zur Detaillierung der Anforderungen an Führungskräfte geben. Darüber hinaus bieten sie Stützen und begrenzte Möglichkeiten zur »Automa-tisierung« von Vorgängen wie der Delegation und bei der Zielbeschreibung.

Damit Sie diese Methoden in Ihre Praxis übertragen können, vernachlässigen Sie den diesen Prinzipien zugrunde liegenden Anspruch einer allgemeinen Gültig-keit. In Kombination mit den persönlichen und sozialen Führungskompetenzen ergeben sich möglicherweise nützliche Stützen für Ihren Führungsalltag.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 85

3.2 FührungsstileIn der Literatur zum Thema »Führung« nimmt der Begriff der Führungsstile eine zentrale Rolle ein. Darunter verstehen viele die Form des Führungsverhal-tens, die eine Führungskraft im Umgang mit ihren Mitarbeitern anwendet. Es handelt sich um statistisch häufig zu beobachtende Verhaltensmuster oder auch Rollen, die der Vorgesetzte in bestimmten Situationen einnimmt.

Es existiert eine ganze Reihe von Führungstypologien, die in der Regel gegen-sätzliche mögliche Verhaltensweisen miteinander in Beziehung setzen.

3.2.1 Klassische Führungsstile

Sehr gebräuchlich ist die Einteilung der Führungsstile in:

– Laisser-faire-Führungsstil

– Karitativer oder mitarbeiterorientierter Führungsstil

– autoritärer oder dirigistischer Führungsstil

– kooperativer oder demokratischer Führungsstil

Überträgt man diese Führungsstile in ein Koordinatensystem mit den Dimen-sionen Aufgabenorientierung und Mitarbeiterorientierung, ergibt sich die klas-sische Verteilung der Stile, die Sie in Abbildung 3.3 sehen.

Abbildung 3.3: Führungsstile

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In der Literatur finden sich viele Interpretationen der unterschiedlichen Stile. Stichwortartig lautet der Tenor wie folgt:

✔ Der Laisser-faire-Führungsstil ist gekennzeichnet durch:

– geringes Engagement bei der Lösung von sach- oder mitarbeiterbezoge-nen Problemen

– die Vermeidung der Einnahme von persönlichen Standpunkten

– Gleichgültigkeit oder geringes Interesse gegenüber der Förderung und Entwicklung der Mitarbeiter

– Nähe oder Distanz zu den Mitarbeitern wird durch zufällige Sympathie oder Antipathie bestimmt

– Rückzug auf Vorschriften und Weisungen

– Zurückhaltung und Neutralität

✔ Der karitative Führungsstil ist gekennzeichnet durch:

– starke Betonung des menschlichen Elements

– Ermutigung und Unterstützung der Mitarbeiter

– wenig Einflussnahme auf das Erreichen der Ziele

– Einräumen von großen Freiräumen für die Mitarbeiter

– Freundlichkeit und Wohlwollen

✔ Der autoritäre Stil ist gekennzeichnet durch:

– starkes Engagement zur Durchsetzung von Vorstellungen statt zur Ver-einbarung

– starke Betonung der Sache: »Der Mensch als Ressource zur Erreichung von Unternehmenszielen«

– kaum Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitarbeiter

– Distanz zu den Mitarbeitern

– daraus folgend Einengung der Entwicklung der Mitarbeiter

– starke Betonung der Kontrolle

✔ Der kooperative Führungsstil ist gekennzeichnet durch:

– starkes Engagement für das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen

– ausgewogene Sach- und Mitarbeiterorientierung

– Einbeziehung der persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter

– Bemühen um eine ausgewogene Haltung gegenüber den Mitarbeitern

– Ermunterung der Mitarbeiter zur Selbstkontrolle

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 87

Haben Sie auch bei solchen Aufzählungen das Gefühl, jemand möchte Sie ganz sanft in eine bestimmte Richtung lenken? Seien Sie kooperativ! So könnte der Slogan für das Führungsstil-Modell lauten.

Wenn Ihnen das reicht, dann sollten Sie zunächst einmal den Fragebogen »Führungsstile« im Anhang beantworten und dann hier weiterlesen ...

Bei vielen Fragebögen taucht immer wieder die Frage auf: Wird dabei festge-stellt, was ich gerne wäre oder das, was »ich tatsächlich bin«? Gunther Schmidt neigt dazu, Aussagen mit »ich bin« mit folgendem Kommentar zu versehen: »Sagen Sie mir lieber, als wen Sie sich heute erfunden haben!«

Genauso können Sie Fragebögen und deren Auswertungen sehen: als interes-santes Konstrukt Ihres möglichen Führungsverhaltens in möglichen Füh-rungssituationen.

