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Kashikishi 2017 Ende 2017 haben Hans-Ruedi Banderet und ich unser Partnerspital in Sambia besucht (20.12-31.12.17). Mich hat natürlich v.a. interessiert, welche Aktivi- täten in meinem Fachgebiet (Geburtshilfe/Gynäkologie) registriert wurden und was sich seit den letzten 4 Besuchen (ab 2009 ?) geändert hat. Ich habe dafür die mir zugänglichen Register des St. Pauls studiert und natürlich die Augen offen gehalten. Eine Statistik war nur für die stationären Fälle und auch für diese nur +/- zuverlässig möglich. Gemäss Geburtenbuch – welches einige Fehler enthielt, welche soweit möglich korrigiert wurden – erfolgten 2017 im St. Paul 2143 Geburten. (Nach Angaben des Gesundheitsministeriums erfolgen in ländlichen Gebieten ca. 50 % der Geburten medizinisch betreut bzw. in Spitälern oder Ambulatorien). In 433 Fällen wurde ein Kaiserschnitt vorge- nommen, was eine Sektiorate von 20 % ergibt. (Zum Vergleich: CH nationale Sektiorate: ca. 33 %). Gemäss Register wurden im Berichtsjahr 612 sog. „major operations“ vorgenommen, wovon 433 Sektios. Diese stellen somit 71 % (!) der grösseren Eingriffe. Aus dem Geburtenbuch war nichts Zuverlässiges über die Zahl der Geburten mit Saugglocke zu erfahren. Gemäss Angaben des Chefarztes (Dr. Patrick) traten 9 mütterliche Todesfälle auf. Mütterliche Mortalität in KK also mindestens 400/100.000 Geburten. In der Schweiz: 4/100.000 = 100 x höheres Risiko ! Neugeborensterblichkeit: 64 (fraglich komplett ???). In subsaharan Afrika liegt diese zwischen 30-100/1000 Geburten. Bemerkenswert ist m. E., dass inzwischen Status nach vorausgegan- genem Kaiserschnitt der zweithäufigste Grund für eine Sektio ist. Dies ist des- wegen problematisch, weil die Frauen viel jünger und häufiger schwanger werden (Sambia: 5 – 6 Kinder pro Frau !) und eine voroperierte Gebärmutter bei der nächsten Geburt schwere Komplikationen verursachen kann. Habe z.B. eine 22-jährige gesehen, welche zum dritten x schwanger, bereits zwei Kaiser- schnitte gehabt hatte. Ohne Verhütung wird sie höchstwahrscheinlich noch mehrere Geburten/Kaiserschnitte haben und jedes Mal steigt ihr Risiko für schwere Komplikationen. Immerhin 2017 sind in der Operationsstatistik 41 Unterbindungen bei St. n. mehreren Kaiserschnitten registriert. Uterusrupturen (2017: n 14, Therapie: 5x Hysterektomie, übrige Naht ?) gehören auch ohne vorausgegangenen Kaiserschnitt zu den wichtigsten feto-maternellen Todesur- sachen. Sehr junge Gebärende, z.T. vor Abschluss des Beckenwachstums und daraus resultierendem Kopfbeckenmissverhältnis sind speziell gefährdet (dies gilt übrigens auch für vesiko-vaginale Fisteln). Bei über 30 % der 2017 vorge- nommenen Kaiserschnitte war die Schwangere 20 Jahre oder jünger ! (Die jüngste 13). Fast 60 % der Sektios wurden bei Frauen bis 25 durchgeführt. Es

