Kieferhöhlenuntersuchung nach Sinusbodenelevation kombiniert mit autologer Onlay-Osteoplastik

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336 Mund Kiefer GesichtsChir 5 · 2002 Nach vorzeitigem Zahnverlust kommt es durch fehlende kaufunktionelle Be- lastung zu einem Abbau des Alveolar- kamms, der sich im Oberkiefer sowohl in sagittaler als auch in transversaler und vertikaler Dimension vollzieht.Wäh- rend die ersten beiden Formen dabei nach wie vor schwierig zu therapieren sind (Onlay-Osteoplastik, skelettal vor- verlagernde Operationen), kann die spe- zielle Anatomie des Kieferhöhlenbodens zu einer knöchernen Auffüllung ausge- nutzt werden, um eine orale Rehabilita- tion durch osseointegrierte Implantate zu ermöglichen. Seit der Erstbeschrei- bung der so genannten Sinusboden- elevation durch Tatum [18] und ihrer späteren Modifikation durch Boyne u. James [1] hat diese Methode zur Verbes- serung des Knochenangebots weite Ver- breitung gefunden und kann mittler- weile als etabliert betrachtet werden [1]. In Ergänzung wird die Onlay-Osteo- plastik [3, 8] empfohlen. Die Frage, wel- ches Material sich in optimaler Weise zur Auffüllung eignet, wird nach wie vor kontrovers diskutiert, da langfristige Nachuntersuchungen mit den zur Ver- fügung stehenden Materialien wie auto- loge Knochentransplantate oder homo- loge, heterologe und synthetische Mate- rialien nur in relativ spärlicher Form vorliegen [2, 4, 7, 8, 12, 13, 14, 20, 21, 23, 24]. Darüber hinaus erschweren uneinheit- liche Operationsstandards einen Ver- gleich der Ergebnisse. Auch ethische, Mund Kiefer GesichtsChir 2002 · 6 : 336–340 DOI 10.1007/s10006-002-0398-z Originalien C. Wilkert-Walter 1 · S. Jänicke 1 · E. Spüntrup 2 · Th. Laurin 1 1 Klinik für Zahn-, Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum, RWTH Aachen 2 Klinik für Radiologie, Universitätsklinikum, RWTH Aachen Kieferhöhlenuntersuchung nach Sinusbodenelevation kombiniert mit autologer Onlay-Osteoplastik Online publiziert: 11 Juni 2002 © Springer-Verlag 2002 Vortrag auf der 52. Jahrestagung der Arbeits- gemeinschaft für Kieferchirurgie, Bad Homburg, Mai 2001. Dr. Cornelia Wilkert-Walter Klinik für Zahn-, Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum, RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen, E-mail: [email protected], Phone: 0241-8088317, Fax: 0241-8082430 Zusammenfassung Hintergrund: Komplikationsraten nach Sinusbodenelevation werden in der Literatur bei häufiger Verwendung von heterologen Füllmaterialien mit bis zu 10% angegeben. In einer retrospektiven Studie sollten die Art und die Häufigkeit der Komplikationen von Seiten der Kieferhöhle bei den von uns mit autologer Spongiosa behandelten Patienten festgestellt werden. Patienten und Methode: Bei 46 Patienten mit absoluter Oberkieferalveolarkammatro- phie (61% weiblich, 39% männlich, Durch- schnittsalter: 49 Jahre) wurde eine Sinus- bodenelevation, ggf. kombiniert mit Onlay- Osteoplastik durch freies Beckenkammtrans- plantat, durchgeführt. Die Implantatinser- tion erfolgte zweizeitig nach 3–6 Monaten. Präoperativ wurde zur Diagnostik und Thera- pieplanung ein OPT angefertigt, bei Verdacht auf Vorliegen einer Kieferhöhlenerkrankung zusätzlich eine Nasennebenhöhlenaufnah- me. Postoperativ wurde routinemäßig ein OPT durchgeführt. Eine klinische und röntge- nologische Nachuntersuchung erfolgte nach 6–12 Monaten. Im Rahmen dieser Studie wurden außerdem die Operationsberichte und Krankengeschichten ausgewertet. Ne- ben der klinischen Untersuchung beantwor- teten die Patienten einen Fragebogen. Zu- sätzlich wurden eine Sonographie sowie eine Magnetresonanztomographie zur Ver- meidung einer Strahlenbelastung der Pa- tienten durchgeführt. Ergebnisse: Trotz relativ häufiger Perforation der Sinusmembran (etwa 25%) war keine Entfernung des Knochentransplantats auf- grund entzündlicher Komplikationen erfor- derlich. In 2% der Fälle trat eine transiente Sinusitis auf. Die Implantatverlustrate (3 von 154) kann als niedrig bezeichnet werden. Diskussion: Die Sinusbodenelevation mit autologem Knochentransplantat ist weiter- hin trotz alternativer heterologer Füllmateri- alien als sichere Alternative zu bezeichnen. In einem geringen Prozentsatz führt sie zu nachweisbaren Veränderungen der Kiefer- höhle, die relativ häufig auf präexistenten unerkannten oder subklinischen Kieferhöh- lenveränderungen beruhen. Die Magnetre- sonanztomographie ist trotz des finanziellen und apparativen Aufwands eine ernsthaft zu erwägende Alternative zur Computertomo- graphie. Eine Kombination des autologen Knochentransplantats mit Kalziumphosphat- keramiken, thrombozytenreichem Plasma oder synthetisch hergestellten Knochen- wachstumsfaktoren sollte als alternatives Therapieverfahren geprüft werden. Schlüsselwörter Sinusbodenelevation · Sinuslift · Becken- kammtransplantation · Oberkieferatrophie · Magnetresonanztomographie