Die Entwicklung von vielen Persönlichkeitsmodellen basiert auf der Beantwor-tung derartiger Fragen. Wie gerne wüssten wir doch, was wir sind! Und dabei sind Fragenkataloge eine vermeintlich objektive Quelle von Feedback. Doch was fan-gen Sie z.B. mit der Information an, wenn Ihnen der Test sagt: »Sie sind zu soundsoviel Prozent kooperativ!« oder: »Sie sind zu x Prozent mitarbeiterorien-tiert!«?

Eine ergänzende Interpretation der Führungsstil-Theorie ist daher die fol-gende: Stellen Sie sich vor, Sie haben unterschiedliche Mitarbeiter, die wie-derum bestimmte Aufgaben zu lösen haben. Je nach Situation wenden Sie nun unterschiedliche Führungsstile an, um mit diesen unterschiedlichen Situatio-nen zurechtzukommen.

Es macht also Sinn, sich unterschiedlichen Situation flexibel zu stellen und also durchaus »mehrere Führungsstile« zu beherrschen, anstatt sich in einen hineinzuzwängen.

Fragen Sie sich beispielsweise:

✔ Wann macht es Sinn, sich im Sinne des »Laisser-faire« zu verhalten? (Und wann nicht?)

✔ Gibt es z.B. Mitarbeiter, die ihre Aufgaben selbstständig bearbeiten und denen daher Ihre Zurückhaltung und Neutralität sehr wichtig ist?

✔ Wann ist die Mitarbeiterorientierung im Vordergrund? (Wann eher nicht?)

✔ Brauchen Ihre Mitarbeiter manchmal Unterstützung und Ermutigung?

✔ Wann ist es nützlich, autoritär zu sein? (Wann weniger?)

✔ Gibt es Situationen, in denen es wichtig ist, dass Sie sich durchsetzen?

✔ Wann ist es hilfreich, kooperativ zu sein? (Und wann ist es das nicht?)

Gibt es möglicherweise auch Situationen, in denen Sie nicht kooperieren sollten?

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Nun noch einmal zurück zur Theorie:

Die unterschiedlichen Führungsstile führen zu jeweils unterschiedlichen Ver-haltensweisen bei:

✔ Zielvereinbarung

✔ Arbeitsfestlegung

✔ Arbeitsverteilung

✔ Arbeitsbeurteilung

Auch dieses Bild macht deutlich, wie wichtig die Übertragung der Führungsstil-Theorie auf einzelne Situationen ist: Beinahe alle Aussagen in der Matrix lassen sich für bestimmte Führungssituationen sehr empfehlen bzw. sind in anderen Situationen weniger empfehlenswert. Einige Beispiele:

Es gibt Ziele, die die Führungskraft vorgeben muss, wenn sie bereits von der übergeordneten Ebene festgelegt wurden. Da gibt es keine »kooperative Diskus-sion« und keine Möglichkeit der Gruppenentscheidung. Der Versuch, dennoch so zu tun, führt nur dazu, dass die Führungskraft an Glaubwürdigkeit verliert.

Andererseits gibt es Ziele, die jedes Jahr wie selbstverständlich auf die Mitarbei-ter zukommen. Hier würde die Führungsbeteiligung wie eine Farce wirken und die Eigenverantwortung der Mitarbeiter untergraben.

Führungsstil ����

Kriterium ����

autoritär kooperativ Laisser-faire

Zielverein-barung

Die Vorgabe der Ziele erfolgt durch den Vor-gesetzten.

Die Ziele sind das Ergeb-nis einer Gruppenent-scheidung mit Unterstüt-zung durch die Führungskraft.

Es herrscht völlige Frei-heit für Einzel- oder Gruppenentscheidungen. Die Führungsbeteiligung ist kaum spürbar.

Arbeitsfest-legung

Einzelne Aktionsschritte werden vorgegeben.

Die generelle Vorgehens-weise wird in der Gruppe festgelegt. Wenn gewünscht, gibt der Vor-gesetzte Rat und schlägt Alternativen vor.

Die Führungskraft stellt Arbeitsmaterial zur Verfü-gung und liefert auf Wunsch Informationen.

Arbeits-verteilung

Die Führungskraft ver-teilt die Arbeit und bil-det Arbeitsgruppen.

Die Arbeitsverteilung und die Gruppenwahl erfolgen durch die Mitarbeiter selbst.

Keine Intervention des Vorgesetzten.

Arbeits-beurteilung

Der Vorgesetzte lobt und tadelt einzelne Mit-arbeiter nach persönli-cher Einschätzung, hält sich aus dem Arbeits-prozess heraus.

Die Führungskraft sucht nach objektiven Maßstä-ben der Kritik, versucht am Gruppenprozess teil-zuhaben.

Einzelne spontane Kommentare wie: »Gut gemacht!« Keine Steuerung und Beurtei-lung der Gruppenarbeit.

