Kennzahlen zur Bilanzanalyse -...

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  • Kapitel 2

    Marktprozesse

    Finanzmanagement/ Finanz-wirtschaft

    1 Grundlegendes zur Bilanzanalyse 2 Aufbereitung der Bilanz 3 Kennzahlen 4 Grenzen

    Kennzahlen zur Bilanzanalyse

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 2

    1 Grundlegendes zur Bilanzanalyse

    Die Bilanzanalyse ist eine Methode zur Informationsverarbeitung, die das Zah-lenmaterial eines oder mehrerer Jahresabschlsse von einer oder mehreren Un-ternehmungen auswertet. Sie sttzt sich dabei vor allem auf die Bilanz. Je nach Interessenslage werden unterschiedliche Informationsziele verfolgt. (Bspw. stu-fen Wirtschaftsprfer anhand der Bilanzanalyse Unternehmensrisiken ein und erstellen so genannte Rankings.)

    Ihre Erkenntnisse gewinnt die Bilanzanalyse, indem das zur Verfgung stehende Datenmaterial aufbereitet, gruppiert, zu Kennzahlen verdichtet und abschlieend interpretiert wird.

    Bilanzanalyse Differenzierte Auswer-tung des Jahresab-schlusses

    Warum?

    Der Kaufmann hat fr den Schluss eines jeden Geschftsjahres einen das Verhltnis seines Vermgens und seiner Schulden darstellenden Abschluss aufzustellen (Handelsgesetzbuch 242)

    Mit Ausnahme der kleinen Personengesellschaften unterliegen alle Unternehmen einer Prfungs-und Offenlegungspflicht dieses Jahresabschlusses. Letztere informiert und schtzt damit alle mitdem Betrieb in Beziehung stehenden Parteien, aber:

    Gewinn ist nicht gleich Gewinn. Wie ein Unternehmen wirklich dasteht, ist immer ein greres Rtsel fr Anleger, Analysten, Fondsmanager und auch Wirtschaftsprfer. (Frankfurter Allgemeine Zeitung 26.Juli 2001)

    Um die Aussagekraft des verffentlichten Abschlusses zu erhhen, bedarf es einer entsprechenden Auswertung. Weil die Bilanz den wesentlichen Bestandteil des Jahresabschlusses bildet, steht ihreAnalyse dabei im Mittelpunkt. Durch die Bilanzanalyse erhalten aktuelle und potentielle Glubiger Aussagen ber Finanzlage undzuknftige Zahlungsfhigkeit des Unternehmens. Aktionre hingegen sind an der gegenwrtigen und zu erwartenden Ertragslage interessiert. Aufschluss ber die gesamte wirtschaftliche Lage einerUnternehmung und darber, inwieweit die gesetzten konomischen Ziele bereits erreicht wurdenbzw. noch erreicht werden knnen, sind im Interesse von Unternehmensfhrung, Kapitalgeber,Anteilseigner, Lieferanten, Kunden und Arbeitnehmer. Das zentrale bilanzanalytische Instrumentarium stellen unterschiedliche Kennzahlen dar. Sie erst ermglichen eine sinnvolle Einschtzung des Unternehmens.

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 3

    Die verschiedenen Phasen der Bilanzanalyse zeigt Abbildung 1.

    Die Bilanzanalyse verschafft einen vertiefen Einblick in die Vermgens- und Ertragslage des betrachteten Betriebs. Ihr Ziel ist es Entwicklungstendenzen, insbesondere Fehlentwicklungen und Aufflligkeiten kenntlich zu machen.

    2 Aufbereitung der Bilanz

    Die Grundlage der Bilanzanalyse bildet die Bilanz. Sie stellt die Aktiva der Pas-siva des Unternehmens gegenber. Die Aktivseite erfasst alle Wirtschaftsgter und Geldmittel, die zusammen das Vermgen des Unternehmens ergeben. Anhand der Dauer, die die Gegenstnde im Geschftsprozess verbleiben, grenzt man Anlage- und Umlaufvermgen voneinander ab. Auf der Passivseite bietet die Bilanz eine bersicht ber die Kapitalzusammen-setzung. An dieser Stelle sind alle Verpflichtungen des Betriebs gegenber den Eigentmern und Glubigern dokumentiert. Je nach Mittelherkunft unterschei-det man vor allem zwischen Eigen- und Fremdkapital. Die beiden Seiten der Bilanz sind in ihren Summen identisch, weil die Passiva die Mittelherkunft und die Aktiva die Verwendung dieser Mittel abbildet. Fr die weitere Analyse muss die Bilanz aufbereitet werden. Dies geschieht, indem ihre einzelnen Posten so zusammengefasst werden, dass aussagekrftige und fr die Kennzahlenbildung zweckmige Gren entstehen. Das Ergebnis dieser Aufbereitung ist die Strukturbilanz. Wie man eine solche erstellt, veranschaulicht Abbildung 2.