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Kashikishi2017

Ende2017habenHans-RuediBanderetundichunserPartnerspitalinSambiabesucht(20.12-31.12.17).Michhatnatürlichv.a.interessiert,welcheAktivi-täteninmeinemFachgebiet(Geburtshilfe/Gynäkologie)registriertwurdenundwassichseitdenletzten4Besuchen(ab2009?)geänderthat.IchhabedafürdiemirzugänglichenRegisterdesSt.PaulsstudiertundnatürlichdieAugenoffengehalten.EineStatistikwarnurfürdiestationärenFälleundauchfürdiesenur+/-zuverlässigmöglich.GemässGeburtenbuch–welcheseinigeFehlerenthielt,welchesoweitmöglichkorrigiertwurden–erfolgten2017imSt.Paul2143Geburten.(NachAngabendesGesundheitsministeriumserfolgeninländlichenGebietenca.50%derGeburtenmedizinischbetreutbzw.inSpitälernoderAmbulatorien).In433FällenwurdeeinKaiserschnittvorge-nommen,waseineSektioratevon20%ergibt.(ZumVergleich:CHnationaleSektiorate:ca.33%).GemässRegisterwurdenimBerichtsjahr612sog.„majoroperations“vorgenommen,wovon433Sektios.Diesestellensomit71%(!)dergrösserenEingriffe.AusdemGeburtenbuchwarnichtsZuverlässigesüberdieZahlderGeburtenmitSaugglockezuerfahren.GemässAngabendesChefarztes(Dr.Patrick)traten9mütterlicheTodesfälleauf.MütterlicheMortalitätinKKalsomindestens400/100.000Geburten.InderSchweiz:4/100.000=100xhöheresRisiko!Neugeborensterblichkeit:64(fraglichkomplett???).InsubsaharanAfrikaliegtdiesezwischen30-100/1000Geburten.Bemerkenswertistm.E.,dassinzwischenStatusnachvorausgegan-genemKaiserschnittderzweithäufigsteGrundfüreineSektioist.Diesistdes-wegenproblematisch,weildieFrauenvieljüngerundhäufigerschwangerwerden(Sambia:5–6KinderproFrau!)undeinevoroperierteGebärmutterbeidernächstenGeburtschwereKomplikationenverursachenkann.Habez.B.eine22-jährigegesehen,welchezumdrittenxschwanger,bereitszweiKaiser-schnittegehabthatte.OhneVerhütungwirdsiehöchstwahrscheinlichnochmehrereGeburten/KaiserschnittehabenundjedesMalsteigtihrRisikofürschwereKomplikationen.Immerhin2017sindinderOperationsstatistik41UnterbindungenbeiSt.n.mehrerenKaiserschnittenregistriert.Uterusrupturen(2017:n14,Therapie:5xHysterektomie,übrigeNaht?)gehörenauchohnevorausgegangenenKaiserschnittzudenwichtigstenfeto-maternellenTodesur-sachen.SehrjungeGebärende,z.T.vorAbschlussdesBeckenwachstumsunddarausresultierendemKopfbeckenmissverhältnissindspeziellgefährdet(diesgiltübrigensauchfürvesiko-vaginaleFisteln).Beiüber30%der2017vorge-nommenenKaiserschnittewardieSchwangere20Jahreoderjünger!(Diejüngste13).Fast60%derSektioswurdenbeiFrauenbis25durchgeführt.Es

handeltsichalsoumeinsehrjungesgeburtshilfl.Kollektiv.InländlichenGebietenvonSambiawerden36%derMädchenzwischen15und19schwanger.5%der15-jährigen,bis59%der19-jährigen.DieshatfürdiejungenFrauenundihreKinderschwerenegativegesundheitlicheaberauchsozioökonomische(bildungsmässige)undFolgen.Informationenüberrepro-duktiveGesundheitundüberVerhütungsmittelwerdenvonderkathol.Kirchebekanntlichbestenfallsgeduldetunddie„Littlesistersofimmacculatemotherofgod“vonSt.Paul(einkonservativerOrdenausPolen)könnenhiernichtausderReihetanzen.Hoffenwirimmerhin,dasshierdie„extrapaulinische“ArbeitvonBumibwezu(?),welchederFVschonlängerunterstützt,etwasausrichtenkann.Demographischkommterschwerenddazu,dassinSambia46%derBevölkerungunter15J.altsindundletzteredaherzudenweltweitamschnell-stenwachsendengehört.

NichtgeburtshilflichenOperationen:Hysterektomien(4),Op.beiEileiter-schwangerschaft(15),Ovarialzysten(10),Probelaparotomien(7).Nur16%dermajoroperationswurdenanMännernvorgenommen!DabeihandelteessichhauptsächlichumHernien(89),zweiUnterschenkelampu-tationen(Kurio:1xnachKrokodilbiss!),LaparotomienachMesserstich(1x),eineSplenektomiewegenBlutung(durchGastarztausBS).Beidem„minoroperations“dominierenZirkumzisionenzurHIV-ProphylaxeundRepositionenvonFrakturen.Insgesamtlässtsichsagen,dassdasSt.PaulsHospitalz.Zt.imWesentlicheneineGeburtsklinikmitsehrwenignicht-gynäkologischerChirurgieist.Diesbe-deutetauch,dassz.Zt.füreine(n)Fachärztin/Facharzt(anwärter/in)Allg.chirur-gieausderCHfüreinenlängerenEinsatzinKKweniginteressantseindürfte.Ausnahme:ev.Geburtshilfe/Gynäkologie.BeimeinenvorausgegangenenKurz-einsätzenschiendasSpektrumderdurchgeführtenOperationennochdeutlichweiter.Dieshängtwhs.vonderchirurgischenKompetenzunddemEngage-mentdergeradevorOrttätigenAerztezusammen.AndereFaktoren?