Tabelle 3.1: Auswirkung des Führungsstils auf die Arbeit

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 89

Bei der Arbeitsfestlegung ist es nicht immer sinnvoll, dass die Führungskraft Aktionsschritte vorgibt. Wenn der Mitarbeiter eine Aufgabe zum ersten Mal übernimmt, macht es sehr wohl Sinn, wenn einzelne Aktionsschritte gut beschrieben und somit einfacher durch den Mitarbeiter nachvollziehbar sind.

Die generelle Festlegung der Arbeit in der Gruppe ist ein sehr wünschenswertes Ziel, das sich in der Praxis aber in der einen oder anderen Situation als sehr zeit-aufwändig erwiesen hat. So ist es also durchaus denkbar, dass die Festlegung nach bereits beschriebenen Arbeitsschritten oder auch durch den Einzelnen sinnvoll ist.

Ganz zentral ist, dass die Führungskraft nur auf Anfrage Ratschläge gibt oder Alternativen vorschlägt.

Die Arbeitsverteilung kann gemäß aller drei Vorschläge gut funktionieren.

Die Arbeitsbeurteilung ist ein sehr heikles Feld. Empfehlenswert ist hier generell die erste Variante! Wenn eine Führungskraft behauptet, sie verhielte sich »objek-tiv«, wird sie unglaubwürdig. Daher: kennzeichnen Sie jede Form Ihrer Beurtei-lung anderer immer als »persönliche« Sicht. Es ist die einzige, die Sie haben.

Versuchen Sie auch nicht, am »Gruppenprozess« teilzuhaben. Sie sind Füh-rungskraft und kein Gruppenmitglied (mehr). Selbst wenn Sie als Führungs-kraft aus der Gruppe gekommen sind, werden Sie nie wieder die gleiche Akzep-tanz wie ein Gruppenmitglied erfahren. Diese Distanz ist sogar wichtig, um als Führungskraft akzeptiert zu werden.

Auch kurze, spontane Kommentare zeigen Ihre Aufmerksamkeit im Arbeitspro-zess. Ein kurzes, spontanes »Hat mir gut gefallen, wie Sie das gelöst haben« kann durchaus auf Akzeptanz bei den Mitarbeitern stoßen, wenn Sie es ernst meinen.

Die reinen Ausprägungen der vorgestellten Führungsstile gibt es in der Praxis nicht. Es handelt sich hierbei um sogenannte idealtypische Konzeptionen, die es erleichtern, theoretische Aussagen über das Führungsverhalten zu machen. Missverständlich ist die Verwendung der Adjektive »autoritär« und »koopera-tiv«, da sie insgeheim eine Bewertung der Führungsstile mit einschließen. Das ist aber nicht das Ziel dieser Typologien. Führungstypologien beschreiben mög-liche Verhaltensmuster, die jeweils in einem bestimmten Kontext angebracht sein können. Es gibt also keinen »richtigen« oder »falschen« Führungsstil.

Bei den Führungsstilen werden Personen »diagnostiziert«. Lutz von Rosenstiel nennt als Ursache dafür, dass die frühere Ausrichtung der Psychologie auf den Menschen und nicht auf Beziehungen zielte. Daher sind die Beschreibungen dieser Modelle statisch ausgerichtet.4

4 Lutz von Rosenstiel: Grundlagen der Organisationspsychologie, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 3. Auflage 1992, Seite 315.

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90 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

3.2.2 Die Berücksichtigung der Führungssituation

Erst in den späten siebziger Jahren entstanden Modelle, um die Dynamik mensch-lichen Handelns in die Führungsstile zu integrieren. Nach F. E. Fiedler5 sind

✔ die Führer-Geführten-Beziehungen,

✔ die Aufgabenstruktur und

✔ die Positionsmacht

die wichtigsten Merkmale zur Beschreibung von Führungssituationen. Zusätz-lich gewannen in den vergangenen Jahrzehnten immer weitere Variablen an Bedeutung für den Führungskontext:

✔ Merkmale der Führungskraft

✔ Merkmale des Mitarbeiters

✔ Merkmale der Gruppenaufgabe

✔ Gruppenstruktur

✔ Organisationsstruktur

✔ verwaltungsrechtlicher Kontext

Daraus entstehen Führungsmodelle, die – je nach Ausprägung der einzelnen Variablen – unterschiedliches Verhalten vorschlagen. Ein stark vereinfachtes Beispiel ist Abbildung 3.4, in der drei Variablen und zwei Verhaltensalternativen integriert sind. Die Komplexität steigt stark an, wenn z.B. Mitarbeitereigen-schaften mit unterschiedlichen Aufgabeneigenschaften kombiniert werden und