    BilanzGegenberstellung von Vermgen und Kapital

    StrukturbilanzAufbereitete Bilanz

    Informationsbeschaffung

    Aufbereitung der Datenba-

    Durchfhrung der Analysen

    Interpretation der Ergebnis-

    Berichterstattung

    Sonstige Daten

    Unternehmensdaten

    Bilanz, GuV, Anhang, u. a.

    Branchendaten

    Kennzahlen

    Zeitvergleich

    Strukturbilanz

    Abbildung 1Phasen der Bilanz-analyse (eigene Darstellung in Anlehnung an Peeml-ler, 2003, S. 207)

    Unternehmens- vergleich

    Ist-Soll-Vergleich

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 4

    Aktiva Bilanz Passiva

    A. Anlagevermgen: I. Immaterielle Vermgensgegenstnde: 1. Konzessionen, Lizenzen 2. Geschfts- oder Firmenwert 3. geleistete Anzahlungen II. Sachanlagen: 1. Grundstcke 2. technische Anlagen und Maschinen 3. Betriebs- und Geschftsausstattung 4. geleistete Anzahlungen III. Finanzanlagen: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen 3. Beteiligungen; 4. Ausleihungen an andere Unternehmen 5. Wertpapiere des Anlagevermgens 6. sonstige Ausleihungen

    B. Umlaufvermgen: I. Vorrte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen 3. fertige Erzeugnisse und Waren 4. geleistete Anzahlungen II. Forderungen, sonstige Vermgens- gegenstnde: 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen 3. Forderungen gegen andere Unternehmen 4. sonstige Vermgensgegenstnde III. Wertpapiere: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. eigene Anteile 3. sonstige Wertpapiere IV. Kassenbestand, Bankguthaben, Schecks. C. Rechnungsabgrenzungsposten.

    A. Eigenkapital: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrcklage III. Gewinnrcklagen: 1. gesetzliche Rcklage 2. Rcklage fr eigene Anteile 3. satzungsmige Rcklagen 4. andere Gewinnrcklagen IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag V. Jahresberschuss/Jahresfehlbetrag

    B. Rckstellungen: 1. Rckstellungen fr Pensionen 2. Steuerrckstellungen 3. sonstige Rckstellungen C. Verbindlichkeiten: 1. Anleihen 2. Verbindlichkeiten gegenber Banken 3. erhaltene Anzahlungen 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen 5. Verbindlichkeiten aus Wechsel 6. Verb. gegenber verbundenen Unternehmen 7. Verb. gegenber anderen Unternehmen 8. sonstige Verbindlichkeiten D. Rechnungsabgrenzungsposten.

    Aktiva Strukturbilanz Passiva

    A. Anlagevermgen

    B. Umlaufvermgen 1. Vorrte 2. Forderungen 3. sonstige Vermgensgegenstnde 4. Wertpapiere 5. flssige Mittel 6.Rechnungsabgrenzungsposten

    A. Eigenkapital

    B. Fremdkapital 1. langfristige Fremdmittel 2. kurzfristige Fremdmittel

    Bei der Erstellung der Strukturbilanz gilt folgendes zu beachten: Dividendenzahlungen sind aus dem Jahresberschuss heraus- und den

    kurzfristigen Fremdmitteln zuzurechnen.1 Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fnf Jahren gelten

    als langfristig. Pensionsrckstellungen stehen dem Unternehmen langfristig zur Verf-

    gung. Zustzlich ist es notwendig das monetre Umlaufvermgen zu ermitteln: Forderungen + Wertpapiere + flssige Mittel + aktive Rechnungsabgrenzungs-posten = monetres Umlaufvermgen

    Abbildung 2Erstellung der Strukturbilanz (eigene Darstellung)

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 5

    3 Kennzahlen

    Whrend die Strukturbilanz lediglich die bestehenden Daten umordnet, liefern die Kennzahlen weitere, differenzierte Auswertungsmglichkeiten ber Lage und Entwicklung des Unternehmens. Sie bilden den Kern der Bilanzanalyse. Grundstzlich unterscheidet man sie ber die Zuordnung zur vertikalen bzw. horizontalen Bilanzstruktur.