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Nach vorzeitigem Zahnverlust kommtes durch fehlende kaufunktionelle Be-lastung zu einem Abbau des Alveolar-kamms, der sich im Oberkiefer sowohlin sagittaler als auch in transversalerund vertikaler Dimension vollzieht.Wäh-rend die ersten beiden Formen dabeinach wie vor schwierig zu therapierensind (Onlay-Osteoplastik, skelettal vor-verlagernde Operationen),kann die spe-

zielle Anatomie des Kieferhöhlenbodenszu einer knöchernen Auffüllung ausge-nutzt werden, um eine orale Rehabilita-tion durch osseointegrierte Implantatezu ermöglichen. Seit der Erstbeschrei-bung der so genannten Sinusboden-elevation durch Tatum [18] und ihrerspäteren Modifikation durch Boyne u.James [1] hat diese Methode zur Verbes-serung des Knochenangebots weite Ver-breitung gefunden und kann mittler-weile als etabliert betrachtet werden [1].In Ergänzung wird die Onlay-Osteo-plastik [3, 8] empfohlen. Die Frage, wel-ches Material sich in optimaler Weisezur Auffüllung eignet, wird nach wie vorkontrovers diskutiert, da langfristigeNachuntersuchungen mit den zur Ver-fügung stehenden Materialien wie auto-loge Knochentransplantate oder homo-loge, heterologe und synthetische Mate-rialien nur in relativ spärlicher Formvorliegen [2, 4, 7, 8, 12, 13, 14, 20, 21, 23, 24].Darüber hinaus erschweren uneinheit-liche Operationsstandards einen Ver-gleich der Ergebnisse. Auch ethische,

Mund Kiefer GesichtsChir 2002 · 6 : 336–340DOI 10.1007/s10006-002-0398-z Originalien

C.Wilkert-Walter1 · S. Jänicke1 · E. Spüntrup2 · Th. Laurin1

1Klinik für Zahn-, Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum, RWTH Aachen2Klinik für Radiologie, Universitätsklinikum, RWTH Aachen

Kieferhöhlenuntersuchungnach Sinusbodenelevationkombiniert mit autologerOnlay-Osteoplastik

Online publiziert: 11 Juni 2002© Springer-Verlag 2002

Vortrag auf der 52. Jahrestagung der Arbeits-gemeinschaft für Kieferchirurgie, Bad Homburg,Mai 2001.

