Kirche und Schule in Äthiopien - Tabor Society · Dr. Dorothea McEwan: Illuminierte Manuskripte in...

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Kirche und Schule in Äthiopien Mitteilungen der Tabor Society e.V. Heidelberg ISSN 1615-3197 Heft 59 / November 2006

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Kirche und Schulein Äthiopien

MitteilungenderTabor Society e.V. Heidelberg

ISSN 1615-3197

Heft 59 / November 2006

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IM P R E S S U M

KIRCHE UND SCHULE IN ÄTHIOPIEN (KuS)- Mitteilungen der TABOR SOCIETY -

Deutsche Gesellschaft zur Förderung orthodoxer Kirchenschulen in Äthiopien e.V. Heidelberg

Dieses Mitteilungsblatt ist als Manuskript gedrucktund für die Freunde und Förderer der Tabor Societybestimmt.

Die Tabor Society wurde am 22. März 1976 beimAmtsgericht Heidelberg unter der Nr. 929 insVereinsregister eingetragen. Das Finanzamt Heidel-berg hat am 23. 05. 2005 unter dem Aktenzeichen32489/38078 der Tabor Society e.V. Heidelberg denFreistellungsbescheid zur Körperschaftssteuer undGewerbesteuer für die Kalenderjahre 2002, 2003,2004 zugestellt.

Darin wird festgestellt, dass die Körperschaft TaborSociety e.V. nach § 5 Abs.1 Nr.9 KStG von derKörperschaftssteuer und nach § 3 Nr. 6 GewStGvon der Gewerbesteuer befreit ist, weil sie aus-schließlich und unmittelbar steuerbegünstigten ge-meinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AOdient. Die Körperschaft fördert, als allgemein be-sonders förderungswürdig anerkannten gemeinnüt-zigen Zweck, die Jugendhilfe. Die Körperschaft istberechtigt, für Spenden und Mitgliedsbeiträge, dieihr zur Verwendung für diese Zwecke zugewendetwerden, Zuwendungs- bestätigungen nach amtlichvorgeschriebenem Vordruck (§ 50 Abs. 1 EStDV)auszustellen.

Der Mitgliedsbeitrag für ein Jahr beträgt 20,- EUR;Studenten und Nichterwerbstätige zahlen denermäßigten Beitrag von 10,- EUR, er gilt alsSpende. Für die Arbeit der Gesellschaft werdenjedoch Spenden über diesen Betrag hinaus dringendgebraucht.Bitte benutzen Sie für Ihre Zahlungen das denHeften von „Kirche und Schule“ beigefügteFormular, auf diesem Zahlungsbeleg ist die für dieSteuerbehörde notwendige Spendenbescheinigungbereits aufgedruckt.

Vorstandsmitglieder der Tabor Society:

1. Vorsitzender:Pfr. Jan-Gerd BeinkeGartenstraße 5, 79669 Zell i. W.Tel.: 07625 - 918348

Stellvertr. Vorsitzende und Schriftführerin:Dr. Verena BöllAlaunstr. Str. 5301099 DresdenTel.: 0351- 8014606

Schatzmeisterin:Dorothea GeorgieffIm Steuergewann 2, 68723 OftersheimTel.+Fax: 06202 - 55052

Stimmberechtigte Beisitzer:Dr. Kai BeermannSteeler Str. 402, 45138 EssenTel.: 0201 - 265746

Prälat Martin PischelZwölfling 1445127 Essen Tel.: 0201-232574

ISSN 1615-3197

http://www.tabor-society.de

Konto der Tabor Society:Nr. 130 34 73

(BLZ 672 500 20)Sparkasse Heidelberg

Anschrift der Redaktion von KuS:

Annegret Marx u. Dr. Friedrich DworschakGrüneck 4, 52064 Aachen Tel.:0241 - 75124 Fax:0241-709 1880E-Mail: [email protected]

Die in „Kirche und Schule“ veröffentlichten Beiträge sind nicht in jedem Fall mit der Meinung der Redaktion identisch.

Kosten pro Heft: 5,- €

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Editorial

Ein Bücher-Angebot für Mitglieder der Tabor Society

Aus dem Vereinsleben der Tabor Society

Protokoll der letzten Mitgliederversammlung am 22. Oktober 2005 in HeidelbergKassenprüfungsbericht 2005BücherverkaufAus den Aktivitäten von Frau Dorothea Georgieff - Aktion der Schillerschule in WalldorfEin Bild von Peter Heyer für ÄthiopienDank an Frau Marx

Rückmeldungen aus Äthiopien

Jahresbericht von Megabe Fesha Sendeke für das Jahr 2005Friedensbrief von Erzbischof Abuna Elissa an die Mitglieder der Tabor Society und an alle Gläubigen in Deutschland

Berichte über den Besuch von Erzbischof Abuna Elissa in Deutschland

Reiseberichte von Pfr. Jan-Gerd Beinke und Frau Dorothea Georgieff über eine Reise nach Äthiopien im September 2006

Artikel

Dr. Dorothea McEwan: Illuminierte Manuskripte in Äthiopien: Entstehung, Bedeutung und Herstellung der beiden Manuskriptbücher der Apokalypse in Qwesqwam und Därasgä Maryam(farbige Abbildungen zu diesem Artikel: Seiten 34 - 35)

Prof. Dr. Manfred. Kropp: Ein Auszug aus der Veröffentlichung "Asylrecht und Pfründe für die zukünftige Residenz: Die Zeugenfassung der Privilegurkundedes Ras Wube für die Marienkirche von Däräsge aus dem Condaghe der Hs. BL Or 481, fol. 3v“

Zusätzlich: Daraus Originalurkunde mit Übersetzung

BuchbesprechungenElisabeth Biasio: Heilige und HeldenVerena Böll et al: Ethiopia and the MissionsKerstin Volker-Saad und Anna Greve: Äthiopien und Deutschland – Sehnsucht nach der FerneWolbert Smidt: Äthiopien und Deutschland - 100 Jahre Diplomatische BeziehungenBernd Bierbaum: Äthiopien - Zwischen Himmel und ErdeDorothea McEwan, Gerd Gräber, Johannes Hock: Das Sizzenbuch Eduard Zanders

Nachrufe

Liqä Mihuran Mulu GalawMemhir Heruy MezemerDr. Helga Anschütz

In eigener Sache

Wie dieses Heft entstand - frei erzählt nach der Wirklichkeit....

INHALTSVERZEICHNIS

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Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

EditorialWir danken unseren Lesern zunächst für manch berührende Worte als Resonanz auf das letzte Heft mitden Erinnerungen an Prof. Heyer! War „Kirche und Schule in Äthiopien“ 2006 von Verlust und Geden-ken geprägt, so nehmen in diesem Jahr die Berichte über Besuche sowohl in Deutschland als auchÄthiopien einen breiten Raum ein: Die Arbeit der Tabor Society geht weiter!

Im Herbst 2005 erfolgte der Besuch von Abuna Elissa aus Debre Tabor in einer an wichtigen Ter-minen reichen Zeit: In Heidelberg nahm er nicht nur an der Mitgliederversammlung der Tabor So-ciety teil, sondern war auch Ehrengast bei der Einweihung. In Hamburg besuchte er die Abteilungfür Afrikanistik und Äthiopistik der Universität Hamburg und taufte einen Jungen der äthiopischenSt. Martinus Gemeinde Eppendorf. Seinen Besuch in Essen schildern sehr anschaulich Prälat Mar-tin Pischel und Dr. Kai Beermann. So berichtet Herr Pischel, wie er für einige Stunden – ohne Dol-metscher – in der Unterhaltung mit Abuna Elissa allein auf seine Ge’ez-Kenntnisse angewiesenwar. Eine Grubenfahrt auf 1000 m Tiefe hat Abuna Elissa sehr beeindruckt. In Köln-Longerichhatte Abuna Elissa Gelegenheit am Patronatsfest der äthiopischen St. Mikaelskirche teilzunehmen,wo er zusammen mit Erzpriester Dr. Merawi Tebege den Festgottesdienst zelebrierte; am Abendzuvor konnte er die Vorstellung des Filmes „Wenn sie singen, bebt die Erde“, eine Filmdokumentati-on über die Integration orthodoxer Äthiopier im Rheinland, produziert durch den Landschaftsver-band Rheinland, miterleben. Ein großer Dank geht an alle, die den Bischof betreut haben!

Zwei aktuelle Reiseberichte von Pfr. Jan Gerd Beinke, dem 1. Vorsitzenden der Tabor Society undder Schatzmeisterin Frau Dorothea Georgieff schildern den Besuch in Äthiopien im eben vergan-genen September. Pfr. Beinke berichtet ausführlich über die brennenden sozialen Probleme diesesLandes, über den ungebrochenen Glauben junger und alter Menschen. Infolge starker Überschwem-mungen waren viele Straßen unpassierbar; so konnten die Reisenden nur zwei Klöster besuchen,Mekane Iyesus in Este und Medhane Alem Gubae bet in Gondar. Frau Georgieff beschreibt ihre Rei-seeindrücke in einem lebendigen Artikel, wodurch die Leser die Reise sehr gut nachempfinden kön-nen. Beide kamen mit einer Fülle von Fotos zurück, von denen wir einen Teil in diesem Heft publi-zieren. (Auf der Web-Seite der Tabor-Society werden wir diese Fotos auch in Farbe zeigen). Ihnenbeiden herzlichen Dank für den Stress der so schnell geforderten Berichte!

Die Artikel ergänzen sich thematisch: Frau Dr. D. McEwan vom Warburg Institut der University ofLondon, schickte uns einen interessanten Beitrag über die Entstehung, Bedeutung und Herstellungder beiden Handschriften der Apokalypse in Qwesqwam und Däräsgä Maryam zur Veröffentlichung.Ihr Einsatz bei der British Library zur kostenlosen Überlassung der Bildrechte (und eine weitereprivate Spende) ermöglichte zum ersten Mal einen farbigen Druck in der Mitte dieses Heftes. Dafürdanken wir Frau Dr. Dorothea McEwan sehr herzlich! Der Auszug aus dem Artikel „Asylrecht undPfründe für die zukünftige Residenz“ von Prof. Manfred Kropp, Direktor des Deutschen Orient-In-stitutes in Beirut und der TS sehr verbunden, ergänzt den Artikel von Dr. McEwan sehr schön, ins-besondere der Abdruck des Originaltextes und die Übersetzung geben einen Einblick in die Welt derKirche des Ras Wube um 1850. Wir danken Prof. Kropp sehr herzlich, dass er uns dies ermöglichte!

Den meisten Exemplaren konnten wir das Textheft "Jerusalem und das Heilige Land in ihrer Bedeu-tung für christliche Existenz" von Friedrich Heyer beilegen. Wir danken Herrn Andreas Heyer!

Wir danken unseren Freunden Prof. Stanislaw Chojnacki und Carolyn Gossage für Ihr Angebot ei-nen Teil ihrer Autorenexemplare ihres neuen Buches "Ethiopian Crosses" der Tabor Society zurVerfügung zu stellen. Der Verkaufsgewinn unterstützt die Arbeit der Tabor Society.

Eine interessante Mitgliederzeitschrift lebt von Beiträgen ihrer Mitglieder und Freunde. Wir staunen je-des Mal, wie es letztendlich doch gelingt (s. dazu S. 66), das Heft zu füllen! Bitte, liebe Mitglieder derTabor Society, wir freuen uns über jede Nachricht! Schicken Sie uns einen kurzen Bericht, möglichstmit Fotos, über ihre Veranstaltung zugunsten der Tabor Society, einen Hinweis auf ein interessantesBuch, teilen Sie uns mit, wenn ein Mitglied verstorben ist, wir veröffentlichen es gern!

Am 19. November 2005Für die Redaktion von Kirche und Schule

Annegret Marx und Dr. Friedrich Dworschak

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Biblioteca d'Arte Skira - in englischer Sprache -

Format 15 x 21 cm, 296 Seiten,

168 Farbfotos, 43s/w, kartoniert

ISBN 88-7624-831-5Buchhandelspreis 30 €

In den Kreuzen fand die künstlerische Schöpferkraft des christlichen Äthiopien ihren höchsten, charak-teristischen Ausdruck. Seit der Einführung des Christentums im 4. Jh. ist der Gebrauch des Kreuzes alsZeichen des Glaubens im Laufe der ereignisreichen Geschichte des Landes ein integraler Bestandteildes kulturellen Erbes Äthiopiens geblieben.

Prof. Stanislaw Chojnacki unterzieht die Kreuze einer in die Tiefe gehenden Analyse. Erstmals stellt erdas umfangreiche Material der riesigen Anzahl äthiopischer Kreuze, die sich innerhalb der GrenzenÄthiopiens und zunehmend in den Museen rund um den Erdball befinden, in chronologische Zusam-menhänge.

Ethiopian Crosses ist wie seine Vorgänger Ethiopian Icons, ein höchst bedeutender Beitrag auf dem Ge-biet der Äthiopistischen Studien und ist Ergebnis und Höhepunkt von 30 Jahren hingebungsvoller For-schung.

Stanislaw Chojnacki war als Bibliothekar, Museumsfachmann und Kunsthistoriker Gründer und Kura-tor des Museums der Universität in Addis Abeba und von 1952 bis 1963 gleichfalls Gründer und Ku-rator des Museums und der Kunstgalerie des Institute of Ethiopian Studies (IES) der Universität AddisAbeba. Er war bis 1973 Mitherausgeber des Journal of Ethiopian Studies, gründete die spätere Societyof Friends of the IES. Seit 1964 hat er nahezu achtzig Artikel über verschiedene Aspekte der KunstÄthiopiens und 1983 ein Grund legendes Werk mit dem Titel Major Themes in Ethiopian Painting ver-öffentlicht. Sein riesiges Werk Ethiopian Icons, der Katalog der Ikonensammlung des IES, erschien2000 und fand überaus große Beachtung.

Carolyn Gossage ist Autorin vieler Sachbücher. Im vergangenen Jahrzehnt arbeitete sie bei zahlreichenVeröffentlichungen, darunter Ethiopian Icons, eng mit Professor Chojnacki zusammen. Nach ausge-dehnten Reisen in Äthiopien war sie Mitproduzentin des Videos Ethiopia: A Painted Reflexion – eineDokumentation einer Reihe von traditionellen Malereien aus äthiopien. Carolyn Gossage lebt und arbei-tet in Toronto, Kanada, und begleitet die Erhaltung der Kunst und Kultur Äthiopiens mit großem Inter-esse.

EEEEiiiinnnn AAAAnnnnggggeeeebbbbooootttt ffffüüüürrrr ddddiiiieeee MMMMiiiittttgggglllliiiieeeeddddeeeerrrr ddddeeeerrrr TTTTaaaabbbboooorrrr SSSSoooocccciiiieeeettttyyyy::::

Beide Autoren kennen und verfolgen seit einigen Jahren sehr interessiert die Arbeit der Tabor Society.Das Erscheinen dieses neuen und Grund legenden Buches über äthiopische Kreuze nahmen StanislawChojnacki und Carolyn Gossage zum Anlass, ihre Autorenexemplare der Tabor Society zur Verfügungzu stellen. Für diese großzügige Geste danken wir Ihnen sehr herzlich!

Sie können also bei uns zum Preis von 30 € dieses wunderschöne und wichtige Buch erwerben (sobalddie Bände aus Mailand bei uns eingetroffen sind!) und fördern mit 18 € gleichzeitig die Arbeit der TaborSociety. Die Lieferung erfolgt in der Reihenfolge des Eingangs Ihrer Bestellung.

Ihre Bestellung richten Sie an:

Tabor Society-c/o Marx-DworschakGrüneck 4, 52064 AachenTelefon: 0241-75 124, Telefax: 0241-709 1880, E-mail: [email protected]

SSSSttttaaaannnniiiissssllllaaaawwww CCCChhhhoooojjjjnnnnaaaacccckkkkiiiiEEEEtttthhhhiiiiooooppppiiiiaaaannnn CCCCrrrroooosssssssseeeessssAAAA CCCCuuuullllttttuuuurrrraaaallll HHHHiiiissssttttoooorrrryyyy aaaannnndddd CCCChhhhrrrroooonnnnoooollllooooggggyyyy

5Ein Angebot der Tabor Society

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

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Top 5:

Bei den Neuwahlen ergab sich keine Änderung.Mit JA stimmten 17 Personen bei einer Enthal-tung. Die Wahlleitung hatte Herr Pfr. Höppnerübernommen.

Der bisherige Vorstand wurde wieder gewählt:

1.Vorsitzender: Pfr. Jan-Gerd Beinke;

2. Stellvertretende Vorsitzende und Schriftführe-rin: Annegret Marx;

3. Kassenwart: Dorothea Georgieff;

Redaktion von KuS: Annegret Marx und Dr.Dworschak (seit 2004 in Vertretung für Dr. Vere-na Böll);

Rechnungsprüfer: Dres. A.K. und Bernd Mass-ner.

Die Mitgliederversammlung beschloss, dass demVorstand künftig mindestens zwei Beisitzer an-gehören sollen.

Stimmberechtigte Beisitzer:

Dr. Kai Beermann, Pfr. Rüdiger Frey und PrälatMartin Pischel.

Im Anschluß hielt unser Ehrengast, Abuna Ellisa,einen Vortrag über „Die äthiopisch-orthodoxeKirche und die Kirchenschulen“, von denensich vier, die von der TS unterstützt werden, inseiner Diözese befinden. Er betonte mit Dankes-worten die bisher geleistete Unterstützung. (Dol-metscher: Frau Asayesch Räuschel und Ato Hai-leyesus Tsige-Tamrat).

Im Anschluß ging man zum gemeinsamenAbendgebet in die Kapelle der ESG.

Dem folgte ein gemeinsames Abendessen in derCafeteria mit Injera und Wot, zubereitet vonWoizero Rahel.

Abschliessend hatte man Gelegenheit eine Vi-deo-Übertragung der Trauerzeremonie in Äthio-pien für Prof. Heyer zu betrachten.

Dorothea Georgieff (Vorstandsmitglied)

Protokoll der Mitgliederversammlung vom22.10.2005 in den Räumen der ESG, Plöck66, Heidelberg

Beginn: 15.00 Uhr - Ende: 21.00 UhrAnwesende: 18 PersonenEntschuldigt: Frau Dr. Böll und Frau Marx

Top 1:

Begrüßung durch den 1. Vorsitzenden, Herrn Pfr.Jan-Gerd Beinke

Top 2:

Pfr. Beinke berichtet von den Aktivitäten, um dieFinanzlage zu verbessern.

Durch die im vergangenen Jahr gestartete Bü-cheraktion durch Frau Dr. Massner, der sich auchFrau Georgieff anschloss, konnte die Finanzlagewesentlich gebessert werden.

Es wurde der Beschluss gefasst, die Baumaßnah-men in Zuramba und Gondar stufenweise zu un-terstützen.

Der Schriftverkehr mit äthiopischen und deut-schen Institutionen wurde von Frau Georgieffumsichtig erledigt.

Vorbereitungen für den Besuch von Abuna Elli-sa, Diözese Süd-Gondar, wurden getroffen.

Die Öffentlichkeitsarbeit (Homepage und Her-ausgabe des Mitteilungsheftes KuS) oblag denHänden von Frau Marx und Dr. Dworschak.

Vorträge über Äthiopien wurden von Herrn Pfr.Beinke und Frau Georgieff in verschiedenen Ge-meinden gehalten.

Top 3:

Der Kassenbericht von Herrn Dr. Massner fürdas Jahr 2004 ergab keine Beanstandungen.Spendenquittungen wurden regelmäßig vonFrau Georgieff versandt.

Top 4: Dem Vorstand konnte somit Entlastungerteilt werden.

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

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AUS DEM VEREINSLEBEN DER TABOR SOCIETY

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Ausgaben: Kirchenschulen 7.626,00 EURDruckkosten (Kirche und Schule Nr. 58) 691,54 EUR Portokosten 345,19 EUR Strato – Internet 71,90 EUR Büromaterial 36,19 EUR Bankgebühren 76,70 EUR LVR-Bonn, DVD (8 Exempl.) + Sonstiges 149,80 EUR Miete für Raum ESG, Mitgliederversammlung 30,00 EUR Spesen Besuch Abuna Ellisa (Flugticket,KV +Sonstiges) 1.225,00 EURFehlbuchung 124,80 EUR

Ausgaben insgesamt 10.377,12 EUR

Für die Richtigkeit:

gez. Dr. A.Massner

gez. Dr. B.Massner

Kassenprüfungsbericht 2005

Der Kassenprüfungsbericht umfasst die Zeitvom 1.1.2005 - 31.12.2005. Geprüft wurden dieKonten

Nr.1303473, 58112836 und 7017781 bei derSparkasse Heidelberg BLZ 67250020.

Die Einnahmen beliefen sich auf EUR12.524,14. Es ergaben sich keine Beanstandun-gen bei der Verbuchung der Eingänge. Die Aus-gaben betrugen EUR 10.377,12. Sie erfolgtensatzungsgemäß.

Salden zum 31.12.2005:

Konto Nr. 1303473: EUR 3.094,89 (Zinser-trag: EUR 10,02)

Konto Nr. 58112836: EUR 5.968,41 (Zinser-trag: EUR 104,80)

Konto Nr. 7017781: EUR 11.634,85 (Zinser-trag: EUR 228,12)

Sparkassenbrief 2200116952 v. 19.05.05 zuLasten Kt. 58112836: EUR 6035,03

Das Guthaben des Vereins beträgtEUR 26.733,18 per 31.12.2005

Einnahmen:

Ev. Kirchengemeinde Peterskirche , Heidelberg 1.637,90 EUR KKA Ronnenberg 199,01 EUR KKA Schleswig 99,02 EUR Ev. Pfarramt Zell i.W. 221,68 EUR Ev. KG Providenz, Heidelberg 100,00 EUREv.KG, offene Frauengesprächsrunde, Ofters-heim 25,00 EUR Walldorf, Schillerschule Kl. 2A/B 300,00 EUR Kommunität Imshausen 300,00 EUR ---------------------------------------------------------Zwischensumme 2.882,61 EUR

Einzelspenden 6.061,69 EUR Mitgliederbeiträge 1.570,09 EUR Bücher- und Kartenverkauf (Heyer u.a.) überInternet (G) 1.111,88 EUR Bücherverkauf über Internet (M) 763,05 EUR Habenzinsen Geschäftskonto 10,02 EUR Fehlbuchung/zurück 124,80 EUR

Einnahmen insgesamt 12.524,14 EUR

Aus dem Vereinsleben der Tabor Society 7

Drs. Anne Massner und Bernd MassnerFoto: F. Dworschak

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

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Aus den Aktivitäten von Frau D. Georgieff:

Frau Dorothea Georgieff besuchte am 28.11.05zwei Schulklassen der Schillerschule in Wall-dorf und sprach mit den Kindern über Äthiopi-en. Sie zeigte Ihnen einen Teil des Videos überdie äthiopischen orthodoxen Kirchenschulen.Die Zweitklässler waren begeistert und wollenunbedingt eine Patenschaft gründen. Die Lehre-rin wird versuchen einen solchen Wunsch zu ver-wirklichen.

Die Kinder der Schillerschule sammelten 300,00Euro. Durch Basteln, Vorlesen und andere Arbei-ten sammelten sie für die Kirchenschulen undspendeten das durch diese Arbeiten erhalteneGeld für die Schule in Medhane Alem.in DebreTabor.

Die äthiopischen Schüler kauften mit dem GeldFußbälle, warme Decken und Kleidung, da es beiihnen in der Nacht sehr kalt ist (Siehe das Dan-kesschreiben.

Im folgenden ist der Dankesbrief vom 10/03/2006 der äthiopischen Kirchenschüler im Wort-laut wiedergegeben:

Bücherverkauf

Nach wie vor bittet die Tabor Society um Bü-cherspenden.

Seit mehr als zwei Jahren erlösen wir mit demVerkauf von Büchern im Internet viele kleine,gelegentlich auch größere Beträge, die am Endedes Jahres eine stattliche Summe ergeben. Trotzstarker Konkurrenz - inzwischen sind Millionenvon Büchern im Internet gelistet - ist es immerwieder erstaunlich, dass auch Bücher Käuferfinden, von denen man dachte, niemand interes-siere sich mehr dafür. Sogar echte Raritätengibt es manchmal unter den gespendeten Bü-chern. Wir ermitteln per Internet sorgfältig denWert eines jeden Buches und sind besondersstolz, wenn Sammler und Wissenschaftler zuunseren Kunden zählen. So konnten wir z. B.eine zweibändige Geschichte der Inneren Mis-sion an einen Theologen in den USA verkaufen,über einen seltenen Baedeker freute sich einBücherfreund in Belgien, ein philosophischesFachbuch ging an einen Dozenten in Finnland.Auch Antiquariate im deutschsprachigen Aus-land haben wir schon beliefert. Wir verkaufenweltweit!

Im Kontakt mit den Käufern ergibt sich oft dieGelegenheit, auf die Arbeit der Tabor Societyhinzuweisen. Einige Käufer zeigen sich sehr in-teressiert und viele haben den Kaufpreis spon-tan mit einer kleinen Spende an die Tabor So-ciety aufgerundet. Ein schöner Nebeneffekt!Vielen Dank!

Außer Büchern würden wir gern alte Postkar-ten ( vor 1960 ) verkaufen. Karten (auch ein-zelne), die sich vielleicht bei dem einem oderanderen finden, können an uns geschickt wer-den. Größere Mengen Bücher holen wir, wennwir es möglich machen können, auch gern ab.Wir freuen uns über jede Spende und dankenallen, die für die Tabor Society ihre Bücherre-gale geräumt haben! Wenn auch Sie unserenBücherverkauf unterstützen möchten, rufen Sieuns bitte an

Dr. Anne Massner

Tel. 06203 - 64138

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Frau Georgieff mit der Schulklasse in Walldorf

Brief der Lehrerinen Anne Hempel und Kathrin Heiligerund den 55 Kindern aus der 2. Klasse

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Aus dem Vereinsleben der Tabor Society

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Ein Bild von Peter Heyer für Äthiopien

Zum 70. Geburtstag des Schleswiger Künstlersund studierten Architekten Peter Heyer, Sohnvon Prof. Dr. Friedrich Heyer, zeigte die GalerieHornbrunnen seine "Retrospektive" anhand von36 Bildern bis zum 11. September 2005.