5 F. E. Fiedler: A Theory of Leadership Effectiveness, McGraw-Hill, New York, 1967.

Stilvariablen ����

Ausprägung der Situation ����

tendenziell autoritär

tendenziell kooperativ

Aufgabenstruktur repetitiv

definiert

strukturiert

innovativ

frei

unstrukturiert

Organisationsstruktur statisch flexibel

Mitarbeiter

✔ Motivation, Engagement:

✔ Selbstverantwortlichkeit:

✔ fachliche Erfahrung:

✔ Kooperation:

niedrig

niedrig

wenig

wenig

hoch

hoch

sehr

sehr

Abbildung 3.4: Situatives Führen

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 91

mögliche weitere Variablen berücksichtigt werden müssen. Zum Beispiel: Ein motivierter Mitarbeiter trifft auf eine repetitive Aufgabe in einem flexiblen Unternehmen und hat eine autoritäre Führungskraft.

Das Vroom-Yetton-Führungsmodell

Als einer der ersten Ansätze, der die Führungssituation einbezog, gilt der Ansatz von Victor Vroom und P. W. Yetton6 von 1973.

Beide sehen im Entscheiden eine wichtige Komponente des Führungsverhal-tens. Es werden u.a. folgende Formen des Entscheidens unterschieden:

✔ autoritär

✔ gruppenzentiert

✔ beratend

Alle Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander und sollen je nach Situation mehr oder weniger Erfolg versprechen. Vroom und Yetton beru-fen sich bei der Empfehlung, welche Entscheidungsform konkret anzuwenden ist, auf empirische Belege.

Das Ziel des Modells war es, die Kriterien Qualität und Akzeptanz und Zeiteffi-zienz der Entscheidung einer Führungskraft zu erhöhen.

In später entwickelten Varianten sind auch Faktoren wie die Mitarbeiterent-wicklung und andere berücksichtigt.

In mehreren Studien wurde die Validität dieses Modells bestätigt.

Das Modell von Hersey/Blanchard

Bei Abbildung 3.6 handelt es sich um das Führungsmodell von Hersey und Blanchard. Als wichtigster Bezugspunkt gilt der Entwicklungsstand der Mit-arbeiter bzw. ihr Reifegrad. Je nach Reifegrad der Mitarbeiter wird die Füh-rungskraft in Bezug zu den jeweiligen Aufgaben:7

6 Victor H. Vroom, P. W. Yetton: Leadership and decision-making. University of Pittsburgh Press, Pittsburgh, 1973.

7 Vgl. Paul Hersey, Kenneth H. Blanchard: Management of Organizational Behavior. Engle-wood Cliffs, New York, Prentice Hall, 1977.

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92 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

8

Abbildung 3.5: Der Entscheidungsbaum im Modell von Vroom und Yetton8

8 Übernommen aus: Lutz von Rosenstiel: Grundlagen der Organisationspsychologie. Schäf-fer-Pöschel Verlag Stuttgart, 3. Auflage 1992, Seite 317.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 93

Der Reifegrad ist ein normatives Attribut, bei dem eine subjektive Auf- oder Abwertung der Mitarbeiter vorgenommen wird. Daher ist diese Bezeichnung missverständlich und führt leicht zu einem falschen Verständnis von Führung.

Um den Bezug zu den unterschiedlichen Aufgaben besser herzustellen, bietet sich folgende Erweiterung und Umdeutung des oben dargestellten Modells an:

Unterschieden werden die Erfahrung und das Engagement der Mitarbeiter in Bezug auf eine zu erledigende Aufgabe:

✔ Die Aufgabe ist neu für den Mitarbeiter (geringe Erfahrung) und hat für ihn ein hohes Motivationsniveau (hohes Engagement).

Unterweisen, informieren: Die Führungskraft unterstützt den Mitarbeiter dabei, in die Aufgabe hineinzufinden. Die Anweisungen und Aufgaben-beschreibungen sind möglichst präzise, die Aufgabendurchführung wird gewissenhaft überwacht: Bei Abweichungen werden diese umgehend mit dem Mitarbeiter besprochen, und das weitere Vorgehen wird vereinbart.

Abbildung 3.6: Führungsmodell von Hersey/Blanchard

Informieren und Unterweisen ✔ niedrige Reife

Überzeugen ✔ niedrige bis mäßige Reife

Partizipieren lassen ✔ mäßige bis hohe Reife

Delegieren ✔ hohe Reife

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94 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

✔ Der Mitarbeiter hat bereits erste Erfahrungen (mäßige Erfahrung) in Bezug auf die Aufgabe, die ihn jedoch nur mäßig motiviert (mäßiges Engage-ment).