Nocheinige(vielleichtnicht-repräsentative)Eindrücke:

ImOP:FliessendesWasser(1)undElektrizität(2)-imUnterschiedzufrüher-dauerndvorhanden.Entsprechend,u.a.bessereBeleuchtung(3).Fürmichneu:GebetdesTeamsvorderOp.beginn(frühernichtusus!).Erstaunlich:Instru-mentierschwestermahntdenOperateurbeieinerSektio,dassdieUnterbin-dung(beieinerSechstgebärendenmitgeschädigtemUterus)imSt.Paulver-botensei!Anästhesie:mehrriskanteVollnarkosen,habeninzwischenNarkose-geräte.Anästhesisten,z.T.demotiviert(einerspieltz.B.währendOp.mit

seinemHandy).VerwendendickeSpinalnadeln,welchehäufigKopfschmerzenverursachen.Positiv:postop.deutlichwenigerWundinfekte!ErklärungenvonSeitenderAerzte:bessereSterilisation(neueSterilisatorenundWaschmasch-inen!(4,5)),dieRäumeseienauch„begast“worden.Whs.spieltdabeiauchdieüberdieJahreverbesserteOp.technikunddasmodernereNahtmaterialeineRolle.Erstaunlich:dieOperateurewaschenpräop.dieHändenurmitSeifeobwohleffektivereDesinfizienzienzurVerfügungstehen?Gebärsaal:„EinemNeugeborenengeht’sschlecht.Eskannlangenichtabgena-beltwerden(unddienotwendigeWiederbelebungdesNeugeborenenverzö-gertsichdeswegen),weilwedereineScherenocheinSkalpellzumAbnabelnaufzutreibensind!“GemässAuskunftHebammestehendemGebärsaalnur4ScherenzurVerfügung!DawirausBShundertevonScherengelieferthaben,gehenwirderSachenach.ImLagerhatesgenügendScheren,diesewerdenallerdingsnurmontagsvon7-8Uhrherausgegeben!DieapparativenMöglich-keitenderNeugeborenenreanimationhabensichgegenübermeinemerstenBesuchinKKdeutlichverbessert:Reanimationsplatzdamals(6)undheute(7).UnddieEinstellung?Bsp.:„EswirdeinKaiserschnittwegenkindlichemNotzustandindiziert.AnschliessendwartetdieGebärendeca.30MinutenvordemOp.ohnedasssichjemandumsiegekümmerthätte.SchliesslichgebiertsiealleinaufdemTransportwagen.ReifesMädchenausdickmekoniumhalti-gemFruchtwasser.EszeigtkaumLebenszeichen(APGAR1).DasallmählicheintrudelndeeinheimischeTeam„verdünnisiert“sichraschundlässtmichmitHerrundFrauM.+A.Eglin(cand.med.undKinderschwesterausBL)alleine.Wirbemühenuns-leidererfolglos-dasKindwiederzubeleben“.DieEinheimischenschienderToddesNeugeborenenziemlichgleichgültigzulassen?Demo.g.frischgebackenenMedizinehepaar(aufHochzeitreise!)mussichübrigens„einKränzleinwinden“,siezeigtenimmerwieder–wieauchdieanderenStudentenausderCH–weitüberdurchschnittlichesEngagement!„EklamptischerAnfall,Entbindungmit–inuntauglicherWeise-durchCidex„desinfiziertem“(?)-nurfürEinmalgebrauchvorgesehenemKiwi-Vakuum(8).(EinwiederverwendeteKiwi„hält“nichtkorrektundkannu.a.HIVübertra-gen).Zweivonunsübergebenesolide-vonderWHOspeziellfürdenEinsatzuntereinfachenVerhältnissenempfohlene-Vacua(Malmström)„überlebten“beiungenügenderWartungundnachlässigemVerlustvonBestandteileninKKjeweilskeinJahr(9).DanachNahtderziemlichausgedehntenGeburtsverletz-ungohneLokalanästhesie!AlsdieFrauSchmerzenäusserte,wurdesievomArztzusammengestauchtunderspreizteihreBeinemitGewaltumweiterzu-nähen.BeieinemTeildersambischenKollegenistEmpathienocheinFremd-

wort.AberesgibtauchermutigendeTrends:z.B.neuVorhängezwischendenGebär-betten(AnsatzvonIntimsphäre:vor/nach)(10,11).ObdiesesNeugeborenemirgrossemBauchwanddefekt(Gastroschisis),dasserstnachca.einemTagnachMansaverlegtwurde,überlebthat,konntenwirleidernichtinErfahrungbringen(12).WirwünschenjedenfallsdieserjungenMutter,diemit„KindundKegel“dasSt.Paulsverlässt,allesGute!(13).

NenadPavic(Lit.beimirerhältlich).

Bild1:FliessendesWasser Bild2:Immer(z.T.Solar-)Strom

Bild3:mehrLicht Bild4:NeuerSterilisator

Bild5:NeueWaschmaschinen

Bild6:Neoreanimation-„Bettchen“früher Bild7:ModerneReanimationseinheitheute

Bild9:UnserVakuum

Bild8:WiederverwendetesKIWI-Vakuum

Bild10:FrüherohneVorhänge

Bild11:Neu:IntimsphäreimGebärsaal

Bild12:NeugeborenesmitBauchwanddefekt

Bild13:NachHause