Dr. Cornelia Wilkert-WalterKlinik für Zahn-, Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie,Universitätsklinikum, RWTH Aachen,Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen,E-mail: [email protected],Phone: 0241-8088317, Fax: 0241-8082430

Zusammenfassung

Hintergrund: Komplikationsraten nachSinusbodenelevation werden in der Literaturbei häufiger Verwendung von heterologenFüllmaterialien mit bis zu 10% angegeben.In einer retrospektiven Studie sollten die Artund die Häufigkeit der Komplikationen vonSeiten der Kieferhöhle bei den von uns mitautologer Spongiosa behandelten Patientenfestgestellt werden.Patienten und Methode: Bei 46 Patientenmit absoluter Oberkieferalveolarkammatro-phie (61% weiblich, 39% männlich, Durch-schnittsalter: 49 Jahre) wurde eine Sinus-bodenelevation, ggf. kombiniert mit Onlay-Osteoplastik durch freies Beckenkammtrans-plantat, durchgeführt. Die Implantatinser-tion erfolgte zweizeitig nach 3–6 Monaten.Präoperativ wurde zur Diagnostik und Thera-pieplanung ein OPT angefertigt, bei Verdachtauf Vorliegen einer Kieferhöhlenerkrankungzusätzlich eine Nasennebenhöhlenaufnah-me. Postoperativ wurde routinemäßig einOPT durchgeführt. Eine klinische und röntge-nologische Nachuntersuchung erfolgte nach6–12 Monaten. Im Rahmen dieser Studiewurden außerdem die Operationsberichteund Krankengeschichten ausgewertet. Ne-ben der klinischen Untersuchung beantwor-teten die Patienten einen Fragebogen. Zu-sätzlich wurden eine Sonographie sowieeine Magnetresonanztomographie zur Ver-meidung einer Strahlenbelastung der Pa-tienten durchgeführt.Ergebnisse: Trotz relativ häufiger Perforationder Sinusmembran (etwa 25%) war keineEntfernung des Knochentransplantats auf-grund entzündlicher Komplikationen erfor-derlich. In 2% der Fälle trat eine transiente

Sinusitis auf. Die Implantatverlustrate (3 von154) kann als niedrig bezeichnet werden.Diskussion: Die Sinusbodenelevation mitautologem Knochentransplantat ist weiter-hin trotz alternativer heterologer Füllmateri-alien als sichere Alternative zu bezeichnen. Ineinem geringen Prozentsatz führt sie zunachweisbaren Veränderungen der Kiefer-höhle, die relativ häufig auf präexistentenunerkannten oder subklinischen Kieferhöh-lenveränderungen beruhen. Die Magnetre-sonanztomographie ist trotz des finanziellenund apparativen Aufwands eine ernsthaft zuerwägende Alternative zur Computertomo-graphie. Eine Kombination des autologenKnochentransplantats mit Kalziumphosphat-keramiken, thrombozytenreichem Plasmaoder synthetisch hergestellten Knochen-wachstumsfaktoren sollte als alternativesTherapieverfahren geprüft werden.

Schlüsselwörter

Sinusbodenelevation · Sinuslift · Becken-kammtransplantation · Oberkieferatrophie ·Magnetresonanztomographie

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methodische und technische Problemebei der Nachuntersuchung, wie z. B. dieStrahlenbelastung, spielen eine Rolle.

Komplikationsraten nach Sinusbo-denelevation, insbesondere postoperati-ve Sinusitiden, werden bei häufiger Ver-wendung von heterologen Füllmateria-lien in der Literatur mit bis zu 10% [4,20] angegeben, obwohl mit einer primä-ren Verlegung des Ostium naturale derKieferhöhle durch die Sinusbodeneleva-tion nicht zu rechnen ist.

In dieser retrospektiven Studie soll-ten die Art und die Häufigkeit der Kom-plikationen von Seiten der Kieferhöhlebei den von uns mit autologer Spongiosabehandelten Patienten festgestellt wer-den.