Der Grundtenor in dieser Führungssituation sollte Überzeugen heißen. Dem Mitarbeiter fehlen möglicherweise Einsichten in den Wert der zu erledigen-den Arbeit. Welche Ziele stehen hinter dieser Aufgabe? Dabei sollten Sie als Führungskraft die Ziele der Aufgabe in Zusammenhang mit den übergeord-neten Zielen bringen: mit den Zielen der Abteilung, mit den Schnittstellen zu anderen Prozessen und zu den Unternehmenszielen. Dazu ist ausreichend Zeit notwendig, um die Aufgabe mit dem Mitarbeiter zu besprechen.

Für den Mitarbeiter sind immer die Vorschläge überzeugender, die von ihm selbst kommen. Fragen Sie Ihren Mitarbeiter, wie er denn diese Aufgabe sinnvoll erledigen würde. Dadurch entsteht wichtiges Feedback, das auch motivierend für den Mitarbeiter sein kann.

Bei der Durchführung stehen Sie dem Mitarbeiter zur Seite und unterstüt-zen ihn, wo Hilfe notwendig ist: Bringen Sie Ihren Mitarbeiter dahin, diese Hilfe eigenständig anzufordern!

✔ Der Mitarbeiter hat einige Erfahrungen (eingeschränkte Erfahrung) mit der Aufgabe gemacht, er ist jedoch unmotiviert, sie zu erledigen (schwaches Engagement).

In dieser Führungssituation lautet der Vorschlag: Partizipieren lassen. Ein Teil der Verantwortung für die zu fällenden Entscheidungen wird dem Mit-arbeiter bei der Delegation übertragen. Er fühlt sich dabei gefördert und unterstützt. Seine Motivation steigt, wenn seine Entscheidungen auch von übergeordneter Stelle getragen werden.

✔ Der Mitarbeiter ist selbstständig (hohes Engagement) und hat diese Aufgabe bereits häufig und effektiv erledigt (große Erfahrung).

Das ist ein positives Beispiel für eine Laisser-faire-Haltung der Führungs-kraft: Ein Mitarbeiter, der bereits seine fachlichen Fähigkeiten in optimaler Form und verantwortungsbewusst bewiesen hat, kann sich selbst am besten führen. Jedes Zuviel an Führung von außen wirkt eher demotivierend. Die Aufgaben werden einfach delegiert.

Die Voraussetzung für gelungene Führung, so zumindest zeigt es sich bei den methodischen Versuchen von Führung, hängt unmittelbar mit den persönli-chen und den sozialen Führungskompetenzen zusammen. Keine Methode funktioniert ohne die Auseinandersetzung mit sich selbst und der zielorientier-ten Interaktion mit dem Umfeld.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 95

3.3 Symbolische FührungDas Ziel einer gemeinsamen Bedeutungsfindung sollte auch der »symbolischen Führung« zu Grunde liegen. Unterstellt wird, dass symbolisches Führungs-handeln dann wirksam ist, wenn Unsicherheiten bei Individuen und Gruppen bezüglich ihrer Ziele bestehen, wenn klare Kriterien für Bewertungen von Ergebnissen und Handlungen nicht vorhanden sind.

Symbolische Führung soll die Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse integrie-ren und an Entscheidungen partizipieren lassen. Dazu werden bereits in vielen Organisationen Handlungen und Rituale eingesetzt, die diese Integration unterstützen sollen. Dazu gehören z.B. Zitate von Unternehmenslegenden: »Henry Ford sagte …«, Mythen, usw., die an exponierter Stelle im Firmensitz angebracht sind oder in Prospekten dem Kollegium kommuniziert werden. Ziel ist es, wie so häufig, dadurch die Motivation zu erhöhen. Darüber hinaus zählen dazu auch Betriebsveranstaltungen wie die alljährliche Weihnachtsfeier, Aus-flüge und andere Aktionen, die das Wir-Gefühl und die Loyalität mit der Organi-sation erhöhen sollen.

Symbole und Rituale sind wichtige Bestandteile unseres Erlebens und treffen auf tiefe Gefühle, die Menschen mit ihrer Beteiligung an der Organisation aus-drücken wollen.

Daher sind diese Symbole und Rituale am wirksamsten, wenn alle Mitglieder der Organisation in die Entwicklung solcher Rituale eingebunden werden.

Für die Team-Entwicklung gibt es sinnvolle Ritualbildungen, die die Art der Zusammenarbeit in Gruppen verbessern können.

»Führen mit Visionen«, »Charismatisches Führen«, »Führen als Vorbild« – es gibt viele Umschreibungen, die als Synonyme für Führungskräfte empfohlen werden. In allen stecken Versuche, ein Führungsbild zu beschreiben, das Ideal-bild-Charakter haben soll.

Welche Möglichkeiten haben Sie als normalsterbliche Führungskraft, diese Bil-der in Ihren Kontext einzubauen? Sollten Sie etwa ein Seminar »Wie werde ich eine charismatische Führungskraft« besuchen?

Die beiden folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit den am häufigsten zitier-ten, jedoch auch häufig missverstandenen Themen: »Vorbild« und »Vision«.