(Wir zitieren aus einem Bericht der SchleswigerZeitung):

"Es ist eine Mischung aus abstrakter und gegen-ständlicher Malerei, meist in Öl. Nur wenigeAcrylwerke sind darunter. Eine zuweilen wilde,schier undurchschaubare Mischung der Farben.Die sind mit der Zeit heller geworden. DieseWahl habe er Bodil zu verdanken, seiner däni-schen Ehefrau. "Sie hat mein Leben heller ge-macht". Und für Ordnung gesorgt? Der Ehemannlächelt, verweist schließlich auf ein Bild, das er1968 begann und in diesem Jahr zu Ende malte.Titel: "Der Weg ins Innere".

Dem Heiligen Ansgar hat Peter Heyer ein Ge-sicht gegeben. Nach der Ausstellung in Schles-wig soll das Bild in einer äthiopischen Kirchen-schule hängen, die Heyers Vater, Professor fürKirchengeschichte einst dort bauen ließ".

Dieses Bildnis des Heiligen Ansgar haben FrauGeorgieff und Pfr. Beinke auf iher Reise nachÄthiopien mitgenommen und Abuna Elissa über-reicht.

To Schiller School Walldorf C/o Dorthea Georgieff Imsteuergewann 2 68723 Oftersheim Tel & Fax 06202/ 55052 GERMANY

Thank You Letter

To dear brothers & sisters! First of all how areyou? I am very well thanks God.

We wish you peace, healthy and wealthy to youand all your family also people of Federal Ger-many. Next to this you transfer us 300 EUROfor our problems solve as much as possible forour church schools thank you very much.

The money we used as the following things:

1. 16 students bought foot ball, hand ballwith. hand ball net

2. 32 church school students bought blan-ket specially sweat clothes used to keepup their body temperature in the nightbecause the students wait for a longtime in the church praying singingpeace for the world by your welfaredeeds again and again thank you verymuch more ever understanding you cansee the photo it is help you more infor-mation about the children. I have at-tached with letter.

May the grace of God be with you!

Yours Sincerely Megabe Fesha SendekieRepresentative of Tabor Society

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Aus dem Vereinsleben der Tabor Society 9

Kinder mit Abuna Elissa und Megabe Fesha Sendekie

Bildnis des Heiligen Ansgar von Peter Heyer

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heraus. Außerdem war Frau Marx in den letztenJahren stellvertretende Vorsitzende der Tabor So-ciety.

Für Ihren jahrelangen Einsatz in der Tabor So-ciety sei Frau Marx an dieser Stelle einmal herz-lich und öffentlich gedankt. Als stellvertretendeVorsitzende ist Frau Marx vor einiger Zeit zu-rückgetreten. Auf der Mitgliederversammlungam 21.10.2006 in Heidelberg wurde Frau Dr.Böllzur neuen stellvertretenden Vorsitzenden der Ta-bor Society gewählt.

Ich hoffe aber, dass das Ehepaar Marx-Dworschak noch lange unsere Homepage betreu-en und unsere Zeitschrift "Kirche und Schule"gestalten wird.

Pfr.Jan-Gerd Beinke,1.Vorsitzender

Dank an Frau Marx

Frau Annegret Marx ist eines der aktivsten Mit-glieder der Tabor Society. Angeregt von Flücht-lingen aus Eritrea und der Äthiopienbegeisterungvon Prof.Dr.Heyer, lernte Frau Marx, Ikonen imäthiopischen Stil zu malen. Inzwischen ist sie zueiner geschätzten Kennerin der äthiopischen Kir-chenmalerei und Kirchenkunst geworden.

In den vergangenen 30 Jahren seit der Gründungder Tabor Society hat sie in den verschiedenstenFunktionen mitgearbeitet. Vor langer Zeit war siejahrelang Schriftführerin des Vereins. Ihr Ehe-mann Dr.Dworschak hat vor einigen Jahren dieHomepage der Tabor Society eingerichtet undbetreut sie seitdem. Beide machen seit Jahrendas Layout unserer Zeitschrift "Kirche und Schu-le" und geben sie gemeinsam mit Frau Dr.Böll

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Vorstandsmitglieder nach der außerordentlichen Vorstandssitzung am 27. März 2004 in Heidelberg(Siehe KuS Heft 57)

Von links: Dr. Kerstin Beermann, Dr. Kai Beermann mit Tochter Sophia, Dr. Anne Massner, Dr. Bernd Bassner,Annegret Marx, Pfr. Jan Gerd Beinke, Dorothea Georgieff

Foto: F. Dworschak

Aus dem Vereinsleben der Tabor Society10

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Jahresbericht von Megabe Fesha SendekeDer Originaltext ist Wort für Wort wiedergegeben:

First of all, Congratulations for the Tabor Societyorganization and the board members up on yourcelebration of Christmas and the New Year 2006.How are you? We hope that you are keepingwell. Except your longing and your memory,thank you to our lord who created everything inthe world, are well. All the monastery teachersand students are ok. The process of teaching andlearning is going well. It is due to your coopera-tion that our activity becomes effective. Althoughall the money that you send is used for a dailyuse, all the members are being helped by it.Those who come from their families home anddifferent regions are following their daily lessonsday and night. At this time it is possible to teachthese student St. Yared hymns, holy books andthe Old and New testaments. This resulted ingraduating effective intellectuals.

Dear members of the Tabor Society Board, allthe good deeds and helps are registries in theEthiopian Orthodox unforgettable church record.

God b1ess the whole peop1e and the very land ofGermany.

Dear Sirs, next to this I would like to inform youabout the five monasteries, activities.

They are:

1. Gondar Menbere Mengist Medihanialem Mifaegubae bet

2. Kidist Mahader Mariam Gubae Bet

3. Mekane Eyesus Menfesaw ie Gubae Bet

4. Kidist Bethelihem Dugua Gubae Bet

5. Zuramba Tseruhariam Menfesawi Gubae Bet

I. Gondar Menbere Mengist Meduhanialem.

At this time it is being run by two teachers whoact one as a teacher and the other as assistantteacher. They teach the Old Testament and NewTestament, metsihate Menekusat, metsihafe1iawunt and fitha negestat. The 1esson is a1waysgiven. it must that students should wait for 17years in the monastery. Because it takes along

time to cover the above mentioned books. Stu-dents also take entrance exam to join the monas-tery. Although many students want to join,due tolack of budget there are only 24 students. So far120 students graduated from it. The school isfound in the castle of Fasil.

II.Kidist Mahder Mari am Gubae bet

We get this in the Amhara region in south Gon-dar zone around 30 kms. Away from Debre Ta-bor. There are 40 students in it who learn yaredichymns. After completing their studies,they arehired in different Orthodox churches. ThisChurch is a very historical one. During the Ital-ian invasion people say that a bomb was thrownmore four times didn't explode.

The students and teachers are helped from themoney donated by Tabor Society. The farmersassociation around can't help because they arepoor peasants.

III. Mekane Eyesus Menfesawie Gubae Bet

It is found 55 kms, away from Debere Tabor andthree kilometers away from Estie Sub Districttown Mekaru Eyesus.It gives lesson in the Oldand New Testament and yaredic hymns deeply.

At the moment there are 20 students who studyand work hard. In February 2005 due to a certainproblem the "Digua" teacher left the church. Im-mediately the cabinie members hired anotherteacher. For this there are 44 students who studythe "Digua and Dawitic Songs”. From the begin-ning up to now the number of teachers hasreached 11. Around 16 students are in a higherposition in different churches. Doctor Meraw Te-beje is one the former students of this monastery.During the Italian invasion, it showed manymiracles.

IV. "Kidist Bettelihem Dugua Gubae Bet."

On of the monasteries found in South Gonadr isKidist Bettelihem. It is believed that it was builtduring the Axumite Kingdom in the region ofAbraha and Atsibiha. As it is an ancient church,Saint Yared had taught. "Digua", there alongtime. After that other 20 teachers had taughtaround 1200 students who completed with goodperformance. Now, there are 95 students. Ourgreat teacher Doctor professor fridric Higher(Prof. Hyer) had seen great signs in the night

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

RÜCKMELDUNGEN AUS ÄTHIOPIEN

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which are miracles, He gave also his prayers inthat right.

The church gives lessons for two years studentscome from every corner of the country. They get2250 Birr Ethiopia Birr from Tabor Society. Theyuse the money for different activities and they al-ways thank you the society.

V. Zuraba Tsirihariam Mentesawie Gubae Bet

Zuraba Tsirhariam monastery which is found insouth Gondar zone Tach Gaint District is a greatone. It was founded during the reign of king Ge-bremeskel in the 14th century, Saint Yared hadtaught there sometime. Starting from that timemany has taught there.

Our father Doctor professor Higher (Heyer) hasvisited it repeatedly. He had also built a blockthat has 5 rooms. As the church has stayed a longperiod of time some of its walls are cracking. Forthis the Tabor Society has permitted to usemoney for maintenance. So we are on the way torepair it. Up to now 506 students have graduatedfrom it. At this time there are 605 students. Inevery quarter of they consume for their daily use.Every day they thank you the Tabor Society andremember it in their prayers.

Dear Sirs,

Some points that we want our Tabor Society totake into consideration are:

1. At this time in our country the living standardof life is going up, so we hope that the societywill make some increments of money.

2. We hope some members of the society comeand visit the five monasteries. This helps you toevaluate our strengths and weaknesses.

3. The house of Kidist Bettelihem students wasbuilt with wood and grass. Due to this it was re-peatedly expose to fire. So if you can help us, wecan change it is corrugated sheets of iron.

4. Can you increase the number of magazinesthat you send at the end of every year.

5. Is it possible for you to send for us a photocamera to help us have a good record.

Let God Give long live to Tabor Society.

Auf Seite NN von KuS 59 drucken wir einenBrief von Abba Elsae ab, den er wirklich persön-lich und per Hand geschrieben hat; jede Seiteträgt seine Unterschrift, wodurch dieses Doku-ment besonders kostbar ist. Die knappe inhaltli-che Zusammenfassung des Briefes, lautet:

Friedensbrief an die Mitglieder der Tabor So-ciety und an alle Gläubigen in Deutschland

Inhaltliche Wiedergabe der ersten Seite:

Frohe Neujahrswünsche für das Neue äthiopi-sche Jahr 1999, das im Zeichen des Apostel Lu-kas steht. Besonders werden die Abgesandten derTabor Society in Äthiopien begrüßt, Pastor Jo-hannes und Frau Dorothea Georgieff. Es wird ge-dankt für ihren Besuch in Äthiopien und den ein-zelnen geförderten Klöstern. Und noch einmaldankt Abba Elsae den Mitgliedern für die Unter-stützung der Tabor Society. Diese Unterstützungwird als eine besondere Gnade und als ein Zei-chen der Liebe angesehen.

Es folgt dann ein persönlicher dreiseitiger Neu-jahrsbrief vom Abba Elsae:

Der Einsatz und die Aktivitäten von Prof. Heyerwerden in Erinnerung gerufen, seine besondereLiebe zu den Klosterschulen und der traditionel-len Kirchenausbildung. Er hat seine Aktivitätendas Fortbestehen der Kirchenausbildung gesi-chert.

Es wird im weiteren die Situation der orthodoxenKirche in Äthiopien ausführlich geschildert.Abba Elsae geht auf die Geschichte ein, schildertden Krieg der Christen gegen die Muslime (Ah-med Gran) im 16. Jahrhundert und die weiteregeschichtliche Entwicklung der Kirche.

Am Ende beschließt er diesen Brief mit persön-lichen Segenswünschen, und unterzeichnet mitseiner Unterschrift.

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Rückmeldungen aus Äthiopien12

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15Rückmeldungen aus Äthiopien

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Besuch von Erzbischof Abuna Elissaaus Debre Tabor/Süd-Gondar in

Deutschland in der Zeit vom20.10. – 26.11.2005

Vor einiger Zeit machte Frau Marx den Vor-schlag, Erzbischof Abuna Elissa einzuladen.Nach Überlegungen mit Dr. Merawi Tebege undHerrn Pfr. Beinke wurde schließlich die Einla-dung von der TS ausgesprochen und die Vorbe-reitungen nahmen ihren Lauf. Wider Erwartennahm Abuna Elissa die Einladung umgehend anund ist zur diesjährigen Mitgliederversammlungder TS nach Deutschland gekommen.

Bischof Abuna Elissa kam zuerst nach Heidel-berg wo er Pfarrer Jan-Gerd Beinke und FrauDorothea Georgieff traf. Anschließend besuchteer in Essen die Herren Prälat Martin Pischel undDr. Kai Beermann (Bericht von Prälat Martin Pi-schel und Dr. Kai Beermann auf Seite 20). Da-nach fuhr er nach Hamburg, wo ihn Frau Dr.Böllbetreute und wo er auch von der Abteilung fürAfrikanistik und Äthiopistik der UniversitätHamburg empfangen wurde (Bericht von FrauDr. Böll auf Seite 22). Selbstverständlich besuch-te er auch die äthiopischen Gemeinden in Ham-burg, Frankfurt und Berlin.

Der letzte Höhepunkt seines Aufenthaltes inDeutschland war die Teilnahme an dem Patro-natsfest in Köln-Longerich, wo er zusammen dasMichaelsfest mit Erzpriester Dr. Merawi Tebegezelebrierte. Einen Tag zuvor feierte man die Prä-sentation der Filmdokumentation „Wenn sie sin-gen, bebt die Erde“, eine Darstellung der ge-lungenen Integration orthodoxer Äthiopierim Rheinland, hergestellt durch den Landschafts-verband Rheinland, Köln 2004/2005. Auch QesMesfin Fellege aus München war unter den vie-len Gästen.

Besuch von Abuna Elissa in Heidelberg

Es war eine göttliche Fügung, dass der Besuchvon Abuna Elissa aus Debre Tabor/Süd-Gondarmit der Neueinweihung der renovierten Peters-kirche (älteste Kirche Heidelbergs) und unsereralljährlichen Mitgliederversammlung der TaborSociety zusammenfiel.

Vier Tage weilte der Bischof in der Region vonHeidelberg.

Sein Aufenthalt begann mit der Mitgliederver-sammlung der TS, die in diesem Jahr in den Räu-men der ESG, (Evangelische Studierenden-Ge-

meinde), stattfand. Er wurde von Pfr. Beinkevom Bahnhof abgeholt, wo er in Begleitung vonPriester Meseret Alene, Wiesbaden, pünktlich an-kam. In den Räumen der ESG hatten sich schondie Mitglieder versammelt und alle waren sehrgespannt auf den hohen Besuch. Er gewann so-fort durch seine freundliche Art die Sympathiealler. Nach dem üblichen Verlauf der Versamm-lung (Regularien etc.) sprach er Dankesworte andie TS und gedachte besonders Herrn Prof. Hey-er, der leider verstorben ist und der als Gründer

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Abuna Elissa in Köln Foto: F.Dworschak

In der ESG Heidelberg, von links: Studentenpfarrer Her-mann, Pfr. Beinke, Dr. Tsige-Tamirat, Abuna Elissa und

Qes Meserat Foto: D. Georgieff

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der TS soviel für das Land und den Kirchenschu-len im Hochland Äthiopiens getan hatte. Als Dol-metscher fungierten Frau Asayesh Räuschel undDr. Haileyesus Tsige Tamirat aus Mannheim.

Im Anschluß an die Versammlung fand in derKapelle der ESG ein Abendgebet nach äthio-pisch-orthodoxem Ritus statt, welches AbunaElissa zelebrierte. Ein Essen mit Injera und Wotrundete das gemeinsame Treffen ab.

Quartier hatte Abuna Elissa bei Frau Georgieff inOftersheim bezogen. Am Abend kam aus Wies-baden Melkem, der Sohn von Priester Meseret.Auch Pfr. Beinke hielt sich drei Tage in Heidel-berg auf. So war es noch ein sehr interessantesBeisammensein an den Abenden.

Der darauffolgende Tag begann mit dem Einwei-hungsgottesdienst in der Peterskirche Heidel-bergs. Abuna Elissa zählte zu den Ehrengästen.Seit 30 Jahren unterstützt die Studierenden-Ge-meinde der Universität Heidelberg die Kirchen-schulen, von denen vier in der Diözese des Erz-bischofs liegen.

Nach dem Gottesdienst, bei welchem BischofElissa ein Dankeswort an die Studierenden ver-las, nahm man ein Mittagessen im Restaurant des„Kurpfälzischen Museums“ ein.

Als Dolmetscher fungierte Ato Alene, der mitseiner Frau aus Darmstadt gekommen war.

Das sonnige Herbstwetter lud zu einem Rund-gang in Heidelberg ein. Wir besichtigten zuerstdie Providenzkirche und gingen dann zum ehe-maligen Wohnhaus von Prof. Heyer, welchessich in der Nähe befindet. Von da aus ging esdurch die Altstadt zur Jesuitenkirche und schließ-

lich zur Heiliggeistkirche. Mit seinem langenschwarzen Gewand erregte der Bischof unterden vielen Touristen Aufsehen. Wir setzten unse-ren Spaziergang fort zur Alten Brücke und da-nach zurück zur Bergbahn, mit der wir zumSchloss gelangten. Ein Besuch im „Großen Fass“durfte natürlich nicht fehlen. Von der Schlosster-rasse aus hatte man einen wunderbaren Blick indie Rheinebene und dies bei sonnigem Wetter.Pfr. Beinke war der beste Fremdenführer, denner lebte einst als Student in Heidelberg und war

neun Jahre an der Christuskirche als Pfarrer tätigund kannte sich somit bestens aus. Als Abstiegvom Schloss wählten wir den Burgweg, einensehr steilen historischen, dafür kurzen Abgang indie Altstadt. Wieder am Kornmarkt angelangt,trafen wir auf einen senegalesischen katholi-schen Bischof. Beim kurzen Wortwechsel mitihm stellte sich heraus, dass er ebenfalls als Gastin Heidelberg weilte.

Der Abend klang aus mit interessanten Gesprä-chen zwischen Pfr. Beinke und dem Abuna. Soerfuhren wir, dass er einst als Mönch im KlosterDebre Libanos war, bevor er Bischof wurde.

Der Montag war mit einem Besuch bei Herrn Pfr.Höppner in Walldorf, ebenfalls ein Gründungs-mitglied der TS, ausgefüllt. Frau Asayesh kamaus Mannheim angefahren und begleitete den Bi-schof nach Walldorf zu dieser Gemeinde. FrauHöppner hatte zum Mittagessen eingeladen. EinBesuch im Kindergarten sowie in der Schiller-

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Bischof Abuna Elissa in der PeterskircheFoto: D. Georgieff

Spaziergang auf der alten Brücke, von links: Diakon Walaaus Darmstadt, Bischof Abuna Elissa und Pfr. Beinke

Foto: D. Georgieff

18 Besuch von Erzbischof Abuna Elissa

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schule hatte den Erfolg, dass durch seinen Be-such hernach eine Partnerschaft zu den Kindernder deutschen Grundschule und einer seiner Kir-chenschulen zustande kam.

Frau Georgieff zeigte kurz vor Weihnachten denSchülern der 1. und 2. Klasse einen Film überdie Kirchenschulen, wobei die Kinder nicht mehraufhörten zu fragen und später eifrig für die Kir-chenschüler sammelten. Der Bischof wurde vonPfr. Höppner am Spätnachmittag wieder nachOftersheim gebracht.

Den Abend verbrachten wir zusammen mit ihmund Melkem. Bei der Unterhaltung gab es einigeStolpersteine mangels Sprachkenntnisse beider-seits die man aber mit Lachen überbrückenkonnte. Melkem übte sich in Schreibkunst z.B.,wie man „Bürgermeister“ übersetzte und auf am-harisch schrieb, denn am Dienstag war ein Be-such bei dem Oftersheimer Bürgermeister Baustvorgesehen, welcher den Bischof im Rathausempfing.

Ein junger Äthiopier, der zur Zeit seine Ausbil-dung als Verwaltungsfachangestellter auf demBürgermeisteramt macht, war leider zu dieserZeit in der in der Schule. Nun war Melkem alsÜbersetzer gefragt. Über politische Fragen wur-de nicht gesprochen, sondern dafür mehr über so-ziale Belange, die beide interessierten. Es wareine interessante Begegnung zwischen zwei Kul-turen und Welten und den verschiedenen Spra-chen.

Bevor man den evangelischen Pfarrer Joos in Of-tersheim besuchte, war man auch rasch beimOptiker, der eine neue Brille anpasste. Pfr. Joosfreute sich über den Besuch und wartete schonmit Kaffee und Gebäck. Der Kontakt war raschhergestellt, man besichtigte die Kirche und denGemeindesaal und ließ auch die Orgel ertönen.Pfr. Joos erläuterte die Geschichte des Kirchbau-es, dem eine Renovierung bevorsteht. Plötzlichhörte man Glockengeläut, der Kirchendienerhatte aus Freude einem orthodoxen Bischof be-gegnet zu sein, die Glocken läuten lassen, wor-über sich die Oftersheimer Bevölkerung sicherwunderte zu diesem Zeitpunkt.

Am Nachmittag meldete sich ein in Heidelberglebender Äthiopier, der den Bischof zum Abend-essen einladen wollte. Da mir dieser junge Mannunbekannt war, schlug ich vor, dass er mit seinenFreunden zu uns kommen sollte, wo wir dann

auch gemeinsam mit drei weiteren Äthiopiern einäthiopisches Essen einnahmen. Es war eine freu-dige Begegnung, besonders für die hier lebendenÄthiopier. Der Bischof gab ihnen seinen Segenund sie versprachen bei der nächsten Mitglieder-versammlung der TS dabei zu sein.

Am Mittwochmorgen hieß es früh aufstehen,denn um 7.00 Uhr begann in Heidelberg der Got-tesdienst mit den Studierenden. Da die Kapelle inder Peterskirche noch nicht ganz fertiggestelltwar, fand der Gottesdienst ausnahmsweise in denRäumen der ESG statt. Herr Prof. Ritter, einehemaliger Weggefährte von Prof. Heyer von derTheologischen Fakultät, hielt den Gottesdienst.Wir hatten an Frau Asayesh Räuschel wiedereine gute Stütze als kenntnisreiche Übersetzerin.Der Gottesdienst endete mit einem Frühstück.

Für mich hieß es nun Abschied vom Bischof zunehmen, denn er fuhr anschließend nach Wiesba-den zu der äthiopischen Gemeinde des Qes Me-seret weiter. Es waren vier sehr interessante underlebnisreiche Tage.

Dorothea Georgieff

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Bischof Abuna Elissa zu Besuch bei dem Oftersheimer Bür-germeister Baust Foto: D. Georgieff

Besuch von Erzbischof Abuna Elissa 19

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Besuch von Abuna Elissa in Essen

Der Erzbischof von Debre Tabor der DiözeseSouth Gondar vom 2. - 5. November 2005 in Es-sen und Mülheim

Mit Spannung erwarteten wir die Ankunft desErzbischofs Abba Elissa. Kurz vor Beginn desAllerseelen-Gottesdienstes im Hohen Dom zuEssen begrüßten der Bischof von Essen Dr. FelixGenn und Mitglieder des Domkapitels den hohenGast. Leider war eine Verständigung nicht mög-lich, da wir keiner gemeinsamen Sprache mäch-tig waren. Abba Elissa nahm auf dem Platz desDompropstes im Chorgestühl am Gottesdienstteil und auch an den anschließenden Gebeten amGrab des ersten Bischofs von Essen Franz Kardi-nal Hengsbach und an den Gräbern der verstor-benen Domkapitulare im Kreuzgang des EssenerMünsters.

Als äußerst schwierig entwickelten sich die dannfolgenden drei Stunden. Der vorgesehene Dol-metscher, ein junger Äthiopier, Johannes Kibede,konnte erst um 22 Uhr in meine Wohnung kom-men. Was sollten wir in dieser Zeit machen? DieUnterhaltung mit Händen und Füßen kam sehrschnell an ihr Ende. Gemeinsam sahen wir unsdie Äthiopische Grammatik von Franz Praetoriusan und lasen dann einen großen Abschnitt derGenesis und einige Psalmen. Eine Übersetzungmusste entfallen, aber der Erzbischof verbessertehäufig meine Betonung. Mit dem Verzehr einerdurch ein Pizza-Taxi bestellten vegetarischenPizza verkürzten wir uns zusammen mit Dr.Beermann, der jetzt auch eingetroffen war, dieZeit. Als dann der Dolmetscher kam, wurde unserneut bewusst, wie wichtig eine sprachliche Ver-ständigung ist. Die Spannung löste sich, und wirkonnten das Programm für die folgenden Tagebesprechen.

Untergebracht waren Abba Elissa und der Dol-metscher Johannes im Kardinal Hengsbach-Hausin Essen Werden, wo einmal das Treffen des Or-bis Aethiopicus stattgefunden hat und auch dasTreffen deutschsprachiger Äthiopisten.

Donnerstag, der 3. November, war ausgefülltdurch einen Arztbesuch und die Besichtigung desEssener Domes und der Domschatzkammer. DenErzbischof beeindruckte besonders die KroneKaiser Ottos III., mit welcher dieser als Kind in

Aachen zum König der Franken gekrönt wordenwar. Die Krone erschien ihm ziemlich klein, under meinte, Otto III. müsse ein kleiner Kaiser ge-wesen sein. Wahrscheinlich hat der Dolmetscherhier nicht ganz korrekt übersetzt.

Am Abend hatten Dr. Beermann und seine Frauzu einem festlichen Abendessen in ihre Wohnungeingeladen, an dem auch die Eltern Beermannund Frau Rathsmann teilgenommen haben. Diesewar in diesen Tagen als bereitwillige Chauffeurinungeheuer hilfreich.