Material und Methode

Im Zeitraum von Juni 1995–Juni 2000wurde bei 46 Patienten (28 Frauen=61%und 18 Männer=39%, Alter 42–68 Jahre,Durchschnittsalter: 49 Jahre) eine Sinus-bodenelevation mit autologem Kno-chentransplantat und kombiniert mit ei-ner Onlay-Osteoplastik mit freiem Be-ckenkammtransplantat durchgeführt.Die Sinusbodenelevation erfolgte bei ei-ner Restkieferhöhe <5 mm nach derklassischen Window-Technik. Die Inser-tion von Brånemark-Implantaten wurdezweizeitig nach 3–6 Monaten vorge-nommen. Der weiterbehandelnde Zahn-arzt entschied über den Zeitpunkt derImplantatinsertion.

Präoperativ wurde zur Diagnostikund Therapieplanung ein OPT angefer-tigt, beim Verdacht auf Vorliegen einerKieferhöhlenerkrankung zusätzlich ei-ne Nasennebenhöhlenaufnahme. Post-operativ wurde routinemäßig ein OPTdurchgeführt. Eine klinische und rönt-genologische Nachuntersuchung erfolg-

te nach 6–12 Monaten. Im Rahmen die-ser Studie, 1 Woche–5 Jahre postopera-tiv, wurden die Operationsberichte undKrankengeschichten ausgewertet.Nebender klinischen Untersuchung beantwor-teten die Patienten einen Fragebogen.Gefragt wurde nach Komplikationenvon Seiten der Kieferhöhle postoperativ,nach Art der prothetischen Versorgung,Implantatverlust sowie Zufriedenheitmit der Situation zum Zeitpunkt derNachuntersuchung. Zusätzlich wurdeneine B-Scan-Sonographie mit zugeschal-tetem A-Modus (Siemens Sonoline) so-wie eine Magnetresonanztomographie(Philips Gyroscan ACS-NT) zur Vermei-dung einer Strahlenbelastung der Pa-tienten durchgeführt. Die Magnetreso-nanztomographie (MRT) erfolgte als ko-ronare und axiale T2-gewichtete Tur-bospinechosequenz (TR=4600–5000 ms,TE: 90 ms, 3 mm Schichtdicke, 0,3 mmSchichtabstand ohne und mit spektralerFettunterdrückung) sowie als T1-ge-wichtete Spinechosequenz (TR=614 ms,TE: 14 ms, 3 mm Schichtdicke, 0,3 mmSchichtabstand). Die Befunde wurdenim Hinblick auf Schleimhautschwellun-gen, Sekretretention sowie direkt post-operativ auf einen Hämatosinus ausge-wertet.

Ergebnisse

Bei den von uns nachuntersuchten 46Patienten wurden insgesamt 87 Sinus-bodenelevationen durchgeführt, 41-malbilateral und 5-mal unilateral (Tabelle 1).Eine Onlay-Osteoplastik mit freiem Be-ckenkammtransplantat, das in 80% derEingriffe mit Minischrauben fixiert wur-de, erfolgte in 45% der Fälle zusätzlichzur Verbreiterung des Implantatlagers.Bei 21 Sinusbodenelevationen (25%) kames zu einer Perforation der Kieferhöh-

C.Wilkert-Walter · S. Jänicke · E. Spüntrup ·Th. Laurin

Examination of the maxillarysinus after sinus flooraugmentation combined withautologous onlay osteoplasty

Abstract

Background: Complication rates after sinus flooraugmentation of up to 10% are mentioned inliterature, often when heterologous bone im-plants are used.The aim of our retrospectivestudy was to determine the complication rate in-volving the maxillary sinus of patients treatedwith autologous spongiosa.Patients and methods: In 46 patients with an ab-solute maxillary atrophy (61% female, 39% male,mean age 49 years), a sinus floor augmentation, ifnecessary combined with an onlay bone graft ofthe iliac crest, was performed. Implants (Bråne-mark) were placed in a two-stage procedure after3–6 months. Prior to surgery, a panoramic filmwas made for diagnosis and treatment planning;in addition, a sinus X-ray was taken when diseaseof the maxillary sinus was suspected. Panoramicradiography was routinely taken after surgery. Aclinical and radiological follow-up examinationwas performed after 6–12 months, and the pa-tients answered a questionnaire.This study alsoincluded evaluation of operation reports and casehistories. Ultrasound as well as magnetic reso-nance imaging to prevent radiation exposurewere performed additionally.Results: In spite of perforation of the maxillarysinus mucosa in about 25%, removal of the bonegraft due to inflammation was not necessary. Atransient sinusitis developed in 2%.The implantloss rate (3 out of 154) may be called small.Discussion: Even though alternative heterolo-gous graft materials exist, maxillary sinus floorelevation with autologous bone graft is still asafe option. Changes of the maxillary sinus aredetectable in a small percentage, relatively oftendue to preexisting unrecognized or subclinicaldiseases of the maxillary sinus. Magnetic reso-nance imaging is, in spite of the high financialand technical effort required, a serious alterna-tive to computed tomography.The combinationof autologous bone graft with calcium phos-phate ceramics, platelet-rich plasma, or syntheticbone growth factors should be tested as an al-ternative treatment method.