3.3.1 Vorbild seinDer vorbildliche Manager wird nur allzu häufig mit einer perfekt auf die Arbeitswelt abgestimmten Persönlichkeit verwechselt, der man weder in fachli-cher noch in menschlicher Hinsicht »etwas vormachen« kann.

Diese Sichtweise oder schon die an Sie gerichtete Erwartung Ihrer Mitarbeiter entwickelt sich, je nachdem wie Sie auf diese Rollenzuweisung reagieren, zum Bild des umfassenden »Besserwissers«, zum »Hans Dampf in allen Gassen« oder eben auch zu einem »Menschen wie Du und Ich«.

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96 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

Vorbild sein zu müssen, kann schon eine schwere Last bedeuten. Im Idealfall bedeutet das womöglich, dass Sie allen Ihren Mitarbeitern ein Vorbild sein müssen; sozusagen eine »Sisyphos-Aufgabe«.

Um sich einem menschlicheren Bild etwas anzunähern, beschäftigen wir uns hier mit folgenden Fragen:

✔ Welches Vorbild ist als Führungsbild geeignet?

✔ Wie reagiere ich sinnvoll auf »andere« Erwartungen meiner Mitarbeiter?

Wie schon im ersten Kapitel beschrieben wurde, gibt es die unterschiedlichsten Eigenschaften, die Führungskräfte besitzen sollten. Daraus entwickeln sich die vielfältigen Erwartungen Ihrer Mitarbeiter und des restlichen Umfelds. Einem »Vorbild« werden Sie am ehesten durch authentisches Verhalten gerecht: Indem Sie eben nicht versuchen, es allen recht zu machen, sondern indem Sie mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Ihre Führungsaufgaben erfolg-reich verfolgen. So paradox es sich auch anhören mag: Dadurch, dass Sie Vor-bild sein möchten, verhindern Sie gleichzeitig, es zu werden. Je weniger Sie versuchen, in die Rolle eines Idealbilds zu schlüpfen, je mehr Sie also Mensch sind, mit all Ihren Stärken und Schwächen, umso eher besteht die Möglichkeit, von Ihren Mitarbeitern als Vorbild anerkannt zu werden.

Machen Sie sich daher Ihre persönlichen Stärken und Schwächen bewusst. Setzen Sie z.B. dort Ihre Stärken ein, wo es sinnvoll für die Ziele ist. Lassen Sie sich jedoch auch genügend Raum zur Entwicklung. Schwächen sind mensch-lich, und wenn Sie sich erlauben, diese auch zu zeigen, können sie als Zeichen Ihrer authentischen Selbsteinschätzung wahrgenommen werden.

Einzig Ihre Mitarbeiter können Sie zum Vorbild machen.

3.3.2 Visionen entwickelnEine Vision ist eine Zielvorstellung, die über die mittel- bis langfristigen Ziele hinaus Bestand hat. Sie ist eine Wunschvorstellung, die, je konkreter sie vor dem inneren Auge sichtbar wird, »inspirierende Kraft entzündet« und »Enthu-siasmus verleiht«, der auch andere mitreißt.

Eine Vision kann einen »Motivationsschub« bei Ihnen und anderen bewirken. Gerade das Vorhandensein gemeinsamer Visionen führt Menschen zusammen und bewirkt Kräfte, die das, was ein einzelner allein erreichen könnte, bei wei-tem übertrifft.

Das Bilden gemeinsamer Visionen scheint ein menschliches Grundbedürfnis zu sein. So ließe sich zum Beispiel auch erklären, weshalb wir so gerne mit Gleichgesinnten zusammen sind.

In einigen Unternehmen wird diese Gleichgesinntheit durch das Tragen von Uniformen oder durch andere Gemeinsamkeiten und Symbole nach außen gezeigt. Vielleicht kennen Sie das bereits von Ihrem Unternehmen oder haben auf Messen und ähnlichen Veranstaltungen einmal den »Schlachtruf« des Messepersonals vernommen. Das erinnert z.B. an die Schlachtrufe von Fuß-ballanhängern und weist auf gemeinsame Visionen hin.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 97

Eine Vision zu haben bedeutet Motivation. Damit Visionen in Gruppen wirksam sind, sollten sich die beteiligten Menschen mit ihr identifizieren können. Diese Identifikation wird dann erreicht, wenn sie die jeweils eigenen Visionen der Beteiligten in irgendeiner Form beinhaltet.

Der Begriff der Vision wird manchmal auch mit »Utopie« verwechselt. Dies liegt möglicherweise an der Distanz zum Ziel. Je weiter das Ziel von uns ent-fernt ist und je weniger die Erreichbarkeit eingeschätzt werden kann, umso utopischer wirkt die Vision.