Während des Essens entwickelte sich eine leb-hafte Diskussion, die nur unterbrochen wurde,damit der Dolmetscher auch zu seinem Rechtkam. Zunächst erfuhren wir, dass auch die christ-lichen Äthiopier kein Schweinefleisch essen.Ausführlich wurde gesprochen über das Verhält-nis der äthiopischen Kirche zu den altorientali-schen Kirchen, zu den Katholiken und den Prote-stanten. Gedacht wurde der Bemühungen desKaisers Haile Selassie I. um die äthiopische Kir-che, der Errichtung des Patriarchats und der Di-özesen. Auch die christologischen Auseinander-setzungen in Vergangenheit und Gegenwart ka-men zur Sprache, und Abba Elissa teilte uns mit,dass die Streitigkeiten zwischen Stefaniten undMikaeliten bis heute nicht ganz beigelegt seien(siehe Ernst Hammerschmidt, Äthiopien, 1967,S. 56f). Der Erzbischof bedauerte, dass wirChristen keine Kommuniongemeinschaft haben.Nach dem Essen, bevor wir uns alle verabschie-deten, hielt Abba Elissa eine beeindruckendeRede. Zunächst bedankte er sich für die freundli-che Aufnahme und die köstliche Bewirtung. Erbetonte die christliche Verbundenheit und be-grüßte die ökumenischen Bemühungen. Ein-dringlich bat er um Hilfe für Äthiopien und be-sonders für den Dolmetscher, der zu fördern sei.Trotz einer abgeschlossenen Ausbildung zumDesigner hat dieser keine Anstellung und musssich und seine Familie durch Kellnerdienste er-nähren. Für den nächsten Tag, Freitag, 4. No-vember, war für morgens eine Grubenfahrt ge-plant. Wir hatten uns überlegt, was wir dem Erz-bischof zeigen könnten, das Land und Leute ge-prägt hat und das noch immer etwas Typischesfür diese Region ist. Die Grubenfahrt zu organi-sieren, war gar nicht so schwer. Kompliziert wur-de es erst, als die Verantwortlichen des Bergbausdas Alter von Abba Elissa erfuhren. Nach demVerzeichnis "Orthodoxia" 2005, S. 67, war der

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

20 Besuch von Erzbischof Abuna Elissa

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Erzbischof 1930 in Gondar geboren worden. Füreine Grubenfahrt war er damit zu alt, wie sichplötzlich herausstellte. Auf Grund seines Auftre-tens vermuteten wir aber, dass es sich bei demangegebenen Geburtsdatum um die äthiopischeZeitrechnung handelte. Damit wäre er noch unter70 Jahren gewesen. Weil alles vorbereitet war,sollten wir auf jeden Fall nach Bottrop kommen,wo auf dem Bergwerk Prosper-Haniel/Schacht10 die Grubenfahrt unter der Führung von Ober-steiger U. Schlathölter stattfinden sollte. Dortwollte man entscheiden, ob eine Grubenfahrt aufGrund der Konstitution des Erzbischofs vertret-bar ist oder nicht; wenn nicht, würde man eineBesichtigung über Tage machen. Aber wir konn-ten einfahren, und zwar 1000 m tief. Dem Erzbi-schof waren die notwendigen Vorbereitungen fürdie Einfahrt unter Tage nicht ganz geheuer. In derKaue wollte er seinen Stab, das Handkreuz undseine Kopfbedeckung nicht zurücklassen. DasUmziehen dagegen sah er ein. Erst als die Kau-enwärter, die äußerst nett und zuvorkommendwaren, ihm den notwendigen Schutzhelm brach-ten, tauschte er diesen gegen seine Kopfbedek-kung aus. Den Stab ließ er zurück, vom Kreuzaber trennte er sich nicht. Unter Tage bewies derErzbischof eine beeindruckende Haltung. LangerFußweg, schmale Gänge, enge Schwebebahn undStaub vor Ort an der Förderstelle machten ihmnichts aus. Sehr interessiert lauschte er den Wor-ten unseres exzellenten Führers. Als wir wiederüber Tage waren, wurde unsere Grubenfahrtdurch ein Foto dokumentiert.

Nachdem wir uns dann umgezogen hatten, wur-den wir zum Mittagessen eingeladen. Ob derErzbischof dies schon einmal vorher gegessenhatte? Es gab Grünkohl. Bis auf die Wurst hat eralles aufgegessen und hielt auch hier eine kleineRede. Nach dem Dank sagte er, dass er jetzt wis-se, worauf sich der Wohlstand Deutschlandsgründe. Worte, die den Bergleuten äußerst gut ta-ten, weil sie um die Existenz ihrer Arbeitsplätzefürchten müssen. Als Kind, so sagte der Erzbi-schof, habe er in einem Schulbuch von der Arbeitder Bergleute erfahren. Bis heute hätte er nichtgedacht, dass er diese Tätigkeit einmal so an-schaulich, so hautnah erleben würde. Und amEnde scherzte er, er sei der einzige gewesen, dersich nach der Grubenfahrt nicht hätte zu waschenbrauchen.

Nach einer verdienten Ruhepause im Kardinal-Hengsbach-Haus trafen wir uns mit dem Altbi-schof von Essen Dr. Hubert Luthe. ErzbischofElissa berichtete von den Plänen in seiner Erzdi-özese und übergab dem Bischof zwei umfangrei-che Aufstellungen über geplante Projekte und de-ren Kosten. Im weiteren Verlauf des Gesprächeswurde die Möglichkeit einer großen Äthiopien-Ausstellung in der Villa Hügel in Essen oder aberim Schloss Oberhausen erörtert. Es wurde erin-

nert an die Ausstellung "Koptische Kunst - Chri-stentum am Nil" in der Villa Hügel im Jahre1963. Bischof Luthe versprach, sich dieserhalban Herrn Prof. Dr. Beitz zu wenden. Mit einemgemeinsamen Abendessen endete ein erlebnisrei-cher, schöner Tag. Der Abschied fiel allenschwer.

Am Samstag, dem 5. November, brachte Dr.Beermann nach einer Zahnbehandlung unserenGast nach Köln, von wo er weiterfahren wolltenach Berlin.

Martin Pischel / Dr. Kai Beermann

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

1: Abuna Elissa, 2: Prälat Pischel, 3: Dr. Beermann,4: Johannes Kibede, 5: Frau St. Rathsmann 6: ObersteigerU. Schlathölter

21Besuch von Erzbischof Abuna Elissa

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Besuch von Erzbischof Abunä Elsa'e inHamburg, 12.11.-14.11. 2005

Bericht von Dr. Verena Böll

Abunä Elsa'e, Erzbischof von Süd-Gondär be-suchte bei seinem Deutschlandaufenthalt im Ok-tober/November 2005 ebenfalls Hamburg. Er be-sichtige die Abteilung für Afrikanistik und Äthio-pistik des Asien-Afrika-Instituts der UniversitätHamburg und war Gast der Äthiopisch Orthodo-xen Gemeinde in Hamburg und der St. MartinusGemeinde Hamburg.

Die korrekte Transliteration seines Namens istElsa'e. Es hat sich aber der Name Elissa einge-bürgert, und so werden in diesem Heft beide Na-men verwendet. Abunä Elsa'e ist als Erzbischofder Region Süd-Gondär der Äthiopisch Orthodo-xen Kirche (Ethiopian Orthodox TewahedoChurch) zuständig für die Klöster und Kirchen-schulen, die von der Tabor Society unterstütztwerden. Abunä Elsa'e ist ebenfalls ein ausgebil-deter und hochangesehener Kirchenlehrer fürDegguwa (Kirchenlieder und Musik). Er ist zu-gleich Fachmann für die Erstellung der Perga-mentmanuskripte, den äthiopischen Handschrif-ten.

Abunä Elsa'e hatte bei seiner Planung derDeutschlandreise einen Besuch in Hamburg ei-gentlich nicht vorgesehen. Wir konnten ihn je-doch aufgrund einiger Argumente überzeugen: InHamburg existiert an der Universität das FachÄthiopistik; es gibt eine reichhaltige Fachbiblio-thek der Äthiopistik; die Forschungsstelle der

Äthiopistik, an der die Encyclopaedia Aethiopicaerstellt wird, befindet sich vor Ort; die äthio-pisch-orthodoxe Gemeinde ist sehr aktiv und dieFamilie von Prof. Heyer lebt in der Nähe(Schleswig).

Sein Besuch in Hamburg lief dann von Anfangan sehr erfolgreich. Er und sein Begleiter Qes(Priester) Yetbaräk verbrachten den Samstag-abend bei Mitgliedern der äthiopischen Gemein-de. Am Sonntag früh begann dann der offizielleTeil. Die in der St. Martinus Gemeinde Eppen-dorf gefeierte Liturgie war sehr feierlich. Beson-derer Höhepunkt war die Taufe eines neugebore-nen äthiopischen Jungen. Die Eltern waren sehrstolz, dass ihr Kind von Abunä Elsa'e getauft

wurde, und die ganze Gemeinde war sehr ergrif-fen. Die äthiopisch-orthodoxe Gemeinde hatte imAnschluß an die Liturgie ein gemeinsames Mit-tagessen organisiert. In einem großen Saal wurdeäthiopisches Essen serviert.

Andreas Heyer, ein Sohn von Prof. Heyer, seineFrau und seine Schwägerin kamen für diese Feierextra aus Schleswig. Die Freude von AbunäElsa'ə, einen direkten Verwandten von Prof.Heyer zu treffen, war groß. Er bedankte sichnoch einmal ausgiebig bei der Familie Heyer fürdie langjährige Unterstützung. Höhepunkt ihresZusammentreffens war die feierliche Übergabeeines Siegels des Bischofs Nikolaus mit einemBegleitschreiben aus dem Nachlass von Prof.Heyer als Gastgeschenk. Bischof Nikolaus warBischof in St. Petri Dom in Schleswig (1193-1233), seine Grabstätte befindet sich im Dom.

Ich hatte auch die Studierenden der Äthiopistikzur Liturgie eingeladen. Die Begegnung mitAbunä Elsa'e, die Teilnahme an der Liturgie, derTaufe und das gemeinsame äthiopische Essen hatdas Verständnis für ihr Studienfach sicherlichnoch vertieft.

Hervorheben möchte ich hier noch einen weite-ren glücklichen Zufall. Der zuständige Pfarrerder St. Martinusgemeinde Eppendorf, Pastor Ul-

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Äthiopische Taufe Foto: V. Böll

Abuna Elissa und Qes YetbaräkFoto: V. Böll

Besuch von Erzbischof Abuna Elissa22

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rich Thomas, ist ebenfalls Äthiopist und schreibtzur Zeit seine Doktorarbeit über die äthiopischeBibel. Er konnte so Abunä Elsa'e seine Geez (Al-täthiopisch) Kenntnisse zeigen. Abunä Elsa'e warsichtlich angetan über so viele Geez und Amha-risch Sprechende in Hamburg.

Den Sonntagnachmittag verbrachten wir dannbei einer gemeinsamen Hafenrundfahrt in Ham-burg.

Am Montagvormittag besuchte Abunä Elsa'e dieHamburger Universität. In unserer Abteilung fürAfrikanistik und Äthiopistik des Asien-Afrika-Instituts wird das Fach Äthiopistik gelehrt, indieser Form einzigartig in Deutschland. AbunäElsa'e besichtigte die Abteilung und kam mit Stu-dierenden ins Gespräch. Es promovieren einigeäthiopische Doktoranden an der Abteilung, auchhier war die gegenseitige Freude über die Begeg-nung groß. Anschließend konnte er die Instituts-bibliothek besichtigen, die mit einer großenSammlung wissenschaftlicher Bücher überÄthiopien und Amharischer und Geez Literaturund weiteren äthiopischen Schriften ausgestattetist. Die Forschungsabteilung der Äthiopistik be-findet sich im Nachbargebäude, und da auch hieralle Mitarbeiter Äthiopien aus eigener Erfahrungkennen und äthiopische Sprachen sprechen, wareine gute Verständigung mit Abunä Elsa'e gesi-chert. Abunä Elsa'e konnte dann noch an einerLehrveranstaltung teilnehmen und stand an-schließend für eine Diskussion mit den Studie-renden zur Verfügung.

Ein weiterer glücklicher Umstand war, dass zuder Zeit Prof. Alessandro Bausi, Professor fürÄthiopistik der Universität Neapel, Italien, beiuns am Institut für eine Gastprofessur weilte.

Prof. Bausi ist ebenfalls Spezialist im Geez undwir konnten sogleich mit Abunä Elsa'e mehrereFachgespräche in Geez durchführen.

Zum Abschluß des Besuchs gab es ein gemeinsa-mes Mittagessen und anschließend verabschiede-ten wir Abunä Elsa'e und Qes Yetbaräk am Ham-burger Hauptbahnhof zur Weiterfahrt nachFrankfurt.

Es war ein kurzer, doch sehr intensiver Aufent-halt in Hamburg, der beiden Seiten viel Spaß ge-macht hat und erfolgreich verlaufen ist.

Danken möchte ich noch einmal ausdrücklich derArbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen inHamburg, der Gemeinde St. Martinus Eppendorfund der äthiopisch orthodoxen Gemeinde für diefinanzielle Unterstützung und Mitorganisation.

Verlaufsprotokoll seines Besuches:

12.11. 2005 Samstag

17.00 Ankunft von Abunä Elsa'e und Qes Yetba-räk aus Frankfurt in Hamburg

17.30 Fahrt ins St. Ansgar-Haus des ErzbistumsHamburg

13.11.2005 Sonntag

8.30 Ankunft in der Kirchengemeinde St. Marti-nus Eppendorf Hamburg

9.00 Äthiopische Taufe

10.00 Äthiopische Liturgie

12.45 Äthiopisches Essen im Gemeindesaal

14.00 Dankesrede von Abunä Elsa'e an die TaborSociety

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Abteilung für Afrikanistik und ÄthiopistikFoto: V. Böll

In der Institutsbibliothek: Qes Yetbaräk, Abuna Elissa undFrau Dr. Verena Böll

Foto: V. Böll

23Besuch von Erzbischof Abuna Elissa

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14:30 Theologische Unterweisung von AbunäElsa'e und Qes Yetbaräk

16.00 Besichtigung im Hamburger Hafen

18:00 Abendessen bei Dr. Getie Gelaye

20:45 Rückfahrt zum St. Ansgar-Haus

21.00 Abendruhe

14.11. 2005 Montag

10.00 Ankunft im Asien-Afrika-Institut, Abtei-lung für Afrikanistik und Äthiopistik, der Uni-versität Hamburg

10.10 Begrüßung durch Dr. Verena Böll, Dr.Getie Gelaye, Prof. Alessandro Bausi

10.30 Gespräch mit Mitarbeitern und Studie-renden der Abteilung für Afrikanistik undÄthiopistik

11.00 Besichtigung der Institutsbibliothek

11.30 Teilnahme an der Einführungsveranstal-tung für Afrikanistik von Prof. Reh, Abunä El-sa'e beantwortet Fragen der Studierenden

12.00 Besichtigung der Encyclopaedia Aethio-pica und Gespräch mit Mitarbeitern

12:30 Mittagessen im Restaurant Brasserie desHotels Elyssee

14.00 Gespräche mit Studierenden in der Uni-versität

15.24 Abfahrt nach Frankfurt

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Begegnung von Abuna Elissa mit Präses Manfred Kock und Erzpriester Dr. Merawi Tebege in der evangelischen Immanuel-Kirche in Köln Longerich anläßlich der Präsentation der Filmdokumentation „Wenn sie singen, bebt die Erde“,eine Darstellung der gelungenen Integration orthodoxer Äthiopier im Rheinland.

Foto: F. Dworschak

24 Besuch von Erzbischof Abuna Elissa

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Eindrücke, Beobachtungen undReflexionen während einer Äthiopienreiseim September 2006

Pfarrer Jan-Gerd Beinke

Normalerweise regnet es in Äthiopien währendder kleinen Regenzeit im April und der großenRegenzeit von Mitte Juni bis Anfang September.In diesem Jahr hat es in Äthiopien seit April2006 bis September 2006 immer wieder heftiggeregnet. Die Flüsse sind über die Ufer getreten,Straßen und Brücken waren zerstört und sogarim Hochland waren weite Flächen überflutet.Wann sollen die Bauern säen und ernten, wennsie nicht wissen können, ob es regnet und wannes regnet! Der Rhythmus der Jahreszeiten ist

auch in Äthiopien gestört, der Klimawandel imvollem Gange. Der Klimawandel wird von denreichen Industrieländern des Nordens verursacht,aber die armen Länder des Südens mit ihrenempfindlichen Ökosystemen leiden vor allemdarunter. So naiv es klingt: Ich finde das unge-recht! Was können wir dagegen tun?

Ich war jetzt zum sechsten Mal in Äthiopien,aber so bedrückend wie diesmal habe ich die„Armut“ der meisten Äthiopier bisher nicht er-lebt. Menschen haben zu wenig zu essen, laufenin Lumpen herum und ihre Behausungen wären

uns für das Vieh zu schlecht. Bin ich sensiblerfür die Armut geworden? Mir scheint, dass dieArmut in Äthiopien krasser geworden ist, vor al-lem in den Städten, wo der soziale Rückhaltdurch die Großfamilie fehlt. Vom Charme der al-ten Kaiserstadt Gondar, habe ich diesmal weniggespürt; Gondar macht auf mich einen verarmtenEindruck.

Vor dreißig Jahren hatte Addis Abeba etwa 1,5Millionen Einwohner. Heute leben in Addis Abe-ba ca. 5 Millionen Menschen. Damals gab es inAddis Abeba europäisch anmutende Viertel, an-sonsten glich die Stadt einem großen afrikani-schen Dorf. Heute wirkt Addis Abeba auf michwie eine indische Großstadt, weitgehend Slum.Überall kleine Buden, wo Menschen mit Klein-handel versuchen, etwas Geld zu verdienen. Aufden Straßen überall Tausende von Menschen, vorallem jüngere Männer und Jugendliche, die of-fenbar keine Arbeit und keine Beschäftigung ha-ben.

Gleichzeit wird in Addis Abeba viel gebaut, esgibt auch Inseln des Luxus und der Modernität,die es früher nicht gab. Die Gegensätze sind ge-wachsen und damit auch das Konfliktpotential.

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Addis Abeba - Skyline

Marktszene in Addis Abeba

Patriachat in Addis Abeba

Neue Kirche in Addis Abeba

REISEBERICHTE

25

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Die allgemeine Stimmung in Äthiopien empfandich als depressiv. Es war kaum möglich, Men-schen in Gespräche über Politik zu verwickeln.Sie haben offenbar alle Angst vor Spitzeln undUnterdrückung. Nur alte Freunde wagten es,sich mir gegenüber zu politischen Themen zu äu-ßern. So ist mir das politische Programm derderzeitigen Regierung nicht klar. Offensichtlichist die ethnozentrische Politik dieser Regierung,durch die die Regierung versucht, die verschie-denen Völker gegeneinander auszuspielen und zubeherrschen. Von meinen Gesprächspartnern,ausschließlich Amharen, wurde diese Politik na-türlich abgelehnt. Wenn man einmal erlebt hat,wie die Straßen geräumt werden, wenn der Mini-sterpräsident im Anmarsch ist, dann weiß man,dass Äthiopien offensichtlich eine Diktatur ist.Weiter möchte ich mich hier zu diesem brisantenThema nicht äußern und verweise zu den Men-schenrechtsverletzungen und Demokratiedefizi-ten auf die entsprechenden Veröffentlichungenvon Amnesty International.

Die orthodoxe Kirche ist aus der Zeit der Unter-drückung durch das kommunistische Regime ge-stärkt hervorgegangen. Nach dem Sturz des Kai-sers wurden sowohl unter der kommunistischenRegierung, wie unter der jetzigen Regierung, vie-le neue orthodoxe Kirchen gebaut, obwohl es inÄthiopien schon unzählige Kirchen gibt. DerGlaube der Menschen auf dem Land und der Ein-fluss der orthodoxen Kirche auf die Landbevöl-kerung scheint ungebrochen zu sein. Die viel-stündigen Gottesdienste werden gut besucht.

Mir scheint aber, dass nach all den Katastrophen,die Äthiopien in den letzten Jahrzehnten erlebthat, heute in Addis Abeba mehr Menschen dieGottesdienste besuchen und vor den Kirchen be-ten, als in den Zeiten des Kaisers. Wann sah manzu Kaisers Zeiten schon Studenten, die in den

Kirchhöfen beteten? Worauf sollen die Menschenin Äthiopien, nach all den Enttäuschungen derletzten Jahre auch hoffen, wenn nicht auf die Hil-fe Gottes? Angesichts dieser großen Religiositätdes gläubigen Volkes treten die Vertreter derHierarchie der orthodoxen Kirche heute rechtselbstbewusst auf. Minderwertigkeitskomplexeangesichts der Rückständigkeit der orthodoxenKirche in vielen Bereichen habe ich bei den Be-gegnungen mit Vertretern der Hierarchie diesmal,im Gegensatz zu früher, nicht erlebt. Ob sich bisnach Äthiopien herumgesprochen hat, wieschlecht in den meisten christlichen Gemeindenin Westeuropa der Gottesdienstbesuch ist undwie kümmerlich weitgehend das Gemeindelebenist?

Von den 5 Kirchenschulen, die von der „TaborSociety“ unterstützt werden, konnten wir wegender Überschwemmungen und der schlechtenStraßen, nur zwei besuchen, nämlich:

• Mekane Iyesus in Este • Medhane Alem Gubae bet in Gondar.

Anlässlich unserer Besuche in Debre Tabor ha-ben wir außerdem noch zwei Kirchenschulen be-sucht, die nicht von der Tabor Society unterstütztwerden, nämlich die Tekle Aquaquam Schule beider Debre Tabor Iyasus Kirche und die Kirchen-

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Vor der Holy Trinity Kirche in Addis Abeba

Gondar, Medhane Alem-Kirche und Kirchenstudenten

Gottesdienst in Debre Tabor

26 Reiseberichte

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schule der Medhane Alem Kirche in Debre Ta-bor.

In allen Kirchenschulen wurden wir mit großerFreude und Herzlichkeit begrüßt. Die Lehrer unddie Schüler sind überaus dankbar für die Unter-stützung der Tabor Society, die ihnen wenigstensein Überleben in Armut sichert. Ich möchte auchhier an dieser Stelle den Dank der Lehrer undSchüler an die Spender der Tabor Society weiter-geben.

Der Eifer und die Disziplin, in der die Schülerder Kirchenschulen jahrelang lernen, ist unglaub-lich. Um des Lernens Willen, aus Wissensdurst,nehmen die Schüler der Kirchenschulen ein jah-relanges Leben in äußerster Armut und vielenEntbehrungen auf sich. Die Armseligkeit derSchülerhütten, in denen die Schüler eng zusam-

men gepfercht schlafen, lernen und hausen, kannman sich nicht vorstellen, trotz der kleinen Sti-pendien der Tabor Society müssen die meistenSchüler betteln um überleben zu können. Trotz-dem fehlt ihnen oft selbst das zum Lernen Not-wendige. Ohne dass jemand Aufsicht führenmüsste, hört man tagsüber aus den Schülerhüttenimmer wieder den Singsang lernender Schüler,oft unterbrochen von fröhlichem Gelächter.

Lernen heißt in den traditionellen Kirchenschu-len einen riesigen Traditionsstoff auswendig ler-nen: Dichtung, Kirchengesang, Liturgie, Bibel,Auslegung der Kirchenväter und Kirchenrecht.Diese Ausbildung dauert in jeder Disziplin meh-rere Jahre. Schüler, die mehrere Disziplinen be-herrschen wollen, lernen oft ca. zwanzig Jahre –zwanzig Jahre lang Auswendiglernen und in Ar-mut leben! Die meisten Absolventen der Kir-chenschulen finden eine Stelle als Lehrer in einergroßen Kirche oder Kirchenschule. Auch wennsie eine Anstellung als Lehrer in der Kirche fin-den, so werden doch diese künftigen Kirchenleh-rer genauso arm bleiben wie ihre Lehrer.

Die Tabor Society kann weder alle Kirchenschu-len noch alle Kirchenlehrer unterstützen. Wirwissen ja nicht einmal, wie lange wir unsere Un-terstützung in dem bisherigen Umfang fortführenkönnen. Deshalb habe ich in meinen Gesprächenmit den Verantwortlichen immer wieder daraufgedrungen, dass sie Wege finden müssen, wiesich die Kirchenschulen, erst teilweise und

schließlich ganz, selbst finanzieren können, seies durch Landwirtschaft, um die Ernährung zu si-chern, sei es durch Kunsthandwerk oder durchSpenden der Gläubigen. Ich bin bei diesem The-ma auf wenig Verständnis gestoßen. Hierherrschte Ratlosigkeit, wenn das Thema der Ei-genfinanzierung angesprochen wurde. „Wenn dieTabor Society nicht mehr helfen kann, dann müs-sen wir eben hungern und schließlich aufgeben.“

So eindrucksvoll der Lerneifer vieler jungerÄthiopier auch ist, ist dies nicht die Kehrseite derherkömmlichen Verachtung körperlicher Arbeit,wie Landwirtschaft und Handwerk? In die Ent-wicklung von Landwirtschaft und Handwerkwird meines Erachtens in Äthiopien viel zu we-nig investiert, viel zu wenig dafür ausgebildet,

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Empfang in der Kirchenschule Mekane Iyäsus in Este

Empfang in der Kirchenschule Mekane Iyesus in Este

Kirchenschüler mit Lehrer vor ihren Hütten

Reiseberichte 27

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obwohl die meisten Äthiopier von der Landwirt-schaft leben. Die meisten jungen Äthiopier wol-len lernen. Erst Gymnasium, dann Universitätund dann ein „White Collar Job“, in Verwaltungoder Schule. So lange aber die wirtschaftlicheBasis in Landwirtschaft, Handwerk oder Indu-strie fehlt, führt dieser Lerneifer früher oder spä-ter in die Arbeitslosigkeit. Für die meisten schonnach dem Gymnasium, für die andern nach derUniversität. Wie kann man diese falsche Mentali-tät ändern? Was kann die orthodoxe Kirche füreine Verhaltensänderung tun, damit Menschenauch die Handarbeit schätzen lernen und sichentsprechend beruflich orientieren - in ihrem In-teresse, aber auch im Interesse des Landes.

Die orthodoxe Kirche hat auf die Menschen ei-nen großen Einfluss. Die Weitergabe der großenTraditionen dieser Kirche durch die Kirchen-schulen ist notwendig, um die besondere Gestalt,die das Christentum in Äthiopien angenommenhat, zu erhalten, um die Identität dieser einzigar-tigen afrikanischen christlichen Kirche zu si-chern. Durch Traditionspflege können notwendi-ge Verhaltensänderungen nicht bewirkt werden.Durch Traditionspflege allein wird das Christen-

tum zu einem Relikt der Vergangenheit und ver-liert seine Zukunftsfähigkeit. Christlicher Glaubemuss immer neu in die jeweilige Gegenwartübersetzt werden. Deshalb reicht es meines Er-achtens nicht, wenn die Kirchenschulen nur dieTraditionen weiter geben. Die Kirchenschulenmüssen den Schülern auch eine elementareKenntnis der modernen Welt vermitteln, damitsie den christlichen Glauben in die moderne Weltübersetzen können. Dazu müsste der Lehrplander Kirchenschulen auch durch „weltliche Fä-cher“ wie Naturwissenschaft oder Hygiene, er-gänzt werden. Aber diese Aufgabe, die eine un-geheuere Herausforderung ist, wird nur von ganzwenigen in der orthodoxen Kirche gesehen. DieVerantwortlichen für die Kirchenschulen, mit de-nen ich gesprochen habe, wissen so wenig vonder modernen Welt, dass sie noch ganz unange-fochten in ihren Traditionen leben können.