    Einen berblick ber die wichtigsten statischen2 Kennzahlen liefert Abbil-dung 3:

    3.1 Vertikale Bilanzstruktur

    Beim Analysieren der vertikalen Bilanzstruktur setzt man Positionen derselben Bilanzseite zueinander in Beziehung und errechnet so entsprechende Kennzah-len.

    3.1.1 Analyse der Kapitalstruktur

    Fr die Beurteilung der finanziellen Lage spielt die Analyse der Kapitalstruktur eine zentrale Rolle. Daher ist sie auch unter dem Begriff Finanzierungsanalyse bekannt. Ihre Aufgabe ist es, Erkenntnisse ber Quellen und Zusammensetzung des Kapitals nach Art, Sicherheit und Fristigkeit zu erlangen, um schlielich Aussagen ber das finanzielle Risiko der Unternehmung treffen zu knnen.

    Hierbei sind ausschlielich die auf der Passivseite ausgewiesenen Kapitalposten von Bedeutung.

    Analyse der Kapitalstruktur

    Fremdkapitalquote

    Statischer Verschuldungsgrad

    Eigenkapitalquote

    Vertikale Bilanzstruktur

    Anlageintensitt

    Umlaufintensitt

    Analyse der Vermgensstruktur

    Kennzahlen der Bilanzanalyse

    Horizontale Bilanzstruktur

    Deckungsgrade

    Liquidittsgrade

    Working Capital

    Abbildung 3Kennzahlen der Bilanzanalyse (eigene Darstellung)

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 6

    Eine relevante Kennzahl in diesem Zusammenhang stellt die Eigenkapitalquote dar:

    Eigenkapital steht dem Unternehmen langfristig und unkndbar zur Verfgung. Eine hohe Eigenkapitalquote ermglicht somit finanzielle Unabhngigkeit und verschafft wirtschaftliche Stabilitt.

    Die vertikale Finanzierungsregel fordert als Richtwert eine Quote von 50 %. blicherweise liegt sie aber nur zwischen 20 und 30 %. Die Hhe dieses Wertes ist, wie auch bei anderen Kennzahlen, branchenabhngig.

    Eine Erhhung des Eigenkapitals, bspw. durch die Ausgabe junger Aktien, hat eine Verbesserung der Eigenkapitalquote zur Folge und dmpft die Gefahr einer berschuldung.

    Analog zur Eigenkapitalquote berechnet man die Fremdkapitalquote:

    Eine zu hohe Fremdkapitalquote belastet das Unternehmen. Sie schrnkt seine Selbststndigkeit ein, beeinflusst Bonittsbeurteilungen negativ und beeintrch-tigt damit das Verhalten potentieller Kreditgeber sowie Lieferanten.

    Wenn der Anteil der langfristigen Fremdmittel am gesamten Fremdkapital je-doch hoch ist, kann man trotzdem von einer relativ sicheren Finanzierung spre-chen.

    Whrend langfristige Finanzierungsmittel den Vorteil einer hheren Sicherheit bieten, sind die kurzfristigen Fremdmittel aber oftmals zinsgnstiger zu beschaf-fen. In der Praxis muss man daher einen Kompromiss zwischen den Zielen der Stabilitt und der Wirtschaftlichkeit eingehen.

    Der statische Verschuldungsgrad ist eine weitere Kennzahl zur Analyse der Finanzierung:

    100*talGesamtkapialEigenkapitalquoteEigenkapit =

    EigenkapitalquoteAnteil des Eigenkapi-tals am Gesamtkapital

    100*talGesamtkapialFremdkapitalquoteFremdkapit =

    FremdkapitalquoteAnteil des Fremdkapi-tals am Gesamtkapital

    100*alEigenkapitalFremdkapitngsgradVerschuldu statischer =

    Statischer Verschuldungsgrad Verhltnis von Fremdkapital zu Eigenkapital

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 7

    Ein optimales Verhltnis von Fremd- zu Eigenkapital ist schwer zu bestimmen. Legt man analog zur Eigenkapitalquote die vertikale Finanzierungsregel zu Grund, ergibt sich jedoch ein 1:1-Verhltnis als Empfehlung.