Als schwierig erweist sich häufig die Übertragung von Visionen Einzelner auf andere Menschen. Werden Visionen Einzelner oder einzelner Gruppen auf die gesamte Organisation zu übertragen versucht, kommt es häufig zu Widerstän-den und Konflikten. Im besten Fall erreicht man die Einwilligung anderer und nicht deren Engagement. In vielen Unternehmen erfreut sich jedoch eben diese »Top-down-Methode« als visionsstiftendes Verfahren großer Beliebtheit.

Oder es werden aktuelle Probleme im Unternehmen zum Anlass genommen, eine Vision anzufertigen. Sobald das Problem (z.B. eine unklare Unterneh-mensstrategie) jedoch nicht mehr als Störfaktor empfunden wird, ist auch die Vision nicht mehr wichtig. Damit wird die Vision als Alibi missbraucht und führt im besten Fall zur eben genannten Einwilligung.

Mögliche Haltungen zu einer Vision

In Peter M. Senges Buch Die fünfte Disziplin werden unterschiedliche Formen beschrieben, wie sich Menschen in Bezug auf Visionen verhalten können:9

9 Vgl. Peter M. Senge: Die fünfte Disziplin: Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Klett-Cotta, Stuttgart, 3. Auflage, 1996, S. 268.

Engagement Will die Vision. Wird sie verwirklichen. Schafft alle notwendigen »Gesetze« (Strukturen).

Teilnehmerschaft Will die Vision. Wird alles tun, was im »Sinne des Gesetzes« ist.

Echte Einwilligung Sieht die Vorteile der Vision. Tut alles, was erwartet wird, und mehr. Folgt den »Buchstaben des Gesetzes«. »Gute Soldaten«.

Formelle Einwilligung Sieht im Großen und Ganzen die Vorteile der Vision. Tut, was erwartet wird, aber nicht mehr. »Brauchbare Soldaten«.

Widerstrebende Einwilligung

Sieht die Vorteile der Vision nicht. Will andererseits seine Arbeit nicht ver-lieren. Tut gerade noch, was erwartet wird, weil er es muss, macht aber gleichzeitig deutlich, dass er nicht wirklich dahinter steht.

Nichteinwilligung Sieht die Vorteile der Vision nicht. Tut nicht, was erwartet wird. »Das tu ich nicht; niemand kann mich dazu zwingen.«

Apathie Weder für noch gegen die Vision. Kein Interesse. Keine Energie. »Ist nicht bald Feierabend?«9

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98 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

Senge geht davon aus, dass echtes Engagement in den meisten Unternehmen die Ausnahme ist. In vielen Fällen glauben die Mitarbeiter zwar, »richtig enga-giert« zu sein, kommen jedoch tatsächlich nicht über eine »echte Einwilli-gung« hinaus.

Doch selbst mit Mitarbeitern in diesem Zustand sei laut Senge eine Organisa-tion den meisten anderen um Lichtjahre voraus: Man müsste den Mitarbeitern nur ein einziges Mal sagen, was zu tun sei, und sie würden sofort reagieren. Ihre Einstellung wäre optimistisch und positiv.

Von der persönlichen zur gemeinsamen Vision

Wie lassen sich unterschiedliche individuelle Visionen zu einer gemeinsamen Vision vereinen? Senge empfiehlt uns drei grundlegende Richtlinien für Teil-nehmerschaft und Engagement.

✔ Machen Sie Ihre eigene Teilnehmerschaft deutlich. Es hat keinen Zweck, andere zur Teilnehmerschaft zu ermutigen, wenn Sie selbst kein »einge-schriebenes Mitglied« sind. Das ist »Verkaufen«, nicht »Teilnehmer gewin-nen« und wird bestenfalls eine Form von oberflächlicher Zustimmung und Einwilligung erzeugen. Und, was noch schlimmer ist, es bereitet den Boden für künftige Ressentiments.

✔ Seien Sie ehrlich. Sie sollten weder die Vorteile übertreiben noch Probleme unter den Teppich kehren. Beschreiben Sie die Vision so einfach und ehr-lich, wie Sie können.

✔ Lassen Sie die andere Person frei wählen. Sie müssen den anderen nicht von den Vorteilen der Vision »überzeugen«. Wenn Sie jemanden zur »Teil-nehmerschaft« überreden wollen, bewirken Sie tatsächlich das Gegenteil. Der andere wird Ihr Verhalten als Manipulation auffassen und sich gerade nicht als Teilnehmer einschreiben. Je bereitwilliger Sie dem anderen die freie Wahl lassen, desto freier wird er sich fühlen. Das kann besonders schwierig bei Mitarbeitern sein, weil sie sich oft zum Mitmachen verpflich-tet fühlen. Aber Sie können die Situation verbessern, indem Sie dem Mit-arbeiter genügend Zeit lassen und ihm das Gefühl vermitteln, dass er gefahrlos seine eigene Vision entwickeln kann.