Wie kann die Tabor Society hier den Anstoß füreine Öffnung und Änderung geben? Kann sie esüberhaupt?

Oder müssen wir warten, bis die Äthiopier dasProblem erkennen und selbst in Angriff nehmen?

Alle Fotos: Pfr. Jan-Gerd Beinke und Dorothea Georgieff

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Memhär Haile Mikae von Este

Liqe Liqawent Ezra Haddis von Gondar

Landschaft bei Debre Tabor

28 Reiseberichte

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Bericht über eine Reise in Äthiopien im September 2006

von Dorothea Georgieff

Herr Prof. Heyer, Konfessionswissenschaftler ander Universität Heidelberg, erforschte nicht nurdie Äthiopisch-orthodoxe Kirche, sondern erwollte auch den Äthiopiern helfen. Nach demSturz von Kaiser Haile Selassie I. wurden alleLändereien der Kirche enteignet. Dadurch verlo-ren die Kirchen, Klöster und Schulen ihr Ein-kommen. Um die alte Tradition zu erhalten,gründete er mit seinen Studenten die Tabor So-ciety (TS). Herr Prof. Heyer verstarb letzten Jah-res (2005) im Alter von 97 Jahren. Sein Nachfol-ger ist Pfr. Jan-Gerd Beinke, der von Anfang an,also seit mehr als 25 Jahren, die Arbeit der TSfördert.

Mit ihm habe ich am 30. August 2006 erneuteine Reise nach Äthiopien unternommen. Ichhabe mit meiner Familie einige Jahre dort gelebt,war bereits vor sechs Jahren dort, so war es sozu-sagen eine Reise in die Vergangenheit. Doch die-ses Mal öffnete sich für mich eine ganz neueWelt. Ich hatte früher keinen Zugang zur Äthio-pisch-orthodoxen Kirche. Mir wurde erst durchdie Arbeit bei der TS bewusst, wie wichtig dieseAufgabe ist, um die alte Tradition und damit dieIdentität der Äthiopier zu erhalten. Diese einzig-artige christliche Religion ist seit dem 4. Jahr-hundert die eines afrikanischen Volkes, währendalle anderen Konfessionen in anderen afrikani-schen Ländern importiert wurden. Eine Religi-on mit ihrer ursprünglichen Liturgie in der nochhier erhaltenen Kirchensprache Geez und der ur-alten Kirchenmusik mit Trommeln, Sistren unddem Tanz der Priester.

Wir bereisten das Land drei Wochen lang undwollten alle fünf Kirchenschulen besuchen, dievon der TS unterstützt werden, jedoch konntenwir nur die Kirchenschulen Mekane Iyesus inEste und in Gondar die Medhane Alem Gubayabet besuchen. Die anderen waren wegen Über-flutung nicht erreichbar. In Debre Tabor besuch-ten wir außerdem die Medhane Alem Kirchen-schule und die Tekle Aquaquam-Schule.

Ato Habte Lakew, von der Rootstravel-Agentur,holte uns vom Flugplatz ab. Wir fuhren gleichzur Bank und dann ins „Semien“-Hotel, wo zweiZimmer für uns reserviert waren.

Zunächst verweilten wir bis Mittwoch, dem 6.9.,in Addis Abeba, um uns an die Höhenlage von2.400 m zu gewöhnen. Wir hatten viele interes-sante Begegnungen, jeder Tag war ausgefüllt.Pfr. Beinke traf im Patriarchat alte Bekannte underfuhr wichtige Nachrichten über die Äthiopisch-orthodoxe Kirche. Wir trafen Leute aus Isqut(Wollega-Provinz) und einen Rechtsanwalt, derdie Interessen der Gemeinde in Isqut vertritt. DieVerhandlung endete damit, dass wir das Problembei der nächsten Mitgliederversammlung der TSbesprechen werden. In den nächsten Tagen be-suchten wir, oft bei strömendem Regen, folgendeEinrichtungen:

Das Deutsche Kultur-Institut, (Goethe-Institut).Das Institut of Ethiopian Studies (Museum).Die Afrika-Hall und das UNO-Center.Das Priester-Seminar des Trinity College.Die Priester-Schule in Kolfi.

Natürlich besuchten wir auch mehrere Kirchen inAddis Abeba, die Stefanos-Kirche, St. Georgs-Kirche, Lideta-Kirche, Holy Trinity-Kirche unddie Gabriel-Kirche, wo sich auch das Grab vonPatriarch Abuna Theophilos befindet. Wir be-

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Straßenszene in Addis Abeba

Holy Trinity Kirche in Addis Abeba

29Reiseberichte

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suchten auch das dortige Museum. Überall trafenwir freundliche Menschen, die uns die Tür öffne-ten.

Samstag, dem 2.9. fuhren wir zum Nonnenklo-ster in Sabata (17 km), wo uns die Äbtissin Fikir-te Bekele freudig begrüßte. Sie zeigte uns das

Anwesen, wo sich z.Zt. ca. 200 junge Mädchenaus verschiedenen Provinzen und Sprachgrup-pen befinden, die ein Handwerk (Nähen, Weben,Sticken, etc.) erlernen wollen. Unterrichtet wirdin der gemeinsamen Landessprache Amharisch.Orangen und andere Zitrusfrüchte sowie Gemü-se werden immer noch angebaut, wie zu KaiserinMenen’s (Frau des Kaiser Haile Selassie I.) Zei-ten. Auch die neue Kirche durften wir besichti-gen.

Am Sonntag, dem 3. September, besuchten wirden Gottesdienst in der deutschen Kreuzkirche,wo Pfr. Gossens predigte. Wir trafen dort mehre-re Landsleute, die fast alle im Dienst der Ent-wicklungshilfe stehen. 120 registrierte Mitgliederzählt die Gemeinde derzeit. Es sollen im Lande15 Universitäten entstehen. 80 Mitarbeiter vonder Gesellschaft für technische Zusammenarbeit(GTZ) helfen beim Aufbau.

Die darauf folgenden Tage waren mit Besuchenim Patriarchat und einer Stadtbesichtigung aus-gefüllt. Zwischendurch regnete es immer wieder.Im Vergleich zu meinem letzten Besuch im Jahr2000 machte die Stadt einen heruntergekomme-nen Eindruck auf mich, womit sich die Armut imLande widerspiegelt. Erschüttert waren wir vonden Menschen, die überall an Straßenrändern sa-

ßen, junge und alte Leute, die versuchen ihre bil-lige Ware aus China zu verkaufen. Ein Bild desJammers!

Am 5.9. einem sonnigen Tag, fuhren wir nachDebre Zeit (50 km) zum Hora-See, ein Kratersee.Die Piste war ziemlich ausgespült und so gelanges uns nicht bis zum „Pawloff“-See vorzudrin-gen. Auf dem Heimweg kamen wir an neuenKirchen vorbei oder an solchen, die sich geradeim Aufbau befinden.

Als wir in Addis Abeba ankamen, wurden plötz-lich die Straßen geräumt, Polizisten säumten dieStraßen. Der Ministerpräsident, Meles Zenawi,war aus dem Ausland zurückgekehrt und solltedurch die Straßen fahren. Das hinterließ für unsals Europäer einen durchaus gespenstigen Ein-druck.

Am Mittwoch, dem 6.9. flogen wir mit einerFokker-Maschine mit Zwischenlandung in BahirDar und Gondar nach Lalibela (2.630 m überdem Meeresspiegel). Beim Durchleuchten mei-

ner Kleidungsstücke ertönte immer wieder der“Bing“-Ton und ich musste dreimal zurück. Eswar mir nicht klar warum, bis die Hostess in

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Äbtissin Fikirte Bekele in Sabata

Lalibela

30 Reiseberichte

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meiner Handtasche zwei Obstmesser fand, dieich völlig vergessen hatte. Beinahe hätten wir dasFlugzeug verpasst. In letzter Minute erlaubte siemir, diese „gefährlichen“ Gegenstände in meinBoardcase zu stecken, welches dann als cargoweitertransportiert wurde.

Wir hatten Glück und bekamen unangemeldet im„Roha“-Hotel zwei Zimmer. In Lalibela blühtendie ersten Maskal-Blumen - ein Zeichen für bal-diges Endeder Regenzeit.Ein netter Rei-seführer, AtoMelkemo, denPfr. Beinkeam Flugplatztraf, führte unsam nächstenTag zu der er-sten Gruppeder berühmtenFelsenkirchen.Nachmittagsgab es ein sightseeing und einen Besuch im „Se-ven Olives“-Hotel mit Blick auf die Stadt. Amnächsten Tag früh am Morgen ging es zur Süd-gruppe der Felsenkirchen, wo wir in der BetaGabriel-Raphael-Kirche den Gottesdienst miter-leben durften, was nicht jedem Touristen mög-lich ist.

Mittlerweile war auch Megabe Fisha, unsereKontaktperson für die Tabor Society in Äthiopi-en, Aus Debre Tabor mit einem Landcruiser ein-getroffen.

Auch Herr Bachmann, ein Mitglieder der TS, tra-fen wir im Hotel, der mit einem bekannten Ehe-paar ein Patenkind in Lalibela besuchte. Wir sindihm noch mehrere Male in den nächsten Wochen

begegnet. Die Brillen aus Hamburg für die Kir-chenschule hatte er in seinem Gepäck.

Am Samstag, dem 9.9. verließen wir Lalibelaund fuhren zusammen mit Megabe Fisha übereine steinige Piste, 7 Stunden lang, nach DebreTabor, das in einer einmaligen Bergwelt imHochland (2.800 m) liegt in. Megabe Fisha be-gleitete uns von diesem Tag ab bis zu unsrer Ab-reise. Die Felder waren überschwemmt, das Viehwatete im Wasser, ein Bild des Grausens! Aberimmer wieder begegneten wir trotzdem fröhli-chen Menschen, die uns lachend begrüßten.

Wir machten gleich unsere Aufwartung bei Abu-na Elissa (Bischof von Süd-Gondar), der unsfreudig in seinem Hause empfing. Er erzählte unsvon seinen Eindrücken in Deutschland, wo er imJahr 2005 als Gast der TS fünf Wochen weilte.(Siehe auch Berichte hierzu in diesem Heft!) Da-bei erwähnt er, dass es ihm in Hamburg am be-sten gefallen habe. Dann überbrachte ich ihmGrüße aus Oftersheim, besonders von Bürger-meister Baust und übergab ihm das Geldge-schenk. Wir wurden auch von anwesenden Prie-stern und Studenten auf das herzlichste begrüßt.

Abuna Elissa lud uns schließlich ein, am morgi-gen Sonntag beim Gottesdienst in der Iyasus-Kir-che teilzunehmen. Müde von der langen Fahrtnahmen wir unser Quartier im „Begemder“-Ho-tel ein. Hier konnte ich endlich meine Geschenkean Megabe Fisha übergeben. Saubere Zimmer,freundliche Menschen erwarteten uns im Hotel,aber leider keine europäische Toilette.... Nun,dieses Dilemma haben wir so gelöst, dass wir amnächsten Abend nach Bahir Dar fuhren und dortim „Ghion“-Hotel Quartier nahmen.

Der Gottesdienst hatte schon um 6.00 Uhr be-gonnen und man erwartete uns schon längst. Lei-der hatte ich mir in Lalibela eine Erkältung zuge-

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Maskalblume

Frau Georgieff in Lalibela

Gläubige an der Iyasus-Kirche in Debre Tabor

31Reiseberichte

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zogen und ich litt an heftigen Husten-Anfällen.Mir versagte sogar die Stimme zu einem Zeit-punkt, als ich zur Gemeinde sprechen sollte. Manhatte mich in eine weiße Natala gehüllt, so wie essich geziemt für Frauen, die zum Gottesdienstgehen. Dieses Gewand hatte ich in Lalibela ge-kauft. Man bot mir im Kircheninneren einenPlatz an, was für Frauen eine absolute Ausnahmebedeutete. Nach dem Gottesdienst fuhren wir zuder Aquaquam-Schule, wo die Debteras (Kir-chengelehrte) ihre Tänze einüben. Die Straße

war so holprig, so dass ich bestimmt beim GehenSchwierigkeiten bekommen hätte. Ich hatte dieseSchule vor sechs Jahren nach Fertigstellung be-sucht. Nun war ich erschrocken, was der Regenin ein paar Jahren angerichtet hatte. Die Farbebröckelte von der Außenwand ab und man hatteden Eindruck, als ob dieses Haus jahrelang nichtbenutzt worden sei. Hohes Gras versperrte denZugang. Wir begutachteten das Gelände und dasNebengebäude für die Lehrer und Schüler. Mo-mentan lebt dort nur ein Mönch, weil wegen derRegenzeit noch nicht mit dem Unterricht begon-nen werden konnte.

Ein Besuch bei einer alten Bekannten von Pfr.Beinke, in deren Haus er vor Jahren mit Prof.Heyer gelebt hatte, sie aber nie gesehen hatte,

weil sie damals in Addis Abeba lebte, war sehrinteressant. Wann kommt schon einmal ein „fe-renji“ (Ausländer) dorthin? Ölgemälde von ih-rem Mann und anderen Vorfahren im Festtagsge-wand (Brokatumhang) hingen an den Wänden.Sie muss bessere Zeiten erlebt haben. Uns wur-de tschai (Tee) erviert. Unterwegs lief uns derehemalige Diener, Bezabeh, von Pfr. Beinkeüber den Weg. Die Freude war so groß, dass erihn gleich mit in sein Haus nehmen wollte. Auchkochen wollte er für ihn, wie damals vor über 30Jahren.

Am Spätnachmittag fuhren wir mit unserem ge-mieteten Land-Cruiser nach Bahir Dar. Die Fahrtdauerte zwei Stunden. Die Landschaft bot einenlieblichen Anblick. Überall blühten Maskalblu-men und man hatte einen herrlichen Ausblick indas weite Land. Manches Bächlein floss vonBergeshöhen herab und je tiefer man kam, destofeuchter wurde der Boden. Wir sahen notdürftigaufgestellt Zelte, die den Bauern wegen derÜberflutung Unterkunft bieten sollten. Kaum wa-ren wir in Bahir Dar angekommen, färbte sichder Himmel grau und der Tana-See braun, und esfing an die donnern und zu blitzen. Es regnete inStrömen. Früh am Morgen wurden wir von Vo-gelgezwitscher geweckt, die Sonne war geradeam Aufgehen. Die Vögel hatten sich zum Wei-terflug am Ufer versammelt.

Am Montag, dem 11.9., fuhren wir frühzeitig los,um pünktlich zum Neujahrs-Gottesdienst in De-bre Tabor zu sein (an diesem Tag hatte das neueÄthiopische Jahr begonnen) Der Gottesdienst mitAbuna Elissa in der Medhane Alem-Kirche hatteschon um 6.00 Uhr begonnnen, wir erreichtenaber erst um 9.00 Uhr Debre Tabor. Wir wurdenals Bruder und Schwester, die aus Deutschland

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Abuna Elissa im Gottesdienst

Aquaquam Sänger

Neujahrs-Gottesdienst an der Medhane Alem-Kirche

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gekommen waren, vorgestellt, um zusammen mitden Äthiopiern das Neujahrsfest zu begehen. Einälterer, blinder Priester verkündete den gesamtenneuen Kalender mit allen Fest- und Fastentagen.Die Priester sangen und beteten. Korn war aufge-stellt, als Symbol für ein fruchtbares Neues Jahr.Pfr. Beinke sprach zur Gemeinde und wiederhol-te seine Worte, dass die TS wohl den Lehrernund Studenten helfen wolle, dass das aber nichtso einfach sei und dass sie selbst dazu beitragenmüssten, Neuerungen auf dem Lehrplan zuschaffen, um mit der modernen Welt Schritt hal-ten zu können. Nach dem Gottesdienst ging esauf steinigem Weg zur Kirchenschule MedhaneAlem. Die Schüler, die in Hütten wohnen, kamenzur Begrüßung und zwei von ihnen trugen für

Pastor Johannes (Pfr. Beinke) Dankesworte inForm von Quene (Gedicht) vor. Ein kleinesGeldgeschenk von der Lehrerin aus Walldorf,Frau Hampel, rief große Freude hervor und manhofft auf weitere Hilfe. Anschließend wurden wir

ins Haus von Abuna Elissa zum Mittagessen ein-geladen. Es gab gegrilltes Lammfleisch undDabo (Brot). Abuna Elissa überreichte eine kost-bare Gabi mit breiter Borde und mir ein reich be-sticktes Kleid mit Schärpe und Kopftuch. Wirwurden gleich von den Priestern eingekleidet und

hatten einen Riesenspaß dabei. Bevor wir unsereFahrt nach Bahir Dar wieder antraten, trankenwir in einem Restaurant Juice in der Farbmi-schung: Avokato, Papaya und Guaven, die Natio-nalfarben. Auf der Fahrt nach Bahir Dar begeg-nete uns eine Herde Rotbrustaffen. Noch vorDunkelheit erreichten wir heil unser Hotel.

Am Dienstag, dem 12.9. hatten wir in Este dieMekane Iyesus-Kirchenschule als Ziel. Schonvor dem Haus des Lehrers dieser Schule, Merige-ta Sissay Assefa, wurden wir von Kirchenschü-lern mit Gesang und Trommeln empfangen. Ineiner Prozession ging es mit ihnen zur Kirchen-schule. Dort wurden wir von allen Lehrern, Prie-stern und Schülern begrüßt. Man überreichte unsMaskalblumen und rote Dahlien. Willkommens-und Dankesreden wollten nicht enden.

Wir besichtigten die Kirche und den etwa 20 qmgroßen Unterrichtsraum. Er war triste und dun-kel, an der Decke hing eine Glühbirne als einzigeLichtquelle, ein Bild der Gottesmutter und einpaar Holzbänke. Einer der Schüler zeigte stolzein paar alte Bücher. Hier wird in den nächstenJahren unser Tätigkeitsfeld liegen müssen, sofernunser Spendenaufkommen uns das ermöglicht.Die Hütten der Studenten befinden sich ringsher-um. Alte Bäume, wie überall um die Kirchen-schulen, waren die einzige Zierde. Wir durften

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Pfr. Beinke erhält eine wunderschöne Gabi

Empfang in Este

Hütten der Studenten

33Reiseberichte

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Abb. 5: Auftreten des Antichristen aus demQuesqwam Buch (BL 50v)

Abb. 6: Auftreten des Antichristen aus dem DärasgäMariam Buch (DM 66v)

Abb 7: Lebensbaum aus dem Därasgä Mariam Buch(DM 108r)

Abb. 8: Aus dem Quesqwam Buch (BL 47r)

Abb 9: Aus dem Därasgä Mariam Buch (DM 62v)Abb. 14: Aus dem Quesqwam Buch (BL 6v)

34 Abbildungen aus dem Artikel D. McEwan

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 November / 2006

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Abb. 15: Aus dem Därasgä Mariam Buch (DM 7v, 8r)

Abb. 17: Aus dem Därasgä Mariam Buch (DM 46r)Abb. 16: Aus dem Quesqwam Buch (BL 34v)

Abb. 19: Aus dem Därasgä Mariam Buch (DM 99r)Abb. 18: Aus dem Quesqwam Buch (BL 76r)

Abbildungen aus dem Artikel D. McEwan 35

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 November / 2006

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nach dem Mittagessen auch die Küche und Vor-ratsräume sehen. Man merkte, dass hier Frauenzu Werke gingen, es herrschte Sauberkeit in denRäumen. Nun wurden wir ins Haus von MerigetaSissay und seiner Familie gebeten. Dort wurdedas frisch gebackene Brot von Pfr. Beinke ange-schnitten und verteilt. Dazu wurde Kaffee undMilch gereicht. Danach wurden Geschenke aus-geteilt. Einzelheiten wurden erörtert und danntraten wir wieder unsere Heimfahrt an. Auf derRückfahrt fing es an zu hageln und zu regnen, sodass wir kaum noch die Strasse erkennen konn-ten. Müde von den Ereignissen des Tages undder Fahrt zog ich mich schnellstens zurück.

Mittwoch, der 13.9. Sonnenschein und Vogelge-zwitscher weckten uns am Morgen. Ich machteeinen Spaziergang am Tana-See entlang. Pfr.Beinke arbeitete auf der Terrasse die vorange-gangenen Tage auf und machte sich Notizen fürdie bevorstehende Sitzung bei Abuna Elissa. Ineiner Apotheke hoffte ich Medikamente gegenmeine Erkältung zu bekommen. Einen äthiopi-scher Hustensaft bot man mir an, der aber leiderkeine Linderung brachte. Am Abend trafen wiruns mit einem früheren Mitarbeiter des CCC,Debre Tabor, der uns zum Abendessen einlud.Alte Erinnerungen wurden ausgetauscht.

Am Donnerstag, dem 14.9., Fahrt nach DebreTabor zur Sitzung bei Abuna Elissa. Auf demWeg stoppte Taffera, unser Chauffeur, an einergeheimnisvollen Stelle, damit Pfr. Beinke die„Claudius“-Kirche besuchen konnte. Eine alteFestungskirche, die ganz versteckt hinter Bäu-men und Gebüsch lag. Dort hatte man währendder Kriegszeiten mit Ahmed Al-Gragn wertvolleKirchenbücher verwahrt. Dies war eine Empfeh-lung von Abuna Elissa.

Wir kamen rechtzeitig in Debre Tabor an, wosich schon alle Vertreter, d.h. Leiter der einzel-nen Kirchenschulen aus Zuramba, Mekane Iye-sus-Schule, Bethlehem versammelt hatten, mitAusnahme von der Mahedere Mariam-Kirchen-schule. Der Weg war durch einen stark strömen-den Fluss versperrt. Sie waren alle teils zu Fuß,teils per Autobus gekommen. Ein Äthiopier,vermutlich ein Health-Officer, der die Medical-School in Gondar absolviert hatte und längereZeit in England lebte, übersetzte in einem her-vorragenden Englisch das Gespräch zwischenPfr. Beinke und den Vertretern der Schulen. Je-der einzelne Schulleiter wurde nach deren Pro-

blemen befragt und nach Liste die Lehrer- undSchülerzahl neu aufgenommen. Wieder wurdenDankesworte und Geschenke ausgeteilt. Nachdem Mittagessen hieß es Abschied nehmen. Mangab uns viele Segenswünsche mit auf den Weg.Ganz besonders herzlich verabschiedete unsAbuna Elissa.

Bevor wir Debre Tabor endgültig verließen,schauten wir kurz im CCC (Child Care Center),das von der Kindernothilfe unterstützt wird, hin-ein. Junge Mädchen saßen dort am PC und rech-neten. Ich war überrascht, dass man dort schonmoderne Unterrichtsmethoden benutzte. AmNachmittag ging unsere Fahrt nach Gondar (3Stunden, etwa 170 km). Megabe Fisha begleiteteuns. Im „Goha“-Hotel bekamen wir Unterkunftbis Dienstag, denn Gondar ist Mittelpunkt fürTouristen, die weiter ins Semiengebirge fahren.Bis dahin begleitete uns Megabe Fisha, dann fuhrer mit Taffera nach Bahir Dar zurück, der neueGäste abholen musste.

Wir buchten am nächsten Tag bei Ethiopian Air-lines unseren Flug auf den 19.9. um. Anschlies-send besuchten wir die Medhane-Alem-Kirchen-schule. Es fand gerade Unterricht statt, aber LikeLikawent Ezra Haddis empfing uns nach einerWeile und wir durften sogar am Unterricht teil-nehmen. Die Priester und Schüler hielten Kerzenals Willkommensgruß in den Händen. Es war für

uns interessant, dem Unterricht zu folgen. EinSchüler liest den Text in Geez vor, der Lehrerübersetzt ihn ins Amharische und gibt seinenKommentar dazu. Dazwischen wird gebetet, bisder nächste Schüler seinen Text vorliest. Pfr.Beinke beteiligte sich am Gespräch. Es wurdeüber Wiedergeburt – Timkatfest (Taufe Jesu) dis-kutiert. Man wollte sich beim Sonntags-Gottes-dienst wiedertreffen und für Montag Nachmittag

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Empfang im Lehrhaus in Gondar

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bekamen wir einen Termin. Man überreichte unsAndenken an die Medhane-Alem-Kirchenschule.

Anschließend unternahmen wir eine Fahrt durchden Merkato und kamen auch an einer Moscheevorbei, zu der viele Gläubige strömten, denn eswar Freitag. Ato Kibatu, der Sohn des verstorbe-nen Ato Tellele Desta (unsere frühere Kontakt-person, � 2003), übernahm nun die Führung. Pfr.Beinke suchte mit ihm am nächsten Tag das Klo-ster Johannes Gadamo, es war aber in der kurzenZeit nicht erreichbar. Es hatte sich herausgestellt,dass nach 10 km Fahrt noch ein 4 - 5 stündigerFußmarsch hätte zurückgelegt werden müssen.

Er besichtigte aber ein „Mutter Theresa-Haus“(Schwester der Nächstenliebe von Kalkutta) fürBehinderte, Waisen und Aidskranke und andere

karitative Einrichtungen. Gezwungen durch mei-ne Erkältung blieb ich an diesem Tag im Hotelzurück. Herr Bachmann und Ehepaar Riedel wa-ren ebenfalls eingetroffen.

Sonntag, 17.9. um 7.00 Uhr Gottesdienst in derMedhane Alem-Kirche (Erlöserkirche) mit LikeLikawent Ezra Haddis, bis 9.00 Uhr. Anschlie-ßend besichtigen wir den Gemp (Palastbezirk desKaisers Fasilidas, 1632-1667, und Blütezeit Gon-

dars). Ein Besuch in der Marienkirche nebenanund weiter zum Qusquam-Palast der KaiserinMentewwab schlossen sich an. Die Kirche „De-bre Tsehai“ (Berg der Sonne) ist reich mit mo-derner Malerei geschmückt. Sie wurde von Kai-ser Haile Selassie I. errichtet. Sie fiel 1888 dem

Ansturm der Mahdisten zum Opfer, wie auch derPalast. In einer Gruft befinden sich die Gebeineder Kaiserin Mentewab, ihres Sohnes Iyasu II.und ihres Enkels, des Kaisers Iyoas (1755-1769).Ein besonderes Fest stellt das Marienfest am15.11. dar. Auch hier wucherte das Gras, wel-ches getrocknet zum Flechten der hübschen

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... und sogar KuS ist im Lehrhaus zwischen den Büchern zu finden...