    Da der statische Verschuldungsgrad direkt von der Eigenkapitalquote abhngt, sinkt er, wenn diese steigt. Er veranschaulicht damit das Insolvenzrisiko.

    3.1.2 Analyse der Vermgensstruktur

    Im Mittelpunkt der Vermgensstrukturanalyse stehen Art und Zusammenset-zung des Vermgens und dessen Bindungsdauer. Es besteht ein enger Zusam-menhang zwischen Kapital- und Vermgensstruktur, da das im Betrieb vorhan-dene Kapital in Vermgen investiert wird. Die Vermgensstrukturanalyse trgt daher auch den Namen Investitionsanalyse. Als Rechenbasis dienen die einzel-nen Positionen der Aktivseite der Strukturbilanz.

    Eine der wichtigsten Kennzahlen der Vermgensstrukturanalyse ist die Anlage-intensitt:

    Die Anlageintensitt vermittelt einen Eindruck ber die Anpassungsfhigkeit des Unternehmens. Je niedriger der Anteil des Anlagevermgens ist, desto fle-xibler kann der Betrieb auf positive oder negative Konjunkturschwankungen reagieren.3

    Aus der Praxis... Anlageintensitt in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2000

    Eine sinnvolle Interpretation der Kennzahl Anlageintensitt erfordert die Bercksich-tigung unternehmensindividueller Einflsse, wie das Produktionsprogramm oder denGrad der Automatisierung. Branchen, die besonders anlageintensiv arbeiten, weiseneinen sehr hohen Wert auf. ( Nach Peemller, 2003, S.333)

    010203040506070

    Anlage-intensitt in %

    Energ

    ieCh

    emie

    Ern

    hrung

    Holz

    Metal

    lsc

    hinen

    bau

    Gro

    hand

    el

    BauW irtschaftsbereiche

    100*genGesamtvermgenAnlagevermnsittAnlageinte =

    AnlageintensittAnteil des Anlage-vermgens am Gesamtvermgen

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 8

    Das Leasing und auch das Sale-and-lease-back-Verfahren knnen diese Kenn-zahl beeinflussen. Wenn Maschinen und Betriebsausstattungen dem Anlage-vermgen des Leasinggebers zugeschrieben werden, sinkt der Anteil des Anla-gevermgens beim Leasingnehmer und folglich dessen Anlageintensitt.

    Die Umlaufintensitt macht eine hnliche Aussage ber die Flexibilitt des Unternehmens wie die Anlageintensitt:

    Eine hohe Umlaufintensitt ermglicht schnelle Reaktionen auf Beschftigungs- und Konjunkturvernderungen. Sie deutet auf eine effektive Nutzung vorhande-ner Kapazitten hin und ist mit steigenden Vorrten, Forderungen und daraus resultierenden Umsatzerhhungen verbunden.

    Eine Zunahme der Vorrte sowie Fertigung auf Lager tragen zur Steigerung dieser Kennzahl bei, Just-in-Time-Produktion4 hingegen zu ihrer Senkung.

    3.2 Horizontale Bilanzstruktur

    Die Analyse der horizontalen Bilanzstruktur stellt einen Zusammenhang zwi-schen der Kapitalstruktur (Finanzierungsanalyse) und der Vermgensstruktur (Investitionsanalyse) her. Indem Aktiv- und Passivposten zueinander in Bezie-hung gesetzt werden, trifft sie Aussagen ber die zuknftige Zahlungsfhigkeit und die finanzielle Stabilitt des Unternehmens. Daher trgt sie auch die Be-zeichnung Liquidittsanalyse.

    Ihren Mittelpunkt bildet der Grundsatz der Fristenkongruenz. Dieser fordert, dass die einzelnen Vermgensgegenstnde jeweils mit solchen Mitteln finanziert werden sollen, die genauso lange zur Verfgung stehen, wie das Kapital in den Vermgensteilen gebunden ist.