Ihre Mitarbeiter orientieren sich, wie bereits bei der Wirkung des Vorbilds beschrieben, passiv an Visionen. Die Mitarbeiter werden sich dann einer Vision verschreiben, wenn diese Vision etwas mit ihren Werten und Wünschen zu tun hat. Auf erzwungene oder vorgegebene Visionen reagiert Ihr Mitarbeiter bes-tenfalls mit Einwilligung.

Damit Visionen mit Engagement getragen werden, sind langwierige Prozesse notwendig. Senge nennt folgende Stufen zur vollständigen Entwicklung einer Vision:

Die Vision braucht einen Verstärkungsprozess, um sich auszubreiten. Das Ziel dieses Prozesses ist es, die Klarheit, Begeisterung, Kommunikation und das

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 99

Engagement zu steigern: Je mehr die Beteiligten (von sich aus) über die Vision reden, umso klarer wird sie und umso mehr steigt die Begeisterung.

Senge beschreibt dies als den idealen Kreislauf. Je mehr Menschen jedoch von dieser Vision erfahren, umso größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass unterschiedliche Visionen mit ins Spiel kommen. Wie soll nun damit umgegan-gen werden?

✔ Müssen abweichende Meinungen geändert werden?

✔ Ist die Vision bereits unveränderlich?

✔ Sind andere Visionen unbedeutend?

Wird eine dieser Fragen bejaht, so kommt der gesamte Prozess zum Stillstand. Wichtig ist nun der Umgang mit widersprüchlichen Visionen. Hier ist Ihre Fähigkeit als Führungskraft gefragt, diese Vielfalt zuzulassen, zu erkunden und zu harmonisieren.

✔ Wie lassen sich diese Meinungen integrieren?

✔ Zu welchem Teil ist die »abweichende« Vision möglicherweise bereits vor-handen?

✔ Was ist die tiefere gemeinsame Basis der Visionen?

Ein weiteres Hindernis sind unterschiedlich wahrgenommene Möglichkeiten, diese Vision zu verwirklichen. Manchem erscheint die Vision eher leicht zu ver-wirklichen zu sein, andere halten die Lücke zwischen dem IST, dem Ausgangs-punkt, und dem SOLL, dem Visionspunkt, für zu groß und sehen sie daher als unüberwindlich an.

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100 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

Das kann zu Entmutigungen und Demotivation führen. Aus Führungssicht ist daher die Fähigkeit wichtig, »kreative Spannungen« auszuhalten und zielorien-tiert einzusetzen.

Ein Stolperstein ist möglicherweise auch die häufig knappe Ressource Zeit. Unser Alltag holt uns recht häufig ein und zwingt uns, unsere Aufmerksamkeit auf Unvorhersehbares zu lenken. Es ist also von außerordentlicher Bedeutung, die Vision unbedingt mit entsprechender Priorität zu versehen und auch in den täglichen Arbeitsablauf zu integrieren.

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Kapitel 3 • Führung, aber wie? 101

Ein kritischer Faktor ist die Einbeziehung der beteiligten Menschen in die Vision. Wenn es gelingt, alle zu integrieren statt zu bekehren, so wird die Bezie-hung zwischen den Team-Mitgliedern gestärkt. Die Qualität der Beziehungen ist nun abhängig davon, wie z.B. neue Team-Mitglieder in den Visionsprozess einbezogen werden. Sollen sie z.B. zur bereits bestehenden Vision »bekehrt« werden, untergräbt man damit den gesamten Prozess. Sinnvoll ist auch hierbei die Integration weiterer neuer Vorstellungen in einen sich auf diese Weise per-manent entwickelnden Prozess.

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102 Unilog Integrata • Die IT-Führungskraft

3.4 ZusammenfassungDieses Kapitel beschreibt anhand der Führungsprinzipien und Führungsstile eine methodische Herangehensweise an das Thema Führung.

Diese Management-Methoden versuchen das Führungsverhalten zu institutio-nalisieren. Hilfreich werden solche Modelle, wenn sie mit den persönlichen und sozialen Kompetenzen kombiniert werden.

Beschrieben werden die Prinzipien:

✔ Management by Delegation

✔ Management by Objectives

Zu den klassischen Führungsstilen gehören:

✔ Laisser-faire-Stil

✔ Karitativer Stil

✔ Autoritärer Stil

✔ Kooperativer Stil

Andere Modelle beziehen sich auf das Führen in unterschiedlichen Situationen. Hier werden die Modelle von Vroom und Yetton sowie von Hersey und Blan-chard beschrieben.

Unter der Überschrift »Symbolische Führung« werden besonders die Themen

✔ Vorbild und

✔ Visionen

beschrieben.