Keywords

Sinus floor elevation · Sinus lift · Iliac crestautograft · Magnetic resonance imaging ·Atrophic maxilla

Mund Kiefer GesichtsChir 2002 · 6 : 336–340DOI 10.1007/s10006-002-0398-z

Tabelle 1Anzahl der Sinusbodenelevationen je Indikationsgruppe

Indikationsgruppe Sinusboden- Sinusboden- Sinusboden-elevation elevation elevation beidseits rechts links

Zahnloser Oberkiefer 35 1Freiendlücke beidseits 3Freiendlücke rechts 3Freiendlücke links 1Freiendlücke rechts + Schaltlücke links 2Stark reduziertes Restgebiss 1

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lenschleimhaut in der Größenordnungvon wenigen Quadratmillimetern, die in8 Fällen mit Tutoplast-Fascia-lata abge-deckt und in 2 Fällen mit Tissucolfi-brinkleber abgedichtet wurde. In denübrigen Fällen war keine weitere Thera-pie erforderlich. Die Vorgehensweise er-folgte in Abhängigkeit vom Operateur.Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchunglagen bei allen Patienten mit intraope-rativer Perforation unauffällige Schleim-hautverhältnisse vor (Abb. 1, MRT-Be-fund).

Im postoperativen Verlauf kam esbei 2/3 der Patienten zu einer symptom-losen hämatombedingten Verschattungder Kieferhöhle, bei 1 Patienten zu einertransienten Sinusitis, die sich 2 Wochenpostoperativ durch einseitigen Schnup-fen und gleichseitigen Druckschmerz imBereich der Fossa canina bemerkbarmachte. Eine Diagnostik mit Bild ge-benden Mitteln wurde durch das post-operative Hämatom in den Kieferhöhlenüberlagert.Nach konservativer Therapiemit oraler Antibiose und abschwellen-den Nasentropfen waren die Symptomerückläufig. Bei der Nachuntersuchung

stellte sich die Kieferhöhlenschleimhautunauffällig dar (Abb. 2, MRT-Befund).In 1 Fall war präoperativ eine chronischeNasennebenhöhlenerkrankung bekannt.Auch hier gestaltete sich der postopera-tive Verlauf komplikationslos. Sonogra-phisch und im MRT ließ sich eine Ver-dickung der Kieferhöhlenschleimhautnachweisen. (Abb. 3, MRT-Befund). EinePatientin erkrankte 2 Jahre postoperativim Rahmen einer Erkältungskrankheitan einer Sinusitis maxillaris, die eben-falls konservativ behandelt wurde. ImRahmen der Nachuntersuchung war so-wohl sonographisch als auch im MRT ei-ne Sekretretention in der rechten Kie-ferhöhle nachweisbar (Abb. 4, MRT-Be-fund). Eine Kieferhöhlenrevision wurdein keinem Fall notwendig.

Die im MRT 1 Woche postoperativfeststellbare ödematöse Schwellung derKieferhöhlenschleimhaut (Abb. 5, MRT-Befund) war bei Untersuchungen zu ei-nem späteren Zeitpunkt nicht mehrnachzuweisen. Feine Verdickungen derSchleimhaut kamen nur im MRT, nichtjedoch in der Sonographie zur Darstel-lung. In einigen Fällen war 68 Monate

postoperativ noch ein Knochenmark-ödem nachweisbar (Abb. 2, MRT-Be-fund). Die Kieferhöhlenschleimhaut be-deckte in allen Fällen das eingebrachteautologe Knochentransplantat (Abb. 1,3, 6, MRT-Befund).