    Daraus folgt, dass die langfristigen Aktivposten auch dauerhaft finanziert wer-den mssen. Diese Forderung bringt die goldene Bilanzregel zum Ausdruck.

    Anhand der verschiedenen Deckungsgrade kann man die Einhaltung dieser Regel berprfen:

    Der Deckungsgrad A bedeutet, inwieweit das Anlagevermgen durch Eigenka-pital gedeckt ist, um jederzeit eine fristenkongruente Finanzierung sicher zu

    Kapitel 2 Leasing

    100*genGesamtvermgenUmlaufvermnsittUmlaufinte =

    UmlaufintensittAnteil des Umlauf-vermgens am Ge-samtvermgen

    100*genAnlagevermalEigenkapitA adDeckungsgr =

    Deckungsgrad ABeziehung zwischen Eigenkapital und Anlagevermgen

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 9

    stellen. Darber hinaus signalisiert diese Zahl die Kreditwrdigkeit des Betriebs. Als Faustregel betrachtet man einen Mindestwert von 100 %, der aber in der Praxis weit unterschritten wird.

    Man erhlt den Deckungsgrad B, indem der Zhler des Deckungsgrades A um das langfristige Fremdkapital erweitert wird, denn dieses besitzt eigenkapital-hnlichen Charakter.

    Natrlich sollte auch hier der Wert der Kennzahl ber 100 % liegen. Dies be-deutet, dass dem Unternehmen langfristiges Kapital zur Deckung des langfristig gebundenen Umlaufvermgens zur Verfgung steht, z. B. eines eisernen Be-stands an Vorrten.

    Die bereits erluterten Deckungsgrade betreffen lediglich den langfristigen Be-reich der horizontalen Bilanzstrukturanalyse. Um dem Grundsatz der Fristen-kongruenz nher zu kommen, bedarf es zustzlich einer Betrachtung des kurz-fristigen Liquidittsbereiches5.

    In der Praxis finden dazu die folgenden Liquidittsgrade Anwendung:

    Die Liquiditt 1. Grades macht eine Aussage darber, inwieweit ein Betrieb in der Lage ist, seinen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzu-kommen. Allerdings wird dabei vernachlssigt, dass der Betrieb jederzeit und nicht nur am Bilanzstichtag liquide sein sollte.

    Eine allgemeine Norm bezglich des optimalen Wertes gibt es nicht. Eine zu hohe Liquiditt ist genauso wenig anzustreben, wie eine zu geringe, da das Ka-pital in liquider Form kaum Ertrge bringt und damit die Rentabilitt schmlert.

    Bei der Berechnung der Liquiditt 2. Grades bezieht man alle flssigen oder leicht liquidierbaren Bestandteile des Umlaufvermgens mit ein.

    100*genAnlageverm

    alFremdkapit geslangfristi alEigenkapitB adDeckungsgr +=Deckungsgrad BBeziehung zwischen langfristigem Kapital und Anlagevermgen

    100*alFremdkapit geskurzfristi

    Mittel liquide1.Grades Liquiditt =Liquiditt 1. GradesBarliquiditt

    100*alFremdkapit geskurzfristi

    mgen Umlaufvermonetres2.Grades Liquiditt =Liquiditt 2. GradesLiquiditt auf kurze Sicht

    Aufbereitung der Bilanz, S. 4 Zusammensetzung des monetren Umlaufvermgens

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 10

    Ein Beurteilungskriterium fr diese Kennzahl formuliert die goldene Finanzie-rungsregel. Sie besagt, dass das kurzfristige Kapital mindestens das kurzfristige Vermgen decken muss. Folglich sollte der Wert ber 100 % liegen.

    Das komplette bilanzanalytische Umlaufvermgen incl. der Vorrte wird bei der Liquiditt 3. Grades bercksichtigt.

    Sie entspricht der Liquiditt auf mittlere Sicht, da die Vorrte als mittelfristig liquidierbar anzusehen sind. Andererseits gefhrdet eine Liquidation der Vorrte die laufende Geschftsttigkeit und sollte vom Unternehmen aus diesem Grunde nur im Notfall angewandt werden.

    Fr diese Kennzahl fordert die Bankers Rule einen Richtwert von 200 %. Sie wird in der Literatur daher auch als 2:1-Regel bezeichnet.