Liqe Liqawent Ezra Haddis

Ruine des Qusquam-Palastes der Kaiserin Mentewab

Moderne Malerei in der Kirche Debre Tshai in Qusquam

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Körbchen dient.

Am Montag, dem 18.9. war das Treffen bei LikeLikawent Ezra Haddis im Unterrichtsraum. HerrBachmann und Ehepaar Riedel waren auch mit-gekommen, um die gespendeten Brillen ausHamburg zu übergeben. Herr Pfr. Beinke wieder-holte, dass der Lehrplan nicht nur den traditionel-len Lehrstoff, wie Altes und Neues Testament,sondern auch modernere Inhalte wie z.B. Hygie-ne, Präventivmedizin, HIV/Aids und die Metho-den besserer Landwirtschaft, enthalten solle.Vielleicht wären da regelmäßige Fortbildungs-kurse in Addis Abeba hilfreich, wenn das mög-lich wäre. Die Lehrer und Priester leben zöliba-tär. Wir besichtigten anschließend die Schlafräu-me der Studenten, sie zeigten uns lachend ihreBücher. Die Pläne für ein neues Dormitoriumwurden aus Geldmangel zunächst zurückgestellt.In einem noch nicht fertig gestellten Gebäude be-findet sich ein Grab und im ersten Stock soll eineBibliothek eingerichtet werden.

Am Dienstag, dem 19.9. flogen wir im Direkt-flug nach Addis Abeba zurück und quartiertenuns im „Ghion“-Hotel ein. Bei Ethiopian Airli-nes, im „Hilton“Hotel-Büro, erhielten wir zweiPlätze für einen früheren Heimflug, denn wir hat-ten unsere Arbeit beendet und das schlechte Wet-ter in Addis Abeba verleidete uns einen weiterenAufenthalt.

Am Mittwoch besuchten wir noch einmal dieHoly Trinity-Kirche. Patriarch Paulos zelebrierteden verspäteten Neujahrs-Festgottesdienst, da erim Ausland geweilt hatte. Es hatten sich vieleKirchenleute aus der Umgebung versammelt.Wir nutzten die Gelegenheit und besuchten dasMuseum, wo die Kronjuwelen aufbewahrt wer-

den. Ein Priester gab uns ausführlich Auskunftüber jedes Schmuckstück. Nachdem der Gottes-dienst beendet war, hatten wir auch die Möglich-keit, ins Innere der Kirche zu treten, wo sich derSarkophag von Kaiser Haile Selassie I. und sei-ner Frau Itegue Menen befindet.

Am Donnerstag, dem 21.9., gegen Mittag, trafsich Pfr. Beinke mit einem alten Bekannten, AtoIsayas, dem er vor 30 Jahren zu einer Stelle ver-holfen hatte. Das Wiedersehen war riesig. „Weare still existing“ sagte er immer wieder undstrahlte übers ganze Gesicht. Mit ihm verbrachtePfr. Beinke den Rest des Tages. Er bestand dar-auf, dass wir auch sein bescheidenes Haus sehenund dort mit ihm Abendbrot einnehmen sollten.Die Strassen dorthin waren vom Berufsverkehrverstopft, aber er versicherte, dass wir pünktlichzum Flughafen kämen. Wir sahen uns in seinemHaus noch eine DVD über Kirchenmusik an, dieer jedem von uns als Abschiedsgeschenk über-reichte.

Um 22.00 Uhr checkten wir ein, zuvor nahmenwir Abschied von Ato Habte und Ato Isayas.Durch die vielen Geschenke, die wir erhalten ha-ben, hatten sich meine Koffer wieder gefüllt undbei der Gewichtskontrolle waren 9 Kilo mehr aufder Waage als erlaubt. Man berechnete nur dieHälfte, aber 90 € musste ich zahlen. Der Flugwar ruhig, man konnte einigermaßen schlafenund so landeten wir heil am 22.9., um 6.50 Uhr,in der Früh, wieder in Frankfurt.

Der gesamte Aufenthalt kann als gelungen be-zeichnet werden. Das einzige Hindernis war mei-ne Erkältung, die mich sehr beeinträchtigt hatte.Ja, Äthiopien hat viele Gesichter! Aber eineswurde mir bewusst, wer das Beten verlernt hat,dort kann man es wieder lernen. Mit wieviel Ge-duld ertragen die Menschen ihr Leid, die Armutund die geringe Chance auf ein besseres Leben.Auch eine gute Ausbildung endet oft mit Ar-beitslosigkeit. Aber sie geben nicht auf: Das sahman auch in den Kirchenschulen bei den Studie-renden, ihr Drängen nach Lernen und Wissenund der Verzicht auf jeden Komfort.

Der Besuch hat mir wieder Kraft gegeben meineArbeit fortzuführen für Äthiopien. Ich hoffe, dassmir dabei viele Menschen helfen werden.

Alle Fotos:Pfr. Jan-Gerd Beinke und Dorothea Georgieff

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Studenten in ihrem einfachen Dormitorium

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Illuminierte Manuskripte in Äthiopien: Ent-stehung, Bedeutung und Herstellung der bei-

den Manuskriptbücher der Apokalypse inQwesqwam und Därasgä Maryam.

Dorothea McEwan, The Warburg Institute, University of London.

Einleitung

Apokalypse, das griechische Wort für Offenba-rung, ist ein Text, der das, was verhüllt ist, auf-hellt, ist also vor allem eine Offenbarung von zu-künftigen Ereignissen. Prophezeiungen sind Bot-schaften von Gott, während Offenbarungen Vi-sionen sind, die jemand mit dem Auftrag erhält,sie aufzuschreiben; im vorliegenden Fall war esein Mann namens Johannes, wobei es ungeklärtbleibt, wer dieser Johannes war.

Ich behandle den Text der Offenbarung nicht alsreligiösen Text, sondern als geistesgeschichtli-chen Text. Er ist kompliziert, mit seinen abstrak-ten formelhaften Ausdrücken, er ist ein symbol-reicher Text, den man nicht wörtlich nehmendarf. Alles muss sinnbildlich verstanden werden,als Allegorie und nicht als genaue Interpretationvon Fakten oder Ereignissen. In meinen Augenkann man den Text nicht wortwörtlich nehmen,auch wenn heute hauptsächlich fundamentalisti-sche christliche Gruppen die Bibel ganz allge-mein buchstäblich nehmen und die Offenbarungganz besonders so.

Ihre Bibelauslegungen dienen einem religiös- po-litischen Zweck, sie sind Projektionen, die mitOffenbarungssprache operieren, um Politikernverleumderische Etiketten anzuhängen, wie ‘An-tichrist’, ‘Engel des Abgrunds’ oder ‘das Tier’.

Der vorliegende Artikel behandelt den Offenba-rungstext nicht in dieser Auslegung. Ich will Ih-nen die Szenen der Offenbarung in Bildern vor-stellen und zwar transponiert in ein äthiopischesBildmilieu. Obwohl es zahlreiche Kopien desOffenbarungstextes in der Kirchensprache Ge’ezüber die Jahrhunderte hinweg gibt, habe ich bis-her nur zwei illuminierte Versionen des Textesgefunden. Um eine Hypothese für den zweimali-gen künstlerischen Auftrag sowie für die Ausfüh-rung dieses seltenen Malprogramms zu entwik-keln, das, soweit bekannt, im Malzyklus eineräthiopischen Kirche nicht vorkommt, ist es wich-tig, dass wir die politischen Situationen ihrerEntstehung besprechen.

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Abb. 1: Die Gondärregion mit Därasgä Maryam beiMäkanä Berhan.

Abb. 2: Bergmassiv von Mäkanä Berhan aus gesehen,Steilhang zum Takezze hinunter.

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ARTIKEL

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Die politische Lage in Gondär im 18. Jahr-hundert und die Stiftung von Qwesqwam.

Berhan Mogasa, die unter dem Namen Mentew-wab bekannt wurde, wurde zu Beginn der 18.Jahrhunderts geboren. Der Status ihrer Bezie-hung zu König Bäkaffa ist nicht völlig geklärt,Tatsache aber ist, dass sie ihm einen Sohn na-mens Iyasu gebar. Als Bäkaffa 1730 starb, soll erdiesen, damals siebenjährigen Sohn, als Erbeneingesetzt haben und Mentewwab sah darauf,dass sein Wunsch, wenn er wahr war, ausgeführtwurde. Sie sicherte ihm die Nachfolge als Königund ihre Rolle als Mitregentin und nach seinemTod im Jahre 1755 brachte sie es ein zweites Malfertig: sie sicherte ihrem Enkel Iyoas die Nach-folge.

In den Jahren von 1732 bis 1740 ließ sie eineKirche erbauen mit dem Namen Däbrä Sehay,die noch immer neben ihrem kleinen, heute aller-dings verfallenen, Palast in Qwesqwam südlichvon Gondär, der damaligen Hauptstadt steht. Dieso genannten Chroniken der Regierungszeit ihresSohnes Iyasu (1730 - 1755) führen an, dass sichunter den reichen Kirchenschätzen eine illumi-nierte Offenbarung befand. In Anbetracht derSeltenheit eines Manuskriptbandes der Offenba-rung, der exquisiten Illuminationen und vor al-lem der Widmungen an Iyasu und an seine Mut-ter Mentewwab, scheint es höchst wahrschein-lich, dass dieses Manuskriptbuch von ihr in Auf-trag gegeben worden und von ihr der Kirche ge-stiftet wurde.

Heute befindet sich dieses Buch in London, inder British Library (BL) und ist eines der größtenSchätze in der Sammlung äthiopischer Manus-kripte, MS Or. 533. Wahrscheinlich ließ KönigTewodros II (1855 - 1868), der nach Jahrzehntenpolitischer Unruhen wieder eine Zentralregierungin der Mitte des 19. Jahrhunderts in Äthiopieneingerichtet hatte, dieses Buch in seine Bergfe-stung Mägdäla bringen, als er diese Festung mitKunstwerken aus dem ganzen Lande als neueHauptstadt einrichtete. Es war Tewodros, derwieder eine Zentralregierung in der Mitte des 19.Jahrhunderts in Äthiopien einführte. Der Bandkam in die Sammlung der British Library imZuge der britischen Strafexpedition, die 1868 dieFestung eroberte und ihre Kunstwerke weg-schleppte. Die Abb. 1 ist eine Landkarte vom Ge-biet Gondär mit dem Ort Därasgä Maryam und inAbb. 2 ist das Bergmassiv von Mäkanä Berhanabgebildet.

Ich erwähne hier nur vorausgreifend, dass derzweite Manuskriptband aus der Kirche DärasgäMaryam stammt, einer Kirche in der Nähe desDorfes Mäkanä (DM) Berhan auf einem nachSüden laufenden Bergrücken im Semiengebirgenördlich von Gondär. Das Dorf kam zu nationa-ler Bedeutung als der Thronprätendent Dejaz-madsch (‘Erhabener’) General Wébe es als seineHauptstadt auswählte und sich dort von demMannheimer Botanisten Georg Wilhelm Schim-per eine Burg mit Glockenturm und Kirche bau-en ließ. Allerdings verlor Wébe die letzteSchlacht gegen Tewodros, der sich prompt in derneuen Kirche krönen ließ. Das Manuskriptbuchbefindet sich auch heute noch in dieser Kirche.Mehr davon später.

Soviel zur Quellenlage. Jetzt aber zur Frage nachdem Grund dieser Auftragsarbeiten: warum wur-de der Text der Offenbarung im Kreis um Men-tewwab illuminiert? Aufgrund der oben erwähn-ten Widmung scheint es klar, dass sie oder ihreFreunde die Initiatoren waren. Wir wissen, dasssie fromm und dass sie an Kunst interessiert war.Sie bewies dies in zwei Stiftungen, in der Anlageund Ausschmückung durch Wandmalereien derKirche Däbrä Sehay in Qwesqwam, wie erwähnt,und in der Kirche Närga Sällase auf der InselDek im Tanasee (siehe Abb. 3 und 4).

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Abb. 3 Malereien der Westwand des Sakralraumes inNärga Sällase

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Die Abb. 4 zeigt ein Detail daraus, auf demMentewwab abgebildet ist, zu Füßen von Mariamit dem Kind, die traditionelle Stifterstellung.

Frauen aus der Königsfamilie waren oft Gründer-innen von Klöstern und Kirchen und statteten siereich aus, wohl typische Beweise für ihr Gel-tungs- bedürfnis. Mentewwab war eine energi-sche Frau und übte eine größere politische Rolleaus, als für Frauen in Äthiopien zu ihrer Zeit üb-lich war. Man kann ihre Kirchengründungen undAusstattungen von Däbrä Sehay und Närgä Säl-lase als Audruck ihrer Frömmigkeit ansehen,Danksagung für Erreichtes, aber auch als Zur-schaustellung ihrer Selbstbehauptung und desMachtanspruches einer großen politischen Spie-lerin.

Ob die Stiftung einer Prachthandschrift ein Aktpersönlicher Frömmigkeit war oder nicht, dieBotschaft, die durch Text und Bilder ausgedrücktwurde, war sicherlich nicht willkürlich gewählt.Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts drehte sichäthiopische Literatur und Malerei, geprägt vonder äthiopischen orthodoxen Kirche, fast aus-schließlich um religiöse Themen in gewohntenkünstlerischen Programmen. Es ist unwahr-scheinlich, dass die Maler selbst programmati-sche Neuinterpretationen initiierten, denn sie wa-

ren fast ausnahmslos Mönche in Klosterskriptori-en, und als solche geschätzt, aber im wesentli-chen im Dienst von königlichen, aristokratischenoder höheren kirchlichen Patronen. Es ist auchweiters unwahrscheinlich, dass die Auftragsar-beit eines großen illuminierten Manuskriptbu-ches von über 200 Folios einfach auf dem Inter-esse eines individuellen Patrons, kirchlichen Be-raters oder an Kunst interessierten Freunden be-ruhte, die die literarische Seite des Textes der Of-fenbarung so interessant fanden, dass sie einegleichwertige bildliche Veranschaulichung dafürfinden wollten. Schließlich scheint es auch un-wahrscheinlich, dass in Mentewwabs Zeit einaußergewöhnlich akutes apokalyptisches Gefühlvorherrschte, das erstmalig den Apokalypsentextals Mahnung vor Hofintrigen, ungehorsamen Va-sallen, ethnischen Konflikten, bürgerriegsähnli-chen Zuständen, wirtschaftlichem Niedergangund Naturkatastrophen verstand. Was aber fürden Auftrag spricht, ist Mentewwabs Wunsch ih-ren eigenen Machtanspruch zu stabilisieren. Die-ser Machtanspruch allerdings hat den Geruch ei-nes Palastcoups an sich; einige ihrer Aktionenmüssen dahingehend interpretiert werden, daß siezur Zerstörung der Zentralregierung beitrugen,die sich nach vielen Jahrhunderten eines Reiter-königtums endlich in Gondär entwickelt hatte. Esscheint, dass sie eine tüchtige Koregentin war,aber ihre Unfähigkeit als Frau ein Heer zu führenund daher ihre Untergebenen als ihre Delegiertenbei königlichen Visitationen einsetzen zu müs-sen, bzw. ihnen ihr militärisches Oberkommandoüberantworten zu müssen, hat wohl zur endgülti-gen Schwächung und zum Untergang der gondä-rinischen Monarchie geführt.

Aus einer Stelle in den Königschroniken aus derRegierungszeit ihres Sohnes Iyasu II wird klar,dass die Offenbarung für Mentewwab von Wich-tigkeit war. Das Malprogramm der Kirchenaus-stattung von Däbrä Sehay in Qwesqwam warvermutlich das übliche, aber es enthält zwei Mo-tive, die als einzige aus der Offenbarung stam-men. Es handelt sich dabei um die malerischeDarstellung des Abschnittes über das Jüngste Ge-richt mit der anschaulichen Beschreibung desAuftreten des Antichrists, der gottesfeindlichenMacht in Off. XIII, 1-10 und um die Beschrei-bung des Lebensbaumes in Off. XXII, 1-2.

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Abb. 4 Mentewwab zu Füßen von Maria mit demKind in der traditionelle Stifterstellung.

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Die entsprechenden Stellen aus der Offenbarung1

sind:

Off.XIII, 1-10

‘...Es ward ihm ein Mund gegeben, der hochtra-bend und gotteslästerlich redete, und es wardihm die Gewalt gegeben, zweiundvierzigMonate.… Auch ward ihm erlaubt, mit den Heili-gen zu kämpfen und sie zu überwinden, und esward ihm Gewalt gegeben über alle Stämme undVölker und Sprachen und Nationen…. Wer an-dere in Gefangenschaft geführt hat, wird in Ge-fangenschaft gehen. Wer mit dem Schwertegetötet hat, wird durch das Schwert umkommen.’

Off XXII, 1-2

‘Dann zeigte er [der Engel] mir den Strom desLebenswassers; der glänzte wie Kristall und gingaus vom Throne Gottes und des Lammes. Mittenauf ihrem Platze und zu beiden Seiten desStromes standen die Lebensbäume, die im Jahr12 Ernten brachten...’

Die Königschroniken berichten, dass diese bei-den Szenen dem ‘reichen Wissen’ Mentewwabszu verdanken seien, machen also die Königinausdrücklich zur Anregerin dieser Malereien.

Abbildungen dieser Szenen existieren nicht, dasie zerstört wurden und zwar entweder währendder Plünderung Gondärs von sudanesischenMahdianhängern im Jahre 1888 oder durch Bom-benabwürfe der britischen Armee in der Schlachtum Gondär gegen die italienischen Besatzungs-truppen im Jahre 1941, aber ich kann dieselbenThemen als Bilder in den beiden Manuskript-büchern zeigen. Abbildungen 5 (BL 50v) und 6(DM 66v) stellen das Auftreten des Antichristendar.

Links sehen wir die Agenten des falschen Messi-as, die die Heiligen rechts gefangen genommenhaben und töten. Der Maler stellt sie sehr lebhaftals zeitgenössische äthiopische Kämpfer dar, dasGefecht wirkt konventionell ohne Zugeständnis-se an den Text. Es ist allerdings auffallend, dasshier die Diener des falschen Messias mit zuge-wandtem Gesicht gemalt wurden, was normaler-weise nur die frommen Gläubigen auszeichnet.

1 Die deutsche Ausgabe ist von Nivard Schlögl, Die heili-

gen Schriften des Neuen Bundes, Wien: Burgverlag, 1920.

Die zweite Szene ist der Lebensbaum. Im Qwes-qwam - Buch ist diese Szene nicht abgebildet,nur im Därasgä Maryam - Buch (Abbildung 7,DM 108r ).

Die Chroniken berichten, dass ein Lebensbaumin Däbrä Sehay war, der jeden Monat Früchtetrug, wie die Bäume in der Offenbarung, eine derhoffnungsvollen Prophezeiungen am Ende desBuches.

Das Bild ist in zwei horizontale Register einge-teilt, der ikonische Christus in der Mitte in deroberen Hälfte, ein hellblauer Strom in der unte-ren Hälfte. In der linken Ecke steht der erstaunteJohannes und betrachtet das Wasser. Auf derrechten Seite steht ein prächtiger Baum mitzwölf goldenen Früchten. Indem der Engel Jo-hannes den Lebensfluss zeigt, ‘enthüllt er ihm

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Abb. 5: Auftreten des Antichristen aus dem Qwes-qwam Buch (BL 50v) (In Farbe auf Seite 34)

Abb.6: Auftreten des Antichristen aus dem DärasgäMaryam Buch (DM 66v) (In Farbe auf Seite 34)

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das Werk, durch das die Sohnschaft gewährt ist’und zwar ‘reichlich im Himmelreich’. Obwohlder Text von einem oder mehreren Bäumen aufbeiden Seiten des Flusses spricht, stellt der Malernur einen, allerdings prächtig gedeihenden Baummit zwölf Früchten dar, die das jährliche Wunderder zwölf Ernten darstellen sollen. Die Illumina-tion wird dahingehend erklärt, dass derjenige dasHimmelreich erben wird, der den Lehren derzwölf Apostel folgt und dass die Heilkraft derBlätter auf das Versprechen der Erlösung hin-weist.

Mit diesen beiden Beispielen an Illuminationendes Offenbarungstextes, transponiert in ein äthio-pisches zeitgenössisches Milieu, das erste dieGefechtsszene, das zweite das Bild des Wunder-baumes, komme ich nun zur Hypothese, warumder Offenbarungstext als Illumination in Auftraggegeben wurde. Die Hypothese stützt sich auf dieRegierungschronik von König Iyasu II, die ziem-lich am Anfang fünf Träume oder Visionen er-wähnt, die unter politischen Vorzeichen in dieChronik eingesetzt worden sein mussten. DieseVisionen können als Gründungssage oder poli-tische Fiktion des Mentewwab’schen Anspruchsauf Legitimation für sich und ihren Sohn Iyasuangesehen werden. Visionen können als politi-sche Tricks äußerst erfolgreich sein, niemandkann ihre Aussagen beweisen oder bestreiten undihre Interpretation führt unausweichlich zum er-wünschten Resultat. Der Grund, Visionen der Of-fenbarung in eine Königschronik einzubauen,muss in den abnormen Zuständen, die durch die

Nachfolgefrage ausgelöst worden waren, gese-hen werden. Ungeachtet der Aussage, dass KönigBäkaffa auf seinem Totenbett seinen Sohn Iyasuzum Erben eingesetzt haben soll, gibt es natür-lich so manche Anhaltspunkte, dass dieserWunsch, selbst wenn er authentisch war, für an-dere Mitglieder der Königsfamilie nicht akzep-tabel war. Mentewwabs Entschlossenheit lösteWiderstand aus, umso mehr brauchte Mentew-wab tadellose Unterstützung und kluges Manage-ment ihres Anspruches.

Die erste Vision soll Wälättä Petros, Vorsteherindes Klosters Gadama Quaras’a, gehabt haben.Sie war führend im Widerstand gegen die Ein-führung des Katholizismus durch König Suse-nyos im 17. Jahrhundert. Auf ihrem Weg ins Exilwar sie dabei, als der Junge Damos geboren wur-de. Sie sah in ihrem Traum Rinder vor Damos‘Frau Yolyana tanzen, was bedeutete, dass sie kö-nigliche Nachkommen haben würde. Rinder wa-ren und sind wertvoll. Yolyana war niemand an-derer als Mentewwabs Großmutter.

Die zweite Vision hatte Yolyana, sie träumte voneiner Frau, die mit der Sonne bekleidet war, wasdahingehend interpretiert wurde, dass eine Toch-ter ihrer Tochter einen König gebären würde.Eine populäre Interpretation, wenn jemand voneiner hellhäutigen, hier mit der Sonne bekleide-ten, Frau träumte, ist, dass dies ‘Unsere Frau Ma-ria’ war, und sie war in der Nähe des Träumers,was für äthiopische orthodoxe Christen ein wich-tiges Symbol religiösen oder emotionalen Trostesbedeutete. Yolyanas Traum bedient sich der Spra-che aus der Offenbarung und ist spezifisch ver-knüpft mit Mentewwab und Iyasu.

Off XII, 3-4

‘Und noch ein anderes Zeichen ward am Himmelsichtbar: siehe, da war ein großer Drache, feuer-rot mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und sie-ben Kronen auf seinen sieben Köpfen. SeinSchweif zog den dritten Teil der Sterne des Him-mels nach sich und warf sie nieder. Dieser Dra-che stellte sich vor das Weib, das daran war zugebären, um, sobald sie geboren hatte, ihr Kindzu verschlingen…’

Off XII, 5-6 beschreibt das Weib und den Dra-chen:

‘Doch ihr Kind ward zu Gott auf dessen Thronentrückt. Das Weib aber floh in die Wüste.’

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Abb. 7: Lebensbaum aus dem Därasgä Maryam Buch(DM 108r) (In Farbe auf Seite 34)

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Die diesen Textstellen entsprechenden Bilder derbeiden Manuskripte sind in Abb. 8 (BL 47r) undAbb. 9 (DM 62v) dargestellt.

Hier ist nun die Parallele zur wohlüberlegten Ab-sicht der Wunderrettung der Frau und ihres Soh-nes aus den Händen des Bösen ganz offenbar.

Bisher habe ich äthiopische Interpretationen die-ser Stellen angeführt. Sie stammen aus zweiKommentaren, Tergwame Qalamsis [TQ], dernicht früher als Ende des 13. Jahrhunderts undmöglicherweise im 16. Jahrhundert verfasst wur-de und Andemta [A], der in der Periode zwi-schen 1632 - 1769, also der Zeit des Gondärkö-nigtums, geschrieben wurde. Die Stadt Gondärwurde 1635 gegründet und war als Königshaupt-stadt politisches, gesellschaftliches und künstler-isches Zentrum. Um äthiopische Bibelkommen-tare zu verstehen, dürfen wir nicht aus den

Augen verlieren, dass ‘äthiopische Exegese un-berührt ist vom Fall des römischen Weltreichs,der Macht des Papsttums, der Kreuzzüge und derReformation’,2 alles Tatsachen, die die europä-ische Exegese stark beeinflussten.

Der TQ Kommentar identifiziert an dieser Stelledas Tier mit dem Führer der abgefallenen Engel,also dem Teufel. Seine Farbe lässt sich aus derErschaffung des Lichts erklären, seine siebenKöpfe bedeuten die sieben Erzengel, seine zehnHörner beziehen sich auf die neun Engelchöreund dem Teufel, der ein Engel war, bevor er ausdem Himmel verwiesen wurde, weil er aufGleichheit oder Union mit der Trinität bestand.Eine alternative Interpretation sieht in derSiebenzahl der Köpfe eine Darstellung der gro-ßen Reiche der Welt im Dienst des Teufels: Ba-bylon, Medien, Persien, Griechenland, Rom,Ägypten und Israel. Die Hörner entsprechen denzehn Jahrhunderten, die dem Islam zugestandenwurden.

Der A Kommentar sieht in der Stelle mit der ge-bärenden Frau einfach die Geburt Christi: derTeufel, der vor der Frau steht, ist die personifi-zierte Gefahr der Zerstörung des Kindes. An an-derer Stelle heißt es, dass die Frau die Lehrer desAlten und Neuen Testaments personifiziert. In-teressanterweise liefern weder der erste noch derzweite Kommentar eine Erklärung, warum dasTier mit dem Schweif über den Himmel fegt.

In den DM Illuminationen sieht das Tier mehr ei-ner vielköpfigen Schlange als einem konventio-nellen Drachen ähnlich. Es ist wohl möglich,dass mit diesen Bildern auf eine vorchristlicheVorstellung in äthiopischen Religionen ange-spielt wurde, die daher, vom Standpunkt der Kir-che aus gesehen, satanische Glaubensvorstellun-gen wiedergab.