Zu Frühkomplikationen zähltenkleinere Wundheilungsstörungen intra-oral (9%) und in 1 Fall die Ausbildungeines Seroms sowie im Bereich der Be-ckenkammentnahmestelle Dehiszenzen(4%) und Hämatombildung (2%). Imweiteren Verlauf waren keine Komplika-tionen, insbesondere kein Transplantat-verlust, aufgetreten. Eine nennenswerteResorption des transplantierten Kno-chens sowohl im Bereich der Antrum-augmentation als auch der Onlay-Osteo-plastik war nicht nachweisbar.

Insgesamt wurden bis zum Zeit-punkt der Nachuntersuchung 154 Bråne-mark-Implantate inseriert (Abb. 1, 3, 6,MRT-Befund). Sonographisch ließ sichzur Lage der Implantate keine Aussagetreffen. Im Rahmen der Implantatinser-tion wurde die Metallentfernung, soweiterforderlich, vorgenommen. Die prothe-tische Versorgung erfolgte bei 2/3 der

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Originalien

Abb. 1 � Einseitige Sinusbodenele-vation rechts, Deckung einer Perfo-ration mit Fascia lata, Zustand nachImplantation, unauffällige Kiefer-höhlenschleimhaut (Pfeile), Kontrol-le 3 Monate postoperativ

Abb. 2 � Beidseitige Sinusboden-elevation, Knochenmarködem (Fett-unterdrückung), unauffällige Kie-ferhöhlenschleimhaut (Pfeile), Kon-trolle 6 Monate postoperativ

Abb. 3 � Beidseitige Sinusboden-elevation, präoperativ bekannteNasennebenhöhlenerkrankung, Zu-stand nach Implantation, rechts-seitig geringgradig verdickte Kie-ferhöhlenschleimhaut (Pfeile), Kon-trolle 9 Monate postoperativ

Abb. 4 � Beidseitige Sinusboden-elevation, Sinusitis maxillaris rechtszum Zeitpunkt der Nachunter-suchung (Pfeil), Kontrolle 2 Jahrepostoperativ

Abb. 5 � Beidseitige Sinusboden-elevation, Schleimhautödem beid-seits (Pfeile), Kontrolle 1 Wochepostoperativ

Abb. 6 � Beidseitige Sinusbodenelevation, Zustand nach Implantation, unauffällige Kieferhöhlen-schleimhaut (Pfeile), Kontrolle 4 Jahre postoperativ

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Patienten implantatgetragen festsitzend,bei 1/3 der Patienten implantatgetragenherausnehmbar. 3 der Implantate gingenim 1. Jahr der kaufunktionellen Belas-tung verloren. Anamnestisch war beidiesen Patienten keine Kieferhöhlener-krankung zu verifizieren.

22% der Patienten gaben postope-rativ eine Hyposensibilität im Versor-gungsgebiet des N. infraorbitalis an, diesich zum Zeitpunkt der Entlassung ausder stationären Behandlung bereitsweitestgehend zurückgebildet hatte undbei der Nachuntersuchung nicht mehrbestand. Des Weiteren traten Schmerzenim Beckenbereich bei Belastung auf, diebei einem Patienten über 3 Monate an-hielten. Sensibilitätsstörungen im Ver-sorgungsgebiet des N. cutaneus femorislateralis traten bei den von uns nach-untersuchten Patienten nicht auf. Trotzdieser Beeinträchtigungen waren 98%der Patienten mit der Therapie und demGesamtverlauf, insbesondere mit demästhetischen und kaufunktionellen Er-gebnis der Behandlung, zufrieden. DieUnzufriedenheit bei den restlichen 2%der Patienten war durch noch andau-ernde Schmerzen beim Gehen zum Zeit-punkt der Nachuntersuchung 2 Monatenach Beckenkammentnahme bedingt.