    Das Working Capital macht ber Finanzkraft und Ertragskraft hnliche Aussa-gen wie bereits die Liquiditt 3. Grades:

    Es entspricht dem Teil des Umlaufvermgens, der langfristig finanziert ist. Be-findet sich das Working Capital im negativen Bereich, bedeutet dies, dass lang-fristiges Vermgen kurzfristig finanziert ist. Dann wrde der Fristenkongruenz nicht entsprochen werden. Entsprechend drckt ein hohes Working Capital ein geringes zuknftiges finanzielles Risiko aus.

    Als absolute Gre kann sie aber nur unzureichende Vergleiche zwischen Be-trieben ermglichen.

    In Abbildung 4 ist der Zusammenhang zwischen den eben beschriebenen Kenn-zahlen und der Bilanz veranschaulicht.

    Aktiva Strukturbilanz Passiva

    A. Anlagevermgen

    B. Umlaufvermgen

    A. Eigenkapital

    B. Fremdkapital 1. langfristige Fremdmittel 2. kurzfristige Fremdmittel

    Gesamtvermgen

    Gesamtkapital

    100*alFremdkapit geskurzfristi

    mgen Umlaufver3.Grades Liquiditt =Liquiditt 3. GradesLiquiditt auf mittlere Sicht

    alFremdkapit geskurzfristigenUmlaufvermCapital Working = Working CapitalLangfristig finanzier-tes Umlaufvermgen

    Working Capital

    Deckungs-grade

    Eigenka- pitalquote

    Fremdkapitalquote

    Verschul- dungsgrad

    Anl

    age-

    in

    tens

    itt

    Liquidittsgrade

    Um

    lauf

    inte

    nsit

    t

    Abbildung 4 Kennzahlenbildung in der Bilanz (eigene Darstellung)

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 11

    Aus der Praxis... Kennzahlen der Porsche AG fr das Geschftsjahr 2002/03

    Porsche baute den Erfolg trotz weltweiter Konjunkturflaute aus.

    Das Unternehmen erfreut sich einer groen finanziellen Soliditt und hat dies imBerichtsjahr einmal mehr untermauert.

    ( Selbstdarstellungen der Porsche AG im Geschftsbericht 2002/03)

    Inwieweit diese Aussagen zutreffen spiegeln die Bilanzkennzahlen wider:

    Die Eigenkapitalquote von 44,5 % liegt in unmittelbarer Nhe der von dervertikalen Finanzierungsregel empfohlenen 50 %-Marke.

    Durch diese relativ hohe Quote beluft sich der statische Verschuldungs-grad der Porsche AG auf den recht niedrigen Wert von 124,4 %. Dies ent-spricht einem akzeptablen 1 : 1,2 - Verhltnis.

    Fr das Geschftsjahr 2002/03 errechnet sich eine Anlageintensitt von36,6 %. Sie liegt damit ca. 2,6 Prozentpunkte ber dem Wert des Vorjahres.Wie aus dem Bilanzanhang hervorgeht, ist diese Erhhung in erster Linie aufZugnge bei den Sachanlagen zurckzufhren.

    Die Bilanz der Porsche AG lsst eine relativ geringe Lagerhaltung erkennen.Der Wert ihrer Umlaufintensitt von 63,4 % beruht demnach vor allem aufdem vergleichsweise hohen Bestand der flssigen Mittel im Umlaufvermgen.

    Im Geschftsjahr 2001/02 erreichte der Deckungsgrad A 97 %, die im Folge-jahr mit einem Wert von 121,9 % sogar noch bertroffen wurden. Auch derDeckungsgrad B konnte im Zeitvergleich um fast 20 Prozentpunkte auf150,8 % gesteigert werden. Die Ergebnisse beider Kennzahlen entsprechendamit der goldenen Bilanzregel.

    Die von der goldenen Finanzierungsregel fr die Liquiditt 2. Grades gefor-derten 100 % konnte die Porsche AG im Geschftsjahr 2001/02 nicht errei-chen (97,4 %). Im Berichtsjahr war ihr dies dann aber mit einem Wert von113,9 % mglich. Diese Verbesserung beruht auf einer Zunahme des Forde-rungs- und Wertpapierbestandes.