Zurück zu Mentewwabs Visionen. Sie hatte diedritte und vierte Vision: in der dritten sah sie,wie sie als Adler flog, was ausgelegt wurde, dasssie sich über die ganze Welt erheben würde. Inder vierten träumte sie von einem Thron, in demsich ein Tabot, also die Lade mit den Tafeln derzehn Gebote, befand; ihr wurde aufgetragen, denTabot zu küssen, was ausgelegt wurde, dass sieeinen königlichen Sohn gebären würde.

2 R.W.Crowley, Traditional Interpretation of the Apoca-lypse of St. John in the Ethiopian Orthodox Church, CUP1983, S. 169, Übersetzung der Autorin.

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Abb. 8: Aus dem Qwesqwam Buch (BL 47r)(In Farbe auf Seite 34)

Abb.9: Aus dem Därasgä Maryam Buch (DM 62v) (In Farbe auf Seite 34)

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Die fünfte Vision hatte ihr Bruder Wäldä Le’ulals Kind: er sah Mentewwab auf einem Berg sit-zen; vor ihr eine große Menge, die unter den Zu-rufen ’Oh Herrin!’ versuchte ihr näher zu kom-men, was ihr nicht gelang. Aber als Wäldä Le’uldies versuchte, streckte sie ihren Arm aus undzog ihn zu sich. Die Interpretation in den Kom-mentaren ist freimütig: Mentewwab würde hohenRang erreichen und ihr Patronat würde WäldäLe’ul helfen. Wenn im Traum ein Berg bestiegenwird, so bedeutet dies, dass der Träumer beför-dert werden wird. In diesem Fall wurde das The-ma weiter ausgebaut und drückte zusätzlich aus,wer die Person sein würde, die diese Macht ha-ben wird.

Für jemanden, der nicht ungewöhnlichen Glau-ben oder Interpretationstalent besitzt, sind die er-sten vier Visionen mit ihren vagen Aussagennicht unbedingt stichhaltig oder führen fragloszur präzis angegebenen Interpretation. Es ist abernicht nötig, dass wir glauben, nur, dass Mentew-wab und ihre Zeitgenossen daran glaubten. Wennsie diese Visionen kannte, konnte sie fest darangeglaubt haben, dass sie ein göttlich vorherbe-stimmtes Schicksal erfüllen würde. Diesen An-spruch erhob sie in den Königschroniken. Undwenn sie daran glaubte, war es nur ein kleinerSchritt, dass ihr persönliches Schicksal in diegroße prophetische Zusammenschau der Ge-schichte, wie sie kryptisch in der Offenbarungdargestellt war, subsumiert wurde. Es war eineErkenntnis, die jeder Christ in einem unspezifi-schen Sinn haben konnte, aber für Mentewwabwar es eine Erkenntnis, dass sie als wichtigerehistorische Agentin eine spezifische Rolle in derVerwirklichung der Vorhersagung hatte, die sieweder vermeiden noch verleugnen konnte. DieseErkenntnis macht wohl ihre Verwendung des Of-fenbarungstextes in der Kirchenkunst, Wand-malereien wie Prachthandschrift, mehr zu einerDemonstration der Selbstrechtfertigung und stelltihren Auftrag als politischen Akt der Selbstbe-förderung dar.

Die politische Lage im gondärinischen Ein-flußbereich im 19. Jahrhundert und die Stif-tung von Därasgä Maryam.

Das zweite illuminierte Manuskriptbuch kam beieiner Ausstellung in Gondär im Jahre 1955 an-lässlich des 25. Jahrestages der Krönung vonKaiser Haile Selassie zutage. Danach wurde es

wohl nach Därasgä Mryam zurückgebracht, woes heute noch immer im Schatzhaus der Kircheist.

Und wiederum die Frage: ist für die Auftragsar-beit ca. 1850 rein zufällig der Text der Offenba-rung gewählt worden oder kann das Thema mitder Auftragsarbeit in Qwesqwam in Zusammen-hang gebracht werden? Es gibt keine schriftlicheQuelle, keine Erklärung, warum das Thema nachmehr als 100 Jahren wieder aufgegriffen wurde.Ob es zwischen diesen beiden Büchern eine drit-te, vierte oder mehrere andere illuminierte Offen-barungen gegeben hat oder noch gibt, kann nichtbeantwortet werden. Bekannt geworden sind siebisher nicht. Die Themenwahl ist tatsächlichüberraschend, denn Illuminationsprogramme inÄthiopien folgen lang erprobten über Jahrhun-derte hinweg entwickelten Programmen. Abervielleicht wird die Themenwahl mit der chaoti-schen politischen Lage in der Mitte des 19. Jahr-hunderts erklärlich.

Die Zeit zwischen dem Ende des 18. Jahrhun-derts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts heißt inäthiopischen Geschichtsquellen zämänä mäsa-fent, Ära der Prinzen, besser kriegsführenden,herumstreunende Privatarmeen, die weite Land-striche verwüstet hatten. Das Zeitalter war mög-licherweise noch apokalyptischer, die politischeLage tückischer und gefährlicher und die wirt-schaftliche Lage der Gondärregion noch kata-strophaler als zur Zeit von Mentewwab.

Der Thronprätendent Wébe hatte sein Leben langKrieg geführt und eine Schlacht gewonnen, dienächste dann wieder verloren, aber allmählichum die Mitte des Jahrhunderts seine Macht soweit zementiert, dass er nur mehr einem Gegnergegenüberstand. Die Krone schien in Reichweitefür ihn. Ob er seine Zeit als besonders chaotischansah, ist nicht bekannt; die Tatsache allerdings,dass er die Königskrone anstrebte und nicht nurdie Regierung dominieren wollte, zeigt seinpragmatisches Verständnis, dass eine neue Lö-sung für die politische Lage Äthiopiens erforder-lich war. Jüngste Forschungen, wie z. B.D.Crummey3, weisen darauf hin, dass, als Wébeeine illuminierte Prachthandschrift der Offenba-rung für den Kirchenschatz bestellte, er eher demQwesqwam Modell königlicher Munifizenz alseinem religiösen Imperativ folgte.3 Land and Society in the Christian Kingdom of Ethioia,Urbana and Chicago, 1999.

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Die Herstellung des Manuskriptbuches verfolgteein klares politisches Ziel: der Auftraggeber,Wébe, wollte seiner Kampagne für die KroneGravitas, Würde, Größe verleihen. In Anbetrachtder wohl mageren Hilfsmittel, die ihm zur Verfü-gung standen, legt die Kirche, die Kirchenaus-stattung und seine Burg ein eindrucksvollesZeugnis für jemanden ab, der Einfluss im Kö-nigsreich und sogar den Königstitel für sich an-strebte (siehe Abb. 10 und Abb. 11).

Ob nun die Auftragsarbeiten sowohl in Qwes-qwam im 18. wie auch in Därasgä Maryam im19. Jahrhundert die politischen Ambitionen ihrerAuftragsgeber erfüllten, ob die Bücher ihrem Ge-folge, Kirchenwürdenträgern oder Mitgliedernder herrschenden Familie gezeigt wurden undmöglicherweise auch Botschaftern von feindli-chen Mächten, um sie zu beeindrucken, ob dieAufbewahrung dieser Bücher in den Kircheneine ermahnende Rolle oder eine Geste des Ver-trauens in göttliche Vorsehung darstellte, ist un-bekannt. Es gibt weiters keine schriftlichen Quel-len darüber, ob der Präzedenzfall auf den Nach-folgeanspruch in Mentewwabs Interpretationnoch immer sinntragend war zu Wébes Zeit. Beider letzten Schlacht wurde Wébe geschlagenund der Sieger nahm diesen Nachfolgeanspruchwahr indem er den wichtigen Namen Tewodros,also ‘Geschenk Gottes’, annahm.

So wie Mentewwabs Auftrag zur Herstellung ei-ner illuminierten Offenbarung die Unterstützungbrachte, die sie brauchte, also den Beweis, auser-sehen zu sein, diente Wébes Auftrag demselbenZweck.

Ein Vergleich der beiden Manuskriptbücher

Sowohl das Qwesqwam - wie das Därasgä Ma-ryam - Buch sind in der Tradition der illuminier-ten Prachthandschriften, deren Zweck weit überden eines Gottesdiensttextes hinausging. Daszweite Buch muss notwendigerweise zum Groß-teil als Kopie der ersten Version angesehen wer-den. Rein stilistisch frappieren die Illuminationenin der ersten Version mit ihrem plötzlichen Auf-treten, vollkommen entwickelt, sogar innovativ,im zweiten gondärinischen Stil, scheinbar ohneVorläufer und mit nur einem bekannten Nachfol-ger. Mit dem Ausdruck ‘erster gondärinischerStil’ wird ein Stil mit linearen Mustern, ohne Tie-fenwirkung, fast ausschließlich in Grundfarbenbezeichnet und praktisch ohne Formmodellie-rung, der sich im politischen Einflussgebiet Gon-därs in den beiden letzten Dritteln des 17. Jahr-hunderts entwickelte.

Im Kontrast dazu zwei archaisch anmutendeFresken (Abb. 12 und Abb. 13) aus einer Fels-kirche in der Nähe von Lalibela, Qänäta Ma-

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Abb. 10: Die Königsburg bei Därasgä MaryamAbb. 11: Vortragekreuz aus dem Kirchenschatz von

Därasgä Maryam

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ryam, erbaut im frühen 14. Jahrhundert, um dieEntwicklung zu den gondärinischen Stilen deutli-cher zu machen. Der ‘zweite gondärinische Stil’,der zu Beginn des 18. Jahrhunderts einsetzte, un-terdrückte die ausgeprägte Linienführung vonfrüheren Stilen und führte eine stärkere Formmo-dellierung ein, eine größere Palette von Farbenund überschwängliche nonlineare Muster. Alldiese Hilfsmittel erlaubten es dem Maler, norma-le Menschlichkeit mit ihren Schwächen in ziem-lich realistischer Art und Weise darzustellen.

Sehen wir uns zum Stilvergleich die Abb. 14(BL, 6v ) aus dem Qwesqwambuch und die Abb.15 (DM 7v,8r ) aus dem Därasgä Maryam - Buchan, die beide die Stelle Off II:8-10 darstellen.

Off II:8-10

‘Dem Diener der Gemeinde von Smyrnaschreibe:… Ich kenne deine Werke und deineDrangsal und deine Armut … und weiß, daß dugelästert wirst von denen, die Juden zu sein be-haupten, es aber nicht sind, sondern vielmehreine Satansgemeinde. … Fürchte dich nicht vordem, was du leiden wirst. … Sei treu bis zumTod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.’

Die Komposition in der Abb. 15 auf einer einzi-gen Seite wurde in der Abb. 16 auf zwei Seitenausgebreitet, alle Angaben sind verschieden an-geordnet, die Krone des Lebens, der Engel, derschreibende Johannes, der Bischof mit einemTeil des Textes und die Leute, die sich als Judenbekennen.

Die Frage, ob die Maler des QwesqwambuchesZugang zu früheren Bildern der Offenbarung hat-ten, muß bejaht werden. Obwohl die Illumina-tionen äußerst vorsichtig sind, wenn sie die aus-gesprochen prophetischen und fast surrealenStellen behandeln, werden europäische ikono-graphische Modelle und indische Einflüsse an-derswo sichtbar. Diese kamen durch eine kleineZahl von Europäern, normalerweise ‘Portugie-sen’ genannt, Abenteurer, Kaufleute und Jesuitenvon 1542 an ins Land, wurden aber 1632 desLandes verwiesen, um einen angeblichen rö-misch katholischen Staatsstreich zu vereiteln. Dadie äthiopisch orthodoxe Kirche die römisch ka-tholische Kirche als häretisch ansieht, scheinenwohl die malerischen Einflüsse danach eher voneuropäischen Bildern gekommen zu sein, dienach wie vor im Lande zirkulierten, als von auto-chthonen theologischen Ideen. Das ins Land ge-kommene Bildmaterial, das ganz eindeutig faszi-nierte und die Maler und vermutlich auch dieKirchenbehörden, die die Maler theologisch un-

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Abb. 12: Fresko eines Engels. Qänäta Maryam

Abb. 13: Fresko mit Adam, Eva undder Schlange im Paradies

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terrichteten, inspirierte, war wahrscheinlich we-niger tendenziös als Texte. Dieses Bildmaterialkonnte in die Kirchenkunst integriert werdenohne die orthodoxen Interpretationen der Heils-geschichte in Frage zu stellen. Derartige Bildpro-gramme gehörten zur Standardausstattung der Je-suiten für ihre Bekehrungszwecke wie auch fürdie ‘portugiesischen’ Siedler für deren gewohnteReligionspraxis. Erwiesenermaßen befanden sichKatholiken, ihre religiösen Texte und wahr-scheinlich weitere Devotionalien europäischenUrsprungs nach wie vor bis ins späte 17. Jahr-hundert im Lande, da die Könige zwei weitereSäuberungsaktionen von Katholiken und ihrer

Literatur durchführen mussten, bevor sie über-zeugt waren, dass das Land von ihrem Einflussbefreit war.

Das DM-Buch weicht nur selten vom Modell desQwesqwambuches ab und überrascht durch Bil-der mit geschickter Pinselführung, neuen Farbzu-sammenstellungen und Neuinterpretationen desBildprogrammes, die oft den Text frisch ins visu-elle Milieu übersetzen. Der oder die Maler illu-strierten nicht alle Stellen, die im ersten Buch il-lustriert wurden und boten in wenigen Fällenneue Bilder an, die nicht im ersten Buch vorhan-den sind.

Abschließend möchte ich daher zwei Parallelbei-spiele aus beiden Büchern zeigen.

Off VIII:7

‘Als der erste Engel trompetete, entstand Hagelund Feuer, mit Blut gemischt, und fiel zur Erde;da verbrannte ein Drittel der Erde und ein Drit-tel der Bäume, und jegliches grüne Gras wardtversengt.’

Der TQ Kommentar hält diese Stelle für eineProphezeiung, dass das Zeitalter des falschenMessias anbricht, wenn diese noch nie dagewe-sene Mischung aus Feuer und Hagel tatsächlicheintreten würde. Der A Kommentar hat verschie-dene andere Interpretationen zur Hand, die sichnicht ausschließen: ein Millennium der Zerstö-rung und eine Zeitspanne dazwischen mit den

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Abb. 15: Aus dem Därasgä Maryam Buch (DM 7v,8r) (In Farbe auf Seite 35)

Abb. 14: Aus dem Qwesqwambuch (BL 6v) (In Farbe auf Seite 35)

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Plagen für die Juden, weil sie Jesus ermordeten.Mit dem weitflächigen Zinnoberrot und Gelb unddem prächtigen Engel hat der Maler des Qwes-qwam Buches ein äußerst kräftiges Bild geschaf-fen (siehe Abb 16, BL 34v). Mit der Prophezei-ung des Zeitalters des falschen Messias oder desMillenniums der Zerstörung ist es eine künstle-risch überlegene Interpretation im Vergleich zumDM- Buch (siehe Abb.17, DM 46r).

Die Komposition ist ähnlich, aber der Effekt istein anderer. Es mag sein, dass der Maler deszweiten Buches gar nicht beabsichtigte, die Be-deutung der Schilderung wie im ersten Buch her-auszuarbeiten oder dass er die Bilderreihe ko-pierte ohne sie zu verstehen, also ‘leer’. Ein En-gel steht rechts oben auf einem kleinen Sockelund schlägt seine Trommel. Feuer fällt von ei-nem blauen Block rechts oben in einem Wellen-vorhang mit weißen Tupfen übersät. Links untenund in der Mitte zwei Farn- oder Palmwedel unddazwischen drei kompakte kleine Büsche; keineSpur von verbrannten oder verwüsteten Büschen.

Auf den folgenden Bildern erkennen wir den kla-ren Einfluß und direkte Anleihe an die europäi-sche Maltradition in der Szene:

Off XX:1-3:‘Dann sah ich den Boten vom Himmel herab-kommen, der den Schlüssel des Abgrundes hatteund eine große Kette in seiner Hand hielt. Derbewältigte den Drachen, die alte Schlange, d.i.den Teufel oder Satan, und fesselte ihn auftausend Jahre. Er warf ihn in den Abgrund undverschloß diesen über ihn, damit er nicht mehrVölker verführe, bis die tausend Jahre vorüberwären

Im Qwesqwam Buch sehen wir den Engel mitdem großen Schlüssel, von welchem kleinereSchlüssel baumeln (Abb. 18, BL 76r ). Er hältdie lockere Schlaufe der roten Kette, die denDrachen an das Loch im Boden kettet.

Das zweite Buch behandelt dasselbe Thema mi-nimalistisch (Abb.19: DM 99r): der Engel mitdem Schwert und einem kleinen Schlüsselschwebt über einem Rechteck am Boden, wo eineinfacher grauer Teufel, nicht ein eindrucksvollerDrache, auf seinem Rücken liegt und in die Höheschaut.

Diese Stelle, das Tor zum Abgrund, wurde phan-tasievoll von Dürer wie anderen Künstlern derRenaissance dargestellt und durch Holzschnitteweit verbreitet (Abb. 20: Dürer, Tor zum Ab-grund). Der TQ Kommentar sieht im Engel denErzengel Michael, weil er es war, der Satan unddie anderen rebellischen Engel aus dem Himmelstürzte. Eine alternative Interpretation macht ausdem Engel Gabriel, der in der Periode der Errich-tung des himmlischen Königreiches die oberste

Autorität darstellt. Der TQ Kommentar rechtfer-tigt diese Interpretation nicht, aber ein Grund da-für mag im Auftreten des Engels bei der Verkün-digung Mariens gesehen werden. Der Malerstellte das Tier besonders schrecklich in dieser Il-lumination dar. Das Objekt, das wie Handschel-len auf der Kette des Tieres aussieht, entsprichtder Einkerkerung des Drachen auf dem DürerHolzschnitt. Dass dieses Objekt hier vorhandenist, deutet wohl darauf hin, dass die äthiopischenMaler europäische Drucke der Offenbarung ge-sehen haben – aber dass sie das Rechteck nicht

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Abb. 16: Aus dem Qwesqwam Buch (BL 34v)(In Farbe auf Seite 35)

Abb. 17: Aus dem Därasgä Maryam Buch (DM 46r)(In Farbe auf Seite 35)

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als Tor verstanden, sondern es einfach mit einemObjekt ersetzten, das bisher jeder Erklärungtrotzt. Wo in Übersetzungen der Westkirche dasWort ‘Abgrund’ verwendet wird, steht auf Ge’ez‘Sonne’ und der TQ Kommentar macht umständ-lich klar, dass die Interpretation des hebräischenWortes für ‘Sonne’ ‘Erdspalte’ ist, also Abgrund.

Das zweite Buch ist ein beachtliches Provinz-meisterwerk, das Produkt der reichen lokalenMaltradition – und hat dieselbe Botschaft wiedas Buch, das im hocharistokratischen Kreis inGondär ein Jahrhundert zuvor entstanden ist:prophetische Visionen oder Texte als Rechtferti-gungen zum tatkräftigen Handeln, ja Eingreifender beiden Protagonisten: Durch die Politik der

Königin Mentewwab wie durch die Politik derHeerführers Wébe mehr als 100 Jahre später wirddie Offenbarung verwirklicht.

Bildnachweis: D. McEwan, Abb. 1,2,12,13 ©Paul Henze, Abb. 3,4 by permissionThe British Library, © Or. Ms. 533; Abb.: 5, 8, 14,16, 18, Jeffrey Otis, © 2002; Abb.: 6, 7, 9, 10, 11, 15, 17,19, Gerd Graeber, Abb.: 10. All rights reservedCONNECTICUT COLLEGE's Wetmore PrintCollection, Albrecht Dürer,(1471 - 1528), Abb.:20

Danksagung: Ich danke besonders Dr. FriedrichDworschak für seine unermüdliche Hilfe bei der Her-stellung des Layout. Ferner danke ich TravisCapener, Webmaster der Datenbank für äthiopischesBildmaterial, Universität von Toronto. Schließlichdanke ich allen, die mir ihr Bildmaterial zur Verfü-gung gestellt haben.

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Abb. 18: Aus dem Qwesqwam Buch (BL 76r) (In Farbe auf Seite 35)

Abb.19: Aus dem Därasgä Maryam Buch (DM 99r)(In Farbe auf Seite 35)

Abb. 20: Albrecht Dürer, Einkerkerung des Drachen

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Asylrecht und Pfründe für die zukünftige Re-sidenz: Die Zeugenfassung der Privilegurkun-de des Ras Wube für die Marienkirche vonDäräsge aus dem Condaghe der Hs. BL Or481, fol. 3v, Prof. Dr. Manfred Kropp (Studia Se-mitica. Journal of Semitic Studies Jubilee Volu-me, Seiten 193 - 206) Manchester 2005.- Ein Auszug -

In dieser Publikation wird die Entwicklung desOrtes Däräsge und die Baugeschichte der Mari-enkirche näher beschrieben. Da diese Arbeit mitden vorhergehenden Artikel von D. McEwan Be-rührungspunkte hat, wollen wir einige Abschnitteaus der Veröffentlichung von Prof. Kropp im Fol-genden gekürzt wiedergeben.

Däräsge ist ein strategisch wichtiger Ort imHochland von Sämen, ca. 50 km südöstlich vonDebareq entfernt, auf ca. 3000 m Höhe. Am 5.2.1855 errang Ras Kasa dort einen entscheidendenSieg über Ras Wube und ließ sich 2 Tage späterin der von Wube erbauten Marienkirche zuDäräsge zum Kaiser Tewodros II. krönen. Dochin der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. ist dieEntwicklung des Ortes ganz mit Ras Wube ver-bunden. Über Ras Wube. berichten äthiopischeChroniken, sowie europäische Forscher und Mis-sionare, wie J. de Jacobis, Georg WilhelmSchimper und Eduard Zander. In der Befestigungseiner Herrschaft über große Teile Nordäthiopi-ens denkt Ras Wube anscheinend schon früh andie Möglichkeit, sich zum König oder Kaiserkrönen zu lassen. Die Stiftungen an die Kirchevon Däräsge, seiner Lieblingsresidenz, insbeson-dere die Erhebung zum Asylort, ganz nach demMuster des königlichen Klosters und der königli-chen Kirche Däbrä-Berhan Sellase in Gondärsind dafür ein klarer Beweis.

Am 1. Juni 1844 bittet Wube den Missionar J. deJacobis und den Forscher G.W. Schimper um Er-satz für eine zerbrochene Kirchenglocke. DreiGlocken, Geschenk von Schimper und de Jaco-bis, werden heute noch in Däräsge im 'byzantini-schen' Palast und in der Kirche aufbewahrt.

Theodor von Heug1in kam am 6. Februar 1853nach Däräsge und gab eine interessante Beschrei-bung der Bautätigkeiten von G.W. Schimper undE. Zander im Auftrag des Ras Wube:

„Die Residenz Debr Eski (eigentlich Debr Echsi= Kloster des Herren=, oder Debr Sikie = dasBlumenkloster) bestand früher bloß aus einigen

Kirchen und wenigen Hütten, ist aber jetzt alsLieblings-Aufenthalt des Detschatsch Ubie zu ei-niger Größe und Bedeutung gelangt, vorzüglichweil Ubie im Begriff ist, dort ein schon vor meh-reren Jahren begonnenes Asyl zu vollenden, dasin den Ringmauern einer Kirche aufgeführt wird.Dr. Schimper mußte den Baumeister desselbenmachen, und es ist ihm durch dieses Geschäfteine nicht unbedeutende Last auferlegt worden,da er Alles selbst anordnen muß und nicht eimnaleinen tüchtigen Arbeiter an der Hand hat, dernur im Stande wäre, die nöthingen Bausteineaufzusuchen. Der Plan ist dem der politischenFreistätte zu Gondar (Debra Pirhan = Klosterdes Lichts) entnommen, und das Gebäude ist vonnur unbedeutendem Umfange. Es mag 40 bis 50Fuß Länge und 30 bis 35 Fuß Tiefe bei 30 FußHöhe haben, enthält drei kleine Kammern mitschmalen, kleinen Fenstern, ist einstöckig, undein viereckiger, noch nicht vollendeter Glocken-thurm wird in seiner hinteren Mitte aufgeführt.Die hierher bestimmten drei Glocken sind Ge-schenke des apostolischen Missionars Herrn v.Jacobis in Massaua und des Dr. Schimper. DasGebäude ist massiv von unbehauenen Trachyt-blöcken erbaut und gut mit Kalk überzogen“.

Etwa 1840, noch bevor Ras Wube den ägypti-schen Bischof holte, faßte er den Plan nach demModell Däbrä-Berhans in Gondär, in Däräsgeeine Asylstätte und Kirche zu bauen im Zusam-menhang mit seinen Ziel Däräsge als Königsresi-denz auszuersehen. Mit Hilfe der beiden deut-schen Naturforscher und de Jacobis verwirklichteer nach und nach den Plan, aber kurz nach Bau-abschluss unterlag er in der Schlacht bei DäräsgeRas Kasa, dem späteren Kaiser Tewodros. Genaudiese Kirche wurde der Krönungsort des Rivalen.

Die Baugeschichte und das weitere Schicksal desOrtes sind bei dem zahlreichen Klerus (220 Dia-kone beim Marienfest am 21. Januar) noch gutbekannt, wie auch Dokumente aufbewahrt sind.Es ist anzunehmen, dass die Däräsge-Fassungder Proklamation darunter ist, nebst weiteren hi-storischen Nachrichten. Die Wandmalereien, dasGebäude im 'byzantinischen Stil', der Palast desRas Wube, Handschriften und liturgische Gerätein der Kirche sind erhalten. Die Stiftung aus derersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. an die Mari-enkirche von Däräsge besteht bis heute. Aus ih-ren Mitteln feiern im 21. Jahrhundert über 200Priester und Diakone am 21. Januar das traditio-nelle große Marienfest in dieser Kirche.

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Hier die Originalurkunde, deren Abruck Prof. Dr. Manfred Kropp uns dankenswerter Weise er-möglichte:

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Übersetzung

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Heilige und Helden

- Äthiopiens zeitgenössische Malerei im traditio-nellen Stil

Elisabeth BiasioAusstellungkatalog194 S., broschiert, Querformat 28 x 21 cmISBN 10: 3-03823-223-8Verlag Neue Zürcher Zeitung 2006, SFr. 48,00.