Diskussion

Obwohl auch die Sinusbodenelevationnicht alle Probleme der Oberkieferatro-phie und der prothetischen Versorgunglösen kann,wird die kaufunktionelle Re-habilitation mit Implantaten in vielenFällen erst durch sie ermöglicht. Sowohlautologe Knochentransplantate [2, 4, 9]als auch allogenes Knochengewebe, Tri-kalziumphosphate und Hydroxylapatite[11, 13, 14, 17, 19, 22, 23] werden in der Li-teratur zur Augmentation empfohlen.Wir bevorzugen bei extremer Oberkie-feralveolarkammatrophie die Augmen-tation mit autologem Knochengewebe,ggf. in Kombination mit einer Onlay-Osteoplastik bei zweizeitiger Implanta-tinsertion.

Die Implantatüberlebensrate lag bei98% im Gegensatz zu Angaben in der Li-teratur mit 75% und 90% [6, 7, 20] beizweizeitiger und um 95% [16, 24] beieinzeitiger Insertion. Die Perforationder Kieferhöhlenschleimhaut scheint beiadäquater Versorgung des Defekts kei-nen nachteiligen Einfluss zu haben. Dieswird auch durch die Tatsache unterstri-

chen, dass in nur 1 Fall (2%) eine transi-ente Sinusitis auftrat. Ursächlich ist hiereine präexistente unerkannte oder sub-klinische Kieferhöhlenveränderungenzu erwägen. In der Literatur werden Si-nusitisraten zwischen 8% und 10% [17,20] angegeben. Die Sinusitis maxillaris2 Jahre nach der Sinusbodenelevationkann sicher nicht in ursächlichem Zu-sammenhang mit der vorangegangenenOperation gesehen werden.

Die Morbidität der Transplantatent-nahmestelle ist mit insgesamt 6% denAngaben anderer Autoren vergleichbar[12, 15]. Zu den beobachteten Komplika-tionen zählen Hämatome, die Schädi-gung des N. cutaneus femoris lateralismit z. T. andauernden Sensibilitätsstö-rungen, Dehiszenzen und Infektionender Spenderregion sowie Beckenfraktu-ren. Schmerzen im Beckenbereich beiBelastung über einen Zeitraum von über3 Monaten wurden auch in der Literaturangegeben [12]. Bei den von uns unter-suchten Patienten mit verlängerten post-operativen Beschwerden handelte es sichin allen Fällen um eine Sinusbodenele-vation kombiniert mit einer Onlay-Osteo-plastik. Hier ist die Größe des Entnah-medefekts als ursächlich in Erwägungzu ziehen.

Die B-Scan-Sonographie ist ein alsScreeningmethode geeignetes Verfah-ren. Im Vergleich zur Sonographie derKieferhöhle geben die Ergebnisse derMRT-Untersuchung im Rahmen derStudie ein klareres Bild der gesamtenSchleimhautsituation in der Kieferhöh-le. Je nach Einstellung lassen sich auchVeränderungen im Knochen nachwei-sen. So können das Ergebnis des Ein-griffs vor der Implantatinsertion und diezu wählende Implantatlänge bestimmtwerden [5]. Trotz des finanziellen undapparativen Aufwands ist dieses Verfah-ren eine ernsthaft zu erwägende Alter-native zur Computertomographie, spe-ziell im Rahmen einer wissenschaft-lichen Nachuntersuchung wie in dervorliegenden Arbeit, da die Patientenkeiner Strahlenbelastung ausgesetzt wer-den.

Sowohl nach objektiven Kriterienals auch anhand der Patientenzufrie-denheit kann die Sinusbodenelevationmit autologem Knochenmaterial undOnlay-Osteoplastik durch freies Be-ckenkammtransplantat weiterhin trotzdiverser alternativer heterologer Füll-materialien als sichere Alternative in der

Therapie der extremen Alveolarkamm-atrophie bezeichnet werden. Auch ausforensischer Sicht dürfte dieses Verfah-ren gegenwärtig am „sichersten“ sein.Eine Kombination des autologen Kno-chentransplantats mit Kalziumphosphat-keramiken, thrombozytenreichem Plasmaoder synthetisch hergestellten Knochen-wachstumsfaktoren erscheint prospek-tiv jedoch als alternatives Therapiever-fahren, das unvoreingenommen über-prüft werden muss.

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