    Bei der Liquiditt 3. Grades erreichte das Unternehmen nur einen Wert von141,3 % und erfllte damit nicht die Bankers Rule. Um die Jahrtausendwendewar allerdings die Automobilbranche der einzige Wirtschaftsbereich, der imVergleich ber verschiedene Branchen hinweg die 200 %-Marke berschrei-ten konnte.

    Diese Kennzahlenanalyse zeichnet ein sehr positives Bild der wirtschaftlichen Lageder Porsche AG zum Geschftsjahr 2002/03.

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 12

    4 Grenzen

    Obwohl die Bilanzanalyse zu den zentralen Instrumenten zhlt, um die wirt-schaftliche Lage eines Unternehmens zu beurteilen, bleibt ihre Aussagekraft aber nur beschrnkt.

    Abbildung 5 stellt ihre Grenzen dar.

    6

    Um eine noch bessere Einschtzung der wirtschaftlichen Lage eines Betriebs zu ermglichen, wurden Verfahren entwickelt, die aus Zahlungsstrmen der Ver-gangenheit Prognosen fr zuknftige Zahlungsstrme ableiten. Dabei spricht man von der dynamischen Analyse. Dazu geeignete Instrumente sind der Cash Flow und die Kapitalflussrechnung.

    Der Bilanzanalytiker muss aber neben den Bilanzkennzahlen stets das komplette wirtschaftliche, politische und soziale Umfeld im Blick haben, um effektiv zu arbeiten.

    Unbeschrnkter

    Zugang zu Daten

    Legale Bilanz- manipulation

    Bewertungs-, Bilan-zierungswahlrechte

    Unvollstndige Informationen

    Vergangen- heitsbezogene

    Daten

    Nur Moment- aufnahme

    ausschlielich Bilanzstichtag

    Bilanz-

    flschung

    Nur zahlenm-ig erfassbare

    Gren6

    Nur Abweichun- gen erkennbar keine Ursachenzu-

    schreibung

    Abbildung 5 Grenzen der Bilanzanalyse

    Kapitel 2 Einsatz des Cash Flow

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 13

    Interessante Literatur zum Thema Coenenberg, Adolf Gerhard

    Jahresabschlu und Jahresabschluanalyse, 18. Aufl., Landsberg/Lech, 2001.

    Grfer, Horst Bilanzanalyse, 7. Aufl., Herne/Berlin, 1997.

    Peemller, Volker Bilanzanalyse und Bilanzpolitik, 3. Aufl., Wiesbaden, 2003.

    Whe, Gnter Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. Aufl., Mnchen, 1997.

    Interessante Links im Internet (Stand 03/2004)

    www.iwp.uni-sb.de/lehre/bilanaly/

    download/SS2002/BASS.pdf Zusammenfassung zur Bilanzanalyse

    www3.porsche.de/german/deu/company/annualreport/downlo

    ad/texts/default.htm Geschftsbericht der Porsche AG fr das Geschftsjahr 2002/03

  • Marktprozesse Kennzahlen der Bilanzanalyse 14

    Kommentare 1 Die Dividendenbetrge drfen nicht zum Eigenkapital gerechnet werden, weil sie an die

    Aktionre ausgeschttet werden. 2 Im Zusammenhang mit der statischen Analyse werden, neben den hier erluterten Kennzah-

    len auch Rentabilittskennzahlen verwendet. 3 Langfristig in Anlagen gebundenes Kapital geht mit hohen Fixkosten, z B. Abschreibungen,

    einher. Kommt es zu Nachfragerckgngen werden Ertrge und Einzahlungen gemindert, whrend die fixen Kosten und Auszahlungen zumindest kurzfristig weiter bestehen bleiben.

    4 Just-in-Time-Produktion: Zulieferung genau zum Einbauzeitpunkt 5 Die Liquiditt beschreibt dabei die Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfhigkeit des

    Unternehmens 6 Faktoren, die zahlenmig nur schwer erfassbar sind, wie Kundenzufriedenheit, Mitarbeiter-

    fluktuation, allgemeine wirtschaftliche Lage, Ansehen des Unternehmens, Kundenstamm, Managementqualitten oder Wert einer bereits etablierten und populren Marke drfen nicht auer Acht gelassen werden.

  • Beyer, Horst-Tilo (Hg.): Online-Lehrbuch BWL, http://www.online-lehrbuch-bwl.de

    http://www.online-lehrbuch-bwl.de/