Ist abzusehen, daß ein Lebensabschnitt zu Endegeht, so wird gern noch einmal Rückschau gehal-ten. Das tat auch die wissenschaftliche Mitarbei-terin Elisabeth Biasio, u.a. Leiterin der Äthiopi-enabteilung des Völkerkundemuseums der Uni-versität Zürich, vor ihrem Übergang in den Ru-hestand. Mit ihren Mitarbeitern Martin Kämpf,Andreas Brodbeck und ihrem Lebenspartner Dr.Peter Gerber gestaltete sie unter dem o.a. Titeleine große Äthiopien-Ausstellung. Wahrschein-lich wird diese Schau, die noch bis zum 11. März2007 geöffnet ist, dort für lange Zeit die letzte ih-rer Art sein. So, wie es aussieht, werden Frau Bi-asio und Dr. Gerber keine direkten Nachfolgerhaben.

Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf derzeitgenössischen Malerei, aber im traditionel-len Stil. Anhand der bedeutenden ZüricherSammlung kann sich der Besucher selbst einBild machen, wie sich die äthiopische Malereiaus den traditionellen religiösen Wurzeln zurTouristenkunst entwickelt hat.

Woher stammen die schönen Bilder? Nun, dasVölkerkundemuseum Zürich besaß schon längereine beachtliche Sammlung zeitgenössischeräthiopischer Bilder im traditionellen Stil. Einegroße Spende des Kantons Zürich ermöglichte es

dem Museum, im Jahre 1973 die stattliche An-zahl von 28 großformatigen Bildern auf Lein-wand aus der Sammlung des Franzosen Charles-Heinri Steiner anzukaufen. Der Vorbesitzer Stei-ner war in der Zeit zwischen 1927-29 in AddisAbeba für die französische Gesellschaft „LaCompagnie Général d’Abyssinie“ tätig, die mitKaffee, Häuten und Textilien Handel trieb. Lei-der verabsäumte der Mäzen, die Namen derSchöpfer und den Zeitpunkt des Schaffens derBilder zu dokumentieren. Einige seiner Bilderwaren 1985 Teil der großen Ausstellung„Mensch und Geschichte in Äthiopiens Volksma-lerei“ im Staatlichen Museum für Völkerkundein München zu bewundern. Weitere 22 Gemälde,ebenfalls ohne genaue Dokumentation, erwarbdas Züricher Museum von Kunstgalerien undSammlern. Nicht mitgezählt sind kleinformatigePergamentbilder.

Zur Vorbereitung einer kleineren Ausstellung imJahre 1986 gehörte eine Reise von Frau Biasionach Äthiopien. Sie wollte sich vor Ort ein Bildmachen, ob und wie sich durch die sozialistischeMilitärregierung ggfs. der Malstil und die -the-men verändert hätten. Vor Ort stellte sie fest, daßsich die Themen kaum gewandelt hatten. DieBilder zeigten weiterhin neben Helden ebensoidealisierte Alltagsszenen.

Frau Biasio bekam sogar Kontakt zu bekanntenKirchenmalern. Um leben zu können, schufendiese Künstler auch Auftragsarbeiten für Auslän-der. Dort kaufte sie weitere 38 neue und älterezeitgenössische Bilder im traditonellen Stil beiMalern, die sie persönlich treffen und sprechenkonnte. Erst kürzlich, im Jahr 2004, erkundetesie noch einmal das Land, um die neueste Ent-wicklung der Gemälde und ihre gegenwärtigeVermarktung kennen zu lernen.

Die repräsentativsten Gemälde der Ausstellungwurden von Frau Biasio ausgewählt und in ei-nem Katalog bestens dokumentiert. Bekanntlichgeht die Hochkultur am Horn von Afrika auf dieChristianisierung im 4. Jahrhundert zurück. ImHintergrund stehen die mannigfaltigen Legen-den, die sich mit unterschiedlichen Namen umden Besuch von Makeda, der Königin von Sabaoder Azeb, der Königin des Südens, bei dem wei-sen König Salomo ranken. Nach der Visite gebardie Königin in ihrer Heimat einen Sohn, Mene-lik, den Sohn des Weisen. Er gilt als Begründer

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BUCHBESPRECHUNGEN

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der äthiopischen Dynastie. Bis zum Sturz vonKaiser Haile Selassie im Jahr 1974 durch die Mi-litärregierung war der jeweilige Herrscher einChrist, dessen Name in allen Gottesdiensten ge-nannt werden musste.

Unter diesen Bedingungen entwickelte sich - zu-nächst nur in kirchlichen Schulen – die äthiopi-sche Maltradition. Die anfänglich byzantinischeBeeinflussung veränderte sich ab dem 14. Jahr-hundert durch islamische Einwirkungen auf dieMalerei. Veranschaulichende Bilder hatten einenhohen Stellenwert als „Bibel der Armen“ fürLese-Unkundige. (Die schönsten Kunstwerkeblieben jedoch dem Kaiser vorbehalten, dem siezuerst vorgelegt werden mussten, um nicht seineUngnade auf sich zu ziehen, und danach demHochadel.)

Trotz des Wandels sind einige Details der farben-prächtigen Gemälde bis heute vorherrschend ge-blieben: Heilige, christliche und gute Menschenwerden frontal bzw. im Halbprofil, aber mit bei-den Augen, dagegen Ungläubige, böse Menschenoder Feinde im Profil abgebildet. Auffallend sinddie besonders großen Augen. Alle Figuren, obMenschen oder Tiere, haben eine schwarze Um-randung. Ins Auge fallen die fehlenden Perspek-tiven und die spärlichen Ausschmückungen.

In dem Katalog finden sich, um einige Beispielezu nennen, überwiegend biblische Themen – wieMaria mit dem Jesuskind, ebenso Heiligenbilderwie „Georg der Drachentöter“ oder der Kloster-gründer „Täkle Haymanot“, dem vom jahrelan-gen Stehen im Gebet in einer engen Zelle einBein abfiel.

Die Auswahl der Bilder umfasst kirchliche Hand-lungen wie Abendmahl, Taufe und Begräbnis.Natürlich dürfen Riten und Legenden, die einenbreiten Raum einnehmen, nicht fehlen. Gezeigtwerden Herrscher- und Schlachtenbilder, Jagd-szenen des Hochadels, Gerichtsszenen, Alltagsle-ben des Volkes, Tätigkeiten der Frauen. Diegroßformatigen Bilder sind immer mit einer Er-klärung versehen. Zusätzlich sind die entspre-chenden Legenden abgedruckt. Eine Besonder-heit ist die Vorstellung von fünf Malern aus jüng-ster Zeit mit einigen ihrer kommentierten Kunst-werke.

Das wunderschöne Werk sollte in keinem Bü-cherschrank eines Äthiopien-Freundes fehlen.

Adelheid Zelleke

Ethiopia and the MissionsHistorical and Anthropological Insightsedited byVerena Böll, Steven Kaplan, Andreu Martinezd’Alos-Moner, Evgenia Sokolinskaia

Afrikanische Studien Band 25LIT Verlag Münster 2005ISBN 3-8258-7792-2Preis: 29,90 €

Unter der obigen Überschrift wurden die Beiträ-ge zum Workshop „Historical and Anthropologi-cal Insights into the Missionary Activities inEthiopia: Conversions, Resistances and Compro-mises“, der am 25. und 26. Juli 2003 in Hamburgstattfand, in englischer Sprache von den obigenHerausgebern veröffentlicht.

Alle Beiträge dieses Workshops sind Facetten dervielgestaltigen Antwort auf die eine Frage: Wiehaben Äthiopier, als Einzelne und als Gruppe,auf die Herausforderung durch die ausländischeMission in kultureller, religiöser und politischerHinsicht in Aufnahme, Verwandlung oder Ableh-nung reagiert?

Wie allgemein bekannt, war das Bündnis mit denPortugiesen die erste Heraus- forderung derÄthiopier durch eine ausländische Mission. DiePortugiesen wurden zunächst als Verbündete ge-gen die vordringenden Moslems begrüßt, dannaber wegen der massiven Versuche einer Latini-sierung der orthodoxen Kirche als Feinde der Or-thodoxie vertrieben. Die Beiträge des Sammel-bandes behandeln die damalige Auseinanderset-zungen über die jüdischen Traditionen der ortho-doxen Kirche Äthiopiens (Beschneidung, Sabba-theiligung, Bundeslade). Die Argumente zurVerteidigung der äthiopischen Position hättenmeines Erachtens klarer herausgearbeitet werdenmüssen. Die Beiträge verdeutlichen aber, dassdiese Auseinandersetzungen nur vor dem Hinter-grund der damaligen Konflikte in den IberischenLändern verständlich werden. Nach der Recon-quista wurden in Spanien und Portugal diezwangschristianisierten jüdischen und die isla-mischen Familien weiterhin unterdrückt, weil sievon der Inquisition verdächtigt wurden, heimlichjüdische Bräuche und Überlieferungen weiterzu-geben. Auch die Jesuiten, sonst Meister der Ak-komodation in der Mission, bekämpften hartnäk-kig die jüdischen Traditionen der äthiopischenKirche. Dieses Verhalten würde verständlicher,

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wenn die Verfasser nicht unterlassen hätten, dar-auf hinzuweisen, dass viele Jesuiten der zweitenGeneration aus zwangschristianisierten Familienstammten: Durch die Bekämpfung der jüdischenTraditionen der äthiopischen Kirche hatten sie sodie Gelegenheit ihre katholische Rechtgläubig-keit zu beweisen.

Die erste Herausforderung durch ausländischeMissionen wurde also von den Äthiopiern mitWiderstand und Ablehnung beantwortet, wennman von einzelnen wie dem Kaiser Susenyos ab-sieht. Einzelne Äthiopier, z.B. solche die im 19.Jahrhundert nach Europa gebracht wurden, wur-den von der Mission jedoch nicht nur beeinflusst,sondern völlig verwandelt. Am Beispiel von Pau-line Fathme schilderte W.G.C. Smidt wie dieTochter eines animistischen Oromo - Häuptlingsunter dem Einfluss der Missionare und vielenSchicksalsschlägen zur schwäbischen Pietistinwird, die schließlich die St. Chrischona Pilger-mission zur Aufnahme der Missionsarbeit inÄthiopien bewegen kann.

Am interessantesten sind für mich die Beiträge,die unter der merkwürdigen Überschrift „Anthro-pology“ die Einwirkung der ausländischen Mis-sionen auf die Völker im südwesten Äthiopiensund deren Reaktion auf diese Einwirkung behan-deln, zumal diese Völker normalerweise nicht imBlickfeld der Tabor Society liegen. A. Naty un-tersucht die Gründe und Motive, die zur Konver-sion vieler Aari zu den Missionskirchen führen.Entscheidend für die Abwendung von der tradi-tionellen Stammesreligion und die Hinwendungzu einer westlichen Missionskirche sind meistensdie Erfahrung der Heilung durch moderne westli-che Medizin und der Wunsch durch die Bildung,welche die Mission vermittelt, Anschluss an diemoderne Welt zu finden. Nach Verstößen gegendie Tabus und die Normen des eigenen Volkes istaußerdem der Übertritt zu einer westlichen Kir-che oft der Ausweg dem Sozialen Ausschluss zuentgehen und das Überleben zu sichern.

S. Epple zeigt in ihrem Beitrag wie verschiedeneMissionsmethoden von Protestanten und Katholi-ken zu einem verschiedenen Umgang der Kon-vertiten mit ihrer bisherigen Stammeskultur füh-ren, nämlich Bruch und Neuanfang bei den Pro-testanten und Integration und Verwandlung beiden Katholiken.

C. Falge arbeitet in ihrem Beitrag über die dyna-mische Mission unter den Nuern sehr gut heraus,

wie das Bewusstsein der Nuer für Abstammungund Verwandtschaft einerseits für die Verbreitungdes Evangeliums in den Clans benutzt wird, aberandererseits die Konfessionen eine neue Funkti-on erhalten. Konfessionen bezeichnen nicht mehrbestimmte religiöse Positionen, sondern Konfes-sionen werden zu einem Mittel um die jeweiligeIdentität eines Clans oder Stammes nach demÜbertritt zum Christentum zu markieren undfestzuhalten, damit sich die Stammesidentitätnicht in der allgemeinen christlichen Nuer-Ge-sellschaft auflöst. Zu wünschen wäre allerdings,dass in diesen Beiträgen nicht nur der Bedeu-tungswandel der Kirchenstrukturen behandeltwird, sondern auch untersucht wird, ob und wiesich die Glaubensinhalte bei der Inkulturation indie Kultur eines Stammes verändern.

In Äthiopien gibt es jede Menge von Begegnun-gen, Interaktion, Dialog und Konflikten zwi-schen Christen und Moslems, deshalb gibt esauch zahlreiche Übertritte vom Christentum zumIslam und umgekehrt. Auch wenn in diesem Zu-sammenhang das Wort Mission nicht gebrauchtwird, so vermisse ich in dem Sammelband Unter-suchungen über die Konversationsmotive vonChristen, die Moslems werden und Moslems, dieChristen werden, sowie eine Untersuchung derReaktionen des jeweiligen Umfeldes auf solcheÜbertritte.

Das zahlenmäßige Verhältnis der Konfessionsfa-milien in Äthiopien ist global einzigartig, wennman einmal von Rumänien absieht: Die orthodo-xe Kirche ist die größte Kirche, dann folgen dieevangelischen Kirchen und schließlich eine klei-ne katholische Kirche. Auch in OekumenischerHinsicht ist Äthiopien ein Entwicklungsland. DasVerhältnis zwischen orthodoxer, evangelischerund katholischer Kirche ist durch die Geschichteund Gegenwart vielfach belastet. Trotz allerVorbehalte und Vorurteile der Kirchen gegenein-ander gab es während der Dürrekatastrophe undder Hungersnot in den siebziger Jahren eineenge Zusammenarbeit zwischen den Hilfswerkender Kirchen. Die Geschichte der oekumenischenBeziehungen und Zusammenarbeit in Äthiopienmuss offenbar erst noch geschrieben werden. Füreine hilfreiche Darstellung des Verhältnisses derKirchen zueinander bzw. des Verhältnisses vonorthodoxer Kirche und Missionskirchen ist mei-nes Erachtens ein ständiger Perspektivenwechselnotwendig.

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Für jede Kirche müsste zunächst einmal darge-stellt werden, wie sie sich selber sieht und dann,wie sie die andern sieht.

Die afrikanischen Studien zu „Ethiopia and theMissions“ sind zunächst für Äthiopisten undÄthiopienkenner geschrieben. Wer sich aber derMühe der Lektüre unterzieht, gewinnt viele neueEinsichten.

Jan-Gerd Beinke

Äthiopien und Deutschland – Sehnsucht nachder Ferne

Kerstin Volker-Saad und Anna Greve (Hg.)

Katalogbuch zur Ausstellung im GRASSI-Muse-um für Völkerkunde zu LeipzigDeutscher Kunstverlag München Berlin

288 Seiten mit 230 farbigen und 4 schwarzwei-ßen Abbildungen

21 x 28 cm, HardcoverISBN 3-422-06603-9Preis: 39,- €

Das 100jährige Bestehen diplomatischer Bezie-hungen zwischen Deutschland und Äthiopiennehmen die Staatlichen Kunstsammlungen Dres-den in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Eth-

nographischenSammlungen Sach-sen und dem VereinStädtepartnerschaftLeipzig-Addis Abe-ba zum Anlass, ei-nen Blick auf wich-tige Begebenheiten,Etappen und Zäsu-ren innerhalb derdeutsch-äthiopi-schen Verbindungzu werfen.

Im Zentrum des Katalogs stehen zum einen diepoetischen, oft rein fiktiven Bilder von dem LandÄthiopien, wie sie in der europäischen Literatur,in den bildenden Künsten oder in der Musik seitdem 16. Jahrhundert in vielfältiger Weise ent-worfen worden sind. Diesem Bereich der Imagi-nation stand seit jeher der Versuch gegenüber,

sich in Form von wissenschaftlichen Erkundun-gen der Fremde zu nähern und ihrer habhaft zuwerden. Verblüffende Geschichten zu den zahlrei-chen Exponaten, die zum Teil aus Privatsamm-lungen stammen und zum ersten Mal der Öffent-lichkeit präsentiert werden, ergänzen die theore-tische Annäherung an das Thema. Daraus ent-steht ein kaleidoskopartiger Rückblick, der bis indie Gegenwart den ereignisreichen Austauschzwischen beiden Staaten aufzeigt.

(aus der Werbung)

Leipzig und Dresden sind besondere Städte mitalter Tradition, was Kultur, Bücher und Kunstanbetrifft; kommt noch eine lange und tiefe Be-ziehung zu Äthiopien hinzu (inzwischen manife-stiert in der einzigen Städtepartnerschaft zu ei-nem afrikanischen Land!) und öffnen schließlichdie Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowiedie Staatlichen Ethnographischen SammlungenSachsen des GRASSI-Museums ihre Magazine,verspricht das eine ganz besondere Sache zu wer-den.

Und so kam eine ganz besondere, umfassendeund anspruchsvolle Ausstellung zustande, die lei-der viel zu kurz zu sehen war. Im vorliegendenKatalog bleibt jedoch die immense Arbeit zu die-ser Ausstellung sichtbar und auf Dauer zugäng-lich: Wunderbar, wie es gelungen ist, die seit lan-ger Zeit in den Museen und privaten Sammlun-gen schlafenden Schätze zum Leben zu erweckenund der interessierten Öffentlichkeit vorzustel-len!

Das Buch ist mit einen stabilen Einband ausge-stattet und in hervorragender Qualität auf schö-nes Kunstdruckpapier gedruckt. Das übersichtli-che und klare Layout und die einheitliche Text-gestaltung tragen zum Lesevergnügen bei. Ge-naue und aussagekräftige Beschreibungen derdargestellten Objekten sind neben den einzelneninteressanten Artikeln weitere Quellen wichtigerInformation.

Der umfangreiche Katalogband ist ein Lesebuchüber die Sehnsucht nach der Ferne, der Leser legtes so schnell nicht wieder aus der Hand. Hier fin-den Themenkreise einen Platz, die bisher auf an-deren Ausstellungen kaum berücksichtigt wur-den. Die Titel der einzelnen, wunderschön bebil-derten Artikel, versehen mit Anmerkungen unddarin enthaltenen Literaturhinweisen, und ihreVerfasser mögen neugierig machen und für sichselbst sprechen:

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EUROPÄISCHE ÄTHIOPIEN-FIKTIONEN

Weiß-Schwarz-Malerei. Whiteness studies inder Kunstgeschichtevon Anna Greve

Abessinien in illustrierter Reiseliteratur des16. Jahrhundertsvon Anna Greve

Äthiopien in früher Kartografie und Mytholo-gie am Beispiel von Erd-und Himmelsglobusvon Wolfram Dolz

Der Priesterkönig Johannes: Eine Sehnsuchts-figurvon Wolbert G.C.Smidt

Die Entwicklung des europäischen Äthiopien-bildes anhand von Darstellungen auf histori-schen Kartenvon Fritz Haubold

Abba Gorgoryos – ein integrer und ernsthaf-ter Mann. Der Besuch eines äthiopischen Ge-lehrten in Thüringen 1652von Wolbert G.C.Smidt

Äthiopien: Fragmente des Fremdenvon Thomas Ketelsen

Faszination des Fremden: Afrika-Inszenierun-gen am kurfürstlichen Hof in Dresden im 16.und 17. Jahrhundertvon Jutta Charlotte von Bloh

Herrschende und dienende „Mohren“ in denFesten Augusts des Starkenvon Claudia Schnitzer

EUROPÄISCHE REISENDE IN ÄTHIOPI-EN UND IHRE REISEANDENKEN

Abessinien als Teil der Welt auf einem Faltglo-busVon Anna Greve

„Wie dunke Schatten durch das fremde ge-heinnißvolle Land“ Herzog Ernst II. vonSachsen-Coburg und Gotha und Alfred Ed-mund Brehm auf Tierfangexpedition in Ha-beschvon Alke Dohrmann

Machbuba: “Die treueste Copie einer Venusvon Tizian, nur in schwarzer Manier“Von Kerstin Volker-Saad

Karl May und das ostäthiopische SultanatHararvon Alke Dohrmann

100 JAHRE DEUTSCH-ÄTHIOPISCHE BE-ZIEHUNGEN

Christliche Ikonografie auf axumitischenMünzenVon Wilhelm Hollstein

Äthiopiens Kunstschaffen. Anmerkung zuMalerei, Architektur und KunsthandwerkVon Walter Raunig

Geschenke und Gegengeschenke: Menelik unddie Insignien der Macht auf dem Weg nachEuropavon Barbara Plankensteiner

„Donnerwetter! Wenn das man gut geht.“ DerDiplomat Robert Richard von Scheller-Stein-wartzvon Ursula Gehring-Münzel

Robert Scheller-Steinwartz und seine Samm-lungvon Sylvia Dolz

Arthur Schubert: Im Dienste zweier Kaiservon Sylvia Dolz

Fritz Weiss: Unter Schildkröten und Hyänen.Das Leben eines Gesandten und seiner Fami-lie in der deutschen Gesandtschaft in AddisAbeba in den 1920er Jahrenvon Alke Dohrmann

Die Esskultur im christlichen Äthiopien zurZeit Meneliks II.von Girma Fisseha

Die KaffeezeremonieVon Kerstin Volker-Saad

Konsens im Gespräch. Universeller Anspruchund lokale PraxisVon Hermann Amborn

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Von der Schönheit der einfachen Kalebasse.Bemerkungen zu einer Sammlung äthiopi-scher Ethnografica aus Arborevon Echi Christina Gabbert

Der Kulturvermittler Prinz Asfa-Wossen As-serate als Student in Deutschlandvon Thomas Gonschior

KÜNSTLERISCHE REZEPTION DERÄTHIOPISCHEN TRADITION

Kunsttransfer und Ideologieexport. Das ersteKart-Marx-Denkmal auf afrikanischem Bo-den von DDR-Bildhauer Jo Jastram in AddisAbeba (1979-1984)von Paul Kaiser

Die Fine Arts School in Addis Abebavon Peter Roenpage

Der Kopf, 1996von Yenatfenta Abate

Kunst zwischen Addis Abeba und Berlinvon Engdaget Legesse

Marcel Odenbach. Durchleuchtung als per-sönliche TeilhabeVon Ulrich Bischoff

Listros-Pavillon: ansehen statt übersehenvon Dawit Shanko

Zeittafel, Glossar Annegret Marx

Äthiopien und Deutschland - 100 Jahre Diplo-matische Beziehungen

Wolbert SmidtMit einer Einführung von Richard PankhurstAusstellungskatalogDreisprachig: Deutsch – Englisch - Amharisch128 Seiten mit über 200 Fotos, zumeist schwarz/weiß, Format 19 x 30 cm

Erhältlich im Goethe-Institut Gebrekristos DestaCenter Addis Abeba, beim Verfasser WolbertSmidt ([email protected]) und bei derDeutschen Botschaft Addis Abeba.

Preis 12,90 €

Im Reigen der Veranstaltungen zum 100jährigenJubiläum der Diplomatischen Beziehungen zwi-schen Äthiopien und Deutschland veranstaltetedas Auswärtige Amt – vertreten durch das Goe-the-Institut Gebrekristos Desta Center AddisAbeba - eine Ausstellung und gab dazu einenhöchst interessanten Ausstellungskatalog heraus.

Der Katalog berichtet vom Leben der Mitwirken-den in den 100 Jahren der Diplomatischen Bezie-hungen: Diplomaten, Ärzte, Missionare undKünstler haben sowohl in Äthiopien als auch inDeutschland wichtige Rollen gespielt. Das wirdumfassend mit großer Kenntnis und Liebe zumDetail dargestellt und reichlich mit meist bisherunbekanntem Fotomaterial dokumentiert. Inter-essant ist die Blickrichtung, die stark von Äthio-pien ausgeht und Einblicke ermöglicht, die inDeutschland kaum von einer Öffentlichkeitwahrgenommen und erinnert wurden: Wie erleb-ten die Diplomaten die Situation am Hofe KaiserMeneliks II.? Wer wurde zum ersten BotschafterÄthiopiens in Deutschland? Was wurde aus denFamilien der mit Äthiopierinnen verheiratetenHandwerkermissionare des 19. Jahrhunderts

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usw.? Besonders erwähnenswert ist die Doku-mentation des Verfassers von einigen bisher völ-lig unbekannten deutsch-äthiopischen Biographi-en, insbesondere von den ersten Oromo/Äthiopi-ern in Deutschland im 19. Jahrhundert. Alleindas Fotomaterial belegt eine jahrelange intensiveBeschäftigung mit den angesprochenen Themen.Die Texte sind kurz und informativ und weckendie Neugier auf mehr, ausführliche Literaturhin-weise helfen hierbei dem Interessierten weiter.Insgesamt ist der Katalog eine Fundgrube für an-schauliches Material des Lebens in Äthiopien im19./20. Jahrhundert!

Dieser kleine, zu einem Spottpreis zu erwerben-de Katalog im handlich-eleganten Hochformat,dem farblich abgestimmten Design und über-sichtlichem Layout, hat jedoch zwei Fehler: DieSchrift ist hell auf dunkleren Grund gesetzt, wo-bei das hellste Papier noch leicht grau ist. Dasbeeinträchtigt die Lesbarkeit der Texte und min-dert stark das Lesevergnügen. Hinzu kommt eineschlechte Druckqualität, die Konturen der Schriftsind nicht ganz klar und die einfache Klebebin-dung lässt die Seiten bei Gebrauch schnell aus-einander fallen.

Es wurde an der Herstellung sehr gespart. Sichersteht dahinter der Wunsch des Auswärtigen Am-tes, dieses höchst wertvolle historische Materialauch - zumindest einem kleinen Teil der Äthiopi-er - zu einem einigermaßen erschwinglichenPreis zugänglich zu machen und aus Kostengrün-den den Druck in Äthiopien durchzuführen; dochunsere Augen sind inzwischen verwöhnt und wirmöchten gern das Optimale aus diesen alten Fo-tos gemacht sehen...

Auf meine Klage hin bekam ich vom Verfasserjedoch eine Hoffnung machende Auskunft: DerLIT-Verlag plant demnächst eine Neuausgabe:Wer den Katalog besitzt – freue sich, dass er ihnhat; der geringe Preis rechtfertigt aber auch dieAnschaffung dieser Augabe, denn die Neuausga-be wird sicher teuer und vorerst auf sich wartenlassen. Allerdings kann man sich gleichzeitig aufdie Neuausgabe freuen, die hoffentlich in besserlesbarer Gestalt und mit optimierten Fotos er-scheint!

Wir werden unseren Lesern sehr gern von dieserNeuauflage berichten.

Annegret Marx

Äthiopien - Zwischen Himmel und ErdeBernd Bierbaum Books on Demand GmbH, Norderstedt

96 Seiten mit 16 Farbfotos und einigen Zeich-nungenFormat 13,5 x 21,5 cm, broschiertISBN 3-8334-4389-8erhältlich bei http://www.amazon.dePreis 12,90 €

Dies kleine Bändchen istkein Reisebuch im übli-chen Sinne, sondern poeti-sche Reflexion eines Rei-senden in Äthiopien. DerVerfasser, Reiseleiter undEthnologe, weiß sich imlebendigen äthiopischenAlltag zu bewegen. DieSchilderung seiner Beob-achtungen und Begegnun-gen mit den Menschen

sind Stimmungsbilder und sprechen sehr für sich:„Ich befinde mich in einem Gewebe aus Augenund Gesten. Ich weiß nicht, was diese Menschentatsächlich in mir sehen, aber ich fühle mich we-der bedroht noch angegriffen oder abschätzig ge-mustert, sondern wahrgenommen“.

In den Kapiteln mit den Namen der Stationenentlang der sogenannten „historischen Route“Addis Abeba – Bati – Lalibela – Debre Damo –Yeha – Axum – Gondar – Tana – Ghion wird dar-über hinaus der große Bogen äthiopischer Ge-schichte in recht poetischer Form berichtet.

„Um Äthiopien zu kennen, öffne die Tür zu sei-ner Kirche“.zitiert der Autor ein Sprichwort desLandes. Hier hat er die Tür ein kleines Stück ge-öffnet, bleibt aber doch auf der Schwelle stehen.Man sieht nicht in das Herz der Kirche, denn vonder kunstvollen Liturgie und dem kirchlichen Le-ben der Äthiopier wird wenig vermittelt. Wennvon den äthiopischen Debteras /Priester, einfachals den „Zauberpriestern“ gesprochen, die Dämo-nen missverständlich Buddhas und nicht in Ab-grenzung zu diesem Religionsgründer Budas ge-nannt werden, schafft das Verwirrung und somacht sich beim Kirchenkundigen Unbehagenbreit. Die Betonung des magisch Religiösen ver-wischt das Bild einer Kirche, die wie kaum eineandere eine eigene Ausprägung für die in ihr le-

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benden Menschen gefunden hat. Nicht ohneGrund sind in die meisten Äthiopier treue Gläu-bige ihrer Kirche!

Das Buch liest sich gut und ist voller Informatio-nen: diese sind jedoch wenig strukturiert, wasihre Aufnahme ins Gedächtnis nicht erleichtert.Wer eine erste Reise nach Äthiopien plant, ist mitdiesem Buch allein nicht gut beraten. Er solltesich zusätzlich mit Sachbüchern versehen. Alszusätzliche Lektüre verhilft es zu manchem inter-essanten Aspekt, auf jeden Fall wäre eine ent-sprechend ausgewählte Literaturliste als Ergän-zung sinnvoll gewesen.

Annegret Marx

Das Sizzenbuch Eduard Zanders (1813-1868)Ansichten aus Nordäthiopien (1852-54)

Dorothea McEwan, Gerd Gräber, Johannes HockVeröffentlichungen des Staatsarchivs Dessau,Bd. 4Herausgegeben vom Verein für AnhaltinischeLandeskunde e.V., Köthen/Dessau 2006Querformat 26,5 x 22,5 cm88 Seiten, 30 Farbfotos, 44 ganzseitige Zeich-nungen Zanders, eine Karte, einige s/w FotosISSN: 1863-4702Preis: 20,00 €

Von kaum einem Forschungsreisenden des 18.und 19. Jahrhunderts, der seinen Fuß in das da-mals wie heute weitgehend unbekannte Äthiopiengesetzt hat, liest sich die Biografie so spannendwie die Eduard Zanders (1813-1868).

Ursprünglich aus dem anhaltinischen Gröbzigbei Dessau stammend und in kleinbäuerlichemMilieu aufgewachsen, kam er 1834 nach Mün-

chen um sein Maltalent ausbilden zu lassen. Hierhörte er über den schon seit längerer Zeit inÄthiopien weilenden deutschen NaturforscherGeorg Wilhelm Schimper und fasste schließlichden abenteuerlichen Entschluss, zu diesem in dasHochland nach Adua/Tigray zu reisen. Gemein-sam unternahmen die beiden dann mehrere Ex-peditionen, zunächst an den Marebfluss und ab1850 schließlich auch in dasSemiengebirge. ImAuftrage Ras Wibes, des Herrschers von Tigray,errichteten sie dort bis 1855 die Kirchenanlagevon Däräsge. Während Schimper botanisierte,entstanden aus der Hand Zanders die hier vorge-stellten Zeichnungen des Skizzenbuches. Vom Pil-germissionsr Theophilus Waldmeier an denanglikanischen Bischof in Jerusalem gesandt, ge-langten diese schließlich nach England und stel-len, vor kurzem dort wieder aufgefunden, heutedie einzigen erhaltenen Originalzeichnungen desvergessenen anhaltiner „Abenteurers, Naturfor-schers, Malers, Architekten und Handwerkers inÄthiopien“ dar. (S. 2)

Die Liebe zur Sache und viel persönlicher Ein-satz von allen Beteiligten steht hinter diesemwunderschönen, kostbaren kleinen Band. Mitviel Mühe wurden die berührenden, fragilenZeichnungen reproduziert und lassen uns ahnen,mit welchen Augen Eduard Zander die Natur unddie Menschen seiner Umwelt gesehen hat, sie er-möglichen eine Vorstellung seines Lebensumfel-des und einen Blick in die Zeit um die Mitte des19. Jahrhunderts in Äthiopien.

Eine Fülle herrlicher Farbaufnahmen von dernordäthiopischen Landschaft und den histori-schen Stätten, erläuternde Texte zum historischenHintergrund sowie ein poetischer Text: Äthiopi-sches Quintett - die fünf Elemente in MäkaneBerhan, dazu ein historischer Abriss der Ge-schichte bis zum Beginn des 20. Jahrhundertsund ein Literaturverzeichnis vervollständigendieses rundum gelungene Werk. Den Verfassern,dem Verein für Anhaltinische Landeskunde e.V.Köthen/Dessau und dem Land Sachsen-Anhaltsei Dank für dieses wunderschöne Buch!

Annegret Marx

Bezugsquelle:

Dr. Frank KreißlerStadtarchiv DessauLange Gasse 2206844 DessauTel: 0340-215550 [email protected]

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✠Am 6. Februar verstarb im Ayat Hospital in Ad-

dis Abeba

Liqä Mihuran Mulu Galaw

Leiter der Deggwa Kirchenschule in Bethlehemin Gayent

Liqä Mihuran Mulu Galaw war am 24. Januar2006 in das Ayat Hospital in Addis Abeba einge-liefert worden und verstarb dort unerwartet nacheinem kurzen Aufenthalt. Am 9. Februar fandendie Beerdigungsfeierlichkeiten unter großer An-teilnahme vieler Kirchen- und Klosterrepräsen-tanten, ehemaliger Studenten und vielen Gästestatt.

Liqä Mihuran Mulu Galaw hinterlässt eine großeLücke in der Kirchenschule von Bethlehem inGayent, die er etwa seit 1977 geleitet hat und woer Lehrer für Deggwa und Zema war.

„Willst du Kirchentanz lernen, musst du nachBethlehem gehen“, heißt es in Äthiopien.

Der Kirchenschule Bethlehem wird seit dem 16.Jh. als Ausbildungsstätte für Zema (Lieder) und

Deggwa (Hymnen), insbesondere auch für dieDäbtära, ein besonderer Rang zugesprochen. Inder Zeit der Wiederherstellung der äthiopischenorthodoxen Kirche nach den sogenannten Grañ-Kriegen (Ahmad Grañ eroberte das christlicheHochland 1529-43) suchte König Sarsa Dengel(*1550-†1597) nach einer Handschrift der demHl. Yared zugeschriebenen äthiopischen Hym-nensammlung Deggwa, die verloren geglaubtwar. Er fand schließlich ein Exemplar im KlosterBeta Lehem (Bethlehem), das der dort lebendeDeggwa Lehrer Lissana Iräft vor der Vernichtungdurch die Krieger des Ahmad Grañ gerettet hatte.Der König verfügte, dass fortan das Deggwa-Studium zur Domäne dieser Klostergemeindewerden möge.

Die Tabor Society hat Liqä Mihuran Mulu Galawin fast 30 Jahren als einen sehr würdigen undkompetenten Lehrer und Schulleiter kennen undschätzen gelernt.

Bethlehem ist die einzige Ausbildungsstätte fürden höchsten Grad dieser äthiopischen Kirchen-musik. Die Studenten kommen aus allen Gegen-den des Landes, jedoch stammt etwa ein Drittelaus den nördlichen Landesteilen Gondär, Goj-jam, Tigray und Wollo. Die Zahl der Studentenschwankt zwischen 50-60 jährlich. Die Studentenvon Bethlehem und von Zuramba, der entspre-chenden Schule für Zemmare und Mäwase'tt, tra-gen einen besonderen Namen, sie werden nichtTämari, sondern Deggwa adderas, oder Addera-shotch genannt. Liqä Mihuran Mulu Galaw warglücklich, dass er immer sehr viele Adderashotchhatte.

Ende letzten Jahres schrieb er uns noch ein wür-devolles Lied zu Ehren vom Prof. Heyer und derTabor Society. Der Brief ist ebenfalls mit klassi-schen Notenzeichen versehen und die TS ist froh,dieses handgeschriebene Originaldokument vonihm aufheben zu können.

Sein plötzlicher Tod ist ein schwerer Verlust fürdie orthodoxe Kirche Äthiopiens, vor allem fürdie berühmte und ehrwürdige Kirchenschule vonBethlehem. Wir trauern mit der Kirche, mit denMönchen, Lehrern und Studenten. Möge LiqäMihuran Mulu Galaw in Gottes Frieden ruhenund die Kirche bald einen würdigen Nachfolgerfür sein Amt finden!

Annegret Marx

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NACHRUFE

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Memhir Heruy Mezemer

Schon am 07. Mai 2004 starb im Alter von 80Jahren der langjährige Lehrer der St. GiyorgisChurch School, Memhir Heruy Mezemer. Er hat-te seine Ausbildung in Debre Libanos in Shoaund die für Aquaquam an der St. Gabrielskirchein Gondar absolviert und diente seiner Kirchewährend 45 Jahren in Nord- und Süd-Gondar alsLehrer für Teklile Aquaquam. Als Lehrer für dieCCC (Church Child Care) unterrichtete von 1964–1974 in Debre Tabor, anschließend bis 1984 inDabat, ab 1984 in Woretta.

In der persönlichen Begegnung mit Mitgliedernder Tabor Society, besonders 1992, hinterließMemhir Heruy Mezemer einen tiefen Eindruck.Er hielt den Briefkontakt zu Tabor Society auf-recht und berichtete von seiner Arbeit und seinerSituation nach Deutschland. Er gab sich beson-dere Mühe, den unterschiedlichen Voraussetzun-gen seiner Schüler an Alter und Bildung gerechtzu werden und verband traditionelle Unterrichts-methoden und Inhalte mit modernen. Für begabte

Schüler setzte er sich ein und versuchte sie anweiterführende Schulen zu vermitteln.

Memhir Heruy Mezemer hatte 5 Kinder und littsehr unter der Trennung von seiner Familie, diein Gondar lebte und die er wegen seines niedri-gen Gehaltes nicht zu sich holen konnte.

Er erkrankte im August 2003 und wurde in Wo-retta und Gondar behandelt. Er starb in Worettaund wurde dort in der Medhane Alem Kirche be-graben.

Mit Memhir Heruy Mezemer hat die äthiopischorthodoxe Kirche eine große Persönlichkeit ver-loren. Möge Memhir Heruy Mezemer in GottesFrieden ruhen!

Annegret Marx

Wir trauern um unser Mitglied

Dr. Helga Anschütz*19.04.1928 - †13.05.2006

Frau Dr. Helga Anschütz wurde 1928 in Ham-burg geboren. Sie studierte von 1948-1956 an derUniversität Hamburg die Fächer Geschichte, Phi-losophie, Pädagogik und Zeitungswissenschaft.

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Ihr erstes Staatsexamen absolvierte sie im Jahre1955 und promovierte im folgenden Jahr zum Dr.phil. der Geschichte, Vorgeschichte und Wirt-schaftsgeographie, darauf folgte 1960 das zweiteStaatsexamen. Von 1960-1989 arbeitete sie alsDozentin für Deutsch als Fremdsprache an denGoethe-Instituten in Teheran (Iran) und Rabat(Marokko), sowie an verschiedenen Instituten inDeutschland. Ab 1965 reiste sie zu Forschungs-zwecken regelmäßig in den Tur Abdin, aber auchnach Irak, Iran, Libanon, Syrien, Ägypten, Ma-rokko und Algerien und veröffentlichte die Er-gebnisse in verschiedenen Fachzeitschriften.

Frau Dr. Anschütz setzte sich mit ganzem Herzenfür die Syryoye, die aramäischen Christen ausdem Tur Abdin ein. 1968-71 erhielt sie ein Sti-pendium der Deutschen Forschungsgemeinschaftfür die Gegenwartslage der syrischen Christen imOrient. Ab 1968 drehte sie mit ihrem EhemannDr. Boulos Harb über 80 Fernsehdokumentatio-nen zu Kultur und Religion im Vorderen Orient.Sie schrieb mehrere Bücher über diese Themen

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Abschiedsworte Jesu an seine Jünger(nach einer äthiopischen Legende)

Meine Brüder!

Ihr sollt wissen, dass Himmel und Erde vergehen,aber keines meiner Worte.Nehmt keinen Anstoß daran, dass ich inmitten von zweiRäubern gekreuzigt worden bin.

Meine Brüder!

Am Tage der Auferstehung von den Toten,am Tage des Jüngsten Gerichtes,wird es keine Reue und keinerlei Parteilichkeit mehr geben.An diesem Tage werden mich auch jenevon Angesicht zu Angesicht sehen, die mir mit einem Speer in die Seite gestoßen haben. An diesem Tage werden Herren wie Dienermit gleichem Rang und gleicher Würde vor mich treten.Der Reiche wird nicht mehr auf seinen Reichtum stolz sein.An diesem Tage erhalten die Gerechten und alle,die auf den Namen des Vaters und des Sohnes unddes Heiligen Geistes getauft sind, ihren Lohn.Ab diesem Tage wird es nur noch Licht geben.Es wird nie vergehen oder an Glanz abnehmen.Ich werde mein göttliches Wesen allen Gerechten offenbaren.

aus Kefellew Zelleke: Die Freude Äthiopiens, S. 97

und engagierte sich führend in Vereinen. Sie or-ganisierte regelmäßig Panels zum OrientalischenChristentum im Rahmen der Kongresse der Deut-schen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient(DAVO).

Nach einem einen Unfall in Marokko im Jahre2001 leitete und motivierte sie vom Krankenbettaus ihre vielen Aktivitäten.

Sie wurde am 25. Mai 2006 auf ihren Wunsch hinim syrisch-orthodoxen Kloster Mor Afrem inGlane/Niederlande beigesetzt.

Frau Dr. Anschütz war lange Jahre Mitglied derTabor Society, sie interessierte sich neben den sy-rischen Christen auch für die Situation der äthio-pischen Christen. Die Tabor Society trauert mitIhrem Ehemann Dr. Boulos Harb und allenFreunden der orientalischen Christenheit um einegroße und sehr verdiente Frau! Möge sie in Got-tes Frieden ruhen!

Annegret Marx

Anastasis - Auferstehung mit Adam und EvaIkonentafel nach IESmus 3571 von A. Marx

65Nachrufe

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Wie dieses Heft entstand - frei erzählt nach der Wirklichkeit....

Juni 2006 Der Ordner mit den Bei-trägen für das nächste Heft ist fast leer: Protokollder letzten Mitgliederversammlung, Brief vonFisseha aus Debre Tabor, Bericht aus Essen mussnoch angefragt werden. Das Bild für den Nach-ruf von Mihuran Mulu Galaw ist inzwischen be-arbeitet und der Text geschrieben. Reiseberichtekommen natürlich erst nach der Reise, also imOktober. Dunkle Wolken im Gemüt der Redak-teure... Redaktionsschluss ist der 30. August!

Juli 2006 Ein Glücksfall: Frau Dr.McEwan fragt an, ob wir einen Artikel veröffent-lichen können – Hurra, aber gerne!!! Es schließtsich eine emsige Korrespondenz per E-mail an.Ohne Bilder geht solch ein Artikel über Hand-schriften nicht – wo sind die Bilder???!!! Die ei-nen finden sich in Kanada, die anderen tragendas Copyright der British Library, Dr. Mc Ewanschafft es, diese Rechte für den Druck und dieWebseite kostenlos zu bekommen. Fritz arbeitetam Textlayout, setzt inzwischen die Fotos mitder zu niedrigen Auflösung in den Text ein.Nach langen Überlegungen und Erkundigungenwird beschlossen, erstmals Farbbilder abzudruk-ken, eine private Spende macht’s möglich.

August 2006 Abuna Elissa hat einenumfangreichen Brief in Amharisch geschrieben,Pfr. Beinke hat ihn an Frau Dr. Böll zur Überset-zung geschickt. Wir sollen ihn jetzt jeden Tagbekommen. Er kommt aber nicht. Dafür schicktPfr. Beinke die Buchbesprechung für „Ethiopiaand the Missions“. Immer noch gähnende Leereauf den KuS-Seiten!

September 2006 Frau Georgieff und Pfr.Beinke schicken Grüße aus Äthiopien: Hoffent-lich kommen die beiden heil zurück. Wir brau-chen die Reiseberichte und hoffen auf viele (di-gitale) Fotos.

Oktober 2006 Anfang Oktober treffenwir Dr. McEwan auf der Tagung von ORBISAETHIOPICUS, sie hat die Originaldias dabei,ein Kollege von Prof. Hahn von der Uni Wienscannt uns die Dias, die gehen nach England zu-rück und wir können die hoch aufgelösten Bilderper CD-Rom mitnehmen. Mitgliederversamm-lung, Frage: Das Heft muss unbedingt noch imNovember heraus!!! Ende Oktober kommt die

Buchbesprechung „Heilige und Helden“ vonAdelheid Zelleke und der Reisebericht von Pfr.Beinke. DHL braucht 10 Tage für den Versandder Dias, die in Aachen sehnlichst für die Digita-lisierung erwartet werden. Frau Georgieff hatihre in Äthiopien erworbene schwere BronchitisGottseidank überstanden und hat den Reisebe-richt ebenfalls geschickt, mit digitalen und ande-ren Fotos.

November 2006 Fritz arbeitet fleißig amLayout, Annegret liest Korrektur, da in der Eilekeine Bildunterschriften mitkamen, können wirsie bis auf zwei alle korrekt zuordnen. Wir arbei-ten mit einem einfachen, aber kostenlosen (in-zwischen leider nicht mehr: wir mussten es zumVorzugspreis von fast 300 Euro kaufen) Pro-gramm. Diese Arbeit ist relativ einfach, aber manmuss auf die optische Gestaltung und die Vertei-lung und Größe der Abbildungen der einzelnenSeiten achten. Da die fertige Zeitschrift aus meh-reren DIN A3 Blättern, die zu DIN A 4 zusam-mengefaltet werden, besteht, sollte die Seitenan-zahl einer Zeitschrift jeweils durch 4 teilbar sein.Wir wollen ja kein leeres, weißes Blatt sehen. Esgibt linke und rechte Seiten, die sich in ihremLayout unterscheiden; auch darauf muss manachten. Layout ist auch mit einem entsprechen-den Computerprogramm eine pingelige Sache:Schriftgröße 11, Times New Roman, Abstand 20Punkte (das sieht nicht immer gut aus und mussangepasst werden), hier fehlt ein Komma, dort istdas ß verkehrt, Word bringt uns die schöne neuedeutsche Rechtschreibung bei. Bis der Kassenbe-richt und die Vereinsnachrichten richtig „im Ka-sten“ sind, vergehen einige Tage Arbeit. Wirträumen davon, einmal bei Redaktionsschlusssämtliche Artikel in digitalisierter Form vorlie-gen zu haben. Das würde uns die Arbeit sehr er-leichtern und viel Druck wegnehmen, denn dannmüssten keine Seiten im nachhinein eingescho-ben werden. Linke und rechte Seiten haben einunterschiedliches Format.

Eine E-mail aus Kanada: Carolyn Gossage, diewir in Wien getroffen haben, stellt der Tabor So-ciety die Autorenexemplare des neuen Buchesüber Kreuze von Stanislaw Chojnacki als Promo-tion zur Verfügung. Bis wir alle erforderlichenAngaben haben, vergehen drei Wochen, der Ver-lag in Mailand hat das Buch noch nicht ganz fer-tig...

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

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IN EIGENER SACHE

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KennenSie schon das Glasersche Haus in der

Auerhahnstrasse 12 in 98714 Stützerbach im Ilmkreisnahe Weimar? Sie werden sich wundern!

Dort finden Sie viele Sachen aus Äthiopien und immer wiederinteressante Ausstellungen.

Das Glasersche Haus mit seiner umfangreichen Äthiopien-Sammlungist zu sehen: Samstags und nur nach Absprache mit

Herrn Roberto Göbser, Telefon: 0171-742 5425

Nur wenige Schritte vom Gundelachshaus, dem heutigen " Goethehaus" entfernt, stehtdas Glasersche Haus. Nach innerlicher und äußerlicher aufwendiger Restaurierung strahltes von seiner Höhe weit über das Tal. Es gehört zu den ersten Häusern, die in Stützer-bach errichtet wurden und heute noch stehen. Sein Erbauer war der Großkaufmann EliasGlaser. Er verhandelte Stützerbacher Glas bis weit hinauf nach Norddeutschland undbrachte im Gegenzug nördliche Waren, wie beispielsweise Salzhering, nach Stützerbach.Er ist an der wirtschaftlichen Entwicklung Stützerbachs zu seiner Zeit mit beteiligt.

Goethe und Carl August nahmen während ihrer Aufenthalte in Stützerbach in diesemHause des öfteren ihre Mahlzeiten ein.

Der Volksmund berichtet über eine Anzahl Eulenspiegeleien, die sich die beiden noch ju-gendlichen Weimarer Größen hier geleistet haben sollen.

Derzeit noch zu sehen:Fotoausstellung in der Dreieinigkeitskirche in Stützerbach

Traditionelle Architektur in ÄthiopienBilder des äthiopischen Alltags von Tilman Krieg

Besichtigung nach Absprache mit Pfr. Schwarzkopf Telefon: 03678-26 12 46

Nach der Restaurierung strahlt das Haus im neuen Glanz

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Plötzlich besteht das gesamte Leben fast nurnoch aus KuS: Annegret schreibt Buchbespre-chungen, denn es ist noch Platz. Zwei Nachrufekommen noch dazu, die Daten für Heruy Meze-mer sind nicht so leicht zusammenzutragen.Mehrere Fotos verschiedener Anastasis-Darstel-lungen und Text unter den Nachrufen gefunden,digitalisiert und geschrieben. Frau Dr. Böll hilftper E-mail bei der Schreibweise, die uns immerwieder Probleme macht, da wir kein Amharischkönnen und auch keine Schriften dafür im Com-puter haben. Die amharischen Briefseiten vonAbuna Elissa nebst inhaltlicher Übersetzung sindendlich aus Hamburg eingetrudelt, sie werdengescannt und eingepasst.

Anruf von Frau Georgieff: Sie hat einen PackenArtikel von Prof. Kropp bekommen, darunter isteiner, der unser Däräsge-Thema berührt, sieschickt ihn gleich. Wir mailen an Prof. Kroppnach Beirut, der weist auf die Presserechte hin.Der Artikel kommt per Post am nächsten Mittag,Fritz macht einen Auszug und einigt sichschließlich mit Prof. Kropp darauf, zusätzlicheine im Artikel enthaltene amharische Urkundenebst Übersetzung abzudrucken. Wir sind sehrglücklich, diesen Artikelauszug zu haben. Tech-nisch geht das nur als PDF, also als Scan, undmuss in die Seite eingepasst werden. Jetzt zählenwir die Seiten, die Zahl muss durch 4 teilbar seinund in die Mitte genau sollen die beiden Seitenmit den Farbabbildungen zu stehen kommen:Das Heft hat das Limit eigentlich überschritten,aber wir müssen noch zwei Seiten füllen. Alsowird weiter gesucht: Noch drei Bücher, die An-gaben müssen genau sein und man muss wissen,wo man sie erwerben kann: Kostet Anrufe, mai-

len und nachfragen. Zuletzt stellen wir fest, dasswir uns verzählt haben: Es sind jetzt zwei Seitenzuviel!

Schließlich wird das Layout in ein spezielles Da-teiformat umgewandelt und anschließend aufeine CD gebrannt. Damit gehen wir zum Druk-ker, der für uns ein Probeexemplar druckt, daswir zum letzten Korrekturlesen benötigen. ZuHause finden wir noch eine Reihe von Fehlern,die wir korrigieren; manchmal sehen wir einfachkeine Fehler mehr und die Leute in der Nachbar-schaft drängeln schon nicht mehr darauf, endlichwieder Korrektur lesen zu dürfen. Erneut wirdeine CD gebrannt und die Güte des Druckes ge-prüft. Erst dann kann die Produktion in der Druk-kerei beginnen.

Der Versand ist ganz einfach: Etwa 200 MalHefte eintüten, Anschriften ausdrucken, Brief-marken aufkleben (pro Heft 3 Stück, unglaub-lich, aber die Post hat keine passende einzelneWertmarke), per Liste nochmals kontrollierenund zur Post bringen. Gott sei Dank, das wärewieder mal geschafft!

Liebe Leser, wir arbeiten ehrenamtlich, sindAmateure und tun unser Bestes, aber Fehlerkommen vor: Seien Sie uns deshalb nicht böse.Wir wünschen Ihnen jedenfalls viel Spaß bei derLektüre von „Kirche und Schule in Äthiopien“!

Ihre Redakteure und KuS-Macher Annegret Marx und Fritz Dworschak

PS.: Sagen Sie uns, wie es Ihnen gefallen hat?Wir würden uns freuen!

Kirche und Schule in Äthiopien, Heft 59 / November 2006

Druck und Herstellungtrans-aix-press, Westraße 30 - 34, 52074 Aachen

e-mail: [email protected].: 0241-54033, Fax: 0241-512943

In eigener Sache 67